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Team Peter Heilbronn
Thema Arbeitspapier: Lukács 'Die Arbeit' ( excerpt )
Original
Autor George Lukács
Titel "1. DIE ARBEIT - Zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins"
Quelle Luchterhand 1986
Verweis [ Struktur ] [ lokales Original ]
Letzte Bearbeitung 02/2006
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1. Die Arbeit
1.1. Die Arbeit als teleologische Setzung
1.2. Die Arbeit als Modell der gesellschaftlichen Praxis
1.3. Die Subjekt-Objekt-Beziehung in der Arbeit und ihre Folgen

Kurzbeschreibung
Grundlagentext zur dialektischen Kategorie der Arbeit, die in ihrer Totalität und damit der Verschlungenheit mit allen anderen gesellschaftlichen Kategorien dargestellt wird. Sie ist
Lucács entwickelt eine Widerspiegelungstheorie, die sich Diese dialektische Vorgehensweise vermeidet einerseits den Objektivismus/Ökonomismus des alten Materialismus mit der Identität von Sein und Bewusstsein und andererseits die Plattheit der idealistischen Dualität. Nur in der Dialektik ist die Identität des Nichtidentischen denkbar und vermag sich so der Wirklichkeit anzunähern. Diese Methode verwendet er auf alle Kategorien und ihre Darstellung ist zugleich Kritik an den Verflachungen durch die jeweiligen Vereinseitiger.
Kategorien wie 'Sollen' und 'Wert', die weit über den hier diskutierten Abstraktionsgrad hinaus in eine noch zu schreibende Ethik reichen, werden in der Objektivität des gesellschaftlichen Seins begründet und eingebettet. Dergleichen wird die 'Substanz' als sich in der Wandlung erhaltende aber auch endliche am gesellschaftlichen Sein in dieser Eigenschaft beleuchtet.

1. Die Arbeit(» O)

" Wenn man die spezifischen Kategorien des gesellschaftlichen Seins, ihr Herauswachsen aus den früheren Seinsformen, ihre Verbundenheit mit ihnen, ihre Fundiertheit auf sie, ihre Unterscheidung von ihnen, ontologisch darstellen will, muß dieser Versuch mit der Analyse der Arbeit beginnen. Natürlich darf nie vergessen werden, daß jede Seinsstufe, im Ganzen wie in den Details, Komplexcharakter hat, d. h. daß auch ihre zentralsten und ausschlaggebendsten Kategorien nur in und aus der Gesamtbeschaffenheit des betreffenden Seinsniveaus adäquat begriffen werden können. Und bereits der oberflächlichste Blick auf das gesellschaftliche Sein zeigt die unauflösbare Verschlungenheit seiner entscheidenden Kategorien wie Arbeit, Sprache, Kooperation und Arbeitsteilung, zeigt neue Beziehungen des Bewußtseins zur Wirklichkeit und darum zu sich selbst etc. " (S. 7)
 
[Kategoriengeflecht]
" Man muß deshalb zur Entwirrung der Frage auf die von uns bereits analysierte Methode der zwei Wege von Marx zurückgreifen, den neuen Seinskomplex zuerst analytisch-abstrahierend zerlegen, um auf einer so gewonnenen Grundlage zum Komplex des gesellschaftlichen Seins als nicht nur gegebenen und darum bloß vorgestellten, sondern auch in seiner realen Totalität begriffenen zurückkehren (oder vordringen) zu können. " (S. 7)
 
[2 Wege: analytisch-abstrahierend -> Darstellen der Totalität]
" Wir können also keine unmittelbare und genaue Kenntnis dieser Transformation des organischen Seins ins gesellschaftliche erlangen. Das erreichbare Maximum ist eine Erkenntnis Post festum, eine Anwendung der Marxschen Methode, daß die Anatomie des Menschen den Schlüssel zur Anatomie des Affen darbietet, daß also das primitivere Stadium aus dem höheren, aus seiner Entwicklungsrichtung, aus seinen Entwicklungstendenzen - gedanklich - rekonstruierbar wird. Die maximale Annäherung können uns etwa Ausgrabungen geben, die Licht auf verschiedene Etappen des Übergangs anatomisch-physiologisch und sozial (Werkzeuge etc.) werfen. Der Sprung bleibt aber doch ein Sprung und kann letzten Endes nur durch das angedeutete Gedankenexperiment begrifflich klargelegt werden. " (S. 8)
 
[Bedingtheit und Grenze der Darlegung]
" Man muß also stets darüber im klaren sein, daß es sich um einen - ontologisch notwendig - sprunghaften Übergang von einem Seinsniveau in ein anderes, qualitativ verschiedenes handelt. Die Hoffnung der ersten Generation der Darwinisten, das »missing link« zwischen Affen und Menschen zu finden, mußte schon darum vergeblich sein, weil biologische Kennzeichen nur die Übergangsstufen, niemals aber den Sprung selbst erhellen können. Wir haben aber auch darauf hingewiesen, daß die an sich noch so präzise Beschreibung der psychophysischen Unterschiede zwischen Mensch und Tier an der ontologischen Tatsache des Sprunges (und des realen Prozesses, in dem er sich verwirklicht) so lange vorbeigehen muß, bis sie nicht die Entstehung dieser Eigenschaften des Menschen aus seinem gesellschaftlichen Sein erklären kann. Ebensowenig können psychologische Experimente mit hochentwickelten Tieren, vor allem mit Affen, das Wesen dieser neuen Zusammenhänge aufklären. Das Wesen der menschlichen Arbeit beruht aber darauf, daß sie erstens inmitten des Kampfes ums Dasein entsteht, zweitens, daß alle ihre Etappen Produkte seiner Selbsttätigkeit sind. Gewisse, vielfach stark überschätzte Ähnlichkeiten müssen deshalb äußerst kritisch betrachtet werden. Das einzig wirklich lehrreiche Moment besteht im Sichtbarwerden der großen Elastizität im Verhalten der höheren Tiere; ein besonderer, qualitativ noch entwickelter Grenzfall muß jene Art gewesen sein, bei der der Sprung zur Arbeit in der Wirklichkeit gelang; die heute existierenden Arten stehen in dieser Hinsicht offenbar auf einer viel tieferen Stufe, von ihnen aus ist zur echten Arbeit keine Brücke zu schlagen. " (S. Der Entwicklungssprung - Umschlagen in neue Qualität)

{ Deshalb konnte ein gewisser "Industrieller" keine Affen am Fließband zum Arbeiten einsetzen, um die Löhne auf ein neues physiologisches Minimum zu senken. (d.V.)}

" Weil alle anderen Kategorien dieser Seinsform ihrem Wesen nach bereits rein gesellschaftlichen Charakters sind; ihre Eigenschaften, ihre Wirksamkeitsweisen entfalten sich erst im bereits konstituierten gesellschaftlichen Sein, die Art ihrer Erscheinung mag noch so primitiv sein, sie setzt doch den Sprung als bereits vollzogen voraus. Nur die Arbeit hat ihrem ontologischen Wesen nach ausgesprochenen Übergangscharakter: Sie ist ihrem Wesen nach eine Wechselbeziehung zwischen Mensch (Gesellschaft) und Natur, und zwar sowohl unorganischer [9] (Werkzeug, Rohstoff, Arbeitsgegenstand etc.) wie organischer, die freilich auf bestimmten Punkten in der eben angeführten Reihe ebenfalls figurieren kann, vor allem aber den Übergang im arbeitenden Menschen selbst vom bloß biologischen Sein zum gesellschaftlichen kennzeichnet. Marx sagt daher mit Recht: »Als Bildnerin von Gebrauchswerten, als nützliche Arbeit, ist die Arbeit daher eine von allen Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbedingung des Menschen, ewige Naturnotwendigkeit, um den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur, also das menschliche Leben zu vermitteln.«*1 Man soll bei einer solchen Betrachtung der Genesis nicht am Ausdruck »Gebrauchswert« als bereits allzu ökonomischen Terminus Anstoß nehmen. " (S. 9 f.)
 
[Besonderheit der 'Arbeit' steckt in ihrem Übergangscharakter zum Gesellschaftlichen]
" Bevor der Gebrauchswert mit dem Tauschwert In ein Reflexionsverhältnis geraten ist, was nur auf einer relativ bereits viel höheren Stufe geschehen kann, bezeichnet der Gebrauchswert nichts weiter als ein Arbeitsprodukt, das der Mensch in der Reproduktion seiner Existenz nützlich zu verwenden imstande ist. In der Arbeit sind alle Bestimmungen, die, wie wir sehen werden, das Wesen des Neuen am gesellschaftlichen Sein ausmachen, in nuce enthalten. Die Arbeit kann also als Urphänomen, als Modell des gesellschaftlichen Seins betrachtet werden; das Erhellen dieser Bestimmungen gibt deshalb bereits ein so klares Bild über seine wesentlichen Züge, daß es methodologisch vorteilhaft erscheint, mit ihrer Analyse zu beginnen. " (S. 10)
 
[Überhistorische Qualität des Gebrauchswerts vs. historischer Qualität des Tauschwerts]

1.1. Die Arbeit als teleologische Setzung

" In diesem Sinne sagt Engels über Affen- und Menschenhand: »Die Zahl und allgemeine Anordnung der Knochen und Muskeln stimmen bei beiden; aber die Hand des niedrigsten Wilden kann Hunderte von Verrichtungen ausführen, die keine Affenhand ihr nachmacht. Keine Affenhand hat je das rohste Steinmesser verfertigt.«*2 Engels hebt dabei den äußerst langsamen Prozeß hervor, in dem dieser Übergang sich vollzieht, was aber an seinem Sprungcharakter nichts ändert. Bei nüchternem und richtigem Herantreten an ontologische Probleme muß man sich immer vor Augen halten, daß jeder Sprung eine qualitative und strukturelle Veränderung im Sein bedeutet, bei welcher die Ausgangsstufe zwar bestimmte Voraussetzungen und Möglichkeiten der späteren und höheren in sich enthält, diese jedoch aus jener nicht in einfacher geradliniger Kontinuität entwickelt werden können. Dieser Bruch mit der normalen Kontinuität der Entwicklung macht das Wesen des Sprunges aus, nicht das zeitlich plötzliche oder allmähliche Entstehen der neuen Seinsform. Auf die Zentralfrage dieses Sprunges bei der Arbeit kommen wir sogleich zu sprechen. " (S. 11)
 
[Die Affenhand beinhaltet die Möglichkeit der Menschenhand, der Übergang aber ist ein Sprung]
" Marx sagt über das Wesen der bereits adäquat gewordenen Arbeit folgendes: »Wir unterstellen die Arbeit in einer Form, worin sie dem Menschen ausschließlich angehört. Eine Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen Baumeister. Was aber von vornherein den schlechtesten Baumeister vor der besten Biene auszeichnet, ist, daß er die Zelle in seinem Kopf gebaut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses kommt ein Resultat heraus, das beim Beginn desselben schon in der Vorstellung des Arbeiters, also schon ideell vorhanden war. Nicht daß er nur eine Formveränderung des Natürlichen bewirkt; er verwirklicht im Natürlichen zugleich seinen Zweck, den er weiß, der die Art und Weise seines Tuns als Gesetz bestimmt und dem er seinen Willen unterordnen muß.« *3 Damit ist die ontologische Zentralkategorie der Arbeit ausgesprochen: Durch die Arbeit wird eine teleologische Setzung innerhalb des materiellen Seins als Entstehen einer neuen Gegenständlichkeit verwirklicht. So wird die Arbeit einerseits zum Modell einer jeden gesellschaftlichen Praxis, indem in dieser - wenn auch durch noch so weitverzweigte Vermittlungen - stets teleologische Setzungen, letzten Endes materiell, verwirklicht werden. " (S. 12)
 
[Teleologische Setzung als wesentliche Charakterisierung der Arbeit]
" Die bloße Tatsache, daß die Arbeit die Verwirklichung einer teleologischen Setzung [12] ist, ist ein elementares Erlebnis des Alltagslebens aller Menschen, weshalb auch diese Tatsache ein unausrottbarer Bestandteil eines jeden Denkens, von täglichen Gesprächen bis zur Ökonomie und Philosophie, geworden ist. Das Problem, das hier entsteht, ist also nicht ein Für und Wider des teleologischen Charakters der Arbeit, das eigentliche Problem besteht vielmehr darin, die fast unbeschränkte Verallgemeinerung dieser elementaren Tatsache - wieder: vom Alltag bis zu Mythos, Religion und Philosophie - einer echt kritischen ontologischen Betrachtung zu unterwerfen. " (S. 12 f.)
" Wenn wir hier auf die Religionen hinweisen, so ist das in der Beschaffenheit der Teleologie als einer objektiv ontologischen Kategorie begründet. Während namlich die Kausalität ein Prinzip der auf sich selbst gestellten Selbstbewegung ist, die diesen ihren Charakter auch dann bewahrt, wenn eine Kausalreihe in einem Bewußtseinsakt ihren Ausgangspunkt hat, ist die Teleologie ihrem Wesen nach eine gesetzte Kategorie: Jeder teleologische Prozeß beinhaltet eine Zielsetzung und damit ein zielsetzendes Bewußtsein. Setzen bedeutet deshalb in diesem Zusammenhang kein bloßes Ins-Bewußtsein-Heben, wie bei anderen Kategorien, vor allem bei der Kausalität; sondern das Bewußtsein initiiert mit dem Akt des [13] Setzens einen realen Prozeß, eben den teleologischen. Das Setzen hat also hier einen unaufhebbar ontologischen Charakter. " (S. 13 f.)
 
[Teleologische Setzung wird überspannt zur Teologie, dem Schöpfer hinter den Dingen]
" sondern auch bei so nüchternen und tiefen Denkern wie Aristoteles und Hegel, ist ein elementar und primitiv menschliches: das Bedürfnis nach der Sinnhaftigkeit des Daseins, des Weltlaufs bis hinunter - und dies in erster Linie - zu den Ereignissen des individuellen Lebens. Auch nachdem die Entwicklung der Wissenschaften jene religiöse Ontologie, in der das teleologische Prinzip sich ungehemmt kosmisch ausleben konnte, zertrümmert hat, lebt dieses primitive und elementare Bedürfnis im Denken und Fühlen des Alltagslebens weiter. " (S. 14)
" Diesen Zwiespalt kann man bei Kant deutlich beobachten. Mit seiner Bestimmung des organischen Lebens als »Zweckmäßigkeit ohne Zweck« hat er das ontologi- [14] sche Wesen der organischen Sphäre des Seins genial umschrieben. Er zertrümmert mit richtiger Kritik die oberflächliche Ideologie der Theodizeen seiner Vorgänger, die in der bloßen Zuträglichkeit eines Dings für das andere bereits die Verwirklichung einer transzendenten Teleologie erblicken. Er eröffnet damit den Weg zur richtigen Erkenntnis dieser Seinssphäre, indem es als möglich erscheint, daß aus bloß kausal notwendigen (und darum zugleich zufälligen) Verknüpfungen Seinsstrukturen entstehen, in deren innerer Bewegtheit (Anpassung, Reproduktion des Einzelnen und der Gattung) Gesetzmäßigkeiten zur Geltung gelangen, die man mit Recht als objektiv zweckmäßig für die betreffenden Komplexe bezeichnen kann. Kant verbaut sich jedoch selbst den Weg dazu, aus diesen Feststellungen zum wirklichen Problem vorzudringen. Unmittelbar methodologisch dadurch, daß er, wie dies bei ihm die Regel ist, ontologische Fragen erkenntnistheoretisch zu lösen versucht. " (S. 14 f.)
 
[Zwiespalt bei Kant: organisches Sein als 'Zweckmäßigkeit ohne Zweck']
" Eine weitere, noch wichtigere Folge des Kantschen Versuchs, ontologische Fragen erkenntnistheoretisch zu stellen und zu beantworten, ist, daß das ontologische Problem selbst letzten Endes unentschieden bleibt und das Denken bei einer »kritisch« bestimmten Grenze seines Wirkungsbereichs zum Stillstand gebracht wird, ohne die Frage positiv oder negativ, im Rahmen der Objektivität, beantworten zu können. Damit wird, gerade durch die Erkenntniskritik, eine Tür für transzendente Spekulationen, für eine letzthinnige Anerkennung der Möglichkeit teleologischer Lösungen offengelassen, wenn diese auch für das Gebiet der [15] Wissenschaft von Kant nicht anerkannt werden. " (S. 15 f.)
 
[Verunmöglichung der Lösung des Problems als "Kritik"]
" Aus der Stellungnahme von Marx zu Darwin ist klar, was allerdings für jeden Kenner seines Denkens eine Selbstverständlichkeit ist, daß er außerhalb der Arbeit (der menschlichen Praxis) die Existenz einer jeden Teleologie leugnet. Die Erkenntnis der Arbeitsteleologie bei Marx geht also schon deshalb über die Lösungsversuche auch so großer Vorläufer wie Aristoteles oder Hegel weit hinaus, weil für Marx die Arbeit nicht eine der vielen Erscheinungsformen der Ideologie im allgemeinen ist, sondern der einzige Punkt, wo eine teleologische Setzung als reales Moment der materiellen Wirklichkeit ontologisch nachweisbar ist. Diese richtige Erkenntnis der Wirklichkeit erhellt ontologisch eine ganze Reihe von Fragen. " (S. 16)
 
[Marx' Lösung: Teleologie gibt es NUR in der Arbeit]
" Erstens erhält das entscheidende reale Charakteristikon der Ideologie, daß sie nur als Setzung Wirklichkeit erlangen kann, eine einfache, selbstverständliche, reale Grundlage: Man muß ihre Marxsche Bestimmung nicht wiederholen, um einzusehen, daß jede Arbeit unmöglich wäre, wenn ihr nicht eine solche Setzung voranginge, um ihren [16] Prozeß in allen seinen Etappen zu determinieren. " (S. 17)
 
[Arbeit ist ohne Setzung des Ziels unmöglich]
" Durch die Marxsche exakt und streng abgrenzende Beschränkung der Ideologie auf die Arbeit (auf die soziale Praxis), dadurch, daß sie aus allen anderen Seinsweisen gestrichen wird, verliert sie aber nicht an Bedeutung; im Gegenteil, diese wächst dadurch, daß eingesehen werden muß, daß die uns bekannte höchste Stufe des Seins, das gesellschaftliche, erst durch eine solche reale Wirksamkeit des Teleologischen in ihm sich als eigenartig konstituiert, sich aus der Stufe, auf die ihre Existenz basiert ist, aus dem organischen Leben heraushebt, zu einer neuen selbständigen Seinsart wird. Wir können vom gesellschaftlichen Sein nur dann vernünftig sprechen, wenn wir begreifen, daß seine Genesis, seine Abhebung von seiner Basis, sein Eigenständigwerden, auf der Arbeit, d.h. auf der fortlaufenden Verwirklichung teleologischer Setzungen beruht. " (S. 17)
 
[Die wesentliche neue Qualität des gesellschaftlichen Seins ist gerade die Zwecksetzung]
" Jede theologisch orientierte Philosophie mußte, um ihren Gott gedanklich mit dem Kosmos, mit der Welt des Menschen in Einklang zu bringen, die Superiorität der Ideologie vor der Kausalität verkünden; selbst wenn der Gott die Weltuhr bloß aufzieht und damit das Kausalitätssystem in Gang bringt, ist eine solche Hierarchie von Schöpfer und Geschöpf und damit die Priorität der teleologischen Setzung unvermeidlich. Andererseits mußte jeder vormarxistische Materialismus, der das transzendente Beschaffensein der Welt leugnete, damit zugleich auch die Möglichkeit einer real wirksamen Teleologie bestreiten. " (S. 17)
 
[Unvereinbarkeit von Kausalität und Ideologie]
" Denn dieses liegt darin, daß ein gedanklicher Entwurf zur materiellen Verwirklichung gelangt, daß eine erdachte Zielsetzung die materielle Wirklichkeit verändert, etwas Materielles in die Wirklichkeit einfügt, das der Natur gegenüber etwas qualitativ und radikal Neues vorstellt. Das zeigt sehr plastisch das Beispiel des Aristoteles vom Häuserbau. Das Haus ist ebenso etwas materiell Seiendes wie der Stein, das Holz etc. Trotzdem entsteht in der teleologischen Setzung eine den Elementen gegenüber völlig verschiedene Gegenständlichkeit. Aus dem bloßen Ansichsein von Stein oder Holz kann durch keinerlei immanente Weiterführung ihrer Eigenschaften, der in ihnen wirksamen Gesetzmäßigkeiten und Kräfte ein Haus »abgeleitet« werden. Es ist dazu die Macht des menschlichen Gedankens und Willens vonnöten, die diese Eigenschaften materiell-faktisch in einen prinzipiell völlig neuen Zusammenhang einordnen. " (S. 18)
 
[Arbeit erzeugt etwas völlig neues und materielles]
" Mit alledem soll der Wert der Hartmannschen Differenzierung nicht unterschätzt werden. Die Trennung der beiden Akte, nämlich der Zielsetzung von der Erforschung der Mittel, ist für das Verständnis des Arbeitsprozesses, insbesonde- [18] re für seine Bedeutung in der Ontologie des gesellschaftlichen Seins von höchster Wichtigkeit. Und gerade hier zeigt sich die untrennbare Verbundenheit der an sich gegensätzlichen, abstrakt angesehen einander ausschließenden Kategorien: Kausalität und Teleologie. " (S. 18 f.)
" Das Erforschen der Mittel zur Verwirklichung des Zielsetzens muß nämlich eine objektive Erkenntnis der Verursachung jener Gegenständlichkeiten und Prozesse enthalten, deren Ingangsetzen das gesetzte Ziel zu realisieren imstande ist. Zielsetzung und Erforschung der Mittel können dabei insofern nichts Neues hervorbringen, als die Naturwirklichkeit als solche das bleiben muß, was sie an sich ist, ein System von Komplexen, deren Gesetzmäßigkeit allen menschlichen Bestrebungen und Gedanken gegenüber in voller Gleichgültigkeit verharrt. Das Erforschen hat dabei eine doppelte Funktion: Es deckt einerseits das auf, was an sich, unabhängig von jedem Bewußtsein, in den betreffenden Gegenständen waltet, andererseits entdeckt es neue Kombinationen, neue Funktionsmöglichkeiten an ihnen, durch deren In-Bewegung-Setzen erst das teleologisch gesetzte Ziel verwirklichbar wird. Im Ansichsein des Steines ist keinerlei Intention, ja selbst keinerlei Anzeichen enthalten, daß er als Messer oder als Beil benutzt werden könne; er kann jedoch nur dann diese Funktion als Werkzeug erhalten, wenn seine objektiv vorhandenen, an sich seienden Eigenschaften einer derartigen Kombination fähig sind, die dies möglich macht. Das ist bereits auf primitivster Stufe ontologisch eindeutig zu sehen. " (S. 19)
 
[Objektive Erkenntnis von vom Bewusstsein UNABHÄNGIGEM]

{ Damit ist der ganze Komplex des Idealismus ausgehebelt und erledigt. (d.V.)}

" Hegel sieht richtig die Doppelseitigkeit dieses Prozesses, einerseits, daß die teleologische Setzung »bloß« die eigene [19] Tätigkeit der Natur ausnützt, andererseits, daß die Verwandlung dieser Tätigkeit diese zum Gegenteil ihrer selbst macht. Diese Naturtätigkeit verwandelt sich also, ohne naturontologische Veränderung ihrer Grundlagen, in gesetzte. Damit hat Hegel eine ontologisch ausschlaggebende Seite der Rolle der Naturkausalität im Arbeitsprozeß beschrieben: Ohne einer inneren Veränderung unterworfen zu sein, entsteht aus den Naturgegenständen, aus den Naturkräften etwas völlig anderes; der arbeitende Mensch kann ihre Eigenschaften, die Gesetze ihrer Bewegung in vollkommen neue Kombinationen einfügen, ihnen vollkommen neue Funktionen, Wirkungsweisen verleihen. Da sich dies jedoch nur inmitten der ontologischen Unaufhebbarkeit der Naturgesetze vollziehen kann, kann die einzige Änderung der Naturkategorien bloß darin bestehen, daß sie - im ontologischen Sinne - gesetzt werden; ihr Gesetztsein ist die Vermittlung ihrer Unterordnung unter die bestimmende teleologische Setzung, wodurch zugleich aus dem gesetzten Ineinander von Kausalität und Ideologie ein einheitlich homogener Gegenstand, Prozeß etc. wird. " (S. 19 f.)
 
[Der absolute Bezugsrahmen der Naturgesetze]
" Natur und Arbeit, Mittel und Zweck ergeben also auf diese Weise etwas in sich Homogenes: den Arbeitsprozeß, und am Schluß das Arbeitsprodukt. Die Aufhebung der Heterogenitäten durch die Einheitlichkeit, die Homogenität der Setzung, hat aber ihre deutlich bestimmten Schranken. " (S. 20)
 
[Der Arbeitsprozess als Einheit]
"DIE ARBEIT - Zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins Hier ist der Unterschied zwischen Setzung in ontologischem und erkenntnistheoretischem Sinn handgreiflich faßbar. Erkenntnistheoretisch ist eine den Gegenstand verfehlende Setzung noch immer eine Setzung, wenn über sie auch das Werturteil der Falschheit oder eventuell nur der Unvollständigkeit ausgesprochen werden muß. Das ontologische Setzen der Kausalität im Komplex einer teleologischen Setzung muß aber ihren Gegenstand richtig ergreifen, oder sie ist - in diesem Zusammenhang - überhaupt keine Setzung. Diese Feststellung bedarf jedoch, um nicht aus Überspannung in Unwahrheit umzuschlagen, einer dialektischen Beschränkung. Da jeder Naturgegenstand, jeder Naturprozeß eine intensive Unendlichkeit an Eigenschaften, Wechselbeziehungen zur Umwelt etc, vorstellt, bezieht sich das eben Ausgeführte nur auf jene Momente der intensiven Unendlichkeit, die für die teleologische Setzung positiv oder negativ von Bedeutung sind. " (S. 20)
 
[Der Unterschied der erkenntnistheoretischen und onthologischen Setzung ist die Materialisierung/Vergegenständlichung]
" Die früher festgestellte Homogenisierung von Zweck und Mittel muß aber noch von einem anderen Gesichtspunkt aus dialektisch beschränkt und dadurch konkretisiert werden. Schon die doppelte Gesellschaftlichkeit der Zielsetzung - die sowohl aus einem gesellschaftlichen Bedürfnis entsteht wie auch eine solche zu befriedigen berufen ist, während die Naturhaftigkeit der Substrate der Mittel ihrer Verwirklichung die Praxis unmittelbar in eine anders geartete Umgebung und Tätigkeit leitet - schafft eine prinzipielle Heterogenität zwischen Zweck und Mittel. Ihre Aufhebung durch die Homogenisierung in der Setzung birgt, wie wir eben gesehen haben, eine wichtige Problematik in sich, die darauf weist, daß die einfache Unterordnung der Mittel unter den Zweck nicht so einfach ist, wie sie auf den ersten unmittelbaren Anblick zu sein scheint. Man darf nämlich nie die schlichte Tatsache aus den Augen verlieren, daß Realisierbarkeit oder Vergeblichkeit der Zielsetzung schlechthin davon abhängt, wieweit es im Erforschen der Mittel gelungen ist, die Naturkausalität in eine - ontologisch gesprochen - gesetzte zu verwandeln. " (S. 21)
 
[Beschränkung der Realisierbarkeit durch Entwicklung in der Erkenntnis]
" Wir haben bereits auf das Prinzip des Neuen, das selbst in der primitivsten Arbeitsteleologie steckt, hingewiesen. Jetzt können wir hinzufügen, daß das ununterbrochene Produzieren von Neuem, wodurch in der Arbeit, man könnte sagen, die Gebietskategorie*11 des Gesellschaftlichen erscheint, ihre erste klare Abhebung von jeder bloßen Naturhaftigkeit, in dieser Entstehungs- und Entwicklungsweise der Arbeit enthalten ist. Das hat zur Folge, daß in jedem konkreten einzelnen Arbeitsprozeß das Ziel die Mittel beherrscht und reguliert. Wenn jedoch von den Arbeitsprozessen in ihrer historischen Kontinuität und Entwicklung innerhalb der realen Komplexe des gesellschaftlichen Seins die Rede ist, entsteht eine gewisse, sicher nicht absolute und totale, für die Entwicklung der Gesellschaft und der Menschheit jedoch höchst bedeutsame Umkehrung dieses hierarchischen Verhältnisses. Da die für die Arbeit unentbehrliche Erforschung der Natur vor allem auf die Ausarbeitung der Mittel konzentriert ist, sind diese das hauptsächliche Vehikel der gesellschaftlichen Garantie einer Fixierung der Ergebnisse der Arbeitsprozesse, der Kontinuität der Arbeitserfahrung sowie insbesondere ihrer Höherentwicklung. Darum ist für das gesellschaftliche Sein selbst diese angemessenere Erkenntnis, die den Mitteln (Werkzeugen etc.) zugrunde liegt, oft wichtiger als die jeweilige Bedürfnisbefriedigung (Zielsetzung). " (S. 22)
 
[Verhältnis Mittel und Zweck]
" Erstens betont hier Hegel, im großen ganzen mit Recht, die größere Dauer der Mittel den unmittelbaren Zielen, Erfüllungen gegenüber. Freilich ist dieser Gegensatz in der Wirklichkeit lange nicht so schroff, wie Hegel ihn darstellt. " (S. 22)
 
[Hegel: Verhältnis Mittel und Zweck]
" Zweitens wird, wieder mit Recht, beim Mittel das Moment der Herrschaft »über die äußerliche Natur« hervorgehoben, mit der ebenfalls richtigen dialektischen Beschränkung, daß der Mensch in seiner Zwecksetzung ihr doch unterworfen bleibt. Hier muß die Hegelsche Darstellung insofern konkretisiert werden, als dieses Unterworfensein sich zwar unmittelbar auf die Natur bezieht - der Mensch kann, wie wir bereits gezeigt haben, nur solche Ziele wirklich setzen, deren Verwirklichungsmittel er tatsächlich beherrscht -, während es sich letzten Endes real um eine gesellschaftliche Entwicklung handelt, um den Komplex, den Marx als Stoffwechsel des Menschen, der Gesellschaft, mit der Natur bezeichnet, wobei fraglos das gesellschaftliche Moment*13 das übergreifende werden muß. Damit ist allerdings die Überlegenheit des Mittels noch stärker betont als bei Hegel selbst. " (S. 23)
" Infolge dieser Sachlage ist, drittens, das Mittel, das Werkzeug, der wichtigste Schlüssel zur Erkenntnis jener Etappen der Menschheitsentwicklung, über welche wir keine anderen Dokumente besitzen. Hinter diesem Erkenntnisproblem ist jedoch, wie stets, ein ontologisches verborgen. Wir können aus den Werkzeugen, die Ausgrabungen oft als fast einzige Dokumente einer völlig versunkenen Periode ans Tageslicht fördern, viel mehr über das konkrete Leben der sie handhabenden Menschen erfahren, als unmittelbar in ihnen zu stecken scheint. Der Grund dafür besteht darin, daß das Werkzeug bei richtiger Analyse nicht nur die eigene Entstehungsgeschichte verraten kann, sondern weite Ausblikke auf Lebensweise, ja auf Weltauffassung etc. seiner Gebraucher eröffnet. " (S. 24)
" Viertens muß noch hervorgehoben werden, daß das Erforschen der Gegenstände und Prozesse in der Natur, das dem Setzen der Kausalität beim Schaffen der Mittel vorangeht, dem Wesen nach, wenn auch lange Zeit nicht bewußt erkannt, doch aus wirklichen Erkenntnisakten besteht und damit objektiv den Anfang, die Genesis der Wissenschaft beinhaltet. Auch hier gilt die Einsicht von Marx: »Sie wissen das nicht, aber sie tun es.« Mit den sehr weittragenden Konsequenzen der so entstehenden Zusammenhänge werden wir uns in diesem Kapitel erst später befassen können. Hier kann vorläufig nur darauf verwiesen werden, daß jedes Erfahren und Verwenden von Kausalzusammenhängen, also jedes Setzen einer realen Kausalität, zwar in der Arbeit stets als Mittel für ein einzelnes Ziel figuriert, objektiv jedoch die Eigenschaft hat, auf anderes, auch auf unmittelbar völlig Heterogenes, angewendet zu werden. " (S. 24)
" Aus der ihr innewohnenden Tendenz zum Selbständigwerden der Erforschung des Mittels bei Vorbereitung und Durchführung des Arbeitsprozesses erwächst also das wissenschaftlich gerichtete Denken und stammen später die verschiedenen Naturwissenschaften. Dabei handelt es sich natürlich nicht um eine einmalige Genesis eines neuen Gebiets der Tätigkeit aus dem anderen, sondern diese Genesis wiederholt sich, freilich in äußerst verschiedenen Formen, in der ganzen Geschichte der Wissenschaften bis heute. Die Moddllvorstellungen, die den kosmischen, physikalischen etc. Hypothesen zugrunde liegen, sind - zumeist unbewußt - von den ontologischen Vorstellungen des jeweiligen Alltags, die wiederum mit den jeweilig aktuellen Arbeitserfahrungen, Arbeitsmethoden, Arbeitsergebnissen eng zusammenhängen, mit determiniert. Manche große Wendung in den Wissenschaften hat ihre Wurzel in allmählich entstandenen, aber auf einer bestimmten Stufe als radikal, als qualitativ neu erscheinenden Weltbildern des Alltags (der Arbeit). Der gegenwärtig herrschende Zustand, daß bereits differenzierte und weitgehend organisierte Wissenschaften die Vorbereitungsarbeit für die Industrie besorgen, verdeckt zwar für viele diesen Tatbestand, verändert aber seine Tatsächlichkeit ontologisch nicht wesentlich; es wäre sogar interessant, die Einflüsse dieses Vorbereitungsmechanismus auf die Wissenschaft ontologisch-kritisch näher zu betrachten. " (S. 25)
 
[Entstehung der Wissenschaft aus dem praktischen Wissen um die Mittel]

{ Die Radmacher wussten schon sehr früh über eine genügend gute Annäherung an die Zahl Pi Bescheid. Brauchten sie doch Pi praktisch, um die Länge des Metallstreifens zu bestimmen aus dem Durchmesser des Rades, um das Rad damit in einem Stück lückenlos zu beschlagen. Von diesem gibt es unzählige Beispiele. Alle unsere auch abstraktesten Vorstellungen kommen von der Welt in unseren Kopf. (d.V.)}

" Schon die bisherige, bei weitem nicht vollständige Beschreibung der Arbeit zeigt, daß mit ihr, im Vergleich zu den vorangegangenen Seinsformen des Unorganischen und Organischen, eine qualitativ neue Kategorie in der Ontologie des gesellschaftlichen Seins erschienen ist. Eine solche Neuheit ist die Verwirklichung [25] als adäquates, erdachtes und gewolltes Ergebnis der teleologischen Setzung. " (S. 25 f.)
" Denn wären die verschiedenen idealistischen oder religiösen Theorien einer allgemeinen Herrschaft der Teleologie richtig, so würde, zu Ende gedacht, dieser Unterschied gar nicht existieren. Jeder Stein, jede Fliege wäre ebenso eine Verwirklichung der »Arbeit« Gottes, des Weltgeistes etc., wie die eben geschilderten Verwirklichungen in den teleologischen Setzungen der Menschen. Damit müßte konsequenterweise der entscheidende ontologische Unterschied zwischen Gesellschaft und Natur verschwinden. Wenn die idealistischen Philosophien dennoch einem Dualismus zustreben, so kontrastieren sie vorwiegend die - scheinbar - rein geistigen, von der materiellen Wirklichkeit - scheinbar - völlig losgelösten Bewußtseinsfunktionen der Menschen mit der Welt des bloß materiellen Seins. " (S. 26)
 
[Dualismus, Trennung der Momente]
" Man versuche etwa, die »Geworfenheit« des Existentialismus mit dem Bild der Wissenschaft vom Entstehen des Menschen ontologisch in Einklang zu bringen. Die Verwirklichung dagegen stellt sowohl die genetische Verbundenheit wie den ontologisch wesentlichen Unterschied und Gegensatz her: Die Tätigkeit des Naturwesens Mensch läßt, auf der Basis des unorganischen und organischen Seins, aus ihnen hervorgegangen, eine eigenartige neue, kompliziertere und komplexere Stufe des Seins entstehen, eben das gesellschaftliche Sein. " (S. 26)

{ Diese Geworfenheit ist nichts als die philosophische Verarbeitung der Ohnmacht des vereinzelten Einzelnen des bürgerlichen Idividuums. (d.V.)}

" Die Verwirklichung als Kategorie der neuen Seinsform zeigt zugleich eine wichtige Konsequenz: Das Bewußtsein des Menschen hört mit der Arbeit auf, im ontologischen Sinn ein Epiphänomenon zu sein. Zwar scheint das Bewußtsein der Tiere, besonders der höheren, eine unleugbare Faktizität zu sein, sie ist aber doch [26] ein blasses, dienendes Teilmoment ihres biologisch fundierten, nach den Gesetzen der Biologie ablaufenden Reproduktionsprozesses. Und zwar nicht bloß in der phylogenetischen Reproduktion, wo es ganz selbstverständlich evident ist, daß diese - nach Gesetzen, die wir heute noch nicht wissenschaftlich erfaßt haben, nur als ontologische Tatsachen zur Kenntnis nehmen mussen - sich ohne irgendein Zutun des Bewußtseins abspielt; sondern auch im ontogenetischen Reproduktionsprozeß. " (S. 26 f.)
 
[Zentralwerden der Arbeit als Charakteristikum beim Übergang zum gesellschaftlichen Sein]
" Das tierische Bewußtsein in der Natur geht nie über ein besseres Bedienen der biologischen Existenz und der Reproduktion hinaus, ist also - ontologisch betrachtet - ein Epiphänomenon des organischen Seins. Erst in der Arbeit, im Setzen des Zieles und seiner Mittel geht das Bewußtsein mit einem selbstgelenkten Akt, der teleologischen Setzung, dazu über, sich nicht bloß der Umgebung anzupassen - wozu auch solche Tätigkeiten der Tiere gehören, die die Natur objektiv, unbeabsichtigt verändern -, sondern in der Natur selbst von dieser aus unmögliche, ja undenkbare Veränderungen zu vollziehen. Indem also die Verwirklichung zu einem umformenden, neuformenden Prinzip der Natur wird, kann das Bewußtsein, das dazu Impuls und Richtung gegeben hat, ontologisch kein Epiphänomenon mehr sein. Mit dieser Feststellung scheidet sich der dialektische Materialismus vom mechanischen. Denn dieser erkennt als [27] objektive Wirklichkeit nur die Natur in ihrer Gesetzlichkeit an. Marx vollzieht nun die Trennung des neuen Materialismus vom alten, des dialektischen vom mechanischen, mit großer Entschiedenheit in seinen bekannten Thesen über Feuerbach: »Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus (den Feuerbachschen mit eingerechnet) ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als sinnlich menschliche Tätigkeit, Praxis; nicht subjektiv. Daher die tätige Seite abstrakt im Gegensatz zu dem Materialismus von dem Idealismus - der natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt - entwickelt. Feuerbach will sinnliche - von den Gedankenobjekten wirklich unterschiedne Objekte: aber er faßt die menschliche Tätigkeit selbst nicht als gegenständliche Tätigkeit.« " (S. 27 f.)
 
[Übergang und Mechanischer vs. Dialektischer Materialismus]
" Aber selbstverständlicherweise kann diese Wahrheit nur durch ihr möglichst vollständiges Explizitwerden sich als solche erweisen und bewähren, Schon die bloße Tatsache, daß in die Welt der Wirklichkeit Verwirklichungen (Ergebnisse der menschlichen Praxis in der Arbeit) als neue, aus der Natur nicht ableitbare Gegenständlichkeitsformen eintreten, die aber doch und gerade als solche ebenso Wirklichkeiten sind wie die Produkte der Natur, zeugt schon auf dieser Anfangsstufe für die Richtigkeit unserer Behauptung. " (S. 28)
" Die beiden heterogenen Akte, von denen hier die Rede ist, sind: einerseits die möglichst genaue Widerspiegelung der in Betracht kommenden Wirklichkeit, andererseits die daran anknüpfende Setzung jener Kausalitätsketten, die, wie wir wissen, für die Verwirklichung der teleologischen Setzung unentbehrlich sind. " (S. 29)
 
[Die zwei heterogenen Akte: Widerspiegelung und Setzung der Kausalitätskette]
" Diese bewußt gewordene Trennung von Subjekt und Objekt ist ein notwendiges Produkt des Arbeitsprozesses und zugleich die Grundlage für die spezifisch menschliche Existenzweise. Wenn das Subjekt, als im Bewußtsein losgelöst von der Objektwelt, nicht fähig wäre, diese zu betrachten, in ihrem Ansichsein zu reproduzieren, könnte jene Zielsetzung, die auch der allerprimitivsten Arbeit zugrundeliegt, nie zustande kommen. Natürlich stehen auch die Tiere in einem - immer komplizierter werdenden, schließlich durch eine Art von Bewußtsein vermittelten - Verhältnis zu ihrer Umgebung. Da dieses jedoch im Bereich des Biologischen beharrt, kann ein derartiges Getrenntsein und Gegenüberstehen von Subjekt und Objekt, wie beim Menschen, bei ihnen nie entstehen. " (S. 29)
 
[Subjekt-Objekt-Vermittlung und Trennung]

{ Das ist der erkenntnistheoretische Kern der Geschichte und zeigt, dass die menschliche Praxis gerade die Vermittlung zwischen dem Objekt Mensch, der ein Subjekt ist, und dem Objekt seiner Arbeit stattfindet. Nur dem Menschen kann diese Trennung überhaupt bewußt werden, die dann z.B. beim bürgerlichen vereinzelten Einzelnen als Reflex einen Solipsismus hervortreibt. Aber gerade an dieser Nahtstelle wird auch die Praxis/Arbeit als die Vermittlung bewusst. (d.V.)}

" Will man, was nie ohne Willkür geschehen kann, menschliche Bewußtseinskategorien auf die Tierwelt anwenden, so kann man sagen, daß die höchstentwickelten Tiere im besten Fall Vorstellungen der wichtigsten Momente ihrer Umwelt bilden können, nie aber Begriffe über sie. Freilich muß man den Terminus Vorstellung mit den nötigen Vorbehalten gebrauchen, denn wo bereits eine Begriffswelt ausgebildet ist, wirkt diese auf Anschauung und Vorstellung wieder zurück. Originär geht dieser Wandel ebenfalls unter der Einwirkung der Arbeit vor sich. " (S. 29)
" Hier müssen wir uns, um die durch die Arbeit entstehende neue Grundstruktur klar herauszuarbeiten, darauf beschränken, daß in der Widerspiegelung der Wirklichkeit, als Voraussetzung für Ziel und Mittel der Arbeit, eine Trennung, eine Loslösung des Menschen von seiner Umgebung vollzogen wird, eine Distanzierung, die sich im Gegenüberstehen von Subjekt und Objekt klar offenbart. In der Widerspiegelung der Wirklichkeit löst sich die Abbildung von der abgebildeten Wirklichkeit ab, gerinnt zu einer eigenen »Wirklichkeit« im Bewußtsein. Wir haben das Wort Wirklichkeit in Anführungszeichen gesetzt, weil ja im Bewußtsein die Wirklichkeit bloß reproduziert wird; es entsteht eine neue Gegenständlichkeitsform, aber keine Wirklichkeit, und - gerade ontologisch - kann das Reproduzierte mit dem, was es reproduziert, unmöglich gleichartig, geschweige denn identisch sein. Im Gegenteil. Ontologisch teilt sich das gesellschaftliche Sein in zwei heterogene Momente, die vom Standpunkt des Seins nicht nur heterogen einander gegenüberstehen, sondern geradezu Gegensätze sind: das Sein und seine Widerspiegelung im Bewußtsein. " (S. 30)
 
[Verhältnis Widerspiegelung als REPRODUKTION der Wirklichkeit]

{ Das ist ein Augenöffner. Nicht wird die Wirklichkeit produziert, sondern sie wird reproduziert. Das ist etwas völlig anderes. Alle diese Idealisten glauben ersteres und müssen sich dann auf die Suche nach den Gründen begeben, warum wir dennoch Verbrennungsmotoren bauen können. Das geht über Prinzipalkoordination, Pertubation bis zum 'Ding an sich'. Aber das die Frage so gar nicht steht und die Arbeit die Vermittlung als Prozeß ist, die die Reproduktion der Wirklichkeit im Bewusstsein notwendig fordert, dass werden sie als vereinzelte Einzelne nie zugeben können. Sie nehmen das Subjekt für alles, im Grunde genommen sich selbst. Das ganze wird dann moralisch flankiert mit der hervorgekehrten Askese z.B. des Wissenschaftlers. (d.V.)}

" Die ununterbrochene und unausweichliche Bezogenheit der Widerspiegelung auf das Sein, ihre Einwirkungen darauf schon in der Arbeit, aber noch ausgeprägter in weiteren Vermittlungen (die erst später zur Darstellung gelangen können), die Determiniertheit der Widerspiegelung durch ihr Objekt etc. können diese fundamentale Dualität nie völlig aufheben. Mit dieser Dualität tritt der Mensch aus der Tierwelt heraus. Wenn Pawlow das nur dem Menschen eigene zweite Signalsystem beschreibt, stellt er richtig fest, daß allein dieses System sich von der Wirklichkeit entfernen, in ihrer Wiedergabe fehlgehen kann. Das ist nur möglich, weil die Widerspiegelung sich auf das ganze, vom Bewußtsein unabhängige, stets intensiv unendliche Objekt richtet, dieses in seinem Ansichsein zu erfassen sucht und gerade infolge der dazu notwendigen, selbstgesetzten Distanz dabei irregehen kann. Das bezieht sich selbstredend nicht nur auf die Anfangsstadien der Widerspiegelung. " (S. 30)
 
[Betonung der unausweichlichen Determiniertheit des Bewusstseins vs. seiner relativen Eigenständigkeit]
" Andererseits folgt aus dieser Distanzierung und Objektivierung, daß die Abbilder niemals quasiphotographische, mechanisch treue Kopien der Wirklichkeit sein können. Sie sind immer von den Zielsetzungen, also genetisch gesprochen, von der gesellschaftlichen Reproduktion des Lebens, originär von der Arbeit bestimmt. In meiner »Eigenart des Ästhetischen« habe ich, das Alltagsdenken analysierend, auf diese konkret teleologische Orientiertheit der Widerspiegelung hingewiesen. Man könnte sagen, daß hier die Quelle ihrer Fruchtbarkeit, ihrer ununterbrochenen Entdeckungstendenz von neuem zu finden ist, während die eben geschilderte Objektivation in einer entgegengesetzten Richtung korrektiv tätig ist. " (S. 31)
 
[Wider der mechanischen Widerspiegelung der Photoplatte]

{ Der bürgerlich (philosophische) Affekt gegen die Widerspiegelung bezieht sich immer auf die Identifizierung dieser mit der Photoplatte. Das ist das, sich als besonderes Einzelnes so überaus wichtig nehmende, bürgerliche Individuum beleidigt, wenn es auf seine Determiniertheit hingewiesen wird, noch bis in seine intimsten Regungen. Dann ist es empört und greint nach der 'Freiheit seines Willens'. Es begreift nicht, dass seine Freiheit und seine Besonderheit gerade in der Bewusstmachung seiner/der Determiniertheit liegt. Denn für den bürgerlichen Verstand gibt es nur Ja oder Nein, entweder Determiniertheit oder Freiheit. Das beides als dialektischer Widerspruch gefasst gerade die Gleichheit beider Momente beinhaltet, kann er nicht begreifen. Das dem aber so ist, ist trivial beim doppelt freien Lohnarbeiter. Freiheit von ist immer Freiheit zu. (d.V.)}

" Die Widerspiegelung hat dabei eine eigenartige widerspruchsvolle Position: Einerseits ist sie der strikte Gegensatz zu jedem Sein, sie ist, eben weil sie Widerspiegelung ist, kein Sein; andererseits und zugleich ist sie das Vehikel zum Entstehen der neuen Gegenständlichkeit im gesellschaftlichen Sein, zu dessen Reproduktion auf gleichbleibender oder erhöhter Stufe. Dadurch erhält das die Wirklichkeit widerspiegelnde Bewußtsein einen gewissen Möglichkeitscharakter. " (S. 31)
 
[Relative Freiheit des Bewusstseins]
" Es ist nämlich unzweifelhaft, daß während einer tiefen Wirtschaftskrise viele Arbeiter keine faktische Möglichkeit haben, Arbeit zu erhalten; es ist aber ebenso fraglos - und hierin liegt die tiefe Ahnung der Wahrheit in der Aristotelischen Dynamis-Konzeption -, daß er jederzeit bei günstiger Wendung der Konjunktur seine alte Arbeit wieder aufzunehmen imstande ist. Wie soll nun diese seine Beschaffenheit, vom Standpunkt einer Ontologie des gesellschaftlichen Seins, anders bestimmt werden, als dadurch, daß er, infolge seiner Erziehung, seines Lebenslaufs, seiner Erfahrungen etc., auch als Arbeitsloser - seiner Dynamis nach - ein Arbeiter bleibt? " (S. 31)
" Es kommt dabei nicht darauf an, daß diese Labilität vorläufig nicht im voraus erkennbar, sondern erst Post festum feststellbar ist, denn die Frage, ob etwas - im ontologischen Sinn - erkennbar ist, ist dafür, ob es in dieser Hinsicht ein Seiendes ist, gleichgültig. (Die ontologische Realität der Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse hat nichts damit zutun, ob wir diese Gleichzeitigkeit zu messen imstande sind.)
Unsere Fragestellung hat dieses ontologische Problem so beantwortet, daß die Widerspiegelung, gerade ontologisch betrachtet, an sich kein Sein ist, also auch kein »Gespensterdasein«, weil ganz einfach kein Sein. Und doch ist sie zweifellos [32] die entscheidende Voraussetzung für die Setzung von Kausalreihen, und zwar gerade im ontologischen und nicht im erkenntnistheoretischen Sinn. Die so entstehende ontologische Paradoxie versucht nun die Dynamis-Konzeption von Aristoteles in ihrer dialektischen Rationalität zu erhellen. "
(S. 32 f.)
" Der Übergang von der Widerspiegelung als einer besonderen Form des Nichtseins zum aktiven und produktiven Sein des Setzens von Kausalzusammenhängen bietet eine entfaltete Form der Aristotelischen Dynamis, die wir als den Alternativcharakter einer jeden Setzung im Arbeitsprozeß bestimmen können. Dieser tritt zuerst beim Setzen des Zieles der Arbeit ans Tageslicht. Man kann seinen Charakter am besten beim Betrachten der allerprimitivsten Arbeitsakte feststellen. Wenn der Urmensch aus einer Masse von Steinen einen als für seine Zwecke geeignet scheinenden auswählt und die anderen liegenläßt, so ist klar, daß hier eine Wahl, eine Alternative vorliegt. Und zwar eben in dem Sinne, daß der Stein, als an sich seiender Gegenstand der unorganischen Natur, in keiner Weise dazu präformiert war, ein Instrument für diese Setzung zu werden. Natürlich wächst auch das Gras nicht, um von den Rindern gefressen zu werden, und diese nicht, um Fleisch für die Nahrung der Raubtiere zu liefern. In beiden Fällen liegt aber von der Seite der fressenden Tiere eine biologische Gebundenheit an eine jeweils derartige Nahrung, die ihr Verhalten mit biologischer Notwendigkeit determiniert. Darum ist ihr dabei auftretendes Bewußtsein eindeutig determiniert: ein Epiphänomenon, niemals eine Alternative. Der zum Instrument ausgewählte Stein wird aber durch einen Bewußtseinsakt ausgewählt, der nicht mehr biologischen Charakters ist. " (S. 34)
" Es handelt sich nämlich dabei um zwei aufeinander heterogen bezogene Alternativen. Erstens: Ist der Stein für den gesetzten Zweck richtig oder falsch gewählt? Zweitens: Ist das Ziel richtig oder falsch gesetzt, d.h. ist ein Stein überhaupt ein wirklich geeignetes Instrument für diese Zielsetzung? Es ist leicht ersichtlich, daß beide Alternativen nur aus einem dynamisch funktionierenden und dynamisch verarbeiteten System der Widerspiegelungen der Wirklichkeit (also aus einem System von an sich nichtseienden Akten) emporsteigen können. Es ist aber ebenso leicht ersichtlich, daß erst, wenn die Ergebnisse der nichtseienden Widerspiegelung sich zu einer solchen alternativ strukturierten Praxis verdichten, aus dem nur naturhaft Seienden ein Seiendes im Rahmen des gesellschaftlichen Seins werden kann, etwa ein Messer oder eine Axt, also eine völlig und radikal neue Gegenständlichkeitsform dieses Seienden. Denn der Stein in seinem naturhaften Dasein und Sosein hat gar nichts mit Messer oder Axt zu tun. " (S. 35)
 
[Praxis als Vermittlung, Widerspiegelung als Voraussetzung]
" Wenn man auch noch so flüchtig auf den Prozeß einer beliebigen Arbeit - und sei sie noch so primitiv - reflektiert, so muß man sehen, daß es sich niemals bloß um das mechanische Durchführen einer Zielsetzung handeln kann. Die Kausalkette in der Natur läuft »von selbst« gemäß ihrer eigenen naturhaften inneren Notwendigkeit des »wenn?dann« ab. In der Arbeit wird jedoch, wie wir gesehen haben, nicht nur das Ziel teleologisch gesetzt, sondern auch die Kausalkette, die es verwirklicht, muß sich in eine gesetzte Kausalität verwandeln. Denn sowohl das Arbeitsmittel wie der Arbeitsgegenstand sind an sich der Naturkausalität unterworfene Naturdinge, die erst in der teleologischen Setzung, erst durch diese, obwohl sie Naturgegenstände bleiben, eine gesellschaftlich seiende Gesetztheit im Arbeitsprozeß erhalten können. Darum wiederholt sich im Detail des Arbeitsprozesses fortlaufend diese Alternative: Eine jede einzelne Bewegung im Prozeß des Schleifens, Schabens etc, muß richtig erdacht sein (auf richtiger Widerspiegelung der Wirklichkeit beruhen), richtig auf die Zielsetzung orientiert, richtig manuell durchgeführt sein etc. " (S. 35)
 
[Bewegung: Arbeitsprozeß ist selbst ein Prozeß des ständigen neu Setzens und Reflektierens]

{ Hier macht Lukács den Übergang vom einfachen wenn-dann zu seiner wirklichen Gestalt als verschlungenem Prozeß. Hier kommt er zur Einheit der Praxis und ihrer Widerspiegelung und Projektierung, ihrer gegenseitigen Durchdringung und ständigen Anpassung an die, teils durch sie, veränderte Wirklichkeit. (d.V.)}

" Die Alternative erstreckt sich also auf die einer richtigen oder fehlerhaften Tätigkeit, um Kategorien, die erst im Arbeitsprozeß zu Formen der Wirklichkeit werden, ins Leben zu rufen. " (S. 36)
 
[Kategorien der Wirklichkeit - Objektive Erkenntnis]
" Diese ontologische Struktur des Arbeitsprozesses als einer Kette von Alternativen darf nicht dadurch verdunkelt werden, daß im Laufe der Entwicklung, sicherlich schon auf relativ niedrigen Entwicklungsstufen, die einzelnen Alternativen des Arbeitsprozesses durch Einübung und Gewohnheit zu bedingten Reflexen werden und deshalb bewußtseinsmäßig »unbewußt« vollzogen werden können. " (S. 36)
 
[Verschwinden/Verdecken der Entscheidungsstruktur im Tun selbst]
" Die Alternative, ebenfalls ein Akt des Bewußtseins, ist also die Vermittlungskategorie, durch deren Hilfe die Widerspiegelung der Wirklichkeit zum Vehikel des Setzens eines Seienden wird. Dabei ist zu betonen, daß dieses Seiende in der Arbeit stets etwas Naturhaftes ist, und diese seine naturhafte Beschaffenheit kann niemals völlig aufgehoben werden. So groß die umformenden Wirkungen des teleologischen Setzens der Kausalitäten im Arbeitsprozeß auch sein mögen, die Naturschranke kann nur zurückweichen, aber niemals völlig verschwinden; das bezieht sich auf den Atomreaktor ebenso wie auf die Steinaxt. Denn, um nur eine der hier auftauchenden Möglichkeiten zu erwähnen, die Naturkausalitäten werden zwar den arbeitsmäßig gesetzten unterworfen, hören aber, da jeder Naturgegenstand [36] eine intensive Unendlichkeit von Eigenschaften als Möglichkeiten in sich faßt, niemals völlig zu wirken auf. " (S. 36 f.)
 
[Das Bedingtbleiben in der Natur]
" Die Überwindung der Tierheit durch den Sprung zum Menschwerden in der Arbeit, die Überwindung des Epiphänomenalen der bloß biologischen Determiniertheit des Bewußtseins erlangt also durch die Entwicklung der Arbeit eine unaufhaltsame Steigerung, eine Tendenz zur herrschenden Universalität. Auch hier zeigt sich, daß die neuen Seinsformen erst in ihrer allmählichen Entfaltung zu wirklich herrschenden universellen Bestimmungen ihrer eigenen Sphäre erwachsen können. Im Sprung des Übergangs und noch lange Zeit danach stehen sie im ständigen Wettbewerb mit den niedrigeren Seinsformen, aus denen sie entsprungen sind und die - unaufhebbar - ihre materielle Basis bilden, auch dann, wenn der Umformungsprozeß schon ein sehr hohes Niveau erreicht hat. " (S. 37)
 
[Betonen der prozesshaften Durchsetzung der Arbeit als wirkliche Zentralkategorie auf eigener Grundlage]
" Ja der Alternativcharakter des Entschlusses, die teleologische Setzung zu verwirklichen, erhält noch weitere Komplizierungen, die aber seine Bedeutung als Sprung von der Möglichkeit zur Wirklichkeit nur noch stärker betonen. Man bedenke, daß für den Urmenschen nur die unmittelbare Brauchbarkeit überhaupt den Gegenstand der Alternative gebildet hat, während in der Entwicklung der Gesellschaftlichkeit der Produktion, d. h. der Ökonomie, die Alternativen eine immer verzweigtere, differenziertere Gestalt erhalten. Schon die Entwicklung der Technik hat zur Folge, daß der Entwurf des Modells das Ergebnis einer Kette von Alternativen sein muß, aber ein noch so hoher Entwicklungsgrad der Technik (ihr Unterbau durch eine Reihe von Wissenschaften) kann nicht der alleinige Entscheidungsgrund der Alternative sein. Denn das so ausgearbeitete technische Optimum fällt keineswegs mit dem ökonomischen Optimum ohne weiteres zusammen. " (S. 38)
 
[Zwecksetzung als Kette von Alternativen und ihrer Entscheidung]
" Ökonomie und Technik sind zwar in der Entwicklung der Arbeit unzertrennlich koexistent, stehen in ununterbrochenen Wechselbeziehungen zueinander, das hebt jedoch ihre Heterogenität, die sich, wie wir gesehen haben, in der widerspruchsvollen Dialektik von Zweck und Mittel zeigt, keineswegs auf, verstärkt sogar oft ihre Widersprüchlichkeit. Diese Heterogenität, auf deren komplizierte Momente wir hier nicht eingehen können, hat zur Folge, daß die Arbeit zwar zu ihrer immer höheren, immer gesellschaftlicheren Realisierung die Wissenschaft als Hilfsorgan geschaffen hat, daß aber die Wechselbeziehung beider sich stets nur in einer ungleichmäßigen Entwicklung realisieren konnte. " (S. 38)
" Die geistigen Momente des Projekts einer Zielsetzung für Arbeit spielen natürlich, letzten Endes, in der Entscheidung der Alternative eine wichtige Rolle; es würde aber eine Fetischisierung der ökonomischen Ratio bedeuten, wenn wir darin allein den Motor des Überspringens von Möglichkeit zur Wirklichkeit auf dem Gebiet der Arbeit erblicken würden. Eine solche Ratio ist ein Mythos, ebenso wie die Annahme, die von uns geschilderten Alternativen würden sich auf einer Ebene der abstrakten reinen Freiheit vollziehen. " (S. 39)
" Die Komponenten, die diese Bedürfnisbefriedigung und darum auch die Vorstellungen darüber determinieren, bestimmen deshalb den Aufbau des Projekts, die Auswahl und Gruppierung der Gesichtspunkte, neben dem Versuch, die Kausalitätsverhältnisse der Verwirklichung richtig widerzuspiegeln; letzten Endes ist also die Bestimmung in der Einzelheit der geplanten Verwirklichung begründet. Ihre Rationalität kann also niemals eine absolute sein, sondern - wie stets bei Versuchen, etwas zu verwirklichen - die konkrete Rationalität eines Zusammenhanges »wenn… dann«. Daß innerhalb eines solchen Rahmens derartig notwendige Verbindungen obwalten, macht erst die Alternative zu einer möglichen: Sie setzt - innerhalb dieses konkreten Komplexes - die notwendige Aufeinanderfolge der einzelnen Schritte voraus. " (S. 39)
 
[Die Wirklichkeit determiniert die Vorstellung über sie - macht so die Verwirklichung möglich]

{ Alternative und Prädetermination schliessen sich nur abstrakt aber nicht wirklich aus. Da die Alternative und ihre Entscheidung stets eine konkrete ist. Es besteht eine Dialektik von Determination und Spielraum. (d.V.)}

" Und es ist ebenso einleuchtend, daß der Spielraum der Entscheidung ebenfalls durch diesen Seinskomplex umrissen wurde; daß dabei Breite, Weite, Tiefe etc. in der Richtigkeit der Widerspiegelung der Wirklichkeit eine gewichtige Rolle spielen, versteht sich von selbst, ändert aber nichts daran, daß auch das Setzen der Kausalreihen innerhalb der teleologischen Setzung - unmittelbar oder vermittelt - letzten Endes durch das gesellschaftliche Sein determiniert ist. " (S. 40)
 
[Verhältnis von Determination und Spielraum in und durch das konkrete gesellschaftliche Sein]
" Selbstverständlich bleibt dabei die Tatsache bestehen, daß der jeweilige konkrete Beschluß zur teleologischen Setzung nie vollständig, mit zwingender Notwendigkeit*22 aus seinen vorangegangenen Bedingungen abgeleitet werden kann. " (S. 40)
 
[Grenze der Determination einerseits]
" Andererseits muß allerdings festgestellt werden, daß, wenn man nicht den jeweilig einzelnen teleologischen Setzungsakt, sondern die Gesamtheit dieser Akte und ihre Wechselbeziehungen zueinander in einer jeweiligen Gesellschaft betrachatet, man unweigerlich dazu kommt, in ihnen tendenzielle Ähnlichkeiten, Konvergenzen, Typen etc. festzustellen. Die Proportion dieser konvergierenden bzw. divergierenden Tendenzen in dieser Totalität zeigt die Realität des eben angedeuteten konkreten Spielraums der teleologischen Setzungen auf. " (S. 40)
 
[Grenze des Spielraums andererseits]
" Jetzt aber muß von der Arbeit ausschließlich im engsten Sinne des Wortes, in ihrer Urform, als Organ des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur die Rede sein, denn nur so kann man jene Kategorien aufzeigen, die sich ontologisch notwendig aus dieser Urform ergeben, die deshalb aus der Arbeit ein Modell der gesellschaftlichen Praxis überhaupt machen.
...
So verstanden zeigt die Arbeit ontologisch ein Doppelgesicht: Einerseits wird an dieser ihrer Allgemeinheit einleuchtend, daß eine Praxis nur infolge einer teleologischen Setzung eines Subjekts möglich ist, daß aber eine solche Setzung eine Erkenntnis und ein Setzen der naturkausalen Prozesse als Setzungen in sich schließt. Andererseits handelt es sich darin derart überwiegend um ein Wechselverhältnis zwischen Mensch und Natur, daß man bei der Analyse der Setzung das Recht hat, nur die daraus entspringenden Kategorien zu berücksichtigen. "
(S. 41)
" Wir haben gesehen, daß die entscheidende neue Kategorie, die den Umschlag der Möglichkeit in Wirklichkeit ins Leben ruft, eben die Alternative ist. Was ist nun deren wesentlicher ontologischer Gehalt?... Die Scheidung der Wege setzt erst ein, wenn zwischen Bedürfnis und Befriedigung die Arbeit, die teleologische Setzung eingeschaltet wird. Schon in diesem Tatbestand, worin der erste Impuls zur Arbeit enthalten ist, kommt ihre vorwiegend erkenntnismäßige Beschaffenheit klar zum Ausdruck, denn es ist zweifellos ein Sieg des bewußten Verhaltens über die bloße Spontaneität des biologisch Instinktmäßigen, wenn zwischen Bedürfnis und unmittelbare Befriedigung die Arbeit als Vermittlung geschoben wird. " (S. 42)
" Der Arbeitende muß notwendig einen Erfolg seiner Tätigkeit erstreben. Diesen kann er aber nur dann erlangen, wenn er sowohl in der Zielsetzung wie in der Auswahl ihrer Mittel sich unablässig darauf richtet, alles, was mit der Arbeit zusammenhängt, in seinem objektiven Ansichsein zu erfassen und sich zu ihm, zum Ziel und zu seinen Mitteln ihrem Ansichsein entsprechend zu verhalten. Darin ist nicht nur die Intention auf objektive Widerspiegelung enthalten, sondern auch das Bestreben, alles bloß Instinktmäßige, Gefühlsmäßige etc., das die objektive Einsicht trüben könnte, auszuschalten. Damit entsteht eben die Vorherrschaft des Bewußten über das Instinktive, des Erkenntnishaften über das bloß Emotionale. " (S. 42)
 
[Erfassen des objektiven Ansichseins - objektive Widerspiegelung - Übergang zum bewussten, planmässigem]
" Es gehört jedoch, wie bereits gezeigt wurde, zu den objektiven, seinsmäßigen Voraussetzungen der Arbeit, daß nur eine richtige Widerspiegelung der Wirklichkeit, wie sie an sich, unabhängig vom Bewußtsein ist, die Verwirklichung der der Zielsetzung gegenüber gleichgültig heterogenen Naturkausalitäten, ihre Verwandlung in gesetzte, der teleologischen Setzung dienende, vollziehen kann. Die konkreten Alternativen der Arbeit in der Zielbestimmung wie in der Durchführung beinhalten also letzten Endes immer vor allem eine Wahl zwischen Richtigkeit und Falschheit. Das macht ihr ontologisches Wesen aus, ihre Macht, [42] die Aristotelische Dynamis jeweils in eine konkrete Verwirklichung zu verwandeln. Diese primäre Erkenntnismäßigkeit der Arbeitsalternativen ist also eine unaufhebbare Faktizität, ist eben das ontologische Geradesosein der Arbeit; es kann also ganz unabhängig davon ontologisch erkannt werden, in welchen Bewußtseinsformen es sich ursprünglich und vielleicht noch lange Zeiten hindurch realisiert. " (S. 42 f)
 
[Alternative ist eine Entscheidung von Richtig und Falsch im Konkreten - ontologischer Gehalt der Alternative]
" Diese Verwandlung des arbeitenden Subjekts - die eigentliche Menschwerdung des Menschen - ist die notwendige seinsmäßige Folge dieses objektiven Geradesoseins der Arbeit. In seiner Bestimmung der Arbeit, deren Text wir bereits ausführlich zitiert haben, spricht Marx auch über ihre bestimmende Einwirkung auf das menschliche Subjekt. Er zeigt, daß der Mensch, indem er auf die Natur einwirkt, sie verändert, »verändert er zugleich seine eigne Natur. Er entwickelt die in ihr schlummernden Potenzen und unterwirft das Spiel ihrer Kräfte seiner eignen Botmäßigkeit*23 . Das bedeutet vor allem, worüber schon in der objektiven Analyse der Arbeit die Rede sein mußte, eine Herrschaft der Bewußtheit über das bloß biologisch Instinktive. " (S. 43)
 
[Menschwerdung durch Arbeit]
" Eben deshalb ist die »Anpassung« beim arbeitenden Menschen keine innerlich stabile und statische wie bei anderen Lebewesen, die der Regel nach auf eine unveränderte Umgebung in gleicher Weise zu reagieren pflegen, und keine von außen gelenkte wie bei den Haustieren. Das Moment des Selbstgeschaffenen verändert nicht nur die Umgebung selbst und diese nicht nur unmittelbar materiell, sondern auch in ihren materiellen Rückwirkungen auf den Menschen; so wird z.B. infolge der Arbeit das Meer, das anfangs eine Bewegungsgrenze bedeutet hat, zu einem immer intensiveren Verbindungsmittel. Aber darüber hinaus - und, natürlich, solche Funktionswandlungen verursachend - wirkt diese strukturelle Beschaffenheit der Arbeit auch auf das arbeitende Subjekt zurück. " (S. 44)
 
[Rückkoppelung als Veränderung des Subjektes durch selbst Geschaffenes]
" Akkumulierte Arbeitserfahrungen haben sie fixiert, neue können sie jederzeit durch neue, ebenfalls auf Widerruf fixierte ersetzen. Die Anhäufung der Arbeitserfahrungen hat also eine derartige Doppellinie des Aufhebens und des Aufbewahrens der eingeübten Bewegungen, die deshalb, auch wenn sie als bedingte Reflexe fixiert sind, diesen ihren Ursprung aus der distanzierenden, Ziel und Mittel bestimmenden, die Durchführung überwachenden und korrigierenden Setzung in jedem Fall in sich enthalten. " (S. 44)
" Diese Distanzierung hat als weitere wichtige Folge, daß der arbeitende Mensch dazu gezwungen ist, seine Affekte bewußt zu beherrschen. Er mag müde werden, wird aber, wenn die Unterbrechung der Arbeit schadet, diese doch fortsetzen; er mag, z.B. bei der Jagd, von Furcht erfaßt werden, er wird aber dennoch an seinem Platz ausharren und den Kampf mit starken und gefährlichen Tieren dennoch aufnehmen etc. (Hier sei nochmals betont, daß wir jetzt eine Arbeit um ihrer Gebrauchswerte willen unterstellen, was ja sicherlich auch ihre anfängliche Form war. Erst in den viel komplizierteren Klassengesellschaften kreuzen andere, aus dem gesellschaftlichen Sein entsprungene Motive dieses ursprüngliche Verhalten, z.B. Sabotage der Arbeit. Aber die Herrschaft des Bewußten über das Instinktive bleibt auch hier als Grundrichtung erhalten.) " (S. 45)
" Die Probleme der höheren Stufen können natürlich erst später, wirklich angemessen nur in der Ethik selbst, behandelt werden; es ist aber für die Ontologie des gesellschaftlichen Seins entscheidend wichtig, daß sie bereits in der alleranfänglichsten Arbeit auftauchen, und zwar in der ganz distiuktiven Form des bewußten Beherrschens der Affekte etc. Man hat den Menschen oft als werkzeugmachendes Tier charakterisiert. Das ist auch richtig, muß aber damit ergänzt werden, daß das Machen und der Gebrauch von Werkzeugen die hier geschilderte Selbstbeherrschung des Menschen zwangsläufig als unabdingbare Voraussetzung der erfolgreichen Arbeit mit sich führt. Auch das ist ein Moment des hier geschilderten Sprunges, des Heraustretens des Menschen aus dem bloß tierischen Dasein.
...
Als biologisches Wesen ist er ein Produkt der Naturentwicklung. Mit seiner Selbstverwirklichung, die natürlich auch in ihm selbst ein Zurückweichen der Naturschranke, freilich niemals ihr Verschwinden, ihr vollständiges Überholen bedeuten kann, tritt er in ein neues, selbstbegründetes Sein ein: in das gesellschaftliche. "
(S. 45)
 
[Bewusste Herrschaft über die Instinkte - Übergang zur Diskussion von Ethik und Moral]

1.2. Die Arbeit als Modell der gesellschaftlichen Praxis

" Unsere letzten Darlegungen haben gezeigt, wie Probleme, die auf entwickelter Stufe der Menschenentwicklung eine sehr verallgemeinerte, dematerialisierte, subtile und abstrakte Gestalt erhalten, die deshalb später die Hauptthemen der Philosophie ausmachen, in ihren allgemeinsten, aber entscheidensten Bestimmungen bereits in den Setzungen des Arbeitsprozesses in nuce enthalten sind. Darum glauben wir, das Recht zu haben, in der Arbeit das Modell einer jeden gesellschaftlichen Praxis, eines jeden aktiven gesellschaftlichen Verhaltens zu erblicken. " (S. 46)
" Wir sagten: Es sei vorerst nur von der Arbeit als Produzent nützlicher Gegenstände, Gebrauchswerte die Rede. Die neuen Funktionen, die die Arbeit im Laufe der Entstehung einer gesellschaftlichen Produktion im eigentlichen Sinne erhält (Probleme des Tauschwerts), sind in unserer Modellvorstellung noch nicht enthalten und gelangen erst im nächsten Kapitel zu einer wirklichen Darstellung. " (S. 46)
 
[Einschränkung der Arbeit als Bildnerin der Gebrauchswerte]
" In den späteren, entwickelteren Formen der gesellschaftlichen Praxis tritt daneben die Wirkung auf andere Menschen mehr in den Vordergrund, wobei diese Wirkung letzten Endes - freilich nur letzten Endes - eine Vermittlung zur Produktion von Gebrauchswerten bezweckt. Auch hier bilden die teleologischen Setzungen und die durch sie an Gang gebrachten gesetzten Kausalreihen das ontologisch-struktive Fundament. Der wesentliche Inhalt der teleologischen Setzung ist aber nunmehr - ganz allgemein, ganz abstrakt gesprochen - der Versuch, einen anderen Menschen (oder eine Menschengruppe) dazu zu bringen, daß er seinerseits konkrete teleologische Setzungen vollziehe. Dieses Problem taucht sofort auf, wenn die Arbeit insofern bereits gesellschaftlich geworden ist, als sie auf Kooperation mehrerer Menschen beruht; diesmal unabhängig davon, ob das Problem des Tauschwerts schon auftaucht oder die Kooperation nur auf Gebrauchswerte gerichtet ist. " [Herv. v. P.H.] (S. 46)
 
[Teleologische Setzung als Zielsetzung für andere - mittelbarer Gebrauchswertbezug - neue Qualität durch Kooperation]

{ Hier ist geschichtlich als auch logisch der Übergang vom unmittelbaren zum gesellschaftlichen Charakter der Arbeit/Setzung. (d.V.)}

" Soll aber die Kooperation erfolgreich funktionieren, so muß eine Verteilung der Funktionen unter den einzelnen Teilnehmern erfolgen (Treiber und Jäger). Die teleologischen Setzungen, die hier real erfolgen, haben also vom Standpunkt der unmittelbaren Arbeit einen sekundären Charakter; es muß ihnen eine teleologische Setzung vorangegangen sein, die den Charakter, die Rolle, die Funktion etc. der einzelnen, nunmehr konkreten und realen, auf ein Naturobjekt gerichteten Setzungen bestimmt. Das Objekt dieser sekundären Zielsetzung ist also nicht mehr etwas rein Naturhaftes, sondern das Bewußtsein einer Menschengruppe; die Zielsetzung intentioniert nicht mehr unmittelbar die Veränderung eines Naturgegenstandes, sondern das Zustandekommen einer teleologischen Setzung, welche freilich bereits auf Naturgegenstände gerichtet ist; die Mittel sind ebenfalls nicht mehr unmittelbar Einwirkungen auf Naturgegenstände, sondern wollen solche Einwirkungen bei anderen Menschen erzielen.
...
Der Unterschied selbst mußte aber schon hier angedeutet werden. Teils, weil schon der erste Anblick dieses höheren gesellschaftlichen Niveaus der Arbeit zeigt, daß die Arbeit im bisher behandelten Sinn dessen unaufhebbare reale Grundlage, das Endziel einer eventuell sehr weitverzweigten Vermittlungskette teleologischer Setzungen bildet, teils, weil ebenfalls schon der erste Anblick dieser Zusammenhänge zeigt, daß die ursprüngliche Arbeit notwendig solche kompliziertere Formen aus sich selbst, aus eigener Dialektik ihrer Beschaffenheit heraus entwickeln muß. "
(S. 47)
 
[Sekundäre Teleologische Setzung in der Teilung der Arbeit (Kooperation) - komplizierte Vermittlung aus innerer Dialektik der Arbeit]
" Wir haben bereits gesehen, daß die bewußt vollzogene teleologische Setzung eine Distanzierung in der Widerspiegelung der Wirklichkeit verursacht, daß mit dieser Distanzierung erst die Subjekt-Objekt-Beziehung im eigentlichen Sinne des Wortes entsteht. Beides involviert simultan das Entstehen einer begrifflichen Erfassung der Phänomene der Wirklichkeit und ihren angemessenen Ausdruck durch die Sprache. Wollen wir die Genesis solcher sehr komplizierten und verwickelten Wechselwirkungen sowohl im Entstehen selbst wie in ihrer weiteren Entwicklung ontologisch richtig verstehen, so müssen wir davon ausgehen, daß überall, wo von echten Seinsveränderungen die Rede ist, der totale Zusammenhang des jeweiligen Komplexes seinen Elementen gegenüber primär ist. Diese [47] können nur aus ihrem jeweiligen konkreten Zusammenwirken innerhalb des betreffenden Seinskomplexes begriffen werden, während es eine vergebliche Mühe wäre, den Seinskomplex selbst aus seinen Elementen gedanklich nachkonstruieren zu wollen. Man käme dabei zu Scheinproblemen, wie im abschreckenden scholastischen Beispiel, ob das Huhn - ontologisch - früher ist als das Ei. " (S. 47 f)
 
[Zusammenfassend]
" Eine genetische Ableitung der Sprache oder des begrifflichen Denkens aus der Arbeit ist ohne weiteres möglich, da der Vollzug des Arbeitsprozesses Forderungen an das vollziehende Subjekt stellt, die nur durch den Umbau der bis dahin vorhandenen psychophysischen Fähigkeiten und Möglichkeiten in Sprache und begriffliches Denken simultan erfüllt werden können, während weder diese selbst ohne vorangegangene Arbeitsanforderungen noch gar als die Genesis des Arbeitsprozesses hervorrufenden Bedingungen ontologisch begriffen werden können. Es versteht sich naturgemäß von selbst, daß, wenn einmal die Bedürfnisse der Arbeit Sprache und begriffliches Denken ins Leben gerufen haben, ihre Entwicklung eine ununterbrochene, unauflösbare Wechselwirkung sein muß, und der Tatbestand, daß die Arbeit auch weiter das übergreifende Moment bildet, hebt die Permanenz solcher Wechselwirkungen keineswegs auf, verstärkt und intensiviert sie im Gegenteil. Daraus folgt notwendig, daß innerhalb eines solchen Komplexes eine ununterbrochene Beeinflussung der Sprache und des begrifflichen Denkens durch die Arbeit und vice versa vor sich gehen muß. " (S. 48)
 
[Verhältnis Sprache zur Arbeit - Arbeit als übergreifendes Moment]
" Der Sprung tritt in Erscheinung, sobald die neue Beschaffenheit des Seins selbst in höchst primitiven, vereinzelten Akten sich real verwirklicht. Es ist aber dann eine äußerst langwierige Entwicklung, zumeist eine widerspruchsvolle und ungleichmäßige vonnöten, bis die neuen Seinskategorien extensiv wie intensiv derart zunehmen, daß die neue Seinsstufe als ausgeprägt und auf sich beruhend sich zu konstituieren vermag. " (S. 49)
 
[Vom Sprung bis zur Existenz auf eigener Grundlage]
" Wie wir bereits gesehen haben, besteht der wesentlichste Zug solcher Entwicklungen darin, daß die der neuen Seinsstufe spezifisch eigenen Kategorien in den neuen Komplexen eine immer stärkere Suprematie über die niedrigeren Stufen, die freilich materiell dauernd ihre Existenz fundieren müssen, erlangen. So ist es im Verhältnis der organischen Natur zur anorganischen, so hier in dem des gesellschaftlichen Seins zu beiden Seinsstufen der Natur. Diese Entfaltung der einer Seinsstufe ureigenen Kategorien erfolgt immer durch ihre wachsende Differenzierung und damit durch ihr zunehmendes - freilich stets bloß relatives - Selbständigwerden innerhalb der jeweiligen Komplexe einer Seinsart. " (S. 49)
" Die Tatsache, daß nur - im Zusammenhang der jeweils konkreten Arbeit - eine sachlich richtige Widerspiegelung der für das Arbeitsziel in Betracht kommenden Kausalverhältnisse, ihre unbedingt notwendige Verwandlung in gesetzte bewerkstelligen kann, wirkt nicht bloß in der Richtung einer ständigen Überprüfung und Vervollkommnung der Widerspiegelungsakte, sondern auch in der ihrer Verallgemeinerung. Indem die Erfahrungen einer konkreten Arbeit bei einer anderen ausgenützt werden, entsteht allmählich ihre - relative - Verselbständigung, d.h. die verallgemeinernde Fixierung bestimmter Beobachtungen, die nunmehr nicht ausschließlich und direkt auf eine einzelne Verrichtung bezogen sind, vielmehr eine gewisse Verallgemeinerung als Beobachtung von Naturvorgängen überhaupt erhalten. In solchen Verallgemeinerungen entstehen die Keime der zukünftigen Wissenschaften, deren Anfänge, wie die von Geometrie und Arithmetik, sich in einer fernen Vergangenheit verlieren. " (S. 50)
 
[Von der Widerspiegelung zum Gesetz]
" Die Selbständigkeit der Widerspiegelung der äußeren und inneren Welt im menschlichen Bewußtsein ist eine unabdingbare Voraussetzung des Entstehens und der Höherentwicklung der Arbeit. Die Wissenschaft, die Theorie als selbsttätig und eigenständig gewordene Gestalt von ursprünglichen teleologisch-kausalen Setzungen in der Arbeit kann aber auch auf der Stufe ihrer Höchstentwicklung diese letzthinnige Gebundenheit an ihren Ursprung nie völlig ablegen. Unsere späteren Betrachtungen werden zeigen, daß sie diese Bindung an die Bedürfnisbefriedigung des Menschengeschlechts nie verlieren konnte, mögen die Vermittlungen, die sie an diese knüpfen, noch so komplizierte und weitverzweigte geworden sein. In diesem gedoppelten Verhältnis von Gebundenheit und Auf sichselbstgestelltsein spiegelt sich ebenfalls ein wichtiges Problem, das das menschliche Nachdenken, das Bewußtsein und Selbstbewußtsein der Menschheit im Laufe der Geschichte immer wieder neu zu stellen und zu beantworten gezwungen ist: das Problem von Theorie und Praxis. Um zu diesem Fragenkomplex den richtigen Ausgangspunkt zu finden, müssen wir wieder zu dem bis jetzt schon oft berührten Problem zurückkehren: zu dem von Teleologie und Kausalität. " (S. 50)
" Marx sagt in der von uns bereits angeführten ersten Feuerbach-These als Kritik des alten Materialismus: »Daher die tätige Seite abstrakt im Gegensatz zu dem Materialismus von dem Idealismus... entwickelt.« Diese Gegenüberstellung, die schon hier mit dem Adjektiv »abstrakt« auch eine Kritik des Idealismus in sich faßt, konkretisiert sich in dem Vorwurf, daß der Idealismus »natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt«*24 . Wir wissen: Die Kritik von Marx an Hegels »Phänomenologie« in den »Ökönomisch-philosophischen Manuskripten« konzentriert sich gerade um dieses Verdienst, um diese Schranke des deutschen Idealismus, vor allem Hegels. Damit ist die Position von Marx sowohl gegen den alten Materialismus als gegen den Idealismus klar umrissen: Die Lösung des Problems von Theorie und Praxis erfordert das Zurückgreifen auf die Praxis in ihrer realen und materiellen [51] Erscheinungsweise, wo ihre fundamentalen ontologischen Bestimmungen deutlich und eindeutig ablesbar zum Vorschein kommen. Das ontologisch Entscheidende ist dabei das Verhältnis von Teleologie und Kausalität. " (S. 51 f)
" Das Wesentliche an diesem Verhältnis haben wir bereits bei der Analyse der dynamischen Struktur der Arbeit dargestellt: Teleologie und Kausalität sind nicht, wie sich dies bis dahin aus jeder erkenntnistheoretischen oder logischen Analyse ergeben hat, einander ausschließende Prinzipien im Ablauf der Prozesse, im Dasein und Sosein der Dinge, sondern allerdings einander heterogene Prinzipien, die jedoch bei all ihrer Widersprüchlichkeit nur zusammen in untrennbarer dynamischer Koexistenz die ontologische Grundlage bestimmter Bewegungskomplexe ergeben, und zwar solcher, die nur im Bereich des gesellschaftlichen Seins ontologisch möglich sind, deren Wirksamkeit in dieser jedoch zugleich das Hauptcharakteristikum dieser Seinsstufe ergibt. " (S. 52)
 
[Teleologie und Kausalität in ihrer Vermittlung - ontologische Grundlage bestimmter Bewegungskomplexe]
" Es gehört zum Wesen der Teleologie, daß sie nur als gesetzte real funktionieren kann. Um ihr Sein ontologisch konkret umreißen zu können, muß deshalb, wenn ein Prozeß berechtigterweise als teleologischer charakterisiert werden soll, auch das Sein des setzenden Subjekts ontologisch unbezweifelbar bewiesen werden. Die Kausalität kann dagegen sowohl in gesetzter wie in nicht gesetzter Weise wirksam werden. Die richtige Analyse erfordert also nicht nur eine genaue Unterscheidung dieser beiden Seinsweisen, sondern auch, daß die Bestimmung des Gesetztseins von jeder philosophischen Zweideutigkeit befreit werde. " (S. 52)
 
[Teleologie funktioniert nur als gesetzt - Gesetztsein]
" Unsere früheren Darlegungen haben deutlich gezeigt, daß die seinsmäßige Setzung von konkreten Kausalitätsreihen ihre Erkenntnis, also ihr erkenntnismäßiges Gesetztsein, voraussetzt. Wir dürfen nur nie aus den Augen verlieren, daß durch diese Setzung nur eine Möglichkeit, im Sinne der Aristotelischen Dynamis, erreicht werden kann, daß die Umwandlung des Potentiellen in Verwirklichung ein besonderer Akt ist, der zwar diese voraussetzt, aber zu ihr im Verhältnis der heterogenen Andersheit steht; dieser Akt ist eben die Entscheidung, die aus der Alternative entspringt. " (S. 53)
" Die Setzungsakte der Kausalität in der Arbeit sind in reinster Form auf den Wertgegensatz von Wahr und Falsch orientiert, denn wir haben bereits früher gezeigt, daß jedes Verkennen der an sich seienden Kausalität im Prozeß ihres Setzens unweigerlich zum Scheitern des ganzen Arbeitsprozesses führen muß. Dagegen ist ohne weiteres evident, daß in jeder Setzung der Kausalität, wo das unmittelbar gesetzte Ziel eine Veränderung des setzenden Bewußtseins von Menschen ist, die gesellschaftliche Interessiertheit, die in jeder Zielsetzung - natürlich auch in der der einfachen Arbeit - mit enthalten ist, unweigerlich auch das Setzen der zur Verwirklichung unerläßlichen Kausalreihen beeinflussen muß. Dies um so mehr, als bei der Arbeit selbst das Setzen der Kausalreihen auf Gegenstände und Prozesse bezogen ist, die sich in ihrem Gesetztsein dem teleologischen Ziel gegenüber völlig gleichgültig verhalten, [53] während jene Setzungen, die in den Menschen bestimmte Entscheidungen von Alternativen bezwecken, in einem Material wirksam werden, das von selbst, spontan zu Alternativentscheidungen drängt. " (S. 53 f)
" Für die Natur ist die Gleichgültigkeit eine Metapher, die ihre immerwährende, unveränderliche, völlig neutrale Heterogenität den menschlichen Zielsetzungen gegenüber angeben soll, während die Gleichgültigkeit von Menschen solchen Absichten gegenüber eine konkrete, unter Umständen veränderbare, sozial und individuell konkret verursachte Verhaltensart ist. " (S. 54)
 
[Verschiedene Gleichgültigkeiten; des Menschen vs. der der Natur]
" In den Setzungen der Kausalität höherer, gesellschaftlicherer Art ist deshalb ein beeinflussendes Eindringen der teleologischen Zielsetzung in ihre geistigen Reproduktionen unvermeidlich. Selbst wenn dieser letzte Akt sich als Wissenschaft, als - relativ - selbständiger Faktor des gesellschaftlichen Lebens konstituiert hat, ist es, ontologisch betrachtet, eine Illusion, zu glauben, daß eine gesellschaftlich völlig unvoreingenommene Wiedergabe der hier herrschenden Kausalitätsketten und dadurch vermittelt auch der Naturkausalitäten erlangt werden könnte, daß hier eine gereinigtere Form der unmittelbaren und ausschließlichen Konfrontation von Mensch und Natur erreichbarer wäre als in der Arbeit selbst.
...
Werden diese Erkenntnisse auf eine höhere Stufe der Verallgemeinerung erhoben, was bereits in den Anfängen der sich der Selbständigkeit zu entwickelnden Wissenschaft geschieht, so ist dies unmöglich, ohne in die Widerspiegelung der Natur mit der Gesellschaftlichkeit des Menschen verbundene, ontologisch intentionierte Kategorien aufzunehmen. Das darf freilich nicht in einem vulgär-direkten Sinn verstanden werden. "
(S. 54)
 
[Teleologische Zielsetzung beeinflusst immer die Reproduktion der Kausalität in der Widerspiegelung]

{ Jetzt wird der Text zunehmend anspruchsvoll und es wird schwerer ihn zu gliedern und etwas weg zu lassen. Er diskutiert den Zusammenhang von Arbeit und ihrern komplizierten Formen wie Wissenschaft, hin zu scheinbar abgetrennten, scheinbar anderen Sphären gesellschaftlichen Seins, wie der Ethik. (d.V.)}

" Die enge Verbundenheit von Theorie und Praxis hat zur notwendigen Folge, daß letztere in ihren konkreten gesellschaftlichen Erscheinungsformen sehr weitgehend von den ontologischen Vorstellungen der Menschen über die Natur mitbeeinflußt werden. Die Wissenschaft ihrerseits, wenn sie das adäquate Erfassen der Wirklichkeit ernst nimmt, kann unmöglich vor diesen ontologischen Fragestellungen ausweichen; ob dies bewußt oder ohne Bewußtheit geschieht, ob die Fragen und Antworten richtig oder falsch sind, ob sie die Möglichkeit, solche Fragen vernünftig zu beantworten, leugnet, scheint auf diesem Niveau einerlei zu sein, denn selbst dieses Leugnen wirkt sich im gesellschaftlichen Bewußtsein in irgendeiner Weise ontologisch aus. " (S. 55)
 
[Wissenschaft und Ontologie]
" Hier zeigt sich der dialektische Charakter der Arbeit als Modell für die gesellschaftliche Praxis gerade darin, daß diese in ihren entwickelteren Formen viele Abweichungen von der Arbeit selbst zeigt. " (S. 55)
" Eben deshalb ist es immer wieder notwendig, darauf hinzuweisen, daß die spezifischen Züge der Arbeit nicht ohne weiteres auf kompliziertere Formen der gesellschaftlichen Praxis übertragen werden dürfen. Die wiederholt aufgezeigte Identität der Identität und Nichtidentität in ihren Strukturformen geht, so glauben wir, darauf zurück, daß die Arbeit selbst das radikal neue Verhältnis des Stoffwechsels mit der Natur materiell verwirklicht, wahrend die überwiegende Mehrzahl der anderen, komplizierteren Formen der gesellschaftlichen Praxis diesen Stoffwechsel mit der Natur, die Grundlage der Reproduktion des Menschen in der Gesellschaft, bereits zur unaufhebbaren Voraussetzung hat. Mit der wirklichen Beschaffenheit dieser komplizierteren Formen werden wir uns erst in den folgenden Kapiteln und in wirklich angemessener Weise erst in der Ethik beschäftigen können. " (S. 56)
 
[Arbeit ist die Grundlage der Gesellschaft - und ihrer indirekteren, komplizierteren Formen - bis zur Ethik]
" Bevor wir aber zu einer - es sei nochmals betont: vorläufigen, einleitenden - Darlegung des Verhältnisses von Theorie und Praxis übergehen, scheint es uns nützlich, nochmals einen Blick nach rückwärts, auf die ontologischen Entstehungsbedingungen der Arbeit selbst zu werfen. In der unorganischen Natur kommt eine Tätigkeit überhaupt nicht vor. Das, was in der organischen den Anschein einer solchen erweckt, beruht im Grunde genommen darauf, daß der Reproduktionsprozeß in der organischen Natur auf ihren entwickeltesten Stufen Wechselwirkungen zwischen Organismus und Umwelt, die sogar unmittelbar von einem Bewußtsein gelenkt werden, hervorbringt " (S. 56)
 
[Tätigkeit gibt es erst ab dem gesellschaftlichen Sein - nicht in der Natur als solcher]
" Das Objekt kann erst Gegenstand des Bewußtseins werden, wenn dieses ihn auch dort und darin zu erfassen versucht, wo keine unmittelbar biologischen Interessen den die Bewegungen tragenden Organismus mit dem Gegenstand verknüpfen. Andererseits wird das Subjekt nur dadurch Subjekt, daß es eine derartige Umstellung an seiner Einstellung zu den Gegenständen der Außenwelt vollzieht. Daraus ist ersichtlich, daß das Setzen des teleologischen Ziels und der kausal funktionierenden Mittel seiner Verwirklichung als Bewußtseinsakte unabhängig voneinander gar nicht vollziehbar ist. Die von uns festgestellte untrennbare Zusammengehörigkeit von Teleologie [56] und gesetzter Kausalität spiegelt und verwirklicht sich in diesem Komplex des Arbeitsvollzugs. Diese, man könnte sagen, Urstruktur der Arbeit hat ihr Korrelat darin, daß die Verwirklichung der gesetzten Kausalreihen das Kriterium dafür abgibt, ob ihre Setzung eine richtige oder verfehlte gewesen ist. Es ist also klar, daß in der Arbeit, für sich genommen, die Praxis das unbedingte Kriterium für die Theorie abgibt. " (S. 56 f)
 
[Wiederholung Zusammenhang Subjekt - Objekt + Theorie - Praxis]
" Jedes Experiment entsteht im Interesse einer Verallgemeinerung. Es setzt teleologisch eine Gruppierung von Materien, Kräften etc. in Bewegung, an deren bestimmten Wechselwirkungen - möglichst ungestört von ihren heterogenen, also in bezug auf die gesuchten Wechselbeziehungen zufälligen, Umständen - festgestellt werden soll, ob ein hypothetisch gesetztes Kausalverhältnis der Wirklichkeit entspricht, ob es also für die zukünftige Praxis als richtig gesetztes gelten kann. Es ist sicher, daß dabei unmittelbar die Kriterien, die sich in der Arbeit selbst zeigten, gültig bleiben, ja unmittelbar eine noch reinere Form erlangen: Das Experiment kann ebenso eindeutig zwischen richtig und falsch das Urteil fällen wie die Arbeit selbst und vollbringt dies auf einem höheren Niveau der Verallgemeinerung, auf dem der mathematisch formulierbaren Fassung der für diesen Phänomenkomplex bezeichnenden quantitativen Sachzusammenhänge. " (S. 57)
" Komplizierter wird die Frage, wenn die so erzielte Kenntnis zur Erweiterung der Erkenntnis selbst verwertet werden soll. Denn in diesem Fall kommt es nicht nun darauf an, ob ein bestimmter, konkreter Kausalzusammenhang geeignet ist, in einer ebenfalls konkreten und bestimmten Konstellation eine bestimmte und konkrete teleologische Setzung zu befördern, sondern auch auf eine allgemeine Erweiterung, Vertiefung etc. unserer Erkenntnis der Natur im allgemeinen. In solchen Fällen reicht das bloß mathematische Erfassen der quantitativen Seiten eines materiellen Zusammenhangs nicht mehr [57] aus; das Phänomen muß vielmehr in der wirklichen Eigenart seines materiellen Seins begriffen und sein so begriffenes Wesen mit den anderen, bereits wissenschaftlich sichergestellten Seinsweisen in Einklang gebracht werden. Unmittelbar bedeutet das so viel, daß die mathematische Formulierung des Experimentresultats durch ihre physikalische, chemische oder biologische etc. Interpretation ergänzt und vervollkommnet werden muß. Das geht aber - unabhängig vom Willen der Beteiligten - notwendig in eine ontologische Interpretation über. " [Herv. v. P.H.] (S. 57 f)
 
[Verallgemeinerung der Erkenntnis => Erfassung von allgemeiner Natur des Seins]
" Daraus entstehen zuweilen offene Kämpfe zwischen wissenschaftlich objektiv fundierten und bloß im gesellschaftlichen Sein verankerten ontologischen Konzeptionen. Unter Umständen - und das ist für unsere Zeit charakteristisch - dringt dieser Gegensatz in die Methode der Wissenschaften selbst ein. Die Möglichkeit dazu ergibt sich daraus, daß die neu erkannten Zusammenhänge auch bei Suspension der ontologischen Entscheidungen praktisch ausgewertet werden können. ... Diese Tendenz erhält nun bei den Klassikern des Neopositivismus ihre entwickelteste [58] Form, indem jeder Bezug auf das Sein im ontologischen Sinn als »Metaphysik« und darum als unwissenschaftlich abgelehnt wird und einzig und allein die gesteigerte praktische Anwendbarkeit als Kriterium für die wissenschaftliche Wahrheit gelten soll. " [Herv. v. P.H.] (S. 58 f)
 
[Positivismus: Trennung von Erkenntnis und ihrer Ontologie]

{ Dies ist auch der objektive Grund für die Möglichkeit der Verkehrungen und Fetischismen. Z.B. vorkommend in der irrigen Ansicht, dass es einen Unternehmerlohn gäbe (der ja nichts ist, als der Wert der unbezahlten Arbeitsstunden), oder das die Arbeit einen Wert hat (anstatt das die Arbeitskraft und das Arbeitsprodukt einen verschiedenen Wert haben, deren Differenz der mögliche Mehrwert ist). (d.V.)}

" Heute, wo die sachliche Entwicklungsstufe der Wissenschaften eine richtige Ontologie objektiv ermöglichen würde, ist diese Grundlage des falschen ontologischen Bewußtseins auf dem Gebiet der Wissenschaft und ihres geistigen Einflusses noch evidenter in herrschenden gesellschaftlichen Bedürfnissen begründet. Um nur die allerwichtigsten zu nehmen, ist vor allem die Manipulation in der Ökonomie zu einem ausschlaggebenden Faktor der Reproduktion im heutigen Kapitalismus geworden und hat sich von diesem Zentrum ausgehend auf alle Gebiete der gesellschaftlichen Praxis ausgebreitet. Diese Tendenz erhält eine weitere - offene oder latente - Unterstützung von religiöser Seite. " [Herv. v. P.H.] (S. 59)
" Es ist bezeichnend, daß es - obwohl die führenden Naturwissenschaftler hier die Position einer vornehmen positivistisch-wissenschaftlichen Neutralität zu beziehen pflegen - Gelehrte von Namen und Verdienst gibt, die versuchen, solche Interpretationen der neuesten Naturwissenschaften mit den modernen religiösen Bedürfnissen direkt zu versöhnen. " (S. 60)
" Wir taten es, um hier ganz konkret zu zeigen, was früher ebenfalls schon angedeutet wurde, daß die direkte, absolute, kritiklose Erklärung der Praxis zum Kriterium der Theorie nicht unproblematisch ist. So sicher dieses Kriterium in der Arbeit selbst und - teilweise - im Experiment zur Geltung gelangen kann, so sehr muß in jedem komplizierteren Fall eine bewußte ontologische Kritik einsetzen, um die fundamental richtige Beschaffenheit dieser Kriteriumsfunktion der Praxis nicht zu gefährden. Es hat sich nämlich gezeigt, worüber ebenfalls schon öfter die Rede war und noch die Rede sein wird, daß sowohl in der »intentio recta« des Alltagslebens wie in der der Wissenschaft und der Philosophie die gesellschaftliche Entwicklung Situationen und Richtungen schaffen kann, die diese »intentio recta« verbiegen, vom Erfassen des wirklichen Seins ablenken. Die deshalb notwendig gewordene ontologische Kritik muß also unbedingt eine konkrete, in der jeweiligen gesellschaftlichen Totalität fundierte, auf die gesellschaftliche Totalität orientierte sein. Es wäre höchst irreführend, anzunehmen, daß in allen Fällen die Wissenschaft das Alltagsdenken, die Philosophie die Wissenschaften ontologisch-kritisch richtig korrigieren könnte oder daß umgekehrt das Alltagsdenken der Wissenschaft und der Philosophie gegenüber die Rolle der Molièreschen Köchin spielen könnte. " (S. 60)
 
[Ontologische Kritik - Problem beim Kriterium der Praxis für die Theorie - falsche aber ausreichende Widerspiegelung z.B. Verkehrung]

{ Die Form der (vereinseitigenden) Kritik, die von den heutigen kritischen Kritikern gern benutzt wird, z.B. Aporien, Erkenntnisunmöglichkeit, Verblendungszusammenhang, unhintergehbare Subjektivität = nicht einholbare Objektivität der Erkenntnis, hat mit der Kritik, die Lukács hier im Auge hat, der ontologischen Kritik, nun auch gar nichts gemein. (d.V.)}

" Es ist aber unvermeidlich, auch zu untersuchen, [60] welche ontologischen Wandlungen dieser Sprung des Menschen aus der Sphäre des biologischen Seins ins gesellschaftliche in der Verhaltungsweise des Subjekts hervorbringt. Auch dabei ist es unvermeidlich, daß wir vom ontologischen Zusammen des Teleologischen und des gesetzt Kausalen ausgehen, denn das Neue, das im Subjekt entsteht, ist ein notwendiges Ergebnis dieser kategoriellen Konstellation. Wenn wir nun davon ausgehen, daß der entscheidende Akt des Subjekts seine teleologische Setzung und ihre Verwirklichung ist, so erscheint es als sogleich einleuchtend, daß das kategoriell bestimmende Moment dieser Akte das Auftreten einer vom Sollen determinierten Praxis beinhaltet. Das unmittelbar bestimmende Moment einer jeden als Verwirklichung intentionierten Handlung muß schon darum das Sollen sein, weil jeder Schritt der Verwirklichung dadurch determiniert ist, ob und wie er das Erreichen des Zieles fördert. " (S. 60 f)
" In der normalen biologischen, kausalen Determiniertheit, also beim Menschen ebenso wie beim Tier, entsteht ein kausaler Ablauf, in welchem unvermeidlicherweise stets die Vergangenheit die Gegenwart bestimmt. Auch die Anpassung der Lebewesen an eine veränderte Umgebung verläuft mit kausaler Notwendigkeit, indem die im Organismus von seiner Vergangenheit produzierten Eigenschaften auf eine solche Veränderung erhaltend oder zerstörend reagieren. Das Zielsetzen kehrt, wie wir gesehen haben, dieses Verhalten um: Das Ziel ist (im Bewußtsein) früher da als seine Verwirklichung, und im Prozeß, der zu ihr führt, wird jeder Schritt, jede Bewegung von der Zielsetzung (von der Zukunft) aus gelenkt. Der Sinn der gesetzten Kausalität besteht, von hier aus gesehen, darin, daß die Kausalglieder, Kausalketten etc, dazu ausgewählt, in Bewegung gebracht, ihrer Bewegung überlassen etc. werden, um die Verwirklichung des eingangs beschlossenen Zieles zu fördern. " (S. 61)
 
[Umkehrung der Kausalität als 'gesetzter Kausalität' - Vorwegnahme des Ergebnisses im Ziel als Sollen]
" Vom Subjekt aus gesehen ist dieses von der als bestimmt gesetzten Zukunft aus determinierte Handeln eben ein vom Sollen des Zieles aus gelenktes. Man soll sich auch hier davor hüten, Kategorien, die erst auf entwickelteren Stufen auftreten können, in diese Urform des Sollens hineinzuprojizieren. Dadurch kann, wie dies insbesondere im Kantianismus geschah, nur eine fetischisierte Verzerrung des ursprünglichen Sollens entstehen, die auch auf das Begreifen der entwickelteren Formen ungünstig einwirkt. " (S. 61)
" Die richtige Erkenntnis der Kausalität, ihr richtiges Setzen, kann nur als vom Ziele aus bestimmt begriffen werden; eine zutreffende Beobachtung und ihre Anwendung, die, sagen wir, beim Schleifen eines Steines höchst zweckvoll ist, kann beim Schaben die ganze Arbeit verderben. Die richtige Widerspiegelung der Wirklichkeit ist natürlich unaufhebbar die Voraussetzung eines richtig funktionierenden Sollens; diese richtige Widerspiegelung kann aber nur dann effektiv werden, wenn sie die Verwirklichung des Gesollten real befördert. Es kommt hier nicht einfach auf eine richtige Widerspiegelung der Wirklichkeit überhaupt, auf ein angemessenes Reagieren auf sie überhaupt an, sondern jede Richtigkeit oder Falschheit, also jede Entscheidung einer Alternative im Arbeitsprozeß, kann ausschließlich vom Ziele, von seiner Verwirklichung aus beurteilt werden. Auch hier ist also von einer unaufhebbaren Wechselwirkung zwischen Sollen und Widerspiegelung der Wirklichkeit (zwischen Teleologie und gesetzter Kausalität) die Rede, wobei dem Sollen die Funktion des übergreifenden Moments zukommt. " [Herv. v. P.H.] (S. 62)
 
[Richtige Widerspiegelung ist intendiert - vom Ziel aus gesehen]
" In der ontologischen Geschichte einer jeden Kategorie ist ein solcher Prozeß des Eigentlichwerdens sichtbar und nachweisbar. Die Unfähigkeit des idealistischen Denkens, auch die einfachsten und einleuchtendsten ontologischen Verhältnisse zu begreifen, beruht methodologisch letzten Endes darauf, daß es sich damit begnügt, die höchstentwickelten, vergeistigten, subtilsten Erscheinungsweisen der Kategorien erkenntnistheoretisch oder logisch zu analysieren, wobei die ontologisch richtungweisenden Problemkomplexe ihrer realen Genesis nicht bloß vernachlässigt, ja völlig ignoriert werden; es werden vielmehr die vom Standpunkt des Stoffwechsels der Gesellschaft mit der Natur weit entfernten Formen der [62] gesellschaftlichen Praxis allein in Betracht gezogen und bei diesen die oft verwickelten Vermittlungen, die sie mit ihren Urformen verbinden, nicht nur nicht zur Kenntnis genommen, sondern zwischen Ur- und entwickelten Formen geradezu Gegensätze konstruiert. So verschwindet in der überwiegenden Mehrzahl der idealistischen Behandlungen dieser Fragen die Eigenart des gesellschaftlichen Seins so gut wie gänzlich; es wird eine künstlich wurzellos gemachte Sphäre des Sollens (des Wertes) konstruiert und diese mit einem - angeblich - bloß naturhaften Sein der Menschen kontrastiert, obwohl dieses objektiv ontologisch immer ebenso gesellschaftlich ist wie jenes. Daß der vulgäre Materialismus darauf mit einem einfachen Ignorieren der Rolle des Sollens im gesellschaftlichen Sein reagiert und diese ganze Sphäre nach dem Modell der reinen Naturnotwendigkeit zu begreifen versucht, trägt viel zur Verwirrung dieses Problemkomplexes bei, bringt auf beiden Polen - freilich inhaltlich und methodologisch entgegengesetzte, aber sachlich zusammengehörige - Fetischisierungen der Phänomene hervor. " [Herv. v. P.H.] (S. 62 f)
 
[Eigentlichwerden der Kategorien vs. idealistischer Vereinseitugung der Oberflächenform (z.B. Kant)]
" Wie in allen folgerichtigen idealistischen Philosophien entsteht bei Kant eine hypostasierende Fetischisierung der Vernunft. Die Notwendigkeit verliert, auch erkenntnis-theoretisch, in solchen Weltbildern ihren sie allein zu konkretisieren fähigen »Wenn... dann«-Charakter; sie erscheint als schlechthin Absolutes. Die übersteigertste Form dieser Absolutisierung der Ratio zeigt sich verständlicherweise In der Moral. Das Sollen wäre damit - subjektiv wie objektiv - von den konkreten Alternativen der Menschen losgerissen; diese erscheinen vielmehr im Lichte einer solchen Verabsolutierung der moralischen Ratio bloß als angemessene oder unangemessene Verkörperungen derartig absoluter und damit dem Menschen gegenüber transzendent bleibender Gebote. Kant sagt: »In einer praktischen Philosophie, wo es uns nicht darum zu tun ist, Gründe anzunehmen von dem, was geschieht, sondern Gesetze von dem, was geschehen soll, ob es gleich niemals geschieht…«*29 Der Imperativ, der die Sollensbeziehungen in den Menschen hervorruft, wird damit zu einem transzendent-absoluten (kryptotheologischen) Prinzip. " (S. 63)

{ Es folgt eine Diskussion Kant/Hegel/Sollen. (d.V.)}

" Wenn wir die, wie wir glauben, unbezweifelbare Genesis des Sollens aus dem teleologischen Wesen der Arbeit richtig begreifen wollen, müssen wir nochmals daran erinnern, was wir bereits über die Arbeit als Modell für jede gesellschaftliche Praxis ausgeführt haben, nämlich, daß zwischen dem Modell und seinen späteren, viel komplizierteren Varianten ein Verhältnis der Identität von Identität und Nichtidentität besteht. Das ontologische Wesen des Sollens in der Arbeit richtet sich zwar auf das arbeitende Subjekt und bestimmt nicht nur dessen Verhalten In der Arbeit, sondern auch zu sich selbst als Subjekt des Arbeitsprozesses. Dieser ist jedoch, wie wir es gerade bei diesen Betrachtungen nachdrücklich betont haben, ein Prozeß zwischen Mensch und Natur, die ontologische Grundlage zum Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur. Und zwar dahin, daß auch vom Subjekt aus gesehen nur eine auf Grundlage der höchstgespannten Objektivität vollzogene Arbeit erfolgreich sein kann, daß deshalb die Subjektivität in diesem Prozeß eine produktiv dienende Rolle spielen muß. " (S. 66)
 
[Sollen als Produkt des teleologischen Wesen der Arbeit]
" Die Selbstbeherrschung des Menschen, die notwendigerweise zuerst als Wirkung des Sollens in der Arbeit auftaucht, die wachsende Herrschaft seiner Einsicht über die eigenen spontan biologischen Neigungen, Gewohnheiten etc, wird durch die Objektivität dieses Prozesses geregelt und gelenkt; diese ist aber ihrem Wesen nach im Naturdasein des Objekts, der Mittel etc, der Arbeit fundiert. Will man die auf das Subjekt einwirkende und modifizierende Seite des Sollens in der Arbeit richtig begreifen, so muß man von dieser Objektivität als Regulator ausgehen. " (S. 66)
 
[Objektivität ist Regulator der menschl. Selbstbeherrschung]

{ Dies ist ein sehr wichtiger Punkt und er zeigt, wie die psychische Verfassung von der Objektivität im Zusammenhang mit dem Sollen, also auch der eigenen Teleologie von dieser Objektivität geprägt oder gar hervorgebracht wird. Das kann man sich beim Entstehen der Industriearbeit im Zusammenhang mit der Arbeits- und insbesondere der Zeitdisziplin veranschaulichen. (d.V.)}

" Diese Wandlungen des Subjekts sind hier aber nicht, wenigstens nicht unmittelbar, auf seine Totalität als Person gerichtet; sie können in der Arbeit selbst ausgezeichnet funktionieren, ohne auf das übrige Leben des Subjekts einzuwirken. Sie erhalten allerdings wichtige Möglichkeiten dazu, aber bloß Möglichkeiten. " (S. 67)
 
[Einschränkung des Sollens in seiner Wirkung auf den ganzen Menschen]
" Sobald, wie wir gesehen haben, das teleologische Ziel die Beeinflussung anderer Menschen zu ihrerseits zu vollziehenden teleologischen Setzungen wird, erhält die Subjektivität des Setzenden eine qualitativ veränderte Rolle, und die Entwicklung der gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen führt schließlich dahin, daß auch die Selbstumwandlung des Subjekts zum unmittelbaren Gegenstand von sollensartigen teleologischen Setzungen wird. Natürlich unterscheiden sich diese Setzungen nicht nur in ihrer größeren Kompliziertheit, sondern, gerade deshalb, auch qualitativ von jenen Formen des Sollens, die wir im Arbeitsprozeß aufgefunden haben. " (S. 67)
 
[Neue Qualität des Sollens bezogen auf andere Menschen - Kooperation]
" Der von Marx begründete neue Materialismus betrachtet zwar die naturhafte Grundlage der menschlichen Existenz als unaufhebbar, das ist für ihn jedoch nur ein Motiv mehr, die spezifische Gesellschaftlichkeit jener Kategorien, die aus dem Prozeß der ontologischen Scheidung von Natur und Gesellschaft entspringen, gerade in ihrer Gesellschaftlichkeit klarzulegen. Darum ist beim Problem des Sollens in der Arbeit ihre Funktion als Verwirklichung des Stoffwechsels zwischen Natur und Gesellschaft so wichtig. Diese Beziehung ist die Grundlage sowohl der Entstehung des Sollens überhaupt aus der gesellschaftlich-menschlichen Art der Bedürfnisbefriedigung wie seiner Beschaffenheit, seiner besonderen Qualität und aller seinsbestimmten Schranken, die von diesem Sollen als Form [67] und Ausdruck von Wirklichkeitsverhältnissen ins Leben gerufen und bestimmt werden. " (S. 67 f.)
 
[Naturhafte Grundlage der menschlichen Existenz als unaufhebbar]

{ Lukács grenzt sich

Dem setzt er das Marxsche Verständnis des Sollens entgegen. (d.V.)}

" Mit dem Problem des Sollens als Kategorie des gesellschaftlichen Seins ist das des Wertes untrennbar verknüpft. Denn so wie das Sollen als bestimmender Faktor der subjektiven Praxis im Arbeitsprozeß nur darum diese spezifisch determinierende Rolle spielen kann, weil das dadurch Erzielte für den Menschen wertvoll ist, so kann der Wert in einem solchen Prozeß unmöglich verwirklicht werden, wenn er nicht imstande ist, in den arbeitenden Menschen das Sollen seiner Verwirklichung als Richtschnur der Praxis zusetzen. Trotz dieser intimen Zusammengehörigkeit, die auf den ersten Anblick fast wie eine Identität wirkt, bedarf der Wert doch einer gesonderten Behandlung. " (S. 68)
 
[Zusammenhang zwischen Sollen und Wert]
" Gehen wir davon aus, daß der Wert das Endprodukt der jeweiligen Arbeit als wertvoll oder wertlos charakterisiert, so taucht sogleich die Frage auf: Ist diese Charakteristik eine objektive oder bloß eine subjektive? Ist der Wert eine objektive Eigenschaft eines Dinges, die im wertenden Akt des Subjekts bloß - richtig oder unrichtig - anerkannt wird, oder entsteht der Wert geradezu als Ergebnis solcher wertenden Akte? " (S. 68)
 
[Ist der Wert objektiv oder subjektiv?]
" Gegenwärtig haben wir es freilich noch mit einer elementareren Erscheinungsweise des Wertes zu tun, mit dem Gebrauchswert, bei dem eine unaufhebbare Gebundenheit an das naturhafte Dasein vorhanden ist. Er wird Gebrauchswert, indem er für das Leben der Menschen nützlich ist. Da es sich dabei um den Übergang aus dem bloß naturhaften Sein ins gesellschaftliche dreht, sind, wie Marx zeigt, Grenzfälle möglich, wo ein Gebrauchswert vorhanden ist, ohne Produkt der Arbeit zu sein. " (S. 69)
" So stellen die Gebrauchswerte, die Güter, eine gesellschaftliche Gegenständlichkeitsform vor, die sich nur darin von den anderen Kategorien der Ökonomie unterscheidet, daß sie als Objektivierung des Stoffwechsels der Gesellschaft mit der Natur ein Charakteristikum sämtlicher gesellschaftlicher Formationen, aller ökonomischen Systeme ist, daß sie - in ihrer Allgemeinheit betrachtet - keinerlei historischer Wandlung unterworfen ist; natürlich ändern sich dabei die konkreten Erscheinungsweisen ununterbrochen, auch innerhalb derselben Formation. Zweitens ist der Gebrauchswert innerhalb dieses Rahmens etwas Objektives. " (S. 69)
 
[Gebrauchswert als die objektive und überhistorische Seite]
" Die Natur kennt diese Kategorie überhaupt nicht, bloß den kausal bedingten kontinuierlichen Prozeß des Anderswerdens. Nur in den Theodizeen konnten so abgeschmackte Bestimmungen vorkommen, daß es etwa die »Nützlichkeit« des Hasen wäre, Nahrungsmittel für den Fuchs zu sein usw. Denn Nützlichkeit kann nur auf eine teleologische Setzung bezogen die Seinsart irgendeines Gegenstandes bestimmen, nur in diesem Verhältnis gehört es zu seinem Wesen als eines Seienden, nützlich oder sein Gegensatz zu sein. " (S. 70)
 
[Nützlichkeit gibt es ausschliesslich in Bezug auf die Gesellschaft]
" Denn bei beiden Extremen kommt es darauf an, die letzthinnige Einheitlichkeit des Werts als realen Faktor des gesellschaftlichen Seins, unbeschadet seiner qualitativen, höchst bedeutsamen Strukturwandlungen im Laufe der Entwicklung der Gesellschaft, zu leugnen. Das tertium datur diesen beiden Extremen gegenüber kann bloß die dialektische Methode bieten. Denn nur in dieser ist es möglich, klarzulegen, daß in der ontologischen Genesis einer neuen Seinsart deren ausschlaggebende Kategorien bereits enthalten sind - darum bedeutet ihr Entstehen einen Sprung in der Entwicklung -, daß diese aber anfangs nur an sich vorhanden sind und die Entfaltung des Ansich zum Fürsich immer ein langwieriger, ungleichmäßiger und widerspruchsvoller historischer Prozeß sein muß. Diese Aufhebung des Ansich durch seine Verwandlung in ein Fürsich enthält die komplizierten, formallogisch einander auszuschließen scheinenden Bestimmungen von Vernichten, Aufbewahren, Auf-ein-höheres-Niveau-Heben. " (S. 72)
 
[Dialektische Methode um dem Wesen sich zu nähern]
" Wir müssen also bei der ontologischen Genesis des Werts davon ausgehen, daß in der Arbeit als Produktion von Gebrauchswerten (Gütern) die Alternative von brauchbar oder unbrauchbar für die Bedürfnisbefriedigung als Problem der Nützlichkeit, als aktives Element des gesellschaftlichen Seins gesetzt ist. Will man also an die Frage der Objektivität des Wertes herantreten, so kann man sofort sehen, daß er eine Bejahung der richtigen teleologischen Setzung beinhaltet, besser gesagt: Die Richtigkeit der teleologischen Setzung - die richtige Verwirklichung vorausgesetzt - bedeutet eine jeweilig konkrete Realisierung des jeweiligen Werts. Die Konkretheit im Wertverhältnis muß besonders unterstrichen werden. Denn zu den Elementen der idealistischen Fetischisierung der Werte gehört die abstrakte Überspannung ihrer Objektivität, nach dem Muster der uns bereits bekannten Überspannung der Ratio. Wir müssen daher auch beim Wert seinen gesellschaftlich ontologischen »Wenn... dann«-Charakter hervorheben; ein Messer ist wertvoll, wenn es gut schneiden kann etc. Die Verallgemeinerung, daß der produzierte Gegenstand nur so weit wertvoll ist, als er der Bedürfnisbefriedigung richtig, möglichst optimal, zu dienen imstande ist, hebt diese Struktur des »wenn. … dann« nicht in eine abstrakt-absolute Sphäre, sie faßt nur das Verhältnis des »wenn ... dann« in einer auf Gesetzlichkeit gerichteten Abstraktion auf. In diesem Sinne ist der Wert, der in der Arbeit als Gebrauchswert reproduzierendem Prozeß erscheint, fraglos objektiv. Nicht nur, weil das Produkt an der teleologischen Setzung gemessen werden kann, sondern diese selbst kann in ihrem »Wenn... dann«-Verhältnis zur Bedürfnisbefriedigung als objektiv vorhanden, als geltend nachgewiesen und überprüft werden. " (S. 73)
 
[Näherung an die Objektivität des Werts über die Nützlichkeit und die teleologische Setzung]
" Nehmen wir in der allgemeinsten Form das, was Marx die »Metamorphose der Waren« nennt, den einfachen Kauf und Verkauf der Waren. Damit ein Warenverkehr auf Grundlage von Tauschwert und Geld überhaupt möglich werde, muß eine Arbeitsteilung in der Gesellschaft vorhanden sein.
...
Diese elementare und widerspruchsvolle Konsequenz der Arbeitsteilung schafft eine Lage, in der die sachlich zusammengehörenden Akte, Kauf und Verkauf, praktisch auseinanderfallen, voneinander selbständig, einander gegenüber zufällig werden, »keiner braucht unmittelbar zu kaufen, weil er selbst verkauft hat«, sagt Marx. Man sieht also: »Daß die selbständig einander gegenübertretenden Prozesse eine innere Einheit bilden, heißt ebensosehr, daß ihre innere Einheit sich in äußeren Gegensätzen bewegt.« Und Marx weist an dieser Stelle darauf hin, daß in dieser Form »die Möglichkeit, aber auch nur die Möglichkeit der Krisen« enthalten ist. "
(S. 74)
" Die Menschen können ja in den meisten Fällen kaum die Konsequenzen ihrer eigenen Entschlüsse richtig verfolgen. Wie könnten also ihre Wertsetzungen den ökonomischen Wert konstituieren? Der Wert selbst ist aber doch objektiv da, und gerade seine Objektivität bestimmt - wenn auch objektiv nicht mit adäquater Gewißheit, [74] subjektiv nicht mit adäquater Bewußtheit - auch die einzelnen teleologischen, auf den Wert gerichteten Setzungen. " (S. 74 f.)
" Hier sei nur darauf hingewiesen, daß die durch den Tauschwert vermittelte und in Gang gebrachte Arbeitsteilung das Prinzip der Beherrschung der Zeit durch ihre innere bessere Ausnützung produziert. »Ökonomie der Zeit«, sagt Marx, »darein löst sich schließlich alle Ökonomie auf. Ebenso muß die Gesellschaft ihre Zeit zweckmäßig einteilen, um eine ihren Gesamtbedürfnissen gemäße Produktion zu erzielen; wie der Einzelne seine Zeit richtig einteilen muß, um sich Kenntnisse in angemeßnen Proportionen zu erwerben oder um den verschiednen Anforderungen an seine Tätigkeit Genüge zu leisten. Ökonomie der Zeit, sowohl wie planmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf die verschiednen Zweige der Produktion, bleibt also erstes ökonomisches Gesetz auf Grundlage der gemeinschaftlichen Produktion.« *42 Marx spricht hier davon als von dem Gesetz der gesellschaftlichen Produktion. Mit Recht, denn die kausalen Wirkungen der verschiedenen Erscheinungen fassen sich zu einem solchen Gesetz zusammen, wirken dadurch bestimmend auf die Einzelakte zurück, und der Einzelne muß sich, bei Strafe des Untergangs, diesem Gesetz anpassen. " (S. 75)
 
[Gesetz der Ökonomie der Zeit]
" Ökonomie der Zeit bedeutet aber zugleich ein Wertverhältnis. Das objektive Gerichtetsein der ökonomischen Gesetzlichkeit auf Zeitersparnis setzt unmittelbar die jeweils optimale Arbeitsteilung in der Gesellschaft durch, führt also jeweils das Entstehen eines gesellschaftlichen Seins auf höherem Niveau der immer reiner werdenden Gesellschaftlichkeit herbei. Diese Bewegung ist also objektiv, unabhängig davon, wie die Beteiligten sie auffassen, ein Schritt zur Verwirklichung der gesellschaftlichen Kategorien aus ihrem anfänglichen Ansichsein in ein immer reicher bestimmtes, immer effektiveres Fürsichsein. Die adäquate Verkörperung dieses Fürsichseins der entfalteten, zu sich gekommenen Gesellschaftlichkeit ist aber der Mensch selbst. Nicht das abstrakte, nie und nirgendwo existierende Idol eines isolierten Menschen überhaupt, sondern der Mensch in seiner konkreten

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gesellschaftlichen Praxis
, der Mensch, der mit seinen Taten, in seinen Taten das Menschengeschlecht verkörpert, zur Wirklichkeit macht. Marx hat diesen Zusammenhang zwischen Ökonomie und zwischen dem, was das ökonomische Leben in den Menschen selbst hervorbringt, stets klar gesehen. "
[Herv. v. P.H.] (S. 75 f.)
 
[Wert und das Gesetz der Ökonomie der Zeit]
" In gedanklich unmittelbarem Anschluß an die soeben zitierte Stelle über die Ökonomie der Zeit als Wertprinzip des Ökonomischen schreibt er: »Die wirkliche Ökonomie…besteht in Ersparung von Arbeitszeit;…diese Ersparung [ist] aber identisch mit Entwicklung der Produktivkraft. Also keineswegs Entsagen vom Genuß, sondern Entwickeln von power, von Fähigkeiten zur Produktion und daher sowohl der Fähigkeiten, wie der Mittel des Genusses. Die Fähigkeit des Genusses ist Bedingung für denselben, also erstes Mittel desselben und diese Fähigkeit ist Entwicklung einer individuellen Anlage, Produktivkraft. Die Ersparung von Arbeitszeit gleich Vermehren der freien Zeit, d.h. Zeit für die volle Entwicklung des Individuums, die selbst wieder als die größte Produktivkraft zurückwirkt auf die Produktivkraft der Arbeit.« *43 Über die konkreten Probleme, die Marx hier aufwirft, besonders über die Beziehung der Muße zur Produktivkraft der Arbeit, können wir erst im letzten Kapitel eingehend sprechen. " (S. 76)
 
[Ökonomie der Zeit - ist abstrakt gesehen Fortschritt und mehr disponible Zeit]
" Marx betrachtet dagegen den ökonomischen Prozeß in seiner entfalteten dynamischen Totalität, und in dieser muß der Mensch als Anfang und Ende, als Initiator und Endergebnis des Gesamtprozesses erscheinen, wobei er zwar oft - und in seiner Einzelheit immer - in dessen Fluten zu verschwinden scheint, aber allem noch so begründeten Schein zum Trotz das wirkliche Wesen dieses Prozesses ausmacht. " (S. 77)
" Schon die Urform der Arbeit, die die Nützlichkeit als Wert ihres Produktes setzt, bezieht sich zwar unmittelbar auf die Bedürfnisbefriedigung, sie setzt aber im Menschen, der sie vollbringt, bereits einen Prozeß in Gang, dessen objektive Intention - einerlei, wie weit diese angemessen bewußt wird - auf die reale Ausbildung der Höherentwicklung des Menschen gerichtet ist. So entsteht im ökonomischen Wert eine qualitative Steigerung jenem Wert gegenüber, der mit der einfachen, Gebrauchswerte produzierenden Tätigkeit bereits immanent gegeben war. " (S. 77)
" Das Entstehen des Terminus »homo oeconomicus« ist durchaus kein Zufall, noch bloßes Mißverständnis; er drückt das unmittelbar notwendige Verhalten des Menschen in einer Welt der gesellschaftlich gewordenen Produktion angemessen und plastisch aus. Freilich nur das unmittelbare Verhalten. Denn wir haben sowohl im Marx-Kapitel wie in den gegenwärtigen Betrachtungen feststellen müssen, daß es keine ökonomischen Akte geben kann - von der ursprünglichen Arbeit bis zur rein gesellschaftlichen Produktion -, denen nicht zugleich eine ihnen ontologisch immanente Intention auf das Menschwerden des Menschen im weitesten Sinne, also von der Genesis bis zur Entfaltung, zugrunde liegen würde. Diese ontologische Beschaffenheit der ökonomischen Sphäre wirft ein Licht auf ihre Beziehung zu den anderen Bereichen der menschlichen Praxis. " (S. 78)
 
[Resultat und Ausgangspunkt der Produktion ist der Mensch selbst - er produziert seine Fortschreitende Menschwerdung/Vergesellschaftung]
" Abzulehnen ist sowohl jede »logische Ableitung« des Aufbaus, der Anord- [78] nung der Kategorien (hier: der Werte), ausgehend von ihrem abstrakt erfaßten Allgemeinbegriff. Denn dadurch würden Zusammenhänge und Beschaffenheiten, deren Eigenart ontologisch real in ihrer gesellschaftlich-geschichtlichen Genesis fundiert ist, den Anschein einer begrifflich-systematischen Hierarchie erhalten, die infolge dieser Diskrepanz zwischen echtem Sein und angeblich bestimmendem Begriff ihr konkretes Wesen, ihre konkrete Wechselwirkung nur verfälschen könnte. Ebenso abzulehnen ist die vulgärmaterialistische Ontologie, die die komplizierten Kategorien einfach als mechanische Produkte der elementarfundierenden faßt und dadurch sich selbst einerseits jedes Verständnis der Besonderheit jener versperrt, andererseits zwischen ihnen eine falsche, angeblich ontologische Hierarchie schafft, wonach nur diesen ein Sein im eigentlichen Sinne zukommen könnte. Die Ablehnung beider derartig falschen Auffassungen ist besonders wichtig, wenn wir die Beziehung des ökonomischen Werts zu den anderen Werten der gesellschaftlichen Praxis (und zu dem mit ihr aufs engste verbundenen theoretischen Verhalten) richtig begreifen wollen. " (S. 78 f.)
 
[Beiderseitige Abgrenzung vom alten Materialismus und Idealismus]
" Wir haben gesehen, daß der Wert untrennbar mit dem alternativen Charakter der gesellschaftlichen Praxis zusammenhängt. Die Natur kennt keinen Wert, nur Kausalzusammenhänge und durch sie hervorgebrachte Wandlungen, Andersheiten der Dinge, Komplexe etc. Die effektive Rolle des Werts in der Wirklichkeit ist daher auf das gesellschaftliche Sein beschränkt. Wir haben gezeigt, wie die Alternativen in der Arbeit und in der ökonomischen Praxis auf Werte orientiert sind, die keineswegs bloße Resultate, Zusammenfassungen etc. der einzelnen subjektiven Werte vorstellen, sondern im Gegenteil in ihrer Objektivität innerhalb des gesellschaftlichen Seins über die Richtigkeit oder Falschheit der wertgerichteten Alternativsetzungen entscheiden. " (S. 79)
 
[Wert ist auf das gesellschaftliche Sein beschränkt - mit der Arbeit als zielführend verknüpft]

{ In diesem 'Wert' liegen schon keimhaft die Ethik und Moral begründet. Interessant, dass er den 'Wert' zwar im zuerst ökonomischen Begündet, bzw. im Gebrauchswert. Um dann schon weit über diesen Anfanfgsbefund hinauszuweisen. Zu bemerken ist, hier werden nur die dürresten Bestimmungen gegeben und man sollte noch nicht allzuviel an dieser Stelle hineinlegen beim Lesen. (d.V.)}

" Es wird hier wieder sichtbar, daß sowohl das idealistische Fetischisieren, das aus der Rechtssphäre etwas völlig auf sich selbst Gestelltes machen will, wie der vulgäre Materialismus, der diesen Komplex mechanisch aus der ökonomischen Struktur ableiten will, an den eigentlichen Problemen vorbeigehen müssen. Es ist gerade die objektiv gesellschaftliche Abhängigkeit des Rechtsbereichs von der Ökonomie, verbunden mit ihrer dadurch hervorgebrachten Heterogenität ihr gegenüber, die in ihrer dialektischen Simultaneität die Eigenart und die gesellschaftliche Objektivität des Werts bestimmen. Andererseits haben wir sowohl im Marx-Kapitel wie auch hier gesehen, daß die rein ökonomischen Setzungen unmöglich praktisch vollzogen werden können, ohne in den Einzelmenschen, in ihren Beziehungen zueinander etc. - bis hinauf zur realen Entstehung der Menschengattung - menschliche Fähigkeiten wachzurufen und zu entwickeln (unter Umständen freilich bloß deren Möglichkeit im Sinne der Aristotelischen Dynamis), die in ihren Konsequenzen weit über das rein Ökonomische hinausgehen, die aber dennoch nie - wie sich dies der Idealismus vorstellt - den Boden des gesellschaftlichen Seins verlassen können. " (S. 80)
" Jede Utopie ist in ihrem Inhalt und ihrer Richtung von jener Gesellschaft bestimmt, die sie verwirft; jedes ihrer geschichtlich-menschlichen Gegenbilder bezieht sich auf eine bestimmte Erscheinung des gesellschaftlich-geschichtlich seienden hic et nunc. Es gibt kein menschliches Problem, das letzthin nicht von der realen Praxis des gesellschaftlichen Lebens ausgelöst und zutiefst bestimmt wäre. Die Gegensätzlichkeit ist hier nur ein wichtiges Moment der Zusammengehörigkeit. " (S. 80)
" Gerade weil die sich in der Ökonomie vollziehende Entwicklung ihrer Totalität nach keine teleologisch gesetzte ist, sondern trotz ihrer Grundlage in den einzelnen teleologischen Setzungen der Einzelmenschen aus spontan notwendigen Kausalketten besteht, können die in ihnen historisch jeweils konkret notwendigen Erscheinungsweisen die schärfsten Gegensätze zwischen objektiv ökonomischem - und darum objektiv menschheitlichem - Fortschritt und seinen menschlichen Folgen zum Ausdruck bringen. " (S. 81)
 
[Dialektischer Gehalt der Einheit der Gegensätze]
" Damit sind wir aber noch lange nicht bei den Wurzeln dieser Widersprüchlichkeit angelangt. Die immanente Gesetzlichkeit der Ökonomie produziert nicht nur diese Antagonismen zwischen dem objektiven Wesen ihres Prozesses und seinen jeweiligen Erscheinungsformen im menschlichen Leben, sondern macht den Antagonismus zu einem ontologischen Fundament der Gesamtentwicklung selbst, indem etwa der Urkommunismus mit ökonomischer Notwendigkeit von der Klassengesellschaft abgelöst wird und damit Klassenzugehörigkeit und Teilnahme am Klassenkampf die Lebensentscheidungen eines jeden Gesellschaftsgliedes tiefgreifend bestimmen. So entsteht, sobald der Inhalt der Alternativen über den Stoffwechsel der Gesellschaft mit der Natur entschieden hinausgeht, ein Spielraum der konfliktvollen Erscheinungen. " (S. 81)
" Hier können wir diesen Prozeß nur an einem Beispiel, an dem der gesellschaftlich richtigen Entscheidung in einer bedeutsamen Alternative, ganz allgemein andeuten. Worauf es hier allein ankommt, ist, in aller Kürze, die Hauptzüge jener ontologischen Methode auf zuzeigen, mit der man sich diesem Komplex annähern soll. Wir müssen dabei von jener Bestimmung der Substantialität ausgehen, von der wir in früheren Zusammenhängen bereits gesprochen haben. Die neueren Einsichten über das Sein haben die statische, unveränderliche Konzeption der Substanz zerstört; daraus folgt jedoch keineswegs die Notwendigkeit ihres Leugnens innerhalb der Ontologie, sondern bloß die Erkenntnis ihres wesentlich dynamischen Charakters. Substanz ist, was sich im ewigen Wandel der Dinge, sich selbst wandelnd, in ihrer Kontinuität zu bewahren imstande ist. Dieses dynamische Sichselbstbewahren ist aber nicht unbedingt an eine »Ewigkeit« gebunden. Substanzen können entstehen und vergehen, ohne deshalb, wenn sie sich nur in der Zeitspanne ihrer Existenz dynamisch erhalten, aufzuhören, Substanzen zu sein. " [Herv. v. P.H.] (S. 82)
 
[Zum Begriff der Substanz - als sich selbst im Wandel erhaltend - können vergehen]
" Die echte Quelle der Genesis ist vielmehr der ununterbrochene strukturelle Wandel des gesellschaftlichen Seins selbst, aus dem die wertverwirklichenden Setzungen unmittelbar entspringen. Es ist, wie wir gesehen haben, eine Grundwahrheit der Marxschen Konzeption, daß die Menschen ihre Geschichte selbst machen, es jedoch nicht unter selbstgewählten Umständen tun können. Die Menschen beantworten selbst - mehr oder weniger bewußt, mehr oder weniger richtig - jene konkreten Alternativen, die die jeweiligen Möglichkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung ihnen stellen. Darin ist jedoch implicite bereits der Wert enthalten. Daß etwa die Herrschaft des Menschen über seine Affekte als Ergebnis der Arbeit ein Wert ist, unterliegt keinem Zweifel, ist aber in der Arbeit selbst enthalten und kann gesellschaftlich wirklich werden, ohne unbedingt sofort eine bewußte Form zu erhalten und seine Werthaftigkeit im arbeitenden Menschen zur Geltung zu bringen. " [Herv. v. P.H.] (S. 83 f.)
 
[Quelle des Werts ist der strukturelle Wandel des gesellschaftlichen Seins]
" Die Entfaltung dieses Ansichseins, sein Erwachsen zu einem wahrhaften Fürsichsein erlangt der Wert in den ihn erfüllenden Akten. Es ist aber für den hier vorliegenden ontologischen Tatbestand charakteristisch, daß diese für die letzthinnige Realität des Werts unentbehrliche Verwirklichung in der menschlichen Praxis unlösbar an den Wert selbst gebunden bleibt. Es ist der Wert, der seine Verwirklichung ihren Bestimmungen aufprägt, nicht umgekehrt. Das darf nicht so verstanden werden, als ob aus dem Wert seine Verwirklichung nun gedanklich »abgeleitet« werden könnte, als ob die Verwirklichung sein einfaches menschliches »Arbeitsprodukt« wäre. Die Alternativen sind unaufhebbare Fundamente der Art der gesellschaftlich-menschlichen Praxis und können nur abstraktiv, nie real vom individuellen Entschluß losgelöst werden. " (S. 84)
" Dieses Aufbewahrtbleiben muß nicht eigens belegt werden; es ist ja allgemein bekannt, wie sich solche persönlichen Lösungen gesellschaftlicher Alternativen schon aus der Mythen schaffenden Zeit bis in unsere Gegenwart erhalten haben. Das bloße Erhaltenbleiben drückt jedoch nur eine Seite dieses Prozesses aus. Es ist ebenso wichtig, festzustellen, daß dies nur dann möglich wird, wenn es stets einem ununterbrochenen Wandel in seiner Interpretation, d.h. in seiner Anwendbarkeit als Vorbild für die Praxis der jeweiligen Gegenwart, unterworfen werden kann. Der wahre gesellschaftliche Zusammenhang zeigt sich vor allem darin, daß das schlechthin entscheidende Moment des Wandels, der Uminterpretation immer in den gesellschaftlichen Bedürfnissen der jeweiligen Gegenwart verankert ist. Diese Bedürfnisse entscheiden darüber, ob und wie die so fixierte Alternative ausgelegt wird. " (S. 85)
 
[Helden als vorbildliche Wertverwirklicher - Wandel der Werte nach dem Bedürfnis der Gesellschaft]
" Die Objektivität der Werte beruht also darauf, daß sie bewegende und bewegte Bestandteile der gesellschaftlichen Gesamtentwicklung sind. Ihre Widersprüchlichkeit, die unbestreitbare Tatsache, daß sie sehr oft in ausgesprochener Gegensätzlichkeit zu ihrer ökonomischen Basis sowie zueinander stehen, ist auf diese Weise kein letzthinniger Wertrelativismus, wie Max Weber meint, und die Unmöglichkeit, sie in ein hierarchisch-tabellarisches System einzuordnen, weist [85] noch weniger in diese Richtung. Ihre Existenz, die sich in der Form eines gesellschaftlich-faktisch verpflichtenden Sollens auswirkt, zu welcher innerlich notwendig ihre Pluralität, ihr Verhältnis zueinander in einer Skala von der Heterogenität bis zur Gegensätzlichkeit gehört, ist zwar nur post festum rationalisierbar, drückt jedoch gerade darin die widerspruchsvolle Einheitlichkeit, die ungleichmäßige Eindeutigkeit des gesellschaftlich-geschichtlichen Gesamtprozesses aus. " [Herv. v. P.H.] (S. 85 f.)
 
[Objektivität des Werts zeigt sich gerade in seinem Wandel = relative Beständigkeit]

{ Der Wert ist als Zielführungszusammenhang objektiv und objektiviert sich in seiner Umsetzung in der Praxis. Gleichzeitig verändert die Praxis den Wert (mit seiner eigenen Beharrung), wenn sich das gesellschaftliche Sein, damit die Praxis und damit die Ziele/Mittel verändern. Nicht zuletzt werden sich, sehr viel konkreter gesehen, in den sich widersprechenden Werten schließlich sich widersprechende gesellschaftliche Interessen ausdrücken. (d.V.)}

" Wir wissen: Die ökonomische Entwicklung ergibt objektiv das Rückgrat des tatsächlichen Fortschritts. Die entscheidenden, sich im Prozeß erhaltenden Werte sind deshalb - bewußt oder unbewußt, unmittelbar oder eventuell weit vermittelt - immer auf diesen bezogen; es ergibt aber objektiv wichtige Unterschiede, welche Momente dieses Gesamtprozesses die jeweilige Alternative meint und trifft. Dadurch erhalten sich die Werte im sich ununterbrochen erneuernden gesellschaftlichen Gesamtprozeß, dadurch werden sie, in ihrer Art, zu seienden Bestandteilen des gesellschaftlichen Seins in seinem Reproduktionsprozeß, zu Elementen des Komplexes: gesellschaftliches Sein. " [Herv. v. P.H.] (S. 86)
" Wir haben absichtlich einen Wert zur Demonstration dieser ontologischen Lage ausgewählt, der von der Arbeit als Modell sehr weit entfernt ist. Wir taten es zuerst, um zu zeigen, daß auch in solchen Fällen, in denen die Alternative unmittelbar bereits rein innerlich geworden ist, der Intention der Entscheidung doch objektiv gesellschaftliche Existenzbestimmungen zugrunde liegen, daß also der in der Praxis verwirklichte Wert doch gesellschaftlich objektiven Charakters sein muß. " (S. 86)
 
[Methodische Wahl des Werts]

1.3. Die Subjekt-Objekt-Beziehung in der Arbeit und ihre Folgen

" Bevor wir jedoch auf einige, scheinbar sehr entlegene, dem Wesen nach [87] jedoch hier verwurzelte Fragen näher eingehen können, müssen wir eine bereits von uns gestreifte unmittelbare Folgeerscheinung der Arbeit, nämlich die Entstehung des Subjekt-Objekt-Verhältnisses und die darin wirklich wirkende notwendige Distanziertheit des Objekts vom Subjekt, etwas näher betrachten. Diese Distanziertheit schafft sogleich eine unentbehrliche, mit Eigenleben versehene Basis für das gesellschaftliche Sein der Menschen: die Sprache. Engels sagt mit Recht, sie käme daher, daß die Menschen »einander etwas zu sagen hatten. Das Bedürfnis schuf sich sein Organ.« " [Herv. v. P.H.] (S. 87 f.)
 
[Distanziertheit des Subjekts - Sprache]
" Der Mensch spricht immer »über« etwas Bestimmtes, das er dadurch in einem doppelten Sinn von seinem unmittelbaren Dasein abhebt: Erstens, indem es als ein unabhängig existierendes Objekt gesetzt ist, zweitens - und darin kommt die Distanzierung womöglich noch stärker zum Vorschein -, indem er zwar bemüht ist, das jeweilige Objekt als konkretes deutlich zu machen; seine Ausdrucksmittel, seine Bezeichnungen sind aber so beschaffen, daß jedes Zeichen auch in völlig anderen Zusammenhängen vollgültig figurieren kann. Damit löst sich das im Wortzeichen Abgebildete von den Gegenständen, die es bezeichnet, und damit auch vom Subjekt, das es äußert, ab, wird zum gedanklichen Ausdruck für je eine ganze Gruppe von bestimmten Phänomenen, die in ganz anderen Zusammenhängen, von ganz anderen Subjekten in ähnlicher Weise angewendet werden können. Die Mitteilungsformen der Tiere kennen keine derartige Distanziertheit, sie bilden einen organischen Bestandteil des biologischen Lebensprozesses, ... " (S. 88)
 
[Unterschied Mensch-Tier]
" Es ist nicht überraschend, daß das Benennen [88] der Objekte, das Aussprechen ihres Begriffs, ihres Namens lange Zeit als magisches Wunder gegolten hat; noch im Alten Testament drückt sich die Herrschaft des Menschen über das Tier darin aus, daß Adam ihnen Namen gibt, worin zugleich das Heraustreten der Sprache aus der Natur deutlich bezeichnet wird. " (S. 88)
" Schon die einfachste Arbeit verwirklicht, wie wir gesehen haben, durch die Dialektik von Ziel und Mittel ein neues Verhältnis der Unmittelbarkeit und Vermittlung auch dadurch, daß jede durch Arbeit erreichte Bedürfnisbefriedigung bereits ihrem objektiven Wesen nach eine vermittelte ist; die ebenfalls unaufhebbare Tatsache, daß jedes Arbeitsprodukt, wenn es fertiggestellt, für den es gebrauchenden Menschen eine neue - nicht mehr naturhafte - Unmittelbarkeit besitzt, verstärkt in ihrer Gegensätzlichkeit diesen Tatbestand. " [Herv. v. P.H.] (S. 88)
 
[Grundlegende Vermitteltheit der Bedürfnisbefriedigung]
" Die Arbeit schiebt aber in ihrer Höherentwicklung immer ganze Serien von Vermittlungen zwischen den Menschen und sein unmittelbares Ziel, das er letzthin zu erreichen bestrebt ist. Dadurch entsteht in der Arbeit eine schon früher erscheinende Differenzierung der unmittelbaren und weiter vermittelten Zielsetzungen. (Man denke an die Herstellung von Waffen, die vom Auffinden des Erzes, von seinem Schmelzen bis zur Fertigstellung eine ganze Reihe von verschiedenen, einander gegenüber heterogenen teleologischen Zielsetzungen erfordert.) Eine gesellschaftliche Praxis ist nur möglich, wenn dieses Verhalten zur Wirklichkeit gesellschaftlich allgemein geworden ist. Daß bei einer solchen Ausweitung der Arbeitserfahrungen ihnen gegenüber ganz neue Verhältnisse und Strukturen entstehen, ist selbstverständlich, kann aber an der Tatsache, daß diese Unterscheidung des Unmittelbaren vom Vermittelten - bei ihrer simultanen Existenz in ihrem notwendigen Zusammenhang, ihrer Reihenfolge, ihrer Über- und Unterordnung etc. - aus der Arbeit entstanden ist, nichts ändern. " [Herv. v. P.H.] (S. 89)
 
[Höhere Vermitteltheit entsprechend der Weiterentwicklung der Arbeit - es entstehen neue Qualitäten der Vermittlung]

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Wie Lukács es auch schon mehrfach betont. Wird ein völlig neuer Bereich des gesellschaftlichen Seins erzeugt. Diese Vermittlungen müssen selbst wieder vermittelt werde. Das entwickelt sich bis auf eine solche Verallemeinerung = Vergesellschaftung - ein wirklicher gesellschaftlicher Gesamtarbeiter -, dass es bis hin zum Staat und seinen Organen treibt. Die Vermittlungen sind institutionell und scheinbar unabhängig von der hinterliegenden Ökonomie.
Überhaupt ist einer der wichtigsten Punkte materialistischer Ideologiekritik in der Erklärung der aufgefundenen Widersprüche zu sehen. Der objektive Kern für viele Ideologeme ist die Vereinseitigung/Verabsolutierung der relativen Eigenständigkeit und Eigengesetzlichkeit von Phänomenen gegenüber ihrem Grund. Dieser wird dann nur noch durch die Ansicht der Genesis, der unterentwickelten Formen ersichtlich.
Das sieht man sehr gut in den Fetischgestalten. Gerade die höchste Entwicklung mit der größten Eigengesetzlichkeit verkehrt sich gegen das eigene Wesentliche und schafft sich auch noch notwendig die Verkehrung in der Vorstellung, z.B. beim Geld. Wer glaubt heute nicht, dass Geld nicht mehr Gold ist, sondern Zeichen/Verabredung/Macht, dass es aus dem Nichts geschöpft werden kann und wieder vernichtet.
(d.V.)}

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