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Team Eugen von Böhm-Bawerk
Thema ZUM ABSCHLUSS DES MARXSCHEN SYSTEMS (EI3) ( original )
Status Berlin 1896
Letzte Bearbeitung 07/2006
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- VORBEMERKUNG
I. DIE THEORIE VOM WERT UND VOM MEHRWERT
II. DIE THEORIE DER DURCHSCHNITTSPROFITRATE UND DER PRODUKTIONSPREISE
III. DIE FRAGE DES WIDERSPRUCHS
- ERSTES ARGUMENT
- ZWEITES ARGUMENT
- DRITTES ARGUMENT
- VIERTES ARGUMENT
IV. DER IRRTUM IM MARXSCHEN SYSTEM; SEIN URSPRUNG UND SEINE VERZWEIGUNGEN
- 1.
- 2.
- 3.
V. WERNER SOMBARTS APOLOGIE

- VORBEMERKUNG

Karl Marx ist als Schriftsteller ein beneidenswert glücklicher Mann gewesen. Niemand wird behaupten wollen, daß sein Werk zu den leicht lesbaren und leicht verständlichen Büchern gehört. Ein erheblich geringerer Ballast von schwieriger Dialektik und von ermüdenden, mit mathematischem Rüstzeug arbeitenden Deduktionen wäre für die meisten anderen Bücher zum unüberwindlichen Hindernis geworden, sich den Weg in das große Publikum zu bahnen. Marx ist trotzdem ein Apostel für weiteste Kreise und gerade für solche Kreise geworden, deren Sache sonst die Lektüre schwieriger Bücher nicht ist. Dabei waren seine dialektischen Argumentationen durchaus nicht etwa von einer fraglos bezwingenden Kraft und Klarheit. Im Gegenteile: Männer, die zu den ernstesten und würdigsten Denkern unserer Wissenschaft gehörten, wie Carl Knies, hatten vom ersten Augenblick an den gewiß nicht leicht zu nehmenden und mit gewichtigen Argumenten belegten Vorwurf erhoben, daß die Marxsche Lehre schon in ihrer Grundlage mit logischen und tatsächlichen Widersprüchen aller Art behaftet sei. Es hätte dem Marxschen Werke somit leicht begegnen können, daß es bei keinem Teile des Publikums eine gute Stätte gefunden hätte: bei dem großen Publikum nicht, weil es sich auf seine schwierige Dialektik überhaupt nicht verstand, und bei den Fachleuten nicht, weil es sich auf dieselbe und auf ihre Schwächen zu gut verstand. Tatsächlich ist es anders gekommen.

Auch der Umstand war dem Einfluß des Marxschen Werkes nicht hinderlich, daß es bei Lebzeiten des Verfassers ein Torso blieb. Sonst pflegt man - und nicht mit Unrecht - gerade gegen isolierte erste Bände neuer Systeme besonders mißtrauisch zu sein. In "allgemeinen Teilen" lassen sich ja allgemeine Grundsätze recht schön vortragen; aber ob sie die lösende Kraft, die ihr Autor ihnen zuschreibt, wirklich besitzen, das erprobt sich erst im Ausbau des Systems, erst wenn sie der Reihe nach gegen alle einzelnen Tatsachen gehalten werden. Und in der Geschichte der Wissenschaften sind die Fälle gar nicht selten, in denen einem hoffnungs- und anspruchsvoll hinausgesandten ersten Bande trotz Lebens und guter Gesundheit des Verfassers ein zweiter Band überhaupt nicht mehr folgte, weil eben der neue Grundgedanke die Feuerprobe der konkreten Tatsachen vor dem genauer zusehenden Verfasser selbst nicht bestehen konnte. Karl Marx hat unter solchem Mißtrauen nicht gelitten. Die Masse seiner Anhänger schoß ihm auf Grund des ersten Bandes ungemessenes gläubiges Vertrauen auch auf den Inhalt der noch ungeschriebenen Bände des Systems vor.

Dieser Glaube auf Kredit wurde in einem Falle auf eine besonders harte Probe gestellt. Marx hatte in seinem ersten Bande gelehrt, daß aller Wert der Waren sich auf die in ihnen verkörperte Arbeit gründe, und kraft des "Wertgesetzes" dieselben sich somit im Verhältnis der in ihnen verkörperten Arbeit vertauschen müssen: daß ferner der den Kapitalisten zufallende Profit oder Mehrwert die

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Frucht einer an den Arbeitern geübten Ausbeutung sei, daß jedoch die Größe des Mehrwerts nicht im Verhältnis zur Größe des ganzen vom Kapitalisten angewendeten Kapitales, sondern nur zur Größe des "variablen", d. i. zur Bezahlung von Arbeitslöhnen verwendeten Teiles desselben stehe, während das zum Ankauf von Produktionsmitteln verwendete sogenannte "konstante" Kapital keinen "Mehrwert ansetzen" kann. Tatsächlich steht aber im Leben der Kapitalgewinn in Proportion zum gesamten investierten Kapitale, und was damit zum erheblichen Teile zusammenhängt, tatsächlich vertauschen sich auch die Waren nicht im Verhältnis zu der in ihnen verkörperten Arbeitsmenge. Hier gab es also einen Widerspruch zwischen System und Tatsachen, dessen befriedigende Aufklärung kaum möglich schien. Marx selbst war der vorliegende Widerstreit nicht entgangen. Er sagt darüber: "Dieses Gesetz" - daß nämlich der Mehrwert im Verhältnis nur zu den variablen Bestandteilen der Kapitale stehe - "widerspricht offenbar aller auf den Augenschein gegründeten Erfahrung"*1 . Aber er fährt damit fort, den Widerspruch für einen bloß scheinbaren zu erklären, dessen Lösung noch viele Zwischenglieder erfordere und für spätere Bände seines Werkes in Aussicht gestellt wird*2 . Die gelehrte Kritik freilich meinte, mit aller Bestimmtheit prophezeien zu dürfen, daß Marx dieses Versprechen nie werde einlösen können, weil der Widerspruch ein unversöhnlicher sei, und suchte dies eingehend zu beweisen. Auf die Masse seiner Anhänger machten aber diese Deduktionen gar keinen Eindruck; das bloße Versprechen von Marx galt ihnen mehr als alle logischen Gegenbeweise.

Die Spannung wuchs, als auch der schon nach dem Tode des Meisters herausgegebene zweite Band seines Werkes weder den angekündigten Lösungsversuch, der nach dem Plane des gesamten Werkes dem dritten Bande vorbehalten war, noch auch nur die leiseste Andeutung darüber brachte, in welcher Richtung Marx die Lösung zu suchen beabsichtigte. Dagegen enthielt das Vorwort des Herausgebers Friedrich Engels einerseits die abermalige bestimmte Ankündigung, daß in dem von Marx hinterlassenen Manuskripte die Lösung enthalten sei, andererseits eine zunächst an die Anhänger des literarischen Rivalen Rodbertus gerichtete öffentliche Herausforderung, in der Zwischenzeit bis zum Erscheinen des dritten Bandes die Lösung des Rätsels, "wie nicht nur ohne Verletzung des Wertgesetzes, sondern vielmehr auf Grundlage desselben eine gleiche Durchschnittsprofitrate sich bilden kann und muß", aus eigener Kraft zu versuchen.

Ich halte es für eine der glänzendsten Huldigungen, die dem Denker Marx dargebracht werden konnten, daß jene Herausforderung so zahlreich aufgenommen worden ist, und zwar aus viel weiteren Kreisen, als aus denjenigen, an die sie zunächst gerichtet gewesen

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war. Nicht bloß Anhänger von Rodbertus, sondern auch Männer aus dem eigenen Lager von Marx und selbst Ökonomen, die keinem dieser beiden Häupter der sozialistischen Theorie Gefolgschaft leisteten, sondern von Marx wahrscheinlich als "Vulgärökonomen" bezeichnet worden wären, bemühten sich um die Wette, in das mutmaßliche Gefüge der noch in Geheimnis gehüllten Marxschen Gedankengänge einzudringen. Es entwickelte sich zwischen 1885, dem Jahre des Erscheinens des zweiten, und 1894, dem Jahre des Erscheinens des dritten Bandes des Marxschen Kapitals, eine förmliche Preisrätselliteratur über die "Durchschnittsprofitrate" und ihr Verhältnis zum "Wertgesetz"*3 . Freilich, den Preis hat keiner der Bewerber davongetragen, wie der nun gleichfalls dahingeschiedene Fr. Engels in dem Gerichte konstatierte, das er über sie in seinem Vorwort zum dritten Bande hielt.

Mit dem lange verzögerten Erscheinen dieses Schlußbandes des Marxschen Systems ist die Sache endlich in das Stadium der definitiven Entscheidung gerückt. Von dem bloßen Versprechen einer Lösung konnte jeder so viel oder so wenig halten, als er wollte. Versprechen auf der einen und Gründe auf der anderen Seite waren gewissermaßen inkommensurabel. Auch Erfolge gegen fremde Lösungsversuche, wenn diese auch nach der Meinung und dem Bemühen ihrer Urheber noch so sehr im Geiste der Marxschen Theorie gehalten waren, brauchten von den Anhängern der letzteren nicht anerkannt zu werden: sie konnten immer noch von der verfehlten Nachbildung an das verheißene Urbild appellieren. Nun ist dieses endlich an das Licht getreten und damit für den dreißigjährigen Streit ein fester, eng und klar umgrenzter Kampfplatz gewonnen, innerhalb dessen beide Teile, statt immerfort auf künftige Enthüllungen zu vertrösten oder auf proteusartig sich verschiebende unauthentische Auslegungen abzuspringen, gehörig standhalten und die Sache ausfechten müssen. Hat Marx selbst sein Rätsel gelöst? Ist

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sein abgeschlossenes System sich und den Tatsachen getreu geblieben oder nicht?

Dies zu untersuchen, ist die Aufgabe der folgenden Blätter.

I. DIE THEORIE VOM WERT UND VOM MEHRWERT

Die Grundpfeiler des Marxschen Systems sind sein Wertbegriff und sein Wertgesetz. Ohne sie wäre, wie Marx oft wiederholt, jede wissenschaftliche Erkenntnis der wirtschaftlichen Vorgänge unmöglich. Die Art, wie er beide ableitet, ist unzähligemal dargestellt und besprochen worden. Der Anknüpfung wegen müssen wir gleichwohl die wesentlichsten Glieder seines Gedankenganges kurz rekapitulieren.

Das Untersuchungsfeld, das Marx zu durchforschen unternimmt, um dem "Wert auf die Spur zu kommen" (I. 23) [MEW 23, S. 62]*4 , beschränkt er von Haus auf die W a r e n, worunter wir in seinem Sinn wohl nicht alle wirtschaftlichen Güter, sondern nur die für den Markt erzeugten Arbeitsprodukte zu verstehen haben*5 . Er beginnt mit der "Analyse der Ware" (I. 9) [MEW 23, S. 49]. Die Ware ist einerseits als nützliches Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgend einer Art befriedigt, ein Gebrauchswert, andererseits bildet sie die stofflichen Träger des Tauschwerts. Auf diesen letzteren geht die Analyse nunmehr über. "Der Tauschwert erscheint zunächst als das quantitative Verhältnis, die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen, ein Verhältnis, das beständig mit Zeit und Ort wechselt". Es scheint also etwas Zufälliges zu sein. Dennoch muß es in diesem Wechsel etwas Bleibendes geben, dem Marx nachzuspüren unternimmt. Er tut es in seiner bekannten dialektischen Weise. "Nehmen wir zwei Waren, z. B. Weizen und Eisen. Welches immer ihr Austauschverhältnis, es ist stets darstellbar in einer Gleichung, worin ein gegebenes Quantum Weizen irgend einem Quantum Eisen gleichgesetzt wird, z. B. 1 Quarter Weizen a Zentner Eisen. Was besagt diese Gleichung? Daß ein Gemeinsames von derselben Größe in zwei verschiedenen Dingen existiert, in 1 Quarter Weizen und ebenfalls in a Zentner Eisen. Beide sind also gleich

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einem dritten, das an und für sich weder das eine noch das andere Ist. Jedes der beiden, soweit es Tauschwert, muß also auf dies dritte reduzierbar sein"
.

"Dies Gemeinsame" - fährt Marx fort - "kann nicht eine geometrische, physische, chemische oder sonstige natürliche Eigenschaft der Waren sein. Ihre körperlichen Eigenschaften kommen überhaupt nur in Betracht, soweit selbe sie nutzbar machen, also zu Gebrauchswerten. Andrerseits ist aber das Austauschverhältnis der Waren augenscheinlich charakterisiert durch die Abstraktion von ihren Gebrauchswerten. Innerhalb desselben gilt ein Gebrauchswert gerade so viel wie jeder andere, wenn er nur in gehöriger Proportion vorhanden ist. Oder, wie der alte Barbon sagt: ‘Die eine Warensorte ist so gut wie die andere, wenn ihr Tauschwert gleich groß ist. Da existiert keine Verschiedenheit oder Unterscheidbarkeit zwischen Dingen von gleich großem Tauschwert.´ Als Gebrauchswerte sind die Waren vor allem verschiedener Qualität, als Tauschwerte können sie nur verschiedener Quantität sein, enthalten also kein Atom Gebrauchswert".

"Sieht man nun vom Gebrauchswert der Warenkörper ab, so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten. Jedoch ist uns auch das Arbeitsprodukt bereits in der Hand verwandelt. Abstrahieren wir von seinem Gebrauchswert, so abstrahieren wir auch von den körperlichen Bestandteilen und Formen, die es zum Gebrauchswert machen. Es ist nicht länger Tisch oder Haus oder Garn oder sonst ein nützlich Ding. Alle seine sinnlichen Beschaffenheiten sind ausgelöscht. Es ist auch nicht länger das Produkt der Tischlerarbeit oder der Bauarbeit oder der Spinnarbeit oder sonst einer bestimmten produktiven Arbeit. Mit dem nützlichen Charakter der Arbeitsprodukte verschwindet der nützliche Charakter der in ihnen dargestellten Arbeiten, es verschwinden also auch die verschiedenen konkreten Formen dieser Arbeiten; sie unterscheiden sich nicht länger, sondern sind allzusamt reduziert auf gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit."
"Betrachten wir nun das Residuum der Arbeitsprodukte. Es ist nichts von ihnen übrig geblieben, als dieselbe gespenstige Gegenständlichkeit, eine bloße Gallerte unterschiedsloser menschlicher Arbeit, d.h. der Verausgabung menschlicher Arbeitskraft ohne Rücksicht auf die Form ihrer Verausgabung. Diese Dinge stellen nur noch dar, daß in ihrer Produktion menschliche Arbeitskraft verausgabt, menschliche Arbeit aufgehäuft ist. Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz sind sie - Werte."
Damit ist der Wertbegriff gefunden und bestimmt. Er ist der dialektischen Form nach nicht identisch mit dem Tauschwert, aber er steht zu ihm, wie ich schon jetzt feststellen möchte, in der innigsten, unzertrennlichsten Beziehung: er ist eine Art begrifflichen Destillats aus dem Tauschwert. Er ist, um mit Marx‘ eige-

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nen Worten zu reden, "das Gemeinsame, was sich im Austauschverhältnis oder Tauschwert der Waren darstellt", wie denn auch umgekehrt wieder "der Tauschwert die notwendige Ausdrucksweise oder Erscheinungsform des Wertes" ist (I. 13) [MEW 23, S. 53].

Von der Feststellung des Begriffes des Wertes schreitet Marx zur Darlegung seines Maßes und seiner Größe vor. Da die Arbeit die Substanz des Wertes ist, wird konsequent auch die Größe des Wertes aller Güter an dem Quantum der in ihnen enthaltenen Arbeit, bzw. an der Arbeitszeit gemessen. Aber nicht an jener individuellen Arbeitszeit, die gerade dasjenige Individuum, welches das Gut angefertigt hat, zufällig benötigt hat, sondern an der "gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit", welche Marx erklärt als die "Arbeitszeit, erheischt, um irgend einen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich-normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Grade von Geschick und Intensivität der Arbeit darzustellen" (I. 14) [MEW 23, S. 53]. "Nur das Quantum gesellschaftlich notwendiger Arbeit oder die zur Herstellung eines Gebrauchswertes gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist es, welche seine Wertgröße bestimmt. Die einzelne Ware gilt hier überhaupt als Durchschnittsexemplar ihrer Art. Waren, worin gleichgroße Arbeitsquanten enthalten sind, oder die in derselben Arbeitszeit hergestellt werden können, haben daher dieselbe Wertgröße. Der Wert einer Ware verhält sich zum Werte jeder anderen Ware wie die zur Produktion der einen notwendigen Arbeitszeit zu der für die Produktion der anderen notwendigen Arbeitszeit. Als Werte sind alle Waren nur bestimmte Masse festgeronnener Arbeitszeit".

Aus alledem leitet sich nun der Inhalt des großen "Wertgesetzes" ab, welches "dem Warenaustausch immanent" ist (I. 141, 150) [MEW 23, S. 172, 180] und die Austauschverhältnisse beherrscht. Es besagt, und kann nach dem Vorausgegangenen nichts anderes besagen, als daß die Waren sich untereinander nach dem Verhältnisse der in ihnen verkörperten gesellschaftlich notwendigen Durchschnittsarbeit austauschen (z. B. I. 52) [MEW 23, S. 89]. Andere Ausdrucksformen desselben Gesetzes sind, daß die Waren "Sich zu ihren Werten vertauschen" (z.B. I. 142, 183, III.167) [MEW, 23, S. 173, 209]; [MEW, 25, S. 197], oder daß sich "Äquivalent gegen Äquivalent vertauscht" (z.B. I. 150, 183) [MEW, 23, S. 180, 209]. Zwar kommen im einzelnen Falle je nach den momentanen Schwankungen von Angebot und Nachfrage auch Preise zur Erscheinung, die über oder unter den Werten stehen. Allein diese "beständigen Oszillationen der Marktpreise ... kompensieren sich, heben sich wechselseitig auf und reduzieren sich selbst zum Durchschnittspreis als ihrer inneren Regel" (I. 151, Note 37) (MEW 23, S. 180] . Auf die Dauer setzt sich "in den zufälligen und stets schwankenden Austauschverhältnissen" doch stets "die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit als regelndes Naturgesetz gewaltsam durch" (I. 52) [MEW 23, S. 89]. Marx spricht dieses Gesetz als das "ewige Gesetz des Warentausches" (I. 182) [MEW 23, S. 208], als "das Rationelle", als "das natürliche Gesetz des Gleichgewichts" an

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(III. 167) [MEW 25, S. 197]: Die allerdings, wie schon gesagt, vorkommenden Fälle, In denen Waren zu Preisen vertauscht werden, die von Ihren Werten abweichen, sind im Verhältnis zur Regel als "zufällige" (I. 150, Note 37) [MEW 23, S. 180] und die Abweichung selbst als "Verletzung des Gesetzes des Warenaustausches" anzusehen (I. 142) [MEW 23, S. 173].

Auf diesen werttheoretischen Grundlagen richtet Marx sodann den zweiten Teil seines Lehrgebäudes, seine berühmte Lehre vom "Mehrwert", auf. Er untersucht die Quelle des Gewinnes, den die Kapitalisten aus ihren Kapitalien ziehen. Die Kapitalisten werfen eine gewisse Geldsumme ein, verwandeln sie in Waren und verwandeln diese dann - mit oder ohne dazwischen liegenden Produktionsprozeß - durch Verkauf in mehr Geld zurück. Woher kommt dieses Inkrement, dieser Überschuß der herausgezogenen über die ursprünglich vorgeschossene Geldsumme oder, wie Marx es nennt, der "Mehrwert"*6 ?

Marx grenzt zunächst in der ihm eigentümlichen Weise dialektischer Ausschließung die Bedingungen des Problems ab. Er führt zuerst aus, daß der Mehrwert weder daraus entspringen kann, daß der Kapitalist als Käufer die Waren regelmäßig unter ihrem Wert einkauft, noch daraus, daß er sie als Verkäufer regelmäßig über ihrem Wert verkauft. Das Problem stellt sich sonach folgendermaßen dar: "Unser ... Geldbesitzer muß die Waren zu ihrem Werte kaufen, zu ihrem Werte verkaufen und dennoch am Ende des Prozesses mehr Geld herausziehen, als er hineinwarf ... Dies sind die Bedingungen des Problems. Hic Rhodus, hic salta!" (I. 150 fg.) [MEW 23, S. 180 f.].

Die Lösung findet nun Marx darin, daß es eine Ware gibt, deren Gebrauchswert die eigentümliche Beschaffenheit besitzt, Quelle von Tauschwert zu sein. Diese Ware ist das Arbeitsvermögen oder die Arbeitskraft. Sie wird auf dem Markte feilgeboten unter der doppelten Bedingung, daß der Arbeiter persönlich frei ist - denn sonst würde nicht seine Arbeitskraft, sondern seine ganze Person, als Sklave, feil sein -‚ und daß der Arbeiter von "allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen" entblößt ist, denn sonst würde er es vorziehen, auf eigene Rechnung zu produzieren und seine Produkte statt seiner Arbeitskraft feilzubieten. Durch den Handel mit dieser Ware erwirbt nun der Kapitalist den Mehrwert. In folgender Weise.

Der Wert der Ware "Arbeitskraft" richtet sich, gleich dem jeder anderen Ware, nach der zu ihrer Reproduktion notwendigen Arbeits-

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zeit, das heißt in diesem Falle, nach der Arbeitszeit, die notwendig ist, um so viel Lebensmittel zu erzeugen, als zur Erhaltung des Arbeiters erforderlich werden. Ist z. B. zur Erzeugung der notwendigen Lebensmittel für einen Tag eine gesellschaftliche Arbeitszeit von 6 Stunden erforderlich, und ist zugleich, wie wir annehmen wollen, dieselbe Arbeitszeit in 3 sh. Gold verkörpert, so wird die Arbeitskraft eines Tages in 3 sh. zu kaufen sein. Hat der Kapitalist diesen Kauf geschlossen, so gehört der Gebrauchswert der Arbeitskraft ihm, und er realisiert ihn, indem er den Arbeiter für sich arbeiten läßt. Würde er ihn täglich nur so viele Stunden arbeiten lassen, als in der Arbeitskraft selbst verkörpert sind, und als er beim Einkaufe derselben hatte bezahlen müssen, so würde ein Mehrwert nicht entstehen. Denn 6 Arbeitsstunden können dem Produkte, in dem sie verkörpert werden, nach der Annahme keinen größeren Wert als 3 sh. zusetzen; so viel hat aber der Kapitalist auch an Lohn gezahlt. Aber so handeln die Kapitalisten nicht. Auch wenn sie die Arbeitskraft um einen Preis gekauft haben, der nur einer sechsstündigen Arbeitszeit entspricht, lassen sie den Arbeiter den ganzen Tag für sich arbeiten. Jetzt sind im Produkte, daß während dieses Tages geschaffen wird, mehr Arbeitsstunden verkörpert, als der Kapitalist bezahlen mußte; es hat daher einen größeren Wert als der bezahlte Lohn, und die Differenz ist "Mehrwert", der dem Kapitalisten zufällt.

Ein Beispiel. Gesetzt, ein Arbeiter kann in 6 Stunden 10 Pfund Baumwolle in Garn verspinnen. Gesetzt, diese Baumwolle hat zu ihrer eigenen Erzeugung 20 ArbeItsstunden erfordert und besitzt demgemäß einen Wert von 10 sh. Gesetzt ferner, der Spinner vernutzt während der sechsstündigen Spinnarbeit am Werkzeug so viel, als einer vierstündigen Arbeit entspricht und daher einen Wert von 2 sh. repräsentiert - so wird der Gesamtwert der in der Spinnerei verzehrten Produktionsmittel 12 sh. entsprechend 24 Arbeitsstunden betragen. Im Spinnprozesse "saugt" die Baumwolle noch weitere 6 Arbeitsstunden ein: das fertige Gespinst ist daher im ganzen das Produkt von 30 Arbeitsstunden und wird demgemäß einen Wert von 15 sh. haben. Unter der Voraussetzung, daß der Kapitalist den gemieteten Arbeiter nur 6 Stunden im Tage arbeiten läßt, hat die Herstellung des Garnes den Kapitalisten auch volle 15 sh. gekostet: 10 sh. für Baumwolle, 2 sh. für Abnützung an Werkzeugen, 3 sh. an Arbeitslohn. Ein Mehrwert kommt nicht zur Erscheinung.

Ganz anders, wenn der Kapitalist den Arbeiter 12 Stunden täglich arbeiten läßt. In 12 Stunden verarbeitet der Arbeiter 20 Pfund Baumwolle, in denen schon vorher 40 Arbeitsstunden verkörpert und die daher 20 sh. wert sind, vernutzt ferner an Werkzeugen das Produkt von 8 Arbeitsstunden im Werte von 4 sh., setzt aber dem Rohmateriale während eines Tages 12 Arbeitsstunden, d. i. einen Neuwert von 6 sh., zu. Nunmehr steht die Bilanz folgendermaßen. Das während eines Tages erzeugte Garn hat insgesamt 60 Arbeitsstunden gekostet, hat daher einen Wert von 30 sh.; die

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Auslagen des Kapitalisten betrugen 20 sh. für Baumwolle, 4 sh. für Werkzeugabnutzung und 3 sh. für Lohn, folglich zusammen nur 27 sh.; es erübrigt jetzt ein "Mehrwert" von 3 sh.

Der Mehrwert ist daher nach Marx eine Folge davon, daß der Kapitalist den Arbeiter einen Teil des Tages für sich arbeiten läßt, ohne ihn dafür zu bezahlen. Im Arbeitstage des Arbeiters lassen sich zwei Teile unterscheiden. Im ersten Teile, der "notwendigen Arbeitszeit", produziert der Arbeiter seinen eigenen Lebensunterhalt, beziehungsweise dessen Wert; für diesen Teil seiner Arbeit empfängt er ein Äquivalent im Lohn. Während des zweiten Teiles, der "Surplus-Arbeitszeit", wird er "exploitiert", erzeugt er den "Mehrwert", ohne selbst irgend ein Äquivalent dafür zu erlangen (I. 205ff.) [MEW 23, S. 229ff]. "Aller Mehrwert... ist seiner Substanz nach Materiatur unbezahlter Arbeitszeit" (I. 554) [MEW 23, S. 556].

Sehr wichtig und für das Marxsche System charakteristisch sind die nunmehr folgenden Größenbestimmungen des Mehrwerts. Man kann die Größe des Mehrwerts zu verschiedenen anderen Größen in Beziehung setzen. Die Verhältnisse und Verhältniszahlen, die sich daraus entwickeln, müssen scharf auseinandergehalten werden.

Zunächst sind innerhalb des Kapitals, welches dem Kapitalisten zur Aneignung des Mehrwerts dient, zwei Bestandteile zu unterscheiden, die in Bezug auf die Entstehung des Mehrwerts eine vollkommen verschiedene Rolle spielen. Wirklich neuen Mehrwert schaffen kann nämlich nur die lebendige Arbeit, die der Kapitalist von den Arbeitern verrichten läßt, während der Wert der vernutzten Produktionsmittel nur einfach erhalten wird, indem er in veränderter Gestalt im Werte des Produktes wiedererscheint, aber keinen Mehrwert ansetzen kann. "Der Teil des Kapitals also, der sich in Produktionsmittel, d. h. in Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel, umsetzt, verändert seine Wertgröße nicht im Produktionsprozeß" - weshalb Marx ihn "konstantes Kapital" nennt. "Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozeß. Er reproduziert sein eigenes Äquivalent und einen Überschuß darüber", eben den Mehrwert. Darum nennt ihn Marx den "variablen Kapitalteil" oder "variables Kapital" (I. 199) (I. S. 244). Das Verhältnis nun, in dem der Mehrwert zum vorgeschossenen variablen Kapitalteil steht, in welchem dieser "sich verwertet", nennt Marx die Rate des Mehrwerts. Sie ist identisch mit dem Verhältnis, in welchem die Surplusarbeitszeit zur notwendigen Arbeitszeit oder die unbezahlte zur bezahlten Arbeit steht, und gilt daher Marx als "der exakte Ausdruck für den Exploitationsgrad der Arbeit" (I. 207 fg.) [MEW 23, S. 232]. Beträgt z. B. die notwendige Arbeitszeit, in welcher der Arbeiter den Wert seines Tagelohnes von 3 sh. hervorbringt, 6 Stunden, die tägliche Arbeitszeit aber 12 Stunden, wobei der Arbeiter während der zweiten 6 Stunden, als Surplusarbeitszelt, ebenfalls einen Wert von 3 sh., als Mehrwert, hervorbringt, so macht der Mehrwert ganz ebensoviel aus, als das zu Lohnzwecken vorgeschossene variable

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Kapital, und es berechnet sich die Rate des Mehrwerts mit 100 %.

Vollkommen verschieden davon ist die P r o f i t r a t e. Der Kapitalist berechnet nämlich den Mehrwert, den er sich aneignet, nicht bloß auf den variablen Kapitalteil, sondern auf sein ganzes angewendetes Kapital. Beträgt z. B. das konstante Kapital 410 Pfd. St., das variable 90 Pfd. St. und der Mehrwert ebenfalls 90 Pfd. St., so ist zwar die Rate des Mehrwerts, wie oben, 100 %‚ die Profitrate aber nur 18 %‚ nämlich 90 Pfd. St. Profit auf ein investiertes Gesamtkapital von 500 Pfd. St..

Es liegt nun weiter auf der Hand, daß eine und dieselbe Mehrwertsrate sich in sehr verschiedenen Profitraten darstellen kann und muß, je nach der Zusammensetzung des betreffenden Kapitals: die Profitrate wird desto höher sein, je stärker der variable und je schwächer der konstante Kapitalteil vertreten ist, welcher letztere zur Entstehung des Mehrwerts nicht beiträgt, wohl aber die Basis vergrößert, auf die der lediglich nach dem variablen Kapitalteil sich bestimmende Mehrwert als Profit zu berechnen ist. Ist z. B. - was praktisch allerdings kaum möglich ist - das konstante Kapital gleich Null und das variable Kapital 50 Pfd. St., und beträgt, nach der obigen Annahme, die Mehrwertsrate 100 %‚ so stellt sich der erzeugte Mehrwert ebenfalls auf 50 Pfd. St., und da derselbe auf ein Gosamtkapital von nur 50 Pfd. St. zu berechnen ist, so würde sich in diesem Falle auch die Profitrate auf volle 100 % stellen. Ist dagegen das Gesamtkapital im Verhältnis von 4 : 1 aus konstantem und variablem Kapital zusammengesetzt, tritt mit anderen Worten zum variablen Kapital von 50 Pfd. St. ein konstantes von 200 Pfd. St. hinzu, so ist der bei einer 100 %igen Mehrwertsrate gebildete Mehrwert von 50 Pfd. St. auf ein Gesamtkapital von 250 Pfd. St. zu reparieren und stellt für dieses nur eine Profitrate von 20 % dar. Wäre endlich das Zusammensetzungsverhältnis 9 : 1, d. 1. 450 Pfd. St. konstantes auf 50 Pfd. St. variables Kapital, so entfiele ein Mehrwert von 50 Pfd. St. auf ein Gesamtkapital von 500 Pfd. St., und der Profitsatz wäre nur 10 %.

Dies führt nun zu einer äußerst interessanten und belangreichen Konsequenz und in ihrem weiteren Verfolg zu einer ganz neuen Etappe des Marxschen Systeme, der wichtigsten Neuerung des dritten Bandes.

II. DIE THEORIE DER DURCHSCHNITTSPROFITRATE UND DER PRODUKTIONSPREISE

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Jene Konsequenz ist aber die folgende. Die "organische Zusammensetzung" (III. 124) [MEW 25, S. 155] der Kapitale ist in den verschiedenen "Produktionssphären" aus technischen Gründen notwendig eine verschiedene. In den verschiedenen Industrien, welche ja sehr verschiedenartige technische Manipulationen erfordern, wird mit je einem Arbeitstage ein sehr ungleiches Quantum an Rohstoffen aufgearbeitet; oder, wenn auch, bei ähnlichen Manipulationen, das Quantum der Rohstoffe annähernd gleich ist, kann doch ihr Wert sehr verschieden sein, wie z. B. zwischen Kupfer und Eisen als Rohstoffe der Metallindustrie; oder endlich, es kann die Menge und der Wert der Werksvorrichtungen, Werkzeuge, Maschinen, die auf je einen beschäftigten Arbeiter entfallen, eine ungleiche sein. Alle diese Momente der Verschiedenheit bedingen, falls sie sich nicht etwa, in seltenen Ausnahmsfällen, zufällig gerade kompensieren, für die verschiedenen Produktionszweige ein verschiedenes Verhältnis zwischen dem in Produktionsmittel investierten konstanten, und dem zum Arbeitskauf verwendeten variablen Kapitale. Jeder Produktionszweig einer Volkswirtschaft hat sonach seine abweichende, eigentümliche "organische Zusammensetzung" des in ihm angewendeten Kapitals. Im Sinne der bisherigen Ausführungen sollte und müßte daher bei gleicher Rate des Mehrwerts jeder Produktionszweig auch eine andere, abweichende Profitrate aufweisen, falls wirklich, wie Marx bisher immer vorausgesetzt hat, die Waren sich "zu ihren Werten" oder im Verhältnis der in ihnen verkörperten Arbeit vertauschen.

Damit gelangt Marx vor jene berühmte große Klippe seiner Theorie, deren Umschiffbarkeit den wichtigsten Streitpunkt der Marxliteratur der letzten zehn Jahre gebildet hat. Seine Theorie fordert, daß Kapitalien von gleicher Größe, aber ungleicher organischer Zusammensetzung ungleiche Profite aufweisen; die wirkliche Welt zeigt sich aber auf das deutlichste von dem Gesetze beherrscht, daß Kapitale von gleicher Größe, ohne Rücksicht auf ihre etwaige verschiedene organische Zusammensetzung, gleichen Profit abwerfen. Lassen wir Marx diesen Widerstreit mit seinen eigenen Worten feststellen:
"Wir haben also gezeigt: daß in verschiedenen Industriezweigen, entsprechend der verschiedenen organischen Zusammensetzung der Kapitale, und innerhalb der angegebenen Grenzen auch entsprechend ihren verschiedenen Umschiagszeiten, ungleiche Profitraten herrschen, und daß daher auch bei gleicher Mehrwertsrate nur für Kapitale von gleicher organischer Zusammensetzung - gleiche Umschlagszeiten vorausgesetzt - das Gesetz (der allgemeinen Tendenz nach) gilt, daß die Profite sich verhalten wie die Größen der Kapitale, und daher gleichgroße Kapitale in gleichen Zeiträumen gleichgroße Profite abwerfen. Das Entwickelte gilt auf der Basis, welche überhaupt bisher die Basis unserer Entwicklung [59] war: daß die Waren zu ihren Werten verkauft werden. Andererseits unterliegt es keinem Zweifel, daß in der Wirklichkeit, von unwesentlichen, zufälligen und sich ausgleichenden Unterschieden abgesehen, die Verschiedenheit der durchschnittlichen Profitraten für die verschiedenen Industriezweige nicht existiert und nicht existieren könnte, ohne das ganze System der kapitalistischen Produktion aufzuheben. Es s c h e i n t also, daß die Werttheorie hier unvereinbar ist mit der wirklichen Bewegung, unvereinbar mit den tatsächlichen Erscheinungen der Produktion, und daß daher überhaupt darauf verzichtet werden muß, die letzteren zu begreifen." ((III. 131 fg.) [MEW 25, S. l62])
Wie versucht nun Marx selbst, diesen Widerstreit zu lösen? Es geschieht, kurz gesagt, auf Kosten der Voraussetzung, von der Marx bisher stets ausgegangen war, daß nämlich die Waren sich zu ihren Werten verkaufen. Marx läßt diese Voraussetzung nunmehr einfach fallen. Was dieser Verzicht für das Marxsche System bedeutet, darüber werden wir uns etwas später unser kritisches Urteil zu bilden haben. Einstweilen setze ich meine resümierende Darstellung des Marxschen Gedankenganges fort, und zwar an einem auch von Marx seiner Darlegung zu Grunde gelegten tabellarischen Beispiele.

Dasselbe zieht fünf verschiedene Produktionsspbären mit jedesmal verschiedener organischer Zusammensetzung der in ihnen angelegten Kapitale in Vergleichung und hält dabei zunächst noch an der bisherigen Voraussetzung fest, daß die Waren zu ihren Werten verkauft werden. Zur Erläuterung der folgenden Tabelle, welche die Ergebniese dieser Annahme darlegt, sei noch bemerkt, daß c das konstante, v das variable Kapital bedeutet, und daß, um den tatsächlichen Verschiedenheiten des wirklichen Lebens gerecht zu werden, im Beispiele (mit Marx) angenommen wird, daß die angewandten konstanten Kapitale sich ungleich rasch "verschleißen", so daß nur ein Teil des konstanten Kapitals, und zwar in den verschiedenen Produktionssphären ein ungleich großer, jährlich vernutzt wird. In den Wert des Produktes geht natürlich nur der vernutzte Teil des konstanten Kapitals, das "verbrauchte c" ein, während für die Berechnung der Profitrate das ganze "angewandte c" in Betracht kommt.
Tabelle 1
Kapitale Nr Mehrwertsrate Mehrwert Profitrate Verbrauchtes c Wert der Waren
I
80 c + 20 v
100% 20 20% 50 90
II
70 c + 30 v
100% 30 30% 51 111
III
60 c + 40 v
100% 40 40% 51 131
IV
85 c + 15 v
100% 15 15% 40 70
V
95 c + 5 v
100% 5 5% 10 20

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Wie man sieht, weist diese Tabelle für die verschiedenen Produktionssphären bei gleichmäßiger Exploitation der Arbeit sehr verschiedene Profitraten, entsprechend der verschiedenen organischen Zusammensetzung der Kapitale, aus. Man kann aber dieselben Tatsachen und Daten auch noch aus einem anderen Gesichtspunkte betrachten.
"Die Gesamtsumme der in den fünf Sphären angelegten Kapitale ist = 500; die Gesamtsumme des von ihnen produzierten Mehrwerts = 110; der Gesamtwert der von ihnen produzierten Waren = 610. Betrachten wir die 500 als ein einziges Kapital, von dem I - V nur verschiedene Teile bilden (wie etwa in einer Baumwollfabrik in den verschiedenen Abteilungen, im Kardierraum, Vorspinnraum, Spinnsaal und Websaal verschiedenes Verhältnis von variablem und konstantem Kapital existiert und das Durchschnittsverhältnis für die ganze Fabrik erst berechnet werden muß), so wäre erstens die Durchschnittszusammensetzung des Kapitals von 500 = 390 c + 110 v, oder prozentig 78 c + 22 v. Jedes der Kapitale von 100 nur als 1/5 des Gesamtkapitais betrachtet, wäre seine Zusammensetzung diese durchschnittliche von 78 c + 22 v; ebenso fielen auf jedes 100 als durchschnittlicher Mehrwert 22; daher wäre die Durchschnitterate des Profite = 22 %" ((III. 133/4) [MEW 25, S. l65])
Zu welchen Preisen müssen nun die einzelnen Waren verkauft werden, damit jedes einzelne der fünf Teilkapitale tatsächlich diese gleiche durchschnittliche Profitrate erzielt? Das weist die folgende Tabelle aus. In derselben ist als Zwischenglied die Rubrik "Kostpreis" eingeschoben, worunter Marx jenen Wertteil der Ware versteht, welcher dem Kapitalisten den Preis der verzehrten Produktionsmittel und den Preis der angewendeten Arbeitskraft ersetzt, aber noch keinen Mehrwert oder Profit enthält, somit der Summe von v + verbrauchtes c gleichkommt.
Tabelle 2
Kapitale Nr. Mehrwert Verbrauchtes c Wert der Waren Kostpreis Waren Preis der Waren Profitrate Abweichung
Preis v. Wert
I
80 c + 20 v
20 50 90 70 92 22% + 2
II
70 c + 30 v
30 51 111 81 103 22% - 8
III
60 c + 40 v
40 51 131 91 113 22% - 18
IV
85 c + 15 v
15 40 70 55 77 22% + 7
V
95 c + 5 v
5 10 20 15 37 22% + 17
"Zusammengenommen" - kommentiert Marx die Ergebnisse dieser Tabelle - "werden die Waren verkauft 2 + 7 + 17 = 26 über und 8 + 18 = 26 unter dem Wert, so daß die Preisabweichungen durch gleichmäßige Verteilung des Mehrwerts oder durch Zuschlag des durchschnittlichen Profits von 22 auf 100 vorgeschossenes Kapital zu den respektiven Kostpreisen der Waren 1 - V sich gegenseitig aufheben; in demselben Verhältnis, worin ein Teil der Waren über, wird ein anderer unter seinem Wert verkauft. Und nur ihr Verkauf zu solchen Preisen er-

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möglicht, daß die Profitrate für I - V gleichmäßig ist, 22 %‚ ohne Rücksicht auf die verschiedene organische Komposition der Kapitale I - V"
(III, 135) [MEW 25, S. 166 f.].

All das ist nun, wie Marx weiter ausführt, nicht bloß hypothetische Annahme, sondern volle Wirklichkeit. Das wirkende Agens ist die Konkurrenz. Zwar sind infolge der verschiedenen organischen Zusammensetzung der in verschiedenen Produktionszweigen angelegten Kapitale "die Profitraten, die in verschiedenen Produktionszweigen herrschen, ursprünglich sehr verschieden". Aber "diese verschiedenen Profitraten werden durch die Konkurrenz zu einer allgemeinen Profitrate ausgeglichen, welche der Durchschnitt aller dieser verschiedenen Profitraten ist. Der Profit, der entsprechend dieser allgemeinen Profitrate auf ein Kapital von gegebener Größe fällt, welches immer seine organische Zusammensetzung sei, heißt der Durchschnittsprofit. Der Preis einer Ware, welcher gleich ist ihrem Kostenpreis plus dem, im Verhältnis ihrer Umschlagsbedingungen auf sie fallenden Teil des jährlichen Durchschnittsprofits auf das in ihrer Produktion angewandte (nicht bloß das in Produktion konsumierte) Kapital, ist ihr Produktionspreis" (III. 136) [MEW 25, S. 167 f] . Dieser ist tatsächlich identisch mit dem natural price bei Adam Smith, mit dem price of production Ricardos, mit dem prix n‘ecessaire der Physiokraten (III. 178) [MEW 25, S. 208]. Und das tatsächliche Austauschverhältnis der einzelnen Waren wird nicht mehr durch ihre Werte, sondern durch ihre Produktionspreise bestimmt, oder, wie Marx es auszudrücken liebt: "die Werte verwandeln sich in Produktionspreise" (z.B. III. 176) [MEW 25, S. 206]. Wert und Produktionspreis treffen nur ausnahmsweise und gleichsam zufällig zusammen bei jenen Waren, welche mit Hilfe eines Kapitals produziert werden, dessen organische Zusammensetzung zufällig der durchschnittlichen Zusammensetzung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals gerade gleichkommt. In allen anderen Fällen gehen Wert und Produktionspreis notwendig und grundsätzlich auseinander. Und zwar in folgendem Sinne. Wir nennen nach Marx "Kapitale, die prozentig mehr konstantes, also weniger variables Kapital enthalten als das gesellschaftliche Durchschnittskapital: Kapitale von höherer Zusammensetzung; umgekehrt solche, wo das konstante Kapital einen relativ kleinen, und das variable einen größeren Raum einnimmt als beim gesellschaftlichen Durchschnittskapital, Kapitale von niedriger Zusammensetzung". So wird bei allen jenen Waren, welche mit Hilfe eines Kapitals von "höherer" als der durchschnittlichen Zusammensetzung erzeugt werden, der Produktionspreis über ihrem Wert stehen, im entgegengesetzten Falle unter dem Wert. Oder es werden Waren der ersten Art notwendig und regelmäßig über ihrem Wert, Waren der zweiten Art unter ihrem Wert verkauft werden (III. 142 ff. und öfters) [MEW 25, S. 173 ff].

Das Verhältnis der einzelnen Kapitalisten zu dem in der ganzen

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Gesellschaft erzeugten und angeeigneten Mehrwert wird aber endlich folgendermaßen illustriert:
"Obgleich die Kapitalisten der verschiedenen Produktionssphären beim Verkauf ihrer Waren die in der Produktion dieser Waren verbrauchten Kapitalwerte zurückziehen, so lösen sie nicht den in ihrer eigenen Sphäre bei der Produktion dieser Waren produzierten Mehrwert und daher Profit ein, sondern nur so viel Mehrwert und daher Profit, als vom Gesamtmehrwert oder Gesanitprofit, der vom Gesamtkapital der Gesellschaft in allen Produktionssphären zusammengenommen in einem gegebenen Zeitabschnitt produziert wird, bei gleicher Verteilung auf jeden aliquoten Teil des Gesamtkapitals fällt. Pro 100 zieht jedes vorgeschoesene Kapital, welches immer seine Zusammensetzung sei, in jedem Jahr oder andern Zeitabschnitt den Profit, der für diesen Zeitabschnitt auf 100 als den sovielsten Teil des Gesamtkapitals kommt. Die verschiedenen Kapitalisten verhalten sich hier, soweit der Profit in Betracht kommt, als bloße Aktionäre einer Aktiengesellschaft, worin die Anteile am Profit gleichmäßig pro 100 verteilt werden, und daher für die verschiedenen Kapitalisten sich nur unterscheiden nach der Größe des von jedem in das Gesamtunternehmen gesteckten Kapitals, nach seiner verhältnismäßigen Beteiligung am Gesamtunternehmen, nach der Zahl seiner Aktien." ((III. 136 fg.) [MEW 25, S. 168])
Gesamtprofit und Gesamtmehrwert sind identische Größen (III. 151, 152) [MEW 25, S. 182 f.]. Und der Durchschnittsprofit ist nichts anderes "als die Gesamtmasse des Mehrwerts, verteilt auf die Kapitalmassen in jeder Produktionssphäre nach Verhältnis ihrer Größen" (III. 153) [MEW 25, S. 183].

Eine wichtige hieraus hervorgehende Konsequenz ist, daß der Profit, den der einzelne Kapitalist zieht, durchaus nicht allein aus der von ihm selbst beschäftigten Arbeit herstammt ([III. 149) [MEW 25, S. 183], sondern oft großenteils, und mitunter, z. B. beim Kaufmannskapital (III. 265) [MEW 25, S. 335 ff.]‚ gänzlich von Arbeitern herrührt, mit denen der betreffende Kapitalist in gar keiner Berührung steht. Marx findet endlich noch eine Frage zu stellen und zu beantworten, die er als die "eigentlich schwierige Frage" ansieht: die Frage nämlich, wie denn "diese Ausgleichung der Profite zur allgemeinen Profitrate vorgeht, da sie offenbar ein Resultat ist, und nicht ein Ausgangspunkt sein kann?" (III. 153) [MEW 25, S. 183]

Er entwickelt zunächst die Ansicht, daß in einem Gesellschaftszustande, in welchem die kapitalistische Produktionsweise noch nicht herrscht, in dem also die Arbeiter selbst im Besitze der nötigen Produktionsmittel sind, die Waren sich faktisch nach ihrem wirklichen Wert vertauschen und die Profitraten sich somit n i c h t ausgleichen würden. Die tatsächlich bestehende Verschiedenheit der Profitraten wäre aber, da die Arbeiter dabei doch immer für gleiche Arbeitszeit gleichen Mehrwert, d. h. gleichen Wert über ihre notwendigen Bedürfnisse hinaus, erhielten und für sich behalten könnten, "ein gleichgültiger Umstand, ganz wie es heute für den Lohnarbeiter ein gleichgültiger Umstand ist, in welcher Profitrate

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das ihm abgepreßte Quantum Mehrwent sich ausdrückt"
(III. 155) [MEW 25, S. 186]. Da nun solche Verhältnisse, in denen dem Arbeiter die Produktionsmittel gehören, historisch die früheren sind und sich in der alten wie in der modernen Welt, z. B. beim selbstarbeitenden grundbesitzenden Bauer und beim Handwerker finden, so hält sich Marx zum Ausspruch berechtigt, es sei "durchaus fachgemäß, die Werte der Waren nicht nur theoretisch, sondern auch historisch als das Prius der Produktionspreise zu betrachten" (III. 156) [MEW 25, S. 186]

In der kapitalistisch organisierten Gesellschaft findet aber diese Verwandlung der Werte in Produktionspreise und die damit zusammenhängende Ausgleichung der Profitraten allerdings statt. Über die treibenden Kräfte dieses Ausgleichungsprozesses und über die Art ihrer Wirkung spricht sich Marx nach langen vorbereitenden Auseinandersetzungen, in denen von der Bildung des Marktwertes und Marktpreises, insbesondere im Falle der Erzeugung verschiedener Teile der auf den Markt kommenden Ware unter verschieden günstigen Produktionsbedingungen gehandelt wird, sehr klar und bündig in folgenden Worten aus: "Werden die Waren ... zu ihren Werten verkauft, so entstehen ... sehr verschiedene Profitraten .. Das Kapital entzieht sich aber einer Sphäre mit niedriger Profitrate und wirft sich auf die andere, die höheren Profit abwirft. Durch diese beständige Aus- und Einwanderung, mit einem Wort durch seine Verteilung zwischen den verschiedenen Sphären, je nachdem dort die Profitrate sinkt, hier steigt, bewirkt es solches Verhältnis der Zufuhr zur Nachfrage, daß der Durchschnittsprofit in den verschiedenen Produktionssphären derselbe wird und daher die Werte sich in Produktionspreise verwandeln"*7 (III. 175/6) [MEW 25, S. 205 f.]

III. DIE FRAGE DES WIDERSPRUCHS

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Der Verfasser dieser Zeilen hatte vor einer langen Reihe von Jahren, lange ehe sich die eingangs geschilderte Literatur über die Vereinbarkeit einer gleichen Durchschnittsprofitrate mit dem Marxschen Wertgesetz entwickelte, seine Ansicht über diesen Gegenstand in folgende Worte gefaßt: "Entweder vertauschen sich die Produkte wirklich auf die Dauer im Verhältnis der daran haftenden Arbeit ... - dann ist eine Nivellierung der Kapitalgewinne unmöglich. Oder es findet eine Nivellierung der Kapitalgewinne statt - dann ist es unmöglich, daß die Produkte fortfahren, sich im Verhältnis der daran haftenden Arbeit auszutauschen"*8 .

Die tatsächliche Unvereinbarkeit dieser beiden Voraussetzungen war aus dem Marxschen Lager zuerst vor einigen Jahren von Conrad Schmidt zugestanden worden*9 . Nunmehr besitzen wir die authentische Bestätigung des Meisters selbst. Ganz klipp und klar hat er es ausgesprochen, daß eine gleichmäßige Profitrate nur durch den Verkauf der Waren zu solchen Preisen ermöglicht wird, wobei ein Teil der Waren über, ein anderer unter seinem Wert, also abweichend im Verhältnis der darin verkörperten Arbeit vertauscht wird. Auch darüber hat er uns nicht im Zweifel gelassen, welche der beiden unvereinbaren Satzungen er für diejenige hält, welche der Realität entspricht. Er lehrt mit dankenswerter Klarheit und Unumwundenheit, daß dies die Nivellierung der Kapitalgewinne ist. Und er steht nicht an, mit derselben Klarheit und Unumwundenhelt zu lehren, daß tatsächlich die einzelnen Waren sich untereinander nicht im Verhältnisse der daran haftenden Arbeit, sondern in jenem davon abweichenden Verhältnis vertauschen, welches durch die Nivellierung der Kapitalgewinne erfordert wird.

In welchem Verhältnis steht diese Lehre des dritten Bandes zu dem berühmten Wertgesetze des ersten? Enthält sie die mit so viel Spannung erwartete Lösung des "scheinbaren" Widerspruchs? Enthält sie den Nachweis, "wie nicht nur ohne Verletzung des Wertgesetzes, sondern vielmehr auf Grundlage desselben eine gleiche Durchschnittsprofitrate sich bilden kann und muß"? Oder enthält sie nicht vielmehr das gerade Gegenteil: nämlich die Konstatierung eines wirklichen unversöhnlichen Widerspruchs und den Nachweis, daß die gleiche Durchschnittsprofitrate sich nur bilden kann, wenn und weil das angebliche Wertgesetz nicht gilt?

Ich glaube, wer unbefangen und nüchtern zusieht, wird nicht lange im Zweifel bleiben können. Im ersten Bande war mit dem größt

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möglichen Nachdruck gelehrt worden, daß aller Wert sich auf Arbeit und nur auf Arbeit gründet, daß die Werte der Ware sich zu einander verhalten, wie die zu ihrer Produktion notwendige Arbeitszeit; es waren diese Sätze abgeleitet und herausdestilliert worden geradezu und ausschließlich aus den Austauschverhältnissen der Waren, denen sie "immanent" sind; wir waren angeleitet worden, "vom Tauschwert und Austauschverhältnis der Waren auszugehen um ihrem darin versteckten Wert auf die Spur zu kommen" (I. 23) [MEW 23, S. 62]; der Wert wurde uns als das Gemeinsame erklärt, "was sich im Austauschverhältnis der Waren darstellt" (I. 13) [MEW 23, S. 53], in der Form und mit dem Nachdruck eines zwingenden, keine Ausnahme zulassenden Schlusses war uns gesagt worden, daß die Gleichstellung zweier Waren im Tausche besagt, daß "ein Gemeinsames von derselben Größe" in ihnen existiert, auf welches jede der beiden "reduzierbar sein muß" (I. 11) [MEW 23, S. 51], es müssen demnach, von momentanen, zufälligen Abweichungen abgesehen, die aber "als Verletzung des Gesetzes des Warenaustausches erscheinen" (I. 142) [MEW 23, S. 173], auf die Dauer und grundsätzlich Waren, die gleichviel Arbeit verkörpern, gegen einander vertauscht werden. - Und jetzt, im dritten Bande, wird uns bündig und trocken erklärt, daß das, was nach der Lehre des ersten Bandes sein muß, nicht ist und nicht sein kann; daß sich, und zwar nicht zufällig oder vorübergehend, sondern notwendig und dauernd, die einzelnen Waren in einem anderen Verhältnis als dem der verkörperten Arbeit gegen einander austauschen und austauschen müssen!

Ich kann mir nicht helfen, ich sehe hier nichts von einer Erklärung und Versöhnung eines Widerstreites, sondern den nackten Widerspruch selbst. Der dritte Band Marx verleugnet den ersten. Die Theorie der Durchschnitteprofitrate und der Produktionspreise verträgt sich nicht mit der Theorie vom Werte. Das ist der Eindruck, von dem ich glaube, daß ihn jeder logisch Denkende empfangen muß. Er scheint sich auch ziemlich allgemein eingestellt zu haben. Loria, in seiner lebhaften und bilderreichen Ausdrucksweise, fühlt sich zum "harten aber gerechten Urteil" gezwungen, daß Marx "statt einer Lösung eine Mystifikation" geboten habe; er erblickt in der Veröffentlichung des dritten Bandes "den russischen Feldzug" des Marxschen Systems, seinen "vollständigsten theoretischen Bankrott", einen "wissenschaftlichen Selbstmord", die "formellste Preisgebung seiner eigenen Lehre" (1‘ abdicazione piu explicita alla dottrina stessa) und den "vollen und gänzlichen Anschluß an die orthodoxesten Lehren der verabscheuten Ökonomisten"*10 .

Aber auch ein Mann, der dem Marxschen System so nahe steht, wie Werner Sombart, muß als die wahrscheinlichste Wirkung, welche der dritte Band bei der Mehrzahl der Leser hervorbringen werde, "ein allgemeines Schütteln des Kopfes" bezeichnen. "Die

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meisten werden die ‘Lösung‘ des ‘Durchschnittprofitratenrätsels‘, wie sie nun gegeben wird, gar nicht als eine ‘Lösung‘ zu betrachten geneigt sein; sie werden meinen, der Knoten sei durchhauen, aber keineswegs gelöst. Denn wenn nun plötzlich aus der Versenkung eine ‘ganz gewöhnliche‘ Produktionskostentheorie auftauchte, dann bedeute das eben, daß die berühmte Wertlehre unter den Tisch gefallen sei. Denn wenn ich schließlich doch zu den Produktionskosten komme, um den Profit zu erklären: wozu dann der ganze schwerfällige Apparat der Wert- und Mehrwerttheorie?"
*11 . Für sich selbst reserviert Sombart sich freilich ein anderes Urteil. Er unternimmt einen eigenartigen Rettungsversuch, bei dem aber von dem zu Rettenden so viel über Bord geworfen wird, daß es mir recht fraglich erscheint, ob er sich damit den Dank irgend eines Beteiligten erringen wird. Ich werde diesem auf alle Fälle interessanten und lehrreichen Rettungsversuche noch näher treten. Doch soweit sind wir noch nicht; vor dem posthumen Verteidiger müssen wir noch dem Meister selbst, und zwar mit aller Aufmerksamkeit und Sorgfalt, die eine so wichtige Sache verdient, Gehör schenken.

Wie es ja ganz selbstverständlich ist, hat nämlich Marx selbst voraussehen müssen, daß man seiner "Lösung" den Vorwurf machen werde, daß sie keine "Lösung", sondern eine Preisgebung seines Wertgesetzes sei. Dieser Voraussicht verdankt offenbar eine antizipierte Selbstverteidigung ihren Ursprung, die sich, wenn nicht der Form, so doch der Sache nach in dem Marxschen Werke findet. Marx versäumt nämlich nicht, an zahlreichen Stellen die ausdrückliche Behauptung einzuflechten, daß trotz der unmittelbaren Beherrschung der Austauschverhältnisse durch die von den Werten abweichenden Produktionspreise sich doch noch alles im Rahmen des Wertgesetzes bewege, und daß doch noch dieses, wenigstens "in letzter Instanz", die Herrschaft über die Preise ausübe. Er versucht, diese Auffassung durch verschiedene Darlegungen und Bemerkungen plausibel zu machen. Dieselben tragen kein einheitliches Gepräge. Marx führt über dieses Thema nicht, wie es sonst seine Gewohnheit ist, einen förmlichen geschlossenen Beweisgang durch, sondern gibt lediglich eine Anzahl nebeneinander herlaufender gelegentlicher Bemerkungen, welche verschiedenartige Beweisgründe oder Wendungen, welche als solche gedeutet werden können, enthalten. Bei dieser Sachlage läßt sich nicht beurteilen, auf welchen dieser Beweisgründe Marx selbst das Hauptgewicht legen wollte, noch wie er sich das gegenseitige Verhältnis dieser verschiedenartigen Beweisgründe vorstellte. Wie dem auch sei, jedenfalls sind wir, wenn wir sowohl dem Meister als auch unserer kritischen Aufgabe gerecht werden wollen, jedem dieser Beweisgründe die genaueste Aufmerksamkeit und unbefangene Würdigung schuldig.

Die in Betracht kommenden Bemerkungen scheinen mir in ihrer

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Summe folgende vier Argumente zu Gunsten einer ganz oder teilweise fortdauernden Geltung des Wertgesetzes zu enthalten:

  1. Argument: wenn auch die einzelnen Waren sich untereinander über oder unter ihren Werten verkaufen, so heben sich diese entgegengesetzten Abweichungen doch gegenseitig auf, und in der Gesellschaft selbst - die Totalität aller Produktionszweige betrachtet - bleibt daher doch die Summe der Produktionspreise der produzierten Waren gleich der Summe ihrer Werte [MEW 25, S. 169].

  2. Argument: das Wertgesetz beherrscht die Bewegung der P r e i s e, indem Verminderung oder Vermehrung der zur Produktion erheischten Arbeitszeit die Produktionspreise steigern oder fallen macht (III. 158, ähnlich III. 156) [MEW 25, S. 189 u. 186].

  3. Argument: das Wertgesetz beherrscht, nach der Behauptung von Marx, mit ungeschmälerter Autorität den Warenaustausch in gewissen "ursprünglichen" Stadien, in welchen sich die Verwandlung der Werte in Produktionspreise noch nicht vollzogen hat.

  4. Argument: In der verwickelten Volkswirtschaft "reguliert" das Wertgesetz wenigstens indirekt und "in letzter Instanz" die Produktionspreise, indem der nach dem Wertgesetze sich bestimmende Gesamtwert der Waren den Gesamtmehrwert, dieser aber die Höhe des Durchschnittsprofits und daher die allgemeine Profitrate regelt (III. 159) [MEW 25, S. 189].

Prüfen wir diese Argumente, jedes für sich, auf ihren Gehalt.

- ERSTES ARGUMENT

Es wird von Marx zugestanden, daß die einzelnen Waren, je nachdem bei ihrer Erzeugung konstantes Kapital mit einem über- oder unterdurchschnittlichen Anteil mitgewirkt hat, sich untereinander über oder unter ihrem Werte vertauschen. Es wird aber Gewicht darauf gelegt, daß diese individuellen Abweichungen, die nach entgegengesetzter Seite hin stattfinden, sich jederzeit gegenseitig kompensieren oder aufheben, so daß die Summe aller bezahlten Preise doch genau der Summe aller Werte entspricht. "In demselben Verhältnis, worin ein Teil der Waren über, wird ein anderer unter seinem Wert verkauft" (III. 135) [MEW 25, S. 167]. "Der Gesamtpreis der Waren I - V (in dem von Marx benützten tabellarischen Beispiel) wäre also gleich ihrem Gesamtwert, ... in der Tat also Geldausdruck für das Gesamtquantum Arbeit, vergangener und neu zugesetzter, enthalten in den Waren I - V. Und in dieser Weise ist in der Gesellschaft selbst - die Totalität aller Produktionszweige betrachtet - die Summe der Produktionspreise der produzierten Waren gleich der Summe ihrer Werte" (III. 138) [MEW 25, S. 169]. Daraus wird schließlich - mehr oder weniger deutlich - das Argument gezogen, daß wenigstens für die Summe aller Waren oder für die Gesellschaft im ganzen das Wertgesetz seine Geltung erweise.

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"Indes löst sich dies immer dahin auf, daß, was in der einen Ware zu viel, in der anderen zu wenig für Mehrwert eingeht, und daß daher auch die Abweichungen vom Wert, die in den Produktionspreisen der Waren stecken, sich gegeneinander aufheben. Es ist überhaupt bei der ganzen kapitalistischen Produktion immer nur in einer sehr verwickelten und annähernden Weise, als nie festzustellender Durchschnitt ewiger Schwankungen, daß sich das allgemeine Gesetz als die beherrschende Tendenz durchsetzt." ((III. 140) [MEW 25, S. 171])
Dieses Argument ist in der Marxliteratur nicht neu. Es ist vor einigen Jahren in verwandter Situation von Conrad Schmidt mit großem Nachdruck und vielleicht mit noch größerer prinzipieller Klarheit als jetzt von Marx selbst geltend gemacht worden. Bei seinem Versuch, das Rätsel der Durchschnittsprofitrate zu lösen, war auch Schmidt, wenngleich mit einer anderen Zwischenmotivierung als Marx, zu dem Ergebnis gelangt, daß die einzelnen Waren untereinander sich nicht im Verhältnis der daran haftenden Arbeit vertauschen können. Auch er müsse sich die Frage aufwerfen, ob und wie angesichts dessen von einer Geltung des Marxschen Wertgesetzes noch die Rede sein könne, und er stützte seine bejahende Ansicht eben auf das jetzt vorgetragene Argument*12 .

Ich halte dasselbe für vollkommen unzutreffend. Ich habe dies seinerzeit gegenüber Conrad Schmidt mit einer Begründung ausgesprochen, an der ich noch heute und gegenüber Marx selbst nicht ein Wort zu ändern Anlaß habe. Ich kann mich daher begnügen, sie einfach wörtlich zu wiederholen. Ich habe gegenüber Schmidt gefragt, wieviel oder wie wenig nach jener tatsächlichen Einräumung vom berühmten Wertgesetz noch übrig bleibe, und fuhr dann fort:
"Daß aber nicht viel übrig bleibt, wird am besten gerade durch die Bemühungen illustriert, die der Verfasser an den Nachweis wendet, daß das Wertgesetz trotz alledem in Geltung bleibe. Nachdem er nämlich zugestanden hat, daß der tatsächliche Preis der Waren von ihrem Wert divergiere, bemerkt er, daß diese Divergenz sich doch nur auf diejenigen Preise beziehe, welche die einzelnen Waren erzielen; daß sie dagegen verschwinde, sobald man die Summe aller einzelnen Waren, das jährliche Nationalprodukt, betrachte. Die Preissumme, die für das gesamte Nationalprodukt zusammengenommen bezahlt werde, falle allerdings mit der darin tatsächlich kristallisierten Wertsumme völlig zusammen." (Böhm-Bawerk, S. 51)
Ich weiß nicht, ob es mir gelingen wird, die Tragweite dieser Behauptung gebührend zu illustrieren. Ich will wenigstens eine Andeutung darüber versuchen.
"Was ist denn überhaupt die Aufgabe des "Wertgesetzes"? Doch nichts anderes, als das in der Wirklichkeit beobachtete Austauschverhältnis der Güter auf zuklären. Wir wollen wissen, warum im [69] Austausch z.B. ein Rock gerade so viel wie 20 Ellen Leinwand, warum 10 Pfund Tee so viel wie 1/2 Tonne Eisen gelten u. s. f. So hat auch Marx selbst die Erklärungsaufgabe des Wertgesetzes gefaßt. Von einem Austausch v e r h ä l t n i s kann nun offenbar nur zwischen verschiedenen einzelnen Waren untereinander die Rede sein. Sowie man aber alle Waren zusammengenommen ins Auge faßt und ihre Preise summiert, so sieht man von dem im Innern dieser Gesamtheit bestehenden Verhältnis notwendig und geflissentlich ab. Die relativen Preisverschiedenheiteri im Innern kompensieren sich ja in der Summe. Um was z. B. der Tee gegenüber dem Eisen mehr gilt, um das gilt das Eisen gegenüber dem Tee weniger, und vice versa. Jedenfalls ist es keine Antwort auf unsere Frage, wenn wir nach dem Austauschverhältnis der Güter in der Volkswirtschaft uns erkundigen, und man uns mit der Preissumme antwortet, die alle zusammen erzielen; gerade so wenig, als wenn wir uns erkundigen, um wieviele Minuten oder Sekunden der Sieger in einem Wettrennen zur Durchmessung der Rennbahn weniger benötigt hat, als seine Konkurrenten, und man uns antwortet: alle Konkurrenten zusammengenommen haben 25 Minuten 13 Sekunden benötigt" (Böhm-Bawerk)
.
"Nun steht die Sache folgendermaßen. Auf die Frage des Wertproblems antworten die Marxisten zunächst mit ihrem Wertgesetz, daß sich die Waren im Verhältnis zu der in ihnen verkörperten Arbeitszeit vertauschen; dann revozieren sie - verblümt oder unverblümt - diese Antwort für das Gebiet des Austausches einzelner Waren, also gerade für dasjenige Gebiet, auf dem die Frage überhaupt einen Sinn hat, und halten sie in voller Reinheit nur noch aufrecht für das ganze Nationalprodukt zusammengenommen, also für ein Gebiet, auf dem jene Frage als gegenstandslos gar nicht gestellt werden kann. Als Antwort auf die eigentliche Frage des Wertproblems wird somit das "Wertgesetz" zugestandenermaßen durch die Tatsachen Lügen gestraft, und in der einzigen Anwendung, in der es nicht Lügen gestraft wird, ist es keine Antwort auf die eigentlich Lösung heischende Frage mehr, sondern könnte bestenfalls eine Antwort auf irgend eine andere Frage sein" (Böhm-Bawerk)
.
"Es ist aber nicht einmal eine Antwort auf eine andere Frage, sondern es ist gar keine Antwort, es ist eine einfache Tautologie. Denn wie jeder Nationalökonom weiß, vertauschen sich, wenn man durch die verhüllenden Formen des Geldverkehrs hindurch blickt, die Waren schließlich wieder gegen die Waren. Jede in Austausch tretende Ware ist zugleich Ware, aber auch der Preis ihrer Gegengabe. Die Summe der Waren ist somit identisch mit der Summe der dafür gezahlten Preise. Oder: der Preis für das gesamte Nationalprodukt zusammengenommen ist nichts anderes als - das Nationalprodukt selbst. Unter diesen Umständen ist es freilich ganz richtig, daß die Preissumme, die für das gesamte Nationalprodukt zusammen gezahlt wird, mit der in letzterem kristallisierten Wert- oder Arbeitssumme völlig zusammentrifft. Allein dieser tautologische Ausspruch bedeutet weder irgend einen Zuwachs an wirklicher [70] Erkenntnis, noch kann er insbesondere als Richtungsprobe für das angebliche Gesetz dienen, daß sich die Güter nach dem Verhältnis der in ihnen verkörperten Arbeit vertauschen. Denn auf diesem Wege ließe sich ebenso gut - oder vielmehr ebenso schlecht - auch jedes beliebige andere "Gesetz", z. B. das "Gesetz" verifizieren, daß sich die Güter nach dem Maßstabe ihres spezifischen Gew i c ht e s vertauschen! Denn wenn auch freilich ein Pfund Gold als "einzelne Ware" sich nicht gegen ein Pfund Eisen, sondern gegen 40.000 Pfund Eisen vertauscht, so ist doch die Preissumme, die für ein Pfund Gold und 40 000 Pfund Eisen zusammengenommen bezahlt wird, nicht mehr und nicht weniger als 40.000 Pfund Eisen und 1 Pfund Gold. Es entspricht also das Gesamtgewicht der Preissumme - 40.001 Pfund - ganz genau dem in der Warensumme verkörperten Gesamtgewicht von ebenfalls 40.001 Pfund, und folglich ist das Ge w i c ht der wahre Maßstab, nach dem sich das Austauschverhältnis der Güter regelt?!" (Böhm-Bawerk)
Ich habe von diesem Urteil heute, wo ich es gegen Marx selbst kehre, nichts nachzulassen, noch auch ihm etwas hinzuzufügen, außer etwa, daß Marx sich bei der Vorbringung des hier beurteilten Arguments noch eines gewissen Extraversehens schuldig macht, das Schmidt seiner Zeit nicht begangen hatte. Marx sucht nämlich in der eben zitierten Stelle auf S. 140 des dritten Bandes [S. 171] für die Idee, daß seinem Wertgesetze doch eine gewisse reelle Herrschaft zugeschrieben werden könne, auch wenn ihm die einzelnen Fälle nicht gehorchen, durch eine allgemeine Sentenz Stimmung zu machen, welche die Wirkungsweise dieses Gesetzes zum Gegenstande hat. Nachdem er davon gesprochen hat, daß "die Abweichungen vom Werte, die in den Produktionspreisen stecken, sich gegeneinander aufheben", fügt er nämlich die Bemerkung an, daß das allgemeine Gesetz sich bei der ganzen kapitalistischen Produktion "überhaupt immer nur in einer sehr verwickelten und annähernden Weise, als ein festzustellender Durchschnitt ewiger Schwankungen, als die beherrschende Tendenz durchsetzt".

Marx verwechselt hier zwei sehr verschiedene Dinge: einen Durchschnitt von Schwankungen und einen Durchschnitt zwischen dauernd und grundsätzlich ungleichen Größen. Darin hat er ja ganz recht, daß gar manches allgemeine Gesetz sich nur in der Weise durchsetzt, daß der aus beständigen Schwankungen resultierende Durchschnitt der vom Gesetze ausgesprochenen Norm entspricht. Jeder Nationalökonom kennt solche Gesetze, wie z. B. das Gesetz, daß die Preise den Produktionskosten gleichkommen, daß die Höhe des Arbeitslohnes in verschiedenen Beechäftigungszweigen, die Höhe des Kapitalgewinnes in verschiedenen Produktionsbranchen sich, von besonderen Gründen der Ungleichheit abgesehen, auf ein gleiches Niveau zu stellen tendiert, und jeder Nationalökonom ist geneigt, diese Gesetze als "Gesetze" anzuerkennen, obwohl ihnen vielleicht nicht ein einziger Fall mit minutiösester Genauigkeit entspricht. Und darum liegt auch im Hinweise auf eine solche, bloß im Durchschnitt und im ganzen sich

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äußernde Wirkungsweise ein stark kaptivierendes Moment. Aber der Fall, zu dessen Gunsten Marx diesen kaptivierenden Hinweis gebraucht, ist von einer ganz anderen Art. In dem Fall der Produktionspreise, die von den "Werten" abweichen, handelt es sich nicht um Schwankungen, sondern um notwendige und dauernde Divergenzen. Von zwei Waren A und B, die gleichviel Arbeit verkörpern, aber mit Kapitalien von ungleicher organischer Zusammensetzung erzeugt worden sind, schwankt nicht jede um einen und denselben Durchschnitt, z.B. um den Durchschnitt von 50 f1., sondern jede nimmt dauernd ein anderes Preisniveau ein, z. B. die Ware A, bei der wenig konstantes Kapital mitgewirkt hat und Verzinsung heischt, das Niveau von 40 f1., die Ware B, welche viel konstantes Kapital zu verzinsen hat, das Niveau von 60 fl., vorbehaltlich von Schwankungen um diese abweichenden Niveaus herum. Würden wir es nur mit Schwankungen um dasselbe Niveau zu tun haben, so daß etwa bald die Ware A 48 fl. und die Ware B 52 f1., bald umgekehrt die Ware A 52 und die Ware B nur 48 fl. hoch stünde, dann würde man allerdings sagen können, daß im Durchschnitt beide Waren gleich hoch im Preise stehen, und man würde in diesem Tatbestande, wenn er allgemein sich beobachten ließe, trotz der Schwankungen eine Verifikation des "Gesetzes" erblicken können, daß Waren, in denen gleichviel Arbeit verkörpert ist, sich auf gleichem Fuß gegeneinander austauschen.

Wenn aber von zwei Waren, die gleichviel Arbeit verkörpern, die eine dauernd und regelmäßig einen Preis von 40 und die andere ebenso dauernd und regelmäßig einen Preis von 60 fl. behauptet, dann kann freilich der Mathematiker auch zwischen diesen ungleichen Größen einen Durchschnitt von 50 f1. ziehen. Aber ein solcher Durchschnitt hat eine ganz andere, oder richtiger gesagt, er hat für unser Gesetz gar keine Bedeutung. Ein mathematischer Durchschnitt läßt sich ja immer auch zwischen den ungleichsten Größen ziehen, und wenn man ihn einmal gezogen hat, "heben sich" die entgegengesetzten Abweichungen von ihm der Größe nach immer "gegenseitig auf": um was die eine Größe den Durchschnitt überragt, um gerade so viel muß ja dann notwendig die andere hinter ihm zurückbleiben! Aber offenbar läßt sich durch ein solches Spiel mit "Durchschnitten" und "sich aufhebenden Abweichungen" die Tatsache, daß zwischen Waren von gleichen Arbeitskosten, aber ungleicher Kapitalzusammensetzung notwendige und dauernde Preisdifferenzen bestehen, ebensowenig aus einer Widerlegung in eine Bestätigung des prätendierten Wertgesetzes umdeuten, als man etwa Neigung und Berechtigung haben dürfte, damit den Satz zu beweisen, daß alle Tiergattungen, Eintagsfliegen und Elefanten eingeschlossen, eine gleiche Lebensdauer besitzen. Denn freilich leben die Elefanten durchschnittlich 100 Jahre, die Eintagsfliegen nur einen einzigen Tag. Aber zwischen diesen Größen läßt sich ja ein gemeinsamer Durchschnitt von 50 Jahren ziehen; um was die Elefanten länger leben, leben die Eintagsfliegen eben kürzer; die Abweichungen vom Durchschnitt "heben sich also gegenseitig auf", und im ganzen und

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im Durchschnitt siegt also doch das Gesetz, daß alle Tiergattungen gleiche Lebensdauer haben! -

Gehen wir weiter.

- ZWEITES ARGUMENT

Marx nimmt an verschiedenen Stellen des dritten Bandes für das Wertgesetz in Anspruch, daß es "die Bewegung der Preise beherrsche", und sieht als Beweis dieser Herrschaft die Tatsache an, daß, wo die zur Produktion der Waren erheischte Arbeitszeit fällt, auch die Preise fallen, wo sie steigt, auch die Preise steigen, bei sonst gleichbleibenden Umständen*13 .

Auch dieser Schluß beruht auf einem Denkversehen, das so auffallend ist, daß es befremden muß, wie es Marx selbst entgehen konnte. Daß nämlich unter sonst gleichbleibenden Umständen mit der Größe des Arbeitsaufwandes die Preise steigen und fallen, beweist offenbar nicht mehr und nicht weniger, als daß die Arbeit ein Bestimmgrund der Preise ist. Es beweist also eine Tatsache, über die alle Welt einig ist, die nicht Sondermeinung von Marx, sondern ganz ebenso von den Klassikern und "Vulgärökonomen" anerkannt und gelehrt wird. Marx aber hatte mit seinem Wertgesetz viel mehr behauptet: er hatte behauptet, daß der Arbeitsaufwand der einzige Umstand ist, der die Austauschverhältnisse der Waren (von den zufälligen momentanen Schwankungen von Angebot und Nachfrage abgesehen) regelt. Daß dieses Gesetz die Bewegung der Preise beherrscht, würde man augenscheinlich erst dann sagen können, wenn eine (dauernde) Veränderung der Preise durch gar keine andere Ursache bewirkt oder vermittelt werden könnte, als durch eine Änderung in der Größe der Arbeitszeit. Das behauptet aber Marx gar nicht und kann es nicht behaupten; denn es liegt in der Konsequenz seiner eigenen Lehre, daß eine Preisveränderung z. B. auch dann eintreten muß, wenn der Arbeitsaufwand unverändert bleibt, aber infolge einer Abkürzung des Produktionsprozesses u. dgl. die organische Zusammensetzung des Kapitales sich ändert. Man kann also dem von Marx herangezogenen Satze ohne weiteres den anderen Satz als vollkommen gleichberechtigt an die Seite stellen: daß die Preise steigen und fallen, wo unter sonst gleichbleibenden Umständen die Dauer der Kapitalinvestition steigt und fällt. Sowenig man aber offenbar mit dem letzteren Satze beweisen oder verifizieren kann, daß die Dauer der Kapitalinvestition der einzige die Austauschverhältnisse beherrschende Umstand ist, geradeso wenig kann man umgekehrt in dem Umstande, daß Änderungen in der Größe des Arbeitsaufwandes überhaupt Spuren in der Preisbewegung hinterlassen, eine Bekräftigung des prätendierten Gesetzes erblicken, daß die Arbeit allein die Austauschverhältnisse beherrsche.

- DRITTES ARGUMENT

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Dieses Argument ist von Marx nicht mit ausdrücklicher Deutlichkeit entwickelt, wohl aber das Materiale dazu in jene Ausführungen hinein verwoben worden, welche die Erläuterung der "eigentlich schwierigen Frage", "wie die Ausgleichung der Profitrate zur allgemeinen Profitrate vorgeht", zum Gegenstande haben (III. 153 ff.) [MEW 25, S. 183 ff.]

Der Kern des Argumentes läßt sich am kürzesten in folgender Weise herausschälen. Marx behauptet - und muß behaupten -‚ daß "die Profitraten ursprünglich sehr verschieden" sind (III. 136) [MEW 25, S. 167], und daß ihre Ausgleichung zu einer allgemeinen Profitrate erst "ein Resultat ist und nicht ein Ausgangspunkt sein kann" (III. 153) [MEW 25, S. 183]. Diese These beinhaltet weiter den Anspruch, daß es irgendwelche "ursprüngliche" Zustände gibt, in welchen die zur Ausgleichung der Profitraten führende "Verwandlung der Werte in Produktionspreise" sich noch nicht vollzogen hat, und welche demnach noch unter der vollen und buchstäblichen Herrschaft des Wertgesetzes stehen. Es wird also für dieses ein gewisses, ihm vollkommen botmäßiges Geltungsgebiet in Anspruch genommen.

Sehen wir genauer zu, welche Gebiete dies sein sollen, und welche Belege Marx dafür beibringt, daß in ihnen die Austauschverhältnisse wirklich nur durch die in den Waren verkörperte Arbeit normiert werden.

Die Ausgleichung der Profitraten ist nach Marx an zwei Voraussetzungen gebunden: erstens, daß überhaupt schon eine kapitalistische Produktionsweise herrsche (III. 154) [MEW 25, S. 184]‚ und zweitens, daß die Konkurrenz ihre nivellierende Tätigkeit wirksam äußert (III. 136, 151, 159, 175/76) [MEW 25, S. 167, 182, 190, 205f.]. Wir werden daher logischer Weise die "ursprünglichen Zustände" mit reinem Regime des Wertgesetzes dort zu suchen haben, wo es entweder an der einen oder an der anderen der beiden Voraussetzungen (oder natürlich an beiden zugleich) gebricht.

Über den ersten Fall hat sich Marx selbst einläßlich ausgesprochen. Er macht die Vorgänge in einem Gesellschaftszustande, in welchem noch nicht kapitalistisch produziert wird, sondern, "wo dem Arbeiter die Produktionsmittel gehören", zum Gegenstand einer ausführlichen Schilderung, welche die Preise der Waren in diesem Stadium in der Tat ausschließlich durch ihre Werte beherrscht zeigt. Um dem Leser ein unbefangenes Urteil darüber zu ermöglichen, wieviel Anspruch auf beweinende Kraft dieser Schilderung innewohnt, muß ich sie in ihrem ganzen Wortlaut vorführen.
"Das punctum saliens wird zumeist heraustreten, wenn wir die Sache so fassen: Unterstelle, die Arbeiter selbst seien im Besitz ihrer respektiven Produldionsmittel und tauschten ihre Waren miteinander aus. Diese Waren wären dann nicht Produkte des Kapitals. Je nach der technischen Natur ihrer Arbeiten wäre der Wert der in den verschiedenen Arbeitszweigen angewandten Arbeitsmittel und [74] Arbeitsstoffe verschieden; ebenso wäre, abgesehen von dem ungleichen Wert der angewandten Produktionsmittel, verschiedene Masse derselben erheischt für gegebene Arbeitsmasse, je nachdem eine bestimmte Ware in einer Stunde fertig gemacht werden kann, eine andere erst in einem Tag etc. Unterstelle ferner, daß diese Arbeiter im Durchschnitt gleichviel Zeit arbeiten, die Ausgleichungen eingerechnet, die aus verschiedener Intensität etc. der Arbeit hervorgehen. Zwei Arbeiter hätten dann beide in den Waren, die das Produkt ihrer Tagesarbeit bilden, erstens ersetzt ihre Auslagen, die Kostpreise der verbrauchten Produktionsmittel. Diese wären verschieden je nach der technischen Natur ihrer Arbeitszweige. Beide hätten zweitens gleichviel Neuwert geschaffen, nämlich den den Produktionsmitteln zugesetzten Arbeitstag. Es schlösse dies ein ihren Arbeitslohn plus den Mehrwert, der Mehrarbeit über ihre notwendigen Bedürfnisse hinaus, deren Resultat aber ihnen selbst gehörte. Wenn wir uns kapitalistisch ausdrücken, so erhalten beide denselben Arbeitslohn plus denselben Profit, aber auch den Wert, ausgedrückt z.B. im Produkt eines zehnstündigen Arbeitstags. Aber erstens wären die Werte ihrer Waren verschieden. In der Ware I z. B. wäre mehr Wertteil für die aufgewandten Produktionsmittel enthalten, als in der Ware II. Die Profitraten wären auch sehr verschieden für I und II, wenn wir hier das Verhältnis des Mehrwerts zum Gesamtwert der ausgelegten Produktionsmittel die Profitrate nennen. Die Lebensmittel, die I und II während der Produktion täglich verzehren, und die den Arbeitslohn vertreten, werden hier den Teil der vorgeschossenen Produktionsmittel bilden, den wir sonst variables Kapital nennen. Aber die Mehrwerte wären für gleiche Arbeitszeit dieselben für I und II, oder noch genauer: da I und II jeder den Wert des Produkts eines Arbeitstages erhalten, erhalten sie, nach Abzug des Wertes der vorgeschossenen "konstanten" Elemente, gleiche Werte, wovon ein Teil als Ersatz der in der Produktion verzehrten Lebensmittel, der andere als darüber hinaus überschüssiger Mehrwert betrachtet werden kann. Hat I mehr Auslagen, so sind diese ersetzt durch den größeren Wertteil seiner Ware, der diesen "konstanten" Teil ersetzt, und er hat daher auch wieder einen größeren Teil des Gesamtwerts seines Produkts rückzuverwandeln in die stofflichen Elemente dieses konstanten Teils, während II, wenn er weniger dafür einkassiert, dafür auch um so weniger rückzuverwandeln hat. Die Verschiedenheit der Profitraten wäre unter dieser Voraussetzung also ein gleichgültiger Umstand, ganz wie es heute für den Lohnarbeiter ein gleichgültiger Umstand ist, in welcher Profitrate das ihm abgepreßte Quantum Mehrwert sich ausdrückt, und ganz wie im internationalen Handel die Verschiedenheit der Profitraten bei den verschiedenen Nationen für ihren Warenaustausch ein gleichgültiger Umstand ist." ((III. 154 fg.) [MEW 25, S. 185 f.])
Und nun geht Marx aus der hypothetischen Redeweise der "Unterstellung" mit ihrem "seien" und "wären" mit einem Male zu ganz

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positiven Schlußfolgerungen über. "Der Austausch von Waren zu ihren Werten oder annähernd zu ihren Werten erfordert also eine viel niedrigere Stufe als der Austausch zu Produktionspreisen .." .. und "es ist also durchaus sachgemäß, die Werte der Waren nicht nur theoretisch, sondern historisch als das Prius der Produktionspreise zu betrachten. Es gilt dies für Zustände, wo dem Arbeiter die Produktionsmittel gehören, und dieser Zustand findet sich in der alten wie in der modernen Welt, beim selbstarbeitenden grundbesitzenden Bauer und beim Handwerker" (III. 155, 156) [MEW, 25, S. 186].

Was haben wir von diesen Ausführungen zu halten?

Vor allem bitte ich den Leser, sich zu überzeugen und festzustellen, daß der im Tone der "Unterstellung" gehaltene Teil zwar eine sehr konsequent gehaltene Schilderung darüber enthält, wie der Tauschverkehr in jenen primitiven Gesellschaftszuständen aussehen müßte, w e n n alles nach dem Marxschen Wertgesetze vorginge, daß darin aber auch nicht der Schatten eines Beweises oder auch nur Beweisversuches darüber enthalten ist, daß unter den gegebenen Voraussetzungen alles so zugehen müsse. Marx erzählt, "unterstellt", behauptet, aber er beweist mit keinem Worte. Es ist daher ein kühner, um nicht zu sagen, naiver Sprung, wenn Marx daraufhin, gleichsam als ob er einen wirklichen Beweisgang glücklich durchgeführt hätte, es als ausgemachtes Ergebnis proklamiert, es sei "also" durchaus sachgemäß, die Werte auch historisch als das Prius der Produktionspreise zu betrachten. Tatsächlich kann nicht die Rede davon sein, daß Marx mit seiner "Unterstellung" die historische Existenz eines solchen Zustandes erwiesen hätte; er hat sie lediglich aus seiner Theorie heraus als eine Hypothese postuliert, über deren Glaubwürdigkeit es uns natürlich freistehen muß, uns ein begründetes Urteil zu bilden.

Tatsächlich bestehen nun gegen ihre Glaubwürdigkeit die ernstesten inneren und äußeren Bedenken. Sie ist innerlich unwahrscheinlich, und soviel hier von einer Erfahrungsprobe die Rede sein kann, spricht auch diese gegen sie.

Sie ist innerlich vollkommen unwahrscheinlich. Sie würde nämlich erfordern, daß den Produzenten die Zeit, zu welcher sie die Entlohnung für ihre Tätigkeit erhalten, etwas vollkommen Gleichgültiges ist - und das ist wirtschaftlich und psychologisch unmöglich. Machen wir uns das klar, indem wir das von Marx selbst gebrauchte Beispiel ziffermäßig ausgestalten. Marx vergleicht zwei Arbeiter I und II. Arbeiter I repräsentiert einen Produktionszweig, welcher technisch relativ viele und wertvolle vorbereitende Produktionsmittel, Rohstoffe, Werkzeuge, Hilfsstoffe benötigt. Nehmen wir, um das Beispiel ziffermäßig zu gestalten, an, die Herstellung der vorbereitenden Produktionsmittel erfordere fünf Arbeitsjahre, während ihre Aufarbeitung zu fertigen Produkten in einem sechsten Arbeitsjahr erfolgt. Nehmen wir ferner an, was gewiß nicht gegen den Geist der Marxschen Hypothese ist, die ja einen recht primi-

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tiven, ursprünglichen Zustand schildern will, der Arbeiter I vollführe beiderlei Arbeiten, sowohl die Herstellung der vorbereitenden Produktionsmittel als auch ihre Aufarbeitung zu fertigen Produkten, selbst. Unter diesen Umständen wird er offenbar aus dem Verkauf des fertigen Produktes, der nicht früher als am Ende des sechsten Arbeitsjahres erfolgen kann, die Vergütung auch für die vorbereitende Arbeit der ersten Jahre empfangen, oder mit anderen Worten, er wird auf die Vergütung für die Arbeit des ersten Jahres fünf Jahre, für die des zweiten Jahres vier Jahre, für die des dritten Jahres drei Jahre u. s. w. oder er wird im Durchschnitt aller sechs Arbeitsjahre beiläufig drei Jahre nach getaner Arbeit auf die Vergütung warten müssen. Der Arbeiter II dagegen, der einen Produktionszweig repräsentiert, der relativ wenig vorbereitende Produktionsmittel benötigt, wird vielleicht alle vorbereitenden und fertig stellenden Arbeiten in einem nur einmonatlichen Turnus vollenden und wird daher nahezu unmittelbar nach der Ableistung seiner Arbeit auch die Vergütung für dieselbe aus dem Erlöse seines Produktes empfangen.

Die Hypothese von Marx unterstellt nun, daß die Preise der Warengattungen I und II genau im Verhältnis der aufgewendeten Arbeitsmengen sich festsetzen, daß somit das Produkt von sechs Jahresarbeiten in der Gattung I sich nur genau ebenso teuer verkauft, als die Summe der Produkte von sechs Jahresarbeiten in der Gattung II. Daraus folgt weiter, daß in der Gattung I der Arbeiter sich für je ein Arbeitsjahr mit der um durchschnittlich drei Jahre v e r z ö g e r ten Zahlung desselben Betrages zufriedenstellt, welchen der Arbeiter in der Gattung II ohne jede Verzögerung erhält; daß daher die zeitliche Verzögerung eines Lohnempfanges ein Umstand ist, welcher in der Marxschen Hypothese gar keine Rolle spielt und insbesondere nicht imstande ist, irgend einen Einfluß auf die Konkurrenz, auf die stärkere oder schwächere Besetzung der verschiedenen Produktionszweige mit Rücksicht darauf zu üben, ob sie wegen der Länge ihrer Produktionsperiode eine kürzere oder längere Wartezeit auferlegen.

Ob dies wahrscheinlich ist, überlasse ich dem Leser zu beurteilen. Marx erkennt sonst ganz richtig an, daß besondere Nebenumstände, die der Arbeit irgend eines Produktionszweiges anhaften, besondere Intensität, Anstrengung, Unannehmlichkeit einer Arbeit, durch das Spiel der Konkurrenz sich eine Kompensation in der Höhe des Arbeitslohnes erzwingen. Soll ein jahrelanger Aufschub der Arbeitsvergütung nicht auch ein kompensationsbedürftiger Umstand sein? Und weiter: gesetzt, es würden wirklich alle Produzenten ebenso gerne drei Jahre als gar nicht auf ihren Lohn warten wollen, k ö n ne n sie denn auch alle warten? Marx setzt freilich voraus, "die Arbeiter seien im Besitz ihrer respektiven Produktionsmittel", aber er setzt nicht voraus und darf wohl auch nicht voraussetzen, daß jeder von ihnen im Besitz von so vielen Produktionsmitteln ist, als zur Ausübung desjenigen Produktionszweiges erforderlich sind, welcher aus technischen Gründen die Verfügung über die größte

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Summe an Produktionsmitteln erfordert. Es sind daher die verschiedenen Produktionszweige durchaus nicht allen Produzenten gleichmäßig zugänglich. Sondern diejenigen Zweige, welche den geringsten Vorschuß an Produktionsmitteln erfordern, sind am allgemeinsten zugänglich, die Zweige mit stärkerem Kapitalerfordernis sind es für eine zunehmend kleinere Minorität. Soll dies gar keinen Einfluß darauf nehmen, daß das Angebot in den letzteren Zweigen eine gewisse Einschränkung erfährt, durch die schließlich der Preis ihrer Produkte über das verhältnismäßige Niveau jener Zweige gesteigert wird, die ohne die odiose Nebenbedingung des Wartens betrieben werden und einem viel weiteren Kreise von Konkurrenten zugänglich sind?

Daß hier eine gewisse Unwahrscheinlichkeit im Spiel ist, hat auch Marx selbst gefühlt. Er registriert zunächst gleichfalls, wenn auch in anderer Form, daß die Ausmessung der Preise lediglich im Verhältnis zur Arbeitsmenge nach einer anderen Richtung zu einer Unverhältnismäßigkeit führt. Er registriert dies in der - überdies gleichfalls zutreffenden - Form, daß der "Mehrwert", den die Arbeiter beider Produktionszweige über ihren Unterhaltsbedarf hinaus erzielen, auf die vorgeschossenen Produktionsmittel berechnet, ungleiche Profitraten darstellt. Natürlich drängt sich die Frage auf, warum diese Ungleichheit nicht ebenso wie in der "kapitalistischen" Gesellschaft durch die Konkurrenz abgeschliffen werden soll? Marx fühlt die Nötigung, hierauf eine Antwort zu geben, und dies ist auch die einzige Beimischung, die den Charakter des Versuchs einer Begründung neben bloßen Behauptungen trägt. Was antwortet er nun? Das Wesentliche sei, daß beide Arbeiter für gleiche Arbeitszeit die gleichen Mehrwerte, oder noch genauer bezeichnet: daß sie für gleiche Arbeitszeit "nach Abzug des Werts der vorgeschossenen konstanten Elemente, gleiche Werte erhalten" ‚ und unter dieser Voraussetzung sei die Verschiedenheit der Profitraten für sie "ein gleichgültiger Umstand, ganz wie es heute für den Lohnarbeiter ein gleichgültiger Umstand ist, in welcher Profitrate das ihm abgepreßte Quantum Mehrwert sich ausdrückt"

Ist das ein glücklicher Vergleich? Wenn ich etwas n i c ht bekomme, dann kann es mir allerdings vollkommen gleichgültig sein, ob das, was ich nicht bekomme, auf das Kapital eines dritten berechnet, einen hohen oder niederen Prozentsatz ausmacht. Aber wenn ich etwas grundsätzlich bekomme, wie der Arbeiter in der nicht kapitalistischen Hypothese den Mehrwert als Profit bekommen soll, dann ist es für mich durchaus nicht gleichgültig, nach welchem Maßstab dieser Profit bemessen und verteilt werden soll. Es kann allenfalls eine offene Frage sein, ob dieser Profit bloß nach dem Maße der geleisteten Arbeit oder auch nach dem Maße der vorgeschossenen Produktionsmittel bemessen und verteilt werden so11: aber einfach "gleichgültig" ist dies für die Beteiligten gewiß nicht, und wenn daher die etwas unwahrscheinliche Tatsache behauptet

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wird, daß ungleiche Profitraten dauernd nebeneinander bestehen können, ohne durch die Konkurrenz abgeschliffen zu werden, so läßt sich dies gewiß nicht damit motivieren, daß die Höhe der Profitraten für die Interessen der Beteiligten etwas ganz Gleichgültiges sei.

Aber sind die Arbeiter in der Marxschen Hypothese auch nur als Arbeiter gleich behandelt? Sie bekommen für gleiche Arbeitszeit gleiche Werte und Mehrwerte als Lohn, aber sie bekommen sie zu verschiedener Zeit, der eine sofort nach geleisteter Arbeit, der andere muß jahrelang auf die Vergütung warten. Ist das eine wirklich gleiche Behandlung, oder schließt dieser Vorgang nicht vielmehr eine Ungleichheit in einem Nebenumstande der Entlohnung ein, der den Arbeitern nicht gleichgültig sein kann, für den sie im Gegenteile, wie die Erfahrung zeigt, und zwar mit vollem Recht, sehr empfindlich sind? Welchem Arbeiter wäre es heute gleichgültig, ob er seinen Wochenlohn am Samstagabend oder aber ein Jahr später oder drei Jahre später erhält? Und solche empfindliche Ungleichheiten sollten durch die Konkurrenz nicht abgeschliffen werden? Das ist eine Unwahrscheinlichkeit, für welche Marx uns die Aufklärung schuldig geblieben ist.

Seine Hypothese ist aber nicht bloß innerlich unwahrscheinlich, sondern auch mit den Erfahrungstatsachen im Widerstreit. Zwar über den unterstellten Fall in seiner vollen typischen Reinheit haben wir natürlich überhaupt keine unmittelbare Erfahrung, da ein Zustand, in welchem Lohnarbeit überhaupt nicht vorkommt, und jeder Produzent unabhängiger Eigentümer seiner Produktionsmittel ist, in seiner vollen Reinheit nirgends mehr beobachtet werden kann. Wohl aber finden sich auch "in der modernen Welt" Zustände und Verhältnisse, die der Marxschen Hypothese wenigstens annähernd entsprechen. Sie finden sich, wie Marx selbst hervorhebt (III. 156) [MEW 25, S. 186], "beim selbstarbeitenden grundbesitzenden Bauern und beim Handwerker". Nach der Marxschen Hypothese müßte sich nun beobachten lassen, daß die Größe des Einkommens dieser Personen vollkommen unabhängig von der Größe des Kapitales ist, das sie in ihrer Produktion anwenden. Sie müßten jeder den gleichen Betrag an Arbeitslohn und Mehrwert beziehen, einerlei, ob das Kapital, welches ihre Produktionsmittel repräsentieren, 10 f1. oder 10.000 fl. beträgt. Ich glaube aber bei keinem Leser auf Zweifel zu stoßen, wenn ich behaupte, daß in den geschilderten Kreisen zwar selten eine so genaue Buchführung besteht, um die Verhältnisse mit ziffermäßiger Genauigkeit feststellen zu können, daß aber der vorwaltende Eindruck gewiß nicht die Marxsche Hypothese bestätigen, sondern im Gegenteil dahin gehen wird, daß im großen und ganzen bei denjenigen Wirtschaftszweigen und Personen, die mit der Unterstützung eines ansehnlichen Kapitales arbeiten, auch ein reichlicheres Einkommen zu finden ist, als bei jenen, die über nichts als über die Arme des Produzenten verfügen.

Diese der Marxschen Hypothese ungünstige Tatsachenprobe erfährt

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aber endlich eine nicht geringe indirekte Bekräftigung dadurch, daß auch in dem zweiten Falle, in welchem nach der Marxschen Theorie eine reine Herrschaft des Wertgesetzes sich beobachten lassen sollte, und welcher für die direkte Tatsachenprobe viel zugänglicher ist, tatsächlich keine Spur des von Marx prätendierten Ganges der Erscheinungen aufzufinden ist.

Marx lehrt nämlich, wie wir wissen, daß auch in einer voll entwickelten Wirtschaft die Ausgleichung der ursprünglich verschiedenen Profitraten erst durch die Wirkung der Konkurrenz vor sich geht. "Werden die Waren zu ihren Werten verkauft" - schreibt er an der einläßlichsten der betreffenden Stellen*14 -‚ "so entstehen, wie entwickelt, sehr verschiedene Profitraten in den verschiedenen Produktionssphären, je nach der verschiedenen organischen Zusammensetzung der darin angelegten Kapitalmassen. Das Kapital entzieht sich aber einer Sphäre mit niedriger Profitrate und wirft sich auf die andere, die höheren Profit abwirft. Durch diese beständige Aus- und Einwanderung, mit einem Wort durch seine Verteilung zwischen den verschiedenen Sphären, je nachdem dort die Profitrate sinkt, hier steigt, bewirkt es solches Verhältnis der Zufuhr zur Nachfrage, daß der Durchschnittsprofit in den verschiedenen Produktionssphären derselbe wird".

Logischer Weise müßten wir nun erwarten, daß überall dort, wo diese Art der Konkurrenz der Kapitale nicht oder wenigstens noch nicht voll wirksam geworden ist, auch die von Marx behauptete ursprüngliche Gestaltung der Preis- und Profitbildung in ihrer vollen Reinheit oder doch wenigstens annähernd anzutreffen ist. Mit anderen Worten, es müßten sich Tatsachenspuren davon zeigen, daß vor der Nivellierung der Profitraten die Produktionszweige mit dem verhältnismäßig größten konstanten Kapitale den kleinsten, die Zweige mit dem kleinsten konstanten Kapitale den größten Profitsatz davongetragen haben und davontragen. Solche Spuren sind nun tatsächlich nirgends zu finden, weder in der historischen Vergangenheit noch in der Gegenwart. Dies ist von einem für Marx sonst in hohem Grade eingenommenen Gelehrten unlängst so überzeugend dargelegt worden, daß ich nichts Besseres tun kann, als einfach die Worte Werner Sombarts zu zitieren.
"Nie und nimmer hat sich die Entwickelung in der angegebenen Weise vollzogen, noch vollzieht sie sich so, was doch wohl wenigstens bei jedem neu aufkommenden Geschäftszweig der Fall sein müßte. Wäre jene Auffassung richtig, so würde man sich das Vordringen des Kapitalismus historisch offenbar so zu denken haben, daß er zunächst die Sphäre mit vorwiegend lebendiger Arbeit, also von unterdurchschnittlicher Kapitalzusammensetzung (kleines c, großes v), okkupiert habe und dann langsam in andere Sphären [80] übergegangen sei in dem Maße, als durch Überhandnehmen der Produktion in jenen ersten Sphären die Preise gesunken wären. In einer Sphäre mit Hervortreten der Produktionsmittel gegenüber lebendiger Arbeit hätte er bei einem Angewiesensein auf den individuell erzeugten Mehrwert naturgemäß in den Anfängen einen so winzigen Profit realisiert, daß ihn nichts verlockt hätte, in jene Sphäre zu wandern. Nun beginnt aber die kapitalistische Produktion historisch sich z. T. gerade auch in Produktionszweigen der letzteren Art zu entwickeln: Bergbau etc. Das Kapital hätte keine Veranlassung gehabt, aus der Zirkulationssphäre, wo es sich sehr wohl fühlte, in die Produktionssphäre überzugehen, ohne Aussicht auf einen "landesüblichen Profit", welcher - das muß doch bedacht werden - vor aller kapitalistischen Produktion im kommerziellen Profit existierte. Aber man kann die Irrtümlichkeit jener Annahme auch von der anderen Seite her erweisen: Wenn in Sphären mit vorwiegend lebendiger Arbeit in den Anfängen kapitalistischer Produktion exorbitant hohe Profite gemacht würden, so setzte das voraus, daß das Kapital mit einem Schlage den betreffenden, bisher selbständigen Produzentenkreis als Lohnarbeiter beschäftigte, d. h. sage zum halben Verdienstsatze, als sie vorher eingenommen hatten, und die Differenz bei zunächst den Werten entsprechenden Warenpreisen völlig in seine Tasche steckte. Was weiter eine vollständig unrealistische Vorstellung wäre: die kapitalistische Produktion hat mit deklassierten Existenzen in zum Teil ganz neu geschaffenen Produktionszweigen begonnen und ist sicher bei der Preisfestsetzung sofort von der Kapitalauslage ausgegangen" (Werner Sombart)
.
"Wie aber die Annahme einer empirischen Anknüpfung der Profitrate an die Mehrwertrate historisch, d. h. für die Anfänge des Kapitalismus, falsch, ebenso und noch mehr für die Zustände entwickelter kapitalistischer Produktionsweise. Ob heute ein Betrieb mit noch so hoher oder noch so niedriger Kapitalzusammensetzung sich auftut: die Preisfestsetzung seiner Produkte und die Berechnung (und Realisierung) des Profits erfolgt ausschließlich auf Grund der Kapitalauslage"
.
"Wenn zu jeder Zeit, früher wie jetzt, unausgesetzt in der Tat Kapitale von einer Produktionssphäre in die andere wandern, so hat das seinen Hauptgrund gewiß in der Ungleichheit der Profitraten. Aber diese Ungleichheit rührt ganz sicher nicht von der organischen Zusammensetzung der Kapitalien, sondern von irgend welchen Ursachen der Konkurrenz her. Die heute noch am ehesten florierenden Produktionszweige sind z. T. gerade solche mit sehr hoher Kapitalzusammensetzung, wie Bergwerke, chemische Fabriken, Bierbrauereien, Dampfmüllereien etc. Sind das Gebiete, aus denen sich Kapitalien zurückgezogen haben, ausgewandert sind, bis die Produktion entsprechend eingeschränkt wurde, und die Preise stiegen?" ()*15

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Diese Darlegungen würden den Stoff zu manchen gegen die Marxsche Theorie sich kehrenden Nutzanwendungen bieten. Ich ziehe daraus vorläufig eine einzige, die unmittelbaren Bezug auf das Argument hat, bei dem unsere Untersuchung eben hält: das Wertgesetz, welches zugestandenermaßen in der der vollen Konkurrenz unterworfenen Volkswirtschaft seine prätendierte Herrschaft an die Produktionspreise abtreten muß, hat eine reelle Herrschaft auch in ursprünglichen Zuständen niemals geübt und nicht üben können.

Wir haben somit der Reihe nach drei Ansprüche scheitern gesehen, welche die Existenz gewisser reservierter Herrschaftsgebiete behaupteten, in welchen das Wertgesetz zu unmittelbarer Geltung kommen soll: die Anwendung des Wertgesetzes auf die Summe aller Waren und Warenpreise statt auf ihre individuellen Austauschverhältnisse (erstes Argument) hat sich überhaupt als begrifflicher Nonsens erwiesen; die Bewegung der Preise (zweites Argument) gehorcht tatsächlich dem prätendierten Wertgesetze nicht, und ebensowenig übt dieses eine reelle Herrschaft in "ursprünglichen" Zuständen aus (drittes Argument). Es bleibt nun nur noch eine Möglichkeit: Übt das Wertgesetz, welches sich nirgends in reeller, unmittelbarer Geltung zeigt, vielleicht wenigstens eine indirekte Herrschaft, eine Art Oberkönigtum aus?

Marx versäumt nicht, auch dies zu behaupten. Es ist der Stoff des vierten Arguments, dessen Betrachtung wir uns nunmehr zuzuwenden haben.

- VIERTES ARGUMENT

Dieses Argument wird von Marx häufig scblagwortartig angedeutet, jedoch, soviel ich sehe, nur an einer einzigen Stelle genauer erläutert. Es geht im Wesen dahin, daß die die aktuelle Preisbildung beherrschenden "Produktionspreise" ihrerseits wieder unter dem Einflusse des Wertgesetzes stehen, und dieses somit durch das Mittel der Produktionspreise die faktischen Austauschverhältnisse beherrsche. Die Werte "stehen hinter den Produktionspreisen" und "bestimmen sie in letzter Instanz" (III. 188) [MEW 25, S. 219]; die Produktionspreise sind, wie Marx oft sich ausdrückt, bloß "verwandelte Werte" oder "verwandelte Formen des Werts" (III. 142, 147,152 und öfters) [MEW 25, S. 173, 177f. ‚183]. Die Art und das Maß des Einflusses, den das Wertgesetz auf die Produktionspreise nimmt, findet aber ihre genaue Erläuterung in einer Stelle auf S. 158 u. 159 [MEW 25, S. 189]. "Der Durchschnittsprofit, der die Produk-

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tionsweise bestimmt, muß immer annähernd gleich sein dem Quantum Mehrwert, das auf ein gegebenes Kapital als aliquoten Teil des gesellschaftlichen Gesamtkapitals fällt. Da nun der Gesamtwert der Waren den Gesamtmehrwert, dieser aber die Höhe des Durchschnittsprofits und daher der allgemeinen Profitrate regelt - als allgemeines Gesetz oder als das die Schwankungen Beherrschende -‚ so reguliert das Wertgesetz die Produktionspreise"
.

Gehen wir diesem Gedankengang Schritt für Schritt prüfend nach. Der Durchschnittsprofit, sagt Marx zu Anfang, bestimmt die Produktionspreise. Das ist im Sinne der Marxschen Lehre richtig, aber nicht vollständig. Machen wir das Verhältnis vollständig klar.

Der Produktionspreis einer Ware setzt sich zunächst aus dem "Kostpreis" der Produktionsmittel für den Unternehmer und aus dessen Durchschnittsprofit vom ausgelegten Kapitale zusammen. Der Kostpreis der Produktionsmittel setzt sich wieder aus zwei Komponenten zusammen: aus der Auslage an variablem Kapital, d. i. aus den unmittelbar gezahlten Löhnen, und aus der Auslage für verbrauchtes oder vernutztes konstantes Kapital, Rohstoffe, Maschinen u. dgl. Wie Marx ferner ganz richtig auf S. 138 f., 144 u. 186 [MEW 25, S. 169 f., 174 f., u. 216 f.] erläutert, entspricht in einer Gesellschaft, in der sich die Werte bereits in Produktionspreise verwandelt haben, auch der Anschaffungs- oder Kostpreis dieser sachlichen Produktionsmittel nicht ihrem Werte, sondern der Summe der Auslagen, die die Produzenten dieser Produktionsmittel ihrerseits auf Löhne und sachliche Hilfsmittel gewendet haben, plus dem Durchschnittsprofit von diesen Auslagen. Setzt man diese Analyse weiter fort, so gelangt man, ganz wie bei dem natural price von Adam Smith, mit dem ja Marx seinen Produktionspreis auch ausdrücklich identifiziert (III. 178) [MEW 25, S. 208], schließlich zur Auflösung des Produktionspreises in zwei Komponenten oder Determinanten: in die Summe aller während der verschiedenen Produktionsstadien bezahlten L ö h ne, die zusammen den eigentlichen Kostpreis der Ware darstellen*16 , und in die Summe aller von diesen Lohnauslagen pro rata temporis berechneten und zwar nach der Durchschnittsprofitrate berechneten Profite.

Es ist also allerdings der bei der Erzeugung einer Ware auflaufende Durchschnittsprofit ein Bestimmgrund des Produktionspreises der betreffenden Ware. Von dem zweiten Bestimmgrund, der bezahlten Lohnsumme, spricht Marx an dieser Stelle nicht weiter. Da er aber, wie erwähnt, an einer anderen Stelle ganz allgemein davon spricht, daß "die Werte hinter den Produktionspreisen stehen", und "das Wertgesetz diese in letzter Instanz bestimme",

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müssen wir, um keine Lücke zu lassen, auch diesen zweiten Faktor in unsere Untersuchung einbeziehen und demgemäß zusehen, ob und in welchem Grade sich von ihm behaupten läßt, daß er durch das Wertgesetz bestimmt werde.

Offenbar ist die Summe der gezahlten Löhne ein Produkt aus der Menge der aufgewendeten Arbeit multipliziert mit der Höhe des Lohnsatzes. Da nun nach dem Wertgesetze die Austauschverhältnisse ausschließlich durch die Menge der aufgewendeten Arbeit bestimmt werden sollen, und Marx wiederholt mit dem größten Nachdruck der Höhe des Arbeitslohnes jeden Einfluß auf den Wert der Waren abspricht*17 , so ist es ebenso offenbar, daß von den beiden Komponenten des Faktors "Lohnauslage" nur eine, die Menge der aufgewendeten Arbeit, mit dem Wertgesetze harmoniert, während in der zweiten Komponente, Höhe des Arbeitslohnes, ein dem Wertgesetze fremder Bestimmgrund unter die Bestimmgründe der Produktionspreise eintritt.

Art und Maß der Wirkungsweise dieses Momentes sei, um alle Mißverständnisse abzuschneiden, noch an einem einfachen ziffermäßigen Beispiel illustriert.

Nehmen wir drei Waren A, B und C, welche anfänglich den gleichen Produktionspreis von je 100 Mark, aber bei verschiedener typischer Zusammensetzung der Kostenbestandteile, repräsentieren. Nehmen wir weiter an, der Arbeitslohn für einen Tag betrage anfänglich 5 Mk., die Rate des Mehrwerts oder der Grad der Exploitation betrage 100 %‚ so daß vom gesamten Warenwert von 300 Mk. 150 Mk. auf Löhne, andere 150 Mk. auf Mehrwert entfallen; das (auf die drei Waren in ungleichem Verhältnis angewendete) Gesamtkapital betrage 1500 Mk., die Durchschnittsprofitrate demnach 10 %. Dieser Annahme entspricht folgende tabellarische Darstellung:
Tabelle 3
Ware Aufgewendete Arbeitstage Aufgewendete Arbeitslöhne Angewendetes Kapital Entfallender Durchschnittsprofit Produktionspreis
A 10 50 500 50 100
B 6 30 700 70 100
C 14 70 300 30 100
Summe 30 150 1500 150 300

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Nun supponieren wir eine Steigerung des Arbeitslohnes von 5 auf 6 Mk. Dieselbe kann bei sonst ungeänderten Umständen nach Marx nur auf Kosten des Mehrwerts gehen*18 . Von dem gleich gebliebenen Gesamtprodukt von 300 Mk. werden daher - unter Verminderung des Grades der Exploitation - auf die Arbeitslöhne 180, auf den Mehrwert nur 120 Mk. entfallen, wonach die Durchschnittsprofitrate für das verwendete Kapital von 1500 Mk. auf 8 % sinkt. Die hierdurch in der Zusammensetzung der Kapitalbestandteile und in den Produktionspreisen eintretenden Verschiebungen zeigt die folgende Tabelle.
Tabelle 4
Ware Aufgewendete Arbeitstage Aufgewendete Arbeitslöhne Angewendetes Kapital Entfallender Durchschnittsprofit Produktionspreis
A 10 60 500 40 100
B 6 36 700 56 92
C 14 84 300 24 108
Summe 30 180 1500 120 300
Es zeigt sich sonach, daß die Steigerung der Arbeitslöhne bei ungeänderter Arbeitsmenge eine empfindliche Verschiebung der anfänglich gleichen Produktionspreise und Austauschverhältnisse herbeigeführt hat. Diese Verschiebung ist zum Teile, aber augenscheinlich nicht gänzlich auf die gleichzeitige, notwendige Veränderung der durch die Lohnlinderung ins Mitleiden gezogenen Durchschnittsprofitrate zurückzuführen. Gewiß nicht gänzlich, sage ich, weil ja z. B. der Produktionspreis der Ware C, trotz des Sinkens des darin begriffenen Profitbetrages, gestiegen ist, also diese Preisänderung gewiß nicht durch die Änderung des Profites allein herbeigeführt worden sein kann. Ich hebe diese - übrigens selbstverständliche - Sache nur deshalb hervor, um außer Zweifel zu stellen, daß wir es in der Lohnhöhe mit einem Preisbestimmungsgrund zu tun haben, dessen Wirksamkeit sich in der Beeinflussung der Profithöhe nicht erschöpft, der vielmehr auch einen eigenen, direkten Einfluß ausübt, und daß wir daher in der Tat Ursache hatten, das von Marx an der oben zitierten Stelle übersprungene Glied der Preisbestimmungsgründe einer selbständigen Betrachtung zu unterziehen. Die schließlichen Ergebnisse dieser Betrachtung zu resumieren, behalte ich mir für später vor. Folgen wir einstweilen, schrittweise prüfend, der Darlegung, welche Marx von der Art und Weise gibt, in welcher der zweite Bestimmgrund der Produktionspreise, der Durchschnittsprofit, durch das Wertgesetz reguliert werden soll.

Der Zusammenhang ist nichts weniger als ein direkter. Er wird

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durch folgende, von Marx zum Teile nur elliptisch angedeutete, aber jedenfalls in seinem Gedankengang gelegene Glieder vermittelt: Das Wertgesetz bestimmt den Gesamtwert sämtlicher in der Gesellschaft produzierter Waren*19 ; der Gesamtwert der Waren bestimmt den darin enthaltenen Gesamtmehrwert; dieser regelt, auf das gesellschaftliche Gesamtkapital repartiert, die Durchschnittsprofitrate; diese, auf das bei der Produktion einer einzelnen Ware beschäftigte Kapital angewendet, ergibt den konkreten Durchschnittsprofit, der endlich als Element in den Produktionsprels der betreffenden Ware eingeht. Auf diese Weise "reguliert" der am Anfang dieser Reihe stehende Faktor, das "Wertgesetz", das Schlußglied, die Produktionspreise.

Begleiten wir diese logische Kette mit unseren Bemerkungen.

  1. Zunächst fällt auf und ist festzustellen, daß Marx einen Zusammenhang des in den Produktionspreis der Waren eingehenden Durchschnittsprofits mit dem auf Grund des Wertgesetzes in bestimmten einzelnen Waren verkörperten Werte überhaupt nicht behauptet. Er hebt im Gegenteile an zahlreichen Stellen mit Nachdruck hervor, daß das Quantum Mehrwert, das in den Produktionspreis einer Ware eingeht, unabhängig, ja grundsätzlich verschieden ist von dem "in der besonderen Produktionssphäre wirklich erzeugten Mehrwert" (III. 146; ähnlich III. 144 und öft.) [MEW 24, S.177, ähnlich S. 174 f.] . Er knüpft daher den dem Wertgesetz zugeschriebenen Einfluß überhaupt nicht an die charakteristische Funktion des Wertgesetzes an, vermöge deren dieses die Austauschverhältnisse d e r e i n z e 1 ne n Waren normiert, sondern lediglich an eine vermeintliche andere Funktion, über deren höchst problematischen Charakter wir uns schon früher unser Urteil gebildet haben: nämlich an die Bestimmung des Gesamtwertes aller Waren zusammengenommen. In dieser Anwendung ist, wie wir uns überzeugt haben, das Wertgesetz einfach inhaltslos. Wenn man, wie es ja doch auch Marx tut, den Begriff und das Gesetz des Wertes auf die Austauschverhältnisse der Güter münzt*20 , so hat es keinen Sinn, Begriff und Gesetz auf ein Ganzes anzuwenden, welches als solches in jene Verhältnisse nie eintreten kann: für den nicht stattfindenden Austausch dieses Ganzen gibt es natürlich weder einen Maßstab noch einen Bestimmgrund, und daher kann es auch keinen Inhalt für ein "Wertgesetz" geben. Wenn aber das Wertgesetz einen reellen Einfluß auf einen chimärischen "Gesamtwert aller Waren zusammengenommen" überhaupt nicht hat, kann natürlich ein solcher Einfluß auch nicht auf andere Verhältnisse weiter geleitet werden, und die ganze vielgegliederte

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    Kette, die Marx mit äußerlich säuberlicher Logik weiter zu knüpfen bemüht war, hängt daher in der Luft.

  2. Aber sehen wir von diesem ersten fundamentalen Mangel ganz ab, und prüfen wir die übrigen Glieder der Kette unabhängig davon auf ihre eigene Haltbarkeit. Nehmen wir also an, der Gesamtwert der Waren sei wirklich eine reelle und zwar durch das Wertgesetz bestimmte Größe: so besagt das zweite Glied, daß dieser Gesamtwert der Waren den Gesamtmehrwert regelt. Ist dies richtig?
    Der Mehrwert stellt zweifellos keine feste oder unveränderliche Quote des gesamten Nationalproduktes dar, sondern ergibt sich aus der Differenz zwischen dem "Gesamtwert" des Natlonalproduktes und dem Betrag des Lohnes, der an die Arbeiter gezahlt wird. Jener Gesamtwert regelt also jedenfalls nicht für sich allein schon die Größe des Gesamtmehrwerts, sondern vermag im besten Falle einen Bestimmgrund für seine Größe abzugeben, neben welchen als ein zweiter, fremder Bestimmgrund die Höhe des Arbeitslohnes tritt. Gehorcht aber nicht vielleicht auch dieser dem Marxschen Wertgesetze?

    Im ersten Bande hatte Marx dies noch bedingunglos behauptet. "Der Wert der Arbeitskraft", schreibt er auf S. 155 [S. 184], "gleich dem jeder anderen Ware, ist bestimmt durch die zur Produktion, also auch Reproduktion dieses spezifischen Artikels notwendige Arbeitszeit". Und auf der nächsten Seite fährt er, diesen Satz genauer bestimmend, fort: "Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel". Im dritten Bande ist Marx aber gezwungen, auch von der Strenge dieser Behauptung~ Erhebliches nachzulassen. Er macht nämlich auf S. 186 [S. 217] des dritten Bandes mit vollem Recht auf die Möglichkeit aufmerksam, daß auch die notwendigen Lebensmittel der Arbeiter sich zu Produktionspreisen verkaufen können, die von der notwendigen Arbeitszeit abweichen. In diesem Falle, lehrt Marx, kann auch der variable Teil des Kapitales, (d. i. die bezahlten Löhne) "von seinem Werte abweichen". Mit anderen Worten: auch der Arbeitslohn kann (ganz abgesehen von bloß temporären Oszillationen) dauernd von demjenigen Satze abweichen, welcher der in den notwendigen Lebensmitteln verkörperten Arbeitsmenge oder der strengen Anforderung des Wertgesetzes entsprechen würde. Es nimmt also schon bei der Bestimmung des Gesamtmehrwerts mindestens ein dem Wertgesetze fremder Bestimmgrund teil.

  3. Der so determinlerte Faktor Gesamtmehrwert "regelt" nach Marx die Durchschnittsprofitrate. Offenbar aber wieder nur auf die Weise, daß der Gesamtmehrwert e in e n Bestimmgrund abgibt, während als zweiter, hiervon und auch vom Wertgesetz ganz unabhängiger Bestimmgrund die Größe des in der Gesellschaft existie-

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    renden Kapitales wirkt. Ist, wie in der obigen Tabelle, bei einem Mehrwerte von 100 % der Gesamtmehrwert 150 Mk., so beträgt die Profitrate 10 %‚ wenn und weil das in allen Produktionszwelgen verwendete Gesamtkapltal 1.500 Mk. beträgt; sie würde offenbar, bei ganz gleichbleibendem Gesamtmehrwert, nur 5 % betragen, wenn das Gesamtkapital, das daran partizipiert, sich auf 3.000 Mk. belaufen würde, und volle 20 %‚ wenn das Gesamtkapital nur 750 Mk. ausmachen würde. Es kommt also offenbar abermals ein dem Wert-gesetz ganz fremder Bestimmgrund in die beeinflussende Kette.

  4. Die Durchschnittsprofitrate, so haben wir weiter zu schließen, regelt die Größe des konkreten Durchschmttsprofites, der bei der Produktion einer bestimmten Ware aufläuft. Das ist abermals nur mit derselben Einschränkung wie bei den früheren Gliedern richtig. Nämlich die Summe des Durchschnittsprofits, der bei einer bestimmten Ware aufläuft, ist das Produkt aus zwei Faktoren: Größe des vorgeschossenen Kapitals multipliziert mit der Durchschnittsprofitrate. Die Größe des in den verschiedenen Stadien vorzuschießenden Kapitales bestimmt sich aber wiederum nach zwei Faktoren: nämlich nach der Menge der zu honorierenden Arbeit (ein Faktor, der allerdings zum Marxschen Wertgesetz nicht in Disharmonie steht), aber auch nach der Höhe des zu entrichtenden Lohnes, und bei diesem Faktor kommt, wie wir uns soeben überzeugt haben, ein dem Wertgesetz fremder Faktor ins Spiel.

  5. Mit dem nächsten Gliede leiten wir wieder zum Anfang zurück. Der nach Glied 4 bestimmte Durchschnittsprofit soll den Produktionspreis der Ware regeln. Das ist richtig, mit der zu Anfang vorausgeschickten Korrektur, daß der Durchschnittsproflt nur ein preisbestimmender Faktor ist neben der Lohnauslage, in welcher letzteren, wie wiederholt dargelegt, ein dem Marxschen Wertgesetz fremdes Element mitbestimmend einwirkt.

Fassen wir zusammen. Was ist das Beweisthema gewesen, das Marx zu erhärten unternahm? Es lautete: "Das Wertgesetz reguliert die Produktionspreise", oder, nach einer anderen Ausdrucksform, "die Werte bestimmen in letzter Instanz die Produktionspreise". Oder, wenn wir den Inhalt des Wertes und Wertgesetzes, wie ihn Marx im ersten Bande bestimmt hatte, in die Formel einsetzen, so lautet die Behauptung: Die Produktionspreise werden "in letzter Instanz" von dem Satze beherrscht, daß die Arbeitsmenge der einzige Umstand ist, der dem Austauschverhältnisse der Waren zu Grunde liegt.

Und was zeigt die Nachprüfung der einzelnen Glieder des Beweisganges? Sie zeigt, daß der Produktionspreis zunächst aus zwei Komponenten sich zusammensetzt. Die eine, die Lohnauslage, ist das Produkt zweier Faktoren, von denen der eine, die Menge der Arbeit, mit der Substanz des Marxschen Wertes homogen ist, der zweite, die Lohnhöhe, nicht. Von der zweiten Komponente, der auflaufenden Durchschnittsprofitsumme, vermochte Marx selbst einen Zusammenhang mit dem Wertgesetz überhaupt nur mit Hilfe einer gewaltsamen

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Ausrenkung dieses Gesetzes zu behaupten, indem er ihm eine Wirksamkeit auf einem Gebiete zuschrieb, auf dem es Austauschverhältnisse gar nicht gibt. Aber auch davon abgesehen, mußte sich jedenfalls der Faktor "Gesamtwert der Waren", den Marx noch aus dem Wertgesetz ableiten will, in die Bestimmung des nächsten Gliedes, des Gesamtmehrwerts, mit einem dem Wertgesetze schon nicht mehr homogenen Faktor "Höhe des Arbeitslohnes" teilen; der "Gesamtmehrwert" mußte sich mit einem vollkommen fremden Element, der Masse des Gesellschaftskapitales, in die Bestimmung der Durchschnittsprofitrate, diese endlich mit dem teilweise fremden Elemente Lohnauslage in die Bestimmung der auflaufenden Profitsumme teilen. Der mit sehr problematischer Berechtigung dem Marxschen Wertgesetze zu gute gebuchte Faktor "Gesamtwert aller Waren" wirkt daher erst nach einer dreimaligen homöopathischen Verdünnung seines Einflusses und natürlich auch mit einem dieser Verdünnung entsprechend geringen Anteil an der Bestimmung des Durchschnittsprofits und weiter der Produktionspreise mit. Eine nüchterne Schilderung des Tatbestandes hätte also folgendermaßen zu lauten: Die Menge der Arbeit, welche nach dem Marxschen Wertgesetze die Austauschverhältnisse der Waren voll und ausschließlich beherrschen soll, erweist sich tatsächlich als ein Bestimmgrund der Produktionspreise neben anderen Bestimmgründen. Sie hat einen starken und ziemlich unmittelbaren Einfluß auf die eine Komponente der Produktionspreise, welche in der Lohnauslage besteht, einen viel entfernteren, schwächeren und größtenteils*21 sogar problematischen auf die zweite Komponente, den Durchschnittsprofit.

Ich frage nun: Enthält dieser Tatbestand eine Bestätigung oder eine Widerlegung des Anspruchs, daß in letzter Instanz doch das Wertgesetz die Produktionspreise bestimme? - Ich glaube, die Antwort kann nicht einen Augenblick zweifelhaft sein: Das Wertgesetz prätendiert, daß die Arbeitsmenge allein die Austauschverhältnisse bestimme, die Tatsachen beinhalten, daß n i c h t die Arbeitsmenge oder ihre homogene Faktoren allein die Austauschverhältnisse bestimmen. Diese beiden Sätze verhalten sich zu einander wie Ja und Nein, wie Behauptung und Widerspruch. Wer den zweiten Satz anerkennt - und Marx‘ Theorie von den Produktionspreisen enthält diese Anerkennung -‚ widersagt faktisch dem ersten. Und wenn Marx wirklich geglaubt haben sollte, daß er sich und seinem ersten Satze nicht widersprochen habe, so hat er sich durch eine derbe Verwechselung täuschen lassen. Er hätte dann nicht gesehen, daß es denn doch

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zwei sehr verschiedene Dinge sind, ob irgend ein in einem Gesetze berufener Faktor irgend eine Art von Einfluß in irgend einem Grade ausübt, oder ob das Gesetz selbst seine Herrschaft ausübt.

Das trivialste Beispiel wird in einer so handgreiflichen Sache vielleicht das beste sein. Man spricht über die Wirkung der Geschütze auf Schiffspanzer, und jemand stellt die Behauptung auf, daß der Grad der zerstörenden Wirkung des Schusses einzig und allein von der Größe der verwendeten Pulverladung abhänge. Man stellt ihn zur Rede und weist ihm an der Hand der tatsächlichen Erfahrung unter seiner eigenen schrittweisen Zustimmung nach, daß es für die Schußwirkung nicht bloß auf die Menge des verladenen Pulvers, sondern auch auf dessen Stärke, weiter aber auch auf die Konstruktion, Länge u. dgl. des Geschützrohrs, dann auf die Gestalt und Härte des Geschosses, weiter auf die Entfernung des Objekts und nicht am wenigsten endlich auf die Dicke und Festigkeit der Panzerplatten ankomme. Und nun, nachdem alles das schrittweise zugestanden ist, würde unser Mann sagen, er habe also mit seiner anfänglichen Behauptung doch recht; denn, wie sich gezeigt habe, übe der von ihm berufene Faktor Pulvermenge doch einen maßgebenden Einfluß auf die Schußwirkung aus, was sich unter anderem daran erweise, daß unter sonst gleichen Umständen mit der Stärke der Pulverladung die Schußwirkung sich steigere und umgekehrt!

Nicht anders Marx. Er peroriert erst mit dem denkbar größten Nachdruck, daß den Austauschverhältnissen der Ware nichts anderes zu Grunde liegen könne, als einzig und allein die Arbeitsmenge; er polemisiert auf das schärfste gegen die Ökonomen, welche außer der Arbeitsmenge - deren Einfluß auf den Tauschwert der beliebig reproduzierbaren Güter ja niemand leugnet - auch noch andere Bestimmgründe des Wertes und Preises anerkennen; er baut auf die ausschließliche Stellung der Arbeitsmenge als einzigen Bestimmgrund der Austauschverhältnisse zwei Bände lang die wichtigsten theoretischen und praktischen Folgerungen, seine Theorie des Mehrwerts und sein Anathem gegen die kapitalistische Gesellschaftsorganisation auf - um im dritten Bande eine Theorie der Produktionspreise zu entwickeln, welche materiell den Einfluß auch noch anderer Bestimmgründe anerkennt. Aber statt diese anderen Bestimmgründe vollkommen zu analysieren, legt er immer nur mit triumphierender Geste den Finger auf diejenigen Punkte, an denen sein Idol, die Arbeitsmenge, auch jetzt noch wirklich oder seiner Meinung nach einen Einfluß ausübt: auf die Veränderung der Preise, wenn sich die Arbeitsmenge verändert, auf die Beeinflussung der Durchschnittsprofitrate durch den "Gesamtwert" u. dgl. Über den koordinierten Einfluß fremder Bestimmgründe wie über die Beeinflussung der Profitrate durch die Größe des gesellschaftlichen Kapitales, über die Änderung der Preise durch Veränderung der organischen Zusammensetzung der Kapitale oder durch Änderung der Lohnhöhe schweigt er sich in diesem Zusammenhange aus. Erörterungen, in denen er diese Einflüsse anerkennt, fehlen nicht in seinem Werke. Der Einfluß der Lohnhöhe auf die Preise

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ist z. B. auf S. 179 ff. [S. 210 ff.] ‚ dann 186 [S. 217], der Einfluß der Größe des Gesellschaftskapitals auf die Höhe der Durchschnittsprotitrate auf S. 145, 184, 191 f., 197 f. ‚ 203 u. öft. [S. 176, 215, 221, 227, 232 f.], der Einfluß der organischen Zusammensetzung der Kapitale auf die Produktionspreise auf S. 142 ff. [S. 173 ff.] zutreffend entwickelt. Aber charakteristischer Weise gleitet Marx an den der Apologie des Wertgesetzes gewidmeten Stellen über diese andersartigen Einflüsse wortlos hinweg, hebt bloß einseitig den Anteil der Arbeitsmenge hervor, um aus der richtigen und von niemandem bestrittenen Prämisse, daß der Faktor Arbeitsmenge an mehreren Punkten in die Gestaltung der Produktionspreise mitbestimmend eingreift, den ganz und gar ungerechtfertigten Schluß zu ziehen, daß denn doch "in letzter Instanz" das Wertgesetz, welches die Alleinherrschaft der Arbeit ausspricht, die Produktionspreise bestimme! Das heißt sich dem Eingeständnis des Widerspruchs entziehen, gewiß aber nicht den Widerspruch selbst vermeiden!

IV. DER IRRTUM IM MARXSCHEN SYSTEM; SEIN URSPRUNG UND SEINE VERZWEIGUNGEN

- 1.

Der Nachweis, daß ein Schriftsteller sich selbst widersprochen hat, kann eine notwendige Etappe, darf aber nie das Endziel einer sachlichen und fruchtbaren Kritik sein. Es ist nur ein vergleichsweise ärmlicher Grad der kritischen Erkenntnis, zu wissen, daß in einem Systeme ein Fehler steckt, der ja denkbarer Weise auch bloß ein zufälllger und persönlicher Fehler des Autors sein könnte. Eine wirkliche Überwindung eines festgefügten Systems ist nicht anders möglich, als wenn es gelingt, haarscharf den Punkt nachzuweisen, an welchem der Irrtum in das System eindrang, und die Bahnen, auf denen er sich darin verbreitete und verzweigte. Man muß den Ausgangspunkt, die Entwickelung und die Katastrophe des Irrtums, die im Selbstwiderspruch gipfelt, so gut und, fast möchte ich sagen: auch als Gegner so mitfühlend verstehen, als man umgekehrt die Zusammenhänge eines Systems, dem man sich hingibt, zu verstehen bemüht ist.

Ganz eigenartig zugespitzte Verhältnisse haben es mit sich gebracht, daß in dem Falle von Marx die Frage des Selbstwiderspruchs eine viel größere Bedeutung erlangt hat, als ihr gewöhnlich zukommt, und dem entsprechend habe auch ich jener Frage einen breiten Raum gewidmet. Gerade einem so bedeutenden und einflußreichen Denker gegenüber dürfen wir uns aber um so weniger dem zweiten, wie ich glaube, auch in diesem Falle sachlich noch fruchtbareren und lehrreicheren Teile der kritischen Aufgabe entziehen.

Beginnen wir mit einer Frage, die uns sofort vor die Hauptsache führt: auf welchem Wege ist Marx zum theoretischen Fundamental-

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satze seiner Lehre gelangt, zum Satze, daß aller Wert einzig und allein auf verkörperten Arbeitsmengen beruhe?

Daß dieser Satz nicht etwa ein selbstverständliches und daher eines Beweises gar nicht bedürftiges Axiom ist, steht außer Zweifel. Wert und Mühe sind, wie ich schon an einem anderen Orte einmal ausgeführt habe, keineswegs zwei so zusammengehörige Begriffe, daß man unmittelbar von der Einsicht ergriffen werden müsse, daß die Mühe der Grund des Wertes ist. "Daß ich mich um ein Ding geplagt habe, ist eine Tatsache, daß das Ding die Plage auch wert ist, eine zweite, davon verschiedene, und daß beide Tatsachen nicht immer Hand in Hand gehen, ist von der Erfahrung viel zu sicher bekräftigt, als daß darüber irgend ein Zweifel möglich sein könnte. Jede der unzähligen erfolglosen Mühen, die täglich aus technischem Ungeschick oder aus verfehlter Spekulation oder einfach aus Unglück an ein unwertes Resultat verschwendet werden, gibt ein Zeugnis dafür ab. Nicht minder aber auch jeder der zahlreichen Fälle, in denen sich wenig Mühe mit hohem Werte lohnt"*22 .

Wenn also dennoch für irgend einen Bezirk ein notwendiges und gesetzmäßiges Zusammenstimmen beider Größen behauptet wird, so muß man sich und seinen Lesern von irgend welchen Gründen Rechenschaft geben, welche eine solche Behauptung zu stützen vermögen.

Marx bringt nun auch in seinem System eine Begründung vor. Ich glaube aber, davon überzeugen zu können, daß der eingeschlagene Begründungsweg von Haus aus ein unnatürlicher, der Beschaffenheit des Problems nicht entsprechender war; daß weiter die im System vorgetragene Begründung offenbar nicht diejenige war, mittelst welcher Marx selbst zu seiner Überzeugung gelangte, - sondern daß sie nachträglich als künstlich appretierte Stütze für eine aus anderen Eindrücken geschöpfte vorgefaßte Meinung ersonnen wurde; daß endlich - und das ist das Entscheidenste - die Beweisführung von einer gehäuften Zahl der offenbarsten logischen und methodischen Fehler durchsetzt ist, welche sie jeder Beweiskraft berauben.

Sehen wir genauer zu.

Die Fundamentalthese, welche Marx seinen Lesern zu glauben vorstellt, ist, daß der Tauschwert der Waren - denn nur auf diesen, nicht auf den Gebrauchswert ist seine Analyse gerichtet - Grund und Maß in den in den Waren verkörperten Arbeitsmengen findet.

Nun sind sowohl die Tauschwerte, beziehungsweise die Preise der Waren als auch die Arbeitsquantitäten, die zu ihrer Reproduktion nötig sind, äußerlich hervortretende Größen, welche einer erfahrungsmäßigen Feststellung im großen und ganzen ganz gut zugänglich sind. Es wäre daher für Marx augenscheinlich das Nächstliegende gewesen, zur Überzeugung von einem Satze, dessen Richtig-

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keit oder Unrichtigkeit sich in den Erfahrungstatsachen ausprägen muß, an die Erfahrung zu appellieren, mit anderen Worten: für seine einem rein empirischen Beweise zugängliche These auch einen rein empirischen Beweis anzutreten. Das tut Marx aber nicht. Man kann dabei nicht einmal sagen, daß er an dieser möglichen und gewiß auch passenden Erkenntnis- und Beweisquelle achtlos vorübergegangen ist. Sondern, wie die Ausführungen seines dritten Bandes dartun, weiß er ganz gut, wie die empirischen Tatsachen beschaffen und daß sie seiner These entgegen sind. Er weiß, daß die Preise der Waren nicht im Verhältnis zu der verkörperten Arbeitsmenge, sondern zu den gesamten, auch noch andere Elemente umschließenden Produktionskosten sich festsetzen. Er ist daher der natürlichsten Probe seiner These gewiß nicht zufällig, sondern in dem klaren Bewußtsein ausgewichen, daß auf diesem Wege sich ein seiner These günstiges Ergebnis nicht erzielen lasse.

Nun gibt es aber noch einen zweiten, für derartige Thesen ebenfalls vollkommen naturgemäßen Beweis- und Überzeugungsgang, nämlich den psychologischen. Man kann nämlich - mit einer in unserer Wissenschaft sehr gebräuchlichen Mischung von Induktion und Deduktion - die Motive erforschen, welche die Leute einerseits bei dem Vollzuge von Tauschgeschäften und der Feststellung der Tauschpreise, andererseits bei ihrer Mitwirkung an der Produktion leiten, und man kann aus der Beschaffenheit dieser Motive Schlüsse auf eine typische Handlungsweise der Leute ziehen, wobei unter anderem denkbarer Weise auch ein Zusammenhang der regelmäßig geforderten und bewilligten Preise mit der zur Hervorbringung der Waren benötigten Arbeitsmenge sich ergeben könnte. Diese Methode ist gerade bei ähnlichen Fragen oft und mit dem besten Erfolge angewendet worden - die übliche Begründung z. B. des Gesetzes von Angebot und Nachfrage, des Produktionskostengesetzes, die Erklärung der Grundrente etc. beruhen darauf - und auch Marx selbst hat sich ihrer, wenigstens im Rohen, gar nicht selten bedient. Nur gerade bei seiner Fundamentalthese geht er ihr wieder aus dem Wege. Obwohl offenbar der behauptete äußerliche Zusammenhang zwischen Tauschwerten und Arbeitsmengen sein volles Verständnis erst durch die Enthüllung der psychologischen Zwischenglieder, die beide verketten, finden könnte, verzichtet er auf die Darlegung dieser inneren Zusammenhänge; er erklärt sogar gelegentlich einmal "die tiefere Analyse" der "beiden gesellschaftlichen Triebkräfte" von "Nachfrage und Zufuhr", die eben auf jene innere Verknüpfung führen würde, für "hier nicht angebracht" (III. 169) [MEW 25, S. 199], wobei sich das "hier" zwar zunächst nur auf einen Exkurs über den Einfluß von Nachfrage und Zufuhr auf die Preisgestaltung bezieht, faktisch und praktisch sich aber, soweit eine wirklich "tiefe" und gründliche Analyse in Frage kommt, auf das ganze Marxsche System und insbesondere auch auf die Fundamentierung seines wichtigsten Grundgedankens erstreckt.

Nun ist aber auch hier wieder etwas Eigentümliches zu bemerken. Marx geht nämlich auch an dieser zweiten möglichen und natürli-

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chen Erforschungsmethode nicht etwa mit unbefangener Achtlosigkeit vorüber. Er weicht ihr vielmehr abermals geflissentlich und im vollen Bewußtsein dessen aus, was für ein Ergebnis sie bringen und daß dieses seiner These nicht günstig sein würde. Im dritten Bande ruft er nämlich jene in der Produktion und im Tausch wirksamen Antriebe, auf deren "tiefere Analyse" er hier und sonst verzichtet, unter ihrem groben Sammelnamen "Konkurrenz" tatsächlich auf und weiß und legt dar, daß diese Antriebe in Wirklichkeit nicht zu einer Anpassung der Preise an die in den Waren verkörperten Arbeitsmengen führen, sondern dieselben im Gegenteile von diesem Maßstabe ab- und einem Niveau zudrängen, welches der Mittätigkeit mindestens eines zweiten, koordinierten Faktors entspricht. Die "Konkurrenz" ist es ja, die nach Marx die Bildung der berühmten Durchschnittsprofitrate und die "Verwandlung" der reinen Arbeits-Werte in von ihnen abweichende und eine Portion Durchschnittsprofit umschließende "Produktionspreise" bewirkt.

Statt nun seine These aus der Erfahrung oder aus ihren wirkenden Motiven empirisch oder psychologisch zu begründen, zieht Marx es vor, einen dritten, für einen derartigen Stoff gewiß etwas seltsamen Beweisgang einzuschlagen: den Weg eines rein logischen Beweises, einer dialektischen Deduktion aus dem Wesen des Tausches heraus.

Marx hat schon beim alten Aristoteles den Gedanken gefunden, daß "der Austausch nicht sein kann ohne die Gleichheit, die Gleichheit aber nicht ohne die Kommensurabilität" (I. 35) [MEW 23, S. 73 f.]. An diesen Gedanken knüpft er an. Er stellt sich den Austausch zweier Waren unter dem Bilde einer Gleichung vor, folgert, daß in den beiden ausgetauschten und dadurch gleichgestellten Dingen "ein Gemeinsames von derselben Größe" existieren müsse, und geht darauf aus, dieses Gemeinsame, auf welches die gleichgestellten Dinge als Tauschwerte "reduzierbar" sein müssen, aufzusuchen (I. 11) [MEW 23, S. 51].

Ich möchte einschaltungsweise bemerken, daß mir schon die erste Voraussetzung, wonach im Austausch zweier Dinge sich eine "Gleichheit" derselben manifestieren soll, sehr unmodern - woran allerdings am Ende nicht viel liegen würde -‚ aber auch sehr unrealistisch oder, um es gut deutsch zu sagen, unrichtig gedacht zu sein scheint. Wo Gleichheit und genaues Gleichgewicht herrscht, pflegt ja keine Veränderung der bisherigen Ruhelage einzutreten. Wenn daher im Falle des Tausches die Sache damit endet, daß die Waren ihren Besitzer wechseln, so ist das viel eher ein Zeichen dafür, daß irgend eine Ungleichheit oder ein Übergewicht im Spiele war, durch dessen Ausschlag die Veränderung erzwungen wurde - gerade so, wie zwischen den Bestandteilen einander nahegebrachter zusammengesetzter Körper neue chemische Verbindungen eingegangen werden, wenn die "chemische Verwandtschaft" zu Bestandteilen des angenäherten fremden Körpers eben nicht gerade gleich stark, sondern stärker ist, als zu den Bestandteilen der bisherigen Zusammensetzung. In der Tat ist ja auch die moderne Nationalökono-

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mie einmütig darin, daß die alte scholastisch-theologische Anschauung von der "Äquivalenz" der auszutauschenden Werte unzutreffend ist. Aber ich will auf diesen Punkt kein weiteres Gewicht legen und wende mich der kritischen Untersuchung derjenigen logischen und methodischen Operationen zu, durch welche Marx als das gesuchte "Gemeinsame" die Arbeit herausdestilliert.

Diese Operationen sind es nun, von denen ich schon oben andeutete, daß sie mir den wundesten Punkt der Marxschen Theorie zu bilden scheinen. Sie weisen fast ebensoviele wissenschaftliche Kapitalfehler als Gedankenglieder auf - deren gar nicht wenige sind -‚ und sie tragen handgreifliche Spuren davon, daß sie nachträglich ausgeklügelt und zusammengekünstelt sind, um eine vorgefaßte Meinung als scheinbar natürliches Ergebnis eines wirklichen Forschungsganges hervorkommen zu lassen.

Marx schlägt bei der Suche nach dem für den Tauschwert charakteristischen "Gemeinsamen" folgendes Verfahren ein. Er läßt die verschiedenen Eigenschaften, welche die im Tausche gleichgesetzten Objekte überhaupt besitzen, Revue passieren, scheidet dann nach der Methode der Ausschließung alle diejenigen, welche die Probe nicht bestehen, aus, bis zuletzt nur noch eine einzige Eigenschaft übrig bleibt. Diese - es ist die Eigenschaft, Arbeitsprodukt zu sein - muß dann die gesuchte gemeinsame Eigenschaft sein.

Dieses Verfahren ist etwas seltsam, aber an sich nicht verwerflich. Es ist gewiß etwas seltsam, wenn man, statt die gemutmaßte charakteristische Eigenschaft positiv auf die Probe zu stellen - was allerdings auf eine der beiden früher besprochenen, von Marx geflissentlich vermiedenen Methoden geführt hätte -‚ sich die Überzeugung, daß gerade sie die gesuchte Eigenschaft sei, lediglich auf dem negativen Wege verschafft, daß alle übrigen Eigenschaften es nicht sind, eine es aber doch sein müsse. Immerhin kann diese Methode zum erwünschten Ziele führen, wenn sie mit der nötigen Vorsicht und Vollständigkeit gehandhabt wird; d. h. wenn man mit peinlicher Sorgfalt darauf achtet, daß ja alles, was hinein gehört, in das logische Sieb auch wirklich hineingetan und dann bei keinem einzigen Glied, welches im Weg der Durchsiebung ausgeschlossen wird, ein Versehen begangen wird.

Wie geht aber Marx vor?

Er tut von vornherein nur diejenigen tauschwerten Dinge in das Sieb, welche die Eigenschaft besitzen, die er als die "gemeinsame" schließlich heraussieben will, und läßt alle andersartigen draußen. Er macht es, wie jemand, der dringend wünscht, daß aus der Urne eine weiße Kugel hervorgehen soll, und dieses Ergebnis vorsichtiger Weise dadurch unterstützt, daß er in die Urne keine anderen als weiße Kugeln hineinlegt. Er beschränkt nämlich den Umfang seiner Untersuchung nach der Substanz des Tauschwertes von vornherein auf die "Waren", wobei er diesen Begriff, ohne ihn just sorgfältig zu definieren, jedenfalls enger als den der "Güter"

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faßt und auf Arbeitsprodukte im Gegensatz zu Naturgaben einschränkt. Nun liegt es doch auf der Hand: wenn wirklich der Austausch eine Gleichsetzung bedeutet, die das Vorhandensein eines "Gemeinsamen von gleicher Größe" voraussetzt, so muß dieses Gemeinsame doch bei allen Gütergattungen zu suchen und zu finden sein, die in Austausch treten; nicht bloß bei Arbeitsprodukten, sondern auch bei Naturgaben, wie Grund und Boden. Holz auf dem Stamm, bei Wasserkräften, Kohlenlagern, Steinbrüchen, Petroleumlagern, Mineralwässern, Goldminen u. dgl. *23 . Die tauschwerten Güter, die nicht Arbeitsprodukte sind, bei der Suche nach dem dem Tauschwerte zu Grunde liegenden Gemeinsamen auszuschließen, ist unter diesen Umständen eine methodische Todsünde. Es ist nicht anders, als wenn ein Physiker den Grund einer allen Körpern gemeinsamen Eigenschaft, z. B. der Schwere, aus einer Siebung der Eigenschaften einer einzelnen Gruppe von Körpern, z.B. der durchsichtigen Körper, erforschen wollte, indem er alle den durchsichtigen Körpern gemeinsamen Eigenschaften Revue passieren läßt, von allen übrigen Eigenschaften derselben demonstriert, daß sie der Grund der Schwere nicht sein können, und auf Grund dessen schließlich proklamiert, daß die Durchsichtigkeit die Ursache der Schwere sein müsse!

Die Ausschließung der Naturgaben (die dem Vater des Gedankens von der Gleichsetzung im Austausch, Aristoteles, gewiß nicht in den Sinn gekommen wäre) läßt sich um so weniger rechtfertigen, als manche Naturgaben, wie der Grund und Boden, zu den allerwichtigsten Objekten des Vermögens und Verkehres gehören, und als sich auch durchaus nicht etwa behaupten läßt, daß bei Naturgaben die Tauschwerte sich immer nur ganz zufällig und willkürlich feststellen. Einerseits kommen Zufallspreise auch bei Arbeitsprodukten vor, und andererseits weisen die Preise von Naturgaben oft die deutlichsten Beziehungen zu festen Anhaltspunkten oder Bestimmgründen auf. Daß z. B. der Kaufpreis von Grundstücken ein nach dem landesüblichen Zinsfuß sich richtendes Multiplum ihrer Rente bildet, ist ebenso bekannt, als es sicher ist, daß Holz am Stamm oder Kohle in der Grube bei verschiedener Güte oder in verschiedenen Lagen mit ungleichen Bringungsverhältnissen nicht aus bloßem Zufall einen verschiedenen Preis erzielt u. dgl.

Marx hütet sich auch, eine ausdrückliche Rechenschaft darüber abzulegen, daß und warum er einen Teil der tauschwerten Güter von der Untersuchung von vornherein ausgeschlossen hat. Er versteht

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es auch hier, wie so oft, über die heiklen Stellen seines Raisonnements mit aalglatter dialektischer Geschicklichkeit hinüberzugleiten. Er vermeidet zunächst, seinen Leser darauf aufmerksam zu machen, daß sein Begriff der "Ware" enger ist, als der des tauschwerten Gutes überhaupt. Er bereitet für die spätere Einschränkung der Untersuchung auf die Waren ungemein geschickt einen natürlichen Anknüpfungspunkt durch die an die Spitze seines Buches gestellte, scheinbar ganz harmlose, allgemeine Phrase vor, daß "der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, als eine ungeheuere Warensammlung erscheine". Dieser Satz ist vollkommen falsch, wenn man den Ausdruck Ware in dem ihm von Marx später unterlegten Sinne von Arbeitsprodukten versteht. Denn die Naturgaben, einschließlich des Grundes und Bodens, machen einen sehr erheblichen und nicht im mindesten gleichgültigen Bestandteil des Nationalreichtums aus. Aber der unbefangene Leser geht leicht über diese Ungenauigkeit hinweg, weil er ja nicht weiß, daß Marx später dem Ausdruck Ware einen viel engeren Sinn beilegen wird.

Auch im folgenden wird dies noch nicht klargestellt. Im Gegenteil, in den ersten Absätzen des ersten Kapitels ist abwechselnd vom "Ding", vom "Gebrauchswert", vom "Gut" und der "Ware" die Rede, ohne daß zwischen letzterer und den ersteren eine scharfe Unterscheidung gezogen würde. "Die Nützlichkeit eines Dings" - heißt es auf S. 10 [S. 50] - "macht es zum Gebrauchswert". "Der Warenkörper ... ist ein Gebrauchswert oder Gut". Auf S. 11 [S. 50] lesen wir: "Der Tauschwert erscheint ... als das quantitative Verhältnis ...‚ worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen". Wohlgemerkt, hier wird als Feld des Tauschwertphänomens geradezu noch der Gebrauchswert = Gut bezeichnet. Und mit der Phrase: "Betrachten wir die Sache näher", die sicherlich kein Überspringen auf ein anderes, engeres Gebiet der Untersuchung anzukündigen geeignet ist, fährt Marx fort: "Eine einzelne Ware, ein Quarter Weizen z. B., tauscht sich in den verschiedensten Proportionen mit anderen Artikeln aus". Und "Nehmen wir ferner zwei Waren" u. s. w. In demselben Absatze kehrt sogar noch einmal der Ausdruck "Dinge" wieder, und zwar gerade in der für das Problem wichtigen Wendung, daß "ein Gemeinsames von derselben Größe in zwei verschiedenen D i n g e n existiert" (die eben einander im Austausche gleich gesetzt werden). Auf der folgenden Seite 12 [S. 51 f.] führt aber Marx die Suche nach dem "Gemeinsamen" nur für den "Tauschwert der Waren" durch, ohne mit einem Sterbenswörtlein darauf aufmerksam zu machen, daß er das Untersuchungsfeld damit auf einen Teil der tauschwerten Dinge eingeengt haben will*24 . Und sofort auf der

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nächsten Seite, S. 13 [S. 53], wird die Einschränkung wieder verlassen und das soeben für den engeren Bereich der Waren gewonnene Ergebnis auf den weiteren Kreis der Gebrauchswerte der Güter angewendet. "Ein Gebrauchswert oder Gut hat also nur einen Wert, weil abstrakt menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht oder materialisiert ist!"

Hätte Marx an der entscheidenden Stelle die Untersuchung nicht auf die Arbeitsprodukte eingeengt, sondern auch bei den tauschwerten Naturgaben nach dem Gemeinsamen gesucht, so wäre es handgreiflich gewesen, daß die Arbeit das Gemeinsame nicht sein kann. Hätte er jene Einengung ausdrücklich und offenkundig vollzogen, so hätte er selbst und hätten seine Leser unfehlbar über den derben methodischen Fehler stolpern, sie hätten über das naive Kunststtick lächeln müssen, durch welches die Eigenschaft, Arbeitsprodukt zu sein, glücklich als gemeinsame Eigenschaft eines Kreises herausdestilliert wird, nachdem man zuvor alle von Natur aus gleichfalls hineingehörigen tauschwerten Dinge, die nicht Arbeitsprodukte sind, eigens aus demselben ausgeschieden hat. Das Kunststück war nur so zu machen, wie Marx es gemacht hat, unvermerkt, mit einer rasch und leicht über den heiklen Punkt gleitenden Dialektik. Indem ich meine aufrichtige Bewunderung über die Geschicklichkeit ausspreche, mit der Marx ein derart fehlerhaftes Verfahren annehmbar zu präsentieren wußte, kann ich natürlich doch nur feststellen, daß das Verfahren ein vollkommen fehlerhaftes war.
Aber sehen wir weiter zu. Mit dem soeben geschilderten Kunststücke hatte Marx doch erst erreicht, daß die Arbeit überhaupt in die Konkurrenz eintreten konnte. Durch die künstliche Einengung des Kreises war sie überhaupt erst zu e in e r für diesen engen Kreis "gemeinsamen" Eigenschaft geworden. Aber neben ihr konnten ja auch noch andere Eigenschaften als gemeinsam in Frage kommen. Wie werden nun diese anderen Konkurrenten ausgestochen?

Das geschieht durch zwei weitere Gedankenglieder, von denen jedes nur einige Worte, aber in ihnen einen der schwersten logischen Fehler enthält.

Im ersten Glied schließt Marx alle "geometrischen, physischen, chemischen oder sonstigen natürlichen Eigenschaften der Waren" aus. Denn "ihre körperlichen Eigenschaften kommen überhaupt nur in Betracht, soweit selbe sie nutzbar machen, also zu Gebrauchswerten. Andererseits ist aber das Austauschverhältnis der Waren augenscheinlich charakterisiert durch die Abstraktion von ihren Gebrauchswerten". Denn "innerhalb desselben (des Austauschverhältnisses) gilt ein Gebrauchswert gerade so viel wie jeder andere,

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wenn er nur in gehöriger Proportion vorhanden ist"
(I. 12) [MEW 23, S. 52].

Es sei mir gestattet, mich zur Illustration dieses Argumentes derselben Worte zu bedienen, die ich vor 12 Jahren in meiner "Geschichte und Kritik der Kapitalzinstheorien" niederschrieb (S. 435 f.).
"Was hätte Marx zu folgender Argumentation gesagt? An einer Opernbühne haben drei ausgezeichnete Sänger, ein Tenor, ein Baß und ein Bariton, jeder einen Gehalt von 20.000 f1. Man fragt: was ist der gemeinsame Umstand, um dessenwillen sie im Gehalte einander gleichgestellt werden? und ich antworte: In der Gehaltfrage gilt eine gute Stimme gerade so viel wie jede andere, eine gute Tenorstimme so viel wie eine gute Baß- oder gute Baritonstimme, wenn sie nur überhaupt in gehöriger Proportion vorhanden ist. Folglich abstrahiert man "augenscheinlich" in der Gehaltfrage von der guten Stimme, folglich kann die gute Stimme die gemeinsame Ursache des hohen Gehaltes nicht sein. - Daß diese Argumentation falsch ist, ist klar. Ebenso klar ist aber auch, daß die Marxsche Schlußfolgerung, nach der sie genau kopiert ist, um kein Haar richtiger ist. Beide leiden an demselben Fehler. Sie verwechseln Abstraktion von einem Umstande überhaupt mit Abstraktion von den speziellen Modalitäten, unter denen dieser Umstand auftritt. Was in unserem Beispiele für die Gehaltfrage gleichgültig ist, ist offenbar nur die spezielle Modalität, unter der die gute Stimme erscheint, ob als Tenor, als Baß, als Baritonstimme, aber beileibe nicht die gute Stimme überhaupt. Und ebenso wird für das Austauschverhältnis der Waren zwar von der speziellen Modalität abstrahiert, unter der der Gebrauchswert der Waren erscheinen mag, ob die Ware zur Nahrung, Wohnung, Kleidung etc. dient, aber beileibe nicht vom Gebrauchswerte überhaupt. Daß man nicht vom letzteren schlechtweg abstrahiert, hätte Marx schon daraus entnehmen können, daß ja kein Tauschwert existieren kann, wo nicht ein Gebrauchswert vorhanden ist, eine Tatsache, die Marx selbst wiederholt einzugestehen gezwungen ist." (Böhm-Bawerk)*25

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Noch schlimmer ist es aber mit dem nächsten Gliede des Beweisganges bestellt. "Sieht man vom Gebrauchswert der Warenkörper ab" - fährt Marx wörtlich fort - "so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten". Wirklich? frage ich heute, so wie ich vor 12 Jahren gefragt habe: nur noch eine Eigenschaft? Bleibt den tauschwerten Gütern nicht z. B. auch die Eigenschaft gemeinsam, daß sie im Verhältnis zum Bedarfe selten sind? Oder daß sie Gegenstand des Begehrs und Angebotes sind? Oder daß sie appropriiert sind? Oder daß sie "Naturprodukte" sind? Denn daß sie ebensosehr Natur- als Arbeitsprodukte sind, sagt niemand deutlicher als Marx selbst, wenn er einmal ausspricht: "Die Warenkörper sind Verbindungen von zwei Elementen, Naturstoff und Arbeit". Oder ist nicht auch die Eigenschaft den Tauschwerten gemeinsam, daß sie ihren Erzeugern Kosten verursachen - eine Eigenschaft, an die sich Marx im dritten Bande so genau erinnert?

Warum soll nun, frage ich auch heute wieder, das Prinzip des Wertes nicht ebensogut in irgend einer dieser gemeinsamen Eigenschaften liegen, statt in der Eigenschaft, Arbeitsprodukt zu sein? Denn zu Gunsten der letzteren hat Marx nicht einmal die Spur eines positiven Grundes vorgebracht; sein einziger Grund ist der negative, daß der glücklich hinweg abstrahierte Gebrauchswert das Prinzip des Tauschwertes nicht ist. Kommt aber dieser negative Grund nicht in ganz gleichem Maße allen anderen von Marx übersehenen gemeinsamen Eigenschaften zu?

Ja noch mehr! Auf derselben S. 12 [S. 52], auf welcher Marx den Einfluß des Gebrauchswertes auf den Tauschwert mit der Motivierung hinweg abstrahiert hat, daß ein Gebrauchswert so viel gilt, wie jeder andere, wenn er nur in gehöriger Proportion vorhanden ist, erzählt er uns von den Arbeitsprodukten folgendes:
"Jedoch ist uns auch das Arbeitsprodukt bereits in der Hand verwandelt. Abstrahieren wir von seinem Gebrauchswert, so abstrahieren wir auch von den körperlichen Bestandteilen und Formen, die es zum Gebrauchswert machen. Es ist nicht länger Tisch oder Haus oder Garn oder sonst ein nützlich Ding. Alle seine sinnlichen Beschaffenheiten sind ausgelöscht. Es ist auch nicht länger das Produkt der Tischlerarbeit oder der Bauarbeit [100] oder der Spinnarbeit oder sonst einer bestimmten produktiven Arbeit. Mit dem nützlichen Charakter der Arbeitsprodukte verschwindet der nützliche Charakter der in ihnen dargestellten Arbeiten, es verschwinden also auch die verschiedenen konkreten Formen dieser Arbeiten; sie unterscheiden sich nicht länger, sondern sind allzusamt reduziert auf gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit."
Kann man deutlicher und ausdrücklicher sagen, daß für das Austauschverhältnis nicht bloß ein Gebrauchswert, sondern auch eine Art von Arbeit und Arbeitsprodukten "gerade so viel wie jede andere gilt, wenn sie nur in gehöriger Proportion vorhanden ist"? Daß mit anderen Worten genau derselbe Tatbestand, auf Grund dessen Marx soeben sein Ausschließungsverdikt gegen den Gebrauchswert ausgesprochen hat, auch rücksichtlich der Arbeit besteht? Arbeit und Gebrauchswert haben eine qualitative und eine quantitative Seite. So gut der Gebrauchswert als Tisch, Haus oder Garn qualitativ verschieden ist, so gut ist es die Arbeit als Tischlerarbeit, Bauarbeit oder Spinnarbeit. Und so gut man Arbeit verschiedener Art nach ihrer Menge vergleichen kann, gerade so kann man Gebrauchswerte verschiedener Art nach der Größe des Gebrauchswertes vergleichen. Es ist absolut unerfindlich, warum der identische Tatbestand für den einen Konkurrenten zur Ausschließung, für den anderen zur Krönung mit dem Preise führen soll! Wenn Marx zufällig die Reihenfolge der Untersuchung verkehrt hätte, so hätte er mit genau demselben Schlußapparat, mit welchem er den Gebrauchswert ausgeschlossen hat, die Arbeit ausschließen und dann wiederum mit demselben Schlußapparat, mit welchem er die Arbeit gekrönt hat, den Gebrauchswert als die allein übrig gebliebene und also gesuchte gemeinsame Eigenschaft proklamieren und den Wert als eine "Gebrauchswert-Gallerte" erklären können. Ich glaube, es läßt sich nicht im Scherze, sondern im vollen Ernst behaupten, daß in den beiden Absätzen der S. 12 [S. 51 f] in deren erstem der Einfluß des Gebrauchswertes hinwegabstrahiert und im zweiten die Arbeit als das gesuchte Gemeinsame demonstriert wird, ohne irgend eine Veränderung in der äußeren logischen Richtigkeit sich die Subjekte gegenseitig vertauschen ließen; daß in das ungeänderte Satzgefüge des ersten Absatzes statt des Gebrauchswertes überall die Arbeit und die Arbeitsprodukte, in das Gefüge des zweiten statt der Arbeit überall der Gebrauchswert eingesetzt werden könnte!

So ist die Logik und die Methodik beschaffen mit welcher Marx seinen Fundamentalsatz- von der Arbeit als alleinige Grundlage des Wertes in sein System einführt. Ich halte es für vollkommen ausgeschlossen, daß dieser dialektische Hokuspokus für Marx selbst Grund und Quelle der Überzeugung war. Ein Denker vom Range Marx‘ - und ich schätze ihn für eine Denkkraft allerersten Ranges - hätte, wenn es sich für ihn darum gehandelt hätte, seine

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eigene Überzeugung erst zu bilden und den tatsächlichen Zusammenhang der Dinge wirklich erst mit freiem, unparteiischem Blick zu suchen, ganz unmöglich von Haus aus auf einem derart gekrümmten und naturwidrigen Wege suchen, er hätte ganz unmöglich aus bloßem unglücklichen Zufall in alle die geschilderten logischen und methodischen Fehler der Reihe nach hineintappen und als naturwüchsiges, nicht vorausgewußtes und vorausgewolltes Ergebnis eines solchen Forschungsweges die These von der Arbeit als alleiniger Wertquelle heimbringen können.

Ich glaube, der wirkliche Sachverhalt war anders. Ich zweifle gar nicht, daß Marx von seiner These wirklich und ehrlich überzeugt war. Aber die Gründe seiner Überzeugung sind nicht die, die er ins System geschrieben hat. Es waren wohl überhaupt mehr Eindrücke als Gründe.

Vor allem die Eindrücke der Autorität. Smith und Ricardo, die großen Autoritäten, hatten ja, wie man damals wenigstens glaubte, denselben Satz gelehrt. Begründet hatten sie ihn freilich ebensowenig als Marx, sondern nur aus gewissen, allgemeinen, verschwommenen Eindrücken heraus postuliert. Im Gegenteil, wo sie genau zusahen, und für Gebiete, wo ein genaueres Zusehen sich nicht vermeiden ließ, haben sie ihm ausdrücklich widersprochen. Für die entwickelte empirische Volkswirtschaft hat Smith, geradeso wie Marx in seinem dritten Bande, das Gravitieren der Werte und Preise nach einem Kostenniveau gelehrt, welches außer der Arbeit auch noch einen mittleren Kapitalgewinn umschließt, und Ricardo hat in der berühmten Sektion IV. des Kapitels "On value" gleichfalls mit aller Deutlichkeit und Ausdrücklichkeit dargelegt, daß neben der unmittelbaren und mittelbaren Arbeit auch die Größe und Dauer der Kapitalinvestition einen bestimmenden Einfluß auf den Wert der Güter nimmt. Um ohne sichtbaren Widerspruch dem philosophischen Lieblingsgedanken von der Arbeit als der "wahren" Quelle des Wertes nachhängen zu können, mußten sie mit ihm in das Fabelland und in die Fabelzeit flüchten, wo es noch keinen Kapitalisten und Grundeigentümer gab. Hier ließ er sich unwiderlegt, weil unkontrolliert behaupten. Nicht kontrolliert durch die Erfahrung, die es dafür nicht gibt, und nicht kontrolliert durch die wissenschaftlich-psychologische Analyse, weil sie einer solchen Analyse - gerade so wie Marx - aus dem Wege gingen: sie begründeten nicht, sie postulierten als "natürlichen" Zustand ein Arbeitswertidyll*26 .

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In solche Stimmungen und Anschauungen, die durch die Autorität von Smith und Ricardo ein ungeheueres, freilich nicht unbestrittenes Ansehen erlangt hatten, trat Marx als Erbe ein. Und als glühender Sozialist glaubte er gerne daran. Kein Wunder, daß er gegen einen Gedanken, der seine wirtschaftliche Weltanschauung so trefflich zu stützen geeignet war, sich nicht skeptischer verhielt, als ein Ricardo, dem er doch höchlich wider den Strich gehen mußte. Kein Wunder auch, daß er durch die widersprechenden Äußerungen der Klassiker sich nicht zu kritischen Zweifeln gegen die These vom Arbeitswert anregen ließ, sondern sie nur als Versuche der Klassiker deutete, sich den mißliebigen Konsequenzen einer unbequemen Wahrheit auf einem Umwege zu entziehen. Kurz, kein Wunder, daß er auf Grund desselben Materiales, welches die Klassiker zu ihren einseitigen, halb verschwommenen, halb widersprochenen und gar nicht begründeten Außerungen verlockt hatte, für seine Person an dieselben Sätze glaubte, aber stark, unbedingt und mit glühender Überzeugung. Für sich brauchte er keine weiteren Gründe. Nur für sein System brauchte er eine formale Begründung.

Daß er sich in dieser nicht einfach an die Klassiker anlehnen konnte, begreift sich, denn diese hatten ja nichts begründet. Auch daß er weder an die Erfahrung appellieren, noch eine wirtschaftspsychologische Begründung versuchen konnte, wissen wir, denn diese Wege hätten ihn offensichtig auf das gerade Gegenteil seines Beweisthemas geführt. So wandte er sich denn an die seiner Geistesrichtung ohnedies zusagende logisch-dialektische Spekulation. Und hier hieß es: hilf, was helfen kann! Er wußte, was er herausbringen wollte und herausbringen mußte, und so künstelte und schraubte er an den geduldigen Begriffen und Prämissen mit bewunderungswürdigem Raffinement so lange herum, bis das vorausgewußte Ergebnis in äußerlich reputierlicher Schlußform wirklich herauskam. Vielleicht, daß er dabei von seinen Überzeugungen so geblendet war, daß er die logischen und methodischen Ungeheuerlichkeiten, die dabei notwendig unterlaufen mußten, gar nicht wahrnahm; vielleicht, daß er sie wahrnahm, aber vor sich als bloß formale Nachhilfen rechtfertigte, um einer nach seiner tiefsten Überzeugung materiell begründeten Wahrheit auch zu der ihr gebührenden systematischen Einkleidung zu verhelfen: über das kann ich nicht und kann heute wahrscheinlich überhaupt niemand mehr urteilen. Was ich aber behaupten möchte, ist, daß wohl niemals sonst ein so denkgewaltiger Kopf, wie Marx es war, eine so schwer, so kontinuierlich und so handgreiflich falsche Logik zum besten gegeben hat, als Marx es in der systematischen Begründung seiner Fundamentalthese tut.

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Diese falsche These webt er nun in sein System hinein. Mit einer bewunderungswürdigen taktischen Geschicklichkeit, die sich gleich bei seinen nächsten Schritten wieder glänzend erweist. Obwohl er nämlich seine These unter sorgfältiger Vermeidung des Erfahrungsbeweises lediglich "aus der Tiefe des Gemüts" heraus abgeleitet hat, läßt sich der Gedanke doch nicht ganz abweisen, das Ergebnis dieser apriorlstischen Spekulation an der Erfahrung auf die Probe zu stellen. Würde Marx selbst es nicht tun, so würden es voraussichtlich seine Leser auf eigene Faust tun. Wie handelt nun Marx?

Er teilt. In einem Punkte ist die Inkongruenz seiner These mit der Erfahrung flagmant. Diesen Punkt greift er, den Stier bei den Hörnern packend, selbst auf. Er hat nämlich in Konsequenz seines Grundprinzips gelehrt, daß der Wert der verschiedenen Waren sich verhält, wie die zu ihrer Erzeugung notwendige Arbeitszeit (I. 14) [MEW 23, S. 52/53]. Nun ist es selbst für den flüchtigen Beobachter offenkundig, daß dieser Satz gewissen Tatsachen gegenüber nicht Stich hält, daß z. B. das Tagesprodukt eines Bildhauers, eines Kunstschreiners, eines Geigenmachers, eines Maschinenbauers u. s. w. gewiß nicht einen gleichgroßen, sondern einen viel höheren Wert hat, als das Tagesprodukt eines gemeinen Handwerkers oder Fabrikarbeiters, obwohl in beiden gleichviel Arbeitszeit "verkörpert" ist. Marx bringt nun diese Tatsachen mit einer meisterhaften dialektischen Wendung selbst zur Sprache. Er nimmt von ihnen in einem Tone Akt, als ob sie nicht einen Widerstreit gegen sein Grundprinzip, sondern nur eine leichte Variante desselben enthielten, die sich noch innerhalb der Regel hält und nur eine gewisse Erläuterung oder genauere Bestimmung der letzteren erfordert. Er erklärt nämlich, als Arbeit im Sinne seines Theorems die "Verausgabung einfacher Arbeitskraft" verstehen zu wollen, "die im Durchschnitt jeder gewöhnliche Mensch, ohne besondere Entwickelung, in seinem leiblichen Organismus besitzt"; mit anderen Worten, "einfache Durchschnittsarbeit" (I. 19) [MEW 23, S. 59], ähnlich schon (I. 13) [MEW 23, S. 53]. "Kompliziertere Arbeit" - fährt er dann fort - "gilt nur als potenzierte oder vielmehr multiplizierte einfache Arbeit, so daß ein kleineres Quantum komplizierter Arbeit gleich ist einem größeren Quantum einfacher Arbeit. Daß diese Reduktion beständig vorgeht, zeigt die Erfahrung. Eine Ware mag das Produkt der kompliziertesten Arbeit sein, ihr Wert setzt sie dem Produkte einfacher Arbeit gleich und stellt daher selbst nur ein bestimmtes Quantum einfacher A r b e i t dar. Die verschiedenen Proportionen, worin verschiedene Arbeitsarten auf einfache Arbeit als ihre Maßeinheit reduziert sind, werden durch einen gesellschaftlichen Prozeß hinter dem Rücken der Produzenten festgesetzt und scheinen ihnen daher durch das Herkommen gegeben".

Für einen rasch dahineilenden Leser mag diese Auskunft wirklich

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ganz plausibel klingen. Sieht man freilich nur ein bißchen kaltblütig und nüchtern zu, so verkehrt sich der Eindruck ins Gegenteil.

Die Tatsache, mit der wir zu tun haben, ist, daß das Produkt eines Tages oder einer Stunde qualifizierter Arbeit einen größeren Wert hat, als das Produkt eines Tages oder einer Stunde einfacher Arbeit, daß z. B. das Tagesprodukt eines Bildhauers fünf Tagesprodukten eines Steinklopfers im Werte gleichsteht. Nun hat Marx gelehrt, daß die im Austausch einander gleichgesetzten Dinge "in Gemeinsames von derselben Größe" enthalten müssen, und dieses Gemeinsame soll eine Arbeit und Arbeitszeit sein. Arbeit überhaupt? Das ließen die ersten, allgemeinen Auseinandersetzungen von Marx bis zur S. 13 [S. 53] vermuten, aber das träfe evident nicht zu: denn fünf Tage Arbeit sind gewiß nicht "dieselbe Größe" wie ein Tag Arbeit. Darum sagt Marx jetzt nicht mehr Arbeit schlechtweg, sondern "einfache Arbeit": das Gemeinsame soll also der Gehalt von gleichviel Arbeit bestimmter Art, nämlich einfacher Arbeit sein.

Das trifft aber, mit kaltem Blute besehen, noch weniger zu, denn im Bildhauerprodukt ist überhaupt gar keine "einfache Arbeit" verkörpert, geschweige denn eine einfache Arbeit von gleicher Menge, wie in fünf Tagesprodukten eines Steinklopfers. Die nüchterne Wahrheit ist, daß die beiden Produkte verschiedene Arten von Arbeit in verschiedener Menge verkörpern, und das ist doch, wie jeder Unbefangene zugeben wird, das ausgesprochene Gegenteil von dem Tatbestande, den Marx fordert und behaupten muß: daß sie nämlich Arbeit derselben Art in gleicher Menge verkörpern!

Freilich sagt Marx: die komplizierte Arbeit "gilt" als multiplizierte einfache Arbeit, aber "gelten" ist nicht "sein", und die Theorie geht auf das Wesen der -Dinge. Natürlich können die Menschen in irgend einer Rücksicht einen Tag Bildhauerarbeit fünf Tagen Steinklopferarbeit gleichhalten, so wie sie z.B. auch ein Reh fünf Hasen gleichhalten können. Aber sowenig ein solches Gleichhalten den Statistiker berechtigen würde, von einem Reviere, in welchem 100 Rehe und 500 Hasen sich befinden, mit wissenschaftlichem Ernst zu behaupten, es seien 1000 Hasen darin, ebensowenig ist der Preisstatistiker oder Werttheoretiker berechtigt, ernsthaft zu behaupten, daß im Tagesprodukt des Bildhauers fünf Tage einfacher Arbeit verkörpert seien und dies der reelle Grund sei, warum es im Austausch fünf Tagesprodukten des Steinklopfers gleichgestellt werde. Was man alles beweisen kann, wenn man sich gestattet, dort, wo das "Sein" einen im Stiche läßt, mit dem "Gelten" und "Geltenlassen" sich zu helfen, werde ich einen Augenblick später noch an einem unmittelbar auf das Wertproblem zugepaßten Beispiele zu illustrieren suchen. Vorher muß ich aber noch eine andere Betrachtung einschalten.

Marx macht nämlich in der zitierten Stelle einen Versuch, sein

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Manöver mit der "Reduktion" der komplizierten auf einfache Arbeit zu rechtfertigen, und zwar durch die E r f a h r u n g. "Daß diese Reduktion beständig vorgeht, zeigt die Erfahrung. Eine Ware mag das Produkt der kompliziertesten Arbeit sein, ihr Wert setzt sie dem Produkte einfacher Arbeit gleich und stellt daher selbst nur ein bestimmtes Quantum einfacher Arbeit dar".

Gut. Lassen wir das einstweilen gelten, und sehen wir uns nur etwas genauer an, in welcher Weise und durch welche Faktoren der Reduktionsmaßstab für diese von Marx berufene erfahrungsmäßige Reduktion bestimmt werden soll. Da stoßen wir auf die sehr natürliche, aber für die Marxsche Theorie sehr kompromittierende Wahrnehmung, daß der Reduktionsmaßstab durch nichts anderes bestimmt wird, als durch die faktischen Austauschverhältnisse selbst. Es ist nicht a priori aus irgend einer den qualifizierten Arbeiten inhärenten Eigenschaft bestimmt oder bestimmbar, in welchem Verhältnis sie bei der Wertbildung ihrer Produkte in einfache Arbeit umgerechnet werden sollen, sondern es entscheidet nichts als der tatsächliche Erfolg, die tatsächlichen Austauschverhältnisse. Marx sagt es selbst: "ihr Wert setzt sie dem Produkt einfacher Arbeit gleich", und er verweist auf "einen gesellschaftlichen Prozeß", durch welchen "hinter dem Rücken der Produzenten die verschiedenen Proportionen festgesetzt werden, worin verschiedene Arbeitsarten auf einfache Arbeit als ihie Maßeinheit reduziert werden", und daß diese Proportionen daher "durch das Herkommen gegeben erscheinen".

Was bedeutet unter diesen Umständen die Berufung auf den "Wert" und auf den "gesellschaftlichen Prozeß" als bestimmende Faktoren des Reduktionsmaßstabes? - Sie bedeutet, von allem anderen abgesehen, den nackten, reinen Zirkel in der Erklärung. Gegenstand der Erklärung sollen ja die Austauschverhältnisse der Waren sein, z. B. auch, warum eine Statuette, die einen Tag Bildhauerarbeit gekostet hat, sich gegen eine Fuhre Scholter vertauscht, die fünf Tage Steinklopferarbeit gekostet hat, und nicht vielleicht gegen eine größere oder kleinere Scholtermenge, die zehn oder nur drei Tage Arbeit kostet. Was sagt uns Marx zur Erklärung? Das Austauschverhältnis ist dieses und kein anderes, weil der Tag Bildhauerarbeit gerade auf fünf Tage einfacher Arbeit zu reduzieren ist. Und warum ist er gerade auf fünf Tage zu reduzieren? Weil die Erfahrung zeigt, daß er durch einen gesellschaftlichen Prozeß so reduziert wird. Und welches ist dieser gesellschaftliche Prozeß? Derselbe, der erklärt werden soll: derselbe, durch den eben das Produkt von einem Tage Bildhauerarbeit im Werte dem Produkt von fünf Tagen gemeiner Arbeit gleichgesetzt wird. Würde es faktisch regelmäßig gegen das Produkt von nur drei einfachen Arbeitstagen ausgetauscht, so würde Marx uns ebenso anweisen, den Reduktionsmaßstab von 1 : 3 als den erfahrungsmäßigen anzuerkennen, und auf ihn die Erklärung stützen, daß und warum eine Statuette gerade gegen das Produkt von drei Arbeitstagen eines Steinklopfers, nicht mehr und nicht weniger, vertauscht werden muß.! Kurz, es ist klar, daß wir auf

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diesem Wege über die eigentliche Ursache, warum Produkte verschiedener Arbeitsarten in diesem oder jenem Verhältnis gegen einander vertauscht werden, gar nichts erfahren; sie werden so vertauscht, sagt uns Marx, wenn auch mit ein bißchen anderen Worten, weil sie erfahrungsgemäß so vertauscht werden!

Ich merke noch im Vorbeigehen an, daß Epigonen von Marx, vielleicht in Erkenntnis des eben geschilderten Zirkels, den Versuch gemacht haben, die Reduktion der komplizierten auf einfache Arbeit auf eine andere, reelle Basis zu stellen. "Es ist keine Fiktion, sondern eine Tatsache" - sagt Grabski*27 - "daß eine Stunde komplizierter Arbeit mehrere einfacher Arbeit in sich enthält". Denn man muß, "um konsequent zu bleiben, auch derjenigen Arbeit, die auf die Aneignung der Kunstfertigkeit verwendet wurde, Rechnung tragen". Ich glaube, es bedarf nicht vieler Worte, um die gänzliche Unzulänglichkeit auch dieser Auskunft einleuchtend zu machen. Dagegen, daß man der Ausübungsarbeit nach die auf sie verhältnismäßig entfallende Quote der Erlernungsarbeit zuschlägt, will ich gar nichts einwenden. Aber offenbar könnte man die Verschiedenheiten in der Geltung der komplizierten gegenüber der einfachen Arbeit nur dann aus diesem Zuschlag erklären, wenn die Größe desselben der Größe jener Verschiedenheit entsprechen würde. Es würden z. B. in unserem angenommenen Falle nur dann in einer Stunde ausübender Bildhauerarbeit fünf Stunden einfacher Arbeit tatsächlich stecken, wenn auf je eine Stunde Ausübung vier Stunden Erlernung fielen, oder, auf größere Einheiten umgerechnet, wenn von 50 Lebensjahren, die ein Bildhauer lernend und ausübend seinem Berufe widmet, er 40 Jahre lernen müßte, um 10 Jahre ausüben zu können. Daß ein solches oder auch nur annähernd ähnliches Verhältnis in Wirklichkeit platzgreift, wird aber wohl niemand behaupten wollen. Ich wende mich daher von der offenbar unzulänglichen Verlegenheitshypothese des Epigonen wieder zur Lehre des Meisters selbst zurück, um die Art und Tragweite ihrer Irrungen noch an einem Beispiele zu illustrieren, in welchem die fehlerhafte Schlußweise von Marx, wie ich glaube, auf das deutlichste zu Tage tritt.

Mit genau derselben Art der Argumentation ließe sich nämlich auch der Satz behaupten und vertreten, daß das Prinzip und der Maßstab des Tauschwertes im Stoffgehalt der Waren liege, daß die Waren sich im Verhältnis der in ihnen verkörperten Stoffmenge vertauschen. Zehn Kilo Stoff in der einen Warenform vertauschen sich jederzeit gegen zehn Kilo Stoff in anderer Warenform. Wenn man gegen diese Behauptung natürlich einwendet, daß das doch offenbar falsch sei, da sich ja z.B. 10 Kilo Gold nicht gegen 10, sondern gegen 40.000 Kilo Eisen oder gegen noch mehr Kilo Kohle vertauschen, so replizieren wir nach dem Vorbilde von Marx: für die Wertbildung kommt es auf den Gehalt an g e m e i n e m Durchschnittsstoff an. Dieser fungiert als Maßeinheit. Qualifizierte, feine, kostbare Stoffe "gelten nur als potenzierter

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oder vielmehr multiplizierter einfacher Stoff, so daß ein kleineres Quantum qualifizierten Stoffes gleich einem größeren Quantum einfachen Stoffes ist. Daß diese Reduktion beständig vorgeht, zeigt die Erfahrung. Eine Ware mag aus dem exquisitesten Stoff bestehen - ihr W e r t setzt sie den aus gemeinem Stoffe gebildeten Waren gleich und stellt daher selbst nur ein bestimmtes Quantum gemeinen Stoffes vor"
. Ein "gesellschaftlicher Prozeß", dessen tatsächliches Bestehen gewiß nicht angezweifelt werden kann, reduziert immerfort z. B. das Pfund rohes Gold auf 40.000, das Pfund rohes Silber auf 1.500 Pfund rohes Eisen. Die Bearbeitung des Goldes, z. B. durch einen gewöhnlichen Goldschmied oder durch die Hand eines großen Künstlers, ergibt weitere Nuancen in der Qualifikation des Stoffes, welchen die Praxis erfahrungsgemäß durch besondere Reduktionsmaßstäbe gerecht wird. Wenn daher ein Pfund Goldbarren sich gegen Eisenbarren von 40.000 Pfund oder wenn ein von Benvenuto Cellini geformter Goldpokal in gleichem Gewicht sich gegen 4.000.000 Pfund Eisen vertauscht, so ist das nicht eine Verletzung, sondern eine Bestätigung des Satzes, daß Waren sich im Verhältnis des von ihnen dargestellten " Durchschnittsstoffes" vertauschen!

Ich glaube, der unbefangene Leser wird in diesen Argumentationen unschwer die beiden Ingredienzien des Marxschen Rezeptes wiedererkennen: die Substituierung des "Gelten" für das "Sein" und den Erklärungszirkel, der in der Herholung des Reduktionsmaßstabes aus den der Erklärung eben bedürftigen faktischen Austauschverhältnissen in der Gesellschaft liegt!

So hat sich Marx mit dem grellsten Widerspruch der Tatsachen gegen seine Theorie abgefunden - dialektisch unstreitig mit großem Geschick, in der Sache selbst natürlich, wie es nicht anders sein konnte, in ganz unzulänglicher Weise.

Daneben gibt es aber noch andere, dem Grade nach weniger auffällige Inkongruenzen mit der tatsächlichen Erfahrung, jene nämlich, welche sich aus dem Anteil der Kapitalinvestition an der Bestimmung der faktischen Güterpreise ableiten, dieselben, welche, wie oben bemerkt, Ricardo in der IV. Sektion des Kapitals "On value" erörtert. Gegenüber diesen Inkongruenzen schlägt Marx eine andere Richtung ein. Er verschließt ihnen gegenüber einstweilen völlig die Augen. Er ignoriert sie zwei Bände lang. Er tut so, als ob sie nicht vorhanden wären, indem er sie während des ganzen ersten und zweiten Bandes voraussetzungs Weise hinweg abstrahiert. Er geht nämlich während der ganzen weiteren Darstellung seiner Wertlehre, desgleichen bei der Entwickelung seiner Mehrwerttheorie immer von der teils stillschweigend festgehaltenen, teils ausdrücklich ausgesprochenen "Voraussetzung" aus, daß die Waren sich wirklich zu ihren Werten, d. i. genau im Verhältnis der in ihnen verkörperten Arbeit, vertauschen*28 .

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Er verbindet auch diese voraussetzungsweise Abstraktion wieder mit einem ungemein geschickten dialektischen Zug. Es gibt nämlich gewisse tatsächliche Abweichungen von der theoretischen Regel, von denen ein Theoretiker wirklich abstrahieren darf: das sind die zufälligen und vorübergehenden Schwankungen der Marktpreise um ihren regelmäßigen Dauerstand herum. Marx verfehlt nun nicht, bei solchen Gelegenheiten, bei welchen er erklärt, von Abweichungen der Preise von den Werten abstrahieren zu wollen, die Aufmerksamkeit der Leser auf solche "zufällige Umstände" hinzulenken, von denen man "absehen" müßte, wie auf "die beständigen Oszillationen der Marktpreise", deren "Steigen und Sinken sich kompensiere", und die "sich selbst zum Durchschnittspreis als ihrer inneren Regel reduzieren"*29 . Er erringt sich durch einen solchen Hinweis die Billigung der Leser für seine Abstraktion, daß er aber dabei nicht bloß von zufälligen Schwankungen, sondern auch von ganz festen, dauernden, typischen "Abweichungen" abstrahiert, deren Existenz geradezu einen integrierenden Bestandteil der zu erklärenden Regel selbst bildet, bleibt für den nicht ganz genau zusehenden Leser im Verborgenen, und er gleitet ahnungslos über die methodische Todsünde des Autors hinüber.

Denn eine methodische Todsünde ist es, wenn man in einer wissenschaftlichen Untersuchung dasjenige ignoriert, was man erklären soll. Nun bezweckt Marx‘ Mehrwerttheorie doch nichts anderes als eine in seinem Sinne gehaltene Erklärung des Kapltalgewinnes. Der Kapitalgewinn steckt aber gerade in jenen ständigen Abweichungen der Warenpreise vom Belauf ihrer bloßen Arbeitskosten. Wenn man daher diese "Abweichungen" ignoriert, so ignoriert man geradezu den Hauptteil dessen, was erklärt werden soll. Ich habe vor 12 Jahren dasselbe methodische Versehen sowohl gegen Rodbertus, der sich desselben in gleicher Weise schuldig gemacht hatte, als auch gegen Marx selbst gerügt*30 . Es sei mir gestattet, die Schlußworte meiner damaligen Kritik zu wiederholen:
"Sie (die Anhänger der Ausbeutungstheorie) behaupten das Gesetz, daß der Wert aller Waren auf der in ihnen verkörperten Arbeitszeit beruht, um im nächsten Augenblicke alle Wertbildungen, die mit diesem "Gesetze" nicht harmonieren, z. B. die Wertdifferenzen, die als Mehrwert dem Kapitalisten zufallen, als "gesetzwidrig", "unnatürlich", "ungerecht" anzugreifen und zur Ausrottung zu empfehlen. Erst ignorieren sie also die Ausnahme, um ihr Wertgesetz als allgemeines proklamieren zu können. Und nachdem sie so die Allgemeingültigkeit desselben erschlichen haben, werden sie wieder auf die Ausnahmen aufmerksam, um sie als Verstöße gegen das Gesetz zu brandmarken. Diese Art der Schlußfolgerung ist wirklich nicht bes- [109] ser, als wenn man wahrnimmt, daß es viele törichte Menschen gibt, ignoriert, daß es auch weise Menschen gibt, hierdurch zu dem "allgemein gültigen Gesetze" kommt, daß "alle Menschen töricht sind", und dann die Ausrottung der "gesetzwidrig" existierenden Weisen fordert!" (Böhm-Bawerk)*31
Für seine Darstellung gewann freilich Marx durch sein Abstraktionsmanöver einen großen taktischen Vorteil. Er hat die störende Wirklichkeit "voraussetzungsweise" aus seinem System ausgeschlossen und gerät daher, solange er diesen Ausschluß aufrechthalten kann, in keinen Konflikt mit ihr. Das gilt für den restlichen, bei weitem größten Teil des ersten, den ganzen zweiten und auch für das erste Viertel des dritten Bandes. In diesem Mlttellauf des Marxschen Systemes fließt der Strom seiner logischen Entwickelungen und Verknüpfungen mit einer wirklich imponierenden Geschlossenheit und inneren Konsequenz dahin. Marx d a r f hier gute Logik machen, weil er im Wege der "Voraussetzung" vorweg die Tatsachen mit seinen Ideen in Einklang gebracht hat und daher diesen treu bleiben kann, ohne an jene anzustoßen, und wo Marx gute Logik machen darf, da kann er es auch, und zwar in meisterhafter Weise. Diese mittleren Partien des Systemes werden, so falsch der Ausgangspunkt desselben sein mag, durch ihre außerordentliche innere Folgerichtigkeit den Ruhm ihres Verfassers als einer Denkkraft ersten Ranges für immer feststellen. Und - was als Nebenwirkung dem praktischen Einflusse des Marxschen Systems sicherlich nicht wenig zu statten gekommen ist - während dieses langen, an innerer Folgerichtigkeit im wesentlichen wirklich untadeligen Mittellaufes gewinnen die Leser, die einmal den tumultuarischen Anfang glücklich überwunden haben, Zeit, sich in die Marxsche Gedankenwelt einzuleben und zu den Ideengängen Zutrauen zu erlangen, die jetzt wirklich so hübsch einer aus dem anderen fließen und so wohlgeordnet sich zu einem Ganzen fügen. So sind es im Zutrauen gefestigte Leser, an die Marx mit jenen harten Zumutungen herantritt, die er im dritten Bande schließlich zu stellen genötigt ist.

Denn solange Marx es auch hinausschiebt - einmal muß er die Augen für die Tatsachen des wirklichen Lebens öffnen. Er muß endlich vor seinen Lesern zugestehen, daß die Waren sich im tatsächlichen Leben, und zwar regelmäßig und notwendig, nicht im Verhältnis der in ihnen verkörperten Arbeitszeit, sondern teils unter, teils über diesem Verhältnisse vertauschen, je nachdem das investierte Kapital einen kleineren oder größeren Betrag an Durchschnittsprofit erfordert, kurz, daß neben der Arbeitszeit auch die Kapitalinvestition einen koordinierten Bestimmgrund des Austauschverhältnisses der Waren bildet. Daraus erwachsen für Marx zwei harte Aufgaben. Er muß erstens sich vor seinen Lesern darüber zu rechtfertigen versuchen, daß er anfangs und so lange ge-

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lehrt hatte, daß die Arbeit den einzigen Bestimmgrund der Austauschverhältnisse bilde; und er muß zweitens - was vielleicht die noch härtere Aufgabe war - für die seiner Theorie feindseligen Tatsachen seinen Lesern auch noch eine theoretische Erklärung liefern, die offenbar in seiner Arbeitswerttheorie nicht ohne Rest aufgehen konnte, andererseits ihr aber doch auch nicht widersprechen sollte.

Daß es bei diesen Demonstrationen mit guter, gerader Logik nicht mehr ging, begreift sich. Wir erleben jetzt das Gegenstück zu dem verworrenen Anfang des Systems. Dort hatte Marx, um ein Theorem abzuleiten, das sich auf geradem Wege aus den Tatsachen nicht ableiten ließ, teils diesen, teils und hauptsächlich der Logik Gewalt antun und einige der unglaublichsten Denkversehen in den Kauf nehmen müssen. Jetzt wiederholt sich die Situation. Jetzt treffen mit den Theoremen, die zwei Bände lang allein und daher ungestört das Feld behauptet hatten, wieder die Tatsachen zusammen, die sich mit denselben natürlich ebenso wenig vertragen, wie zu Anfang. Dennoch soll die Harmonie des Systems aufrechterhalten werden. Das kann nicht anders geschehen, als wiederum auf Kosten der Logik. Wir erleben daher im Marxschen System das auf den ersten Blick befremdliche, aber unter den geschilderten Verhältnissen eigentlich ganz natürliche Schauspiel, daß der dem Umfange nach weit überwiegende Teil des Systems ein der Denkkraft seines Autors würdiges Meisterstück strenger, geschlossener Logik darstellt, in welches aber an zwei, leider gerade den entscheidenden, Stellen Partien von unglaublich schwacher und nachlässiger Gedankenführung eingestreut sind: das erste Mal ganz zu Anfang, wo die Theorie zuerst von den Tatsachen sich trennte, und das zweite Mal nach dem ersten Viertel des dritten Bandes, wo die Tatsachen wieder in den Gesichtskreis der Leser gerückt werden; es ist hauptsächlich das zehnte Kapitel des dritten Buches (S. 151 - 179) [S. 182 - 209], das hier in Betracht kommt.

Einen Teil jenes Inhalts haben wir schon kennen und beurteilen gelernt; es ist dies die Selbstverteidigung Marx‘ gegen den Vorwurf des Widerspruchs zwischen dem Gesetze der Produktionspreise und dem "Wertgesetze"*32 . Es erübrigt nun noch, einen Blick auf die zweite Aufgabe des bezeichneten Kapitels zu werfen, auf die theoretische Erklärung, mit welcher Marx die den faktischen Verhältnissen Rechnung tragende *33 Theorie der Produktionspreise in sein System einführt. Diese Betrachtung führt uns noch auf einen der instruktivsten und für das Marxsche System charakteristischsten Punkte: auf die Stellung der "Konkurrenz" in seinem System.

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Die "Konkurrenz" ist, wie ich schon oben einmal andeutete, eine Art Sammelname für all die psychischen Antriebe und Motive, von denen sich die Marktparteien bei ihrem Benehmen leiten lassen, und die auf diese Weise auf die Bildung der Preise Einfluß gewinnen. Der Kauflustige hat seine Motive, die er beim Kauf verfolgt, und aus denen für ihn eine gewisse Richtschnur für die Höhe des Preises entspringt, den er anfangs oder äußersten Falles zu bieten bereit ist. Und ebenso hat der Verkäufer und der Produzent gewisse Motive, die ihn bestimmen, seine Ware zu gewissen Preisen loszuschlagen, zu anderen nicht, seine Erzeugung bei bestimmter Höhe des Preises fortzusetzen oder selbst auszudehnen, bei anderer Höhe aber einzustellen. In der Konkurrenz der Käufer und Verkäufer treffen nun alle diese Antriebe und Bestimmgründe auf einander, und wer sich zur Erklärung einer Preisbildung auf die Konkurrenz beruft, beruft sich im Grunde unter einem Sammelnamen auf das Spiel und die Wirkung aller der psychischen Motive und Antriebe, die bei beiden Marktparteien leitend waren.

Marx ist nun im allgemeinen bemüht, der Konkurrenz und den Kräften, die in ihr wirken, eine möglichst untergeordnete Stellung in seinem System anzuweisen. Er sieht über sie hinweg, oder er sucht wenigstens die Art und das Maß ihres Einflusses herabzusetzen, wo und wie er kann. Das zeigt sich bei verschiedenen Gelegenheiten in drastischer Weise.

Zunächst schon bei der Ableitung seines Arbeitswertgesetzes. Jeder Unbefangene weiß und sieht, daß derjenige Einfluß, den die aufgewendete Arbeitsmenge überhaupt auf die dauernde Gestalt der Güterpreise nimmt - dieser Einfluß ist freilich nicht von so ausschliessender Natur, wie das Marxsche Wertgesetz es aussagt -‚ nur durch das Spiel von Angebot und Nachfrage, beziehungsweise durch die Konkurrenz vermittelt wird. Bei vereinzelten Täuschen oder bei einem Monopol können Preise zum Vorschein kommen, welche (auch abgesehen von den Ansprüchen des investierten Kapitales) außer allem Verhältnis zur verkörperten Arbeitszeit stehen. Marx weiß das natürlich auch. Aber er bringt zunächst, bei der Ableitung seines Wertgesetzes, nicht die Sprache darauf. Würde er es tun, so würde sich ja die weitere Frage und Untersuchung gar nicht von der Hand weisen lassen, auf welche Weise und durch welche Zwischenglieder hindurch unter allen Motiven und Faktoren, die unter der Flagge der Konkurrenz wirksam werden, gerade der Arbeitszeit der einzig ausschlaggebende Einfluß auf die Preishöhe zukommen soll. Und die hierbei unvermeidliche vollständige Analyse jener Motive würde unfehlbar den Gebrauchswert der Waren viel stärker, als es Marx passen konnte, in den Vordergrund gestellt, manches in anderer Beleuchtung und manches endlich überhaupt gezeigt haben, dem Marx in seinem System eine Geltung nicht einräumen wollte.

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Darum schlüpft er bei derjenigen Gelegenheit, bei welcher eine systematisch vollständige Begründung seines Wertgesetzes ihm die Darlegung der Vermittlerrolle der Konkurrenz zur Pflicht gemacht hätte, über diesen Punkt zunächst ganz schweigend hinweg. Später gedenkt er seiner wohl, aber nach Ort und Art der Erwähnung nicht wie eines wichtigen Gliedes im theoretischen Systeme, sondern in flüchtigen, gelegentlichen Bemerkungen, die die Tatsache, mit ein paar Worten anführen, wie etwas, das sich mehr oder weniger von selbst versteht, und ohne sich mit einer tieferen Begründung abzuplagen.

Am bündigsten glaube ich, registriert Marx jene Tatsachen auf S. 156 [S. 187] des dritten Bandes, wo er dafür, daß die Waren sich zu Preisen austauschen, die annähernd ihren "Werten", also der verkörperten Arbeitszeit, entsprechen, folgende drei Bedingungen aufstellt:

  1. daß der Austausch der Waren nicht bloß ein "zufälliger oder gelegentlicher" ist;

  2. daß die Waren "beiderseits in den annähernd dem wechselseitigen Bedürfnis entsprechenden Verhältnismengen produziert werden, w a s die wechselseitige Erfahrung des Absatzes mit sich bringt, und was so als Resultat aus dem fortgesetzten Austausch selbst herauswächst", und

  3. daß "kein natürliches oder künstliches Monopol eine der kontrahierenden Seiten befähige, über dem Wert zu verkaufen, oder sie zwänge, unter ihm loszuschlagen".

Also eine lebhafte beiderseitige Konkurrenz, die auch schon lange genug angedauert hat, um die Produktion nach dem erfahrungsmäßigen Absatz, beziehungsweise Bedürfnis der Käufer zu adjustieren, fordert Marx hier als Bedingung dafür, daß sein Wertgesetz überhaupt in Wirksamkeit treten könne. Wir müssen diese Stelle gut im Gedächtnis behalten.

Eine genauere Begründung wird ihr nicht beigegeben. Im Gegenteile, kurz darauf, und zwar gerade mitten in denjenigen Ausführungen, in denen Marx noch verhältnismäßig am einläßlichsten von der Konkurrenz, ihren beiden "Seiten", der Nachfrage und Zufuhr, und ihrem Verhältnis zur Preisbildung spricht, lehnt er eine "tiefere Analyse dieser beiden gesellschaftlichen Triebkräfte" als "hier nicht angebracht" ausdrücklich ab!*34

Aber noch mehr! Um die Bedeutung von Angebot und Nachfrage für das theoretische System noch weiter herabzusetzen und wohl auch um seine theoretische Vernachlässigung dieser Faktoren zu rechtfertigen, hat Marx eine eigene, merkwürdige Theorie ausersonnen, die er, nachdem er sie in gelegentlichen Andeutungen schon früher gestreift hat, auf S. 169 und 170 [S. 199 u. 200] des dritten Bandes entwickelt. Er geht davon aus, daß, wenn einer der beiden Faktoren über den anderen, z. B. die Nachfrage über die Zufuhr überwiegt, oder umgekehrt, sich unregelmäßige Marktpreise bilden,

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die von dem das "Schwankungszentrum" für diese Marktpreise bildenden "Marktwert" abweichen; daß dagegen, wenn die Waren zu diesem ihrem normalen Marktwert sich verkaufen sollen, Nachfrage und Zufuhr sich gerade decken müssen. Und daran knüpft er folgende merkwürdige Argumentation: "Wenn Nachfrage und Zufuhr sich decken, hören sie auf zu wirken. Wenn zwei Kräfte in entgegengesetzter Richtung gleichmäßig wirken, heben sie einander auf, wirken sie gar nicht nach außen, und Erscheinungen, die unter dieser Bedingung vorgehen, müssen anders als durch das Eingreifen dieser beiden Kräfte erklärt werden. Wenn Nachfrage und Zufuhr sich gegenseitig aufheben, hören sie auf, irgend etwas zu erklären, wirken sie nicht auf den Marktw e r t und lassen uns erst recht im Dunkeln darüber, weshalb der Marktwert sich gerade in dieser Summe Geld ausdrückt und in keiner anderen". Aus dem Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr lassen sich daher wohl die "Abweichungen vom Marktwert", die durch das Überwiegen einer Kraft über die andere hervorgerufen werden, nicht aber die Höhe des Marktwertes selbst erklären.

Daß diese seltsame Theorie Marx gut in das System paßt, liegt auf der Hand. Wenn für die Höhe der Dauerpreise aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage schlechterdings nichts zu erklären ist, dann war es ja auch ganz in der Ordnung, daß Marx sich in seiner Grundlegung um diese belanglosen Faktoren nicht weiter gekümmert und ohne Umschwelfe denjenigen Faktor in das System eingeführt hat, der nach seiner Meinung allein einen reellen Einfluß auf die Werthöhe ausübt, nämlich die Arbeit.

Es liegt aber, wie ich glaube, nicht weniger auf der Hand, daß jene seltsame Theorie vollkommen falsch ist. Ihre Argumentation ruht, wie so oft bei Marx, auf einem Spiel mit Worten.

Es ist ganz richtig, daß bei dem Verkauf einer Ware zu ihrem normalen Marktwert in einem gewissen Sinne Angebot und Nachfrage sich decken müssen: d. h., daß zu diesem Preise ebensoviel von der Ware wirksam begehrt als angeboten wird. Dies gilt aber nicht bloß bei dem Verkauf zum normalen Marktwerte, sondern bei jedem, auch bei einem abweichenden, unregelmäßigen Marktpreise. Ferner ist es jedermann, und auch Marx ganz gut bekannt, daß Angebot und Nachfrage elastische Größen sind. Außer der faktisch zum Austausch gelangenden Nachfrage und Zufuhr gibt es immer auch noch eine "ausgeschlossene" Nachfrage und Zufuhr; eine Menge von Leuten, die die Ware für ihr Bedürfnis gleichfalls begehren, aber den von ihren kräftigeren Konkurrenten gebotenen Preis nicht bieten wollen oder können, und eine Menge von Leuten, welche die begehrte Ware gleichfalls zu liefern bereit wären, aber nur zu höheren als den auf dem gegenwärtigen Markte in Frage kommenden Preisen. Das Wort nun, daß Angebot und Nachfrage "sich decken", gilt durchaus nicht von der ganzen Nachfrage und Zufuhr, sondern nur von dem erfolgreichen Teile. Es ist aber endlich

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auch eine bekannte Sache, daß die Mechanik des Marktes gerade in der Auslese des erfolgreichen Teiles aus der Gesamtnachfrage und dem Gesamtangebot ihre Aufgabe findet, und daß das wichtigste Mittel dieser Auslese die Preisbildung ist. Es können nicht mehr Waren gekauft als verkauft werden. Es können daher von beiden Seiten nur gleichviele Reflektanten (bezw. Reflektanten für gleichviel Waren) zum Zuge gelangen. Die Auslese dieser Gleichzahl erfolgt nun dadurch, daß der Preis automatisch auf eine Höhe gerückt wird, durch welche die Überzähligen auf beiden Seiten ausgeschlossen werden, so daß der Preis zugleich für die überzähligen Kauflustigen zu hoch und für die überzähligen Verkauflustigen zu niedrig ist. An der Bestimmung dieser Preishöhe haben nun nicht allein die zum Zuge gelangenden, sondern auch die Verhältnisse der ausgeschlossenen Bewerber einen Anteil*35 , und es ist schon deshalb falsch, aus der Gleichheit des zum Zuge gelangenden Teiles von Angebot und Nachfrage auf eine gänzliche Aufhebung der von Angebot und Nachfrage überhaupt ausgehenden Wirkung zu schließen.

Es ist dies aber auch noch aus einem anderen Grunde falsch. Nehmen wir selbst an, mit der Preisbildung habe nur der quantitativ im Gleichgewichte stehende erfolgreiche Teil von Angebot und Nachfrage zu tun, so ist es eine ganz irrige und unwissenschaftliche Annahme, daß Kräfte, die sich gerade das Gleichgewicht halten, deshalb "aufhören zu wirken". Im Gegenteil, ihre Wirkung ist eben der erzielte Gleichgewichtszustand, und wenn es sich darum handelt, diesen Gleichgewichtszustand mit allen seinen Besonderheiten, zu welchen in hervorragender Weise die Höhe des Niveaus gehört, in welchem das Gleichgewicht gefunden wurde, zu erklären, so kann dies nicht, wie Marx meint, nur "anders als durch das Eingreifen der beiden Kräfte", sondern es kann im Gegenteile nur durch das Eingreifen der sich das Gleichgewicht haltenden Kräfte geschehen. Solche abstrakte Sätze können übrigens am schlagendsten an einem praktischen Beispiele einleuchtend gemacht werden.

Wir lassen einen Luftballon steigen. Jedermann weiß, daß der Luftballon dann und deshalb steigt, wenn und weil er mit einem Gas gefüllt ist, welches dünner ist, als die atmosphärische Luft. Aber er steigt nicht ins Grenzenlose, sondern nur bis zu einer

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gewissen Höhe, in welcher er sodann, so lange nicht andere Einwirkungen, wie Ausströmen des Gases etc., die Sachlage verändern, schwebend verharrt. Wie reguliert sich nun, und durch welche Faktoren bestimmt sich diese Steighöhe? Auch das ist ganz klar und durchsichtig. Die Dichte der atmosphärischen Luft nimmt nach oben zu ab. Der Ballon steigt nur so lange, als die Dichte der ihn gerade umgebenden Luftschichte noch größer ist als seine eigene Dichte, und er hört zu steigen auf, wenn die eigene Dichte und die Dichte der umgebenden Luftschichte sich gerade das Gleichgewicht halten. Der Luftballon wird also desto höher steigen, je geringer die Dichte seines Füllungsgases ist, und in einer je höheren Luftschichte der gleiche Dichtigkeitsgrad bei der atmosphärischen Luft anzutreffen ist. Es liegt unter diesen Umständen auf der Hand, daß die Erklärung der Steighöhe gar nicht anders gewonnen werden kann, als durch die Berufung auf die wechselseitigen Dichtigkeitsverhältnisse des Ballons einerseits und der atmosphärischen Luft andererseits.

Wie würde die Sache aber nach dem Marxschen Ideenkreise aussehen? Bei erreichter Steighöhe halten sich die beiden Kräfte, Dichtigkeit des Ballons und Dichtigkeit der umgebenden Luft, gerade das Gleichgewicht. Sie "hören deshalb auf zu wirken", "sie hören auf, irgend etwas zu erklären", sie "wirken nicht auf die Steighöhe", und wenn wir daher die letztere erklären wollen, müssen wir sie "anders erklären als durch das Eingreifen dieser beiden Kräfte"! Ja, wodurch denn?!

Oder, wenn eine Dezimalwaage beim Abwägen eines Körpers auf 50 Kilo weist, wie kann dieser Stand der Waage erklärt werden? Durch das Verhältnis der Schwere des zu wägenden Körpers einerseits und des zum Abwägen dienenden Gewichtes andererseits nicht, denn diese beiden Kräfte halten sich bei dem betreffenden Stande der Waage gerade das Gleichgewicht, hören daher auf zu wirken, und es kann aus ihrem Verhältnis gar nichts, auch nicht der Stand der Waage erklärt werden!

Ich glaube, die Irrung ist deutlich genug, wie nicht minder auch, daß dieselbe Art der Irrung den Darlegungen zu Grunde liegt, in denen Marx den Einfluß von Angebot und Nachfrage auf die Höhe der Dauerpreise hinweg räsonniert. Daß übrigens ja kein Mißverständnis entstehe: es ist entfernt nicht meine Meinung, daß die Berufung auf die Formel von Angebot und Nachfrage bereits eine vollständige und befriedigende Erklärung der Dauerpreise enthalte. Im Gegenteile, meine anderwärts oft und eingehend ausgesprochene Meinung geht dahin, daß man die Elemente, die mit jenem Schlagworte nur grob zusammenfassend bezeichnet werden, genau analysieren, Art und Maß ihres wechselseitigen Einflusses genau feststellen und auf diese Weise auch zur Erkenntnis jener Elemente vorschreiten muß, welchen ein spezieller Einfluß gerade auf den dauernden Stand der Preise zukommt. Aber für diese tiefergehende Erklärung ist der von Marx wegräsonnierte Einfluß des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage auf die Preisbildung ein indispen-

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sables Zwischenglied: sie läuft nicht abseits davon, sondern führt durch dieses mitten hindurch.

Nehmen wir unseren Faden wieder auf. Wir haben an verschiedenen Zeichen gesehen, wie sehr Marx bestrebt ist, in seinem System den Einfluß von Angebot und Nachfrage in den Hintergrund treten zu lassen. Nun tritt an ihn bei jener merkwürdigen Wendung, die sein System nach dem ersten Viertel des dritten Bandes macht, die Aufgabe heran, zu erklären, warum die Dauerpreise der Waren nicht nach der verkörperten Arbeitsmenge, sondern nach den davon abweichenden "Produktionspreisen" gravitieren.

Als die Kraft, die dieses zu stande bringt, erklärt er - die Konkurrenz. Die Konkurrenz gleicht die ursprünglich für die verschiedenen Produktionszweige, je nach der verschiedenen organischen Zusammensetzung der Kapitale, verschiedenen Profitraten zu einer allgemeinen Durchschnittsprofitrate aus*36 , und im Zusammenhang damit müssen die Preise auf die Dauer nach den einen gleichen Durchschnittsprofit abwerfenden Produktionspreisen gravitieren.

Stellen wir rasch einige Punkte fest, die für die Würdigung dieser Erklärung von Wichtigkeit sind.

Es ist e r st e n s klar, daß die Berufung auf die Konkurrenz inhaltlich nichts anderes als die Berufung auf die Wirksamkeit von Angebot und Nachfrage bedeutet. In derjenigen, von uns schon oben einmal vorgeführten Stelle, in der Marx am bündigsten den Prozeß der Ausgleichung der Profitrate durch die Konkurrenz der Kapitale schildert (III. 175f.) [MEW 23, S. 205f.]‚ läßt er denn auch diesen Prozeß ganz ausdrücklich durch ein "solches Verhältnis der Zufuhr zur Nachfrage bewirken, daß der Durchschnittsprofit in den verschiedenen Produktionssphären derselbe wird, und daher die Werte sich in Produktionspreise verwandeln".

Zweitens steht fest, daß es sich bei diesem Prozesse nicht um bloße Schwankungen um das der Werttheorie der beiden ersten Bände entsprechende Gravitationszentrum, nämlich um die verkörperte Arbeitszeit herum, sondern um die definitive Abdrängung der Preise auf ein anderes, dauerndes Gravitationszentrum, nämlich den Produktionspreis, handelt.

Und nunmehr drängt sich Frage an Frage.

Wenn nach Marx das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr überhaupt keine Wirkung auf die Höhe des Dauerpreises ausüben kann, wie kann die "Konkurrenz", die mit eben diesem Verhältnis identisch ist, die Kraft sein, welche die Höhe der Dauerpreise verschiebt vom Niveau der "Werte" auf das davon so weit abweichende Niveau der Produktionspreise?

Ringt sich in dieser notgedrungenen und theoriewidrigen Anrufung

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der Konkurrenz als des Deus ex machina, der die Dauerpreise vom theoriegemäßen Gravitationszentrum der verkörperten Arbeitsmenge auf ein anderes Gravitationszentrum hinüberdrängt, nicht vielmehr unwillkürlich das Eingeständnis durch, daß die "gesellschaftlichen Triebkräfte", welche das tatsächliche Leben regieren, irgendwelche elementare Bestimmungsgründe der Austauschverhältnisse in sich schließen und zur Geltung bringen, welche sich ni c ht auf Arbeitszeit reduzieren lassen, und daß somit die Analyse der ursprünglichen Theorie, welche nichts als Arbeitszeit als das den Austauschverhältnissen zu Grunde liegende herausdestillierte, eine unvollständige, den Tatsachen nicht entsprechende war?

Und ferner: Marx hat uns selbst gesagt, und wir haben uns diese Stelle wohl eingeprägt*37 , daß die Waren sich nur dann annähernd zu ihren Werten vertauschen, wenn eine lebhafte Konkurrenz besteht; er hat also die Konkurrenz damals als einen Faktor angerufen, der die Tendenz hat, die Preise der Waren ihren "Werten" zuzudrängen. Und jetzt lernen wir die Konkurrenz als eine Kraft kennen, welche die Preise der Waren im Gegenteil von ihren "Werten" ab- und den Produktionspreisen zudrängt! Gibt es für diese Aussprüche, die sich noch dazu in einem und demselben Kapitel, dem vermutlich zu einer fatalen Berühmtheit bestimmten zehnten Kapitel des dritten Bandes, finden, eine Versöhnung? Und wenn Marx vielleicht gemeint haben sollte, die Versöhnung darin zu finden, daß der eine Satz für Urzustände, der andere für die entwickelte moderne Gesellschaft gilt - müssen wir ihm da nicht entgegenhalten, - daß er im ersten Kapitel seines Werkes seine Arbeitswerttheorie nicht aus den Verhältnissen einer Robinsonade, sondern aus jenen von Gesellschaften eingeleitet hat, "in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht", und deren "Reichtum als eine ungeheure Warensammlung erscheint"? Und beansprucht er nicht auch in seinem ganzen Werk, daß wir die Verhältnisse unserer modernen Gesellschaften im Lichte seiner Arbeitstheorie erblicken und beurteilen sollen? Wenn wir aber fragen, wo nach seinen eigenen Aussprüchen das Geltungsgebiet seines Wertgesetzes in der modernen Gesellschaft zu suchen ist, so suchen wir ganz vergeblich. Denn entweder besteht keine Konkurrenz: dann vertauschen sich die Waren überhaupt nicht nach ihren Werten, laut Marx II. 156 fg. [S. 186 f] ‚ oder aber, es wirkt die Konkurrenz: dann vertauschen sie sich erst recht nicht nach ihren Werten, sondern nach ihren Produktionspreisen, laut Marx III. 176 [S. 206]!

So häuft sich im ominösen zehnten Kapitel Widerspruch auf Widerspruch. Ich will die ohnedies schon so weit ausgesponnene Untersuchung nicht noch dadurch verlängern, daß ich auch noch alle die kleineren Widersprüche und Ungenauigkeiten aufzähle, von denen dieses Kapitel wimmelt. Ich glaube, jeder, der dieses Kapitel mit Unbefangenheit liest, wird die Empfindung haben, daß es sozusagen

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aus der Art geschlagen ist. Statt der strengen, prägnanten, vorsichtigen Ausdrucksweise, statt der eisenfesten Logik, an die wir aus den Glanzpartien des Marxschen Werkes gewöhnt sind, finden wir hier Unsicherheit und abspringendes Wesen nicht bloß in der Argumentation, sondern selbst im Gebrauche der technischen Ausdrücke. Wie auffallend ist z. B. die beständig wechselnde Auffassung von Nachfrage und Zufuhr, die bald ganz richtig als elastische Größen mit Intensitätsunterschieden, bald aber, nach schlechtestem Vorbild einer längst überholten "Vulgärökonomie", als einfache Quantitäten in Betracht gezogen werden; oder wie unbefriedigend und wenig konsequent ist die Darlegung, durch welche Faktoren der Marktwert regiert wird, wenn die verschiedenen Partien der auf den Markt kommenden Warenmenge unter ungleichen Produktionsbedingungen erzeugt werden u. dgl.!

Die Ursache dieser Erscheinung kann nicht darin allein gefunden werden, daß dieses Kapitel vom alternden Marx geschrieben wurde, denn es findet sich auch noch in späteren Teilen manche prachtvoll geschriebene Ausführung. Auch muß jenes ominöse Kapitel, auf dessen Inhalt ja schon im ersten Bande dunkle Hindeutungen eingestreut waren*38 , schon frühzeitig erdacht gewesen sein. Sondern Marx schreibt hier verworren und schwankend, weil er nicht klar und scharf schreiben durfte, ohne in offenen Widerspruch und Widerruf zu geraten. Hätte er hier, wo er von den wirklichen, im tatsächlichen Leben zu beobachtenden Austauschverhältnissen den Ausgang nahm, mit demselben Ernst und derselben Gründlichkeit in sie hineingeleuchtet, mit welcher er zwei Bände lang seine Hypothese vom Arbeitswert bis in ihre äußersten logischen Konsequenzen verfolgte; hätte er hier dem Schlagworte von der "Konkurrenz" einen wissenschaftlichen Inhalt gegeben durch eine sorgfältige wirtschaftspsychologische Analyse der "gesellschaftlichen Triebkräfte", die unter jenem Sammelnamen zur Wirksamkeit gelangen, hätte er hier nicht geruht und gerastet, solange irgend ein Zwischenglied nicht aufgeklärt, irgend eine Konsequenz nicht bis zu Ende verfolgt war, oder irgend eine Beziehung dunkel oder widerspruchsvoll erschien - und es fordert fast jedes Wort seines jetzigen zehnten Kapitels zu einer solchen tieferen Erforschung oder Aufklärung heraus - dann wäre er eben Schritt für Schritt zur Aufstellung eines inhaltlich ganz anderen Systems hingedrängt worden, und es wäre der offene Widerspruch und Widerruf der Kardinalsätze seines ursprünglichen Systems nicht zu vermeiden gewesen. Zu vermeiden war er nur durch Verschleierung, durch Verschwommenheit und Dunkel - das muß Marx, wenn nicht gewußt, so doch instinktiv gefühlt haben, als er die "tiefere Analyse der gesellschaftlichen Triebkräfte" ausdrücklich ablehnte.

Und damit, glaube ich, ist auch das Alpha und Omega aller

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Marxschen Irrungen, Widersprüche und Unklarheiten bezeichnet. Sein System hält keine solide, geschlossene Fühlung mit den Tatsachen. Weder durch gesunde Empirie noch durch eine solide wirtschaftspsychologische Analyse hat Marx aus den Tatsachen die Fundamente seines Systems gewonnen, sondern er gründet es auf keinen festeren Boden als den einer steifleinenen Dialektik. Das ist die große Sünde, die Marx seinem System in die Wiege legt. Aus ihr entspringt alles Weitere mit Notwendigkeit. Das System ist nach einer gewissen Richtung geordnet, die Tatsachen laufen in einer anderen und dem System bald da, bald dort in die Quere. Da zeugt die Ursünde jedesmal neue Sünde. Der Anstoß soll nicht offenbar werden: da hüllt man entweder die Sache in Dunkel oder Verschwommenheit, oder man biegt und dreht mit ähnlichen dialektischen Künsten wie zu Anfang, oder freilich, wo das alles nicht hilft, man widerspricht sich. Das ist das Zeichen, unter welchem das zehnte Kapitel des dritten Bandes von Marx steht: es bringt die lange hinausgeschobene schlimme Ernte, die aus der schlimmen Aussaat hervorwachsen mußte!

V. WERNER SOMBARTS APOLOGIE

In Werner Sombart ist Marx kürzlich*39 ein ebenso warmer als geistvoller Apologet erstanden, dessen Apologie indes einen eigentümlichen Zug aufweist. Um nämlich die Lehre von Marx verteidigen zu können, hat er ihr erst eine neue Deutung untergelegt.

Gehen wir unmittelbar auf die Hauptsache los. Sombart gesteht zu und steuert selbst sehr scharfsinnige Beweisgründe dafür bei*40 , daß das Marxsche Wertgesetz falsch ist, wenn man es mit dem Anspruche behauptet, daß es der empirischen Wirklichkeit entspreche. Er sagt vom Marxschen Werte (S. 573), daß er "in dem Austauschverhältnis der kapitalistisch produzierten Waren n i c ht in die Erscheinung tritt", daß er "nicht etwa den Punkt bezeichnet ...‚ nach dem die Marktpreise gravitieren", daß er "ebensowenig eine Rolle etwa als Distributionsfaktor bei der Aufteilung des gesellschaftlichen Jahresproduktes spielt", daß er überhaupt "nirgends in die Erscheinung tritt" (S. 577). Der "gescheuchte Wert" hat vielmehr nur "eine Zufluchtstätte: das Denken des ökonomischen Theoretikers... Will man ein Schlagwort zur Charakteristik des Marxschen Wertes haben, so ist es dieses: sein Wert ist keine empirische, sondern eine gedankliche Tatsache" (S. 574).

Was diese "gedankliche Existenz" im Sinne Sombarts bedeuten soll,

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werden wir sofort sehen. Vorher müssen wir aber noch einen Moment bei dem Geständnis stehen bleiben, daß der Marxsche Wert in der tatsächlichen Erscheinungswelt keine Existenz hat. Ich bin einigermaßen gespannt, ob die Marxisten dieses Zugeständnis ratifizieren werden. Man darf es billig bezweifeln, da ja Sombart selbst schon eine Stimme aus dem Marxschen Lager zitieren mußte, die durch eine Äußerung C. Schmidts veranlaßt, im voraus gegen eine solche Auffassung protestiert hat. "Das Wertgesetz ist nicht ... ein Gesetz unseres Denkens; ... das Wertgesetz ist vielmehr sehr realer Natur, es ist ein Naturgesetz menschlichen Handelns"*41 . Auch ob Marx selbst dieses Zugeständnis ratifiziert hätte, halte ich für sehr fragwürdig. Wiederum ist es Sombart selbst, der mit anerkennenswerter Offenheit dem Leser eine ganze Reihe Marxscher Stellen vorlegt, welche diese Deutung erschweren *42 . Ich für meine Person halte dieselbe mit dem Wortlaut und mit dem Geiste der Marxschen Lehre für geradezu unvereinbar.

Man lese doch nur mit Unbefangenheit die Ausführungen, in denen Marx seine Werttheorie entwickelt. Seine Untersuchung beginnt ausgesprochenermaßen auf dem Boden "der kapitalistisch organisierten Gesellschaften, deren Reichtum eine ungeheuere Warensammlung ist", mit der Analyse der Ware (I. 9) [MEW 23, S. 49]. Um dem Wert "auf die Spur zu kommen", geht er vom Austauschverhältnis der Ware aus. Vom wirklichen Austauschverältnis, frage ich, oder von einem erträumten? Hätte er das letztere gesagt oder gemeint, hätte es wohl kein Leser der Mühe wert gefunden, eine so mäßige Spekulation weiter zu verfolgen. In der Tat bezieht er sich, wie es ja auch gar nicht anders sein konnte, im bestimmtesten Tone auf die Erscheinungen der wirklichen Wirtschaftswelt. Das Austauschverhältnis zweier Waren, sagt er, ist stets darstellbar in einer Gleichung, z. B. 1 Quarter Weizen = a Ztr. Eisen. "Was besagt diese Gleichung? Daß ein Gemeinsames von derselben Größe in beiden Dingen existiert, und jedes der beiden, soweit als Tauschwert, muß auf dieses dritte reduzierbar sein", welches dritte, wie wir auf der nächsten Seite erfahren, Arbeit von gleicher Menge ist.

Wenn man in diesem Tone spricht, daß in den im Austausch einander gleichgesetzten Dingen Arbeit gleicher Menge e x i s t i e rt, und daß dieselben auf gleiche Arbeitsmengen reduzierbar sein müssen, so erhebt man doch wohl den Anspruch, daß die hier ausgesagten Beziehungen nicht bloß in Gedanken, sondern in der wirklichen Welt sich vorfinden. Man vergegenwärtige sich nur: Marx‘ damalige Argumentation wäre ja doch ganz unmöglich gewesen, wenn er daneben für die wirklichen Austauschverhältnisse die Lehrmeinung aufstellen wollte, daß grundsätzlich sich Produkte von u n g 1 e i c h e n Arbeitsmengen gegen einander vertauschen.

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Hätte er diesem Gedanken Raum gegeben - und daß er ihm nicht Raum gegeben hat, darin liegt ja eben die Entzweiung mit den Tatsachen, die ich ihm zum Vorwurf mache -‚ so hätte ja seine Schlußfolgerung ganz anders ausfallen müssen. Entweder hätte er erklären müssen, daß die sogenannte Gleichsetzung im Austausch keine rechte Gleichung ist und nicht den Schluß auf das Vorhandensein eines "Gemeinsamen von derselben Größe" in den vertauschten Dingen gestattet, oder er hätte schließen müssen, daß das gesuchte Gemeinsame von gleicher Größe n i c ht die Arbeit ist und sein kann! Unmöglich hätte er aber so zu schließen fortfahren können, wie er es getan hat!

Und auch im folgenden spricht Marx bei zahllosen Gelegenheiten im tatsächlichen Tone davon, daß sein "Wert" den Austauschverhältnissen zu Grunde liegt, und zwar so, daß Produkte der gleichen Arbeitsmenge, daß "Äquivalente" gegen einander vertauscht werden*43 . Er reklamiert an vielen, zum Teil auch von Sombart selbst*44 zitierten Stellen für sein Wertgesetz den Charakter und auch die Macht eines Naturgesetzes, das sich in der tatsächlichen Welt "gewaltsam durchsetzt wie etwa das Gesetz der Schwere, wenn einem das Haus über dem Kopfe zusammenpurzelt"*45 . Selbst im dritten Bande entwickelt er ganz ausdrücklich die tatsächlichen Bedingungen (sie laufen auf eine lebhafte beiderseitige Konkurrenz hinaus, s. oben), die gegeben sein müssen, "damit die Preise, wozu Waren sich gegen einander austauschen, ihren Werten annähernd entsprechen", und gibt dazu noch die Erläuterung, dies

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"bedeute natürlich nur, daß ihr Wert der Gravitationspunkt ist, um den ihre Preise sich drehen" (III. 156 fg.) [MEW 25, S. 187].

Nur nebenbei sei bemerkt, daß Marx auch oft ältere Schriftsteller zustimmend zitiert, die den Satz, daß der Tauschwert der Güter durch die ihnen verkörperte Arbeit bestimmt werde, behauptet und zwar zweifellos als einen den wirklichen Austauschverhältnissen entsprechenden Satz behauptet hatten*46 .

Sombart selbst registriert ferner eine Beweisführung von Marx, in der er "empirische" und "historische" Wahrheit für sein Wertgesetz ganz ausdrücklich in Anspruch nimmt (III. 155 im Zusammenhange mit III. 175 fg.) [MEW 25, S. 185 f. u. S. 205]

Und endlich: welche Bedeutung hätten denn die von uns geschilderten krampfhaften Bemühungen Marx‘, darzutun, daß trotz der Theorie der Produktionspreise sein Wertgesetz die faktischen Austauschverhältnisse beherrsche, indem es einerseits die "Bewegung der Preise" und andererseits die Produktionspreise selbst reguliere, wenn er seinem Wertgesetze nur eine gedankliche und nicht eine tatsächliche Geltung hätte vindizieren wollen?

Kurz, ich glaube, Marx hat seine Arbeitswerttheorie in dem anspruchsloseren Sinn, welchen Sombart ihr jetzt beilegen will, weder selbst gelehrt, noch auch lehren können, wenn das Gewebe logischer Schlußfolgerungen, auf welches er seine Theorie gründet, einen halbwegs vernünftigen Sinn haben sollte. Übrigens ist das eine Angelegenheit, über die sich Sombart mit den Anhängern der Marxschen Lehre auseinandersetzen mag. Für diejenigen, welche die Marxsche Werttheorie für verfehlt halten, wie ich, ist sie vollständig belanglos. Denn entweder hat Marx sein Wertgesetz in dem anspruchsvollen Sinne behauptet, daß es der Wirklichkeit entspreche - dann quittieren wir zustimmend die Erklärung Sombarts, daß es in diesem Sinne behauptet falsch ist. Oder Marx hat ihm eine tatsächliche Geltung selbst nicht zugeschrieben - dann läßt sich meines Erachtens überhaupt kein Sinn konstruieren, in welchem es eine wissenschaftlich belangreiche Existenz führen könnte. Es ist praktisch und theoretisch eine Null.

Hierüber ist allerdings Sombart anderer Meinung. Indem ich einer ausdrücklichen Einladung dieses geistvollen Gelehrten, der von einem frischen, "fröhlichen" Kampf der Meinungen das Beste für den Fortschritt der Wissenschaft erwartet, gerne Folge leiste, bin ich mit Vergnügen bereit, mich auch über diesen Punkt mit ihm auseinanderzusetzen. Ich tue dies allerdings mit dem Bewußtsein, mich hiermit nicht mehr auf den Boden der "Marx-Kritik", die er mich auf Grundlage der neuen Deutung zu revidieren einlud, zu bewegen, sondern ausschließlich "Sombart-Kritik" zu treiben.

Was soll denn die Existenz des Wertes als "gedanklicher Tatsache"

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bei Sombart bedeuten? Sie soll bedeuten, daß "der Wertbegriff ein Hilfsmittel unseres Denkens ist, dessen wir uns bedienen, um die Phänomene des Wirtschaftslebens uns verständlich zu machen". Genauer bestimmt, die Leistung der Wertvorstellung ist, "uns die als Gebrauchsgüter qualitativ verschiedenen Waren in quantitativer Bestimmtheit erscheinen zu lassen. Es ist klar, daß ich dieses Postulat erfülle damit, daß ich Käse, Seide und Stiefelwichse als Nur-Produkte abstrakt menschlicher Arbeit denke und sie als Arbeitsmengen, deren Größe durch das in ihnen enthaltene dritte, in Zeitlängen meßbare Gleiche bestimmt wird, nur quantitativ aufeinander beziehe"*47 .

So weit ist, bis auf ein gewisses Häkchen, alles in Ordnung. Gewiß ist es an sich statthaft, für bestimmte wissenschaftliche Zwecke von allerlei Verschiedenheiten zu abstrahieren, welche die Dinge in der einen oder der anderen Richtung aufweisen, und sie nur nach einer einzigen Eigenschaft in Betracht zu ziehen, die ihnen gemeinsam ist, und deren Gemeinsamkeit den Boden für Vergleichbarkeit, Kommensurabilität u. s. w. abgibt. Ganz ebenso abstrahiert ja z. B. die mechanische Dynamik mit Recht für viele ihrer Probleme gänzlich von der verschiedenen Form, Farbe, Dichte, Struktur der bewegten Körper und sieht in ihnen nichts als Massen: gestoßene Billardkugeln, fliegende Kanonenkugeln, laufende Kinder, fahrende Eisenbahnzüge, stürzende Steine, im Weltraum dahineilende Weltkörper, kommen dann lediglich als bewegte Massen in Betracht. Nicht minder kann es also gestattet und zweckmäßig sein, sich Käse, Seide und Stiefelwichse als "Nur-Produkte abstrakt-menschlicher Arbeit" vorzustellen.

Das Häkchen fängt damit an, daß Sombart für d i e s e Vorstellung mit Marx den Namen W e r t vorstellung in Anspruch nimmt. Dieser Vorgang läßt - um ganz erschöpfend vorzugehen - denkbarer Weise zwei Auslegungen zu. Bekanntlich dient der Name Wert in seinen beiden Nuancen von Gebrauchswert und Tauschwert bereits sowohl in der wissenschaftlichen als in der Volkssprache zur Bezeichnung ganz bestimmter Phänomene. Jene Namengebung kann nun entweder mit dem Anspruch erfolgt sein, daß die allein in Betracht gezogene Eigenschaft der Dinge, Arbeitsprodukt zu sein, das maßgebende Moment für die Werterscheinungen im sonst üblichen wissenschaftlichen Sinne, also z. B. für die Tauschwerterscheinungen darstelle; oder jene Namensgebung kann ohne diesen Hintergedanken, als eine rein willkürliche Benennung erfolgt sein, für welche Benennungen es ja leider kein strenges, erzwingbares Gesetz, sondern nur Zweckmäßigkeit und Takt als Richtschnur gibt.

Würde die zweite Auslegung zutreffen, würde also die Benennung der "verkörperten Arbeit" als "Wert" nicht mit dem Anspruch verknüpft, daß verkörperte Arbeit das Wesen des Tauschwertes ist, dann wäre die Sache recht harmlos. Es läge nichts vor als eine

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vollkommen statthafte Abstraktion, verbunden mit einer allerdings möglichst unpraktische; unzweckmäßtgen, Irreführenden Nomenklatur. Es wäre etwa so, als wenn es einem Physiker plötzlich einfallen würde, die verschiedenen Körper, die er unter Abstraktion von Form, Farbe, Struktur etc. bloß als Massen auffaßt, als "lebendige Kräfte" zu bezeichne; welcher Name bekanntlich schon ein festes Bürgerrecht in dem Sinne besitzt, daß er eine Funktion von Massen und Geschwindigkeiten, also etwas von der bloßen Masse recht Verschiedenes bezeichnet. Immerhin läge hier nicht wissenschaftlicher Irrtum, sondern nur eine (freilich praktisch recht gefährliche) grobe Unzweckmäßigkeit in der Nomenklatur vor.

Aber so steht die Sache in unserem Falle augenscheinlich nicht; nicht bei Marx, aber auch nicht bei Sombart. Und damit fängt unser Häkchen an zu wachsen.

Mein geehrter Gegner wird mir sicherlich zugestehen, daß man nicht jede beliebige Abstraktion für jeden beliebigen wissenschaftlichen Zweck machen darf. Es wäre z. B. offenbar unzulässig, die für gewisse dynamische Probleme gerechtfertigte Auffassung der verschiedenen Körper als "Nur-Massen" auch der Betrachtung der optischen oder akustischen Probleme zu Grunde zu legen. Auch innerhalb der mechanischen Dynamik selbst ist es sicherlich unzulässig, an der Abstraktion von Form und Aggregationszustand z. B. auch bei der Entwickelung des Gesetzes des Keiles festzuhalten. An diesen Beispielen zeigt sich, daß in der Wissenschaft auch die "Gedanken" und die "Logik" sich nicht ganz ungebunden von den Tatsachen entfernen dürfen. Auch für sie gilt der Satz: "Est modus in rebus, sunt certi denique fines". Und diese "bestimmten Grenzen" glaube ich, ohne einen Widerspruch meines geschätzten Gegners besorgen zu müssen, dahin bezeichnen zu könne; daß man jeweils nur von jenen Besonderheiten abstrahieren darf, welche für die der Erforschung zu unterziehende Erscheinung irrelevant sind, nota bene wirklich, tatsächlich irrelevant sind. Man muß dagegen in dem der ferneren Betrachtung zu unterziehenden Reste, gleichsam dem Vorstellungsskelett, alles belassen, was in der konkreten Richtung tatsächlich relevant ist.

Ziehen wir die Anwendung auf unseren Fall.

Die Marxsche Lehre legt in der nachdrücklichsten Weise die Auffassung der Waren als "Nur-Produkte" der wissenschaftlichen Erforschung und Beurteilung der Austauschverhältnisse der Waren zu Grunde. Sombart billigt das und geht sogar, in etwas unbestimmten Ausdrücken, über die ich, gerade wegen ihrer Unbestimmtheit, mit ihm nicht weiter rechten will, so weit, die Grundlagen des ganzen "wirtschaftlichen Daseins" der Menschen im Lichte jener Abstraktion zu betrachten*48 .

Daß die verkörperte Arbeit in der ersten oder gar in der zweiten

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Richtung das allein Relevante ist, wagt nun Sombart selbst gar nicht einmal zu behaupten. Er begnügt sich mit der Behauptung, daß mit jener Auffassung die "ökonomisch objektiv relevanteste Tatsache" hervorgehoben wird*49 . Diese Behauptung will ich gar nicht bestreiten. Nur darf man ihr nicht etwa die Bedeutung beilegen wollen, als ob die anderen neben der Arbeit relevanten Tatsachen von einer so tief untergeordneten Bedeutung wären, daß sie wegen ihrer Geringfügigkeit ganz oder fast ganz vernachlässigt werden können. Nichts wäre falscher als das. Für das wirtschaftliche Dasein der Menschen ist es z. B. in sehr hohem Grade relevant, ob das Land, das sie bewohnen, mehr der Rheinebene, oder aber der Sahara oder Grönland gleicht; und auch das ist von gewaltiger Bedeutung, ob die Arbeit der Menschen von einem von früher her aufgesammelten Gütervorrat unterstützt wird, ein Moment, welches sich auch nicht ganz rein in Arbeit allein auflösen läßt. Vollends in Bezug auf die Austauschverhältnisse ist für manche Güter, wie z.B. für alte Eichenstämme, für Kohlenlager, für Grundstücke, die Arbeit ganz gewiß n i c ht der objektiv relevanteste Umstand; und wenn letzteres auch für die Hauptmasse der Waren zugegeben werden kann, so muß doch nachdrücklich hervorgehoben werden, daß auch die anderen, neben der Arbeit maßgebenden Faktoren einen so bedeutenden Einfluß ausüben, daß sich die faktischen Austauschverhältnisse doch ganz erheblich von derjenigen Linie entfernen, welche der verkörperten Arbeit allein entsprechen würde.

Ist aber für die Austauschverhältnisse und den Tauschwert die Arbeit nicht der allein relevante, sondern nur e i n relevanter Faktor, wenn auch der stärkste, neben anderen, gleichsam ein primus inter pares, dann ist es nach dem Vorausgeschickten einfach unrichtig und unerlaubt, eine auf den Tauschwert gemünzte "Wertvorstellung" auf die Arbeit allein zu basieren; gerade so unrichtig und unerlaubt, als wenn ein Physiker die "lebendige Kraft" auf die Masse der Körper allein basieren und die Geschwindigkeit derselben durch Abstraktion aus seinem Kalkül ganz eliminieren wollte.

Ich bin wirklich erstaunt, daß Sombart dies nicht gesehen oder empfunden hat, um so mehr, als er bei der Formulierung seiner Meinung zufälligerweise Ausdrücke anwendet, die, ich möchte sagen, von so herausfordernder Inkongruenz mit seinen eigenen Prämissen sind, daß man meinen möchte, er hätte über diese offensichtige Inkongruenz stolpern müssen. Er ist davon ausgegangen, daß der Charakter der Waren als Produkte gesellschaftlicher Arbeit die ökonomisch objektiv relevanteste Tatsache in ihnen darstelle, begründet dies damit, daß die Versorgung der Menschen mit wirtschaftlichen Gütern, "die Naturbedingungen gleich gesetzt", in der Hauptsache von der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit abhängig sei, und zieht daraus den Schluß, daß diese Tatsache in der auf die Arbeit allein

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gegründeten Wertvorstellung ihren "adäquaten" ökonomischen Ausdruck finde. Er wiederholt diesen Gedanken auf S. 576 und 577 in etwas verschiedener Redewendung zweimal, wobei aber der Ansdruck "adäquat" jedesmal unverändert wiederkehrt.

Ich frage nun: Ist es nicht im Gegenteile offenbar, daß die auf Arbeit allein gegründete Wertvorstellung der Prämisse, daß die Arbelt bloß die relevanteste unter mehreren relevanten Tatsachen ist, nicht adäquat ist, sondern über sie weit hinausgeht? Sie wäre nur adäquat, wenn als Prämisse hätte behauptet werden dürfen, daß die Arbeit die allein relevante Tatsache ist. Das hat aber Sombart gar nicht behauptet. Seine Behauptung besagt nur, daß die Arbeit viel, daß sie mehr als jeder andere Faktor für die Austauschverhältnisse und für das ganze menschliche Dasein bedeutet, und für diesen Tatbestand ist die Marxsche Wertformel, nach welcher die Arbeit allein alles bedeutet, doch gewiß ebensowenig ein adäquater Ausdruck, als es adäquat wäre, für 1 + 1/2 + 1/4 eins allein zu setzen!

Die Behauptung von der "adäquaten" Wertvorstellung ist aber nicht allein tatsächlich unzutreffend, sondern hinter ihr lauert, wie mir scheint - bei Sombart sicherlich unbewußt - ein wenig auch der Schalk. Sombart hat nämlich mit dem ausdrücklichen Zugeständnis, daß der Marxsche Wert eine Probe auf die Tatsachen nicht verträgt, für den "gescheuchten Wert" ein Asyl im "Denken des ökonomischen Theoretikers" reklamiert. Aus diesem Schutzbezirk macht er aber unversehens einen ganz artigen Ausfall in die Welt der Tatsachen, wenn er für seine Wertvorstellung doch wieder in Anspruch nimmt, daß sie der objektiv relevantesten Tatsache adäquat sei, oder, in noch anspruchsvolleren Worten, daß in ihr "eine die wirtschaftliche Existenz der menschlichen Gesellschaft o b j e k t i v beherrschende technische Tatsache den adäquaten ökonomischen Ausdruck gefunden hat" (S. 577).

Ich glaube, das ist ein Verfahren, gegen das man zu protestieren berechtigt ist. Entweder - oder! Entweder man will für den Marxschen Wert in Anspruch nehmen, daß er den Tatsachen entspricht: dann halte man aber auch mit dieser Behauptung in der vordersten Feuerlinie aus, ohne gegen eine volle, strenge Tatsachenprobe hinter der Position Deckung zu suchen, daß man ja gar keine empirische Tatsache behaupten, sondern nur ein "Hilfsmittel unseres Denkens" konstruieren wolle. Oder man sucht hinter diesem Schutzwall Deckung, man entzieht sich der strengen Tatsachenprobe: dann versuche man nicht, auf dem Umwege vager, beiläufiger Behauptungen für den Marxschen Wert doch wieder eine Gattung empirischer Geltung in Anspruch zu nehmen, die ihm rechtmäßigerweise nur dann gebühren würde, wenn er die ausdrücklich abgelehnte Tatsachenprobe bestanden hätte. Die Redensart von dem "der beherrschenden Tatsache adäquaten Ausdruck" bedeutet ja doch nichts anders, als daß Marx in der Hauptsache auch empirisch recht hat. Gut. Will das

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Sombart oder sonst jemand behaupte; so behaupte er es offen, lasse das Zwischenspiel mit der bloß "gedanklichen Tatsache" weg und stelle sich dafür klipp und klar zur Tatsachenprobe; diese wird ja zeigen, wie viel oder wie wenig die vollen Tatsachen vom "adäquaten Ausdruck der beherrschenden Tatsache" differieren. Bis dahin aber glaube ich mich mit der Feststellung begnügen zu können, daß wir es auch bei Sombart nicht mit der harmlosen Variante einer gestatteten und bloß unzutreffend benannten Abstraktion zu tun haben, sondern mit einem anspruchsvollen Vorstoß in das Gebiet von tatsächlichen Behauptungen, für die ein Beweis nicht erbracht, auch nicht versucht, sondern vermieden wurde.

Auch in einer anderen Beziehung hat sich Sombart, wie ich glaube, eine unerlaubt anspruchsvolle Behauptung von Marx mit zu wenig eigener Kritik angeeignet. Ich meine die Behauptung, daß die Auffassung der Waren als "Nur-Produkte" gesellschaftlicher Arbeit die einzige Möglichkeit bietet, die Waren für unser Denken in quantitative Beziehung zu bringen, "kommensurabel" zu machen und daher die Phänomene der wirtschaftlichen Welt unserem Denken überhaupt erst "zugänglich zu machen"*50 . Sollte Sombart auch nach kritischer Prüfung daran festhalten wollen? Sollte er wirklich meinen, daß wir die Austauschverhältnisse nur entweder auf Grund des Marxschen Wertbegniffes, oder gar nicht unserem wissenschaftlichen Denken zugänglich machen können? Ich kann es nicht glauben. Die famose dialektische Beweisführung von Marx auf S. 12 [MEW 23, S. 52] des ersten Bandes kann ja doch für einen Sombart keine überzeugende Kraft haben. Auch sieht und weiß Sombart so gut als ich, daß nicht bloß Arbeitsprodukte, sondern auch reine Naturprodukte im Austausch in quantitative Beziehung gesetzt werden und daher sowohl unter sich als mit Arbeitsprodukten praktisch kommensurabel sind. Und da sollten sie für unser Denken gar nicht kommensurabel sein, außer auf Grund eines Merkmals, das bei ihnen gar nicht zutrifft und auch bei den Arbeitsprodukten zwar der Art nach vorhanden, aber der Größe nach nicht zutreffend ist, indem zugestandenermaßen auch die Arbeitsprodukte sich n i cht im Verhältnis der darin verkörperten Arbeit vertauschen? Sollte das nicht für den unbefangenen Theoretiker vielmehr ein gar nicht mißzuverstehenden Fingerzeig sein, daß trotz Marx der wahre gemeinsame Nenner, das wahre "Gemeinsame" im Austausch, erst noch zu suchen, und zwar in einer anderen Richtung zu suchen ist, als es durch Marx geschehen ist?
Dies führt mich auf einen letzten Punkt, den ich Sombart gegen-

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über noch berühren möchte. Sombart will den Gegensatz, der zwischen dem Marxschen System einerseits und den Anschauungen der entgegenstehenden theoretischen Systeme und zumal der sogenannten österreichischen Ökonomisten andererseits besteht, in letzter Linie auf einen methodologischen Prinzipienstreit zurückführen. Marx sei ein Vertreter eines extremen Objektivismus, wir anderen vertreten einen Subjektivismus, der in Psychologismus ausläuft. Marx spüre nicht den Motiven nach, welche die einzelnen wirtschaftlich handelnden Subjekte in ihrer Handlungsweise bestimmen, sondern er suche die objektiven Faktoren, die "ökonomischen Bedingungen" auf, "die vom Willen (ich darf wohl einschalten, oft auch vom Wissen) des Einzelnen unabhängig sind"; er suche zu ermitteln, "was hinter dem Rücken des Einzelnen durch die Macht von ihm unabhängiger Verhältnisse vorgeht". Wir dagegen "versuchen, die Vorgänge des Wirtschaftslebens am letzten Ende aus der Psyche der wirtschaftlichen Subjekte zu erklären" und "verlegen die Gesetzmäßigkeit des Wirtschaftslebens in die psychologische Motivierung"*51 .

Das ist sicherlich eine feine und geistvolle Bemerkung, deren überhaupt im Sombartschen Aufsatze eine Fülle zu finden ist. Aber sie scheint mir, trotz ihres unzweifelhaft richtigen Kernes, doch nicht die Hauptsache zu treffen: weder retrospektiv, für die Erklärung des bisherigen Verhaltens der Marx-Kritiker gegen Marx, und infolge davon auch nicht prospektiv, mit der Forderung einer ganz neuen Ära der Marx-Kritik, die eigentlich erst begonnen werden müsse, für die es sogar noch "so gut wie völlig an Vorarbeiten fehlt"*52 , und bei der vor allem erst für die methodologische Vorfrage eine Entscheidung gesucht werden müsse*53 .

Mir scheint die Sache vielmehr so zu stehen. Gewiß besteht die von Sombart aufgewiesene Differenz in den Forschungsmethoden. Aber die "alte" Marx-Kritik hat, so viel ich nach meiner eigenen Person beurteilen kann, Marx nicht wegen der Wahl seiner Methode, sondern wegen seiner Fehler bei der Ausübung der gewählten Methode bekämpft. Für andere Marx-Kritiker habe ich kein Recht zu reden, ich muß also von mir selbst sprechen. Ich persönlich stehe nun in der Methodenfrage auf einem ähnlichen Standpunkte, wie ihn rücksichtlich der schönen Literatur jener Literat vertreten hat, der erklärte, jedes Genre gelten zu lassen, mit einziger Ausnahme des "Genre enmiyeux". Ich lasse jede Methode gelten, unter der Voraussetzung, daß sie so gehandhabt wird, daß etwas Richtiges dabei herauskommt. Ich habe auch gegen die objektivistische Methode gar nichts einzuwenden. Ich glaube, daß sie auch auf solchen Erscheinungsgebieten, welche mit menschlichen Handlungen zu tun haben, die Gewinnung von realen Erkenntnissen

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vermitteln kann. Ich stimme auch dem ganz bereitwillig zu und habe gelegentlich auch selbst auf ähnliche Erscheinungen aufmerksam gemacht, daß gewisse objektive Faktoren in gesetzmäßigen Zusammenhang mit typischen menschlichen Handlungen treten können, ohne daß den gesetzmäßig Handelnden der Einfluß des betreffenden Faktors selbst deutlich ins Bewußtsein tritt. Wenn z.B. die Statistik ausweist, daß die Selbstmorde in bestimmten Monaten, etwa im Juli und November, besonders zahlreich erfolgen, oder daß mit der Güte der Ernte die Zahl der jährlichen Eheschließungen steigt und fällt, so bin ich überzeugt, daß die meisten der Selbstmordkandidaten, deren Hinzutritt die Selbstmordtangente der Monate Juli und November so schwellen macht, gar nicht daran denken, daß es gerade Juli oder November ist, und daß ebenso in den Heiratslustigen der Gedanke an die augenblicklich billigeren Lebensmittelpreise gar keine unmittelbare Rolle bei ihrer Entschließung spielt*54 . Gleichwohl hat die Aufdeckung solcher objektiver Zusammenhänge unzweifelhaften Erkenntniswert.

Ich muß aber dabei gewisse, wie ich glaube, selbstverständliche Reserven machen. Erstens scheint mir klar, daß die Erkenntnis solcher objektiver Zusammenhänge ohne die Erkenntnis der subjektiven Zwischenglieder, die die Kausalkette vermitteln, gewiß noch nicht die höchste Stufe der Erkenntnis bedeutet, sondern daß das vollkommene Verständnis erst durch die Erkenntnis der äußeren und inneren Zusammenhänge vermittelt wird. Und damit scheint mir auch die von Sombart aufgeworfene Frage, "ob die objektivistische Richtung in der nationalökonomischen Wissenschaft ausschliessend oder ergänzend berechtigt ist"*55 , selbstredend dahin erledigt

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zu sein, daß jene Richtung nur "ergänzend berechtigt" sein kann.

Zweitens glaube ich, will aber darüber als über eine Ansichtssache mit Andersmeinenden hier nicht rechten, daß gerade für das Wirtschaftsgebiet, in dem wir es ja so vorwiegend mit bewußten, berechneten menschlichen Handlungen zu tun haben, von jenen beiden Quellen der Erkenntnis die erste, die objektivistische, auch bestenfalls nur einen recht ärmlichen, und zumal für sich allein durchaus ungenügenden Teil der gesamten erreichbaren Erkenntnis beisteuern kann.

Drittens aber - und das geht speziell die Marx-Kritik an - muß ich mit aller Bestimmtheit fordern, daß, wenn man die objektivistische Methode handhabt, man sie richtig handhabe. Man konstatiere äußere, objektive Zusammenhänge, die fatumartig mit oder ohne Wissen, mit oder ohne Willen der Handelnden ihre Handlungen beherrsche; aber man konstatiere sie dann richtig. Und das hat Marx nicht getan. Seine Fundamentalthese, daß die Arbeit allein alle Austauschverhältnisse beherrscht, hat er weder auf objektivistischem Wege aus der äußeren, greifbaren, objektiven Tatsachenwelt konstatiert, mit der sie im Gegenteile im Widerspruche steht, noch subjektivistisch aus den Motiven der Tauschenden abgeleitet, sondern sie als eine Fehlgeburt einer Dialektik in die Welt gesetzt, wie sie willkürlicher und tatsachenfremder vielleicht noch nie in der Geschichte unserer Wissenschaft aufgetreten ist.

Und noch eines. Marx ist nicht bei der "objektivistischen" Stange geblieben. Er konnte es nicht vermeiden, sich doch auch auf Motive der Handelnden als auf eine wirkende Kraft seines Systems zu berufen. Er tut dies vornehmlich mit seiner Berufung auf die "Konkurrenz". Ist es da zuviel verlangt, daß, wenn er schon subjektivistische Einschaltungen in sein System macht, er diese richtig, gründlich und widerspruchslos machen solle? Und gegen diese billige Forderung hat Marx wiederum verstoßen. Diese Verstöße, die, ich wiederhole es, nichts mit der Wahl der Methode zu tun haben, sondern die unter der Herrschaft jeder Methode verpönt sind, sind für mich der Grund gewesen, warum ich die Marxsche Theorie als irrig bekämpft habe und bekämpfe: sie repräsentiert nach meiner Meinung das einzig unerlaubte Genre, das Genre der falschen Theorien!

Ich stehe und stand daher schon längst auf dem Standpunkte, auf welchen Sombart eine erst aufzuerweckende künftige Marx-Kritik hinüberleiten will. Er denkt sich, "daß man doch wohl in folgender Weise eine Würdigung und Kritik des Marxschen Systems versuchen müßte: Ist die objektivistische Richtung in der nationalökonomischen Wissenschaft ausschließend oder ergänzend berechtigt? Hätte man diese Frage mit ja beantwortet, dann etwa wäre weiter zu fragen: ist die Marxsche Methode einer quantitativen Bestimmung der wirtschaftlichen Tatsachen durch das gedankliche Hilfsmittel des Wertbegnitfs geboten? Wenn ja: ist die Arbeit der richtig gewählte Inhalt des Wertbegriffs. Wenn ja: sind die Marxsche

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Beweisführung, der systematische Aufbau, die Schlußfolgerungen u.s.w. anfechtbar?"


Ich habe mir die erste methodologische Vorfrage längst zu Gunsten einer "ergänzenden" Berechtigung der objektivistischen Methode beantwortet. Ebenso stand und steht mir außer Zweifel, daß, um bei den Worten Sombarts zu bleibe; auch "eine quantitative Bestimmung der wirtschaftlichen Tatsachen durch das gedankliche Hilfsmittel" eines Wertbegriffs geboten ist. Die dritte Frage aber, ob die Arbeit den richtig gewählte Inhalt dieses Wertbegniffs sei, hielt ich längst für entschieden zu verneinen, und die vierte Frage, ob die Marxsche Beweisführung, Schlußfolgerungen u. s. w. anfechtbar seien, für ebenso entschieden zu bejahen.

Wie die Welt schließlich darüber entscheiden wird? - Darüber habe ich keinen Zweifel. Das Marxsche System hat eine Vergangenheit und eine Gegenwart, aber keine dauernde Zukunft. Von allen Arten der wirtschaftlichen Systeme glaube ich, sind diejenigen am sichersten dem Untergange geweiht, die, wie das Marxsche, auf einer hohlen dialektischen Grundlage ruhen. Der Menschengeist läßt sich momentan, aber nicht dauernd von einer geschickten Rhetorik imponieren. Auf die Dauer kommen doch immer die Tatsachen, die solide Verkettung nicht von Worten und Phrasen, sondern von Ursachen und Wirkungen zur Geltung. Im Bereich der Naturwissenschaften wäre ein Werk wie das Marxsche heute schon eine Unmöglichkeit. In den sehr jugendlichen Sozialwissenschaften konnte es Einfluß, großen Einfluß erlangen, und wird ihn wahrscheinlich nur langsam, recht langsam verlieren. Langsam, denn es hat seine mächtigste Stütze nicht in den überzeugten Köpfen den Anhänger, sondern in ihren Herzen, in ihren Wünschen und Begierden. Auch hat es an dem großen Kapital von Autorität, die es sich bei vielen Leuten erworben hat, lange zu zehren. Ich habe in den Eingangsworten dieses Aufsatzes gesagt, daß Marx als Schriftsteller großes Glück hatte. Nicht der mindest glückliche Umstand seines Schriftstellerschicksals scheint mir zu sein, daß der Abschluß seines Systems erst 10 Jahre nach seinem Tode, fast dreißig Jahre nach dem ersten Bande erschien. Wären die Lehren und Feststellungen des dritten Bandes noch unbefangenen Lesern gleichzeitig mit dem ersten Bande zu Gesichte gekommen, da wären, glaube ich, nur wenige Leser gewesen, denen die Logik des ersten Bandes nicht doch etwas bedenklich vorgekommen wäre! Jetzt bildet ein durch 30 Jahre eingewurzelten Autoritätsglaube ein Bollwerk gegen das Eindringen der kritischen Erkenntnis, das freilich sicher, aber doch nur langsam abbröckeln wird.

Aber auch, wenn dies geschehen sein wird, wird mit dem Marxschen System gewiß nicht auch der Sozialismus überwunden sein; weder der theoretische noch der praktische. So gut es einen Sozialismus vor Marx gegeben hat, wird es ihn auch nach Marx noch geben. Für das, was am Sozialismus triebkräftig ist - und daß trotz aller Übertreibungen etwas in ihm triebkräftig ist, beweist

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nicht nur die unleugbare Auffrischung, welche die ökonomische Theorie durch das Auftreten der sozialistischen Theoretiker gewonnen hat, sondern auch der berühmte "Tropfen sozialen Öles", mit welchem die Maßnahmen praktischer Staatskunst, und vielfach gewiß nicht zu ihrem Nachteil, sich heutzutage allerorten zu salben pflegen - für das also, sage ich, was am Sozialismus triebkräftig ist, werden seine klugen leitenden Köpfe sicherlich nicht versäumen, rechtzeitig die Anknüpfung an ein lebensfähigeres wissenschaftliches System zu suchen. Sie werden die morsch gewordene Stütze auszuwechseln suchen. Mit wie viel oder wie wenig Läuterung der gärenden Ideen, wird die Zukunft erweisen. Vielleicht, hoffentlich, daß die Sache doch nicht immer einfach im Kreise herumgetrieben, sondern daß bei dieser Gelegenheit ein paar Irrtümer für immer abgeschüttelt und ein paar Erkenntnisse dem Schatze sicheren und auch von der Parteileidenschaft nicht mehr angezweifelten Wissens endgültig hinzugewonnen werden.

Marx aber wird einen bleibenden Platz in der Geschichte der Sozialwissenschaften behaupten, aus denselben Gründen, mit demselben Gemisch positiven und negativen Verdienstes, wie sein Vorbild Hegel. Beide waren persönlich Denkgenies. Beide haben, jeder in seinem Bereich, einen ungeheuren Einfluß auf das Denken und Fühlen ganzer Generationen, fast kann man sagen, auf den Zeitgeist selbst gewonnen. Und ihr spezifisch theoretisches Werk war bei beiden ein äußerst kunstreich erdachtes, mit fabelhafter Kombinationskraft in zahllosen Gedanken-Etagen aufgebautes, mit bewundernswerter Geisteskraft zusammengehaltenes - Kartenhaus.



ANMERKUNGEN: Die Originalfußnoten sind Seitenweise gesetzt und nummeriert. Fürs Netz sind sie durchnummeriert und als Endnoten gesetzt.

*1
Das Kapital, I., 2. Aufl., S. 312. [MEW, Bd. 23, S. 325]

*2
A.a.O., S. 312 u. 542 a. E. [MEW, Bd. 23, S. 325 u. 546 f].

*3
Einer Aufzählung Lorias (L‘ opera Postuma di Carlo Marx, Nuova Antologia, fasc. 1. Februar 1895 p. 18) folgend, welche auch einige mir nicht bekannte Aufsätze enthält, gelange ich zu folgender Liste:
Lexis, Jahrbücher für Nationalökonomie, 1885, N. F. Bd. XI S. 452 - 465;
Schmidt, Die Durchschnittsprofitrate auf Grund des Marxschen Wertgesetzes, Stuttgart 1889;
eine Erörterung letzterer Schrift durch den Verfasser in der Tübinger Zeitschrift f. d. ges. Staatsw., 1890, S. 590 ff.;
durch Loria in den Jahrbüchern für Nationalökonomie, N. F. Bd. 20 (1890) S. 272 ff.;
Stiebeling, Das Wertgesetz und die Profitrate, New York 1890;
Wolf, Das Rätsel der Durchschnittsprofitrate bei Marx, Jahrb. f. Nationalök. III. F. Bd. 2 (1891) S. 352 ff.;
abermals Schmidt, Neue Zeit 1892/3 No. 4 u. 5;
Lande, ebenda No. 19. u. 20;
Fireman, Kritik der Marxschen Werttheorie, Jahrb. f. Nationalök. III. F. Bd. 3 (1892) S. 793 ff.;
endlich Lafargue, Soldi, Coletti und Graziadei in der Critica Sociale vom Juli bis November 1894.

*4
Ich zitiere den 1. Band des Marxschen Kapitals stets nach der (zweiten) Auflage von 1872, den II. Band nach der Ausgabe von 1885, den III. nach der von 1894, und zwar ist, wenn nichts anderes bemerkt wird, unter III stets die e r st e Abteilung des III. Bandes gemeint. (Die Angaben in eckigen Klammern beziehen sich auf die MEW Ausgabe Bd. 23 - 25. Die Herausgeber).

*5
I. 15, 17, 49, 87 und öfters. [MEW, Bd. 23, S. 55, 57, 87, 122]. Vgl. auch Adler, Grundlagen der Karl Marxschen Kritik der bestehenden VolkswirtSchaft, Tübingen 1887, S. 210 u. 213

*6
Ich habe von diesem Teile der Marxschen Lehren seinerzeit an einem anderen Orte (Geschichte und Kritik der Kapltalzinstheorien S. 421 ff.) eine ausführliche Darstellung gegeben. Ich folge derselben auch jetzt, mit mehrfachen, durch den jetzigen Zweck gestatteten Abkürzungen

*7
Auch W. Sombart sieht in der mustergültigen, klaren und übersichtlichen Darstellung, die er vom Schlußbande des Marxschen Systems unlängst im Archiv für Soziale Gesetzgebung (Bd. VII Heft 4, S. 555 ff) gab, die im Texte zitierten Sätze als diejenigen an, welche die eigentliche Antwort auf das gestellte Problem enthalten (a. a. 0. S. 564). Wir werden uns mit diesem gehalt- und geistvollen Aufsatze, dessen kritischen Schlußfolgerungen ich allerdings nicht in gleicher Weise beizupflichten in der Lage bin, im folgenden noch mehrfach zu beschäftigen haben.

*8
Geschichte und Kritik der Kapitalzinstheorien, Innsbruck 1884, S. 413.

*9
Siehe dessen Schrift über "Die Durchschnittsprofitrate auf Grundlage des Marxschen Wertgesetzes", Stuttgart 1889, besonders Paragraph 13; dann m e in e Besprechung dieser Schrift in der Tübinger Zeitschrift f. d. ges. Staatewissensch., 1890, S. 590 ff.

*10
L‘ opera postuma di Carlo Marx, Nuova Antologia vom 1. Februar 1895, S. 20, 22, 23.

*11
Zur Kritik des ökonomischen Systems von Karl Marx im Archiv für soziale Gesetzgebung Bd. VII., Heft 4, S. 571 fg.

*12
Siehe dessen oben zitierte Schrift, besonders Paragraph 13.

*13
III. 156 [MEW, Bd. 25, S. 186] ‚ ganz ähnlich in der früher zitierten Stelle III. 158 [MEW, Bd. 25, S. 189]

*14
III. 175 fg. [MEW, Bd. 25, S. 206 f.]. Vgl. auch die kürzeren Aussprüche III. 136, 151, 159 u. öfters [MEW, Bd. 25, S. 167, 182, 190].

*15
"Zur Kritik des ök. Systems von Karl Marx", Archiv für soziale Gesetzgebung, Bd. VIL S. 584 - 586. Ich bin übrigens verpflichtet, hervorzuheben, daß Sombart mit der zitierten Stelle Marx nur bedingungsweise zu bekämpfen beabsichtigte, für den Fall nämlich, daß Marx mit seiner Lehre wirklich den ihr im Texte beigelegten Sinn verbunden haben sollte. Er selbst unterlegt ihr bei seinem von mir schon einmal erwähnten "Rettungsversuche" eine andere, wie ich glaube, etwas exotische Deutung, auf welche ich noch später besonders zu sprechen kommen werde.

*16
"Der Kostpreis einer Ware bezieht sich nur auf das Quantum der in ihr enthaltenen bezahlten Arbeit": Marx III. 144 [MEW, Bd. 25, S. 175].

*17
Z. B. III. 187 [MEW, Bd. 25, S. 218], wo Marx betont, "daß unter allen Umständen Steigen oder Sinken des Arbeitslohnes nie den Wert der Waren ... affizieren kann".

*18
Vgl. III. 179 ff. [MEW, Bd. 25, S. 210 ff.]

*19
Dieses Glied hat Marx an der zitierten Stelle nicht ausdrücklich eingeschaltet. Seine Einschaltung ist jedoch selbstverständlich.

*20
Zur abweichenden Meinung W. Sombarts werde ich, wie schon erwähnt, noch besonders Stellung nehmen.

*21
Nämlich soweit er durch den Faktor "Gesamtwert" vermittelt werden soll, welcher m. E. mit der inkorporierten Arbeitsmenge gar nichts zu tun hat. Da aber in den folgenden Gliedern auch der Faktor Lohnauslage erscheint, bei dessen Bestimmung die Menge der zu entlohnenden Arbeit allerdings als Element mitwirkt, findet die Arbeitsmenge immerhin auch unter den indirekten Bestimmgründen des Durchschnittsprofits ihren Platz.

*22
Geschichte und Kritik der Kapitalzinstheorien, S. 429 fg..

*23
Treffend wendet Karl Knies gegen Marx ein: "Es ist innerhalb der Darlegung von Marx absolut kein Grund ersichtlich, weshalb nicht so gut wie die Gleichung: 1 Quarter Weizen a Zentner im Forst produzierten Holzes auch die zweite auftreten soll: 1 Quarter Weizen = a Zentner wildgewachsenen Holzes = b Morgen jungfräulichen Bodens = c Morgen Weidefläche auf natürlichen Wiesen". (Das Geld, 1. Aufl. S. 121, 2. Aufl. S. 157).

*24
In einem Zitat aus Barbou wird sogar in diesem selben Absatz der Unterschied von Waren und Dingen noch einmal verwischt: "Die eine Warensorte ist so gut wie die andere, wenn ihr Tauschwert gleich groß ist. Da existiert keine Verschiedenheit oder Unterscheidbarkeit zwischen Dingen von gleich großem Tauschwert!"

*25
Z.B. S. 15 [S. 55] am Ende: "Endlich kann kein Ding Wert sein, ohne Gebrauchsgegenstand zu sein. Ist es nutzlos, so ist auch die in ihm enthaltene Arbeit nutzlos, zählt nicht als Arbeit (sic!) und bildet daher keinen Wert". - Auf den im Texte gerügten logischen Fehler hat schon Knies aufmerksam gemacht. Siehe "Das Geld", Berlin 1873, S. 123 u. f. (2. Aufl. S. 160 fg.). In seltsamer Weise hat Adler (Grundlagen der Karl Marxschen Kritik, Tübingen 1887, S. 211 f.) mein Argument mißverstanden, wenn er mir entgegenhält, daß die guten Stimmen keine Waren im Marxschen Sinne seien. Es handelte sich mir ja keineswegs darum, ob sich die "guten Stimmen" als wirtschaftliche Güter unter das Marxsche Wertgesetz subsummieren lassen oder nicht, sondern vielmehr lediglich darum, das Muster eines logischen Schlusses aufzustellen, der denselben Fehler aufweist, wie der Marxsche. Ich hätte dazu ebensogut ein Beispiel wählen können, das gar keine Beziehung zum wirtschaftlichen Gebiet besitzt. Ich hätte z. B. ebensogut demonstrieren können, daß nach Marxscher Logik das Gemeinsame der bunten Körper in Gott weiß was, aber nicht in der Mischung mehrerer Farben gelegen sein könne. Denn eine Farbenmischung, z. B. weiß, blau, gelb, schwarz, violett, gilt für die Buntheit gerade so viel wie jede andere Farbenmischung, z. B. grün, rot, orange, himmelblau etc., wenn sie nur "in gehöriger Proportion" vorhanden ist: folglich abstrahiere man augenscheinlich von der Farbe und Farbenmischung!

*26
Die Stellung, die Smith und Ricardo zur Lehre vom Arbeitswert einnehmen, habe ich ausführlich in meiner "Geschichte und Kritik" S. 428 ff. besprochen und daselbst insbesondere auch nachgewiesen, daß sich bei den genannten Klassikern keine Spur einer Begründung jener These findet. Vgl. auch Knies, Der Kredit, II. Hälfte, S. 60 ff.

*27
Deutsche Worte, XV. Jahrg. Heft 3, März, 1895, S. 155.

*28
Z.B. I. 141 f., 150, 151, 158 [MEW, Bd. 23, S. 172 f., 180, 181, 187] und oft; auch noch im Anfange des dritten Bandes, so III. 25, 128, 132 [MEW, Bd. 25, S. 60 f., 159, 162].

*29
Z.B. I. 150 A. 37 [MEW, Bd. 23, S. 180).

*30
Gegen Rodbertus siehe die ausführlichen Darlegungen in meiner "Geschichte und Kritik", S. 405 ff., besonders auch in der Note auf S. 407.

*31
A.a.O., S. 443 fg.

*32
Siehe oben.

*33
Selbstverständlich sehe ich von verhältnismäßig kleinen Meinungsverschiedenheiten hier ganz ab; insbesondere habe ich während dieses ganzen Aufsatzes darauf verzichtet, die feineren Nuancen zur Geltung oder auch nur zur Sprache zu bringen, die in Bezug auf die Auffassung des "Kostengesetzes" bestehen.

*34
III 169; [MEW, Bd.25, S. 199] siehe auch oben.

*35
Eine genauere Analyse ergibt, daß der Preis zwischen die Geldschätzungsziffern der sogenannten "Grenzpaare" fallen muß, d. i. zwischen die Beträge, welche der letzte noch zum Zuge gelangende Käufer und der erste vom Kaufe schon ausgeschlossene Kauflustige äußersten Falls für die Ware zu bieten und mit welchem der letzte noch zum Zuge kommende Verkäufer und der erste vom Verkaufe schon ausgeschlossene Verkauflustige äußersten Falls für die Ware vorlieb zu nehmen bereit sind. Das Genauere siehe in m e in e r "Positiven Theorie des Kapitals", Innsbruck 1889, S. 218 ff.

*36
Siehe oben.

*37
Siehe oben.

*38
Z.B. I S. 151 Note 37 a. f., S. 210, Note 31 [MEW, Bd. 23, S. 181 u. S. 234].

*39
Siehe die schon oben mehrfach erwähnte Abhandlung "Zur Kritik des ökonomischen Systems von Karl Marx" im Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik Bd. VII. Heft 4 S. 555 ff.

*40
Siehe oben S. 133. [S. 80/81 d. A.].

*41
Hugo Lande; Neue Zeit, XI. S. 591.

*42
A. a. 0. S. 575, dann S. 584 ff.

*43
Z.B. I. 25 [MEW, Bd. 23, S. 64]: Äquivalent = Austauschbares. "Nur als Wert ist sie (die Leinwand) auf den Rock als Gleichwertiges oder mit ihr Austauschbares bezüglich" "Indem der Rock als Wertding der Leinwand gleichgesetzt wird, wird die in ihm steckende Arbeit der in ihr steckenden Arbeit gleichgesetzt". Siehe ferner S. 27, 31 [S. 66, 70] (die Proportion, worin Röcke und Leinwand austauschbar sind, hängt von der Wertgröße der Röcke ab), S. 35 [S. 74] (wo Marx als das "wirklich Gleiche" in dem gegen einander vertauschten Polster und Haus die menschliche Arbeit erklärt), S. 39, 40, 41, 42, 43, 50, 51, 52, 53 [S. 77, 78, 79, 80, 81, 87, 88, 89] (Analyse der Warenpreise doch auch nur der wirklichen! führt zur Bestimmung der Wertgröße), S. 60 [S. 97] (der Tauschwert ist die gesellschaftliche Manier, die auf ein Ding verwandte Arbeit auszudrücken), S. 80 [S. 116] ("der Preis ist der Geldname der in der Ware vergegenständlichten Arbeit"), S. 141 [S. 172] ("der selbe Tauschwert, d. h. dasselbe Quantum vergegenständlichter gesellschaftlicher Arbeit"), S. 174 [S. 202] ("Nach dem allgemeinen Wertgesetz sind z. B. 10 lbs. Garn ein Äquivalent für 10 lbs. Baumwolle und 1/4 Spindel ...‚ wenn dieselbe Arbeitszeit erfordert ist, um beide Seiten dieser Gleichung zu produzieren") und ähnlich oft.

*44
A.a.O. S. 575.

*45
I. 52 [MEW, Bd. 23, S. 89].

*46
Z. B. I. 14, Note 9 [MEW, Bd. 23, S. 54].

*47
A.a.O. S. 574.

*48
Z. B. S. 576, 588.

*49
S. 576.

*50
A. a. 0. S. 574, 582. Sombart hat diese Behauptung nicht wörtlich im eigenen Namen ausgesprochen, aber er billigt eine in dieser Richtung laufende Äußerung C. Schmidts, die er nur in einem untergeordneten Detail korrigiert (574), er sagt ferner, daß die Wertlehre Marx‘ eben diesen "Dienst leiste" (582) und unterläßt jedenfalls völlig, ihr zu widersprechen.

*51
A. a. 0. S. 591 fg.

*52
A. a. O. S. 556.

*53
S. 593 fg.

*54
Irgendwie muß freilich ein Einfluß, der vom objektiven Faktor ausgeht, oder doch mit ihm in symptomatischem Zusammenhang steht, eine Motivation bei den Handelnden hervorrufen, z. B. in den im Texte benützten Beispielen mag vielleicht die auf die Nerven wirkende Julihitze oder die trübe, melancholisch stimmende Herbstwitterung die Disposition zum Selbstmord erhöhen. Es mündet dann gleichsam der vom "objektiven Faktor" stammende Einfluß in ein allgemeineres typisches Motiv, wie etwa Nervenstörung oder Melancholie ein, und wirkt durch dieses auf die Handlung. Daß Gesetzmäßigkeit von Handlungen nicht ohne Gesetzmäßigkeit in den Motiven zu erwarten ist, daran halte ich allerdings auch gegenüber der Bemerkung Sombarts 1. c. 5. 593 fest; aber ich halte es daneben, womit sich Sombart von seinem methodologischen Standpunkt aus vielleicht begnügen wird, ganz gut für möglich, daß wir objektive Gesetzmäßigkeiten in den menschlichen Handlungen wahrnehmen und induktiv feststellen können, ohne den Gang ihrer Motivation zu kennen und zu verstehen. Also zwar nicht gesetzmäßige Handlungen ohne gesetzmäßige Motivation, wohl aber Kenntnis von gesetzmäßigen Handlungen ohne Kenntnis der zugehörigen Motivation!

*55
A. a. O. S. 593.


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last update : Wed Sep 13 23:59:31 CEST 2006 Eugen von Böhm-Bawerk
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