Beschreibung | |
Team: | Peter/Hendrik |
Thema: | Joachim Hirsch Zukunft der Arbeitsgesellschaft |
Quelle: | Langfassung des Dossiers in Jungle World Nr. 24 vom 9. Juni 1999, aus KRISIS-mailingliste / lokal gelagert |
Art : | exzerpt |
Version: | 1.lesung letzte bearbeitung:03.10.1999 |
Der geläufigen These vom 'Ende der Arbeitsgesellschaft' liegt ein grundsätzliches ökonomietheoretisches Mißverständnis zugrunde: unter kapitalistischen Produktionsbedingungen kann die Arbeit als Quelle von Mehrwert überhaupt nicht 'ausgehen', ohne das System in eine fundamentale Krise zu stürzen.
Hier kommt die voellige antiposition zur KRISIS krass zu tage. Beide sehen im ende der arbeit, wobei hier beidesmal die klassische lohnarbeit und ihre verlaufsformen (teilzeit,pure working, abm,..) gemeint sind, auch das ende des kap. Aber waehrend die KRISIS das strukturelle ende wegen der unfaehigkeit des kap, die verluste der menschl arbeit an der zusammensetzung der gesamtarbeit zu kompensieren prophezeien, lehnt dies Hirsch entschieden ab und erklaert die aktuelle krise zu einer 'normalen' reaktion des kap nach der besonderen historischen situation im fordismus.
Die Behauptung, Lohnarbeit tendiere zu einem allmählichen Verschwinden (besonderes simpel bei Beck 1998), steht ohnehin im Gegensatz zur empirischen Realität: In der BRD hat diese in den letzten Jahren eher zugenommen. Gleichzeitig ist aber auch die Nachfrage nach bezahlter Arbeit stark angestiegen (Hoffmann 1998). Dies resultiert aus der mit der kapitalistischen Entwicklung verbundenen Umwälzung der Lebensverhältnisse. Die allmähliche Beseitigung traditioneller Formen der Subsistenzproduktion hat die Folge, daß immer mehr Menschen materiell von Lohnarbeit abhängig werden. -lohnarbeit nimmt zu -vs- nachfrage nach lohnarbeit
Nun folgt als notwendige reaktion die neoliberalen Globalisierungsoffensive
In der Tat ist also ein bestimmter historischer Typus von Arbeitsgesellschaft, nämlich der fordistische, zum Auslaufmodell geworden, und dies weder aus technologischen Gründen noch als Ausdruck allgemeiner evolutionärer Gesetzmäßigkeiten, sondern als Folge der kapitalistischer Krise und der damit verbundenen Klassenkonflikte. Also geht es nicht um das ende des kapitalismus, sondern nur um das einer besonderen historischen form(ation).
Die aktuellen gesellschaftichen Umstrukturierungsprozesse scheinen
insgesamt darauf hinauszulaufen, die fordistische Entwicklung in gewisser
Weise wieder rückgängig zu machen: Weil der Fordismus darauf beruht
hatte, die Produktions- und Reproduktionsarbeit möglichst weitgehend in
die Waren- und Lohnarbeitsform zu bringen und diese zugleich zu regulieren und
zu standardisieren, wurden die Kosten der Arbeitskraftreproduktion in den
Kapitalkreislauf direkt einbezogen und insoweit 'internalisiert'. Jetzt
scheint es darum zu gehen, viele Bereiche der gesellschaftlichen Arbeit wieder
zu peripherisieren und gleichzeitig reproduktionsnotwendige Dienstleistungen
in schlecht oder überhaupt nicht bezahlte Arbeitsverhältnisse
abzudrängen.
..
Im globalen Maßstab findet also eine Neukombination unterschiedlicher
Arbeitsformen und Produktionsweisen statt, zu denen auch solche gehören,
die nicht die formellen Charakteristika von Lohnarbeit aufweisen. Schon immer
hat das Kapital seinen Mehrwert nicht allein durch bezahlte Lohnarbeit,
sondern auch durch Ausbeutung anderer Arbeitsformen (z.B. Hausarbeit,
agrarische Subsistenzproduktion) erzeugt.
..
Die aktuelle Tendenz besteht in einer Wiederausweitung der
'Subsistenzproduktion', d.h. der Herstellung von infastrukturellen,
natürlichen und sozialen Produktionsvoraussetzungen einschließlich
der Reproduktion der Arbeitskraft durch un- oder schlechtbezahlte Arbeit.
'Aufwertung' der Hausarbeit, freiwillige soziale Arbeit, 'Bürgerarbeit',
informelle Ökonomie, 'real life economics' sind die geläufigen
Stichworte für diese Entwicklung.
..
Was nun ansteht, ist nicht das Ende der Arbeitsgesellschaft, sondern ihre
grundlegende Neuorganisation und Neukonfiguration, sind neue Kombinationen
unterschiedlicher Arbeitsformen und Produktionsweisen und damit eine
weitgehende Restrukturierung nicht nur der Klassen-, sondern auch der
Geschlechterverhältnisse.
Also bemueht sich Hirsch aufzuzeigen, das die heutige entwicklung ganz in den grenzen des kap systems selbst verlaeuft und nur eine formation die andere abloest, aber ein darueber hinaus weisendes nun allerdings keinerlei empirische Evidenz gibt. Und hier gibt er sehr kompakt die aktuelle entwicklung wieder.
Allerdings bleiben die gegenargument diesbezeuglich ziemlich schwach, wenn er sich nur darauf bezieht, das die jetzige entwicklung eine des kapitalismus ist, daß es sich bei der Organisation des Arbeitsprozesses nicht nur um eine technisch-organisatorische Frage, sondern um den Bestandteil eines Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisses handelt. Das also aus diesem grunde die krise, im moment aus allen oben geschilderten veraenderungen entstanden, natuerlich eine des kap ist aber deshalb diesen selbst nicht in frage stellt. Wobei natuerlich gesagt werden muss, das diese frage auch nur am rande behandelt wird. Nun hat die kapitalistische Entwicklung der Produktivkräfte dazu geführt, daß das Quantum der für die materielle Reproduktion notwendigen Arbeit erheblich abgenommen hat. Hier also erkennt er eines der generalargumente der KRISIS an, ohne jedoch deren starken schlussfolgerungen zu folgen.
Nun wendet er sich gegen die verwaesserung des widerspruchs des kap: Verbreitet ist die These, daß mit dem Übergang zur "Informations-" und "Wissensgesellschaft" die Wertproduktion nicht mehr so sehr von "Arbeit" und "Kapital" und immer mehr von Information und Wissen abhänge. So als waeren wissen und information nicht politoekonomisch genauso waren, wie eine karre voll sand. Ebenso: Des weiteren ist der Diensteistungsbereich, innerhalb dessen "Wissen" und "Information" produziert und zirkuliert wird, integraler Bestandteil des materiellen Produktionsprozesses. Womit ein esotherisches abheben von vorneherein abgeschnitten wird.
[zum 3. Warum sollen und wie können die Arbeitsverhältnisse verändert werden?]