Die
völlige Umänderung, welche die philosophische Denkweise seit etwa fünf
und zwanzig Jahren unter uns erlitten, der höhere Standpunkt, den das
Selbstbewußtseyn des Geistes in dieser Zeitperiode über sich erreicht
hat, hat bisher noch wenig Einfluß auf die Gestalt der Logik gehabt.
Dasjenige,
was vor diesem Zeitraum Metaphysik hieß, ist, so zu sagen, mit Stumpf
und Stiel ausgerottet worden, und aus der Reihe der Wissenschaften
verschwunden. Wo lassen oder wo dürfen sich Laute der vormaligen
Ontologie, der rationellen Psychologie, der Kosmologie oder selbst gar
der vormaligen natürlichen Theologie noch vernehmen lassen?
Untersuchungen, zum Beispiel über die Immaterialität der Seele, über
die mechanische und die Endursachen, wo sollten sie noch ein Interesse
finden? auch die sonstige Beweise vom Daseyn Gottes werden nur
historisch, oder zum Behufe der Erbauung und Gemüthserhebung angeführt.
Es ist dieß ein Faktum, daß das Interesse Theils am Inhalte, Theils an
der Form der vormaligen Metaphysik, Theils an beiden zugleich verloren
ist. So merkwürdig es ist, wenn einem Volke, z.B. die Wissenschaft
seines Staatsrechts, wenn ihm seine Gesinnungen, seine sittlichen
Gewohnheiten und Tugenden unbrauchbar geworden sind, so merkwürdig ist
es wenigstens, wenn ein Volk seine Metaphysik verliert, wenn der mit
seinem reinen Wesen sich beschäftigende Geist kein wirkliches Daseyn
mehr in demselben hat.
Die exoterische Lehre der kantischen Philosophie, - daß der Verstand die Erfahrung nicht überfliegen dürfe, sonst werde das Erkenntnisvermögen theoretische Vernunft, welche für sich nichts als Hirngespinnste
gebähre, hat es von der wissenschaftlichen Seite gerechtfertigt, dem
spekulativen Denken zu entsagen. Dieser popularen Lehre kam das
Geschrei der modernen Pädagogik, die Noth der Zeiten, die den Blick auf
das unmittelbare Bedürfniß richtet, entgegen, daß, wie für die
Erkenntniß die Erfahrung das Erste, so für die Geschicklichkeit im
öffentlichen und Privatleben, theoretische Einsicht sogar schädlich,
und Uebung und praktische Bildung überhaupt das Wesentliche, allein
Förderliche sey. - Indem so die Wissenschaft und der gemeine
Menschenverstand sich in die Hände arbeiteten, den Untergang der
Metaphysik zu bewirken, so schien das sonderbare Schauspiel
herbeigeführt zu werden, ein gebildetes Volk ohne Metaphysik zu
sehen; - wie einen sonst mannigfaltig ausgeschmückten Tempel ohne
Allerheiligstes. - Die Theologie, welche in frühern Zeiten die
Bewahrerin der spekulativen Mysterien und der obzwar abhängigen
Metaphysik war, hatte diese Wissenschaft gegen Gefühle, gegen das
Praktisch-populare und gelehrte Historische aufgegeben. Welcher
Veränderung entsprechend ist, daß anderwärts jene Einsamen, die
von ihrem Volke aufgeopfert und aus der Welt ausgeschieden wurden, zu
dem Zwecke, daß die Kontemplation des Ewigen und ein ihr allein
dienendes Leben vorhanden sey, nicht um eines Nutzens, sondern um des
Segens willen, - verschwanden; ein Verschwinden, das in einem andern
Zusammenhange, dem Wesen nach als dieselbe Erscheinung, wie das vorhin
Erwähnte, betrachtet werden kann. - So daß, nach Vertreibung dieser
Finsternisse, der farblosen Beschäftigung des in sich gekehrten Geistes
mit sich selbst, das Daseyn in die heitere Welt der Blumen verwandelt
zu seyn schien, unter denen es bekanntlich keine schwarze giebt.
Ganz so schlimm als der Metaphysik ist es der Logik nicht ergangen. Daß man durch sie denken lerne,
was sonst für ihren Nutzen und damit für den Zweck derselben galt, -
gleichsam als ob man durch das Studium der Anatomie und Physiologie
erst verdauen und sich bewegen lernen sollte -, dieß Vorurtheil hat
sich längst verloren, und der Geist des Praktischen dachte ihr wohl
kein besseres Schicksal zu, als ihrer Schwester. Dessen ungeachtet,
wahrscheinlich um einigen formellen Nutzens willen, wurde ihr noch ein
Rang unter den Wissenschaften gelassen, ja sie wurde selbst als
Gegenstand des öffentlichen Unterrichts beibehalten. Dieß bessere Loos
betrifft jedoch nur das äußere Schicksal; denn ihre Gestalt und Inhalt
ist derselbe geblieben, als er sich durch eine lange Tradition
fortgeerbt, jedoch in dieser Ueberlieferung immer mehr verdünnt und
abgemagert hatte; der neue Geist, welcher der Wissenschaft nicht
weniger als der Wirklichkeit aufgegangen ist, hat sich in ihr noch
nicht verspüren lassen. Es ist aber ein für allemal vergebens, wenn die
substantielle Form des Geistes sich umgestaltet hat, die Formen
früherer Bildung erhalten zu wollen; sie sind welke Blätter, welche von
den neuen Knospen, die an ihren Wurzeln schon erzeugt sind, abgestoßen
werden.
Mit dem Ignoriren
der allgemeinen Veränderung fängt es nach gerade an, auch im
Wissenschaftlichen auszugehen. Unbemerkter Weise sind selbst den
Gegnern die andern Vorstellung geläufig und eigen geworden, und wenn
sie gegen deren Quelle und Principien fortdauernd spröde thun und sich
widersprechend dagegen benehmen, so haben sie dafür die Konsequenzen
sich gefallen lassen, und des Einflusses derselben sich nicht zu
erwehren vermocht; zu ihrem immer unbedeutender werdenden negativen
Verhalten wissen sie sich auf keine andere Weise eine positive
Wichtigkeit und einen Inhalt zu geben, als daß sie in den neuen
Vorstellungsweisen mitsprechen.
Von der andern Seite scheint die Zeit der Gährung, mit
der eine neue Schöpfung beginnt, vorbei zu seyn. In ihrer ersten
Erscheinung pflegt eine solche sich mit fanatischer Feindseligkeit
gegen die ausgebreitete Systematisierung des frühen Princips zu
verhalten, Theils auch furchtsam zu seyn, sich in der Ausdehnung des
Besondern zu verlieren, Theils aber die Arbeit die zur
wissenschaftlichen Ausbildung erfordert wird, zu scheuen, und im
Bedürfnisse einer solchen zuerst zu einem leeren Formalismus zu
greifen. Die Anforderung der Verarbeitung und Ausbildung des Stoffes
wird nun um so dringender. Es ist eine Periode in der Bildung einer
Zeit, wie in der Bildung des Individuums, wo es vornehmlich um
Erwerbung und Behauptung des Princips in seiner unentwickelten
Intensität zu thun ist. Aber die höhere Forderung geht darauf, daß es
zur Wissenschaft werde.
Was
nun auch für die Sache und für die Form der Wissenschaft bereits in
sonstiger Rücksicht geschehen seyn mag; die logische Wissenschaft,
welche die eigentliche Metaphysik oder reine spekulative Philosophie
ausmacht, hat sich bisher noch sehr vernachlässigt gesehen. Was ich
unter dieser Wissenschaft und ihrer Standpunkte näher verstehe, habe
ich in der Einleitung vorläufig angegeben. Die Nothwendigkeit,
mit dieser Wissenschaft wieder einmal von vorne anzufangen, die Natur
des Gegenstandes selbst, und der Mangel an Vorarbeiten, welche für die
vorgenommen Umbildung hätten benutzt werden können, mögen bei billigen
Beurtheilern in Rücksicht kommen, wenn auch eine vieljährige Arbeit
diesem Versuche nicht eine größere Vollkommenheit geben konnte. - Der
wesentliche Gesichtspunkt ist, daß es überhaupt um einen neuen Begriff
wissenschaftlicher Behandlung zu thun ist. Die Philosophie, indem sie
Wissenschaft seyn soll, kann, wie ich anderwärts erinnert habe, hierzu
ihre Methode nicht von einer untergeordneten Wissenschaft, wie die
Mathematik ist, borgen, so wenig als es bei kategorischen
Versicherungen innerer Anschauung bewenden lassen, oder sich des
Raisonnements aus Gründen der äußern Reflexion bedienen. Sondern es
kann nur die Natur des Inhalts seyn, welche sich im wissenschaftlichen Erkennen bewegt, indem zugleich diese eigne Reflexion des Inhalts es ist, welche seine Bestimmung selbst erst setzt und erzeugt.
Der Verstand bestimmt und hält die Bestimmungen fest; die Vernunft ist negativ und dialektisch, weil sie die Bestimmungen des Verstands in Nichts auflöst; sie ist positiv, weil sie das Allgemeine
erzeugt, und das Besondere darin begreift. Wie der Verstand als etwas
Getrenntes von der Vernunft überhaupt, so pflegt auch die dialektische
Vernunft als etwas Getrenntes von der positiven Vernunft genommen zu
werden. Aber in ihrer Wahrheit ist die Vernunft Geist, der
höher als Beides, verständige Vernunft, oder vernünftiger Verstand ist.
Er ist das Negative, dasjenige, welches die Qualität sowohl, der
dialektischen Vernunft, als des Verstandes ausmacht; - er negirt das
Einfache, so setzt er den bestimmten Unterschied des Verstandes, er
löst ihn eben so sehr auf, so ist er dialektisch. Er hält sich aber
nicht im Nichts dieses Resultates, sondern ist darin ebenso positiv,
und hat so das erste Einfache damit hergestellt, aber als Allgemeines,
das in sich konkret ist; unter dieses wird nicht ein gegebenes
Besonderes subsumirt, sondern in jenem Bestimmen und in der Auflösung
desselben hat sich das Besondere schon mit bestimmt. Diese geistige
Bewegung, die sich in ihrer Einfachheit ihre Bestimmtheit, und in
dieser ihre Gleichheit mit sich selbst giebt, die somit die immanente
Entwickelung des Begriffes ist, ist die absolute Methode des Erkennens,
und zugleich die immanente Seele des Inhalts selbst. - Auf diesem sich
selbst konstruirenden Wege allein, behaupte ich, ist die Philosophie
fähig, objektive, demonstrirte Wissenschaft zu seyn. - In dieser Weise habe ich das Bewußtseyn in der Phänomenologie des Geistes
darzustellen versucht. Das Bewußtseyn ist der Geist als konkretes und
zwar in der Aeußerlichkeit befangenes Wissen; aber die Formbewegung
dieses Gegenstandes beruht allein, wie die Entwickelung alles
natürlichen und geistigen Lebens, auf der Natur der reinen Wesenheiten,
die den Inhalt der Logik ausmachen. Das Bewußtseyn, als der
erscheinende Geist, welcher sich auf seinem Wege von seiner
Unmittelbarkeit und äußerlichen Konkretion befreit, wird zum reinen
Wissen, das sich jene reinen Wesenheiten selbst, wie sie an und für
sich sind, zum Gegenstand giebt. Sie sind die reinen Gedanken, der sein
Wesen denkende Geist. Ihre Selbstbewegung ist ihr geistiges Leben, und
ist das, wodurch sich die Wissenschaft konstituirt, und dessen
Darstellung sie ist.
Es ist hiermit die Beziehung der Wissenschaft, die ich Phänomenologie des Geistes nenne, zur Logik angegeben. - Was das äußerliche Verhältniß betrifft, so war dem ersten Theil des Systems der Wissenschaft, der die Phänomenologie
enthält, ein zweiter Theil zu folgen bestimmt, welcher die Logik und
die beiden realen Wissenschaften der Philosophie, die Philosophie der
Natur und die Philosophie des Geistes, enthalten sollte, und das System
der Wissenschaft beschlossen haben würde. Aber die nothwendige
Ausdehnung, welche die Logik für sich erhalten mußte, hat mich
veranlaßt, diese besonders ans Licht treten zu lassen; sie macht also
in einem erweiterten Plane die erste Folge zur
Phänomenologie des Geistes aus. Späterhin werde ich die Verarbeitung
der beiden genannten realen Wissenschaften der Philosophie folgen
lassen. - Dieser erste Band der Logik aber enthält als erstes Buch die Lehre vom Seyn; das zweite Buch, die Lehre vom Wesen, als zweite Abtheilung des ersten Bandes; der zweite Band aber wird die subjektive Logik, oder die Lehre vom Begriff enthalten.
Nürnberg, den 22 März 1812
An
diese neue Bearbeitung der Wissenschaft der Logik, wovon hiermit der
erste Band erscheint, bin ich wohl mit dem ganzen Bewußtseyn sowohl der
Schwierigkeit des Gegenstandes für sich und dann seiner Darstellung,
als der Unvollkommenheit, welche die Bearbeitung desselben in der
ersten Ausgabe an sich trägt, gegangen; so sehr ich nach weiterer
vieljähriger Beschäftigung mit dieser Wissenschaft bemüht gewesen,
dieser Unvollkommenheit abzuhelfen, so fühle ich noch Ursache genug zu
haben, die Nachsicht des Lesers in Anspruch zu nehmen. Ein Titel
solchen Anspruchs aber zunächst darf wohl auf den Umstand gegründet
werden, daß sich für den Inhalt vornehmlich nur äußerliches Material in
der früheren Metaphysik und Logik vorgefunden hat. So allgemein und
häufig dieselben, die letztere noch bis auf unsere Zeiten fort,
getrieben worden, so wenig hat solche Bearbeitung die spekulative Seite
betroffen; vielmehr ist im Ganzen dasselbe Material wiederholt,
abwechselnd bald bis zu trivialer Oberflächlichkeit verdünnt, bald der
alte Ballast umfangsreicher von Neuem hervorgeholt und mitgeschleppt
worden, so daß durch solche, häufig ganz nur mechanische Bemühungen dem
philosophischen Gehalt kein Gewinn zuwachsen konnte. Das Reich des
Gedankens philosophisch, d.i. in seiner eigenen immanenten Thätigkeit,
oder was dasselbe ist, in seiner nothwendigen Entwickelung
darzustellen, mußte deswegen ein neues Unternehmen seyn, und dabei von
vorne angefangen werden; jenes erworbene Material, die bekannten
Denkformen, aber ist als eine höchst wichtige
Vorlage, ja eine nothwendige Bedingung, dankbar anzuerkennende
Voraussetzung anzusehen, wenn dieselbe auch nur hier und da einen
dürren Faden, oder die leblosen Knochen eines Skeletts, sogar in
Unordnung untereinander geworfen, dargiebt.
Die Denkformen sind zunächst in der Sprache
des Menschen herausgesetzt und niedergelegt, es kann in unseren Tagen
nicht oft genug daran erinnert werden, daß das, wodurch sich der Mensch
vom Thiere unterscheidet, das Denken ist. In Alles, was ihm zu einem
Innerlichen, zur Vorstellung überhaupt, wird, was er zu dem Seinigen
macht, hat sich die Sprache eingedrängt, und was er zur Sprache macht
und in ihr äußert, enthält eingehüllter, vermischter, oder
herausgearbeitet, eine Kategorie; so sehr natürlich ist ihm das
Logische, oder vielmehr dasselbige ist seine eigenthümliche Natur
selbst. Stellt man aber die Natur überhaupt, als das Physikalische, dem
Geistigen gegenüber, so müßte man sagen, daß das Logische vielmehr das
Uebernatürliche ist, welches sich in alles Naturverhalten des Menschen,
in sein Empfinden, Anschauen, Begehren, Bedürfniß, Trieb eindrängt und
es dadurch überhaupt zu einem Menschlichen, wenn auch nur formell, zu
Vorstelllungen und Zwecken, macht. Es ist der Vortheil einer Sprache,
wenn sie einen Reichthum an logischen Ausdrücken, nämlich
eigenthümlichen und abgesonderten, für die Denkbestimmungen selbst
besitzt; von den Präpositionen, Artikeln, gehören schon viele solchen
Verhältnissen an, die auf dem Denken beruhen; die chinesische Sprache
soll es in ihrer Ausbildung gar nicht oder nur dürftig bis dahin
gebracht haben; aber diese Partikeln treten ganz dienend, nur etwas
weniges abgelöster, als die Augmente, Flexionszeichen und dergl. auf.
Viel wichtiger ist es, daß in einer Sprache die Denkbestimmungen zu
Substantiven und Verben herausgestellt und so zur gegenständlichen Form
gestempelt sind; die deutsche Sprache hat darin viele Vorzüge vor den
anderen modernen Sprachen; sogar sind manche
ihrer Wörter von der weiteren Eigenheit, verschiedene Bedeutungen nicht
nur, sondern entgegengesetzte zu haben, so daß darin selbst ein
spekulativer Geist der Sprache nicht zu verkennen ist; es kann dem
Denken eine Freude gewähren, auf solche Wörter zu stoßen, und die
Vereinigung Entgegengesetzter, welches Resultat der Spekulation für den
Verstand aber widersinnig ist, auf naive Weise schon lexikalisch als
Ein Wort von den entgegengesetzten Bedeutungen vorzufinden. Die
Philosophie bedarf daher überhaupt keiner besonderen Terminologie; es
sind wohl aus fremden Sprachen einige Wörter aufzunehmen, welche jedoch
durch den Gebrauch bereits das Bürgerrecht in ihr erhalten haben, ein
affektirter Purismus würde da, wo es am entschiedensten auf die Sache
ankommt, am wenigsten am Platze seyn. - Das Fortschreiten der Bildung
überhaupt und insbesondere der Wissenschaften, selbst der empirischen
und sinnlichen; indem sie im Allgemeinen sich in den gewöhnlichsten
Kategorien (z.B. eines Ganzen und der Theile, eines Dinges und seiner
Eigenschaften und dergleichen) bewegen, fördert nach und nach auch
höhere Denkverhältnisse zu Tage, oder hebt sie wenigstens zu größerer
Allgemeinheit und damit zu näherer Aufmerksamkeit hervor. Wenn z.B. in
der Physik die Denkbestimmung der Kraft vorherrschend geworden ist, so spielt in neuerer Zeit die Kategorie der Polarität, die übrigens zu sehr ... tort e ... travers
in Alles selbst in das Licht eingedrängt wird, die bedeutendste Rolle,
- die Bestimmung von einem Unterschiede, in welchem die Unterschiedenen
untrennbar verbunden sind; - daß auf solche Weise von der Form
der Abstraktion, der Identität, durch welche eine Bestimmtheit z.B. als
Kraft eine Selbstständigkeit erhält, fortgegangen, und die Form des
Bestimmens, des Unterschiedes, welcher zugleich als ein Untrennbares in
der Identität bleibt, herausgehoben und eine geläufige Vorstellung
geworden, ist von unendlicher Wichtigkeit. Die Naturbetrachtung bringt
durch die Realität, in welcher ihre Gegenstände
sich festhalten, dieses Zwingende mit sich, die Kategorien, die in ihr
nicht länger ignorirt werden können, wenn auch mit der größten
Inkonsequenz gegen andere, die auch geltend gelassen werden, zu
fixiren, und es nicht zu gestatten, daß, wie im Geistigen leichter
geschieht, zu Abstraktionen von dem Gegensatze und zur Allgemeinheit
übergegangen wird.
Aber
indem so die logischen Gegenstände, wie deren Ausdrücke, etwa in der
Bildung Allbekanntes sind, so ist, wie ich anderwärts gesagt, was bekannt ist, darum nicht erkannt,
und es kann selbst die Ungeduld erregen, sich noch mit Bekanntem
beschäftigen zu sollen, und was ist bekannter, als eben die
Denkbestimmungen, von denen wir allenthalben Gebrauch machen, die uns
in jedem Satze, den wir sprechen, zum Munde herausgehen. Ueber den Gang
des Erkennens von diesem Bekannten aus, über das Verhältniß des
wissenschaftlichen Denkens zu diesem natürlichen Denken, die
allgemeinen Momente anzugeben soll dieses Vorwort bestimmt seyn, so
viel, zusammengenommen mit dem, was die frühere Einleitung
enthält, wird hinreichend seyn, um eine allgemeine Vorstellung, wie man
eine solche von einer Wissenschaft zum voraus, vor derselben, welche
die Sache selbst ist, zu erhalten fordert, von dem Sinne des logischen
Erkennens zu geben.
Zunächst
ist es als ein unendlicher Fortschritt anzusehen, daß die Formen des
Denkens von dem Stoffe, in welchen sie im selbstbewußten Anschauen,
Vorstellen, wie in unserem Begehren und Wollen, oder vielmehr auch in
dem vorstellenden Begehren und Wollen ( - und es ist kein menschliches
Begehren oder Wollen ohne Vorstellen - ) versenkt sind, befreit, diese
Allgemeinheiten für sich herausgehoben, und wie Plato, dann aber Aristoteles
vornehmlich gethan, zum Gegenstande der Betrachtung für sich gemacht
worden; dieß giebt den Anfang des Erkennens derselben. "Erst nachdem
beinahe alles Nothwendige", sagt Aristoteles, "und was zur
Bequemlichkeit und zum Verkehr des Lebens
gehört, vorhanden war, hat man angefangen, sich um philosophische
Erkenntniß zu bemühen." "In Aegypten," hatte er vorher bemerkt, "sind
die mathematischen Wissenschaften früh ausgebildet worden, weil
daselbst der Priesterstand früh in die Lage versetzt worden, Muße zu
haben." - In der That setzt das Bedürfniß sich mit den reinen Gedanken
zu beschäftigen einen weiten Gang voraus, den der Menschengeist
durchgemacht haben muß, es ist, kann man sagen, es ist das Bedürfniß
des schon befriedigten Bedürfnisses der Nothwendigkeit der
Bedürfnißlosigkeit, zu dem er gekommen seyn muß, der Abstraktion von
dem Stoffe des Anschauens, Einbildens u.s.f. der konkreten Interessen
des Begehrens, der Triebe, des Willens, in welchem Stoffe die
Denkbestimmungen eingehüllt stecken. In den stillen Räumen des zu sich
selbst gekommenen und nur in sich seyenden Denkens schweigen die
Interessen, welche das Leben der Völker und der Individuen bewegen.
"Nach so vielen Seiten," sagt Aristoteles in demselben Zusammenhange,
"ist die Natur des Menschen abhängig, aber diese Wissenschaft, die
nicht zu einem Gebrauche gesucht wird, ist allein die an und für sich
freie und sie scheint darum nicht ein menschlicher Besitz zu seyn." -
Die Philosophie überhaupt hat es noch mit konkreten Gegenständen, Gott,
Natur, Geist, in ihren Gedanken zu thun, aber die Logik beschäftigt
sich ganz nur mit diesen für sich in ihrer vollständigen Abstraktion.
Diese Logik pflegt darum dem Studium der Jugend zunächst anheim zu
fallen, als welche noch nicht in die Interessen des konkreten Lebens
eingetreten ist, in der Muße in Rücksicht derselben lebt, und nur erst
für ihren subjektiven Zweck mit der Erwerbung der Mittel und der
Möglichkeiten, in den Objekten jener Interessen thätig zu werden, sich
und mit diesen selbst noch theoretisch sich zu beschäftigen hat. Unter
diese Mittel wird im Widerspiele von der angeführten
Vorstellung des Aristoteles, die logische Wissenschaft gerechnet, die
Bemühung mit derselben ist eine vorläufige Arbeit, ihr Ort
die Schule, auf welche erst der Ernst des Lebens und die Thätigkeit für
die wahrhaften Zwecke folgen soll. Im Leben geht es zum Gebrauch
der Kategorien, sie werden von der Ehre, für sich betrachtet zu werden,
dazu herabgesetzt, in dem geistigen Betrieb lebendigen Inhalts in dem
Erschaffen und Auswechseln der darauf bezüglichen Vorstellungen, zu dienen, - Theils als Abbreviaturen
durch ihre Allgemeinheit; - denn welche unendliche Menge von
Einzelnheiten des äußerlichen Daseyns und der Thätigkeit faßt die
Vorstellung. Schlacht, Krieg, Volk, oder Meer, Thier u.s.f. in sich
zusammen; - wie ist in der Vorstellung: Gott oder Liebe u.s.f. in die Einfachheit
solchen Vorstellens eine unendliche Menge von Vorstellungen,
Thätigkeit, Zuständen u.s.f. epitomirt! - Theils zur näheren Bestimmung
und Findung der gegenständlichen Verhältnisse, wobei aber
Gehalt und Zweck, die Richtigkeit und Wahrheit des sich einmischenden
Denkens ganz von dem Vorhandenen selbst abhängig gemacht ist und den
Denkbestimmungen für sich keine Inhaltbestimmende Wirksamkeit
zugeschrieben wird. Solcher Gebrauch der Kategorien, der vorhin die
natürliche Logik genannt worden ist, ist bewußtlos, und wenn ihnen in
wissenschaftlicher Reflexion das Verhältniß, als Mittel zu dienen, im
Geiste angewiesen wird, so wird das Denken überhaupt zu etwas den
anderen geistigen Bestimmungen Untergeordnetem gemacht. Von unseren
Empfindungen, Trieben, Interessen sagen wir nicht wohl, daß sie uns
dienen, sondern sie gelten als selbstständige Kräfte und Mächte, so daß
wir dieß selbst sind, so zu empfinden, dieß zu begehren und zu wollen,
in dieß unser Interesse zu legen. Aber wieder kann es vielmehr unser
Bewußtseyn werden, daß wir im Dienste unserer Gefühle, Triebe,
Leidenschaften, Interessen, ohnehin von Gewohnheiten stehen, als daß
wir sie im Besitz haben, noch weniger, daß sie bei unser innigen
Einheit mit ihnen uns als Mittel dienen. Dergleichen Bestimmungen des
Gemüths und Geistes zeigen sich uns bald als Besondere im Gegensatze gegen die Allgemeinheit,
als die wir uns bewußt werden, in der wir unsere Freiheit haben, und
halten dafür, in diesen Besonderheiten vielmehr befangen zu seyn, von
ihnen beherrscht zu werden. Sonach können wir dann viel weniger dafür
halten, daß die Denkformen, die sich durch alle unserer Vorstellungen,
diese seyen bloß theoretisch, oder enthalten einen Stoff, der der
Empfindung, dem Triebe, dem Willen angehört, hindurch ziehen, uns
dienen, daß wir sie, und sie nicht vielmehr uns im Besitz haben; was
ist uns übrig gegen sie, wie sollen wir, ich mich als das Allgemeinere über
sie hinausstellen, sie die selbst das Allgemeine als solches sind. Wenn
wir uns in eine Empfindung, Zweck, Interesse legen, und uns darin
beschränkt, unfrei fühlen, so ist der Ort, in den wir daraus heraus und
in die Freiheit zurück zu ziehen vermögen, dieser Ort der Gewißheit
seiner selbst, der reinen Abstraktion, des Denkens. Oder ebenso, wenn
wir von den Dingen sprechen wollen, so nennen wir die Natur oder das Wesen derselben ihren Begriff,
und dieser ist nur für das Denken; von den Begriffen der Dinge aber
werden wir noch viel weniger sagen, daß wir sie beherrschen oder daß
die Denkbestimmungen, von denen sie der Komplex sind, uns dienen, im
Gegentheil muß sich unser Denken nach ihnen beschränken und unsere
Willkür oder Freiheit soll sie nicht nach sich zurichten wollen.
Insofern also das subjektive Denken unser eigenstes, innerlichstes Thun
ist, und der objektive Begriff der Dinge die Sache selbst ausmacht, so
können wir aus jenem Thun nicht heraus seyn, nicht über demselben
stehen, und ebenso wenig können wir über die Natur der Dinge hinaus.
Von der letzteren Bestimmung jedoch können wir absehen; sie fällt mit
der ersteren insofern zusammen, da sie eine Beziehung unserer Gedanken
auf die Sache, aber nur etwas Leeres ergäbe, weil die Sache damit als
Regel für unsere Begriffe aufgestellt werden würde, aber eben die Sache
für uns nichts Anderes als unsere Begriffe von ihr seyn kann. Wenn die kritische Philosophie das Verhältniß dieser drei Terminorum so versteht, daß wir die Gedanken zwischen uns und zwischen die Sachen als Mitte stellen in dem Sinne, daß diese Mitte uns von den Sachen
vielmehr abschließt, statt uns mit denselben zusammenzuschließen, so
ist dieser Ansicht die einfache Bemerkung entgegenzusetzen, daß eben
diese Sachen, die jenseits unserer und jenseits der sich auf sie
beziehenden Gedanken auf dem anderen Extreme stehen sollen, selbst
Gedankendinge, und als ganz unbestimmte, nur Ein Gedankending, (- das
sogenannte Ding-an-sich) der leeren Abstraktion selbst sind.
Doch
dieß mag für den Gesichtspunkt genügen, aus welchem das Verhältniß
verschwindet, nach welchem die Denkbestimmungen nur als zum Gebrauch
und als Mittel genommen werden; wichtiger ist das weiter damit
Zusammenhängende, nach welchem sie als äußere Formen gefaßt zu werden
pflegen. - Die uns alle Vorstellungen, Zwecke, Interessen und
Handlungen durchwirkende Thätigkeit des Denkens ist, wie gesagt,
bewußtlos geschäftig (die natürliche Logik); was unser Bewußtseyn vor
sich hat, ist der Inhalt, die Gegenstände der Vorstellungen, das, womit
das Interesse erfüllt ist; die Denkbestimmungen gelten nach diesem
Verhältniß als Formen, die nur an dem Gehalt, nicht der
Gehalt selbst seyen. Wenn es aber an dem ist, was vorhin angegeben
worden, und was sonst im Allgemeinen zugestanden wird, daß die Natur, das eigenthümliche Wesen, das wahrhaft Bleibende und Substantielle
bei der Mannigfaltigkeit und Zufälligkeit des Erscheinens und der
Zufälligkeit des Erscheinens und der vorübergehenden Aeußerung, der Begriff der Sache, das in ihr selbst Allgemeine ist, wie jedes menschliche Individuum zwar ein unendlich eigenthümliches, das Prius aller seiner Eigenthümlichkeit darin Mensch zu seyn in sich hat, wie jedes einzelne Thier, das Prius, Thier zu seyn: so wäre nicht zu sagen, was, wenn diese Grundlage aus dem mit
noch so vielfachen sonstigen Prädikaten Ausgerüsteten weggenommen
würde, ob sie gleich wie die anderen ein Prädikat genannt werden kann,
was so ein Individuum noch seyn sollte. Die unerläßliche Grundlage, der
Begriff, das Allgemeine, das der Gedanke, insofern man nur von der
Vorstellung bei dem Worte: Gedanke, abstrahiren kann, selbst ist, kann
nicht nur als eine gleichgültige Form, die an einem Inhalte sey, angesehen werden. Aber diese Gedanken aller natürlichen und geistigen Dinge, selbst der substantielle Inhalt,
sind noch ein socher, der vielfache Bestimmtheiten enthält und noch den
Unterschied einer Seele und eines Leibes, des Begriffs und einer
relativen Realität an ihm hat; die tiefere Grundlage ist die Seele für
sich, der reine Begriff, der das Innerste der Gegenstände, ihr
einfacher Lebenspuls, wie selbst des subjektiven Denkens derselben ist.
Diese logische Natur, die den Geist beseelt, in ihm treibt und
wirkt, zum Bewußtseyn zu bringen, dieß ist die Aufgabe. Das
instinktartige Thun unterscheidet sich von dem intelligenten und freien
Thun dadurch überhaupt, daß dieses mit Bewußtseyn geschieht, indem der
Inhalt des Treibenden heraus aus der unmittelbaren Einheit mit dem
Subjekte zur Gegenständlichkeit vor dieses gebracht ist, beginnt die
Freiheit des Geistes, der in dem instinktweisen Wirken des Denkens
befangen in den Banden seiner Kategorien in einen unendlich
mannigfachen Stoff zersplittert ist. In diesem Netze schürzen sich hin
und wieder festere Knoten, welche die Anhalts- und Richtungspunkte
seines Lebens und Bewußtseyns sind, sie verdanken ihre Festigkeit und
Macht eben dem, daß sie vor das Bewußtseyn gebracht an und für sich
seyenden Begriffe seiner Wesenheit sind. Der wichtigste Punkt für die
Natur des Geistes ist das Verhältniß nicht nur dessen, was er an sich ist, zu dem was er wirklich ist, sondern dessen, als was er sich weiß; dieses Sichwissen ist darum, weil er wesentlich Bewußtseyn, Grundbestimmung seiner Wirklichkeit. Diese Kategorien, die nur instinktmäßig als Triebe
wirksam sind, und zunächst vereinzelt, damit veränderlich und sich
verwirrend in das Bewußtseyn des Geistes gebracht, und ihm so eine
vereinzelte und unsichere Wirklichkeit gewähren, zu reinigen und ihn
damit in ihnen zur Freiheit und Wahrheit zu erheben, dieß ist also das
höhere logische Geschäft.
Was
wir als Anfang der Wissenschaft, dessen hoher Werth für sich und
zugleich als Bedingung der wahrhaften Erkenntniß vorhin anerkannt
worden ist, angaben, die Begriffe und die Momente des Begriffs
überhaupt, die Denkbestimmungen zunächst als Formen, die von dem Stoffe
verschieden und nur an ihm seyen, zu behandeln, dieß giebt sich
sogleich an sich selbst als ein zur Wahrheit, die als Gegenstand und
Zweck der Logik angegeben wird, unangemessenes Verhalten kund. Denn so
als bloße Formen, als verschieden von dem Inhalte, werden sie in einer
Bestimmung stehend angenommen, die sie zu endlichen stempelt und die
Wahrheit, die in sich unendlich ist, zu fassen unfähig macht. Mag das
Wahre sonst, in welcher Rücksicht es sey, wieder mit Beschränkung und
Endlichkeit vergesellschaftet seyn, dieß ist die Seite seiner Negation,
seiner Unwahrheit und Unwirklichkeit, eben seines Endes, nicht der
Affirmation, welche es als Wahres ist. Gegen die Kahlheit der bloß
formellen Kategorien hat der Instinkt der gesunden Vernunft sich
endlich so erstarkt gefühlt, daß er ihre Kenntniß mit Verachtung dem
Gebiete einer Schullogik und Schulmetaphysik überläßt, zugleich mit der
Mißachtung des Werthes, den schon das Bewußtseyn dieser Fäden für sich
hat, und mit der Bewußtlosigkeit, in dem instinktartigen Thun
natürlicher Logik, noch mehr in dem reflektirten Verwerfen der Kenntniß
und Erkenntniß der Denkbestimmungen selbst, im Dienste des
ungereinigten und damit unfreien Denkens gefangen zu seyn. Die einfache
Grundbestimmung oder gemeinschaftliche Formbestimmung der Sammlung
solcher Formen ist die Identität, die als Gesetz, als A=A, als Satz des Widerspruchs in der Logik dieser Sammlung
behauptet wird. Die gesunde Vernunft hat ihre Ehrerbietung vor der
Schule, die im Besitze solcher Gesetze der Wahrheit und in der sie noch
immer so fortgeführt werden, so sehr verloren, daß sie dieselbe darob
verlacht, und einen Menschen, der nach solchen Gesetzen wahrhaft zu
sprechen weiß: die Pflanze ist eine - Pflanze, die Wissenschaft ist -
die Wissenschaft, und sofort ins Unendliche, für unerträglich
hält. Ueber die Formeln auch, welche die Regeln des Schließens, das in
der That ein Hauptgebrauch des Verstandes ist, hat sich - so ungerecht
es ist zu verkennen, daß sie ihr Feld in der Erkenntniß haben, worin
sie gelten müssen und zugleich, daß sie wesentliches Material für das
Denken der Vernunft sind, - das ebenso gerechte Bewußtsein festgesetzt,
daß sie gleichgültige Mittel wenigstens ebenso sehr des Irrthums und
der Sophisterei sind, und wie man auch sonst die Wahrheit bestimmen
mag, für die höhere, z.B. die religiöse Wahrheit unbrauchbar sind; daß
sie überhaupt nur eine Richtigkeit der Erkenntnisse, nicht die Wahrheit
betreffen.
Die
Unvollständigkeit dieser Weise, das Denken zu betrachten, welche die
Wahrheit auf der Seite läßt, ist allein dadurch zu ergänzen, daß nicht
bloß das, was zu äußeren Form gerechnet zu werden pflegt, sondern der
Inhalt mit in die denkende Betrachtung gezogen wird. Es zeigt sich von
selbst bald, daß was in der nächsten gewöhnlichsten Reflexion als
Inhalt von der Form geschieden wird, in der That nicht formlos, nicht
bestimmungslos in sich, seyn soll; so wäre er nur das Leere, etwa die
Abstraktion des Dings-an-sich, - daß er vielmehr Form in ihm selbst, ja
durch sie allein Beseelung und Gehalt hat und daß sie selbst es ist,
die nur in den Schein eines Inhalts, so wie damit auch in den Schein
eines an diesem Scheine Aeußerlichen, umschlägt. Mit dieser Einführung
des Inhalts in die logische Betrachtung, sind es nicht die Dinge, sondern die Sache, der Begriff der Dinge, welcher Gegenstand wird.
Hierbei kann man aber auch daran erinnert werden, daß es eine Menge Begriffe, eine Menge Sachen giebt.
Wodurch aber diese Menge beschränkt wird, ist Theils vorhin gesagt
worden, daß der Begriff als Gedanke überhaupt, als Allgemeines, die
unermeßliche Abbreviatur gegen die Einzelnheit der Dinge, wie sie ihre
Menge dem unbestimmten Anschauen und Vorstellen vorschweben, ist;
Theils aber ist ein Begriff sogleich erstens der Begriff an ihm selbst, und dieser ist nur Einer, und ist die substantielle Grundlage; vor's Andere aber ist er wohl ein bestimmter
Begriff, welche Bestimmtheit an ihm das ist, was als Inhalt erscheint,
die Bestimmtheit des Begriffs aber ist eine Formbestimmung dieser
substantiellen Einheit, ein Moment der Form als Totalität, des Begriffes selbst,
der die Grundlage der bestimmten Begriffe ist. Dieser wird nicht
sinnlich angeschaut oder vorgestellt; er ist nur Gegenstand, Produkt
und Inhalt des Denkens, und die an und für sich seyende Sache,
der Logos, die Vernunft dessen, was ist, die Wahrheit dessen, was den
Namen der Dinge führt; am wenigsten ist es der Logos, was außerhalb der
logischen Wissenschaft gelassen werden soll. Es muß darum nicht ein
Belieben seyn, ihn in die Wissenschaft herein zu ziehen oder ihn
draußen zu lassen. Wenn die Denkbestimmungen, welche nur äußerliche
Formen sind, wahrhaft an ihnen selbst betrachtet werden, kann nur ihre
Endlichkeit und die Unwahrheit ihres Für-sich-seyn-sollens und als ihre
Wahrheit, der Begriff, hervorgehen. Daher wird die logische
Wissenschaft, indem sie die Denkbestimmungen, die überhaupt unsern
Geist instinktartig und bewußtlos durchziehen, und selbst indem sie in
die Sprache hereintreten, ungegenständlich, unbeachtet bleiben,
abhandelt, auch die Rekonstruktion derjenigen seyn, welche durch die
Reflexion herausgehoben und von ihr als subjektive, an dem Stoff und
Gehalt äußere Formen fixiert sind.
Die Darstellung keines Gegenstandes wäre an und für sich fähig, gar streng ganz immanent plastisch zu seyn, als die der
Entwickelung des Denkens in seiner Nothwendigkeit; keiner führte so
sehr diese Forderung mit sich; seine Wissenschaft müßte darin auch die
Mathematik übertreffen, denn kein Gegenstand hat in ihm selbst diese
Freiheit und Unabhängigkeit. Solcher Vortrag erforderte, wie dieß in
seiner Art in dem Gange der mathematischen Konsequenz vorhanden ist,
daß bei keiner Stufe der Entwickelung eine Denkbestimmung und Reflexion
vorkäme, die nicht in dieser Stufe unmittelbar hervorgeht, und aus den
vorhergehenden in sie herübergekommen ist. Allein auf solche abstrakte
Vollkommenheit der Darstellung muß freilich im Allgemeinen Verzicht
gethan werden; schon indem die Wissenschaft mit dem rein Einfachen,
hiermit dem Allgemeinsten und Leersten, anfangen muß, ließe der Vortrag
nur eben diese selbst ganz einfachen Ausdrücke des Einfachen ohne allen
weiteren Zusatz irgend eines Wortes zu; - was der Sache nach Statt
finden dürfte, wären negirende Reflexionen, die das abzuhalten und zu
entfernen sich bemühten, was sonst die Vorstellung oder ein
ungeregeltes Denken einmischen könnte. Solche Einfälle in den einfachen
immanenten Gang der Entwickelung sind jedoch für sich zufällig, und die
Bemühung, sie abzuwehren, wird somit selbst mit dieser Zufälligkeit
behaftet; ohnehin ist es vergeblich allen solchen Einfällen,
eben weil sie außer der Sache liegen, begegnen zu wollen, und
wenigstens wäre Unvollständigkeit das, was hierbei für die
systematische Befriedigung verlangt würde. Aber die eigenthümliche
Unruhe und Zerstreuung unseres modernen Bewußtseyns läßt es nicht
anders zu, als gleichfalls mehr oder weniger auf nahe liegende
Reflexionen und Einfälle Rücksicht zu nehmen, ein plastischer Vortrag
erfordert dann auch einen plastischen Sinn des Aufnehmens und
Verstehens; aber solche plastische Jünglinge und Männer so ruhig mit
der Selbstverläugnung eigener Reflexionen und Einfälle, womit das Selbstdenken sich zu erweisen ungeduldig ist, nur der Sache folgende Zuhörer, wie sie Plato dichtet, würden in einem modernen
Dialoge nicht aufgestellt werden können; noch weniger dürfte auf solche
Leser gezählt werden. Im Gegentheil haben sich mir zu häufig und zu
heftig solche Gegner gezeigt, welche nicht die einfache Reflexion
machen mochten, daß ihre Einfälle und Einwürfe Kategorien enthalten,
welche Voraussetzungen sind und selbst erst der Kritik bedürfen, ehe
sie gebraucht werden. Die Bewußtlosigkeit hierüber geht unglaublich
weit; sie macht das Grund-Mißverständniß, das üble d.h. ungebildete
Benehmen, bei einer Kategorie, die betrachtet wird, etwas Anderes zu denken und nicht diese Kategorie selbst. Diese Bewußtlosigkeit ist um so weniger zu rechtfertigen, als solches Anderes
andere Denkbestimmungen und Begriffe sind, in einem Systeme der Logik
aber eben diese anderen Kategorien gleichfalls ihre Stelle müssen
gefunden haben, und daselbst für sich der Betrachtung werden
unterworfen seyn. Am auffallendsten ist dieß in der überwiegenden Menge
von Einwürfen und Angriffen, die auf die ersten Begriffe oder Sätze der
Logik, das Seyn und Nichts und das Werden, als
welches, selbst eine einfache Bestimmung, wohl unbestritten, - die
einfachste Analyse zeigt dieß, - jene beiden Bestimmungen als Momente
enthält. Die Gründlichkeit scheint zu erfordern, den Anfang, als den
Grund, worauf Alles gebaut sey, vor Allem aus zu untersuchen, ja nicht
weiter zu gehen, als bis er sich fest erwiesen hat, im Gegentheil
vielmehr, wenn dieß nicht der Fall ist, alles noch Folgende zu
verwerfen. Diese Gründlichkeit hat zugleich den Vortheil, die größte
Erleichterung für das Denkgeschäft zu gewähren, sie hat die ganze
Entwickelung in diesen Keim eingeschlossen vor sich, und hält sich für
mit Allem fertig, wenn sie mit diesem fertig ist, der das Leichteste
zum Abthun ist, denn er ist das Einfachste, das Einfache selbst; es ist
die geringe Arbeit, die erforderlich ist, wodurch sich diese so selbst
zufriedene Gründlichkeit wesentlich empfiehlt. Diese Beschränkung auf
das Einfache läßt der Willkür des Denkens, das für sich nicht einfach
bleiben will, sondern seine Reflexionen darüber anbringt, freien Spielraum. Mit dem guten Rechte, sich zuerst nur mit dem Princip zu beschäftigen, und damit sich auf das Weitere nicht einzulassen, thut diese Gründlichkeit in ihrem Geschäfte selbst das Gegentheil hiervon, vielmehr das Weitere,
d.i. andere Kategorien als nur das Princip ist, andere Voraussetzungen
und Vorurtheile herbeizubringen. Solche Voraussetzungen, daß die
Unendlichkeit verschieden von der Endlichkeit, der Inhalt etwas Anderes
als die Form, das Innere ein Anderes als das Aeußere, die Vermittelung
ebenso nicht die Unmittelbarkeit sey, als ob einer dergleichen nicht
wüßte, werden zugleich belehrungsweise vorgebracht und nicht sowohl
bewiesen, als erzählt und versichert. In solchem Belehren als Benehmen
liegt - man kann es nicht anders nennen, - eine Albernheit; der Sache
nach aber Theils das Unberechtigte, dergleichen nur vorauszusetzen und
geradezu anzunehmen, Theils aber noch mehr die Unwissenheit, daß es das
Bedürfniß und Geschäft des logischen Denkens ist, eben dieß zu
untersuchen, ob denn so ein Endliches ohne Unendlichkeit etwas Wahres
ist, ebenso solche abstrakte Unendlichkeit, ferner ein formloser Inhalt
und eine inhaltlose Form, so ein Inneres für sich, das keine Aeußerung
hat, eine Aeußerlichkeit ohne Innerlichkeit u.s.f. - etwas Wahres, ebenso etwas Wirkliches
ist. - Aber diese Bildung und Zucht des Denkens, durch welche ein
plastisches Verhalten desselben bewirkt und die Ungeduld der
einfallenden Reflexion überwunden würde, wird allein durch das
Weitergehen, das Studium und die Produktion der ganzen Entwickelung
verschafft.
Bei
der Erwähnung platonischer Darstellung kann, wer ein selbstständiges
Gebäude philosophischer Wissenschaft in modernen Zeiten neu aufzuführen
arbeitet, an die Erzählung erinnert werden, daß Plato seine Bücher über
den Staat sieben Mal umgearbeitet habe. Die Erinnerung hieran, eine
Vergleichung, insofern sie eine solche in sich zu schließen schiene,
dürfte nur um so mehr bis zu dem Wunsch
treiben, daß für ein Werk, das, als der modernen Welt angehörig, ein
tieferes Princip, einen schwereren Gegenstand und ein Material von
reicherm Umfang zur Bearbeitung vor sich hat, die freie Muße, es sieben
und siebenzig Mal durchzuarbeiten, gewährt gewesen wäre. So aber mußte
der Verfasser, indem er es im Angesicht der Größe der Aufgabe
betrachtet, sich mit dem begnügen, was es hat werden mögen, unter den
Umständen einer äußerlichen Nothwendigkeit, der unabwendbaren
Zerstreuung durch die Größe und Vielseitigkeit der Zeitinteressen,
sogar unter dem Zweifel, ob der laute Lärm des Tages und die betäubende
Geschwätzigkeit der Einbildung, die auf denselben sich zu beschränken
eitel ist, noch Raum für die Theilnahme an der leidenschaftslosen
Stille der nur denkenden Erkenntniß offen lasse.
Berlin, den 7. November 1831.
Es
fühlt sich bei keiner Wissenschaft stärker das Bedürfniß, ohne
vorangehende Reflexionen, von der Sache selbst anzufangen, als bei der
logischen Wissenschaft. In jeder andern ist der Gegenstand, den sie
behandelt, und die wissenschaftliche Methode von einander
unterschieden; so wie auch der Inhalt nicht einen absoluten Anfang
macht, sondern von andern Begriffen abhängt, und um sich herum mit
anderem Stoffe zusammenhängt. Diesen Wissenschaften wird es daher
zugegeben, von ihrem Boden und dessen Zusammenhang, so wie von der
Methode nur lemmatischer Weise zu sprechen, die als bekannt und
angenommen vorausgesetzten Formen von Definitionen und dergleichen ohne
weiteres anzuwenden, und sich der gewöhnlichen Art des Raisonnements
zur Festsetzung ihrer allgemeinen Begriffe und Grundbestimmungen zu
bedienen.
Die
Logik dagegen kann keine dieser Formen der Reflexion oder Regeln und
Gesetze des Denkens voraussetzen, denn sie machen einen Theil ihres
Inhalts selbst aus und haben erst innerhalb ihrer begründet zu werden.
Nicht nur aber die Angabe der wissenschaftlichen Methode, sondern auch
der Begriff selbst der Wissenschaft überhaupt gehört zu ihrem Inhalte, und zwar macht er ihr letztes Resultat aus; was sie ist, kann sie
daher nicht voraussagen, sondern ihre ganze Abhandlung bringt dieß
Wissen von ihr selbst erst als ihr Letztes und als ihre Vollendung
hervor. Gleichfalls ihr Gegenstand, das Denken oder bestimmter das begreifende Denken,
wird wesentlich innerhalb ihrer abgehandelt; der Begriff desselben
erzeugt sich in ihrem Verlaufe, und kann somit nicht vorausgeschickt
werden. Was daher in dieser Einleitung vorausgeschickt wird, hat nicht
den Zweck, den Begriff der Logik etwa zu begründen, oder den Inhalt und
die Methode derselben zum voraus wissenschaftlich zu rechtfertigen,
sondern, durch einige Erläuterungen und Reflexionen, in raisonnirendem
und historischem Sinne, den Gesichtspunkt, aus welchem diese
Wissenschaft zu betrachten ist, der Vorstellung näher zu bringen.
Wenn die Logik als die Wissenschaft des Denkens im Allgemeinen angenommen wird, so wird dabei verstanden, daß dieß Denken die bloße Form einer Erkenntniß ausmache, daß die Logik von allem Inhalte abstrahire, und das sogenannte zweite Bestandstück, das zu einer Erkenntniß gehöre, die Materie,
anderswoher gegeben werden müsse, daß somit die Logik als von welcher
diese Materie ganz und gar unabhängig sey, nur die formalen Bedingungen
wahrhafter Erkenntniß angeben, nicht aber reale Wahrheit selbst
enthalten, noch auch nur der Weg zu realer Wahrheit seyn könne, weil gerade das Wesentliche der Wahrheit, der Inhalt, außer ihr liege.
Vors Erste aber ist es schon ungeschickt zu sagen, daß die Logik von allem Inhalte
abstrahire, daß sie nur die Regeln des Denkens lehre, ohne auf das
Gedachte sich einzulassen und auf dessen Beschaffenheit Rücksicht
nehmen zu können. Denn da das Denken und die Regeln des Denkens ihr
Gegenstand seyn sollen, so hat sie ja unmittelbar daran ihren
eigenthümlichen Inhalt; sie hat daran auch jenes zweite Bestandstück
der Erkenntniß, eine Materie, um deren Beschaffenheit sie sich
bekümmert.
Allein
zweitens sind überhaupt die Vorstellungen, auf denen der Begriff der
Logik bisher beruhte, Theils bereits untergegangen, Theils ist es Zeit,
daß sie vollends verschwinden, daß der Standpunkt dieser Wissenschaft
höher gefaßt werde, und daß sie eine völlig veränderte Gestalt gewinne.
Der bisherige Begriff der Logik beruht auf der im gewöhnlichen Bewußtseyn ein für allemal vorausgesetzten Trennung des Inhalts der Erkenntniß und der Form derselben, oder der Wahrheit und der Gewißheit. Es wird erstens
vorausgesetzt, daß der Stoff des Erkennens, als eine fertige Welt
außerhalb des Denkens, an und für sich vorhanden, daß das Denken für
sich leer sey, als eine Form äußerlich zu jener Materie hinzutrete,
sich damit erfülle, erst daran einen Inhalt gewinne und dadurch ein
reales Erkennen werde.
Alsdann
stehen diese beiden Bestandtheile, - (denn sie sollen das Verhältniß
von Bestandtheilen haben, und das Erkennen wird aus ihnen mechanischer
oder höchstens chemischer Weise zusammengesetzt - ) in dieser
Rangordnung gegen einander, daß das Objekt ein für sich Vollendetes,
Fertiges sey, das des Denkens zu seiner Wirklichkeit vollkommen
entbehren könne, da hingegen das Denken etwas Mangelhaftes sey, das
sich erst an einem Stoffe zu vervollständigen, und zwar als eine weiche
unbestimmte Form sich seiner Materie angemessen zu machen habe.
Wahrheit ist die Uebereinstimmung des Denkens mit dem Gegenstande, und
es soll, um diese Uebereinstimmung hervorzubringen, - denn sie ist
nicht an und für sich vorhanden, - das Denken nach dem Gegenstande sich
fügen und bequemen.
Drittens,
indem die Verschiedenheit der Materie und der Form, des Gegenstandes
und des Denkens nicht in jener neblichten Unbestimmtheit gelassen,
sondern bestimmter genommen wird, so ist jede eine von der andern
geschiedene Sphäre. Das Denken kommt daher in seinem Empfangen und
Formiren des Stoffs nicht über sich hinaus, sein Empfangen und sich
nach ihm Bequemen bleibt eine Modifikation
seiner selbst, es wird dadurch nicht zu seinem Andern; und das
selbstbewußte Bestimmen gehört ohnedieß nur ihm an; es kommt also auch
in seiner Beziehung auf den Gegenstand nicht aus sich heraus zu dem
Gegenstande, dieser bleibt als ein Ding an sich, schlechthin ein
Jenseits des Denkens.
Diese
Ansichten über das Verhältnis des Subjektes und Objekts zu einander
drücken die Bestimmungen aus, welche die Natur unsers gewöhnlichen, des
erscheinenden Bewußtseins ausmachen; aber diese Vorurtheile, in die
Vernunft übergetragen, als ob in ihr dasselbe Verhältniß Gott finde,
als ob dieses Verhältniß an und für sich Wahrheit habe, so sind sie die
Irrthümer, deren durch alle Theile des geistigen und natürlichen
Universums durchgeführte Widerlegung die Philosophie ist, oder die
vielmehr, weil sie den Eingang in die Philosophie versperren, vor
derselben abzulegen sind.
Die
ältere Metaphysik hatte in dieser Rücksicht einen höhern Begriff von
dem Denken als in der neuern Zeit gäng und gäb geworden ist. Jene legte
nämlich zu Grunde, daß das, was durchs Denken von und an den Dingen
erkannt werde, das allein an ihnen wahrhaft Wahre sey; somit nicht sie
in ihrer Unmittelbarkeit, sondern sie erst in die Form des Denkens
erhoben, als Gedachte. Diese Metaphysik hielt somit dafür, daß das
Denken und die Bestimmungen des Denkens nicht ein den Gegenständen
Fremdes, sondern vielmehr deren Wesen sey, oder daß die Dinge und das Denken
derselben, (- wie auch unsere Sprache eine Verwandtschaft derselben
ausdrückt, - ) an und für sich übereinstimmen, daß das Denken in seinen
immanenten Bestimmungen, und die wahrhafte Natur der Dinge, ein und
derselbe Inhalt sey.
Aber
der reflektirende Verstand bemächtigte sich der Philosophie. Es ist
genau zu wissen, was dieser Ausdruck sagen will, der sonst vielfach als
Schlagwort gebraucht wird; es ist überhaupt
darunter der abstrahirende und damit trennende Verstand zu verstehen,
der in seinen Trennungen beharrt. Gegen die Vernunft gekehrt beträgt er
sich als gemeiner Menschenverstand und macht seine Ansicht geltend, daß die Wahrheit auf sinnlicher Realität beruhe, daß die Gedanken nur
Gedanken seyen, in dem Sinne, daß erst die sinnliche Wahrnehmung ihnen
Gehalt und Realität gebe, daß die Vernunft, insofern sie an und für
sich bleibe, nur Hinrgespinnste erzeuge. In diesem Verzichtthun der
Vernunft auf sich selbst, geht der Begriff der Wahrheit verloren, sie
ist darauf eingeschränkt, nur subjektive Wahrheit, nur die Erscheinung
zu erkennen, nur etwas, dem die Natur der Sache selbst nicht
entspreche; das Wissen ist zur Meinung zurückgefallen.
Diese
Wendung jedoch, welche das Erkennen nimmt, und die als Verlust und
Rückschritt erscheint, hat das Tiefere zum Grunde, worauf überhaupt die
Erhebung der Vernunft in den höhern Geist der neuern Philosophie
beruht. Der Grund jener allgemein gewordenen Vorstellung ist nämlich in
der Einsicht von dem nothwendigen Widerstreite der Bestimmungen
des Verstandes mit sich selbst, zu suchen. - Die schon namhaft gemacht
Reflexion ist dieß, über das konkrete Unmittelbare hinaus zu gehen, und dasselbe zu bestimmen und zu trennen. Aber sie muß ebenso sehr über diese ihre trennenden Bestimmungen hinausgehen, und sie zunächst beziehen.
Auf dem Standpunkte dieses Beziehens tritt der Widerstreit derselben
hervor. Dieses Beziehen der Reflexion gehört an sich der Vernunft an;
die Erhebung über jene Bestimmungen, die zur Einsicht des Widerstreits
derselben gelangt, ist der große negative Schritt zum wahrhaften
Begriffe der Vernunft. Aber die nicht durchgeführte Einsicht fällt in
den Mißverstand, als ob die Vernunft es sey, welche in Widerspruch mit
sich gerathe; sie erkennt nicht, daß der Widerspruch eben das Erheben
der Vernunft über die Beschränkungen des Verstandes und das Auflösen
derselben ist. Statt von hier aus den letzten Schritt in die Höhe zu
thun, ist die Erkenntniß von dem Unbefriedigenden der
Verstandesbestimmungen zu der sinnlichen Existenz zurückgeflohen, an
derselben das Feste und Einige zu haben vermeinend.
Indem
aber auf der andern Seite diese Erkenntniß sich als die Erkenntniß von
Erscheinendem weiß, wird das Unbefriedigende derselben eingestanden,
aber zugleich vorausgesetzt, als ob zwar nicht die Dinge an sich, aber
doch innerhalb der Sphäre der Erscheinung richtig erkannt würde; als ob
dabei gleichsam nur die Art der Gegenstände verschieden wäre,
und die eine Art, nämlich die Dinge an sich zwar nicht, aber doch die
andere Art, nämlich die Erscheinungen, in die Erkenntniß fielen. Wie
wenn einem Manne richtige Einsicht beigemessen würde, mit dem Zusatz,
daß er jedoch nichts Wahres, sondern nur Unwahres einzusehen fähig sey.
So ungereimt das Letztere wäre, so ungereimt ist eine wahre Erkenntniß,
die den Gegenstand nicht erkennte, wie er an sich ist.
Die Kritik der Formen des Verstandes hat das angeführte Resultat gehabt, daß diese Formen keine Anwendung auf die Dinge an sich
haben. - Dieß kann keinen andern Sinn haben, als daß diese Formen an
ihnen selbst etwas Unwahres sind. Allein indem sie für die subjektive
Vernunft und für die Erfahrung als geltend gelassen werden, so hat die
Kritik keine Aenderung an ihnen selbst bewirkt, sondern läßt sie für
das Subjekt in derselben Gestalt, wie sie sonst für das Objekt galten.
Wenn sie aber ungenügend für das Ding an sich sind, so müßte der
Verstand, dem sie angehören sollen, noch weniger dieselben sich
gefallen lassen und damit vorlieb nehmen wollen. Wenn sie nicht
Bestimmungen des Dings an sich seyn können, so können sie noch
weniger Bestimmungen des Verstandes seyn, dem wenigstens die Würde
eines Dings an sich zugestanden werden sollte. Die Bestimmungen des
Endlichen und Unendlichen sind in demselben Widerstreit, es sey,
daß sie auf Zeit und Raum, auf die Welt angewendet werden, oder daß sie
Bestimmungen innerhalb des Geistes seyen; so gut als schwarz und weiß
ein Grau geben, ob sie an einer Wand, oder aber noch auf der Pallete
mit einander vereinigt werden; wenn unsere Weltvorstellung sich
auflöst, indem die Bestimmungen des Unendlichen und Endlichen auf sie
übergetragen werden, so ist noch mehr der Geist selbst, welcher
sie beide in sich enthält, ein in sich selbst Widersprechendes, ein
sich Auflösendes. - Es ist nicht die Beschaffenheit des Stoffes oder
Gegenstandes, worauf sie angewendet würde, oder in dem sie sich
befänden, was einen Unterschied ausmachen kann; denn der Gegenstand hat
nur durch und nach jenen Bestimmungen den Widerspruch an ihm.
Jene
Kritik hat also die Formen des objektiven Denkens nur vom Ding
entfernt, aber sie im Subjekt gelassen, wie sie vorgefunden. Sie hat
dabei nämlich diese Formen nicht an und für sich selbst, nach ihrem
eigenthümlichen Inhalt, betrachtet, sondern sie lemmatisch aus der
subjektiven Logik geradezu aufgenommen; so daß von einer Ableitung
ihrer an ihnen selbst, oder auch einer Ableitung derselben als
subjektiv-logischer Formen, noch weniger aber von der dialektischen
Betrachtung derselben die Rede war.
Der
konsequenter durchgeführte transcendentale Idealismus hat die
Richtigkeit des von der kritischen Philosophie noch übrig gelassenen
Gespensts des Dings-an-sich, dieses abstrakten von allem Inhalt
abgeschiedenen Schattens erkannt, und den Zweck gehabt, ihn vollends zu
zerstören. Auch machte diese Philosophie den Anfang, die Vernunft aus
sich selbst ihre Bestimmungen darstellen zu lassen. Aber die subjektive
Haltung dieses Versuchs ließ ihn nicht zur Vollendung kommen. Fernerhin
ist diese Haltung und mit ihr auch jener Anfang und die Ausbildung der
reinen Wissenschaft aufgegeben worden.
Ganz ohne Rücksicht auf metaphysische Bedeutung aber
wird dasjenige betrachtet, was gemeinhin unter Logik verstanden wird.
Diese Wissenschaft, in dem Zustande, worin sie sich noch befindet, hat
freilich keinen Inhalt der Art, wie er als Realität und als eine
wahrhafte Sache in dem gewöhnlichen Bewußtseyn gilt, Aber sie ist nicht
aus diesem Grunde eine formelle, inhaltsvoller Wahrheit entbehrende
Wissenschaft. In jenem Stoffe, der in ihr vermißt, welchem Mangel das
Unbefriedigende derselben zugeschrieben zu werden pflegt, ist ohnehin
das Gebiet der Wahrheit nicht zu suchen. Sondern das Gehaltlose der
logischen Formen liegt vielmehr allein in der Art, sie zu betrachten
und zu behandeln. Indem sie als feste Bestimmungen aus einander fallen
und nicht in organischer Einheit zusammengehalten werden, sind sie
todte Formen, und haben den Geist in ihnen nicht wohnen, der ihre
lebendige konkrete Einheit ist. Damit aber entbehren sie des gediegenen
Inhalts, - einer Materie, welche Gehalt an sich selbst wäre. Der
Inhalt, der an den logischen Formen vermißt wird, ist nichts anderes,
als eine feste Grundlage und Konkretion dieser abstrakten
Bestimmungen,; und ein solches substantielles Wesen pflegt für sie
außen gesucht zu werden. Aber die logische Vernunft selbst ist das
Substantielle oder Reelle, das alle abstrakten Bestimmungen in sich
zusammenhält, und ihre gediegene, absolut-konkrete Einheit ist. Nach
dem also, was eine Materie genannt zu werden pflegt, brauchte nicht
weit gesucht zu werden; es ist nicht Schuld des Gegenstandes der Logik,
wenn sie gehaltlos seyn soll, sondern allein der Art, wie derselbe
gefaßt wird.
Diese
Reflexion führt näher auf die Angabe des Standpunkts, nach welchem die
Logik zu betrachten ist, inwiefern er sich von der bisherigen
Behandlungsweise dieser Wissenschaft unterscheidet, und der allein
wahrhafte Standpunkt ist, auf den sie in Zukunft für immer zu stellen
ist.
In der Phänomenologie des Geistes habe ich das
Bewußtseyn in seiner Fortbewegung von dem ersten unmittelbaren
Gegensatz seiner und des Gegenstandes bis zum absoluten Wissen
dargestellt. Dieser Weg geht durch alle Formen des Verhältnisses des Bewußtseyns zum Objekte durch, und hat den Begriff der Wissenschaft
zu seinem Resultate. Dieser Begriff bedarf also (abgesehen davon, daß
er innerhalb der Logik selbst hervorgeht) hier keiner Rechtfertigung,
weil er sie daselbst erhalten hat; und er ist keiner andern
Rechtfertigung fähig, als nur dieser Hervorbringung desselben durch das
Bewußtseyn, dem sich seine eignen Gestalten alle in denselben als in
die Wahrheit auflösen. - Eine raisonnirende Begründung der Erläuterung
des Begriffs der Wissenschaft kann zum höchsten dieß leisten, daß er
vor die Vorstellung gebracht und eine historische Kenntniß davon
bewirkt werde; aber eine Definition der Wissenschaft oder näher der
Logik hat ihren Beweis allein in jener Nothwendigkeit ihres
Hervorgangs. Eine Definition, mit der irgend eine Wissenschaft den
absoluten Anfang macht, kann nichts anders enthalten, als den
bestimmten, regelrechten Ausdruck von demjenigen, was man sich zugegebner- und bekanntermaßen unter dem Gegenstande und Zweck der Wissenschaft vorstellt.
Daß man sich gerade dieß darunter vorstelle, ist eine historische
Versicherung in Ansehung deren man sich allein auf dieses und jenes
Anerkannte berufen, oder eigentlich nur bittweise beibringen kann, daß
man dieß und jenes als anerkannt gelten lassen möge. Es hört gar nicht
auf, daß der Eine daher, der Andere dorther einen Fall und Instanz
beibringt, nach der auch noch etwas mehr und anderes bei diesem und
jenem Ausdrucke zu verstehen, in dessen Definition also noch eine
nähere oder allgemeinere Bestimmung aufzunehmen und darnach auch die
Wissenschaft einzurichten sey. - Es kommt dabei ferner auf Raisonnement
an, was alles und bis zu welcher Grenze und Umfang es hereingezogen
oder ausgeschlossen werden müsse; dem Raisonnement
selbst aber steht das mannigfaltigste und verschiedenartigste
Dafürhalten offen, worüber am Ende allein die Willkür eine feste
Bestimmung abschließen kann. Bei diesem Verfahren, die Wissenschaft mir
ihrer Definition anzufangen, wird von dem Bedürfniß nicht die Rede, daß
die Nothwendigkeit ihres Gegenstandes und damit ihrer selbst aufgezeigt würde.
Der
Begriff der reinen Wissenschaft und seiner Deduktion wird in
gegenwärtiger Abhandlung also insofern vorausgesetzt, als die
Phänomenologie des Geistes nichts anderes als die Deduktion desselben
ist. Das absolute Wissen ist die Wahrheit aller Weisen des Bewußtseins, weil, wie jener Gang desselben es hervorbrachte, nur in dem absoluten Wissen, die Trennung des Gegenstandes von der Gewißheit seiner selbst vollkommen sich aufgelöst hat, und die Wahrheit, dieser Gewißheit, so wie diese Gewißheit, der Wahrheit gleich geworden ist.
Die reine Wissenschaft setzt somit die Befreiung von dem Gegensatze des Bewußtseyns voraus. Sie enthält den Gedanken, insofern er eben so sehr die Sache an sich selbst ist, oder die Sache an sich selbst, insofern sie ebenso sehr der reine Gedanke ist. Als Wissenschaft ist die Wahrheit das reine sich entwicklende Selbstbewußtseyn, und hat die Gestalt des Selbst, daß das an und für sich seyende gewußter Begriff, der Begriff als solcher aber das an und für sich seyende ist. Dieses objektive Denken ist denn der Inhalt
der reinen Wissenschaft. Sie ist daher so wenig formell, sie entbehrt
so wenig der Materie zu einer wirklichen und wahren Erkenntniß, daß ihr
Inhalt vielmehr allein das absolute Wahre, oder wenn man sich noch des
Worts Materie bedienen wollte, die wahrhafte Materie ist, - eine
Materie aber, der die Form nicht ein Aeußerliches ist, da diese Materie
vielmehr der reine Gedanke, somit die absolute Form selbst ist. Die
Logik ist sonach als das System der reinen Vernunft, als das Reich des
reinen Gedankens zu fassen. Dieses Reich ist die Wahrheit, wie sie ohne Hülle an und für sich selbst ist. Man kann sich deswegen ausdrücken, daß dieser Inhalt die Darstellung Gottes ist, wie er in seinem ewigen Wesen vor der Erschaffung der Natur und des endlichen Geistes ist.
Anaxagoras wird als derjenige gepriesen, der zuerst den Gedanken ausgesprochen habe, daß der Nus, der Gedanke,
das Princip der Welt, daß das Wesen der Welt als der Gedanke bestimmt
ist. Er hat damit den Grund zu einer Intellektualansicht des Universums
gelegt, deren reine Gestalt die Logik seyn muß. Es ist in ihr nicht um ein Denken über etwas, das für sich außer dem Denken zu Grunde läge, zu thun, um Formen, welche bloße Merkmale
der Wahrheit abgeben sollten; sondern die nothwendigen Formen und
eigenen Bestimmungen des Denkens sind der Inhalt und die höchste
Wahrheit selbst.
Um
dieß in der Vorstellung wenigstens aufzunehmen, ist die Meinung auf die
Seite zu legen, als ob die Wahrheit etwas Handgreifliches seyn müsse.
Solche Handgreiflichkeit wird zum Beispiel selbst noch in die
platonischen Ideen, die in dem Denken Gottes sind, hineingetragen, als
ob sie gleichsam existirende Dinge, aber in einer andern Welt oder
Region seyen, außerhalb welcher die Welt der Wirklichkeit sich befinde
und eine von jenen Ideen verschiedene, erst durch diese Verschiedenheit
reale Substantialität habe. Die platonische Idee ist nichts anderes,
als das Allgemeine oder bestimmter der Begriff des Gegenstandes; nur in
seinem Begriffe hat Etwas Wirklichkeit; insofern es von seinem Begriffe
verschieden ist, hört es auf wirklich zu seyn, und ist ein Nichtiges;
die Seite der Handgreiflichkeit und des sinnlichen Außersichseyns
gehört dieser nichtigen Seite an. - Von der andern Seite aber kann man
sich auf die eigenen Vorstellungen der gewöhnlichen Logik berufen; es
wird nämlich angenommen, daß z.B. Definitionen nicht
Bestimmungen enthalten, die nur ins erkennende Subjekt fallen, sondern
die Bestimmungen des Gegenstandes, welche seine wesentlichste eigenste
Natur ausmachen. Oder wenn von gegebenen Bestimmungen auf andere
geschlossen wird, wird angenommen, daß das Erschlossene nicht ein dem
Gegenstande Aeußerliches und Fremdes sey, sondern daß es ihm vielmehr
selbst zukomme, daß diesem Denken das Seyn entspreche. - Es liegt
überhaupt bei dem Gebrauche der Formen des Begriffs, Urtheils,
Schlusses, Definition, Division u.s.f. zu Grunde, daß sie nicht bloß
Formen des selbstbewußten Denken sind, sondern auch des gegenständlichen Verstandes. Denken ist ein Ausdruck, der die in ihm enthaltene Bestimmung vorzugsweise dem Bewußtseyn beilegt. Aber insofern gesagt wird, daß Verstand, daß Vernunft in der gegenständlichen Welt ist, daß der Geist und die Natur allgemeine Gesetze
habe, nach welchen ihr Leben und ihre Veränderung sich machen, so wird
zugegeben, daß die Denkbestimmungen eben so sehr objektiven Werth und
Existenz haben.
Die kritische Philosophie machte zwar bereits die Metaphysik zur Logik,
aber sie, wie der spätere Idealismus, gab, wie vorhin erinnert worden,
aus Angst vor dem Objekt den logischen Bestimmungen eine wesentlich
subjektive Bedeutung; dadurch bleiben sie zugleich mit dem Objekte, das
sie flohen, behaftet, und ein Ding-an-sich, ein unendlicher Anstoß,
blieb als ein Jenseits an ihnen übrig. Aber die Befreiung von dem
Gegensatze des Bewußtseyns, welche die Wissenschaft muß voraussetzen
können, erhebt die Denkbestimmungen über diesen ängstlichen,
unvollendeten Standpunkt, und fordert die Betrachtung derselben, wie
sie an und für sich, ohne eine solche Beschränkung und Rücksicht, das
Logische, das Rein-vernünftige sind.
Kant
preist sonst die Logik, nämlich das Aggregat von Bestimmungen und
Sätzen, das im gewöhnlichen Sinne Logik heißt, darüber glücklich, daß
ihr vor andern Wissenschaften eine so frühe Vollendung zu Theil geworden sey; seit Aristoteles
habe sie keinen Rückschritt gethan, aber auch keinen Schritt vorwärts,
das Letztere deswegen, weil sie allem Ansehen nach geschlossen und
vollendet zu seyn scheine. - Wenn die Logik seit Aristoteles keine
Veränderung erlitten hat, - wie denn in der That die Veränderungen,
wenn man die neuern Kompendien der Logik betrachtet, häufig mehr nur in
Weglassungen bestehen, - so ist daraus eher zu folgern, daß sie um so
mehr einer totalen Umarbeitung bedürfe; denn ein zweitausendjähriges
Fortarbeiten des Geistes muß ihm ein höheres Bewußtseyn über sein
Denken und über seine reine Wesenheit in sich selbst, verschafft haben.
Die Vergleichung der Gestalten, zu denen sich der Geist der praktischen
und der religiösen Welt und der Geist der Wissenschaft in jeder Art
reellen und ideellen Bewußtseyns emporgehoben hat, mit der Gestalt, in
der sich die Logik, sein Bewußtseyn über sein reines Wesen, befindet,
zeigt einen zu großen Unterschied, als daß es nicht der
oberflächlichsten Betrachtung sogleich auffallen sollte, daß dieß
letztere Bewußtseyn den erstern Erhebungen durchaus unangemessen und
ihrer unwürdig ist.
In
der That ist das Bedürfniß einer Umgestaltung der Logik längst gefühlt
worden. In der Form und im Inhalt, wie sie sich in den Lehrbüchern
zeigt, ist sie, man darf sagen, in Verachtung gekommen. Sie wird noch
mitgeschleppt mehr im Gefühle, daß eine Logik überhaupt nicht zu
entbehren sey, und aus einer noch fortdauernden Gewohnheit an die
Tradition von ihrer Wichtigkeit, als aus Ueberzeugung, daß jener
gewöhnliche Inhalt und die Beschäftigung mit jenen leeren Formen Werth
und Nutzen habe.
Die
Erweiterungen, die ihr durch psychologisches, pädagogisches und selbst
physiologisches Material eine Zeitlang gegeben wurden, sind nachher für
Verunstaltungen ziemlich allgemein anerkannt worden. An und für sich
muß ein großer Theil dieser psychologischen,
pädagogischen, physiologischen Beobachtungen, Gesetze und Regeln, sie
mochten in der Logik, oder wo es sey, stehen, als sehr schaal und
trivial erscheinen. Vollends solche Regeln, als zum Beispiel, daß man
dasjenige durchdenken und prüfen solle, was man in Büchern lese oder
mündlich höre; daß man, wenn man nicht gut sehe, seinen Augen durch
Brillen zu Hülfe zu kommen habe, - Regeln, die von den Lehrbüchern in
der sogenannten angewandten Logik, und zwar ernsthaft in Paragraphen
abgetheilt gegeben wurden, auf daß man zur Wahrheit gelange, - müssen
jedermann als überflüßig vorkommen, - nur höchstens dem Schriftsteller
oder Lehrer nicht, der in Verlegenheit ist, den sonst zu kurzen und
todten Inhalt der Logik durch irgend etwas auszudehnen.
Was
solchen Inhalt betrifft, so ist schon oben der Grund angegeben worden,
warum er so geistlos ist. Die Bestimmungen desselben gelten in ihrer
Festigkeit unverrückt, und werden nur in äußerliche Beziehung
miteinander gebracht. Dadurch daß bei den Urtheilen und Schlüssen die
Operationen vornehmlich auf das Quantitative der Bestimmungen
zurückgeführt und gegründet werden, beruht Alles auf einem äußerlichen
Unterschiede, auf bloßer Vergleichung, wird ein völlig analytisches
Verfahren und begriffloses Kalkuliren. Das Ableiten der sogenannten
Regeln und Gesetze, des Schließens vornehmlich, ist nicht viel besser,
als ein Befingern von Stäbchen von ungleicher Länge, um sie nach ihrer
Größe zu sortiren und zu verbinden, - als die spielende Beschäftigung
der Kinder, von mannigfaltig zerschnittenen Gemälden die passenden
Stücke zusammen zu suchen. - Man hat daher nicht mit Unrecht dieses
Denken dem Rechnen und das Rechnen wieder diesem Denken gleichgesetzt.
In der Arithmetik werden die Zahlen als das Begrifflose genommen, das
außer seiner Gleichheit oder Ungleichheit, das heißt, außer seinem ganz
äußerlichen Verhältnisse keine Bedeutung hat, das weder an ihm selbst,
noch dessen Beziehung ein Gedanke ist.
Wenn
auf mechanische Weise ausgerechnet wird, daß dreiviertel mit
zweidrittel multipliziert, ein Halbes ausmacht, so enthält diese
Operation ungefähr so viel und so wenig Gedanken, als die Berechnung,
ob in einer Figur diese oder jene Art des Schlusses Statt haben könne.
Damit daß dieß todte Gebein der Logik durch den Geist zu Gehalt und Inhalt belebt werde, muß ihre Methode
diejenige seyn, wodurch sie allein fähig ist, reine Wissenschaft zu
seyn. In dem Zustande, in dem sie sich befindet, ist kaum eine Ahnung
von wissenschaftlicher Methode zu erkennen. Sie hat ungefähr die Form
einer Erfahrungswissenschaft. Erfahrungswissenschaften haben für das,
was sie seyn sollen, ihre eigenthümliche Methode, des Definirens und
des Klassificirens ihres Stoffes, so gut es geht, gefunden. Auch die
reine Mathematik hat ihre Methode, die für ihre abstrakten Gegenstände
und für die quantitative Bestimmung, in der sie allein betrachtet,
passend ist. Ich habe über diese Methode und überhaupt das
Untergeordnete der Wissenschaftlichkeit, die in der Mathematik Statt
finden kann, in der Vorrede zur Phänomenologie des Geistes, das
Wesentliche gesagt; aber sie wird auch innerhalb der Logik selbst näher
betrachtet werden. Spinoza, Wolf und Andere haben sie verführen lassen,
sie auch auf die Philosophie anzuwenden, und den äußerlichen Gang der
begrifflosen Quantität zum Gange des Begriffes zu machen, was an und
für sich widersprechend ist. Bisher hatte die Philosophie ihre Methode
noch nicht gefunden; sie betrachtete mit Neid das systematische Gebäude
der Mathematik und borgte sie, wie gesagt, von ihr, oder behalf sich
mit der Methode von Wissenschaften, die nur Vermischungen von gegebenem
Stoffe, Erfahrungssätzen und Gedanken sind, - oder half sich auch mit
dem rohen Wegwerfen aller Methode. Die Exposition dessen aber, was
allein die wahrhafte Methode der philosophischen Wissenschaft seyn
kann, fällt in die Abhandlung der Logik selbst; denn die Methode ist das Bewußtseyn über die Form der inneren Selbstbewegung ihres Inhalts. Ich habe in der Phänomenologie des Geistes ein Beispiel von dieser Methode, an einem konkreteren Gegenstande, an dem Bewußtseyn ein Beispiel von dieser Methode, an einem konkreteren Gegenstande, an dem Bewußtseyn,
aufgestellt. (#A+ Später an den anderen konkreten Gegenständen und
resp. Theilen der Philosophie. #A-) Es sind hier Gestalten des
Bewußtseyns, deren jede in ihrer Realisirung sich zugleich selbst
auflöst, ihre eigene Negation zu ihrem Resultate hat, - und damit in
eine höhere Gestalt übergegangen ist. Das Einzige, um den wissenschaftlichen Fortgang zu gewinnen, und um dessen ganz einfache
Einsicht sich wesentlich zu bemühen ist, - ist die Erkenntniß des
logischen Satzes, daß das Negative ebenso sehr positiv ist, oder daß
das sich Widersprechende sich nicht in Null, in das abstrakte Nichts
auflöst, sondern wesentlich nur in die Negation seines besonderen Inhalts, oder daß eine solche Negation nicht alle Negation, sondern die Negation der bestimmten Sache,
die sich auflöst, somit bestimmte Negation ist; daß also im Resultate
wesentlich das enthalten ist, woraus es resultirt; - was eigentlich
eine Tautologie ist, denn sonst wäre es ein Unmittelbares, nicht ein
Resultat. Indem das Resultirende, die Negation, bestimmte Negation ist, hat sie einen Inhalt.
Sie ist ein neuer Begriff, aber der höhere, reichere Begriff als der
vorhergehende; denn sie ist um dessen Negation oder Entgegengesetztes
reicher geworden; enthält ihn also, aber auch mehr als ihn, und ist die
Einheit seiner und seines Entgegengesetzten. - In diesem Wege hat sich
das System der Begriffe überhaupt zu bilden, - und in unaufhaltsamen,
reinem, von Außen nichts hereinnehmendem Gange, sich zu vollenden.
Wie
würde ich meinen können, daß nicht die Methode, die ich in diesem
Systeme der Logik befolgt, - oder vielmehr die dieß System an ihm
selbst befolgt, - noch vieler Vervollkommnung,
vieler Durchbildung im Einzelnen fähig sey, aber ich weiß zugleich, daß
sie die einzige wahrhafte ist. Dieß erhellt für sich schon daraus, daß
sie von ihrem Gegenstande und Inhalte nichts Unterschiedenes ist; -
denn es ist der Inhalt in sich, die Dialektik, die er an ihm selbst hat,
welche ihn fortbewegt. Es ist klar, daß keine Darstellungen für
wissenschaftlich gelten können, welche nicht den Gang dieser Methode
gehen und ihrem einfachen Rhythmus gemäß sind, denn es ist der Gang der
Sache selbst.
In
Gemäßheit dieser Methode erinnere ich, daß die Eintheilungen und
Ueberschriften der Bücher, Abschnitte und Kapitel, die in dem Werke
angegeben sind, so wie etwa die damit verbundenen Erklärungen, zum
Behuf einer vorläufigen Uebersicht gemacht, und daß sie eigentlich nur
von historischem Werthe sind. Sie gehören nicht zum Inhalte und
Körper der Wissenschaft, sondern sind Zusammenstellungen der äußeren
Reflexion, welche das Ganze der Ausführung schon durchlaufen hat, daher
die Folge seiner Momente voraus weiß und angiebt, ehe sie noch durch
die Sache selbst sich herbeiführen.
In
den anderen Wissenschaften sind solche Vorausbestimmungen und
Eintheilungen gleichfalls für sich nichts anderes, als solche äußere
Angaben; aber auch innerhalb der Wissenschaft werden sie nicht über
diesen Charakter erhoben. Selbst in der Logik zum Beispiel, heißt es
etwa, "die Logik hat zwei Hauptstücke, die Elementarlehre und die
Methodik", alsdann unter der Elementarlehre findet sich ohne weiteres
etwa die Ueberschrift: Gesetze des Denkens; - alsdann erstes Kapitel: von den Begriffen. Erster Abschnitt:
von der Klarheit der Begriffe u.s.f. - Diese ohne irgend eine Deduktion
und Rechtfertigung gemachten Bestimmungen und Eintheilungen machen das
systematische Gerüste und den ganze Zusammenhang solcher Wissenschaften
aus. Eine solche Logik sieht es für ihren Beruf an, davon zu sprechen,
daß die Begriffe und Wahrheiten aus Principien müssen abgeleitet
seyn; aber bei dem, was sie Methode nennt, wird auch nicht von weitem
an ein Ableiten gedacht. Die Ordnung besteht etwa in der
Zusammenstellung von Gleichartigem, in der Vorausschickung des
Einfacheren vor dem Zusammengesetzten und anderen äußerlichen
Rücksichten. Aber in Rücksicht eines inneren, nothwendigen
Zusammenhangs bleibt es bei dem Register der Abtheilungsbestimmungen,
und der Uebergang macht sich nur damit, daß es jetzt heißt: Zweites Kapitel; - oder: wir kommen nunmehr zu den Urtheilen, u. dergl.
Auch
die Ueberschriften und Eintheilungen, die in diesem Systeme vorkommen,
sollen für sich keine andere Bedeutung haben, als die der
Inhaltsanzeige. Außerdem aber muß die Nothwendigkeit des Zusammenhangs und die immanente Entstehung der Unterschiede sich in der Abhandlung der Sache selbst vorfinden, denn sie fällt in die eigene Fortbestimmung des Begriffes.
Das, wodurch sich der Begriff selbst weiter leitet, ist das vorhin angegebene Negative,
das er in sich selbst hat; dieß macht das wahrhaft Dialektische aus.
Die Dialektik, die als ein abgesonderter Theil der Logik betrachtet und
in Ansehung ihres Zwecks und Standpunktes, man kann sagen, gänzlich
verkannt worden, erhält dadurch eine ganz andere Stellung. - Auch die platonische
Dialektik hat selbst im Parmenides, und anderswo ohnehin noch direkter,
Theils nur die Absicht, beschränkte Behauptungen durch sich selbst
aufzulösen und zu widerlegen, Theils aber überhaupt das Nichts zum
Resultate. Gewöhnlich sieht man die Dialektik für ein äußerliches und
negatives Thun an, das nicht der Sache selbst angehöre, in bloßer
Eitelkeit als einer subjektiven Sucht, sich das Feste und Wahre in
Schwanken zu setzen und aufzulösen, seinen Grund habe oder wenigstens
zu Nichts führe, als zur Eitelkeit des dialektisch behandelten
Gegenstandes.
Kant
hat die Dialektik höher gestellt, und diese Seite gehört unter die
größten seiner Verdienste, - indem er ihr den Schein von Willkür nahm,
den sie nach der gewöhnlichen Vorstellung hat, und sie als ein nothwendiges Thun der Vernunft
darstellte. Indem sie nur für die Kunst, Blendwerke vorzumachen und
Illusionen hervorzubringen, galt, wurde schlechthin vorausgesetzt, daß
sie ein falsches Spiel spiele, und ihre ganze Kraft allein darauf
beruhe, daß sie den Betrug verstecke; daß ihre Resultate nur
erschlichen und ein subjektiver Schein seyen. Kant's dialektische
Darstellungen in den Antinomien der reinen Vernunft verdienen zwar,
wenn sie näher betrachtet werden, wie dieß im Verfolge dieses Werkes
weitläufiger geschehen wird, freilich kein großes Lob; aber die
allgemeine Idee, die er zu Grunde gelegt und geltend gemacht hat, ist
die Objektivität des Scheins und Nothwendigkeit des Widerspruchs, der zur Natur der Denkbestimmungen gehört: zunächst zwar in der Art, insofern diese Bestimmungen von der Vernunft auf die Dinge an sich
angewendet werden; aber eben, was sie in der Vernunft und in Rücksicht
auf das sind, was an sich ist, ist ihre Natur. Es ist dieß Resultat in seiner positiven Seiten aufgefaßt, nichts anderes, als die innere Negativität
derselben, als ihre sich selbstbewegende Seele, das Princip aller
natürlichen und geistigen Lebendigkeit überhaupt. Aber so wie nur bei
der abstrakt-negativen Seite des Dialektischen stehen geblieben wird,
so ist das Resultat nur das Bekannte, daß die Vernunft unfähig sey, das
Unendliche zu erkennen; - ein sonderbares Resultat, indem das
Unendliche das Vernünftige ist, zu sagen, die Vernunft sey nicht fähig,
das Vernünftige zu erkennen.
In
diesem Dialektischen, wie es hier genommen wird, und damit in dem
Fassen des Entgegengesetzten in seiner Einheit, oder des Positiven im
Negativen besteht das Spekulative. Es ist die wichtigste, aber für die noch ungeübte, unfreie Denkkraft
schwerste Seite. Ist solche noch darin begriffen, sich vom
sinnlich-konkreten Vorstellen und vom Raisonniren loszureißen, so hat
sie sich zuerst im abstrakten Denken zu üben. Begriffe in ihrer Bestimmtheit
festzuhalten und aus ihnen erkennen zu lernen. Eine Darstellung der
Logik zu diesem Behuf hätte sich in ihrer Methode an das obenbesagte
Eintheilen und in Ansehung des näheren Inhalts an die Bestimmungen, die
sich für die einzelnen Begriffe ergeben, zu halten, ohne sich auf das
Dialektische einzulassen. Sie würde der äußeren Gestalt nach dem
gewöhnlichen Vortrag dieser Wissenschaft ähnlich werden, sich übrigens
dem Inhalte nach auch davon unterscheiden, und immer noch dazu dienen,
das abstrakte, ob zwar nicht das spekulative Denken zu üben, welchen
Zweck die durch psychologische und anthropologische Zuthaten populair
gewordene Logik nicht einmal erfüllen kann. Sie würde dem Geiste das
Bild eines methodisch geordneten Ganzen geben, obgleich die Seele des
Gebäudes, die Methode, die im Dialektischen lebt, nicht selbst darin
erschiene.
In Rücksicht auf die Bildung und das Verhältniß des Individuums zur Logik,
merke ich schließlich noch an, daß diese Wissenschaft wie die
Grammatik, in zwei verschiedenen Ansichten oder Werthen erscheint. Sie
ist etwas Anderes für den, der zu ihr und den Wissenschaften überhaupt
erst hinzutritt, und etwas Anderes für den, der von ihnen zu ihr
zurückkommt. Wer die Grammatik anfängt kennen zu lernen, findet in
ihren Formen und Gesetzen trockene Abstraktionen, zufällig Regeln,
überhaupt eine isolirte Menge von Bestimmungen, die nur den Werth und
die Bedeutung dessen zeigen, was in ihrem unmittelbaren Sinne liegt;
das Erkennen erkennt in ihnen zunächst nichts als sie. Wer dagegen
einer Sprache mächtig ist und zugleich andere Sprachen in Vergleichung
mit ihr kennt, dem erst kann sich der Geist und die Bildung eines Volks
in der Grammatik seiner Sprache zu fühlen geben; dieselben Regeln
und Formen haben nunmehr einen erfüllten, lebendigen Werth. Er kann
durch die Grammatik hindurch den Ausdruck des Geistes überhaupt, die
Logik, erkennen. So wer zur Wissenschaft hinzutritt, findet in der
Logik zunächst ein isolirtes System von Abstraktionen, das auf sich
selbst beschränkt, nicht über die anderen Kenntnisse und Wissenschaften
übergreift. Vielmehr, gehalten gegen den Reichthum der
Weltvorstellungen, gegen den real erscheinenden Inhalt der anderen
Wissenschaften, und verglichen mit dem Versprechen der absoluten
Wissenschaft, das Wesen dieses Reichthums, die innere Natur des Geistes und der Welt, die Wahrheit
zu enthüllen, hat diese Wissenschaft in ihrer abstrakten Gestalt, in
der farblosen, kalten Einfachheit ihrer reinen Bestimmungen vielmehr
das Ansehen, Alles eher zu leisten als dieß Versprechen, und gehaltlos
jenem Reichthum gegenüber zu stehen, Die erste Bekanntschaft mit der
Logik schränkt ihre Bedeutung auf sie selbst ein; ihr Inhalt gilt nur
für eine isolirte Beschäftigung mit den Denkbestimmungen, neben
der die anderen wissenschaftlichen Beschäftigungen ein eigener Stoff
und Gehalt für sich sind, auf welche das Logische etwa einen formellen
Einfluß hat, und zwar einen solchen, der sich mehr von selbst macht,
und für den die wissenschaftliche Gestalt und deren Studium allerdings
auch zur Noth entbehrt werden kann. Die anderen Wissenschaften haben
die regelrechte Methode, eine Folge von Definitionen, Axiomen,
Theoremen und deren Beweisen u.s.f. zu seyn, im Ganzen abgeworfen; die
sogenannte natürliche Logik macht sich für sich in ihnen geltend und
hilft sich ohne besondere, auf das Denken selbst gerichtete Erkenntnis
fort. Vollends aber hält sich der Stoff und Inhalt dieser
Wissenschaften für sich selbst vom Logischen völlig unabhängig, und ist
auch für Sinn, Gefühl, Vorstellung und praktisches Interesse jeder Art
ansprechender.
So muß denn allerdings die Logik zuerst gelernt werden, als etwas, das man wohl versteht und einsieht, aber woran
Umfang, Tiefe und weitere Bedeutung anfangs vermißt wird. Erst aus der
tiefern Kenntniß der anderen Wissenschaften erhebt sich für den
subjektiven Geist das Logische als ein nicht nur abstrakt Allgemeines,
sondern als das den Reichthum des Besonderen in sich fassende
Allgemeine; - wie derselbe Sittenspruch in dem Munde des Jünglings, der
ihn ganz richtig versteht, nicht die Bedeutung und den Umfang besitzt,
welchen er im Geiste eines lebenserfahrenen Mannes hat, dem sich damit
die ganze Kraft des darin enthaltenen Gehaltes ausdrückt, so erhält das
Logische erst dadurch die Schätzung seines Werths, wenn es zum
Resultate der Erfahrung der Wissenschaften geworden ist; es stellt sich
daraus als die allgemeine Wahrheit, nicht als eine besondere Kenntniß neben anderem Stoffe und Realitäten, sondern als das Wesen alles dieses sonstigen Inhalts dem Geiste dar.
Ob
nun das Logische zwar im Anfange des Studiums nicht in dieser bewußten
Kraft für den Geist vorhanden ist, so empfängt er durch dasselbe darum
nicht weniger die Kraft in sich, die ihn in alle Wahrheit leitet. Das
System der Logik ist das Reich der Schatten, die Welt der einfachen
Wesenheiten, von aller sinnlichen Konkretion befreit. Das Studium
dieser Wissenschaft, der Aufenthalt und die Arbeit in diesem
Schattenreich ist die absolute Bildung und Zucht des Bewußtseyns. Es
treibt darin ein von sinnlichen Anschauungen und Zwecken, von Gefühlen,
von der bloß gemeinten Vorstellungswelt fernes Geschäft. Von seiner
negativen Seite betrachtet, besteht dieß Geschäft in dem Fernhalten der
Zufälligkeit des raisonnirenden Denkens und der Willkür, diese oder die
entgegengesetzten Gründe sich einfallen oder gelten zu lassen.
Vornehmlich
aber gewinnt der Gedanke dadurch Selbstständigkeit und Unabhängigkeit.
Er wird in dem Abstrakten und in dem Fortgehen durch Begriffe ohne
sinnliche Substrate einheimisch, wird zur unbewußten Macht, die
sonstige Mannigfaltigkeit der Kenntniß und
Wissenschaften in die vernünftige Form aufzunehmen, sie in ihrem
Wesentlichen zu erfassen und festzuhalten, das Aeußerliche abzustreifen
und auf diese Weise aus ihnen das Logische auszuziehen, - oder was
dasselbe ist, die vorher durch das Studium erworbene abstrakte
Grundlage des Logischen mit dem Gehalte aller Wahrheit zu erfüllen, und
ihm den Werth eines Allgemeinen zu geben, das nicht mehr als ein
Besonderes neben anderem Besonderen steht, sondern über alles dieses
übergreift und dessen Wesen, das Absolut-wahre, ist.
In dem, was über den Begriff dieser Wissenschaft und wohin seine Rechtfertigung falle, gesagt worden ist, liegt, daß die allgemeine Eintheilung hier nur vorläufig seyn, gleichsam nur insofern angegeben werden kann, als der Verfasser die Wissenschaft bereits kennt, daher historisch hier zum Voraus anzuführen im Stande ist, zu welchen Hauptunterschieden sich der Begriff in seiner Entwickelung bestimmen wird.
Doch kann versucht werden, das was zum Eintheilen
erforderlich ist, zum Voraus im Allgemeinen verständlich zu machen,
obgleich auch dabei ein Verfahren der Methode in Anspruch genommen
werden muß, das seine volle Verständigung und Rechtfertigung erst
innerhalb der Wissenschaft erhält. - Zuvörderst also ist zu erinnern,
daß hier vorausgesetzt wird, die Eintheilung müsse mit dem Begriffe zusammenhängen, oder vielmehr in ihm selbst liegen. Der Begriff ist nicht unbestimmt, sondern bestimmt an ihm selbst; die Eintheilung aber drückt entwickelt diese seine Bestimmtheit aus; sie ist das Urtheil desselben, nicht ein Urtheil über irgend einen äußerlich genommenen Gegenstand, sondern das Urtheilen, d.i. Bestimmen
des Begriffs an ihm selbst. Die Rechtwinklichkeit, Spitzwinklichkeit
u.s.f., wie die Gleichseitigkeit u.s.f., nach welchen Bestimmungen die
Dreiecke eingetheilt werden, liegt nicht in der Bestimmtheit des
Dreiecks selbst, d.h. nicht in dem, was der
Begriff des Dreiecks genannt zu werden pflegt, ebenso wenig als in dem,
was für den Begriff des Thieres überhaupt, oder des Säugethiers, Vogels
u.s.w. die Bestimmungen liegen, nach welchen jenes in Säugethiere,
Vögel u.s.w. und diese Klassen in weitere Gattungen eingetheilt werden.
Solche Bestimmungen werden anderswoher, aus der empirischen Anschauung
aufgenommen; sie treten zu jenem sogenannten Begriffe von Außen hinzu.
In der philosophischen Behandlung des Eintheilens muß der Begriff
selbst sich als ihren Ursprung enthaltend zeigen.
Der
Begriff der Logik aber selbst ist in der Einleitung als das Resultat
einer jenseits liegenden Wissenschaft, damit hier gleichfalls als eine Voraussetzung angegeben worden. Die Logik bestimmte sich danach als die Wissenschaft des reinen Denkens, die zu ihrem Princip das reine Wissen
habe, die nicht abstrakte, sondern dadurch konkrete lebendige Einheit,
daß in ihr der Gegensatz des Bewußtseyns von einem subjektiv- für sich Seyenden und einem zweiten solchen Seyenden,
einem Objektiven, als überwunden, und das Seyn als reiner Begriff an
sich selbst, und der reine Begriff als das wahrhafte Seyn gewußt wird.
Dieß sind sonach die beiden Momente, welche im Logischen enthalten sind. Aber sie werden nun als untrennbar seyend gewußt, nicht wie im Bewußtseyn jedes auch als für sich seyend; dadurch, allein, daß sie zugleich als unterschiedene (jedoch nicht für sich seyende) gewußt werden, ist ihre Einheit nicht abstrakt, todt, unbewegend, sondern konkret.
Diese Einheit macht das logische Princip zugleich als Element aus, so daß die Entwickelung jenes Unterschiedes, der sogleich in ihm ist, nur innerhalb dieses Elementes vor sich geht. Denn indem die Eintheilung, wie gesagt worden, das Urtheil
des Begriffs, das Setzen der ihm schon immanenten Bestimmung und damit
seines Unterschiedes ist, so darf dieß Setzen nicht als ein
Wiederauflösen jener konkreten Einheit in ihre Bestimmungen, wie sie
als für sich seyend gelten sollen, gefaßt
werden, was hier ein leeres Zurückgehen auf den vorigen Standpunkt, den
Gegensatz des Bewußtseyns wäre; dieser ist vielmehr verschwunden; jene
Einheit bleibt das Element, und aus ihr tritt jenes Unterscheiden der
Eintheilung und überhaupt der Entwickelung nicht mehr heraus. Damit
sind die früher (auf dem Wege zur Wahrheit) für sich seyenden
Bestimmungen, wie ein Subjektives und Objektives, oder auch Denken und
Seyn oder Begriff und Realität, wie sie in irgend einer Rücksicht
bestimmt worden seyn mögen, nun in ihrer Wahrheit, d.i. in ihrer Einheit, zu Formen herabgesetzt. In ihrem Unterschiede blieben sie daher selbst an sich der ganze Begriff und dieser wird in der Eintheilung nur unter seinen eigenen Bestimmungen gesetzt.
So ist es der ganze Begriff, der das eine Mal als seyender Begriff, das andere Mal als Begriff zu betrachten ist; dort ist er nur Begriff an sich, der Realität oder des Seyns, hier ist er Begriff als solcher, für sich seyender Begriff, (wie er es um konkrete Formen zu nennen, im denkenden Menschen, aber auch schon, freilich nicht als bewußter noch weniger als gewußter Begriff, im empfindenden Thier, und in der organischen Individualität überhaupt ist; Begriff an sich ist er aber nur in der unorganischen Natur). - Die Logik wäre hiernach zunächst in die Logik des Begriffs als Seyns, und des Begriffs als Begriffs,
- oder indem wir uns der sonst gewöhnlichen, obgleich der
unbestimmtesten und darum der vieldeutigsten Ausdrücke bedienen, - in
die objektive und subjektive Logik einzutheilen.
Nach
dem zu Grunde liegenden Elemente aber der Einheit des Begriffs in sich
selbst und damit der Untrennbarkeit seiner Bestimmungen, müssen diese
ferner auch, insofern sie unterschieden, der Begriff in ihrem Unterschiede gesetzt wird, wenigstens in Beziehung aufeinander stehen. Es ergiebt sich daraus eine Sphäre der Vermittelung, der Begriff als System der Reflexionsbestimmungen, d.i. des zum Insichseyn des Begriffs übergehenden Seyns, der auf diese Weise noch nicht als solcher für sich gesetzt ist, sondern mit dem unmittelbaren Seyn als einem ihm auch Aeußeren zugleich behaftet ist. Dieß ist die Lehre von dem Wesen,
die zwischen der Lehre vom Seyn und der vom Begriff inmitten steht. -
Sie ist in der allgemeinen Eintheilung dieses logischen Werks noch
unter die objektive Logik gestellt worden, insofern, ob das Wesen zwar bereits das Innere, dem Begriffe der Charakter des Subjekts ausdrücklich vorzubehalten ist.
Kant hat in neueren Zeiten dem, was gewöhnlich Logik genannt worden, noch eine, nämlich eine transcendentale Logik gegenüber gestellt. Das, was hier objektive Logik genannt worden, würde zum Theil dem entsprechen, was bei ihm die transcendentale Logik ist. Er unterscheidet sie von dem, was er allgemeine Logik nennt, so, daß sie à) die Begriffe betrachte, die sich a priori auf Gegenstände beziehen, somit nicht von allem Inhalte der objektiven Erkenntniß abstrahire, oder daß sie die Regeln des reinen Denkens eines Gegenstandes
enthalte, und ß) zugleich auf den Ursprung unserer Erkenntniß gehe,
insofern sie nicht den Gegenständen zugeschrieben werden könne. - Diese
zweite Seite ist es, auf die das philosophische Interesse Kants
ausschließend gerichtet ist. Sein Hauptgedanke ist, die Kategorien dem Selbstbewußtseyn, als dem subjektiven Ich,
zu vindiciren. Vermöge dieser Bestimmung bleibt die Ansicht innerhalb
des Bewußtseyns und seines Gegensatzes stehen, und hat außer dem
Empirischen des Gefühls und der Anschauung noch Etwas, das nicht durch
das denkende Selbstbewußtseyn gesetzt und bestimmt ist, ein Ding-an-sich, ein dem Denken fremdes und äußerliches, übrig bleiben; obgleich leicht einzusehen ist, daß ein solches Abstraktum, wie Ding-an-sich, selbst nur ein Produkt des, und zwar nur abstrahirenden, Denkens ist. - Wenn andere Kantianer sich über das Bestimmen des Gegenstandes
durch Ich so ausgedrückt haben, daß das Objektiviren des Ich, als ein
ursprüngliches und nothwendiges Thun des Bewußtseyns anzusehen sey, so
daß in diesem ursprünglichen Thun noch nicht die Vorstellung des Ich
selbst ist, - als welche erst ein Bewußtseyn jenes Bewußtseyns, oder
selbst ein Objektiviren jenes Bewußtseyn sey, - so ist dieses von dem
Gegensatze des Bewußtseyns befreite objektivirende Thun näher
dasjenige, was für Denken als solches überhaupt genommen werden kann. Dieses Thun sollte aber nicht mehr
Bewußtseyn genannt werden; Bewußtseyn schließt den Gegensatz des Ich
und seines Gegenstandes in sich, der in jenem ursprünglichen Thun nicht
vorhanden ist. Die Benennung Bewußtseyn wirft noch mehr den Schein von
Subjektivität auf dasselbe, als der Ausdruck Denken, der aber hier überhaupt im absoluten Sinne als unendliches mit der Endlichkeit des Bewußtseyns nicht behaftetes, Denken, kurz Denken als solches, zu nehmen ist.
Indem nun das Interesse der kantischen Philosophie auf das sogenannte Transcendentale
der Denkbestimmungen gerichtet war, ist die Abhandlung derselben selbst
leer ausgegangen; was sie an ihnen selbst sind, ohne die abstrakte,
allen gleiche Relation auf Ich, ihre Bestimmtheit gegen und ihr
Verhältniß zu einander ist nicht zu einem Gegenstande der Betrachtung
gemacht worden; die Erkenntniß ihrer Natur hat sich daher durch diese
Philosophie nicht im geringsten gefördert gefunden. Das einzige
Interessante, was hierauf Beziehung hat, kommt in der Kritik der Ideen
vor. Für den wirklichen Fortschritt der Philosophie aber war es
nothwendig, daß das Interesse des Denkens auf die Betrachtung der
formellen Seite, des Ich, des Bewußtseyns als solchen, d.i. der
abstrakten Beziehung eines subjektiven Wissens auf ein Objekt, gezogen,
daß die Erkenntniß der unendlichen Form, d.i. des Begriffs, auf
diese Weise eingeleitet wurde. Um jedoch diese Erkenntniß zu erreichen,
mußte jene endliche Bestimmtheit, in der die Form als Ich, Bewußtseyn
ist, noch abgestreift werden. Die Form so in ihre Reinheit
herausgedacht, enthält es dann in sich selbst, sich zu bestimmen, d.i. sich Inhalt zu geben, und zwar denselben in seiner Nothwendigkeit, - als System der Denkbestimmungen.
Die objektive Logik tritt damit vielmehr an die Stelle der vormaligen Metaphysik, als welche das wissenschaftliche Gebäude über die Welt war, das nur durch Gedanken aufgeführt
seyn sollte. - Wenn wir auf die letzte Gestalt der Ausbildung dieser
Wissenschaft Rücksicht nehmen, so ist erstens unmittelbar die Ontologie, an deren Stelle die objektive Logik tritt,- der Theil jener Metaphysik, der die Natur des
Ens
überhaupt erforschen sollte; - das Ens begreift sowohl Seyn als Wesen
in sich, für welchen Unterschied unsere Sprache glücklicherweise den
verschiedenen Ausdruck gerettet hat. - Alsdann aber begreift die
objektive Logik auch die übrige Metaphysik insofern in sich, als diese
mit den reinen Denkformen die besondern, zunächst aus der Vorstellung
genommenen Substrate, die Seele, die Welt, Gott, zu fassen suchte, und
die Bestimmungen des Denkens das Wesentliche der Betrachtungsweise ausmachten. Aber die Logik betrachtet diese Formen frei von jenen Substraten, den Subjekten der Vorstellung,
und ihre Natur und Werth an und für sich selbst. Jene Metaphysik
unterließ dieß und zog sich daher den gerechten Vorwurf zu, sie ohne Kritik
gebraucht zu haben, ohne die vorgängige Untersuchung, ob und wie sie
fähig seyen, Bestimmungen des Dings-an-sich, nach kantischem Ausdruck,
- oder vielmehr des Vernünftigen zu seyen. - Die objektive Logik ist
daher die wahrhafte Kritik derselben, - eine Kritik, die sie nicht nach
der abstrakten Form der Apriorität gegen das Aposteriorische, sondern
sie selbst in ihrem besondern Inhalte betrachtet.
Die subjektive Logik ist die Logik des Begriffs,
- des Wesens, das seine Beziehung auf ein Seyn oder seinen Schein
aufgehoben hat, und in seiner Bestimmung nicht äußerlich mehr, sondern
das freie selbstständig, sich in sich bestimmende Subjektive, oder
vielmehr das Subjekt selbst ist. - Indem das Subjektive das Mißverständniß von Zufälligem und Willkürlichem, so wie überhaupt von Bestimmungen, die in die Form des Bewußtseyns gehören, mit sich führt, so ist hier auf den Unterschied von Subjektivem und Objektivem, der sich späterhin innerhalb der Logik selbst näher entwickeln wird, kein besonderes Gewicht zu legen.
Die Logik zerfällt also zwar überhaupt in objektive und subjektive Logik, bestimmter aber hat sie die drei Theile:
I. Die Logik des Seyns,
II. die Logik des Wesens und
III. die Logik des Begriffs.
In neuern Zeiten erst ist das Bewußtseyn entstanden, daß es eine Schwierigkeit sey, einen Anfang
in der Philosophie zu finden, und der Grund dieser Schwierigkeit so wie
die Möglichkeit, sie zu lösen, ist vielfältig besprochen worden. Der
Anfang der Philosophie muß entweder ein Vermitteltes oder Unmittelbares
seyn, und es ist leicht zu zeigen, daß es weder das Eine noch das
Andere seyn könne; somit findet die eine oder die andere Weise des
Anfangens ihre Widerlegung.
Das Princip einer Philosophie drückt wohl auch einen Anfang aus, aber nicht sowohl einen subjektiven als objektiven, den Anfang aller Dinge. Das Princip ist ein irgendwie bestimmter Inhalt, - das Wasser, das Eine, Nus
, Idee, - Substanz, Monade u.s.f., oder wenn es sich auf die Natur des
Erkennens bezieht und damit mehr nur ein Kriterium als eine objektive
Bestimmung seyn soll Denken, Anschauen, Empfinden, Ich, die
Subjektivität selbst, so ist es hier gleichfalls die Inhaltsbestimmung,
auf welche das Interesse geht. Das Anfangen als solches dagegen bleibt
als ein Subjektives in dem Sinne einer zufälligen Art und Weise, den
Vortrag einzuleiten, unbeachtet und gleichgültig, somit auch das
Bedürfniß der Frage, womit anzufangen sey, unbedeutend gegen das
Bedürfniß des Princips, als in welchem allein das Interesse der Sache zu liegen scheint, das Interesse, was das Wahre, was der absolute Grund von Allem sey.
Aber
die moderne Verlegenheit um den Anfang geht aus einem weiteren
Bedürfnisse hervor, welches diejenigen noch nicht kennen, denen es
dogmatisch um das Erweisen des Princips zu thun ist, oder skeptisch um
das Finden eines subjektiven Kriteriums gegen dogmatisches
Philosophiren und welches diejenigen ganz verleugnen, die wie aus der
Pistole, aus ihrer innern Offenbarung, aus Glauben, intellektueller
Anschauung u.s.w. anfangen, und der Methode und Logik überhoben seyn wollten. Wenn das früher abstrakte Denken zunächst nur für das Princip als Inhalt sich interessirt, aber im Fortgange der Bildung auf die andere Seite, auf das Benehmen des Erkennens zu achten getrieben ist, so wird auch das subjektive
Thun als wesentliches Moment der objektiven Wahrheit erfaßt, und das
Bedürfniß führt sich herbei, daß die Methode mit dem Inhalt, die Form mit dem Princip vereint sey. So soll das Princip auch Anfang und das, was das
Prius
für das Denken ist, auch das Erste im Gange des Denkens seyn.
Es ist hier nur zu betrachten, wie der logische
Anfang erscheint; die beiden Seiten, nach denen er genommen werden
kann, sind schon genannt, entweder als Resultat auf vermittelte, oder
als eigentlicher Anfang auf unmittelbare Weise. Die in der Bildung der
Zeit so wichtig erscheinende Frage, ob das Wissen der Wahrheit ein
unmittelbares, schlechthin anfangendes Wissen, ein Glauben, oder aber
ein vermitteltes Wissen sey, ist an diesem Orte nicht zu erörtern.
Insofern solche Betrachtung vorläufig angestellt werden kann, ist dieß anderwärts (in m. Encykl. der philos. Wissenschaf. 3te Ausg. im Vorbegr. _. 61. ff.) geschehen. Hier mag daraus nur dieß angeführt werden, daß es Nichts giebt,
nichts im Himmel oder in der Natur oder im Geiste oder wo es sey, was
nicht ebenso die Unmittelbarkeit enthält, als die Vermittelung, so daß
sich diese beiden Bestimmungen als ungetrennt und untrennbar und jener Gegensatz sich als ein Richtiges zeigt. Was aber die wissenschaftliche Erörterung
betrifft, so ist es jeder logische Satz, in welchem die Bestimmungen
der Unmittelbarkeit und der Vermittelung und also die Erörterung ihres
Gegensatzes und ihrer Wahrheit vorkommt. Insofern dieser Gegensatz in
Beziehung auf Denken, Wissen, Erkennen, die konkretere Gestalt von
unmittelbarem oder vermitteltem Wissen erhält, wird die Natur
des Erkennens überhaupt, sowohl innerhalb der Wissenschaft der Logik
betrachtet, als dasselbe in seiner weitern konkreten Form, in die
Wissenschaft vom Geiste, und in die Phänomenologie desselben fällt. Vor der Wissenschaft aber schon über das Erkennen ins Reine kommen wollen, heißt verlangen, daß es außerhalb derselben erörtert werden sollte; außerhalb
der Wissenschaft läßt sich dieß wenigstens nicht auf wissenschaftliche
Weise, um die es hier allein zu thun ist, bewerkstelligen.
Logisch ist der Anfang, indem er im Element des frei für sich seyenden Denkens, im reinen Wissen gemacht werden soll. Vermittelt ist es hiermit dadurch, daß das reine Wissen die letzte, absolute Wahrheit des Bewußtseyns ist. Es ist in der Einleitung bemerkt, daß die Phänomenologie des Geistes die Wissenschaft des Bewußtseyns, die Darstellung davon ist, daß das Bewußtseyn den Begriff
der Wissenschaft, d.i. das reine Wissen, zum Resultate hat. Die Logik
hat insofern die Wissenschaft des erscheinenden Geistes zu ihrer
Voraussetzung, welche die Nothwendigkeit und damit den Beweis der
Wahrheit des Standpunkts, der das reine Wissen ist, wie dessen
Vermittelung überhaupt, enthält und aufzeigt. In dieser Wissenschaft
des erscheinenden Geistes wird von dem empirischen, sinnlichen Bewußtseyn ausgegangen; und dieses ist das eigentliche unmittelbare
Wissen; daselbst wird erörtert, was an diesem unmittelbaren Wissen ist.
Anderes Bewußtseyn, wie der Glaube an göttliche Wahrheiten, innere
Erfahrung, Wissen durch innere Offenbarung
u.s.f. zeigt sich bei geringer Ueberlegung sehr uneigentlich als
unmittelbares Wissen aufgeführt zu werden. In jener Abhandlung ist das
unmittelbare Bewußtseyn auch das in der Wissenschaft Erste und
Unmittelbare, somit die Voraussetzung; in der Logik aber ist dasjenige
die Voraussetzung, was aus jener Betrachtung sich als das Resultat
erwiesen hatte, - die Idee als reines Wissen. Die Logik, ist die reine Wissenschaft,
d.i. das reine Wissen in dem ganzen Umfange seiner Entwickelung. Diese
Idee aber hat sich in jenem Resultate dahin bestimmt, die zur Wahrheit
gewordenen Gewißheit zu seyn, die Gewißheit, die nach der einen Seite
dem Gegenstande nicht mehr gegenüber ist, sondern ihn innerlich gemacht
hat, ihn als sich selbst weiß, - und die auf der andern Seite das
Wissen von sich als von einem, das dem Gegenständlichen gegenüber und
nur dessen Vernichtung sey, aufgegeben, dieser Subjektivität entäußert
und Einheit mit seiner Entäußerung ist.
Daß
nun von dieser Bestimmung des reinen Wissens aus der Anfang seiner
Wissenschaft immanent bleibe, ist nichts zu thun, als das zu betrachten
oder vielmehr mit Beiseitsetzung aller Reflexionen, aller Meinungen,
die man sonst hat, nur aufzunehmen was vorhanden ist.
Das reine Wissen als in diese Einheit zusammengegangen,
hat alle Beziehung auf ein Anderes und auf Vermittelung aufgehoben; es
ist das Unterschiedslose; dieses Unterschiedslose hört somit selbst
auf, Wissen zu seyn; es ist nur einfache Unmittelbarkeit vorhanden.
Die
einfache Unmittelbarkeit ist selbst ein Reflexionsausdruck, und bezieht
sich auf den Unterschied von dem Vermittelten. In ihrem wahren
Ausdrucke ist daher diese einfache Unmittelbarkeit das reine Seyn. Wie das reine Wissen nichts heißen soll, als das Wissen als solches, ganz abstrakt, so soll auch reines Seyn nichts heißen, als das Seyn überhaupt; Seyn, sonst nichts, ohne alle weitere Bestimmung und Erfüllung.
Hier
ist das Seyn das Anfangende, als durch Vermittelung und zwar durch sie,
welche zugleich Aufheben ihrer selbst ist, entstanden, dargestellt; mit
der Voraussetzung des reinen Wissens als Resultats des endlichen
Wissens, des Bewußtseyns. Soll aber keine Voraussetzung gemacht, der
Anfang selbst unmittelbar genommen werden, so bestimmt er sich
nur dadurch, daß es der Anfang der Logik des Denkens für sich, seyn
soll. Nur der Entschluß, den man auch für eine Willkür ansehen kann,
nämlich daß man das Denken als solches betrachten wolle, ist vorhanden. So muß der Anfang absoluter oder was hier gleichbedeutend ist, abstrakter Anfang seyn; er darf so nichts voraussetzen,
muß durch nichts vermittelt seyn, noch einen Grund haben; er soll
vielmehr selbst Grund der ganzen Wissenschaft seyn. Er muß daher
schlechthin ein Unmittelbares seyn, oder vielmehr nur das Unmittelbare
selbst. Wie er nicht gegen Anderes eine Bestimmung haben kann, so kann
er auch keine in sich, keinen Inhalt enthalten, denn dergleichen wäre
Unterscheidung und Beziehung von Verschiedenem aufeinander, somit eine
Vermittelung. Der Anfang ist also das reine Seyn.
Nach
dieser einfachen Darlegung dessen, was zunächst nur zu diesem selbst
Allereinfachsten, dem logischen Anfang, gehört, können noch folgende
weitere Reflexionen beigebracht werden; doch können sie nicht sowohl
zur Erläuterung und Bestätigung jener Darlegung, die für sich fertig
ist, dienen sollen, als sie vielmehr nur durch Vorstellungen und
Reflexionen veranlaßt werden, die uns zum Voraus in den Weg kommen
können, jedoch, wie alle andere vorangehende Vorurtheile, in der
Wissenschaft selbst ihr Erledigung finden müssen, und daher eigentlich
zur Geduld hierauf zu verweisen wären.
Die Einsicht, daß das Absolut-Wahre ein Resultat seyn
müsse, und umgekehrt, daß ein Resultat ein erstes Wahres voraussetzt,
das aber, weil es Erstes ist, objektiv betrachtet, nicht nothwendig,
und nach der subjektiven Seite, nicht erkannt ist,- hat in neuern
Zeiten den Gedanken hervorgebracht, daß die Philosophie nur mit einem hypothetischen und problematischen Wahren anfangen, und das Philosophiren daher zuerst nur ein Suchen seyn könne, eine Ansicht, welche Reinhold
in den spätern Zeiten seines Philosphirens vielfach urgiert hat, und
der man die Gerechtigkeit widerfahren lassen muß, daß ihr ein
wahrhaftes Interesse zu Grunde liegt, welches die spekulative Natur des
philosophischen Anfangs betrifft. Die Auseinandersetzung dieser
Ansicht ist zugleich eine Veranlassung, ein vorläufiges Verständniß
über den Sinn des logischen Fortschreitens überhaupt, einzuleiten; denn
jene Ansicht schließt die Rücksicht auf das Fortgehen sogleich in sich.
Und zwar stellt sie es so vor, daß das Vorwärtsschreiten in der
Philosophie vielmehr ein Rückwärtsgehen und Begründen sey, durch
welches erst sich ergebe, daß das, womit angefangen wurde, nicht bloß
ein willkürlich Angenommenes, sondern in der That Theils das Wahre, Theils das erste Wahre sey.
Man
muß zugeben, daß es eine wesentliche Betrachtung ist, - die sich
innerhalb der Logik selbst näher ergeben wird, - daß das Vorwärtsgehen
ein Rückgang in den Grund, zu dem Ursprünglichen und Wahrhaften
ist, von dem das, womit der Anfang gemacht wurde, abhängt, und in der
That hervorgebracht wird. - So wird das Bewußtseyn auf seinem Wege von
der Unmittelbarkeit aus, mit der es anfängt, zum absoluten Wissen, als
seiner innersten Wahrheit, zurückgeführt. Dieß Letzte, der
Grund, ist denn auch dasjenige, aus welchem das Erste hervorgeht, das
zuerst als Unmittelbares auftrat. - So wird noch mehr der absolute
Geist, der als die konkrete und letzte höchste Wahrheit alles Seyns
sich ergiebt, erkannt, als am Ende der Entwickelung sich mit Freiheit entäußernd und sich zur Gestalt eines unmittelbaren
Seyns entlassend, - zur Schöpfung einer Welt sich entschließend, welche
alles das enthält, was in die Entwickelung, die jenem Resultate
vorangegangen, fiel, und das durch diese umgekehrte Stellung, mit
seinem Anfang in ein von dem Resultate als dem Principe Abhängiges
verwandelt wird. Das Wesentliche für die Wissenschaft, ist nicht so
sehr, daß ein rein Unmittelbares der Anfang sey, sondern daß das Ganze
derselben ein Kreislauf in sich selbst ist, worin das Erste auch das
Letzte, und das Letzte auch das Erste wird.
Daher ergiebt sich auf der andern Seite als ebenso nothwendig, dasjenige, in welches die Bewegung als in seinen Grund zurückgeht, als Resultat
zu betrachten. Nach dieser Rücksicht ist das Erste ebenso sehr der
Grund, und das Letzte ein Abgeleitetes; indem von dem Ersten
ausgegangen und durch richtige Folgerung auf das Letzte, als auf den
Grund, gekommen wird, ist dieser Resultat. Der Fortgang ferner
von dem, was den Anfang macht, ist nur als eine weitere Bestimmung
desselben zu betrachten, so daß das Anfangende allem Folgenden zu
Grunde liegen bleibt, und nichts daraus verschwindet. Das Fortgehen
besteht nicht darin, daß nur ein Anderes abgeleitet, oder daß
in ein wahrhaft Anderes übergegangen würde; - und insofern dieß
Uebergehen vorkommt, so hebt es sich ebenso sehr wieder auf. So ist der
Anfang der Philosophie, die in allen folgenden Entwickelungen
gegenwärtige und sich erhaltende Grundlage, das seinen weiteren
Bestimmungen durchaus immanent Bleibende.
Durch
diesen Fortgang denn verliert der Anfang das, was er in dieser
Bestimmtheit, ein Unmittelbares und Abstraktes überhaupt zu seyn,
einseitiges hat; er wird ein Vermitteltes, und die Linie der
wissenschaftlichen Fortbewegung macht sich damit zu einem Kreise. - Zugleich ergiebt sich, daß das, was den Anfang macht, indem es darin das noch Unentwickelte, Inhaltlose
ist, im Anfange noch nicht wahrhaft erkannt wird, und daß erst die
Wissenschaft, und zwar in ihrer ganzen Entwickelung, seine vollendete,
inhaltsvolle und erst wahrhaft begründete Erkenntniß ist.
Darum aber, weil das Resultat
erst als der absolute Grund hervortritt, ist das Fortschreiten dieses
Erkennens nicht etwas Provisorisches, noch ein problematisches und
hypothetisches, sondern es muß durch die Natur der Sache und des
Inhaltes selbst bestimmt seyn. Weder ist jener Anfang etwas
Willkürliches und nur einstweilen Angenommenes, noch ein als
willkürlich Erscheinendes und bittweise Vorausgesetztes, von dem sich
aber doch in der Folge zeige, daß man Recht daran gethan habe, es zum
Anfange zu machen; nicht wie bei den Konstruktionen, die man zum Behuf
des Beweises eines geometrischen Satzes zu machen angewiesen wird, es
der Fall ist, daß von ihnen es sich erst hinterher an den Beweisen
ergiebt, daß man wohlgethan habe, gerade diese Linien zu ziehen, und
dann in den Beweisen selbst, mit der Vergleichung dieser Linien oder
Winkel anzufangen; für sich an diesem Linienziehen oder Vergleichen
begreift es sich nicht. So ist vorhin der Grund, warum in der
reinen Wissenschaft vom reinen Seyn angefangen wird, unmittelbar an ihr
selbst angegeben worden. Dieß reine Seyn ist die Einheit, in die das
reine Wissen zurückgeht, oder wenn dieses selbst noch als Form von
seiner Einheit unterschieden gehalten werden soll, so ist es auch der
Inhalt desselben. Dieß ist die Seite, nach welcher dieß reine Seyn,
dieß Absolut-Unmittelbare, ebenso absolut Vermitteltes ist. Aber es muß
ebenso wesentlich nur in der Einseitigkeit, das Rein-Unmittelbare zu
seyn, genommen werden, eben weil es hier als der Anfang ist.
Insofern es nicht diese reinen Unbestimmtheit, insofern es bestimmt
wäre, würde es als Vermitteltes, schon weiter Geführtes, genommen; ein
Bestimmtes enthält ein Anderes zu einem Ersten. Es liegt also in der Natur
des Anfangs selbst, daß er das Seyn sey, und sonst nichts. Es bedarf
daher keiner sonstigen Vorbereitungen, um in die Philosophie
hineinzukommen, noch anderweitiger Reflexionen und Anknüpfungspunkte.
Daß der Anfang, Anfang der Philosophie ist, daraus kann eigentlich auch keine nähere Bestimmung oder ein positiver
Inhalt für denselben genommen werden. Denn die Philosophie ist hier im
Anfange, wo die Sache selbst noch nicht vorhanden ist, ein leeres Wort
oder irgend eine angenommene ungerechtfertigte Vorstellung. Das reine
Wissen giebt nur diese negative Bestimmung, daß er der abstrakte Anfang seyn soll. Insofern das reine Seyn als Inhalt
des reinen Wissens genommen wird, so hat dieses von seinem Inhalte
zurückzutreten, ihn für sich selbst gewähren zu lassen und nicht weiter
zu bestimmen. - Oder indem das reine Seyn als die Einheit zu betrachten
ist, in die das Wissen, auf seiner höchsten Spitze der Einigung mit dem
Objekte, zusammengefallen, so ist das Wissen in diese Einheit
verschwunden, und hat keinen Unterschied von ihr und somit keine
Bestimmung für sich übrig gelassen. - Auch sonst ist nicht Etwas, oder
irgend ein Inhalt vorhanden, der gebracht werden könnte, um damit den
bestimmteren Anfang zu machen.
Aber auch die bisher als Anfang angenommmene Bestimmung des Seyns könnte weggelassen werden, so daß nur gefordert würde, daß ein reiner Anfang gemacht werde. Dann ist nichts vorhanden, als der Anfang
selbst, und es wäre zu sehen, was er ist. - Diese Stellung könnte
zugleich als ein Vorschlag zur Güte an diejenigen gemacht werden,
welche Theils damit, daß mit dem Seyn angefangen werde, aus welchen
Reflexionen es sey, sich nicht beruhigen und noch weniger mit dem
Erfolge, den das Seyn hat, in das Nichts überzugehn, - Theils überhaupt
nicht anders wissen, als daß in einer Wissenschaft mit der Voraussetzung einer Vorstellung angefangen werde, - einer Vorstellung, welche hierauf analysirt
werde, so daß nun das Ergebniß solcher Analyse den ersten bestimmten
Begriff in der Wissenschaft abgebe. Indem wir auch dieß Verfahren
beobachteten, so hätten wir keinen besondern Gegenstand, weil der
Anfang als des Denkens, ganz abstrakt, ganz allgemein, ganz
Form ohne allen Inhalt seyn soll; wir hätten somit gar nichts, als die
Vorstellung von einem bloßen Anfang als solchem. Es ist also nur zu
sehen, was wir in dieser Vorstellung haben.
Es
ist noch Nichts, und es soll Etwas werden. Der Anfang ist nicht das
reine Nichts, sondern ein Nichts, von dem Etwas ausgehen soll; das Seyn
ist also auch schon im Anfang enthalten. Der Anfang enthält also
Beides, Seyn und Nichts; ist die Einheit von Seyn und Nichts; - oder
ist Nichtseyn, das zugleich Seyn, und Seyn, das zugleich Nichtseyn ist.
Ferner Seyn und Nichts sind im Anfang als unterschieden
vorhanden; denn er weißt auf etwas Anderes hin; - er ist ein Nichtseyn,
das auf das Seyn als auf ein Anderes bezogen ist; das Anfangende ist
noch nicht; es geht erst dem Seyn zu. Der Anfang enthält also das Seyn
als ein solches, das sich von dem Nichtseyn entfernt oder es aufhebt,
als ein ihm Entgegengesetztes.
Ferner aber ist das, was anfängt, schon, eben so sehr aber ist es auch noch nicht. Die Entgegengesetzten, Seyn und Nichtseyn sind also in ihm in unmittelbarer Vereinigung; oder er ist ihre ununterschiedene Einheit.
Die
Analyse des Anfangs gäbe somit den Begriff der Einheit des Seyns und
des Nichtseyns, - oder in reflektirterer Form, der Einheit des
Unterschieden- und des Nichtunterschiedenseyns, - oder der Identität
der Identität und Nichtidentität. Dieser Begriff könnte als die erste,
reinste d.i. abstrakteste, Definition des Absoluten angesehen werden; -
wie er dieß in der That seyn würde, wenn es überhaupt um die Form von
Definitionen und um den Namen des Absoluten zu
thun wäre. In diesem Sinne würden, wie jener abstrakte Begriff die
erste, so alle weitern Bestimmungen und Entwickelungen nur bestimmtere
und reichere Definitionen dieses Absoluten seyn. Aber die, welche mit
dem Seyn als Anfang darum nicht zufrieden sind, weil es in
Nichts übergeht, und daraus die Einheit des Seyns und Nichts entsteht,
mögen zusehen, ob sie mit diesem Anfange, der mit der Vorstellung des Anfangs
anfängt, und mit deren Analyse, die wohl richtig seyn wird, aber
gleichfalls auf die Einheit des Seyns und Nichts führt, zufriedener
seyn mögen, als damit, daß das Seyn zum Anfange gemacht wird.
Es
ist aber noch einen weitere Betrachtung über dieses Verfahren zu
machen. Jene Analyse setzt die Vorstellung des Anfangs als bekannt
voraus; es ist so nach dem Beispiele anderer Wissenschaften verfahren
worden. Diese setzen ihren Gegenstand voraus, und nehmen bittweise an,
daß jedermann dieselbe Vorstellung von ihm habe, und darin ungefähr
dieselben Bestimmungen finden möge, die sie durch Analyse, Vergleichung
und sonstiges Raisonnement von ihm da und dorther beibringen und
angeben. Das aber, was den absoluten Anfang macht, muß gleichfalls ein
sonst Bekanntes seyn; wenn es nun ein Konkretes, somit in sich
mannigfaltig Bestimmtes ist, so ist diese Beziehung, die es in sich ist, als etwas Bekanntes vorausgesetzt; sie ist damit als etwas Unmittelbares angegeben, was sie aber nicht ist; denn sie ist nur Beziehung als von Unterschiedenen, enthält somit die Vermittelung
in sich. Ferner tritt am Konkreten die Zufälligkeit und Willkür der
Analyse und des verschiedenen Bestimmtes ein. Welche Bestimmungen
herausgebracht werden, hängt von dem ab, was jeder in seiner
unmittelbaren zufälligen Vorstellung vorfindet. Die in einem Konkreten, einer synthetischen Einheit, enthaltene Beziehung ist eine nothwendige nur, insofern sie nicht vorgefunden, sondern durch die eigenen Bewegung der Momente, in
diese Einheit zurück zu gehen, hervorgebracht ist; - eine Bewegung, die
das Gegentheil des analytischen Verfahrens ist, eines der Sache selbst
äußerlichen, in das Subjekt fallenden Thuns.
Hierin
ist auch das Nähere enthalten, daß das, womit der Anfang zu machen ist,
nicht ein Konkretes, nicht ein solches seyn kann, das eine Beziehung innerhalb seiner selbst
enthält. Denn ein solches setzt ein Vermitteln und Herübergehen von
einem Ersten zu einem Anderen innerhalb seiner, voraus, wovon das
einfachgewordene Konkrete das Resultat wäre. Aber der Anfang soll nicht
selbst schon ein Erstes und ein Anders seyn; ein solches das ein Erstes und
ein Anderes in sich ist, enthält bereits ein Fortgegangenseyn. Was den
Anfang macht, der Anfang selbst, ist daher als ein Nichtanalysirbares,
in seiner einfachen unerfüllten Unmittelbarkeit, also als Seyn, als das ganz Leere zu nehmen.
Wenn
man etwa, gegen die Betrachtung des abstrakten Anfangs ungeduldig,
sagen wollte, es solle nicht mit dem Anfange angefangen werden, sondern
geradezu mit der Sache, so ist diese Sache nichts als jenes
leere Seyn; denn was die Sache sey, dieß ist es, was sich eben erst im
Verlaufe der Wissenschaft ergeben soll, was nicht vor ihr als bekannt
vorausgesetzt werden kann.
Welche
Form sonst genommen werde, um einen andern Anfang zu haben, als das
leere Seyn, so leidet er an den angeführten Mängeln. Diejenigen, welche
mit diesem Anfange unzufrieden bleiben, mögen sich zu der Aufgabe
auffordern, es anders anzufangen, um dabei diese Mängel zu vermeiden.
Ein
origineller Anfang der Philosophie aber kann nicht ganz unerwähnt
gelassen werden, der sich in neuerer Zeit berühmt gemacht hat, der
Anfang mit dem Ich. Er kam Theils aus der Reflexion, daß aus
dem ersten Wahren alles Folgende abgeleitet werden müsse, Theils aus
dem Bedürfnisse, daß das erste Wahre ein Bekanntes und noch mehr ein unmittelbar Gewisses sey.
Dieser Anfang ist im Allgemeinen nicht eine solche Vorstellung, die
zufällig ist, und in einem Subjekte so, in einem andern anders,
beschaffen seyn kann. Denn Ich, dieß unmittelbare Selbstbewußtseyn,
erscheint zunächst selbst Theils als ein Unmittelbares, Theils als ein
in einem viel höhern Sinne Bekanntes, als eine sonstige Vorstellung;
etwas sonst Bekanntes gehört zwar dem Ich an, aber ist noch ein von ihm
unterschiedener, damit sogleich zufälliger Inhalt; Ich hingegen ist die
einfache Gewißheit seiner selbst. Aber Ich überhaupt ist auch zugleich
ein Konkretes, oder Ich ist vielmehr das Konkreteste,- das Bewußtseyn
seiner, als unendlich mannigfaltiger Welt. Daß Ich Anfang und Grund der
Philosophie sey, dazu wird die Absonderung dieses Konkreten erfordert,
- der absolute Akt, wodurch Ich von sich selbst gereinigt wird, und als
abstraktes Ich in sein Bewußtseyn tritt. Allein dieß reine Ich ist nun nicht
ein unmittelbares, noch das bekannte, das gewöhnliche Ich unsers
Bewußtseyns, woran unmittelbar und für jede die Wissenschaft angeknüpft
werden sollte. Jener Akt wäre eigentlich nichts Anderes, als die
Erhebung auf den Standpunkt des reinen Wissens, auf welchem der
Unterschied des Subjektiven und Objektiven verschwunden ist. Aber wie
diese Erhebung so unmittelbar gefordert ist, ist sie ein
subjektives Postulat; um als wahrhafte Forderung sich zu erweisen,
müßte die Fortbewegung des konkreten Ichs vom unmittelbaren Bewußtseyn
zum reinen Wissen an ihm selbst, durch seine eigene Nothwendigkeit,
aufgezeigt und dargestellt worden seyn. Ohne diese objektive Bewegung
erscheint das reine Wissen, auch als die intellektuelle Anschauung bestimmt, als ein willkürlicher Standpunkt, oder selbst als einer der empirischen Zustände des Bewußtseyns, in Rücksicht dessen es darauf ankommt, ob ihn der Eine in sich vorfinde oder hervorbringen könne, ein Anderer aber nicht. Insofern aber dieß reine Ich das wesentliche
reine Wissen seyn muß, und das reine Wissen aber nur durch den
absoluten Akt der Selbsterhebung im individuellen Bewußtseyn gesetzt
wird, und nicht unmittelbar in ihm vorhanden ist, geht gerade der
Vortheil verloren, der aus diesem Anfange der Philosophie entspringen
soll, daß er nämlich etwas schlechthin Bekanntes sey, was jeder
unmittelbar in sich finde, und daran die weitere Reflexion anknüpfen
könne; jenes reine Ich ist vielmehr in seiner abstrakten Wesenheit,
etwas dem gewöhnlichen Bewußtseyn Unbekanntes, etwas, das es nicht
darin vorfindet. Damit tritt vielmehr der Nachtheil der Täuschung ein,
daß von etwas Bekanntem, dem Ich des empirischen Selbstbewußtseyns die
Rede seyn solle, indem in der That von etwas diesem Bewußtseyn Fernem
die Rede ist. Die Bestimmung des reinen Wissens als Ich, führt die
fortdauernde Rückerinnerung an das subjektive Ich mit sich, dessen
Schranken vergessen werden sollen, und erhält die Vorstellung
gegenwärtig, als ob die Sätze und Verhältnisse, die sich in der weitern
Entwickelung vom Ich ergeben, im gewöhnlichen Bewußtseyn, da es ja das
sey, von dem sie behauptet werden, vorkommen und darin vorgefunden
werden können. Diese Verwechslung bringt statt unmittelbarer Klarheit
vielmehr nur eine um so grellere Verwirrung und gänzliche
Desorientirung hervor; nach Außen hat sie vollends die gröbsten
Mißverständnisse veranlaßt.
Was ferner die subjektive
Bestimmtheit des Ich überhaupt betrifft, so benimmt wohl das reine
Wissen dem Ich seine beschränkte Bedeutung, an einem Objekte seinen
unüberwindlichen Gegensatz zu haben. Aus diesem Grunde wäre es aber
wenigstens überflüssig, noch diese subjektive Haltung und die
Bestimmung des reinen Wesens als Ich, beizubehalten. Allein diese
Bestimmung führt nicht nur jene störende Zweideutigkeit mit sich,
sondern sie bleibt auch, näher betrachtet, ein subjektives Ich. Die
wirkliche Entwickelung der Wissenschaft, die vom Ich ausgeht, zeigt es,
daß das Objekt darin die perennirende Bestimmung eines Anderen
für das Ich hat und behält, daß also das Ich, von dem ausgegangen wird,
nicht das reine Wissen, das den Gegensatz des Bewußtseyns in Wahrheit
überwunden hat, sondern noch in der Erscheinung befangen ist.
Es ist hierbei noch die wesentliche Bemerkung in machen, daß wenn an sich wohl Ich
als das reinen Wissen oder als intellektuelle Anschauung bestimmt und
als Anfang behauptet werden könnte, daß es in der Wissenschaft nicht um
das zu thun ist, was an sich oder innerlich vorhanden sey, sondern um das Daseyn des Innerlichen im Denken, und um die Bestimmtheit,
die ein solches in diesem Daseyn hat. Was aber von der intellektuellen
Anschauung - oder wenn ihr Gegenstand das Ewige, das Göttliche, das
Absolute genannt wird, - was vom Ewigen oder Absoluten im Anfange der Wissenschaft da
ist, dieß kann nichts Anderes seyn, als erste, unmittelbare, einfache
Bestimmung. Welcher reichere Name ihm gegeben werde, als das bloße Seyn
ausdrückt, so kann nur in Betracht kommen, wie solches Absolute in das denkende
Wissen und in das Aussprechen dieses Wissens eintritt. Die
intellektuelle Anschauung ist wohl die gewaltsame Zurückweisung des
Vermittelns und der beweisenden, äußerlichen Reflexion. Was sie aber
mehr ausspricht, als einfache Unmittelbarkeit, ist ein Konkretes, ein
in sich verschiedene Bestimmungen Enthaltendes. Das Aussprechen und die
Darstellung eines solchen jedoch ist, wie schon bemerkt, eine
vermittelnde Bewegung, die von einer der Bestimmungen anfängt,
und zu der anderen fortgeht, wenn diese auch zur ersten zurückgeht; -
es ist eine Bewegung, die zugleich nicht willkürlich oder assertorisch
seyn darf. Von was daher in solcher Darstellung angefangen
wird, ist nicht das Konkrete selbst, sondern nur das einfache
Unmittelbare, von dem die Bewegung ausgeht. Außerdem fehlt, wenn ein
Konkretes zum Anfange gemacht wird, der Beweis, dessen die Verbindung
der im Konkreten enthaltenen Bestimmungen bedarf.
Wenn also im Ausdrucke des Absoluten oder Ewigen oder Gottes (und das unbestrittenste Recht hätte Gott, daß mit ihm der Anfang gemacht werde), wenn in deren Anschauung oder Gedanken mehr liegt, als im reinen Seyn, so soll das, was darin liegt, ins Wissen als denkendes, nicht vorstellendes erst hervortreten; das was darin liegt, es sey so reich, als es wolle, so ist die Bestimmung, die ins Wissen zuerst
hervortritt, ein Einfaches; denn nur im Einfachen ist nicht mehr als
der reine Anfang; nur das Unmittelbare ist einfach, denn nur im
Unmittelbaren ist noch nicht ein Fortgegangenseyn von Einem zu einem
Anderen. Was somit über das Seyn ausgesprochen oder enthalten seyn
soll, in den reicheren Formen des Vorstellens von Absolutem oder Gott,
dieß ist im Anfange nur leeres Wort, und nur Seyn; dieß Einfache, das
sonst keine weitere Bedeutung hat, dieß Leere ist also schlechthin der
Anfang der Philosophie.
Diese
Einsicht ist selbst so einfach, daß dieser Anfang als solcher, keiner
Vorbereitung noch weiteren Einleitung bedarf; und diese Vorläufigkeit
von Raisonnement über ihn konnte nicht die Absicht haben, ihn
herbeizuführen, als vielmehr alle Vorläufigkeit zu entfernen.
Das Seyn ist zuerst gegen Anderes überhaupt bestimmt;
Zweitens ist es sich innerhalb seiner selbst bestimmend;
Drittens,
indem diese Vorläufigkeit des Eintheilens weggeworfen ist, ist es die
abstrakte Unbestimmtheit und Unmittelbarkeit, in der es der Anfang seyn
muß.
Nach der ersten Bestimmung theilt das Seyn sich gegen das Wesen
ab, indem es weiterhin in seiner Entwickelung seine Totalität nur als
Eine Sphäre des Begriffs erweist, und ihr als Moment eine andere Sphäre
gegenüberstellt.
Nach der zweiten
ist es die Sphäre, innerhalb welcher die Bestimmungen und die ganze
Bewegung seiner Reflexion fällt. Das Seyn wird sich darin in den drei
Bestimmungen setzen:
I. als Bestimmtheit; als solche, Qualität;
II. als aufgehobene Bestimmtheit; Größe, Quantität;
III. als qualitativ bestimmte Quantität; Maaß.
Diese
Eintheilung ist hier, wie in der Einleitung von diesen Eintheilungen
überhaupt erinnert worden, eine vorläufige Anführung; ihre Bestimmungen
haben erst aus der Bewegung des Seyns selbst zu entstehen, sich dadurch
zu definiren und zu rechtfertigen. Ueber die Abweichung dieser
Eintheilung von der gewöhnlichen Aufführung der Kategorien, nämlich als
Quantität, Qualität, Relation und Modalität, was übrigens bei Kant
nur die Titel für seine Kategorien seyn sollen, in der That aber
selbst, nur allgemeinere, Kategorien sind, - ist hier nichts zu
erinnern, da die ganze Ausführung das überhaupt von der gewöhnlichen
Ordnung und Bedeutung der Kategorien Abweichende zeigen wird.
Nur dieß kann etwa bemerkt werden, daß sonst die Bestimmung der Quantität von der Qualität
aufgeführt wird, - und dieß - wie das Meiste - ohne weiteren Grund. Es
ist bereits gezeigt worden, daß der Anfang sich mit dem Seyn als solchem
macht, daher mit dem qualitativen Seyn. Aus der Vergleichung der
Qualität mit der Quantität erhellt leicht, daß jene die der Natur nach
erste ist. Denn die Quantität ist die schon negativ gewordenen
Qualität; die Größe ist die Bestimmtheit, die nicht mehr mit
dem Seyn Eins, sondern schon von ihm unterschieden, die aufgehobene,
gleichgültig gewordenen Qualität ist. Sie schließt die Veränderlichkeit
des Seyns ein, ohne daß die Sache selbst, das Seyn, dessen Bestimmung
sie ist, durch sie verändert werde; da hingegen die qualitative
Bestimmtheit mit ihrem Seyn Eins ist, nicht
darüber hinausgeht, noch innerhalb desselben steht, sondern dessen
unmittelbare Beschränktheit ist. Die Qualität ist daher, als die unmittelbare Bestimmtheit die erste und mit ihr der Anfang zu machen.
Das Maaß ist eine Relation,
aber nicht die Relation überhaupt, sondern bestimmt der Qualität und
Quantität zu einander; die Kategorien, die Kant unter der Relation
befaßt, werden ganz anderwärts ihre Stelle nehmen. Das Maaß kann auch
für eine Modalität, wenn man will, angesehen werden; aber indem bei Kant
diese nicht mehr eine Bestimmung des Inhalts ausmachen, sondern nur die
Beziehung desselben auf das Denken, auf das Subjektive, angehen soll,
so ist dieß eine ganz heterogene, hierher nicht gehörige Beziehung.
Die dritte Bestimmung des Seyns
fällt innerhalb des Abschnittes, der Qualität, indem es sich als
abstrakte Unmittelbarkeit zu einer einzelnen Bestimmtheit gegen seine
anderen innerhalb seiner Sphäre herabsetzt.
Das
Seyn ist das unbestimmte Unmittelbare; es ist frei von der Bestimmtheit
gegen das Wesen, so wie noch von jeder, die es innerhalb seiner selbst
erhalten kann. Dieß reflexionslose Seyn ist das Seyn, wie es
unmittelbar nur an ihm selber ist. Weil es unbestimmt ist, ist es
qualitätsloses Seyn; aber an sich kommt ihm der Charakter der Unbestimmtheit nur im Gegensatze gegen das Bestimmte oder Qualitative zu. Dem Seyn überhaupt tritt aber das bestimmte
Seyn als solches gegenüber, damit aber macht seine Unbestimmtheit
selbst seine Qualität aus. Es wird sich daher zeigen, daß das erste Seyn, an sich bestimmtes, und hiermit
Zweitens, daß es in das Daseyn übergeht, Daseyn ist, daß aber dieses als endliches Seyn sich aufhebt, und in die unendliche Beziehung des Seyns auf sich selbst,
Drittens in das Fürsichseyn übergeht.
Seyn, reines Seyn, - ohne alle weitere Bestimmung. In seiner unbestimmten Unmittelbarkeit ist es nur sich selbst
gleich, und auch nicht ungleich gegen Anderes, hat keine
Verschiedenheit innerhalb seiner, noch nach Außen. Durch irgend eine
Bestimmung oder Inhalt, der in ihm unterschieden, oder wodurch es als
unterschieden von einem Anderen gesetzt würde, würde es nicht in seiner
Reinheit festgehalten. Es ist die reine Unbestimmtheit und Leere. - Es
ist nichts in ihm anzuschauen, wenn von Anschauen hier
gesprochen werden kann; oder es ist nur dieß reine, leere Anschauen
selbst. Es ist eben so wenig etwas in ihm zu denken, oder es ist ebenso
nur dieß leere Denken. Das Seyn, das unbestimmte Unmittelbare ist in
der That Nichts, und nicht mehr noch weniger als Nichts.
Das reine Seyn und das reine Nichts ist also dasselbe. Was die Wahrheit ist, ist weder das Seyn, noch
das Nichts, sondern daß das Seyn in Nichts, und das Nichts in Seyn, -
nicht übergeht, - sondern übergegangen ist. Aber eben so sehr ist die
Wahrheit nicht ihre Ununterschiedenheit, sondern daß sie nicht dasselbe, daß sie absolut unterschieden, aber ebenso ungetrennt und untrennbar sind, und unmittelbar jedes in seinem Gegentheil verschwindet. Ihre Wahrheit ist also diese Bewegung des unmittelbaren Verschwindens des einen in dem andern; das Werden; eine Bewegung, worin beide unterschieden sind, aber durch einen Unterschied, der sich eben so unmittelbar aufgelöst hat.
Nichts pflegt dem Etwas
entgegengesetzt zu werden; Etwas aber ist schon ein bestimmtes
Seyendes, das sich von anderem Etwas unterscheidet; so ist also auch
das dem Etwas entgegengesetzte Nichts, das Nichts von irgend Etwas, ein
bestimmtes Nichts.
Hier
aber ist das Nichts in seiner unbestimmten Einfachheit zu nehmen. -
Wollte man es für richtiger halten, daß statt des Nichts dem Seyn das Nichtseyn entgegengesetzt würde, so wäre in Rücksicht auf das Resultat nichts dawider zu haben, denn im Nichtseyn ist die Beziehung auf das Seyn enthalten; es ist Beides, Seyn und die Negation desselben, in Einem
ausgesprochen, das Nichts, wie es im Werden ist. Aber es ist zunächst
nicht um die Form der Entgegensetzung, d. i. zugleich der Beziehung
zu thun, sondern um die abstrakte, unmittelbare Negation, das Nichts
rein für sich, die beziehungslose Verneinung, - was man, wenn man will,
auch durch das bloße: Nicht ausdrücken könnte.
Den einfachen Gedanken des reinen Seyns haben die Eleaten zuerst, vorzüglich Parmenides
als das Absolute und als einzige Wahrheit, und in den übergebliebenen
Fragmenten von ihm, mit der reinen Begeisterung des Denkens, das zum
ersten Male sich in seiner absoluten Abstraktion erfaßt, ausgesprochen:
nur das Seyn ist, und das Nichts ist gar nicht. - In orientalischen Systemen, wesentlich im Buddaismus ist bekanntlich das Nichts, das Leere, das absolute Princip. - Der tiefsinnige Heraklit hob gegen jene einfache und einseitige Abstraktion den höheren totalen Begriff des Werdens hervor, und sagte: das Seyn ist so wenig, als das Nichts, oder auch Alles fließt, das heißt, Alles ist Werden.
- Die populären, besonders orientalischen Sprüche, daß alles, was ist,
den Keim seines Vergehens in seiner Geburt selbst habe, der Tod
umgekehrt der Eingang in neues Leben sey, drücken im Grunde dieselbe
Einigung des Seyns und Nichts aus. Aber diese Ausdrücke haben ein
Substrat, an dem der Uebergang geschieht; Seyn und Nichts werden in der
Zeit auseinander gehalten, als in ihr abwechselnd vorgestellt, nicht
aber in ihrer Abstraktion gedacht, und daher auch nicht so, daß sie an
und für sich dasselbe sind.
Ex nihilo nihil fit
- ist einer der Sätze, denen in der Metaphysik große Bedeutung
zugeschrieben wurde. Es ist darin entweder nur die gehaltlose
Tautologie zu sehen: Nichts ist Nichts; oder wenn das Werden wirkliche Bedeutung darin haben sollte, so ist vielmehr, indem nur Nichts aus Nichts wird, in der That kein Werden
darin vorhanden, denn Nichts bleibt darin Nichts. Das Werden enthält,
daß Nichts nicht Nichts bleibe, sondern in sein Anderes, in das Seyn
übergehe. - Wenn die spätere vornehmlich christliche Metaphysik den
Satz, aus Nichts werde Nichts, verwarf, so behauptete sie einen
Uebergang von Nichts in Seyn; so synthetisch oder bloß vorstellend sie
auch diesen Satz nahm, so ist doch auch in der unvollkommensten
Vereinigung ein Punkt enthalten, worin Seyn und Nichts zusammentreffen,
und ihre Unterschiedenheit verschwindet. - Seine eigentliche
Wichtigkeit hat der Satz: Aus Nichts wird Nichts, Nichts ist eben
Nichts, durch seinen Gegensatz gegen das Werden überhaupt und damit
auch gegen die Erschaffung der Welt aus Nichts. Diejenigen, welche den Satz: Nichts ist eben Nichts, sogar sich dafür ereifernd, behaupten, sind bewußtlos darüber, daß sie damit dem abstrakten Pantheismus
der Eleaten, der Sache nach auch dem spinozistischen, beipflichten. Die
philosophische Ansicht, welcher: Seyn ist nur Seyn, Nichts ist nur
Nichts, als Princip gilt, verdient den Namen Identitätssystem; diese
abstrakte Identität ist das Wesen des Pantheismus.
Wenn
das Resultat, daß Seyn und Nichts dasselbe ist, für sich auffällt oder
paradox scheint, so ist hierauf nicht weiter zu achten; es wäre sich
vielmehr über jene Verwunderung zu verwundern, die sich so neu in der
Philosophie zeigt und vergißt, daß in dieser Wissenschaft ganz andere
Bestimmungen vorkommen, als im gewöhnlichen Bewußtseyn und im
sogenannten gemeinen Menschenverstande, der nicht gerade der gesunde,
sondern auch der zu Abstraktionen und zu dem Glauben oder vielmehr
Aberglauben an Abstraktionen heraufgebildete Verstand ist. Es wäre
nicht schwer, diese Einheit von Seyn und Nichts, in jedem Beispiele, in
jedem Wirklichen oder Gedanken aufzuzeigen. Es muß dasselbe, was
oben von der Unmittelbarkeit und Vermittelung, (welche letztere eine
Beziehung aufeinander, damit Negation enthält), vom Seyn und Nichts gesagt werden, daß es nirgend im Himmel und auf Erden Etwas gebe, was nicht beides Seyn und Nichts in sich enthielte. Freilich da hierbei von einem irgend Etwas und Wirklichem
die Rede wird, so sind darin jene Bestimmungen nicht mehr in der
vollkommenen Unwahrheit, in der sie als Seyn und Nichts sind,
vorhanden, sondern in einer weitern Bestimmung, und werden z. B. als Positives und Negatives
aufgefaßt, jenes das gesetzte, reflektirte Seyn, dieses das gesetzte,
reflektirte Nichts; aber Positives und Negatives enthalten jenes das
Seyn, dieses das Nichts als ihre abstrakte Grundlage. - So in Gott
selbst enthält die Qualität, Thätigkeit, Schöpfung, Macht u.s.f. wesentlich die Bestimmung des Negativen, - sie sind ein Hervorbringen eines Anderen.
Aber eine empirische Erläuterung von jener Behauptung durch Beispiele
wäre hier ganz und gar überflüssig. Da nunmehr diese Einheit von Seyn
und Nichts als erste Wahrheit ein für allemal zu Grunde liegt, und das
Element von allem Folgenden ausmacht, so sind außer dem Werden selbst,
alle ferneren logischen Bestimmungen: Daseyn, Qualität, überhaupt alle
Begriffe der Philosophie, Beispiele dieser Einheit. - Aber der sich so
nennende gemeine oder gesunde Menschenverstand mag auf den Versuch
hingewiesen werden, insofern er die Ungetrenntheit des Seyns und Nichts
verwirft, sich ein Beispiel ausfindig zu machen, worin eins vom andern
(Etwas von Grenze, Schranke, oder das Unendliche, Gott, wie so eben
erwähnt, von Thätigkeit) getrennt zu finden sey. Nur die leeren
Gedankendinge, Seyn und Nichts, selbst, sind diese Getrennte, und sie
sind es, die der Wahrheit, der Ungetrenntheit beider, die allenthalben
vor uns ist, von jenem Verstande vorgezogen werden.
Man
kann nicht die Absicht haben wollen, den Verwirrungen, in welche sich
das gewöhnliche Bewußtseyn bei einem solchen logischen Satze versetzt,
nach allen Seiten hin begegnen zu wollen, denn sie sind unerschöpflich.
Es können nur einige erwähnt werden. Ein Grund solcher Verwirrung ist
unter andern, daß das Bewußtseyn zu solchem abstrakten logischen Satze
Vorstellungen von einem konkreten Etwas mitbringt und vergißt, daß von
einem solchen nicht die Rede ist, sondern nur von den reinen
Abstraktionen des Seyns und Nichts, und daß diese allein festzuhalten
sind.
Seyn und Nichtseyn ist dasselbe; also
ist es dasselbe, ob ich bin oder nicht bin, ob dieses Haus ist oder
nicht ist, ob diese hundert Thaler in meinem Vermögenszustand sind oder
nicht. - Dieser Schluß oder Anwendung jenes Satzes verändert dessen
Sinn vollkommen. Der Satz enthält die reinen Abstraktionen des Seyns
und Nichts; die Anwendung aber macht ein
bestimmtes Seyn und bestimmtes Nichts daraus. Allein vom bestimmten
Seyn ist, wie gesagt, hier nicht die Rede. Ein bestimmtes, ein
endliches Seyn ist ein solches, das sich auf anderes bezieht; es ist
ein Inhalt, der im Verhältnisse der Nothwendigkeit mit anderem Inhalte,
mit der ganzen Welt, steht. In Rücksicht des wechselbestimmenden
Zusammenhangs des Ganzen konnte die Metaphysik die - im Grunde
tautologische - Behauptung machen, daß wenn ein Stäubchen zerstört
würde, das ganze Universum zusammenstürzte. In den Instanzen, die gegen
den in Rede stehenden Satz gemacht werden, erscheint etwas als nicht
gleichgültig, ob es sey oder nicht sey, nicht um des Seyns oder
Nichtseyns willen, sondern seines Inhalts willen, der es mit anderem zusammenhängt. Wenn ein bestimmter Inhalt, irgend ein bestimmtes Daseyn vorausgesetzt wird, so ist dieß Daseyn, weil es bestimmtes
ist, in mannigfaltiger Beziehung auf anderen Inhalt; es ist für
dasselbe nicht gleichgültig, ob ein gewisser anderer Inhalt, mit dem es
in Beziehung steht, ist oder nicht ist; denn nur durch solche Beziehung
ist es wesentlich das, was es ist. Dasselbe ist der Fall in dem
Vorstellen (indem wir das Nichtseyn in dem bestimmteren Sinne des
Vorstellens gegen die Wirklichkeit nehmen), in dessen Zusammenhange das
Seyn oder die Abwesenheit eines Inhalts, der als bestimmt mit anderem
in Beziehung vorgestellt wird, nicht gleichgültig ist. - Diese
Betrachtung enthält dasselbe, was ein Hauptmoment in der Kantischen
Kritik des ontologischen Beweises vom Daseyn Gottes ausmacht, auf
welche jedoch hier nur im Betreff des in ihr vorkommenden Unterschieds
von Seyn und Nichts überhaupt und von bestimmtem Seyn oder
Nichtseyn Rücksicht genommen wird. - Bekanntlich wurde in jenem
sogenannten Beweise der Begriff eines Wesens vorausgesetzt, dem alle
Realitäten zukommen, somit auch die Existenz, die gleichfalls als eine
der Realitäten angenommen wurde. Die Kantische Kritik hielt sich vornehmlich daran, daß die Existenz oder das Seyn (was hier für gleichbedeutend gilt) keine Eigenschaft oder kein reales Prädikat sey, das heiße, nicht ein Begriff von etwas, was zu dem Begriffe eines Dinges hinzukommen könne.
- Kant will damit sagen, daß Seyn keine Inhaltsbestimmung sey. - Also
enthalte, fährt er fort, das Mögliche nicht mehr als das Wirkliche;
hundert wirkliche Thaler enthalten nicht das Mindeste mehr, als hundert
mögliche; - nämlich jene haben keine andere Inhaltsbestimmung als
diese. Für diesen als isolirt betrachteten Inhalt ist es in der That
gleichgültig, zu seyn oder nicht zu seyn; es liegt in ihm kein
Unterschied des Seyns oder Nichtseyns, dieser Unterschied berührt ihn
überhaupt gar nicht; die hundert Thaler werden nicht weniger, wenn sie
nicht sind, und nicht mehr, wenn sie sind. Ein Unterschied muß erst
anderswoher kommen. - "Hingegen, erinnert Kant, in meinem
Vermögenszustande ist mehr bei hundert wirklichen Thalern, als bei dem
bloßen Begriff derselben, oder bei ihrer Möglichkeit. Denn der Gegenstand ist bei der Wirklichkeit nicht bloß in meinem Begriff analytisch enthalten, sondern kommt zu meinem Begriffe, (der eine Bestimmung meines Zustandes ist,) synthetisch hinzu, ohne daß durch dieses Seyn außer meinem Begriffe, diese gedachten hundert Thaler selbst im mindesten vermehrt würden."
Es
werden hier zweierlei Zustände, um bei den Kantischen Ausdrücken, die
nicht ohne verworrene Schwerfälligkeit sind, zu bleiben, vorausgesetzt,
der eine, welchen Kant den Begriff nennt, darunter die Vorstellung zu
verstehen ist, und ein anderer, der Vermögenszustand. Für den einen wie
für den andern, das Vermögen wie das Vorstellen, sind hundert Thaler
eine Inhaltsbestimmung, oder "sie kommen zu einem solchen, wie Kant
sich ausdrückt, synthetisch hinzu;" Ich als Besitzer von hundert Thalern, oder als Nichtbesitzer derselben, oder auch ich als mir hundert Thaler vorstellend,
oder sie nicht vorstellend, ist allerdings ein verschiedener Inhalt.
Allgemeiner gefaßt: Die Abstraktionen von Seyn und Nichts hören beide
auf, Abstraktionen zu seyn, indem sie einen bestimmten Inhalt erhalten;
Seyn ist dann Realität, das bestimmte Seyn von Thalern, das Nichts
Negation, das bestimmte Nichtseyn von denselben. Diese
Inhaltsbestimmtheit selbst, die hundert Thaler, auch abstrakt für sich
gefaßt, ist in dem einen unverändert dasselbe, was in dem andern. Indem
aber ferner das Seyn als Vermögens-Zustand genommen wird, treten die
hundert Thaler in Beziehung zu einem Zustand, und für diesen ist solche
Bestimmtheit, die sie sind, nicht gleichgültig; ihr Seyn oder Nichtseyn
ist nur Veränderung; sie sind in die Sphäre des Daseyns
versetzt. Wenn daher gegen die Einheit des Seyns und Nichts urgirt
wird, es sey doch nicht gleichgültig, ob dieß und jenes (die Thaler)
sey oder nicht sey, so ist es eine Täuschung, daß wir den Unterschied
bloß aufs Seyn und Nichtseyn hinausschieben, ob ich die hundert Thaler habe oder nicht habe - eine Täuschung, die wie gezeigt, auf der einseitigen Abstraktion beruht, welche das bestimmte Daseyn,
das in solchen Beispielen vorhanden ist, wegläßt und bloß das Seyn und
Nichtseyn festhält; wie sie umgekehrt das abstrakte Seyn und Nichts,
das aufgefaßt werden soll, in ein bestimmtes Seyn und Nichts, in ein
Daseyn, verwandelt. Erst das Daseyn enthält den realen Unterschied von Seyn und Nichts, nämlich ein Etwas und ein Anderes.
- Dieser reale Unterschied schwebt der Vorstellung vor, statt des
abstrakten Seyns und reinen Nichts, und ihrem nur gemeinten
Unterschiede.
Wie
Kant sich ausdrückt, so kommt "durch die Existenz etwas in den Kontext
der gesammten Erfahrung," "wir bekommen dadurch einen Gegenstand der Wahrnehmung mehr, aber unser Begriff von dem Gegenstande wird dadurch nicht vermehrt."
Dieß
heißt, wie aus dem Erläuterten hervorgeht, so viel, durch die Existenz,
wesentlich darum weil Etwas bestimmte Existenz ist, ist es in dem
Zusammenhang mit Anderem, und unter anderem auch mit einem Wahrnehmenden. - "Der Begriff der hundert Thaler, sagt Kant, werde nicht durch das Wahrnehmen vermehrt." Der Begriff heißt hier die vorhin bemerkten isolirt
vorgestellten hundert Thaler. In dieser isolirten Weise sind sie zwar
ein empirischer Inhalt, aber abgeschnitten, ohne Zusammenhang und
Bestimmtheit gegen Anderes; die Form der Identität mit sich
benimmt ihnen die Beziehung auf anderes und macht sie gleichgültig, ob
sie wahrgenommen seyen oder nicht. Aber dieser sogenannte Begriff
der hundert Thaler ist ein falscher Begriff, die Form der einfachen
Beziehung auf sich gehört solchem begränzten, endlichen Inhalt nicht
selbst; es ist eine ihm vom subjektiven Verstande angethane und
geliehene Form; hundert Thaler sind nicht ein sich auf sich
Beziehendes, sondern ein Veränderliches und Vergängliches.
Das
Denken oder Vorstellen, dem nur ein bestimmtes Seyn, das Daseyn,
vorschwebt, ist zu dem erwähnten Anfange der Wissenschaft zurück zu
weisen, welchen Parmenides gemacht hat, der sein Vorstellen und damit
auch das Vorstellen der Folgezeit zu dem reinen Gedanken, dem Seyn als solchen, geläutert und erhoben, und damit das Element der Wissenschaft erschaffen hat. - Was das Erste in der Wissenschaft ist, hat sich müssen geschichtlich als das Erste zeigen. Und das Eleatische Eine oder Seyn haben wir für das Erste des Wissens vom Gedanken anzusehen; das Wasser und dergleichen materielle Principien sollen
wohl das Allgemeine seyn, aber sind als Materien nicht reine Gedanken;
die Zahlen sind weder der erste einfache noch der bei sich bleibende,
sondern der sich selbst ganz äußerliche Gedanke.
Die Zurückweisung vom besonderen endlichen Seyn zum Seyn als solchen in seiner ganz abstrakten Allgemeinheit
ist wie als die allererste theoretische so auch sogar praktische
Forderung anzusehen. Wenn nämlich ein Aufhebens von den hundert Thalern
gemacht wird, daß es in meinem Vermögenszustand einen Unterschied
mache, ob ich sie habe oder nicht, noch mehr ob Ich sey
oder nicht, ob Anderes sey oder nicht, so kann - ohne zu erwähnen, daß
es Vermögenszustände geben wird, für die solcher Besitz von hundert
Thalern gleichgültig seyn wird, - daran erinnert werden, daß der Mensch
sich zu dieser abstrakten Allgemeinheit in seiner Gesinnung erheben
soll, in welcher es ihm in der That gleichgültig sey, ob die hundert
Thaler, sie mögen ein quantitatives Verhältniß zu seinem
Vermögenszustand haben, welches sie wollen, seyen oder ob sie nicht
seyen, ebenso sehr als es ihm gleichgültig sey, ob er sey oder nicht,
d. i. im endlichen Leben sey oder nicht (denn ein Zustand, bestimmtes
Seyn ist gemeint) u.s.f. - selbst si fractus illabatur orbis, impavidum ferient ruinae , hat ein Römer gesagt, und der Christ soll sich noch mehr in dieser Gleichgültigkeit befinden.
Es
ist noch die unmittelbare Verbindung anzumerken, in welcher die
Erhebung über die hundert Thaler und die endlichen Dinge überhaupt mit
dem ontologischen Beweise und der angeführten kantischen Kritik
desselben steht. Diese Kritik hat sich durch ihr populäres Beispiel
allgemein plausibel gemacht; wer weiß nicht, daß hundert wirkliche
Thaler verschieden sind von hundert bloß möglichen Thalern? daß sie
einen Unterschied in meinem Vermögenszustand ausmachen? Weil sich so an
den hundert Thalern diese Verschiedenheit hervorthut, so ist der
Begriff d. h. die Inhaltsbestimmtheit als leere Möglichkeit, und das
Seyn verschieden von einander; also ist auch Gottes Begriff von
seinem Seyn verschieden, und so wenig ich aus der Möglichkeit der
hundert Thaler ihre Wirklichkeit herausbringen kann, eben so wenig kann
ich aus dem Begriffe Gottes seine Existenz "herausklauben"; aus diesem
Herausklauben aber der Existenz Gottes aus
seinem Begriffe soll der ontologische Beweis bestehen. Wenn es nun
allerdings seine Richtigkeit hat, daß Begriff vom Seyn verschieden ist,
so ist noch mehr Gott verschieden von den hundert Thalern und den
anderen endlichen Dingen. Es ist die Definition der endlichen Dinge,
daß in ihnen Begriff und Seyn verschieden, Begriff und Realität, Seele
und Leib, trennbar, sie damit vergänglich und sterblich sind; die
abstrakte Definition Gottes ist dagegen eben dieß, daß sein Begriff und
sein Seyn ungetrennt und untrennbar sind. Die wahrhafte
Kritik der Kategorien und der Vernunft ist gerade diese, das Erkennen
über diesen Unterschied zu verständigen und dasselbe abzuhalten, die
Bestimmungen und Verhältnisse des Endlichen auf Gott anzuwenden.
Es
ist weiter ein anderer Grund anzuführen, welcher zu dem Widerwillen
gegen den Satz über Seyn und Nichts behülflich ist; dieser Grund ist,
daß der Ausdruck des Resultats, das sich aus der Betrachtung des Seyns
und des Nichts ergiebt, durch den Satz: Seyn und Nichts ist eins und dasselbe, unvollkommen ist. Der Accent wird vorzugsweise auf das Eins- und dasselbe-seyn
gelegt, wie im Urtheile überhaupt, als in welchem das Prädikat erst es
aussagt, was das Subjekt ist. Der Sinn scheint daher zu seyn, daß der
Unterschied geläugnet werde, der doch zugleich im Satze unmittelbar
vorkommt; denn er spricht die beiden Bestimmungen, Seyn und
Nichts, aus, und enthält sie als unterschiedene. - Es kann zugleich
nicht gemeint seyn, daß von ihnen abstrahirt und nur die Einheit
festgehalten werden soll. Dieser Sinn gäbe sich selbst für einseitig,
da das, wovon abstrahirt werden soll, gleichwohl im Satze vorhanden ist
und genannt wird. - Insofern nun der Satz: Seyn und Nichts ist dasselbe,
die Identität dieser Bestimmungen ausspricht, aber in der That ebenso
sie beide als unterschieden enthält, widerspricht er sich in
sich selbst und löst sich auf. Halten wir dieß näher fest, so ist also
hier ein Satz gesetzt, der näher betrachtet, die Bewegung hat, durch
sich selbst zu verschwinden. Damit aber, geschieht an ihm selbst das,
was seinen eigentlichen Inhalt ausmachen soll, nämlich das Werden.
Der
Satz enthält somit das Resultat, er ist dieses an sich selbst. Der
Umstand aber, auf den hier aufmerksam zu machen ist, ist der Mangel,
daß das Resultat nicht selbst im Satze ausgedrückt ist; es ist
eine äußere Reflexion, welche es in ihm erkennt. - Es muß hierüber
sogleich im Anfange diese allgemeine Bemerkung gemacht werden, daß der
Satz, in Form eines Urtheils, nicht geschickt ist, spekulative
Wahrheiten auszudrücken; die Bekanntschaft mit diesem Umstande wäre
geeignet, viele Mißverständnisse spekulativer Wahrheiten zu beseitigen.
Das Urtheil ist eine identische Beziehung zwischen Subjekt und
Prädikat; es wird dabei davon abstrahirt, daß das Subjekt noch mehrere
Bestimmtheiten hat als die des Prädikats, so wie davon, daß das
Prädikat weiter ist als das Subjekt. Ist nun aber der Inhalt
spekulativ, so ist auch das Nichtidentische des Subjekts und
Prädikats wesentliches Moment, aber dieß ist im Urtheile nicht
ausgedrückt. Das paradoxe und bizarre Licht, in dem Vieles der neueren
Philosophie den mit dem spekulativen Denken nicht Vertrauten erscheint,
fällt vielfältig in die Form des einfachen Urtheils, wenn sie für den
Ausdruck spekulativer Resultate gebraucht wird.
Der
Mangel wird, zum Behuf, die spekulative Wahrheit auszudrücken, zunächst
so ergänzt, daß der entgegengesetzte Satz hinzugefügt wird, der Satz: Seyn und Nichts ist nicht dasselbe,
der oben gleichfalls ausgesprochen ist. Allein so entsteht der weitere
Mangel, daß diese Sätze unverbunden sind, somit den Inhalt nur in der
Antinomie darstellen, während doch ihr Inhalt sich auf Ein und Dasselbe
bezieht, und die Bestimmungen, die in den zwei Sätzen ausgedrückt sind,
schlechthin vereinigt seyn sollen, - eine Vereinigung, welche dann nur als eine Unruhe zugleich unverträglicher, als eine Bewegung
ausgesprochen werden kann. Das gewöhnlichste Unrecht, welches
spekulativem Gehalte angethan wird, ist, ihn einseitig zu machen, d. i.
den einen der Sätze nur, in die er aufgelöst werden kann, heraus zu
heben. Es kann dann nicht geläugnet werden, daß dieser Satz behauptet
wird; so richtig die Angabe ist, so falsch ist sie, denn wenn
einmal Ein Satz aus dem Spekulativen genommen ist, so müßte wenigstens
ebenso sehr der andere gleichfalls beachtet und angegeben werden. - Es
ist hierbei noch das so zu sagen unglückliche Wort: Einheit besonders zu erwähnen; die Einheit
bezeichnet noch mehr als die Identität eine subjektive Reflexion; sie
wird vornehmlich als die Beziehung genommen, welche aus der Vergleichung, der äußerlichen Reflexion, entspringt. Insofern diese in zwei verschiedenen Gegenständen
dasselbe findet, ist eine Einheit so vorhanden, daß dabei die
vollkommene Gleichgültigkeit der Gegenstände selbst, die verglichen
werden, gegen diese Einheit vorausgesetzt wird, so daß dieß Vergleichen
und die Einheit die Gegenstände selbst nichts angeht, und ein ihnen
äußerliches Thun und Bestimmen ist. Die Einheit drückt daher die ganz
abstrakte Dieselbigkeit aus, und lautet um so härter und auffallender,
je mehr die, von denen sie ausgesprochen wird, sich schlechthin
unterschieden zeigen. Für Einheit würde daher insofern besser nur Ungetrenntheit und Untrennbarkeit gesagt; aber damit ist das Affirmative der Beziehung des Ganzen nicht ausgedrückt.
So ist das ganze, wahre Resultat, das sich hier ergeben hat, das Werden,
welches nicht bloß die einseitige oder abstrakte Einheit des Seyns und
Nichts ist. Sondern es besteht in dieser Bewegung, daß das reine Seyn
unmittelbar und einfach ist, daß es darum eben so sehr das reine Nichts
ist, daß der Unterschied derselben ist, aber eben so sehr sich aufhebt und nicht ist. Das Resultat behauptet also den Unterschied des Seyns und des Nichts eben so sehr, aber als einen nur gemeinten.
Man
meint, das Seyn sey vielmehr das schlechthin Andere, als das Nichts
ist, und es ist nichts klarer, als ihr absoluter Unterschied, und es
scheint nichts leichter, als ihn angeben zu können. Es ist aber eben so
leicht, sich zu überzeugen, daß dieß unmöglich, daß er unsagbar ist. Die, welche auf dem Unterschiede von Seyn und Nichts beharren wollen, mögen sich auffordern, anzugeben, worin er besteht.
Hätte Seyn und Nichts irgend eine Bestimmtheit, wodurch sie sich
unterschieden, so wären sie, wie erinnert worden, bestimmtes Seyn und
bestimmtes Nichts, nicht das reine Seyn und das reine Nichts, wie sie
es hier noch sind. Ihr Unterschied ist daher völlig leer, jedes der
beiden ist auf gleiche Weise das Unbestimmte; er besteht daher nicht an
ihnen selbst, sondern nur in einem Dritten, im Meinen. Aber das
Meinen ist eine Form des Subjektiven, das nicht in diese Reihe der
Darstellung gehört. Das Dritte aber, worin Seyn und Nichts ihr Bestehen
haben, muß auch hier vorkommen; und es ist vorgekommen, es ist das Werden.
In ihm sind sie als unterschiedene; Werden ist nur, insofern sie
unterschieden sind. Dieß Dritte ist ein Anderes als sie; - sie bestehen
nur in einem Anderen, dieß heißt gleichfalls, sie bestehen nicht für
sich. Das Werden ist das Bestehen des Seyns so sehr als des Nichtseyns;
oder ihr Bestehen ist nur ihr Seyn in Einem; gerade dieß ihr Bestehen ist es, was ihren Unterschied eben so sehr aufhebt.
Die Aufforderung, den Unterschied von Seyn und Nichts anzugeben, schließt auch die in sich, zu sagen, was denn Seyn und was Nichts ist. Die sich dagegen sträuben, das eine wie das andere nur als ein Uebergehen in einander zu erkennen, und vom Seyn und vom Nichts dieß oder das behaupten, mögen angeben, von was sie sprechen, d. i. eine Definition
vom Seyn und Nichts aufstellen, und aufzeigen, daß sie richtig ist.
Ohne dieser ersten Forderung der alten Wissenschaft genügt zu haben,
deren logische Regeln sie sonst gelten lassen und anwenden, sind alle
jene Behauptungen über das Seyn und Nichts nur Versicherungen,
wissenschaftliche Ungültigkeiten. Wenn man sonst gesagt hat, die
Existenz, insofern man diese zunächst für gleichbedeutend mit Seyn
hält, sey die Ergänzung zur Möglichkeit, so ist damit
eine andere Bestimmung, die Möglichkeit, vorausgesetzt, das Seyn nicht
in seiner Unmittelbarkeit, sogar als nicht selbstständig, als bedingt
ausgesprochen. Für das Seyn, welches vermittelt ist, werden wir den Ausdruck: Existenz, aufbehalten. Aber man stellt sich wohl das Seyn vor
- etwa unter dem Bilde des reinen Lichts, als die Klarheit ungetrübten
Sehens, das Nichts aber als die reine Nacht, und knüpft ihren
Unterschied an diese wohlbekannte sinnliche Verschiedenheit. In der
That aber, wenn man auch dieß Sehen sich genauer vorstellt, so kann man
leicht gewahr werden, daß man in der absoluten Klarheit so viel und so
wenig sieht, als in der absoluten Finsterniß, daß das eine Sehen so gut
als das andere, reines Sehen, Sehen von Nichts ist. Reines Licht und
reine Finsterniß sind zwei Leeren, welche dasselbe sind. Erst in dem
bestimmten Lichte - und das Licht wird durch die Finsterniß bestimmt, -
also im getrübten Lichte, ebenso erst in der bestimmten Finsterniß, -
und die Finsterniß wird durch das Licht bestimmt, - in der erhellten
Finsterniß kann etwas unterschieden werden, weil erst das getrübte
Licht und die erhellte Finsterniß den Unterschied an ihnen selbst
haben, und damit bestimmtes Seyn, Daseyn, sind.
Die Einheit, deren Momente, Seyn und Nichts, als untrennbare sind, ist von ihnen selbst zugleich verschieden, so ein Drittes gegen sie, welches in seiner eigenthümlichsten Form das Werden ist. Uebergehen ist dasselbe als Werden, nur daß in jenem die beiden, von deren Einem zum anderen übergegangen wird, mehr als außereinander ruhend und das Uebergehen als zwischen
ihnen geschehend vorgestellt wird. Wo und Wie nun vom Seyn oder Nichts
die Rede wird, muß dieses Dritte vorhanden seyn; denn jene bestehen
nicht für sich, sondern sind nur im Werden, in diesem Dritten. Aber
dieses Dritte hat vielfache empirische Gestalten, welche von der
Abstraktion bei Seite gestellt oder vernachläßigt werden, um jene ihre
Produkte, das Seyn und das Nichts, jedes für sich festzuhalten und sie
gegen das Uebergehen geschützt zu zeigen. Gegen solches einfaches
Verhalten der Abstraktion ist ebenso einfach nur an die empirische
Existenz zu erinnern, in der jene Abstraktion selbst nur Etwas ist, ein
Daseyn hat. Oder es sind sonst Reflexionsformen, durch welche die
Trennung der Untrennbaren fixirt werden soll. An solcher Bestimmung ist
an und für sich das Gegentheil ihrer selbst vorhanden, und ohne auf die
Natur der Sache zurückzugehen und an diese zu appelliren, ist jene
Reflexionsbestimmung an ihr selbst dadurch zu konfondiren, daß sie
genommen wird, wie sie sich giebt, und ihr Anderes an ihr selbst
aufgezeigt wird. Es würde eine vergebliche Mühe seyn, alle Wendungen
und Einfälle der Reflexion und ihres Raisonnements gleichsam einfangen
zu wollen, um ihr die Auswege und Absprünge, womit sie sich ihren
Widerspruch gegen sich selbst verdeckt, zu benehmen und unmöglich zu
machen. Darum enthalte ich mich auch, gegen vielfache sich so nennende
Einwürfe und Widerlegungen, welche dagegen, daß weder Seyn noch Nichts
etwas Wahrhaftes, sondern nur das Werden ihre Wahrheit ist, aufgebracht
worden sind, Rücksicht zu nehmen; die Gedanken-Bildung, die dazu
gehört, die Nichtigkeit jener Widerlegungen einzusehen oder vielmehr
solche Einfälle sich selbst zu vertreiben, wird nur durch die kritische
Erkenntniß der Verstandesformen bewirkt; aber die, welche am
ergiebigsten an dergleichen Einwürfen sind, fallen sogleich über die
ersten Sätze mit ihren Reflexionen her, ohne
durch das weitere Studium der Logik sich zum Bewußtseyn über die Natur
dieser kruden Reflexionen zu verhelfen oder verholfen zu haben.
Es
sollen einige der Erscheinungen betrachtet werden, die sich daran
ergeben, wenn das Seyn und das Nichts von einander isolirt, und Eins
außer dem Bereiche des Anderen gesetzt wird, so daß hiermit das
Uebergehen negirt ist.
Parmenides hielt das Seyn fest und war am konsequentesten, indem er zugleich vom Nichts sagte, daß es gar nicht
ist; nur das Seyn ist. Das Seyn so ganz für sich ist das Unbestimmte,
hat also keine Beziehung auf Anderes; es scheint daher, daß von diesem Anfang aus nicht weiter fortgegangen werden könne, nämlich aus ihm selbst, und ein Fortgang nur dadurch geschehen könne, daß von Außen
etwas Fremdes daran geknüpft würde. Der Fortgang, daß das Seyn dasselbe
ist als das Nichts, erscheint somit als ein zweiter, absoluter Anfang,
- ein Uebergehen, das für sich ist, und äußerlich zu dem Seyn
hinzuträte. Seyn wäre überhaupt nicht der absolute Anfang, wenn es eine
Bestimmtheit hätte; alsdann hänge es von einem Andern ab, und wäre
nicht unmittelbar, nicht der Anfang. Ist es aber unbestimmt, und damit
wahrer Anfang, so hat es auch nichts, wodurch es sich zu einem anderen
überleitet, es ist zugleich das Ende. Es kann ebenso wenig
etwas aus demselben hervorbrechen, als etwas in dasselbe einbrechen
kann; bei Parmenides wie bei Spinoza soll von dem Seyn oder der
absoluten Substanz nicht fortgegangen werden zu dem Negativen,
Endlichen. Wird nun dennoch fortgegangen, was wie bemerkt, von dem
beziehungs- hiermit fortgangslosen Seyn aus nur auf äußerliche Weise
geschehen kann, so ist dieser Fortgang ein zweiter, neuer Anfang. So
ist Fichte's absolutester, unbedingter Grundsatz: A = A Setzen; der zweite ist Entgegensetzen; dieser soll zum Theil bedingt, zum Theil unbedingt (somit der Widerspruch in sich) seyn. Es ist
dieß ein Fortgehen der äußern Reflexion, welches ebensowohl das, womit
es als einem Absoluten anfängt, wieder verneint, - das Entgegensetzen
ist die Negation der ersten Identität, - als es sein zweites
Unbedingtes sogleich ausdrücklich zugleich zu einem Bedingten macht.
Wenn aber überhaupt eine Berechtigung wäre, fortzugehen, d. i. den
ersten Anfang aufzuheben, so müßte es in diesem ersten selbst liegen,
daß ein Anderes sich darauf beziehen könnte; es müßte also ein Bestimmtes seyn. Allein für ein solches giebt sich das Seyn oder auch die absolute Substanz nicht aus; im Gegentheil. Es ist das Unmittelbare, das noch schlechthin Unbestimmte.
Die
beredtesten, vielleicht vergessenen Schilderungen über die
Unmöglichkeit, von einem Abstrakten zu einem Ferneren und zu einer
Vereinigung beider zu kommen, macht Jacobi im Interesse seiner Polemik gegen die kantische Synthesis
des Selbstbewußtseyns a priori, in seiner Abh. über das Unternehmen des
Kriticismus, die Vernunft zu Verstande zu bringen (Jac. Werke III.
Bd.). Er stellt (S. 113) die Aufgabe so, daß in einem Reinen,
sey es des Bewußtseyns, des Raums oder der Zeit, das Entstehen oder
Hervorbringen einer Synthesis aufgezeigt werde. "Der Raum sey Eines, die Zeit sey Eines, das Bewußtseyn sey Eines; - sagt nun an, wie sich eines von diesen drei Einen in ihm selbst rein vermannigfaltiget; - jedes ist nur Eines und kein Anderes; - eine Einerleiheit, eine Der- Die- Das- Selbigkeit! ohne Derheit, Dieheit, Dasheit; denn diese schlummern, mit den Der, Die, Das noch im unendlichen = 0 des Unbestimmten, woraus alles und jedes Bestimmte auch erst hervorgehen soll! Was bringt in jene, drei Unendlichkeiten, Endlichkeit; was befruchtet Raum und Zeit a priori mit Zahl und Maß, und verwandelt sie in ein reines Mannigfaltiges; was bringt die reine Spontaneität (Ich) zur Oscillation? Wie kommt sein reiner Vokal zum Mitlauter, oder vielmehr wie setzt sein lautloses ununterbrochenes Blasen, sich selbst unterbrechend, ab, um wenigstens eine Art von Selbstlaut, einen Accent zu gewinnen?" - Man sieht, Jacobi hat sehr bestimmt das Unwesen
der Abstraktion, es sey nun sogenannter absoluter d. i. nur abstrakter
Raum, oder ebensolche Zeit, oder ebensolches reines Bewußtseyn, Ich,
erkannt; er beharrt darin zu dem Behuf, die Unmöglichkeit eines
Fortgangs zu Anderem, der Bedingung einer Synthesis, und zur Synthesis
selbst zu behaupten. Die Synthesis, welche das Interesse ausmacht, muß
nicht als eine Verknüpfung von äußerlich schon vorhandenen
Bestimmungen genommen werden, - Theils ist es selbst um die Erzeugung
eines Zweiten zu einem Ersten, eines Bestimmten zum unbestimmten
Anfänglichen zu thun; Theils aber um die immanente Synthesis, Synthesis a priori, - an und für sich seyende Einheit des Unterschiedenen. Werden
ist diese immanente Synthesis des Seyns und Nichts; aber weil der
Synthesis der Sinn von einem äußerlichen Zusammenbringen äußerlich
gegeneinander Vorhandener am nächsten liegt, ist mit Recht der Name
Synthesis, synthetische Einheit außer Gebrauch gesetzt worden. - Jacobi
fragt, wie kommt der reine Vokal des Ich zum Mitlauter, was bringt Bestimmtheit in die Unbestimmtheit - das was? wäre leicht beantwortet, und von Kant ist diese Frage auf seine Weise beantwortet worden; aber die Frage nach dem Wie?
heißt: auf welche Art und Weise, nach welchem Verhältniß und
dergleichen, und verlangt so die Angabe einer besondern Kategorie; aber
von Art und Weise, Verstandes-Kategorien kann hierbei nicht die Rede
seyn. Die Frage nach dem wie? gehört selbst zu den übeln
Manieren der Reflexion, welche nach der Begreiflichkeit frägt, aber
dabei ihre festen Kategorien voraussetzt, und damit zum Voraus gegen
die Beantwortung dessen, nach was sie fragt, sich gewaffnet weiß. Den
höheren Sinn einer Frage nach der Nothwendigkeit der Synthese hat sie bei Jacobi auch nicht, denn er bleibt, wie gesagt, fest in den Abstraktionen
beharren, für die Behauptung der Unmöglichkeit der Synthese.
Insbesondere anschaulich beschreibt er (S. 147) die Procedur zur
Abstraktion des Raumes zu gelangen. "Ich muß für so lange rein zu
vergessen suchen, daß ich je irgend etwas sah, hörte, rührte und
berührte, mich selbst ausdrücklich nicht ausgenommen. Rein, rein, rein
vergessen muß ich alle Bewegung, und mir gerade dieß Vergessen,
weil es das schwerste ist, am angelegentlichsten seyn lassen. Alles
überhaupt muß ich, so wie ich es weggedacht habe, auch ganz und
vollkommen weggeschafft seyn lassen, und gar nichts übrig behalten, als die mit Gewalt stehen gebliebene Anschauung allein des unendlichen unveränderlichen Raums. Ich darf mich daher auch nicht selbst als etwas von ihm Unterschiedenes und gleichwohl mit ihm Verbundenes, wieder in ihn hineindenken; ich darf mich nicht von ihm bloß umgeben und durchdringen lassen; sondern ich muß ganz übergehen in ihn, Eins mit ihm werden, mich in ihn verwandeln; ich muß von mir selbst nichts übrig lassen, als diese meine Anschauung selbst, um sie als eine wahrhaft selbstständige, unabhängige, Einig- und Alleinige Vorstellung zu betrachten."
Bei
dieser ganz abstrakten Reinheit der Kontinuität, d. i. Unbestimmtheit
und Leerheit des Vorstellens ist es gleichgültig, diese Abstraktion
Raum zu nennen, oder reines Anschauen, reines Denken; - es ist alles
dasselbe, was der Inder, wenn er äußerlich bewegungslos, und ebenso in
Empfindung, Vorstellung, Phantasie, Begierde u.s.f. regungslos
jahrelang nur auf die Spitze seiner Nase sieht, nur Om, Om, Om
innerlich in sich, oder gar Nichts spricht, - Brahma nennt. Dieses dumpfe, leere Bewußtseyn ist, als Bewußtseyn aufgefaßt, - das Seyn.
In
diesem Leeren, sagt nun Jacobi weiter, widerfahre ihm das Gegentheil
von dem, was kantischer Versicherung gemäß, ihm widerfahren sollte; er
finde sich nicht als ein Vieles und Mannigfaltiges, vielmehr als Eines ohne alle Vielheit und Mannigfaltigkeit; ja, "ich bin die Unmöglichkeit selbst, bin die Vernichtung alles Mannigfaltigen und Vielen, - kann aus meinem reinen, schlechterdings einfachen, unveränderlichen Wesen auch nicht das Mindeste wieder herstellen
oder in mich hinein gespenstern; - so offenbart sich in dieser
Reinheit, alles Außer- und Nebeneinanderseyn, alle hierauf beruhende
Mannigfaltigkeit und Vielheit, als ein rein Unmögliches."
Diese
Unmöglichkeit heißt nichts anders als die Tautologie, ich halte an der
abstrakten Einheit fest und schließe alle Vielheit und Mannigfaltigkeit
aus, halte mich im Unterschiedslosen und Unbestimmten, und sehe weg von
allem Unterschiedenen und Bestimmten. Die kantische Synthesis a priori
des Selbstbewußtseyns, das ist, die Thätigkeit dieser Einheit, sich zu
dirimiren und in dieser Diremtion sich selbst zu erhalten, verdünnt
sich Jacobi zu derselben Abstraktion. Jene "Synthesis an sich", das "ursprüngliche Urtheilen," macht er einseitig zu "der Kopula an sich;
- ein Ist, Ist, Ist, ohne Anfang und Ende und ohne Was, Wer und Welche;
dieses ins Unendliche fortgehende Wiederholen der Wiederholung ist die
alleinige Geschäftigkeit, Funktion und Produktion der allerreinsten
Synthesis; sie selbst ist das bloße, reine, absolute Wiederholen
selbst." Oder in der That, da kein Absatz, d. i. keine Negation,
Unterscheiden darin ist, so ist sie nicht ein Wiederholen, sondern nur
das ununterschiedene einfache Seyn. - Aber ist dieß denn noch
Synthesis, wenn Jacobi gerade das wegläßt, wodurch die Einheit
synthetische Einheit ist?
Zunächst,
wenn Jacobi sich so in dem absoluten d. h. abstrakten Raum, Zeit, auch
Bewußtseyn festsetzt, ist zu sagen, daß er sich auf diese Weise in
etwas empirisch-Falsches versetzt und festhält; es giebt
d. h. empirisch vorhanden ist kein Raum und Zeit, die ein unbegrenztes
Räumliches und Zeitliches wären, nicht in ihrer Kontinuität von
mannigfaltig begrenztem Daseyn und Veränderung erfüllt wären, so daß
diese Grenzen und Veränderungen ungetrennt und
untrennbar der Räumlichkeit und Zeitlichkeit angehören; ebenso ist das
Bewußtseyn mit bestimmtem Empfinden, Vorstellen, Begehren u.s.f.
erfüllt; es existirt ungetrennt von irgend einem besonderen Inhalt. -
Das empirische Uebergehen versteht sich ohnehin von selbst; das
Bewußtseyn kann sich wohl den leeren Raum, leere Zeit und das leere
Bewußtseyn selbst, oder das reine Seyn, zum Gegenstand und Inhalt
machen; aber es bleibt nicht dabei, sondern geht nicht nur, sondern
drängt sich aus solcher Leerheit hinaus zu einem besseren, d. i. auf
irgend eine Weise konkreteren Inhalt, und so schlecht ein Inhalt sonst
sey, so ist er insofern besser und wahrer; eben ein solcher Inhalt ist
ein synthetischer überhaupt; synthetisch in allgemeinerem Sinne
genommen. So bekommt Parmenides mit dem Scheine und der Meinung, dem
Gegentheil des Seyns und der Wahrheit, zu thun; so Spinoza mit den
Attributen, den Modis, der Ausdehnung, Bewegung, dem Verstande, Willen
u.s.f. Die Synthesis enthält und zeigt die Unwahrheit jener
Abstraktionen, in ihr sind sie in Einheit mit ihrem Anderen, also nicht
als für sich bestehende, nicht als absolute, sondern schlechthin als
relative.
Das
Aufzeigen der empirischen Nichtigkeit des leeren Raums u.s.f. aber ist
es nicht, um das es zu thun ist. Das Bewußtseyn kann sich abstrahirend
allerdings auch mit jenem Unbestimmten erfüllen, und die festgehaltenen
Abstraktionen sind die Gedanken von reinem Raum, Zeit, reinen Bewußtseyn, reinem Seyn. Der Gedanke des reinen Raums u.s.f. d. i. der reine Raum u.s.f. an ihm selbst
soll als nichtig aufgezeigt werden, d. i. daß er als solcher schon sein
Gegentheil, daß an ihm selbst schon sein Gegentheil in ihn
eingedrungen, er schon für sich das Herausgegangenseyn aus sich selbst,
Bestimmtheit, sey.
Dieß ergiebt sich aber unmittelbar an ihnen. Sie sind, was Jacobi reichlich beschreibt, Resultate der Abstraktion, sind ausdrücklich als Unbestimmte bestimmt, was - um zu seiner einfachsten Form zurückzugehen, das Seyn ist. Eben diese Unbestimmtheit
ist aber das, was die Bestimmtheit desselben ausmacht; denn die
Unbestimmtheit ist der Bestimmtheit entgegengesetzt; sie ist somit als
Entgegengesetztes selbst das Bestimmte, oder Negative, und zwar das
reine, ganz abstrakt Negative. Diese Unbestimmtheit oder abstrakte
Negation, welche so das Seyn an ihm selbst hat, ist es, was die äußere
wie die innere Reflexion ausspricht, indem sie es dem Nichts gleich
setzt, es für ein leeres Gedankending, für Nichts erklärt. - Oder kann
man sich ausdrücken, weil das Seyn das Bestimmungslose ist, ist es
nicht die (affirmative) Bestimmtheit, die es ist, nicht Seyn, sondern
Nichts.
In der reinen Reflexion des Anfangs, wie er in dieser Logik mit dem Seyn als solchem gemacht wird, ist der Uebergang noch verborgen; weil das Seyn nur als unmittelbar gesetzt ist, bricht das Nichts an ihm nur unmittelbar hervor. Aber alle folgenden Bestimmungen, wie gleich das Daseyn,
sind konkreter; es ist an diesem das schon gesetzt, was den Widerspruch
jener Abstraktionen und daher ihr Uebergehen enthält und hervorbringt.
Beim Seyn als jenem Einfachen, Unmittelbaren wird die Erinnerung, daß
es Resultat der vollkommenen Abstraktion, also schon von daher
abstrakte Negativität, Nichts, ist, hinter der Wissenschaft
zurückgelassen, welchem innerhalb ihrer selbst, ausdrücklich vom Wesen aus, jene einseitige Unmittelbarkeit als eine Vermittelte darstellen wird, wo das Seyn als Existenz und das Vermittelnde dieses Seyns, der Grund, gesetzt ist.
Mit
jener Erinnerung läßt sich der Uebergang von Seyn in Nichts als etwas
selbst leichtes und triviales so vorstellen oder auch, wie man es
nennt, erklären und begreiflich machen, daß Freilich das Seyn, welches zum Anfang der Wissenschaft gemacht worden, Nichts sey, denn man könne von Allem
abstrahiren, und wenn von Allem abstrahirt worden, so bleibe Nichts
übrig. Aber, kann man fortfahren, somit sey der Anfang nicht ein
Affirmatives, nicht Seyn, sondern eben Nichts, und Nichts sey dann auch
das Ende, wenigstens sosehr als das unmittelbare Seyn und
selbst noch vielmehr. Das Kürzeste ist solches Raisonniren gewähren zu
lassen und zuzusehen, wie denn die Resultate beschaffen sind, auf
welche es pocht. Daß hiernach das Nichts das Resultat jenes
Raisonnements wäre, und nun der Anfang mit Nichts (wie in chinesischer
Philosophie) gemacht werden sollte, so wäre darum nicht die Hand
umzukehren, denn ehe man sie umkehrte, hätte sich ebenso sehr dieß
Nichts in Seyn verkehrt, (s. oben: B. Nichts). Aber ferner wenn jene
Abstraktion von Allem, welches Alles denn doch Seyendes
ist, vorausgesetzt wäre, so ist sie genauer zu nehmen; das Resultat der
Abstraktion von allem Seyenden ist zunächst abstraktes Seyn, Seyn
überhaupt; wie im kosmologischen Beweise vom Daseyn Gottes aus dem
zufälligen Seyn der Welt, über welches sich darin erhoben wird, noch
das Seyn mit hinaufgebracht, das Seyn zum unendlichen Seyn bestimmt wird. Es kann
aber allerdings auch von diesem reinen Seyn abstrahirt, das Seyn noch
zu dem Allem, wovon bereits abstrahirt worden, geschlagen werden; dann
bleibt Nichts. Man kann nun, wenn man das Denken des Nichts, d.i. sein Umschlagen in Seyn vergessen will oder nichts davon wüßte, im Style jenes Könnens
fortfahren; es kann nämlich (Gottlob!) auch vom Nichts abstrahirt
werden (wie denn auch die Schöpfung der Welt eine Abstraktion vom
Nichts ist) und dann bleibt nicht Nichts, denn eben von diesem wird
abstrahirt, sondern man ist so wieder im Seyn angekommen. - dieß Können
giebt ein äußerliches Spiel des Abstrahirens, wobei das Abstrahiren
selbst nur das einseitige Thun des Negativen ist. Zunächst liegt in
diesem Können selbst, daß ihm das Seyn so gleichgültig ist als das
Nichts, und daß so sehr jedes von Beiden
verschwindet, ebenso sehr jedes auch entsteht; aber ebenso gleichgültig
ist es, ob vom Thun des Nichts, oder dem Nichts ausgegangen wird; das
Thun des Nichts, d. i. das bloße Abstrahiren ist nicht mehr noch
weniger etwas Wahrhaftes als das bloße Nichts.
Die Dialektik, nach welcher Plato
das Eine im Parmenides behandelt, ist gleichfalls mehr für eine
Dialektik der äußern Reflexion zu achten. Das Seyn und das Eine sind
beides Eleatische Formen, die Dasselbe sind. Aber sie sind auch zu
unterscheiden, so nimmt sie Plato in jenem Dialoge. Nachdem er von dem
Einen die mancherlei Bestimmungen von Ganzen und Theilen, in sich
selbst, in einem anderen seyn u.s.f. von Figur, Zeit u.s.f. entfernt,
so ist das Resultat, daß dem Einen das Seyn nicht zukomme, denn anders
komme einem Etwas das Seyn nicht zu, als nach einer jener Weisen (p.
141 e. Vol. III. ed. Steph.). Hierauf behandelt Plato den Satz: das
Eine ist; und es ist bei ihm nachzusehen, wie von diesem Satze aus der
Uebergang zu dem Nichtseyn des Einen bewerkstelligt wird; es geschieht durch die Vergleichung der beiden Bestimmungen des vorausgesetzten Satzes: das Eine ist; er enthält das Eine und das Seyn; und das Eine ist enthält mehr, als wenn man nur sagt: das Eine. Darin daß sie verschieden
sind, wird das Moment der Negation, das der Satz enthält, aufgezeigt.
Es erhellt, daß dieser Weg eine Voraussetzung hat, und eine äußere
Reflexion ist.
Wie hier das Eine mit dem Seyn in Verbindung gesetzt ist, wird das Seyn, welches abstrakt für sich
festgehalten werden soll am einfachsten, ohne sich in das Denken
einzulassen, in einer Verbindung aufgezeigt, die das Gegentheil dessen
enthält, was behauptet werden soll. Das Seyn, wie es unmittelbar ist,
genommen gehört einem Subjekte an, ist ein ausgesprochenes, hat ein empirisches Daseyn überhaupt, und steht damit im Boden der Schranke und des Negativen. In welchen
Ausdrücken oder Wendungen der Verstand sich fasse, wenn er sich gegen
die Einheit des Seyns und Nichts sträubt, und sich auf das, was
unmittelbar vorhanden sey, beruft, wird er eben in dieser Erfahrung
selbst nichts als bestimmtes Seyn, Seyn mit einer Schranke oder
Negation, - jene Einheit finden, die er verwirft. Die Behauptung des
unmittelbaren Seyns reducirt sich so auf eine empirische Existenz,
deren Aufzeigen sie nicht verwerfen kann, weil es die Unmittelbarkeit
außerhalb des Denkens ist, an die sie sich halten will.
Dasselbe
ist der Fall mit dem Nichts, nur auf entgegengesetzte Weise, und diese
Reflexion ist bekannt und oft genug über dasselbe gemacht worden. Das
Nichts zeigt sich in seiner Unmittelbarkeit genommen als seyend;
denn seiner Natur nach ist es dasselbe als das Seyn. Das Nichts wird
gedacht, vorgestellt, es wird von ihm gesprochen; es ist also; das
Nichts hat an dem Denken, Vorstellen, Sprechen, u.s.f. sein Seyn. Dieß
Seyn ist aber ferner, auch von ihm unterschieden; es wird daher gesagt,
daß das Nichts zwar im Denken, Vorstellen ist, aber daß darum nicht es ist,
nicht ihm als solchem das Seyn zukomme, daß nur Denken oder Vorstellen
dieses Seyn ist. Bei diesem Unterscheiden ist eben so sehr nicht zu
läugnen, daß das Nichts in Beziehung auf ein Seyn steht; aber
in der Beziehung, ob sie gleich auch den Unterschied enthält, ist eine
Einheit mit dem Seyn vorhanden. Auf weiche Weise das Nichts
ausgesprochen oder aufgezeigt werde, zeigt es sich in Verbindung oder
wenn man will Berührung mit einem Seyn, ungetrennt von einem Seyn, eben
in einem Daseyn.
Indem
aber so das Nichts in einem Daseyn aufgezeigt wird, pflegt noch dieser
Unterschied desselben vom Seyn vorzuschweben, daß das Daseyn des Nichts
durchaus nichts ihm selbst zukommendes sey, daß es nicht das Seyn für
sich selbst an ihm habe, es nicht das Seyn als solches sey; das Nichts sey nur Abwesenheit des Seyns, die Finsterniß so nur Abwesenheit
des Lichts, die Kälte nur Abwesenheit der Wärme u.s.f. Finsterniß habe
nur Bedeutung in Beziehung auf das Auge, in äußerer Vergleichung mit
dem Positiven, dem Lichte, ebenso Kälte sey nur Etwas in unserer
Empfindung, Licht, Wärme, wie Seyn, hingegen seyen für sich das
Objektive, Reale, Wirksame, von schlechthin anderer Qualität und Würde,
als jene Negativen, als Nichts. Man kann es häufig als eine sehr
wichtige Reflexion und bedeutende Erkenntniß aufgeführt finden, daß
Finsterniß nur Abwesenheit des Lichts, Kälte nur Abwesenheit
der Wärme sey. Ueber diese scharfsinnige Reflexion kann in diesem Felde
von empirischen Gegenständen empirisch bemerkt werden, daß die
Finsterniß sich im Lichte allerdings wirksam zeigt, indem sie dasselbe
zur Farbe bestimmt und ihm selbst dadurch erst Sichtbarkeit ertheilt,
indem wie früher gesagt, im reinen Lichte ebenso wenig gesehen wird,
als in der reinen Finsterniß. Die Sichtbarkeit ist aber Wirksamkeit im
Auge, an der jenes Negative ebenso viel Antheil hat, als das für das
Reale, Positive geltende Licht; ebenso giebt sich die Kälte dem Wasser,
unserer Empfindung u.s.f. genugsam zu erkennen, und wenn wir ihr
sogenannte objektive Realität absprechen, so ist damit durchaus nichts
gegen sie gewonnen. Aber ferner wäre zu rügen, daß hier gleichfalls,
wie oben, von einem Negativen von bestimmtem Inhalte gesprochen wird,
nicht beim Nichts selbst stehen geblieben wird, dem das Seyn an leerer
Abstraktion nicht nachsteht, noch etwas voraus hat. - Allein Kälte,
Finsterniß und dergleichen bestimmte Negationen sind sogleich für sich
zu nehmen, und es ist zu sehen, was damit in Rücksicht ihrer
allgemeinen Bestimmung, nach der sie hierher gebracht werden, gesetzt
ist. Sie sollen nicht das Nichts überhaupt, sondern das Nichts vom
Licht, Wärme u.s.f. von etwas Bestimmten, einem Inhalte seyn; so sind
sie bestimmte, inhaltige Nichts, wenn man so sagen kann. Aber eine
Bestimmtheit ist, wie noch weiter hin vorkommt, selbst eine Negation;
so sind sie negative Nichts; aber ein
negatives Nichts ist etwas Affirmatives. Das Umschlagen des Nichts
durch seine Bestimmtheit (die vorhin als ein Daseyn im
Subjekte, oder in sonst was es sey, erschien) in ein Affirmatives,
erscheint dem Bewußtseyn, das in der Verstandes-Abstraktion feststeht,
als das paradoxeste, so einfach die Einsicht ist, oder auch wegen ihrer
Einfachheit selbst erscheint die Einsicht, daß die Negation der
Negation Positives ist, als etwas Triviales, auf welches der stolze
Verstand daher nicht zu achten brauche, obgleich die Sache ihre
Richtigkeit habe, - und sie hat nicht nur diese Richtigkeit, sondern um
der Allgemeinheit solcher Bestimmungen willen ihre unendliche
Ausdehnung und allgemeine Anwendung, so daß wohl darauf zu achten wäre.
Noch
kann über die Bestimmung des Uebergangs von Seyn und Nichts in einander
bemerkt werden, daß derselbe eben so ohne weitere Reflexionsbestimmung
aufzufassen ist. Er ist unmittelbar und ganz abstrakt, um der
Abstraktion der übergehenden Momente willen, d. i. indem an diesen
Momenten noch nicht die Bestimmtheit des anderen gesetzt ist,
vermittelst dessen sie übergingen; das Nichts ist am Seyn noch nicht gesetzt, ob zwar Seyn wesentlich
Nichts ist, und umgekehrt. Es ist daher unzulässig, weiters bestimmte
Vermittelungen hier anzuwenden, und Seyn und Nichts in irgend einem
Verhältnisse zu fassen, - jenes Uebergehen ist noch kein Verhältniß. Es
ist also unstatthaft zu sagen: Das Nichts ist der Grund vom Seyn; oder Seyn ist der Grund von Nichts; - das Nichts Ursache vom Seyn u.s.f.; oder es kann nur unter der Bedingung
in das Nichts übergegangen werden, daß etwas ist, oder in das Seyn nur
unter der Bedingung des Nichtseyns. Die Art der Beziehung kann nicht
weiter bestimmt seyn, ohne daß zugleich die bezogenen Seiten weiter bestimmt würden. Der Zusammenhang von Grund und Folge
u.s.f. hat nicht mehr das bloße Seyn und Nichts zu den Seiten, die er
verbindet, sondern ausdrücklich Seyn, das Grund ist, und etwas, das
zwar nur ein gesetztes, nicht Selbstständiges sey, das aber nicht das
abstrakte Nichts ist.
Es geht aus dem Bisherigen hervor, welche Bewandniß es mit der Dialektik gegen den Anfang der Welt, auch deren Untergang hat, wodurch die Ewigkeit der Materie erwiesen werden sollte, d. i. mit der Dialektik gegen das Werden,
Entstehen oder Vergehen überhaupt. - Die Kantische Antinomie über die
Endlichkeit oder Unendlichkeit der Welt in Raum und Zeit wird unten bei
dem Begriffe der quantitativen Unendlichkeit näher betrachtet werden. -
Jene einfache gewöhnliche Dialektik beruht auf dem Festhalten des
Gegensatzes von Seyn und Nichts. Es wird auf folgende Art bewiesen, daß
kein Anfang der Welt oder von Etwas möglich sey: Es kann nichts
anfangen, weder insofern etwas ist, noch insofern es nicht ist; denn
insofern es ist, fängt es nicht erst an; insofern es aber nicht ist,
fängt es auch nicht an. -
Wenn
die Welt oder Etwas angefangen haben sollte, so hätte sie im Nichts
angefangen, aber im Nichts oder das Nichts ist nicht Anfang; denn
Anfang schließt ein Seyn in sich, aber das Nichts enthält kein Seyn.
Nichts ist nur Nichts. In einem Grunde, Ursache u.s.w. wenn das Nichts
so bestimmt wird, ist eine Affirmation, Seyn enthalten. - Aus demselben
Grunde kann auch Etwas nicht aufhören. Denn so müßte das Seyn das
Nichts enthalten, Seyn aber ist nur Seyn, nicht das Gegentheil seiner
selbst.
Es erhellt, daß hierin gegen das Werden, oder Anfangen und Aufhören, diese Einheit
des Seyns und Nichts, nichts vorgebracht wird, als sie assertorisch zu
läugnen, und dem Seyn und Nichts, jedem getrennt von dem andern,
Wahrheit zuzuschreiben. - Diese Dialektik ist jedoch wenigstens
konsequenter als das reflektirende Vorstellen.
Ihm gilt es für vollkommene Wahrheit, daß Seyn und Nichts nur getrennt
seyen; auf der anderen Seite aber läßt es ein Anfangen und Aufhören als
eben so wahrhafte Bestimmungen gelten; in diesen aber nimmt es die
Ungetrenntheit des Seyns und Nichts faktisch an.
Bei
der Voraussetzung der absoluten Geschiedenheit des Seyns vom Nichts,
ist - was man so oft hört - der Anfang oder das Werden allerdings etwas
Unbegreifliches; denn man macht eine Voraussetzung, welche den Anfang oder das Werden aufhebt, das man doch wieder zugibt, und dieser Widerspruch, den man selbst setzt und dessen Auflösung unmöglich macht, heißt das Unbegreifliche.
Das Angeführte ist auch dieselbe Dialektik, die der Verstand gegen den Begriff braucht, den die höhere Analysis von den unendlich-kleinen Größen giebt. Von diesem Begriffe wird weiter unten ausführlicher gehandelt. - Diese Größen sind als solche, bestimmt worden, die in ihrem Verschwinden sind, nicht vor ihrem Verschwinden, denn als dann sind sie endliche Größen; - nicht nach
ihrem Verschwinden, denn alsdann sind sie nichts. Gegen diesen reinen
Begriff ist eingewendet und immer wiederholt worden, daß solche Größen
entweder Etwas seyen, oder Nichts; daß es keinen Mittelzustand
(Zustand ist hier ein unpassender, barbarischer Ausdruck) zwischen Seyn
und Nichtseyn gebe. - Es ist hierbei gleichfalls die absolute Trennung
des Seyns und Nichts angenommen. Dagegen ist aber gezeigt worden, daß
Seyn und Nichts in der That dasselbe sind, oder um in jener Sprache zu
sprechen, daß es gar nichts giebt, das nicht ein Mittelzustand zwischen Seyn und Nichts ist. Die Mathematik hat ihre glänzendsten Erfolge der Annahme jener Bestimmung, welcher der Verstand widerspricht, zu danken.
Das angeführte Raisonnement, das die falsche Voraussetzung der absoluten Getrenntheit des Seyns und Nichtseyns macht, und bei derselben stehen bleibt, ist nicht Dialektik, sondern Sophisterei
zu nennen. Denn Sophisterei ist ein Raisonnement aus einer grundlosen
Voraussetzung, die man ohne Kritik und unbesonnen gelten läßt;
Dialektik aber nennen wir die höhere vernünftige Bewegung, in welche
solche schlechthin getrennt scheinende, durch sich selbst, durch das,
was sie sind, in einander übergehen, die Voraussetzung sich aufhebt. Es
ist die dialektische immanente Natur des Seyns und Nichts selbst, daß
sie ihre Einheit, das Werden, als ihre Wahrheit zeigen.
Das
Werden, Entstehen und Vergehen, ist die Ungetrenntheit des Seyns und
Nichts; nicht die Einheit, welche vom Seyn und Nichts abstrahirt;
sondern als Einheit des Seyns und Nichts ist es diese bestimmte Einheit, oder in welcher sowohl Seyn als Nichts ist. Aber indem Seyn und Nichts, jedes ungetrennt von seinem Anderen ist, ist es nicht. Sie sind also in dieser Einheit, aber als verschwindende, nur als Aufgehobene. Sie sinken von ihrer zunächst vorgestellten Selbstständigkeit zu Momenten herab, noch unterschiedenen, aber zugleich aufgehobenen.
Nach dieser ihrer Unterschiedenheit sie aufgefaßt, ist jedes in derselben als Einheit mit dem Anderen. Das Werden enthält also Seyn und Nichts als zwei solche Einheiten,
deren jede selbst Einheit des Seyns und Nichts ist; die eine das Seyn
als unmittelbar und als Beziehung auf das Nichts; die andere das Nichts
als unmittelbar und als Beziehung auf das Seyn; die Bestimmungen sind
in ungleichem Werthe in diesen Einheiten.
Das
Werden ist auf diese Weise in gedoppelter Bestimmung; in der einen ist
das Nichts als unmittelbar, d. i. sie ist anfangend vom Nichts, das
sich auf das Seyn bezieht, das heißt, in dasselbe übergeht, in der
anderen ist das Seyn als unmittelbar d. i. sie ist anfangend vom Seyn, das in das Nichts übergeht, - Entstehen und Vergehen.
Beide
sind dasselbe, Werden, und auch als diese so unterschiedenen Richtungen
durchdringen und paralysiren sie sich gegenseitig. Die eine ist Vergehen;
Seyn geht in Nichts über, aber Nichts ist eben so sehr das Gegentheil
seiner selbst, Uebergehen in Seyn, Entstehen. Dieß Entstehen ist die
andere Richtung; Nichts geht in Seyn über, aber Seyn hebt ebenso sehr
sich selbst auf und ist vielmehr das Uebergehen in Nichts, ist
Vergehen. - Sie heben sich nicht gegenseitig, nicht das eine äußerlich
das andere auf; sondern jedes hebt sich an sich selbst auf und ist an
ihm selbst das Gegentheil seiner.
Das Gleichgewicht, worein sich Entstehen und Vergehen setzen, ist zunächst das Werden selbst. Aber dieses geht eben so in ruhige Einheit
zusammen. Seyn und Nichts sind in ihm nur als verschwindende; aber das
Werden als solches ist nur durch die Unterschiedenheit derselben. Ihr
Verschwinden ist daher das Verschwinden des Werdens, oder Verschwinden
des Verschwindens selbst. Das Werden ist eine haltungslose Unruhe, die
in ein ruhiges Resultat zusammensinkt.
Dieß
könnte auch so ausgedrückt werden: Das Werden ist das Verschwinden von
Seyn in Nichts, und von Nichts in Seyn, und das Verschwinden von Seyn
und Nichts überhaupt; aber es beruht zugleich auf dem Unterschiede
derselben. Es widerspricht sich also in sich selbst, weil es solches in
sich vereint, das sich entgegengesetzt ist; eine solche Vereinigung
aber zerstört sich.
Dieß Resultat ist das Verschwundenseyn, aber nicht als Nichts; so wäre es nur ein Rückfall in die eine der schon aufgehobenen Bestimmungen, nicht Resultat des Nichts und des Seyns. Es ist die zur ruhigen Einfachheit gewordene Einheit des Seyns und Nichts. Die ruhige Einfachheit aber ist Seyn, jedoch ebenso, nicht mehr für sich, sondern als Bestimmung des Ganzen.
Das Werden so Uebergehen in die Einheit des Seyns und Nichts, welche als seyend ist, oder die Gestalt der einseitigen unmittelbaren Einheit dieser Momente hat, ist das Daseyn.
Aufheben und das Aufgehobene (das Ideelle)
ist einer der wichtigsten Begriffe der Philosophie, eine
Grundbestimmung, die schlechthin allenthalben wiederkehrt, deren Sinn
bestimmt aufzufassen und besonders vom Nichts zu unterscheiden ist. -
Was sich aufhebt, wird dadurch nicht zu Nichts. Nichts ist das Unmittelbare; ein Aufgehobenes dagegen ist ein Vermitteltes, es ist das Nichtseyende, aber als Resultat, das von einem Seyn ausgegangen ist; es hat daher die Bestimmtheit aus der es herkommt, noch an sich.
Aufheben hat in der Sprache den gedoppelten Sinn, daß es so viel als aufbewahren, erhalten bedeutet, und zugleich so viel als aufhören lassen, ein Ende machen.
Das Aufbewahren selbst schließt schon das Negative in sich, daß etwas
seiner Unmittelbarkeit und damit einem den äußerlichen Einwirkungen
offenen Daseyn entnommen wird, um es zu erhalten. - So ist das
Aufgehobene ein zugleich Aufbewahrtes, das nur seine Unmittelbarkeit
verloren hat, aber darum nicht vernichtet ist. - Die angegebenen zwei
Bestimmungen des Aufhebens können lexikalisch als zwei Bedeutungen
dieses Wortes aufgeführt werden. Auffallend müßte es aber dabei seyn,
daß eine Sprache dazu gekommen ist, ein und dasselbe Wort für zwei
entgegengesetzte Bestimmungen zu gebrauchen. Für das spekulative Denken
ist es erfreulich, in der Sprache Wörter zu finden welche eine
spekulative Bedeutung an ihnen selbst haben; die deutsche Sprache hat
mehrere dergleichen. Der Doppelsinn des lateinischen: tollere (der
durch den ciceronianischen Witz tollendum esse Octavium
, berühmt geworden) geht nicht so weit, die affirmative Bestimmung geht
nur bis zum Emporheben. Etwas ist nur insofern aufgehoben, als es in
die Einheit mit seinem Entgegengesetzten getreten ist; in dieser nähern
Bestimmung als ein reflektirtes kann es passend Moment genannt werden. Gewicht und Entfernung von einem Punkt heißen beim Hebel, dessen mechanische Momente, um der Dieselbigkeit
ihrer Wirkung willen bei aller sonstigen Verschiedenheit eines Reellen,
wie das ein Gewicht ist, und eines Ideellen, der bloßen räumlichen
Bestimmung, der Linie; s. Encykl. der philos. Wissenschaft 3te Ausg. _
261. Anm. - Noch öfter wird die Bemerkung sich aufdringen, daß die
philosophische Kunstsprache für reflektirte Bestimmungen lateinische
Ausdrücke gebraucht, entweder weil die Muttersprache keine Ausdrücke
dafür hat, oder wenn sie deren hat, wie hier, weil ihr Ausdruck mehr an
das Unmittelbare, die fremde Sprache aber mehr an das Reflektirte
erinnert.
Der nähere Sinn und Ausdruck, den Seyn und Nichts, indem sie nunmehr Momente
sind, erhalten, hat sich bei der Betrachtung des Daseyns, als der
Einheit, in der sie aufbewahrt sind, zu ergeben. Seyn ist Seyn, und
Nichts ist Nichts nur in ihrer Unterschiedenheit von einander; in ihrer
Wahrheit aber, in ihrer Einheit, sind sie als diese Bestimmungen
verschwunden, und sind nun etwas anderes. Seyn und Nichts sind
dasselbe; darum weil sie dasselbe sind, sind sie nicht mehr Seyn und Nichts,
und haben eine verschiedene Bestimmung; im Werden waren sie Entstehen
und Vergehen; im Daseyn als einer anders bestimmten Einheit sind sie
wieder anders bestimmte Momente. Diese Einheit bleibt nun ihre
Grundlage, aus der sie nicht mehr zur abstrakten Bedeutung von Seyn und
Nichts heraustreten.
Daseyn ist bestimmtes Seyn; seine Bestimmtheit ist seyende Bestimmtheit, Qualität. Durch seine Qualität ist Etwas gegen ein Anderes, ist veränderlich und endlich,
nicht nur gegen ein Anderes, sondern an ihm schlechthin negativ
bestimmt. Diese seine Negation dem endlichen Etwas zunächst gegenüber
ist das Unendliche; der abstrakte Gegensatz, in welchem diese Bestimmungen erscheinen, löst sich in die gegensatzlose Unendlichkeit, in das Fürsichseyn auf.
Die Abhandlung des Daseyns hat so die drei Abtheilungen:
A. das Daseyn als solches,
B. Etwas und Anderes, die Endlichkeit,
C. die qualitative Unendlichkeit.
An dem Daseyn
a. als solchem, ist zunächst seine Bestimmtheit
b. als Qualität zu unterscheiden. Diese aber ist sowohl in der einen als in der anderen Bestimmung des Daseyns zu nehmen, als Realität und als Negation. Aber in diesen Bestimmtheiten ist Daseyn eben so sehr in sich reflektirt; und als solches gesetzt
ist es
c. Etwas, Daseyendes.
Aus
dem Werden geht das Daseyn hervor. Das Daseyn ist das einfache Einsseyn
des Seyns und Nichts. Es hat um dieser Einfachheit willen, die Form von
einem Unmittelbaren. Seine Vermittelung, das Werden, liegt hinter ihm;
sie hat sich aufgehoben, und das Daseyn erscheint daher als ein erstes, von dem ausgegangen werde. Es ist zunächst in der einseitigen Bestimmung des Seyns, die andere, die es enthält, das Nichts, wird sich gleichfalls an ihm hervorthun, gegen jene.
Es ist nicht bloßes Seyn, sondern Daseyn;
etymologisch genommen Seyn an einem gewissen Orte; aber die
Raumvorstellung gehört nicht hierher. Daseyn ist, nach seinem Werden,
überhaupt Seyn mit einem Nichtseyn, so daß dieß Nichtseyn in einfache Einheit mit dem Seyn aufgenommen ist. Das Nichtseyn so in das Seyn aufgenommen, daß das konkrete Ganze in der Form des Seyns, der Unmittelbarkeit ist, macht die Bestimmtheit als solche aus.
Das Ganze ist gleichfalls in der Form d. i. Bestimmtheit
des Seyns, denn Seyn hat im Werden sich gleichfalls nur ein Moment zu
seyn gezeigt, - ein aufgehobenes, negativ bestimmtes; aber so ist es für uns in unserer Reflexion, noch nicht gesetzt
an ihm selbst. Aber die Bestimmtheit des Daseyns als solche ist die
gesetzte, die auch im Ausdruck Daseyn liegt. - Beides ist immer sehr
wohl von einander zu unterscheiden; nur das, was gesetzt ist an einem
Begriffe, gehört in die entwickelnde Betrachtung desselben, zu seinem
Inhalte. Die noch nicht an ihm selbst gesetzte Bestimmtheit aber gehört
unserer Reflexion, sie betreffe nun die Natur des Begriffes selbst,
oder sie sey äußere Vergleichung; eine Bestimmtheit der letztern Art
bemerklich zu machen kann nur zur Erläuterung oder Vorausandeutung des
Ganges dienen, der in der Entwickelung selbst sich darstellen wird. Daß
das Ganze, die Einheit des Seyns und des Nichts, in der einseitigen
Bestimmtheit des Seyns sey, ist eine äußerliche Reflexion; in der
Negation aber, im Etwas und Anderen u.s.f. wird sie dazu kommen, als gesetzte
zu seyn. - Es hat hier auf den angegebenen Unterschied aufmerksam
gemacht werden sollen; über alles aber, was die Reflexion sich erlauben
kann zu bemerken, Rechenschaft zu geben, würde in die Weitläufigkeit
führen, das zu anticipiren, was sich an der
Sache selbst ergeben muß. Wenn dergleichen Reflexionen dienen können,
die Uebersicht und damit das Verständniß zu erleichtern, so führen sie
wohl auch den Nachtheil herbei, als unberechtigte Behauptungen, Gründe
und Grundlagen für das Weitere auszusehen. Man soll sie daher für
nichts mehr nehmen, als was sie seyn sollen, und sie von dem
unterscheiden, was ein Moment im Fortgange der Sache selbst ist.
Das Daseyn entspricht dem Seyn
der vorigen Sphäre; das Seyn jedoch ist das Unbestimmte, es ergeben
sich deswegen keine Bestimmungen an demselben. Aber das Daseyn ist
bestimmtes Seyn, ein konkretes; es thun sich daher sogleich mehrere Bestimmungen, unterschiedene Verhältnisse seiner Momente an ihm auf.
Um
der Unmittelbarkeit willen, in der im Daseyn, Seyn und Nichts, Eins
sind, gehen sie nicht übereinander hinaus; so weit das Daseyn seyend
ist, so weit ist es Nichtseyn, ist es bestimmt. Das Seyn ist nicht das Allgemeine, die Bestimmtheit nicht das Besondere. Die Bestimmtheit hat sich noch nicht vom Seyn abgelöst;
zwar wird sie sich auch nicht mehr von ihm ablösen; denn das nunmehr
zum Grunde liegende Wahre ist die Einheit des Nichtseyns mit dem Seyn;
auf ihr als dem Grunde ergeben sich alle fernern Bestimmungen. Aber die
Beziehung, in der hier die Bestimmtheit mit dem Seyn steht, ist die
unmittelbare Einheit beider, so daß noch keine Unterscheidung derselben
gesetzt ist.
Die Bestimmtheit so für sich isolirt, als seyende Bestimmtheit, ist die Qualität; - ein ganz Einfaches, Unmittelbares. Die Bestimmtheit
überhaupt ist das Allgemeinere, das ebenso sehr auch das Quantitative,
wie weiter Bestimmte seyn kann. Um dieser Einfachheit willen ist von
der Qualität als solcher weiter nichts zu sagen.
Aber
das Daseyn, in welchem ebenso wohl das Nichts als das Seyn enthalten,
ist selbst der Maßstab für die Einseitigkeit der Qualität als nur unmittelbarer oder seyender Bestimmtheit. Sie ist ebenso sehr in der Bestimmung des Nichts zu setzen, womit dann die unmittelbare oder die seyende
Bestimmtheit als eine unterschiedene, reflektirte gesetzt wird, das
Nichts so als das bestimmte einer Bestimmtheit, ist ebenso ein
reflektirtes, eine Verneinung. Die Qualität, so daß sie unterschieden als seyende gelte, ist die Realität; sie als mit einer Verneinung behaftet, Negation überhaupt, gleichfalls eine Qualität, aber die für einen Mangel gilt, sich weiterhin als Grenze, Schranke bestimmt.
Beide sind ein Daseyn, aber in der Realität als Qualität mit dem Accente, eine seyende,
zu seyn, ist es versteckt, daß sie die Bestimmtheit, also auch die
Negation enthält; die Realität gilt daher nur als etwas Positives, aus
welchem Verneinung, Beschränktheit, Mangel ausgeschlossen sey. Die
Negation als bloßer Mangel genommen, wäre was Nichts ist; aber sie ist
ein Daseyn, eine Qualität nur mit einem Nichtseyn bestimmt.
Realität
kann ein vieldeutiges Wort zu seyn scheinen, weil es von verschiedenen,
ja entgegengesetzten Bestimmungen gebraucht wird. Im philosophischen
Sinne wird etwa von bloß empirischer Realität als einem werthlosen Daseyn gesprochen. Wenn aber von Gedanken, Begriffen, Theorien gesagt wird, sie haben keine Realität, so heißt dieß, daß ihnen keine Wirklichkeit zukomme; an sich
oder im Begriffe könne die Idee einer platonischen Republik z. B. wohl
wahr seyn. Der Idee wird hier ihr Werth nicht abgesprochen, und sie neben der Realität auch belassen. Aber gegen sogenannte bloße Ideen, gegen bloße Begriffe gilt das Reelle als das allein Wahrhafte. - Der Sinn, in welchem das eine Mal dem äußerlichen Daseyn
die Entscheidung über die Wahrheit eines Inhalts zugeschrieben wird,
ist ebenso einseitig, als wenn die Idee, das Wesen oder auch die innere
Empfindung als gleichgültig gegen das äußerliche Daseyn vorgestellt und
gar für um so vortrefflicher gehalten wird, je mehr es von der Realität
entfernt sey.
Bei dem Ausdrucke: Realität ist der sonstige metaphysische Begriff von Gott, der vornehmlich dem sogenannten ontologischen Beweise vom Daseyn Gottes zu Grunde gelegt wurde, zu erwähnen. Gott wurde als der Inbegriff aller Realitäten
bestimmt, und von diesem Inbegriffe gesagt, daß er keinen Widerspruch
in sich enthalte, daß keine der Realitäten die andere aufhebe; denn
eine Realität sey nur als eine Vollkommenheit, als ein Affirmatives zu nehmen, das keine Negation enthalte. Somit seyen die Realitäten sich nicht entgegengesetzt und widersprechen sich nicht.
Bei
diesem Begriffe der Realität wird angenommen, daß sie dann noch bleibe,
wenn alle Negation weggedacht werde; damit wird aber alle Bestimmtheit
derselben aufgehoben. Die Realität ist Qualität, Daseyn; damit enthält
sie das Moment des Negativen, und ist allein dadurch das Bestimmte, das
sie ist. Im sogenannten eminenten Sinne oder als unendliche,
- in der gewöhnlichen Bedeutung des Worts, - wie sie genommen werden
soll, wird sie ins Bestimmungslose erweitert, und verliert ihre
Bedeutung. Die Güte Gottes soll nicht Güte im gewöhnlichen, sondern im
eminenten Sinne, nicht verschieden von der Gerechtigkeit, sondern durch
sie temperirt seyn, (ein leibnitzischer
Vermittelungs-Ausdruck) so wie umgekehrt die Gerechtigkeit durch die
Güte; so ist weder Güte mehr Güte, noch Gerechtigkeit mehr
Gerechtigkeit. Die Macht solle durch die Weisheit temperirt seyn, aber
so ist sie nicht Macht als solche, denn sie wäre jener unterworfen, -
die Weisheit solle zur Macht erweitert seyn, aber so verschwindet sie
als den Zweck und Maaß bestimmende Weisheit. Der wahre Begriff des Unendlichen und dessen absolute Einheit, der sich später ergeben wird, ist nicht als ein Temperiren, gegenseitiges Beschränken oder Vermischen
zu fassen, als welches eine oberflächliche, in unbestimmtem Nebel
gehaltene Beziehung ist, mit der sich nur begriffloses Vorstellen
begnügen kann. - Die Realität, wie sie in jener Definition Gottes als
bestimmte Qualität genommen wird, über ihre Bestimmtheit hinausgeführt,
hört auf Realität zu seyn; sie wird zum abstrakten Seyn; Gott als das rein Reale in allem Realen, oder als Inbegriff aller Realitäten, ist dasselbe Bestimmungs- und Gehaltlose, was das leere Absolute, in dem alles Eins ist.
Wird
dagegen die Realität in ihrer Bestimmtheit genommen, so wird, da sie
wesentlich das Moment des Negativen enthält, der Inbegriff aller
Realitäten ebenso sehr zu einem Inbegriffe aller Negationen, dem
Inbegriffe aller Widersprüche, zunächst etwa zur absoluten Macht,
in der alles Bestimmte absorbirt ist, aber da sie selbst nur ist,
insofern sie noch ein von ihr nicht Aufgehobenes sich gegenüber hat, so
wird sie, indem sie zur ausgeführten, schrankenlosen Macht erweitert
gedacht wird, zum abstrakten Nichts. Jenes Reale in allem Realen, das
Seyn in allem Daseyn, welches den Begriff Gottes ausdrücken soll, ist
nichts anderes, als das abstrakte Seyn, dasselbe was das Nichts ist.
Die Bestimmtheit ist die Negation als affirmativ gesetzt, ist der Satz des Spinoza: Omnis determinatio est negatio
, dieser Satz ist von unendlicher Wichtigkeit; nur ist die Negation als
solche die formlose Abstraktion; der spekulativen Philosophie muß aber
nicht Schuld gegeben werden, daß ihr die Negation oder das Nichts ein
Letztes sey; dieß ist es ihr so wenig als die Realität das Wahrhafte.
Von diesem Satze, daß die Bestimmtheit Negation ist, ist die Einheit der Spinozistischen Substanz, oder daß nur Eine Substanz ist, - die nothwendige Konsequenz. Denken und Seyn
oder Ausdehnung, die zwei Bestimmungen, die Spinoza nämlich vor sich
hat, mußte er in dieser Einheit in eins setzen, denn als bestimmte
Realitäten, sind sie Negationen, deren Unendlichkeit ihre Einheit ist;
nach Spinozas Definition, wovon weiter unten, ist die Unendlichkeit von
Etwas seine Affirmation. Er begriff sie daher als Attribute, d. h. als
solche, die nicht ein besonderes Bestehen, ein An-und-für-sich-Seyn
haben, sondern nur als aufgehobene, als Momente sind; oder vielmehr
sind sie ihm nicht einmal Momente, denn die Substanz ist das in ihr
selbst ganz bestimmungslose, und die Attribute sind, wie auch die Modi,
Unterscheidungen, die ein äußerer Verstand macht. - Eben so kann die
Substantialität der Individuen, nicht gegen jenen Satz bestehen. Das
Individuum ist Beziehung auf sich dadurch, daß es allein Anderen
Grenzen setzt; aber diese Grenzen sind damit auch Grenzen seiner
selbst, Beziehungen auf Anderes, es hat sein Daseyn nicht in ihm
selbst. Das Individuum ist wohl mehr als nur das nach allen Seiten beschränkte, aber dieß Mehr
gehört in eine andere Sphäre des Begriffs; in der Metaphysik des Seyns
ist es ein schlechthin bestimmtes; und daß ein solches, daß das
Endliche als solches an und für sich sey, dagegen macht sich die
Bestimmtheit wesentlich als Negation geltend, und reißt es in dieselbe
negative Bewegung des Verstandes, welche alles in der abstrakten
Einheit, der Substanz, verschwinden läßt.
Die
Negation steht unmittelbar der Realität gegenüber; weiterhin in der
eigentlichen Sphäre der reflektirten Bestimmungen, wird sie dem Positiven entgegengesetzt, welches die auf die Negation reflektirende Realität ist, - die Realität, an der das Negative scheint, das in der Realität als solcher noch versteckt ist.
Die Qualität ist erst in der Rücksicht vornehmlich Eigenschaft, als sie in einer äußerlichen Beziehung sich als immanente Bestimmung zeigt. Unter Eigenschaften z. B. von Kräutern versteht man Bestimmungen, die einem Etwas nicht nur überhaupt eigen sind, sondern insofern es sich dadurch in der Beziehung auf andere auf eine eigenthümliche Weise erhält,
die fremden in ihm gesetzten Einwirkungen nicht in sich gewähren läßt,
sondern seine eigene Bestimmungen in dem Anderen, - ob es dieß zwar
nicht von sich abhält, - geltend macht. Die mehr ruhenden
Bestimmtheiten, z. B. Figur, Gestalt, nennt man dagegen nicht wohl
Eigenschaften, auch etwa nicht Qualitäten, insofern sie als
veränderlich, mit dem Seyn nicht identisch vorgestellt werden.
Die Qualirung oder Inqualirung,
ein Ausdruck der Jacob-Böhmischen, einer in die Tiefe aber in eine
trübe Tiefe gehenden Philosophie, bedeutet die Bewegung einer Qualität
(der sauren, herben, feurigen u.s.f.) in ihr selbst, insofern sie in
ihrer negativen Natur (in ihrer Qual) sich aus anderem setzt
und befestigt, überhaupt die Unruhe ihrer an ihr selbst ist, nach der
sie nur im Kampfe sich hervorbringt und erhält.
An
dem Daseyn ist seine Bestimmtheit als Qualität unterschieden worden; an
dieser als daseyender ist der Unterschied, - der Realität und der
Negation. So sehr nun diese Unterschiede an dem Daseyn vorhanden sind,
so sehr sind sie auch nichtig und aufgehoben. Die Realität enthält
selbst die Negation, ist Daseyn, nicht unbestimmtes, abstraktes Seyn.
Ebenso ist die Negation Daseyn, nicht das abstraktseynsollende Nichts,
sondern hier gesetzt wie es an sich ist, als seyend, dem Daseyn
angehörig. So ist die Qualität überhaupt nicht vom Daseyn getrennt,
welches nur bestimmtes, qualitatives Seyn ist.
Dieses
Aufheben der Unterscheidung ist mehr als ein bloßes Zurücknehmen und
äußeres Wieder-Weglassen derselben oder als ein einfaches Zurückkehren
zum einfachen Anfange, dem Daseyn als solchem. Der Unterschied kann nicht weggelassen werden; denn er ist.
Das Faktische, was also vorhanden ist, ist das Daseyn überhaupt,
Unterschied an ihm, und das Aufheben dieses Unterschiedes; das Daseyn
nicht als unterschiedlos, wie Anfangs, sondern als wieder sich selbst gleich, durch Aufheben des Unterschieds, die Einfachheit des Daseyns vermittelt durch dieses Aufheben. Dieß Aufgehobenseyn des Unterschieds ist die eigne Bestimmtheit des Daseyns; so ist es Insichseyn; das Daseyn ist Daseyendes, Etwas.
Das Etwas ist die erste Negation der Negation, als einfache seyende Beziehung auf sich. Daseyn, Leben, Denken u.s.f. bestimmt sich wesentlich zum Daseyenden, Lebendigen, Denkenden
(Ich) u.s.f. Diese Bestimmung ist von der höchsten Wichtigkeit, um
nicht bei dem Daseyn, Leben, Denken u.s.f. auch nicht bei der Gottheit (statt Gottes), als Allgemeinheiten stehen zu bleiben. Etwas gilt der Vorstellung mit Recht als ein Reelles. Jedoch ist Etwas noch eine sehr oberflächliche Bestimmung; wie Realität und Negation,
das Daseyn und dessen Bestimmtheit zwar nicht mehr die leeren: Seyn und
Nichts, aber ganz abstrakte Bestimmungen sind. Deswegen sind sie auch
die gegenläufigsten Ausdrücke, und die philosophisch nicht gebildete
Reflexion gebraucht sie am meisten, gießt ihre Unterscheidungen darein,
und meint daran etwas recht gut und fest Bestimmtes zu haben. - Das
Negative des Negativen ist als Etwas nur der Anfang des
Subjekts; - das Insichseyn nur erst ganz unbestimmt. Es bestimmt sich
fernerhin zunächst als Fürsichseyendes und sofort bis es erst im
Begriff die konkrete Intensität des Subjekts erhält. Allen diesen
Bestimmungen liegt die negative Einheit mit sich zu Grunde. Aber dabei
ist die Negation als erste, als Negation überhaupt wohl zu unterscheiden von der zweiten, der Negation der Negation, welche die konkrete, absolute Negativität, wie jene erste dagegen nur die abstrakte Negativität ist.
Etwas ist seyend
als die Negation der Negation; denn diese ist das Wiederherstellen der
einfachen Beziehung auf sich; - aber ebenso ist damit Etwas, die Vermittelung seiner mit sich selbst.
Schon in dem Einfachen des Etwas, dann noch bestimmter im Fürsichseyn,
Subjekt u.s.f. ist die Vermittelung seiner mit sich selbst vorhanden,
bereits auch im Werden nur die ganz abstrakte Vermittelung; die
Vermittelung mit sich ist im Etwas gesetzt, insofern es als
einfaches Identisches bestimmt ist. - Auf das Vorhandenseyn der
Vermittelung überhaupt kann gegen das Princip der behaupteten bloßen
Unmittelbarkeit des Wissens, von welcher die Vermittelung
ausgeschlossen seyn solle, aufmerksam gemacht werden; aber es bedarf
weiterhin nicht besonders auf das Moment der Vermittelung aufmerksam zu
machen; denn es befindet sich überall und allenthalben, in jedem
Begriffe.
Diese Vermittelung mit sich, die Etwas an sich
ist, hat nur als Negation der Negation genommen, keine konkrete
Bestimmungen zu ihren Seiten; so fällt sie in die einfache Einheit
zusammen, welche Seyn ist. Etwas ist, und ist denn auch Daseyendes; es ist an sich ferner auch Werden, das aber nicht mehr nur Seyn und Nichts zu seinen Momenten hat. Das eine derselben, das Seyn, ist nun Daseyn und weiter Daseyendes. Das zweite ist ebenso ein Daseyendes, aber als Negatives des Etwas bestimmt, - ein Anderes. Das Etwas als Werden ist ein Uebergehen, dessen Momente selbst Etwas sind, und das darum Veränderung ist; - ein bereits konkret
gewordenes Werden. - Das Etwas aber verändert sich zunächst nur in
seinem Begriffe; es ist noch nicht so als vermittelnd und vermittelt gesetzt;
zunächst nur als sich in seiner Beziehung auf sich einfach erhaltend,
und das Negative seiner als ein ebenso qualitatives, nur ein Anderes überhaupt.
a. Etwas und
Anderes; sie sind zunächst gleichgültig gegeneinander; ein Anderes ist
auch ein unmittelbar Daseyendes, ein Etwas; die Negation fällt so außer
beiden. Etwas ist an sich gegen sein Seyn-für anderes. Aber die Bestimmtheit gehört auch seinem Ansich an, und ist
b. dessen Bestimmung, welche ebenso sehr in Beschaffenheit übergeht, die mit jener identisch das immanente und zugleich negirte Seyn-für-Anders, die Grenze des Etwas ausmacht, welche
c. die immanente Bestimmung des Etwas selbst, und dieses somit das Endliche ist.
In der ersten Abtheilung, worin das Daseyn überhaupt betrachtet wurde, hatte dieses als zunächst aufgenommen, die Bestimmung des Seyenden.
Die Momente seiner Entwicklung, Qualität und Etwas, sind darum ebenso
affirmativer Bestimmung. In dieser Abtheilung hingegen entwickelt sich
die negative Bestimmung, die im Daseyn liegt, welche dort nur erst
Negation überhaupt, erste Negation war, nun aber zu dem Puncte des In-sichseyns des Etwas, zur Negation der Negation bestimmt ist.
1. Etwas und Anderes sind beide erstens Daseyende oder Etwas.
Zweitens ist ebenso jedes ein Anderes. Es ist gleichgültig, welches zuerst und bloß darum Etwas genannt wird; (im Lateinischen, wenn sie in einem Satze vorkommen, heißen beide aliud , oder einer den andern, alius alium ; bei einer Gegenseitigkeit ist der Ausdruck: alter alterum
analog.) Wenn wir ein Daseyn A nennen, das andere aber B, so ist
zunächst B als das Andere bestimmt. Aber A ist ebenso sehr das Andere des B. Beide sind auf gleiche Weise Andere. Um den Unterschied und das als affirmativ zu nehmende Etwas zu fixiren, dient das Dieses. Aber Dieses
spricht eben es aus, daß dieß Unterscheiden und Herausheben des einen
Etwas ein subjektives, außerhalb des Etwas selbst fallendes Bezeichnen
ist. In dieses äußerliche Monstriren fällt die ganze Bestimmtheit;
selbst der Ausdruck: Dieses enthält keinen Unterschied; alle und jede Etwas sind gerade so gut Diese, als sie auch Andere sind. Man meint, durch: Dieses,
etwas vollkommen bestimmtes auszudrücken; es wird übersehen, daß die
Sprache, als Werk des Verstandes, nur Allgemeines ausspricht, außer in
dem Namen eines einzelnen Gegenstandes; der individuelle Name
ist aber ein Sinnloses in dem Sinne, daß er nicht ein Allgemeines
ausdrückt, und erscheint als ein bloß Gesetztes, Willkürliches aus
demselben Grunde, wie denn auch Einzelnamen willkürlich angenommen,
gegeben oder ebenso verändert werden können.
Es erscheint somit das Andersseyn als eine dem so bestimmten Daseyn fremde Bestimmung, oder das Andere außer dem einen Daseyn; Theils, daß ein Daseyn erst durch das Vergleichen
eines Dritten, Theils, daß es nur um des Anderen willen, das außer ihm
ist, als anderes bestimmt werde, aber nicht für sich so sey. Zugleich,
wie bemerkt worden, bestimmt sich jedes Daseyn, auch für die
Vorstellung, ebenso sehr als ein anderes Daseyn, so daß nicht ein
Daseyn bleibt, das nur als ein Daseyn bestimmt, das nicht außerhalb
eines Daseyns, also nicht selbst ein Anderes wäre.
Beide sind sowohl als Etwas als auch als Anderes bestimmt, hiermit dasselbe und es ist noch kein Unterschied derselben vorhanden. Diese Dieselbigkeit der Bestimmungen fällt aber ebenso nur in die äußere Reflexion, in die Vergleichung beider; aber wie das Andere zunächst gesetzt ist, so ist dasselbe für sich zwar in Beziehung auf das Etwas, aber auch für sich außerhalb desselben.
Drittens ist daher das Andere zu nehmen, als isolirt, in Beziehung auf sich selbst; abstrakt als das Andere, ... ... des Plato, der es als eins der Momente der Totalität, dem Einen entgegensetzt, und dem Anderen auf diese Weise eine eigne Natur zuschreibt. So ist das Andere
allein als solches gefaßt, nicht das Andere von Etwas, sondern das
Andere an ihm selbst, d. i. das Andere seiner selbst. - Solches seiner
Bestimmung nach Andere ist die physische Natur; sie ist das Andere des Geistes;
diese ihre Bestimmung ist so zunächst eine bloße Relativität, wodurch
nicht eine Qualität der Natur selbst, sondern nur eine ihr äußerliche
Beziehung ausgedrückt wird. Aber indem der Geist das wahrhafte Etwas,
und die Natur daher an ihr selbst nur das ist, was sie gegen den Geist
ist, so ist, insofern sie für sich genommen wird, ihre Qualität eben
dieß, das Andere an ihr selbst, das Außer-sich-seyende (in den Bestimmungen des Raumes, der Zeit, der Materie) zu seyn.
Das
Andere für sich ist das Andere an ihm selbst, hiermit das Andere seiner
selbst, so das Andere des Anderen, - also das in sich schlechthin
Ungleiche, sich Negirende, das sich Verändernde. Aber ebenso
bleibt es identisch mit sich, denn dasjenige, in welches es sich
veränderte, ist das Andere, das sonst weiter keine Bestimmung hat; aber
das sich Verändernde ist auf keine verschiedene Weise, sondern auf
dieselbe, ein Anderes zu seyn, bestimmt, es geht daher in demselben nur mit sich zusammen. So ist es gesetzt als in sich Reflektirtes mit Aufheben des Andersseyns; mit sich identisches
Etwas, von dem hiermit das Andersseyn, das zugleich Moment desselben
ist, ein Unterschiedenes, ihm nicht als Etwas selbst zukommendes ist.
2. Etwas erhält sich in seinem Nichtdaseyn; es ist wesentlich Eins mit ihm, und wesentlich nicht Eins mit ihm.
Es steht also in Beziehung auf sein Andersseyn; es ist nicht rein sein Andersseyn. Das Andersseyn ist zugleich in ihm enthalten, und zugleich noch davon getrennt; es ist Seyn-für-Anderes.
Daseyn
als solches ist Unmittelbares, Beziehungsloses; oder es ist in der
Bestimmung des Seyns. Aber Daseyn als das Nichtseyn in sich schließend,
ist bestimmtes, in sich verneintes Seyn, und dann zunächst Anderes, - aber weil es sich in seiner Verneinung zugleich auch erhält, nur Seyn-für-Anderes.
Es erhält sich in seinem Nichtdaseyn, und ist Seyn; aber nicht Seyn überhaupt, sondern als Beziehung auf sich gegen seine Beziehung auf Anderes, als Gleichheit mit sich gegen seine Ungleichheit. Ein solches Seyn ist Ansichseyn.
Seyn-für-Anderes und Ansichseyn machen die zwei Momente des Etwas aus. Es sind zwei Paare von Bestimmungen, die hier vorkommen: 1) Etwas und Anderes. 2) Seyn-für-Anderes, und Ansichseyn.
Die erstern enthalten die Beziehungslosigkeit ihrer Bestimmtheit; Etwas
und Anderes fallen auseinander. Aber ihre Wahrheit ist ihre Beziehung;
das Seyn-für-Anderes und das Ansichseyn sind daher jene Bestimmungen
als Momente Eines und desselben gesetzt, als Bestimmungen,
welche Beziehungen sind und in ihrer Einheit, in der Einheit des
Daseyns bleiben. Jedes selbst enthält damit an ihm zugleich auch sein
von ihm verschiedenes Moment.
Seyn
und Nichts in ihrer Einheit, welche Daseyn ist, sind nicht mehr als
Seyn und Nichts; - dieß sind sie nur außer ihrer Einheit; so in ihrer
unruhigen Einheit, im Werden, sind sie Entstehen und Vergehen. - Seyn
im Etwas ist Ansichseyn. Seyn, die Beziehung auf sich, die Gleichheit
mit sich, ist jetzt nicht mehr unmittelbar, sondern Beziehung auf sich
nur als Nichtseyn des Andersseyns, (als in sich reflektirtes Daseyn). -
Eben so ist Nichtseyn als Moment des Etwas in dieser Einheit des Seyns und Nichtseyns, nicht Nichtdaseyn überhaupt, sondern Anderes, und bestimmter nach der Unterscheidung des Seyns von ihm zugleich, Beziehung auf sein Nichtdaseyn, Seyn-für-Anderes.
Somit ist Ansichseyn erstlich negative Beziehung auf das Nichtdaseyn, es hat das Andersseyn außer ihm und ist demselben entgegen; insofern Etwas an sich
ist, ist es dem Anders-seyn und dem Seyn-für-Anderes entnommen. Aber
zweitens hat es das Nichtseyn auch selbst an ihm; denn es selbst ist das Nicht-seyn des Seyns-für Anderes.
Das Seyn-für-Anderes
aber ist erstlich Negation der einfachen Beziehung des Seyns auf sich,
die zunächst Daseyn und Etwas seyn soll; insofern Etwas in einem
Anderen oder für ein Anderes ist, entbehrt es des eigenen Seyns. Aber
zweitens ist es nicht das Nichtdaseyn als reines Nichts; es ist
Nichtdaseyn, das auf das Ansichseyn als auf sein in sich reflektirtes
Seyn hinweist, so wie umgekehrt das Ansichseyn auf das Seyn-für-Anderes
hinweist.
Beide Momente sind Bestimmungen eines und des selben, nämlich des Etwas. Ansich
ist Etwas, insofern es aus dem Seyn-für-Anderes heraus, in sich
zurückgekehrt ist. Etwas hat aber auch eine Bestimmung oder Umstand an sich (hier fällt der Accent auf an) oder an ihm, insofern dieser Umstand äußerlich an ihm, ein Seyn-für-Anderes ist.
Dieß führt zu einer weitern Bestimmung. Ansichseyn und Seyn-für-Anderes sind zunächst verschieden; aber daß Etwas dasselbe, was es an sich ist, auch an ihm
hat, und umgekehrt, was es als Seyn-für-Anderes ist, auch an sich ist,
- dieß ist die Identität des Ansichseyns und Seyns-für-Anderes, nach
der Bestimmung, daß das Etwas selbst ein und dasselbe beider Momente
ist, sie also ungetrennt in ihm sind. - Es ergiebt sich formell diese
Identität schon in der Sphäre des Daseyns, aber ausdrücklicher in der
Betrachtung des Wesens und dann des Verhältnisses der Innerlichkeit und Aeußerlichkeit, und am bestimmtesten in der Betrachtung der Idee, als der Einheit des Begriffs und der Wirklichkeit . - Man meint, mit dem Ansich etwas Hohes zu sagen, wie mit dem Inneren; was aber Etwas nur ansich ist, ist auch nur an ihm; ansich ist eine nur abstrakte, damit selbst äußerliche Bestimmung. Die Ausdrücke: es ist nichts an ihm, oder es ist etwas daran, enthalten, obgleich etwa dunkel, daß das, was an einem ist, auch zu seinem Ansichseyn, seinem inneren wahrhaften Werthe gehöre.
Es kann bemerkt werden, daß sich hier der Sinn des Dings-an-sich
ergiebt, das eine sehr einfache Abstraktion ist, aber eine Zeitlang
eine sehr wichtige Bestimmung, gleichsam etwas Vornehmes, so wie, der
Satz, daß wir nicht wissen, was die Dinge an sich sind, eine
vielgeltende Weisheit war. - Die Dinge heißen an-sich, insofern von
allem Seyn-für-Anderes abstrahirt wird, das heißt überhaupt, insofern
sie ohne alle Bestimmung, als Nichtse gedacht werden. In diesem Sinn
kann man freilich nicht wissen, was das Ding-an-sich ist. Denn die Frage: was? verlangt, daß Bestimmungen angegeben werden; indem aber die Dinge, von denen sie anzugeben verlangt würde, zugleich Dinge-an-sich
seyn sollen, das heißt eben ohne Bestimmung, so ist in die Frage
gedankenloserweise die Unmöglichkeit der Beantwortung gelegt, oder man
macht nur eine widersinnige Antwort. - Das Ding-an-sich ist dasselbe,
was jenes Absolute, von dem man nichts weiß, als daß Alles eins in ihm
ist. Man weiß daher sehr wohl, was an diesen Dingen-an-sich ist; sie
sind als solche nichts als Wahrheitslose, leere Abstraktionen. Was aber
das Ding-an-sich in Wahrheit ist, was wahrhaft an sich ist, davon ist
die Logik die Darstellung, wobei aber unter Ansich etwas
Besseres als die Abstraktion verstanden wird, nämlich was etwas in
seinem Begriffe ist; dieser aber ist konkret in sich, als Begriff
überhaupt begreiflich, und als bestimmt und Zusammenhang seiner Bestimmungen in sich erkennbar.
Das Ansichseyn hat zunächst das Seyn-für-Anderes zu seinem gegenüberstehenden Momente; aber es wird demselben auch das Gesetztseyn
gegenübergestellt; in diesem Ausdruck liegt zwar auch das
Seyn-für-Anderes, aber er enthält bestimmt die bereits geschehene
Zurückbeugung dessen, was nicht an sich ist, in das, was sein
Ansichseyn, worin es positiv ist. Das Ansichseyn ist gewöhnlich als eine abstrakte Weise den Begriff auszudrücken zu nehmen; Setzen fällt eigentlich erst in die Sphäre des Wesens, der objektiven Reflexion; der Grund setzt das, was durch ihn begründet wird; die Ursache noch mehr bringt eine Wirkung hervor, ein Daseyn, dessen Selbstständigkeit unmittelbar negirt ist und das den Sinn an ihm hat, in einem anderen seine Sache, sein Seyn zu haben. In der Sphäre des Seyns geht
das Daseyn aus dem Werden nur hervor, oder mit dem Etwas ist ein
Anderes, mit dem Endlichen das Unendliche gesetzt, aber das Endliche
bringt das Unendliche nicht hervor, setzt dasselbe nicht. In der Sphäre des Seyns ist das Sich-bestimmen
des Begriffs selbst nur erst an sich, so heißt es ein Uebergehen; auch
die reflektirenden Bestimmungen des Seyns, wie Etwas und Anderes, oder
das Endliche und Unendliche, ob sie gleich wesentlich auf einander
hinweisen, oder als Seyn-für-Anderes sind, gelten als qualitative für sich bestehend; das Andere ist, das Endliche gilt ebenso als unmittelbar seyend
und für sich feststehend, wie das Unendliche; ihr Sinn erscheint als
vollendet auch ohne ihr Anderes. Das Positive und Negative hingegen,
Ursache und Wirkung, so sehr sie auch als isolirt seyend genommen
werden, haben zugleich keinen Sinn ohne einander; es ist an ihnen selbst
ihr Scheinen in einander, das Scheinen seines Anderen in jedem,
vorhanden. - In den verschiedenen Kreisen der Bestimmung und besonders
im Fortgange der Exposition, oder näher im Fortgange des Begriffs zu seiner Exposition ist es eine Hauptsache, dieß immer wohl zu unterscheiden, was noch an sich und was gesetzt
ist, wie die Bestimmungen als im Begriffe und wie sie als gesetzt oder
als seyend-für-Anderes sind. Es ist dieß ein Unterschied, der nur der
dialektischen Entwickelung angehört, den das metaphysische
Philosophiren, worunter auch das kritische gehört, nicht kennt; die
Definitionen der Metaphysik, wie ihre Voraussetzungen, Unterscheidungen
und Folgerungen, wollen nur Seyendes und zwar Ansichseyendes behaupten und hervorbringen.
Das Seyn-für-Anderes ist in der Einheit des Etwas mit sich, identisch mit seinem Ansich; das Seyn-für-Anderes ist so am Etwas. Diese in sich reflektirte Bestimmtheit ist damit wieder einfache seyende, somit wieder eine Qualität, - die Bestimmung.
Das Ansich,
in welches das Etwas aus seinem Seyn-für-Anderes in sich reflektirt
ist, ist nicht mehr abstraktes Ansich, sondern als Negation seines
Seyns-für-Anderes durch dieses vermittelt, welches so sein Moment ist.
Es ist nicht nur die unmittelbare Identität des Etwas mit sich, sondern
die, durch welche das Etwas das, was es an sich ist, auch an ihm ist; das Seyn-für-Anderes ist an ihm, weil das Ansich das Aufheben desselben ist, aus demselben
in sich ist; aber ebenso sehr auch schon, weil es abstrakt, also
wesentlich mit Negation, mit Seyn-für-Anderes behaftet ist. Es ist hier
nicht nur Qualität und Realität, seyende Bestimmtheit, sondern an-sich-seyende Bestimmtheit vorhanden, und die Entwickelung ist, sie als diese in sich reflektirte Bestimmtheit zu setzen.
1. Die Qualität, die das Ansich im einfachen Etwas wesentlich in Einheit mit dessen anderen Momente, dem An-ihm-Seyn, ist, kann seine Bestimmung genannt werden, insofern dieses Wort in genauerer Bedeutung von Bestimmtheit
überhaupt unterschieden wird. Die Bestimmung ist die affirmative
Bestimmtheit, als das Ansichseyn, dem das Etwas in seinem Daseyn gegen
seine Verwicklung mit Anderem, wo von es bestimmt würde, gemäß bleibt,
sich in seiner Gleichheit mit sich erhält, sie in seinem
Seyn-für-Anderes geltend macht. Es erfüllt seine Bestimmung,
insofern die weitere Bestimmtheit, welche zunächst durch sein Verhalten
zu Anderem mannigfaltig erwächst, seinem Ansichseyn gemäß, seine Fülle
wird. Die Bestimmung enthält dieß, daß was Etwas an sich ist, auch an ihm sey.
Die Bestimmung des Menschen ist die denkende Vernunft: Denken überhaupt ist seine einfache Bestimmtheit, er ist durch dieselbe von dem Thiere unterschieden; er ist Denken an sich,
insofern dasselbe auch von seinem Seyn-für-Anderes, seiner eigenen
Natürlichkeit und Sinnlichkeit, wodurch er unmittelbar mit Anderem
zusammenhängt, unterschieden ist. Aber das Denken ist auch an ihm; der Mensch selbst ist Denken, er ist da
als denkend, es ist seine Existenz und Wirklichkeit; und ferner indem
es in seinem Daseyn, und sein Daseyn im Denken ist, ist es konkret, ist mit Inhalt und Erfüllung zu nehmen, es ist denkende Vernunft, und so ist es Bestimmung des Menschen. Aber selbst diese Bestimmung ist wieder nur an sich, als ein Sollen, d. i. sie mit der Erfüllung, die ihrem Ansich einverleibt ist, in der Form des Ansich überhaupt, gegen das ihr nicht einverleibte Daseyn, das zugleich noch als äußerlich gegenüberstehende, unmittelbare Sinnlichkeit und Natur ist.
2.
Die Erfüllung des Ansichseyns mit Bestimmtheit ist auch unterschieden
von der Bestimmtheit, die nur Seyn-für-Anderes ist und außer der
Bestimmung bleibt. Denn im Felde des Qualitativen bleibt den
Unterschieden in ihrem Aufgehobenseyn auch das unmittelbare,
qualitative Seyn gegeneinander. Das, was das Etwas an ihm hat, theilt sich so, und ist nach dieser Seite äußerliches Daseyn des Etwas, das auch sein Daseyn ist, aber nicht seinem Ansichseyn angehört. - Die Bestimmtheit ist so Beschaffenheit.
So
oder anders beschaffen, ist Etwas als in äußerem Einfluß und
Verhältnissen begriffen. Diese äußerliche Beziehung, von der die
Beschaffenheit abhängt, und das Bestimmtwerden durch ein Anderes,
erscheint als etwas Zufälliges. Aber es ist Qualität des Etwas, dieser
Aeußerlichkeit preisgegeben zu seyn und eine Beschaffenheit zu haben.
Insofern
Etwas sich verändert, so fällt die Veränderung in die Beschaffenheit;
sie ist am Etwas das, was ein Anderes wird. Es selbst erhält sich in
der Veränderung, welche nur diese unstäte Oberfläche seines
Andersseyns, nicht seine Bestimmung trifft.
Bestimmung
und Beschaffenheit sind so von einander unterschieden; Etwas ist seiner
Bestimmung nach gleichgültig gegen seine Beschaffenheit. Das aber, was
Etwas an ihm hat, ist die sie beide verbindende Mitte dieses Schlusses. Das Am Etwas
seyn zeigte sich aber vielmehr in jene beide Extreme zu zerfallen. Die
einfache Mitte ist die Bestimmtheit als solche; ihrer Identität gehört
sowohl Bestimmung als Beschaffenheit an. Aber die Bestimmung geht für
sich selbst in Beschaffenheit und diese in jene über. Dieß liegt im
Bisherigen; der Zusammenhang ist näher dieser: Insofern das, was Etwas an sich ist, auch an ihm
ist, ist es mit Seyn-für-Anderes behaftet; die Bestimmung ist damit als
solche offen dem Verhältniß zu Anderem. Die Bestimmtheit ist zugleich
Moment, enthält aber zugleich den qualitativen Unterschied, vom
Ansichseyn verschieden, das Negative des Etwas, ein anderes Daseyn zu
seyn. Die so das Andere in sich fassende Bestimmtheit mit dem
Ansichseyn vereinigt bringt das Andersseyn in das Ansichseyn oder in
die Bestimmung hinein, welche dadurch zur Beschaffenheit herabgesetzt
ist. Umgekehrt das Seyn-für-Anders als Beschaffenheit isolirt und für
sich gesetzt ist es an ihm dasselbe, was das Andere als solches, das Andere an ihm selbst d. i. seiner selbst ist; so ist es aber sich auf sich beziehendes Daseyn, so Ansichseyn mit einer Bestimmtheit, also Bestimmung. - Es hängt
hiermit, insofern beide auch außereinander zu halten sind, die
Beschaffenheit, die in einem Aeußerlichen, einem Anderen überhaupt
gegründet erscheint, auch von der Bestimmung ab, und das fremde
Bestimmen ist durch die eigene, immanente des Etwas zugleich bestimmt.
Aber ferner gehört die Beschaffenheit zu dem, was das Etwas an sich
ist; mit seiner Beschaffenheit ändert sich Etwas.
Diese
Aenderung des Etwas ist nicht mehr die erste Veränderung des Etwas bloß
nach seinem Seyn-für-Anderes; jene erste war nur die an sich seyende,
dem innern Begriffe angehörige Veränderung; die Veränderung ist nunmehr
auch die am Etwas gesetzte. - Das Etwas selbst ist weiter bestimmt, und
die Negation als ihm immanent gesetzt, als sein entwickeltes Insichseyn.
Zunächst
ist das Uebergehen der Bestimmung und Beschaffenheit ineinander das
Aufheben ihres Unterschiedes, damit ist das Daseyn oder Etwas überhaupt
gesetzt; und, indem es aus jenem Unterschiede resultirt, der das
qualitative Andersseyn ebenso in sich befaßt, sind Zwei Etwas, aber
nicht nur Andere gegen einander überhaupt, so daß diese Negation noch
abstrakt wäre und nur in die Vergleichung fiele, sondern sie ist
nunmehr den Etwas immanent. Sie sind als daseyend gleichgültig gegeneinander, aber diese ihre Affirmation ist nicht mehr unmittelbare, jedes bezieht sich auf sich selbst vermittelst des Aufhebens des Andersseyns, welches in der Bestimmung in das Ansichseyn reflektirt ist.
Etwas verhält sich so aus sich selbst
zum Anderen, weil das Andersseyn als sein eigenes Moment in ihm gesetzt
ist, sein Insichseyn befaßt die Negation in sich, vermittelst deren
überhaupt es nun sein affirmatives Daseyn hat. Aber von diesem
ist das Andere auch qualitativ unterschieden, es ist hiermit außer dem
Etwas gesetzt. Die Negation seines Anderen ist nur die Qualität des
Etwas, denn als dieses Aufheben seines Anderen ist es Etwas. Damit
tritt erst eigentlich das Andere einem Daseyn selbst gegenüber; dem
ersten Etwas ist das Andere nur äußerlich gegenüber, oder aber indem
sie in der That schlechthin, d. i. ihrem Begriffe nach zusammenhängen,
ist ihr Zusammenhang dieser, daß das Daseyn in Andersseyn, Etwas in
Anderes übergegangen, Etwas sosehr als das Andere, ein Anderes
ist. Insofern nun das Insichseyn das Nichtseyn des Andersseyns, welches
in ihm enthalten, aber Zugleich als seyend unterschieden, ist das Etwas
selbst, die Negation, das Aufhören eines Anderen an ihm; es ist
als sich negativ dagegen verhaltend und sich damit erhaltend gesetzt; -
dieß Andere, das Insichseyn des Etwas als Negation der Negation ist
sein Ansichseyn, und zugleich ist dieß Aufheben als einfache
Negation an ihm, nämlich als seine Negation des ihm äußerlichen anderen
Etwas. Es ist Eine Bestimmtheit derselben, welche sowohl mit
dem Insichseyn der Etwas identisch, als Negation der Negation, als auch
indem diese Negationen als andere Etwas gegeneinander sind, sie aus
ihnen selbst zusammenschließt und ebenso von einander, jedes das Andere
negirend, abscheidet, - die Grenze.
3. Seyn-für-Anderes ist unbestimmte, affirmative Gemeinschaft von Etwas mit seinem Anderen; in der Grenze hebt sich das Nichtseyn-für-Anderes
hervor, die qualitative Negation des Anderen, welches dadurch von dem
in sich reflektirten Etwas abgehalten wird. Die Entwickelung dieses
Begriffs ist zu sehen, welche sich aber vielmehr als Verwicklung und
Widerspruch zeigt. Dieser ist sogleich darin vorhanden, daß die Grenze
als in sich reflektirte Negation des Etwas die Momente des Etwas und
des Anderen in ihr ideell enthält, und diese als unterschiedene Momente zugleich in der Sphäre des Daseyns als reell, qualitativ unterschieden gesetzt sind.
à.
Etwas also ist unmittelbares sich auf sich beziehendes Daseyn und hat
eine Grenze zunächst als gegen Anderes; sie ist das Nichtseyn des
Anderen, nicht des Etwas selbst; es begrenzt in ihr sein Anderes. -
Aber das Andere ist selbst ein Etwas überhaupt; die Grenze also, welche
das Etwas gegen das Andere hat, ist auch Grenze des Anderen als Etwas,
Grenze desselben, wodurch es das erste Etwas als sein Anderes von sich abhält, oder ist ein Nichtseyn jenes Etwas; so ist sie nicht nur Nichtseyn des Andern, sondern des einen wie des anderen Etwas, somit des Etwas überhaupt.
Aber
sie ist wesentlich ebenso das Nichtseyn des Anderen, so ist Etwas
zugleich durch seine Grenze. Indem Etwas begrenzend ist, wird es zwar
dazu herabgesetzt, selbst begrentzt zu seyn; aber seine Grenze ist, als
Aufhören des Anderen an ihm, zugleich selbst nur das Seyn des Etwas; dieses ist durch sie das, was es ist, hat in ihr seine Qualität. - Dieß Verhältniß ist die äußere Erscheinung dessen, daß die Grenze einfache Negation oder die erste Negation, das Andere aber zugleich die Negation der Negation, das Insichseyn des Etwas, ist.
Etwas ist also als unmittelbares Daseyn die Grenze gegen anderes Etwas, aber es hat sie an ihm selbst
und ist Etwas durch die Vermittelung derselben, die ebenso sehr sein
Nichtseyn ist. Sie ist die Vermittelung, wodurch Etwas und Anderes sowohl ist, als nicht ist.
ß. Insofern nun Etwas in seiner Grenze ist und nicht
ist, und diese Momente ein unmittelbarer, qualitativer Unterschied
sind, so fällt das Nichtdaseyn und das Daseyn des Etwas außer einander.
Etwas hat sein Daseyn außer (oder wie man es sich auch vorstellt, innerhalb) seiner Grenze; eben so ist auch das Andere, weil es Etwas ist, außerhalb derselben. Sie ist die Mitte zwischen beiden, in der sie aufhören. Sie haben das Daseyn jenseits von einander von ihrer Grenze; die Grenze als das Nichtseyn eines jeden ist das Andere von beiden.
- Nach dieser Verschiedenheit des Etwas von seiner Grenze, erscheint die Linie als Linie nur außerhalb ihrer Grenze, des Punktes; die Fläche als Fläche außerhalb der Linie; der Körper
als Körper nur außerhalb seiner begrenzenden Fläche. - Dieß ist die
Seite, von welcher die Grenze zunächst in die Vorstellung, - das
Außersichseyn des Begriffes, - fällt, als vornehmlich auch in den
räumlichen Gegenständen genommen wird.
y.
Ferner aber ist das Etwas, wie es außer der Grenze ist, das unbegrenzte
Etwas, nur das Daseyn überhaupt. So ist es nicht von seinem Anderen
unterschieden; es ist nur Daseyn, hat also mit seinem Anderen dieselbe
Bestimmung, jedes ist nur Etwas überhaupt oder jedes ist Anderes; beide
sind so Dasselbe. Aber dieß ihr zunächst unmittelbares Daseyn
ist nun gesetzt mit der Bestimmtheit als Grenze, in welcher beide sind,
was sie sind, unterschieden von einander. Sie ist aber ebenso ihre gemeinschaftliche
Unterschiedenheit, die Einheit und Unterschiedenheit derselben, wie das
Dasein. Diese doppelte Identität beider, das Daseyn und die Grenze
enthält dieß, daß das Etwas sein Daseyn nur in der Grenze hat, und daß,
indem die Grenze und das unmittelbare Daseyn beide zugleich das
Negative von einander sind, das Etwas, welches nur in seiner Grenze
ist, eben so sehr sich von sich selbst trennt und über sich hinaus auf
sein Nichtseyn weißt und dieß als sein Seyn ausspricht, und so in
dasselbe übergeht. Um dieß auf das vorige Beispiel anzuwenden, so ist
die eine Bestimmung, daß Etwas, das was es ist, nur in seiner Grenze
ist; - so ist also der Punkt nicht nur so Grenze der Linie, daß diese in ihm nur aufhört und sie als Daseyn außer ihm ist; - die Linie nicht nur so Grenze der Fläche, daß diese in der Linie nur aufhört, ebenso die Fläche als Grenze des Körpers. Sondern im Punkte fängt die Linie auch an;
er ist ihr absoluter Anfang, auch insofern sie als nach ihren beiden
Seiten unbegrenzt, oder wie man es ausdrückt, als ins Unendliche
verlängert vorgestellt wird, macht der Punkt ihr Element aus, wie die Linie das Element der Fläche, die Fläche das des Körpers. Diese Grenzen sind Princip dessen, das sie begrenzen; wie das Eins, z. B. als Hundertstes, Grenze ist, aber auch Element des ganzen Hundert.
Die andere Bestimmung ist die Unruhe des Etwas in seiner Grenze, in der es immanent ist, der Widerspruch
zu seyn, der es über sich selbst hinausschickt. So ist der Punkt, diese
Dialektik seiner selbst, zur Linie zu werden, die Linie die Dialektik,
zur Fläche, die Fläche die zum totalen Raume zu werden. Von Linie,
Fläche, und ganzem Raum wird eine zweite Definition so gegeben, daß
durch die Bewegung des Punktes die Linie, durch die Bewegung der Linie die Fläche entsteht u.s.f. Diese Bewegung
des Punkts, der Linie u.s.f. wird aber als etwas Zufälliges oder nur so
Vorgestelltes angesehen. Dieß ist jedoch eigentlich darin
zurückgenommen, daß die Bestimmungen, aus denen Linie u.s.f. entstehen
sollen, ihre Elemente und Principien seyen, und diese
sind nichts anderes als zugleich ihre Grenzen; das Entstehen wird so
nicht für zufällig oder nur so vorgestellt, betrachtet. Daß Punkt,
Linie, Fläche, für sich, sich widersprechend, Anfänge sind, welche
selbst sich von sich abstossen, und der Punkt somit aus sich durch
seinen Begriff in die Linie übergeht, sich an sich bewegt und
sie entstehen macht, u.s.f. - liegt in dem Begriffe der dem Etwas
immanenten Grenze. Die Anwendung jedoch selbst gehört in die
Betrachtung des Raums; um sie hier anzudeuten, so ist der Punkt die
ganz abstrakte Grenze, aber in einem Daseyn; dieses ist noch ganz
unbestimmt genommen, es ist der sogenannte absolute, d. h. abstrakte Raum, das schlechthin kontinuirliche Außereinanderseyn. Damit daß die Grenze s nicht abstrakte Negation, sondern in diesem Daseyn, daß sie räumliche
Bestimmtheit ist, ist der Punkt räumlich, der Widerspruch der
abstrakten Negation und der Kontinuität und damit das Uebergehen und
Uebergegangenseyn in Linie u.s.f. wie es denn keinen Punkt giebt, wie auch nicht eine Linie und Fläche.
Etwas
mit seiner immanenten Grenze gesetzt als der Widerspruch seiner selbst,
durch den es über sich hinausgewiesen und getrieben wird, ist das Endliche.
Das
Daseyn ist bestimmt; Etwas hat eine Qualität, und ist in ihr nicht nur
bestimmt, sondern begrenzt; seine Qualität ist seine Grenze, mit
welcher behaftet, es zunächst affirmatives, ruhiges Daseyn bleibt. Aber
diese Negation entwickelt, so daß der Gegensatz seines Daseyns und der
Negation als ihm immanenter Grenze selbst das Insichseyn des Etwas, und
dieses somit nur Werden an ihm selbst sey, macht seine Endlichkeit aus.
Wenn wir von den Dingen sagen, sie sind endlich, so wird darunter
verstanden, daß sie nicht nur eine Bestimmtheit haben, die Qualität
nicht nur als Realität und ansichseyende Bestimmung, daß sie nicht blos
begrenzt sind, sie haben so noch Daseyn außer ihrer Grenze, - sondern
daß vielmehr das Nichtseyn ihre Natur, ihr Seyn, ausmacht. Die
endlichen Dinge sind, aber ihre Beziehung auf sich selbst ist, daß sie als negativ sich auf sich selbst beziehen, eben in dieser Beziehung auf sich selbst sich über sich, über ihr Seyn, hinauszuschicken. Sie sind, aber die Wahrheit dieses Seyns ist ihr Ende.
Das Endliche verändert sich nicht nur, wie Etwas überhaupt, sondern es
vergeht, und es ist nicht bloß möglich, daß es vergeht, so daß es seyn
könnte, ohne zu vergehen. Sondern das Seyn der endlichen Dinge als
solches ist, den Keim des Vergehens als ihr Insichseyn zu haben, die Stunde ihrer Geburt ist die Stunde ihres Todes.
Der
Gedanke an die Endlichkeit der Dinge führt diese Trauer mit sich, weil
sie die auf die Spitze getriebene qualitative Negation ist, in der
Einfachheit solcher Bestimmung ihnen nicht mehr ein affirmatives Seyn unterschieden
von ihrer Bestimmung zum Untergange gelassen ist. Die Endlichkeit ist
um dieser qualitativen Einfachheit der Negation, die zum abstrakten
Gegensatze des Nichts und Vergehens gegen das Seyn zurückgegangen ist,
die hartnäckigste Kategorie des Verstandes; die Negation überhaupt,
Beschaffenheit, Grenze vertragen sich mit ihrem Anderen, dem Daseyn;
auch das abstrakte Nichts wird für sich als Abstraktion aufgegeben;
aber Endlichkeit ist die als an sich fixirte Negation, und
steht daher seinem Affirmativen schroff gegenüber. Das Endliche läßt
sich so in Fluß wohl bringen, es ist selbst dieß, zu seinem Ende
bestimmt zu seyn, aber nur zu seinem Ende; - es ist vielmehr das
Verweigern, sich zu seinem Affirmativen, dem Unendlichen hin affirmativ
bringen, mit ihm sich verbinden zu lassen; es ist also untrennbar von
seinem Nichts gesetzt, und alle Versöhnung mit seinem Anderen, dem
Affirmativen, dadurch abgeschnitten. Die Bestimmung der endlichen Dinge
ist nicht eine weitere als ihr Ende. Der Verstand verharrt in
dieser Trauer der Endlichkeit, indem er das Nichtseyn zur Bestimmung
der Dinge, es zugleich unvergänglich und absolut macht. Ihre
Vergänglichkeit könnte nur in ihrem Anderen, dem Affirmativen,
vergehen; so trennte sich ihre Endlichkeit von ihnen ab; aber sie ist
ihre unveränderliche, d. i. nicht in ihr Anderes d. i. nicht in ihr
Affirmatives übergehende Qualität, so ist sie ewig.
Dieß ist eine sehr wichtige Betrachtung daß aber das Endliche absolut sey, solchen Standpunkt wird sich freilich irgend
eine Philosophie oder Ansicht oder der Verstand nicht aufbürden lassen
wollen; vielmehr ist das Gegentheil ausdrücklich in der Behauptung des
Endlichen vorhanden; das Endliche ist das Beschränkte, Vergängliche;
das Endliche ist nur das Endliche, nicht das Unvergängliche;
dieß liegt unmittelbar in seiner Bestimmung und Ausdruck. Aber es kommt
darauf an, ob in der Ansicht beim Seyn der Endlichkeit beharrt wird, die Vergänglichkeit bestehen bleibt, oder ob die Vergänglichkeit und das Vergehen vergeht?
Daß dieß aber nicht geschieht, ist das Faktum eben in derjenigen
Ansicht des Endlichen, welche das Vergehen zum Letzten des Endlichen
macht. Es ist die ausdrückliche Behauptung, daß das Endliche mit dem
Unendlichen unverträglich und unvereinbar sey, das Endliche dem
Unendlichen schlechthin entgegen gesetzt sey. Dem Unendlichen ist Seyn,
absolutes Seyn zugeschrieben; ihm gegenüber bleibt so das Endliche
festgehalten, als das Negative desselben; unvereinbar mit dem
Unendlichen bleibt es absolut auf seiner eigenen Seite; Affirmation
erhielte es von Affirmativen, dem Unendlichen und verginge so; aber
eine Vereinigung mit demselben ist das, was für das Unmögliche erklärt
wird. Soll es nicht beharren dem Unendlichen gegenüber, sondern
vergehen, so ist, wie vorhin gesagt, eben sein Vergehen das Letzte,
nicht das Affirmative, welches nur das Vergeben des Vergehens seyn
würde. Sollte aber das Endliche nicht im Affirmativen vergehen, sondern
sein Ende als das Nichts gefaßt werden, so wären wir wieder bei jenem
ersten, abstrakten Nichts, das selbst längst vergangen ist.
Bei diesem Nichts jedoch, welches nur
Nichts seyn soll und dem zugleich eine Existenz, im Denken, Vorstellen
oder Sprechen zugegeben wird, kommt derselbe Widerspruch vor, als so
eben bei dem Endlichen, angegeben worden, nur daß er dort nur vorkommt, aber in der Endlichkeit ausdrücklich ist. Dort erscheint er als subjektiv, hier wird behauptet, das Endliche stehe perennirend dem Unendlichen entgegen, das an sich Nichtige sey,
und es sey als an sich Nichtiges. Dieß ist zum Bewußtseyn zu bringen;
und die Entwickelung des Endlichen zeigt, daß es an ihm als dieser
Widerspruch in sich zusammenfällt, aber ihn dahin wirklich auflöst,
nicht daß es nur vergänglich ist und vergeht, sondern daß das Vergehen,
das Nichts, nicht das Letzte ist, sondern vergeht.
Dieser Widerspruch ist zwar abstrakt sogleich darin vorhanden, daß das Etwas endlich ist, oder daß das Endliche ist. Aber Etwas
oder das Seyn ist nicht mehr abstrakt gesetzt, sondern in sich
reflektirt, und entwickelt als Insichseyn, das eine Bestimmung und
Beschaffenheit an ihm hat, und noch bestimmter, daß es eine Grenze an
ihm hat, welche als das dem Etwas immanente und die Qualität seines
Insichseyns ausmachend, die Endlichkeit ist. In diesem Begriffe des
endlichen Etwas ist zu sehen, was für Momente enthalten sind.
Bestimmung und Beschaffenheit ergaben sich als Seiten für die äußerliche Reflexion; jene enthielt aber schon das Andersseyn als dem Ansich
des Etwas angehörig; die Aeußerlichkeit des Andersseyns ist einer Seits
in der eigenen Innerlichkeit des Etwas, andererseits bleibt sie als
Aeußerlichkeit unterschieden davon, sie ist noch Aeußerlichkeit als
solche, aber an dem Etwas. Indem aber ferner das Andersseyn als Grenze,
selbst als Negation der Negation, bestimmt ist, so ist das dem Etwas
immanente Andersseyn, als die Beziehung der beiden Seiten gesetzt, und
die Einheit des Etwas mit sich, dem sowohl die Bestimmung als die
Beschaffenheit angehört, seine gegen sich selbst gekehrte Beziehung,
die seine immanente Grenze in ihm negirende Beziehung seiner an sich
seyenden Bestimmung darauf. Das mit sich identische Insichseyn bezieht
sich so auf sich selbst als sein eigenes Nichtseyn, aber als Negation
der Negation, als dasselbe negirend, das
zugleich Daseyn in ihm behält, denn es ist die Qualität seines
Insichseyns. Die eigene Grenze des Etwas, so von ihm als ein Negatives,
das zugleich wesentlich ist, gesetzt, ist nicht nur Grenze als solche,
sondern Schranke. Aber die Schranke ist nicht allein das als
negirt gesetzte; die Negation ist zweischneidig, indem das von ihr als
negirt Gesetzte, die Grenze ist; diese nämlich ist überhaupt das
Gemeinschaftliche des Etwas und des Anderen, auch Bestimmtheit des Ansichseyns
der Bestimmung als solcher. Dieses Ansichseyn hiermit ist als die
negative Beziehung auf seine von ihm auch unterschiedene Grenze, auf
sich als Schranke, Sollen.
Daß die Grenze, die am Etwas überhaupt ist, Schranke sey, muß es zugleich in sich selbst über sie hinausgehen, sich an ihm selbst auf sie als auf ein Nichtseyendes
beziehen. Das Daseyn des Etwas liegt ruhig gleichgültig, gleichsam
neben seiner Grenze. Etwas geht aber über seine Grenze nur hinaus,
insofern es deren Aufgehobenseyn, das gegen sie negative Ansichseyn
ist. Und indem sie in der Bestimmung selbst als Schranke ist, geht Etwas damit über sich selbst hinaus.
Das Sollen enthält also die verdoppelte Bestimmung, einmal sie als an sich seyende Bestimmung gegen die Negation, das andere Mal aber dieselbe als ein Nichtseyn, das als Schranke von ihr unterschieden, aber zugleich selbst ansichseyende Bestimmung ist.
Das Endliche hat sich so als die Beziehung seiner Bestimmung auf seine Grenze bestimmt; jene ist in dieser Beziehung Sollen, diese ist Schranke.
Beide sind so Momente des Endlichen, somit beide selbst endlich, sowohl
das Sollen, als die Schranke. Aber nur die Schranke ist als das
Endliche gesetzt; das Sollen ist nur an sich, somit für uns,
beschränkt. Durch seine Beziehung auf die ihm selbst schon immanente
Grenze ist es beschränkt, aber diese seine Beschränkung ist in
das Ansichseyn eingehüllt, denn nach seinem Daseyn, d. i. nach seiner
Bestimmtheit gegen die Schranke ist es als das Ansichseyn gesetzt.
Was seyn soll, ist und ist zugleich nicht. Wenn es wäre, so sollte es nicht bloß seyn. Also das Sollen hat wesentlich eine Schranke. Diese Schranke ist nicht ein Fremdes; das, was nur seyn soll, ist die Bestimmung, die nun gesetzt ist, wie sie in der That ist, nämlich zugleich nur eine Bestimmtheit.
Das An-sich-seyn des Etwas in seiner Bestimmung setzt sich also zum Sollen herab, dadurch daß dasselbe, was sein Ansichseyn ausmacht, in einer und derselben Rücksicht als Nichtseyn
ist; und zwar so, daß im Insichseyn, der Negation der Negation, jenes
Ansichseyn als die eine Negation (das Negirende) Einheit mit der
anderen ist, die zugleich als qualitativ andere, Grenze ist, wodurch
jene Einheit als Beziehung auf sie ist. Die Schranke des
Endlichen ist nicht ein Aeußeres, sondern seine eigene Bestimmung ist
auch seine Schranke; und diese ist sowohl sie selbst als auch Sollen;
sie ist das Gemeinschaftliche beider, oder vielmehr das, worin beide
identisch sind.
Als Sollen geht nun aber ferner das Endliche über seine Schranke hinaus;
dieselbe Bestimmtheit, welche seine Negation ist, ist auch aufgehoben,
und ist so sein Ansichseyn; seine Grenze ist auch nicht seine Grenze.
Als Sollen ist somit Etwas über seine Schranke erhaben, umgekehrt hat es aber nur als Sollen seine Schranke.
Beides ist untrennbar. Etwas hat insofern eine Schranke, als es in
seiner Bestimmung die Negation hat, und die Bestimmung ist auch das
Aufgehobenseyn der Schranke.
Das
Sollen hat neuerlich eine große Rolle in der Philosophie, vornehmlich
in Beziehung auf Moralität, und metaphysisch überhaupt auch als der
letzte und absolute Begriff von der Identität des Ansichseyns oder der Beziehung auf sich selbst und der Bestimmtheit oder der Grenze gespielt.
Du kannst, weil du sollst,
- dieser Ausdruck, der viel sagen sollte, liegt im Begriffe des
Sollens. Denn das Sollen ist das Hinausseyn über die Schranke; die
Grenze ist in demselben aufgehoben, das Ansichseyn des Sollens ist so
identische Beziehung auf sich, somit die Abstraktion des Könnens. - Aber umgekehrt ist es eben so richtig: Du kannst nicht, eben weil du sollst.
Denn im Sollen liegt ebenso sehr die Schranke als Schranke; jener
Formalismus der Möglichkeit hat an ihr eine Realität, ein qualitatives
Andersseyn, sich gegenüber, und die Beziehung beider auf einander ist
der Widerspruch, somit das Nicht-Können oder vielmehr die Unmöglichkeit.
Im
Sollen beginnt das Hinausgehen über die Endlichkeit, die Unendlichkeit.
Das Sollen ist dasjenige, was sich in weiterer Entwickelung, nach jener
Unmöglichkeit als der Progreß ins Unendliche darstellt.
In Ansehung der Form der Schranke und des Sollens
können zwei Vorurtheile näher gerügt werden. Es pflegt zuerst viel auf
die Schranken des Denkens, der Vernunft u.s.f. gehalten zu werden, und
es wird behauptet, es könne über die Schranke nicht
hinausgegangen werden. In dieser Behauptung liegt die Bewußtlosigkeit,
daß darin selbst, daß etwas als Schranke bestimmt ist, darüber bereits
hinausgegangen ist. Denn eine Bestimmtheit, Grenze, ist als Schranke
nur bestimmt, im Gegensatz gegen sein Anderes überhaupt, also gegen
sein Unbeschränktes; das Andere einer Schranke ist eben das Hinaus über dieselbe. Der Stein, das Metall ist nicht über seine Schranke hinaus, darum weil sie für ihn
nicht Schranke ist. Wenn jedoch bei solchen allgemeinen Sätzen des
verständigen Denkens, daß über die Schranke nicht hinausgegangen werden
könne, das Denken sich nicht anwenden will, um zu sehen, was im
Begriffe liegt, so kann an die Wirklichkeit verwiesen werden,
wo denn solche Sätze sich als das Unwirklichste zeigen. Dadurch eben,
daß das Denken etwas Höheres, als die Wirklichkeit seyn, von ihr sich
entfernt in höheren Regionen halten soll, dasselbe also selbst als ein Sollen
bestimmt ist, geht es einer Seits nicht zum Begriffe fort, und
geschieht ihm andererseits, daß es sich ebenso unwahr gegen die
Wirklichkeit als gegen den Begriff verhält. - Weil der Stein nicht
denkt, nicht einmal empfindet, ist seine Beschränktheit für ihn
keine Schranke, d. h. in ihm nicht eine Negation für die Empfindung,
Vorstellung, Denken u.s.f. die er nicht hat. Aber auch selbst der Stein
ist als Etwas in seine Bestimmung oder sein Ansichseyn und sein Daseyn
unterschieden, und insofern geht auch er über seine Schranke hinaus;
der Begriff der er an sich ist, enthält die Identität mit seinem
Anderen. Ist er eine säurungsfähige Basis, so ist er oxidirbar,
neutralisirbar u.s.f. In der Oxidation, Neutralisation u.s.f. hebt sich
seine Schranke, nur als Basis da zu seyn, auf; er geht darüber hinaus;
sowie die Säure ihre Schranke als Säure zu seyn aufhebt, und es ist in
ihr wie in der kaustischen Basis sosehr das Sollen, über ihre
Schranke hinauszugehen, vorhanden, daß sie nur mit Gewalt als -
wasserlose, d. i. rein nicht neutrale - Säure und kaustische Basis
festgehalten werden können.
Enthält
aber eine Existenz den Begriff nicht bloß als abstraktes Ansichseyn,
sondern als für sich seyende Totalität, als Trieb, als Leben,
Empfindung, Vorstellen u.s.f., so vollbringt sie selbst aus ihr dieß,
über die Schranke hinaus zu seyn und hinaus zu gehen. Die Pflanze geht
über die Schranke, als Keim zu seyn, ebenso über die, als Blüthe, als
Frucht, als Blatt zu seyn, hinaus; der Keim wird entfaltete Pflanze,
die Blüthe verblüht u.s.f. Das Empfindende in der Schranke des Hungers,
Durstes u.s.f. ist der Trieb über diese Schranke hinauszugehen und
vollführt dieß Hinausgehen. Es empfindet Schmerz, und das Vorrecht empfindender Natur ist Schmerz zu empfinden; es ist eine Negation in seinem Selbst, und sie ist als eine Schranke in seinem Gefühle bestimmt, eben weil das Empfindende das Gefühl seiner Selbst
hat, welches die Totalität ist, das über jene Bestimmtheit hinaus ist.
Wäre es nicht darüber hinaus, so empfände es dieselbe nicht als seine
Negation und hätte keinen Schmerz. - Die Vernunft aber, das Denken,
sollte nicht über die Schranke hinausgehen können, - sie, die das Allgemeine, das für sich über die, d. i. über alle
Besonderheit hinaus ist, nur das Hinausgehen über die Schranke ist. -
Freilich ist nicht jedes Hinausgehen und Hinausseyn über die Schranke
eine wahrhafte Befreiung von derselben, wahrhafte Affirmation; schon
das Sollen selbst ist ein solches unvollkommenes Hinausgehen, und die
Abstraktion überhaupt. Aber das Hinweisen auf das ganz abstrakte
Allgemeine reicht aus gegen die ebenso abstrakte Versicherung, es könne
nicht über die Schranke hinausgegangen werden, oder schon das Hinweisen
auf das Unendliche überhaupt gegen die Versicherung, daß nicht über das
Endliche hinausgegangen werden könne.
Es kann hierbei ein sinnreich scheinender Einfall Leibnitzens
erwähnt werden, - wenn ein Magnet Bewußtseyn hätte, so würde derselbe
seine Richtung nach Norden für eine Bestimmung seines Willens, ein
Gesetz seiner Freyheit ansehen. Vielmehr wenn er Bewußtseyn damit
Willen und Freiheit hätte, wäre er denkend, somit würde der Raum für
ihn als allgemeiner alle Richtung enthaltender, und damit die eine
Richtung nach Norden vielmehr als eine Schranke für seine Freyheit
seyn, so sehr als es für den Menschen eine Schranke auf einer Stelle
festgehalten zu werden, für die Pflanze aber nicht ist.
Das Sollen andererseits ist das Hinausgehen über die Schranke, aber ein selbst nur endliches Hinausgehen. Es hat daher seine Stelle und sein Gelten im Felde der Endlichkeit, wo es das Ansichseyn gegen das Beschränkte festhält und es als die Regel und das Wesentliche gegen das Nichtige behauptet. Die Pflicht ist ein Sollen
gegen den besonderen Willen, gegen die selbstsüchtige Begierde und das
willkürliche Interesse gekehrt; dem Willen, insofern er in seiner
Beweglichkeit sich vom Wahrhaften isoliren kann, wird dieses als ein
Sollen vorgehalten. Diejenigen, welche das Sollen der Moral so hoch
halten, und darin, daß das Sollen nicht als Letztes und Wahrhaftes
anerkannt wird, meinen, daß die Moralität zerstört werden solle, sowie
die Raisonneurs, deren Verstand sich die unaufhörliche Befriedigung
giebt, gegen Alles, was da ist, ein Sollen und somit ein Besser-wissen
vorbringen zu können, die sich das Sollen darum ebenso wenig wollen
rauben lassen, sehen nicht, daß für die Endlichkeit ihrer Kreise das
Sollen vollkommen anerkannt wird. - Aber in der Wirklichkeit selbst
steht es nicht so traurig um Vernünftigkeit und Gesetz, daß sie nur
seyn sollten, dabei bleibt nur das Abstraktum des Ansichseyns,
- so wenig als daß das Sollen an ihm selbst perennirend und, was
dasselbe ist, die Endlichkeit absolut wäre. Die Kantische und
Fichtesche Philosophie giebt als den höchsten Punkt der Auflösung der
Widersprüche der Vernunft das Sollen an, was aber vielmehr nur der
Standpunkt des Beharrens in der Endlichkeit und damit im Widerspruche,
ist.
Das
Sollen für sich enthält die Schranke, und die Schranke das Sollen. Ihre
Beziehung auf einander ist das Endliche selbst, das sie beide in seinem
Insichseyn enthält. Diese Momente seiner Bestimmung sind sich
qualitativ entgegengesetzt; die Schranke ist bestimmt als das Negative
des Sollens, und das Sollen ebenso als das Negative der Schranke. Das
Endliche ist so der Widerspruch seiner in sich; es hebt sich auf,
vergeht. Aber dieß sein Resultat, das Negative überhaupt, ist à) seine Bestimmung selbst; denn es ist das Negative des Negativen. So ist das Endliche in dem Vergehen nicht vergangen; es ist zunächst nur ein anderes Endliches geworden, welches aber ebenso das Vergehen als Uebergehen in ein anderes Endliches ist, und so fort, etwa ins Unendliche.
Aber ß) näher dieß Resultat betrachtet, so hat das Endliche in seinem
Vergehen, dieser Negation seiner selbst, sein Ansichseyn erreicht, es
ist darin mit sich selbst zusammengegangen. Jedes seiner
Momente enthält eben dieß Resultat; das Sollen geht über die Schranke,
d. i. über sich selbst hinaus; über es hinaus aber oder sein Anderes
ist nur die Schranke selbst. Die Schranke aber weist über sich selbst
unmittelbar hinaus zu seinem Anderen, welches das Sollen ist; dieses
aber ist dieselbe Entzweiung des Ansichseyns und des Daseyns wie die Schranke, ist dasselbe; über sich hinaus geht sie daher ebenso nur mit sich zusammen. Diese Identität mit sich,
die Negation der Negation, ist affirmatives Seyn, so das Andere des
Endlichen, als welches die erste Negation zu seiner Bestimmtheit haben
soll; - jenes Andere ist das Unendliche.
Das
Unendliche in seinem einfachen Begriff kann zunächst als eine neue
Definition des Absoluten angesehen werden; es ist als die
bestimmungslose Beziehung auf sich gesetzt als Seyn und Werden. Die Formen des Daseyns
fallen aus in der Reihe der Bestimmungen, die für Definitionen des
Absoluten angesehen werden können, da die Formen jener Sphäre für sich
unmittelbar nur als Bestimmtheiten, als endliche überhaupt, gesetzt
sind. Das Unendliche aber gilt schlechthin für absolut, da es
ausdrücklich als Negation des Endlichen bestimmt ist, hiermit auf die
Beschränktheit, deren das Seyn und Werden, wenn sie auch an ihnen keine
Beschränktheit haben oder zeigen, doch etwa fähig seyn könnten, im Unendlichen ausdrücklich Beziehung genommen und eine solche an ihm negirt ist.
Damit
aber selbst ist das Unendliche nicht schon in der That der
Beschränktheit und Endlichkeit entnommen; die Hauptsache ist, den
wahrhaften Begriff der Unendlichkeit von der schlechten Unendlichkeit,
das Unendliche der Vernunft von dem Unendlichen des Verstandes zu
unterscheiden; doch Letzteres ist das verendlichte Unendliche,
und es wird sich ergeben, daß eben indem das Unendliche vom Endlichen
rein und entfernt gehalten werden soll, es nur verendlicht wird.
Das Unendliche ist
a. in einfacher Bestimmung das Affirmative als Negation des Endlichen;
b. es ist aber damit in Wechselbestimmung mit dem Endlichen, und ist das abstrakte, einseitige Unendliche;
c. das Sich-aufheben dieses Unendlichen, wie des Endlichen als Ein Proceß, - ist das wahrhafte Unendliche.
Das Unendliche ist die Negation der Negation, das Affirmative, das Seyn,
das sich aus der Beschränktheit wieder hergestellt hat. Das Unendliche
ist, und in intensiverem Sinn als das erste unmittelbare Seyn; es ist
das wahrhafte Seyn; die Erhebung aus der Schranke. Bei dem Namen des
Unendlichen geht dem Gemüth und dem Geiste sein Licht auf,
denn er ist darin nicht nur abstrakt bei sich, sondern erhebt sich zu
sich selbst, zum Lichte seines Denkens, seiner Allgemeinheit, seiner
Freiheit.
Zuerst
hat sich für den Begriff des Unendlichen ergeben, daß das Daseyn in
seinem Ansichseyn sich als Endliches bestimmt, und über die Schranke
hinausgeht. Es ist die Natur des Endlichen selbst, über sich
hinauszugehen, seine Negation zu negiren und unendlich zu werden. Das
Unendliche steht somit nicht als ein für sich Fertiges über dem Endlichen, so daß das Endliche außer oder unter jenem sein Bleiben hätte und behielte. Noch gehen wir
nur als eine subjektive Vernunft über das Endliche ins Unendliche
hinaus. Wie wenn man sagt, daß das Unendliche der Vernunftbegriff sey,
und wir uns durch die Vernunft über das Zeitliche erheben, so läßt man
dieß ganz unbeschadet des Endlichen geschehen, welches jene ihm
äußerlich bleibende Erhebung nichts angeht. Insofern aber das Endliche
selbst in die Unendlichkeit erhoben wird, ist es eben so wenig eine
fremde Gewalt, welche ihm dieß anthut, sondern es ist dieß seine Natur,
sich auf sich als Schranke, sowohl als Schranke als solche, wie als
Sollen, zu beziehen, und über dieselbe hinauszugehen, oder vielmehr als
Beziehung auf sich sie negirt zu haben und über sie hinaus zu seyn.
Nicht im Aufheben der Endlichkeit überhaupt wird die Unendlichkeit
überhaupt, sondern das Endliche ist nur dieß, selbst durch seine Natur
dazu zu werden. Die Unendlichkeit ist seine affirmative Bestimmung, das was es wahrhaft an sich ist.
So ist das Endliche im Unendlichen verschwunden, und was ist, ist nur das Unendliche.
Das Unendliche ist; in dieser Unmittelbarkeit ist es zugleich die Negation eines Andern, des Endlichen. So als seyend und zugleich als Nichtseyn eines Andern
ist es in die Kategorie des Etwas als eines bestimmten überhaupt, näher
weil es das in sich-reflektirte, vermittelst des Aufhebens der
Bestimmtheit überhaupt resultirende Daseyn, hiermit als das von seiner
Bestimmtheit unterschiedene Daseyn gesetzt ist, - in die
Kategorie des Etwas mit einer Grenze, zurückgefallen. Das Endliche
steht nach dieser Bestimmtheit dem Unendlichen als reales Daseyn gegenüber; so stehen sie in qualitativer Beziehung als außer einander bleibende; das unmittelbare Seyn des Unendlichen erweckt das Seyn seiner Negation, des Endlichen wieder, das zunächst im Unendlichen verschwunden schien.
Aber
das Unendliche und Endliche sind nicht nur in diesen Kategorien der
Beziehung; die beiden Seiten sind weiter bestimmt, als bloß Andere gegeneinander zu seyn. Die Endliche ist nämlich die als Schranke gesetzte Schranke, es ist das Daseyn mit der Bestimmung gesetzt in sein Ansichseyn überzugehen, unendlich zu werden. Die Unendlichkeit ist das Nichts des Endlichen, dessen Ansichseyn und Sollen,
aber dieses zugleich als in sich reflektirt, das ausgeführte Sollen,
nur sich auf sich beziehendes ganz affirmatives Seyn. In der
Unendlichkeit ist die Befriedigung vorhanden, daß alle Bestimmtheit,
Veränderung, alle Schranke und mit ihr das Sollen selbst verschwunden,
als aufgehoben, das Nichts des Endlichen gesetzt ist. Als diese
Negation des Endlichen ist das Ansichseyn bestimmt, welches so als
Negation der Negation in sich affirmativ ist. Diese Affirmation jedoch
ist als qualitativ unmittelbare Beziehung auf sich; Seyn; hierdurch ist das Unendliche auf die Kategorie zurückgeführt, daß es das Endliche als ein Anderes sich gegenüber hat; seine negative Natur ist als die seyende,
hiermit erste und unmittelbare Negation gesetzt. Das Unendliche ist auf
diese Weise mit dem Gegensatze gegen das Endliche behaftet, welches,
als Anderes, das bestimmte, reale Daseyn zugleich bleibt, obschon es in
seinem Ansichseyn, dem Unendlichen, zugleich als aufgehoben gesetzt
ist; dieses ist das Nicht-endliche; - ein Seyn in der Bestimmtheit der
Negation. Gegen das Endliche, den Kreis der seyenden Bestimmtheiten,
der Realitäten, ist das Unendliche das unbestimmte Leere, das Jenseits
des Endlichen, welches sein Ansichseyn nicht an seinem Daseyn, das ein
bestimmtes ist, hat.
So das Unendliche gegen das Endliche in qualitativer Beziehung von Anderen zu einander gesetzt, ist es das Schlecht-Unendliche, das Unendliche des Verstandes
zu nennen, dem es für die höchste, für die absolute Wahrheit gilt; ihn
zum Bewußtseyn darüber zu bringen, daß, indem er seine Befriedigung in
der Versöhnung der Wahrheit erreicht zu haben meint, er in dem
unversöhnten, unaufgelösten, absoluten Widerspruche sich befindet,
müßten die Widersprüche bewirken, in die er nach allen Seiten verfällt,
so wie er sich auf die Anwendung und Explikation dieser seiner
Kategorien einläßt.
Dieser Widerspruch ist sogleich darin vorhanden, daß dem Unendlichen das Endliche als Daseyn gegenüber bleibt; es sind damit zwei Bestimmtheiten; es giebt zwei Welten, eine unendliche und eine endliche, und in ihrer Beziehung ist das Unendliche nur Grenze des Endlichen, und ist damit nur ein bestimmtes, selbst endliches Unendliches.
Dieser
Widerspruch entwickelt seinen Inhalt zu ausdrücklicheren Formen. - Das
Endliche ist das reale Daseyn, welches so verbleibt, auch indem zu
seinem Nichtseyn, dem Unendlichen, übergegangen wird; - dieses hat, wie
gezeigt, nur die erste, unmittelbare Negation zu seiner Bestimmtheit
gegen das Endliche, so wie dieses gegen jene Negation, als Negirtes nur
die Bedeutung eines Anderen hat, und daher noch Etwas ist. Wenn
somit der sich aus dieser endlichen Welt erhebende Verstand zu seinem
Höchsten, dem Unendlichen, aufsteigt, so bleibt ihm diese endliche Welt
als ein Diesseits stehen, so daß das Unendliche nur über dem Endlichen gesetzt, von diesem abgesondert und eben damit das Endliche von dem Unendlichen abgesondert wird; - beide an einen verschiedenen Platz gestellt, - das Endliche als das hiesige Daseyn, das Unendliche aber, zwar das Ansich des Endlichen, doch als ein Jenseits in die trübe, unerreichbare Ferne, außerhalb welcher jenes sich befinde und dableibe.
So abgesondert sind sie ebenso wesentlich eben durch die sie abscheidende Negation auf einander bezogen.
Diese sie, die in sich reflektirten Etwas, beziehende Negation ist die
gegenseitige Grenze des einen gegen das Andere; und zwar so, daß jedes
derselben, sie nicht bloß gegen das Andere an ihm hat, sondern die
Negation ist ihr Ansichseyn, jedes hat die Grenze so an ihm
selbst für sich, in seiner Absonderung von dem Anderen. Die Grenze ist
aber als die erste Negation, so sind beide begrenzte, endliche an sich
selbst. Jedoch ist jedes auch als sich auf sich affirmativ beziehend
die Negation seiner Grenze; so stößt es sie als sein Nichtseyn
unmittelbar von sich ab, und qualitativ davon getrennt, setzt es sie
als ein anderes Seyn außer ihm, das Endliche sein Nichtseyn als
dieß Unendliche, dieses ebenso das Endliche. Daß von dem Endlichen zum
Unendlichen nothwendig d. h. durch die Bestimmung des Endlichen
übergegangen und es als zum Ansichseyn erhoben werde, wird leicht
zugegeben, indem das Endliche zwar als bestehendes Daseyn aber zugleich
auch als das an sich nichtige also sich nach seiner
Bestimmung auflösende bestimmt ist, das Unendliche aber zwar als mit
Negation und Grenze behaftet, bestimmt ist, aber zugleich auch als das
Ansichseyende, so daß diese Abstraktion der sich auf sich
beziehenden Affirmation seine Bestimmung ausmache, nach dieser hiermit
das endliche Daseyn nicht in ihr liege. Aber es ist gezeigt worden, daß
das Unendliche selbst nur vermittelst der Negation, als
Negation der Negation, zum affirmativen Seyn resultirt, und daß diese
seine Affirmation als nur einfaches, qualitatives Seyn genommen, die in
ihm enthaltene Negation, zur einfachen unmittelbaren Negation, und
damit zur Bestimmtheit und Grenze herabsetzt, welches dann ebenso als
widersprechend seinem Ansichseyn, aus ihm ausgeschlossen, als nicht das
Seinige, vielmehr seinem Ansichseyn entgegengesetzte, das Endliche,
gesetzt wird. Indem so jedes, an ihm selbst und aus seiner Bestimmung
das Setzen seines Anderen ist, sind sie untrennbar. Aber diese ihre Einheit ist in dem qualitativen Andersseyn derselben verborgen, sie ist die innerliche, die nur zu Grunde liegt.
Dadurch ist die Weise der Erscheinung dieser Einheit bestimmt; im Daseyn
gesetzt ist sie als ein Umschlagen oder Uebergehen des Endlichen zum
Unendlichen, und umgekehrt; so daß das Unendliche an dem Endlichen, und
das Endliche an dem Unendlichen, das Andere an dem Anderen, nur hervortrete, das heißt, jedes ein eigenes unmittelbares Entstehen an dem Anderen und ihre Beziehung nur eine äußerliche sey.
Der
Proceß ihres Uebergehens hat folgende, ausführliche Gestalt. Es wird
über das Endliche hinausgegangen in das Unendliche. Dieß Hinausgehen
erscheint als ein äußerliches Thun. In diesem dem Endlichen jenseitigen
Leeren was entsteht? Was ist das Positive darin? Um der Untrennbarkeit
des Unendlichen und Endlichen willen, (oder weil dieß auf seiner Seite
stehende Unendliche selbst beschränkt ist), entsteht die Grenze; das
Unendliche ist verschwunden, sein Anderes, das Endliche, ist
eingetreten. Aber dieß Eintreten des Endlichen, erscheint als ein dem
Unendlichen äußerliches Geschehen, und die neue Grenze als ein solches,
das nicht aus dem Unendlichen selbst entstehe, sondern ebenso
vorgefunden werde. Es ist damit der Rückfall in die vorherige,
vergebens aufgehobene Bestimmung vorhanden. Diese neue Grenze aber ist
selbst nur ein solches, das aufzuheben, oder über das hinaus zu gehen
ist. Somit ist wieder das Leere, das Nichts entstanden, in welchem
ebenso jene Bestimmtheit, eine neue Grenze, angetroffen wird, - und sofort ins Unendliche.
Es ist die Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen
vorhanden; das Endliche ist endlich nur in der Beziehung auf das Sollen
oder auf das Unendliche, und das Unendliche ist nur unendlich in
Beziehung auf das Endliche. Sie sind untrennbar und zugleich
schlechthin Andere gegeneinander; jedes hat das Andere seiner an ihm
selbst; so ist jedes die Einheit seiner und seines Anderen, und ist in
seiner Bestimmtheit Daseyn, das nicht zu seyn, was es selbst und was sein Anderes ist.
Diese sich selbst und seine Negation negirende Wechselbestimmung ist es, welche als der Progreß ins Unendliche auftritt, der in so vielen Gestalten und Anwendungen als ein Letztes gilt, über das nicht mehr hinausgegangen wird, sondern angekommen bei jenem: Und so fort ins Unendliche, pflegt der Gedanke sein Ende erreicht zu haben. - Dieser Progreß tritt allenthalben ein, wo relative
Bestimmungen bis zu ihrer Entgegensetzung getrieben sind, so daß sie in
untrennbarer Einheit sind, und doch jeder gegen die andere ein
selbstständiges Daseyn zugeschrieben wird. Dieser Progreß ist daher der
Widerspruch, der nicht aufgelöst ist, sondern immer nur als vorhanden ausgesprochen wird.
Es ist ein abstraktes Hinausgehen vorhanden, das unvollständig bleibt, indem über dieß Hinausgehen nicht selbst hinausgegangen
wird. Es ist das Unendliche vorhanden; über dasselbe wird allerdings
hinausgegangen, denn es wird eine neue Grenze gesetzt, aber damit eben
wird vielmehr nur zum Endlichen zurückgekehrt. Diese schlechte
Unendlichkeit ist an sich dasselbe, was das perennirende Sollen, sie ist zwar die Negation des Endlichen, aber sie vermag sich nicht in Wahrheit davon zu befreien; dieß tritt an ihr selbst wieder hervor, als ihr Anderes, weil dieß Unendliche nur ist als in Beziehung
auf das ihm andere Endliche. Der Progreß ins Unendliche ist daher nur
die sich wiederholende Einerleiheit, eine und dieselbe langweilige Abwechslung dieses Endlichen und Unendlichen.
Die Unendlichkeit des unendlichen Progresses bleibt mit dem Endlichen als solchem behaftet, ist dadurch begrenzt, und selbst endlich.
Somit wäre es aber in der That als die Einheit des Endlichen und
Unendlichen gesetzt. Aber auf diese Einheit wird nicht reflektirt. Sie
ist es jedoch nur, welche im Endlichen das
Unendliche, und im Unendlichen das Endliche hervorruft, sie ist so zu
sagen die Triebfeder des unendlichen Progresses. Er ist das Aeußere
jener Einheit, bei welchem die Vorstellung stehen bleibt, bei jener
perennirenden Wiederholung eines und desselben Abwechselns, der leeren
Unruhe des Weitergehens über die Grenze hinaus zur Unendlichkeit, das
in diesem Unendlichen eine neue Grenze findet, auf derselben aber sich so wenig halten kann, als in dem Unendlichen. Dieses Unendliche hat die feste Determination eines Jenseits, das nicht erreicht werden kann, darum weil es nicht erreicht werden soll, weil von der Bestimmtheit des Jenseits, der seyenden
Negation nicht abgelassen wird. Er hat nach dieser Bestimmung das
Endliche als ein Diesseits sich gegenüber, das sich eben so wenig ins
Unendliche erheben kann, darum weil es diese Determination eines Andern, hiermit eines perennirenden, sich in seinem Jenseits wieder und zwar als davon verschieden, erzeugenden Daseyns hat.
In
dem aufgezeigten herüber- und hinübergehenden Wechselbestimmen des
Endlichen und Unendlichen ist die Wahrheit derselben an sich schon vorhanden,
und es bedarf nur des Aufnehmens dessen, was vorhanden ist. Dieß
Herüber- und Hinübergehen macht die äußere Realisation des Begriffes
aus; es ist in ihr das, aber äußerlich, außer einander fallend, gesetzt, was der Begriff enthält; es bedarf nur der Vergleichung dieser verschiedenen Momente, in welcher die Einheit sich ergiebt, die den Begriff selbst giebt; - die Einheit
des Unendlichen und Endlichen, ist, wie schon oft bemerkt, hier aber
vornehmlich in Erinnerung zu bringen ist, der schiefe Ausdruck für die
Einheit, wie sie selbst wahrhaft ist; aber auch das Entfernen dieser
schiefen Bestimmung muß in jener vor uns liegenden Aeußerung des
Begriffes vorhanden seyn.
Nach ihrer nächsten, nur unmittelbaren Bestimmung genommen, so ist das Unendliche nur als das Hinausgehen über das Endliche;
es ist seiner Bestimmung nach die Negation des Endlichen; so ist das
Endliche nur als das, worüber hinausgegangen werden muß, die Negation
seiner an ihm selbst, welche die Unendlichkeit ist. In jedem liegt hiermit die Bestimmtheit des Andern,
die nach der Meinung des unendlichen Progresses von einander
ausgeschlossen seyn sollen und nur abwechselnd auf einander folgen; es
kann keines gesetzt und gefaßt werden ohne das Andere, das Unendliche
nicht ohne das Endliche, dieses nicht ohne das Unendliche. Wenn gesagt wird, was das Unendliche ist, nämlich die Negation des Endlichen, so wird das Endliche selbst mit ausgesprochen; es kann zur Bestimmung des Unendlichen nicht entbehrt werden. Man bedarf nur zu wissen, was man sagt,
um die Bestimmung des Endlichen im Unendlichen zu finden. Vom Endlichen
seinerseits wird sogleich zugegeben, daß es das Nichtige ist, aber eben
seine Nichtigkeit ist die Unendlichkeit, von der es ebenso untrennbar
ist. - In diesem Auffassen können sie nach ihrer Beziehung auf ihr Anderes genommen zu seyn scheinen. Werden sie hiermit beziehungslos genommen, so daß sie nur durch das: Und
verbunden seyen, so stehen sie als selbstständig, jedes nur an ihm
selbst seyend, einander gegenüber. Es ist zu sehen, wie sie in solcher
Weise beschaffen sind. Das Unendliche so gestellt ist Eines der beiden; aber als nur
Eines der beiden ist es selbst endlich, es ist nicht das Ganze, sondern
nur die Eine Seite; es hat an dem gegenüberstehenden seine Grenze; es
ist so das endliche Unendliche. Es sind nur zwei Endliche vorhanden. Eben darin, daß es so vom Endlichen abgesondert, damit als Einseitiges
gestellt wird, liegt seine Endlichkeit, also seine Einheit mit dem
Endlichen. - Das Endliche seinerseits als für sich vom Unendlichen
entfernt gestellt, ist diese Beziehung auf sich, in der
seine Relativität, Abhängigkeit, seine Vergänglichkeit entfernt ist; es
ist dieselbe Selbstständigkeit und Affirmation seiner, welche das
Unendliche seyn soll.
Beide
Betrachtungsweisen, die zunächst eine verschiedene Bestimmtheit zu
ihrem Ausgangspunkte zu haben scheinen, in sofern die erstere nur als Beziehung
des Unendlichen und Endlichen auf einander, eines jeden auf sein
Anderes, und die zweite sie in ihrer völligen Absonderung von einander
halten soll, geben ein und dasselbe Resultat; das Unendliche und
Endliche nach der Beziehung beider auf einander, die ihnen
äußerlich wäre, aber die ihnen wesentlich, ohne die keines ist, was es
ist, enthält so sein Anderes in seiner eigenen Bestimmung, ebenso sehr
als jedes für sich genommen, an ihm selbst betrachtet, sein Anderes in ihm als sein eigenes Moment liegen hat.
Dieß
giebt denn die - verrufene - Einheit des Endlichen und Unendlichen, -
die Einheit, die selbst das Unendliche ist, welches sich selbst und die
Endlichkeit in sich begreift, - also das Unendliche in einem anderen
Sinne als in dem, wornach das Endliche von ihm abgetrennt und auf die
andere Seite gestellt ist. Indem sie nun auch unterschieden werden
müssen, ist jedes, wie vorhin gezeigt, selbst an ihm die Einheit
beider; so ergeben sich zwei solche Einheiten. Das Gemeinschaftliche,
die Einheit beider Bestimmtheiten, setzt als Einheit sie zunächst als
negirte, da jedes das seyn soll, was es ist in ihrer Unterschiedenheit;
in ihrer Einheit verlieren sie also ihre qualitative Natur; - eine
wichtige Reflexion gegen die Vorstellung, die sich nicht davon
losmachen will, in der Einheit des Unendlichen und Endlichen sie nach
der Qualität, welche sie als außereinander genommen haben sollen,
festzuhalten, und daher in jener Einheit nichts als den Widerspruch,
nicht auch die Auflösung desselben durch die Negation der qualitativen
Bestimmtheit beider sieht; so wird die zunächst einfache, allgemeine
Einheit des Unendlichen und Endlichen verfälscht.
Ferner
aber, indem sie nun auch als unterschieden zu nehmen sind, so ist die
Einheit des Unendlichen, die jedes dieser Momente selbst ist, in jedem
derselben auf verschiedene Weise bestimmt. Das seiner Bestimmung nach
Unendliche hat die von ihm unterschiedene Endlichkeit an ihm, jenes ist
das Ansich in dieser Einheit, und dieses ist nur Bestimmtheit,
Grenze an ihm, allein es ist eine Grenze, welche das schlechthin Andere
desselben, sein Gegentheil ist; seine Bestimmung, welche das
An-sich-seyn als solches ist, wird durch den Beischlag einer Qualität
solcher Art verdorben; es ist so ein verendlichtes Unendliches.
Auf gleiche Weise, indem das Endliche als solches nur das
Nicht-ansichseyn ist, aber nach jener Einheit gleichfalls sein
Gegentheil an ihm hat, wird es über seinen Werth und zwar so zu sagen
unendlich erhoben; es wird als das verunendlichte Endliche gesetzt.
Auf
gleiche Weise wie vorhin die einfache, so wird vom Verstande auch die
gedoppelte Einheit des Unendlichen und Endlichen verfälscht. Dieß
geschieht hier ebenso dadurch, daß in der einen der beiden Einheiten,
das Unendliche als nicht negirtes, vielmehr als das An-sich-seyn
angenommen wird, an welches also nicht die Bestimmtheit und Schranke
gesetzt werden soll; es werde dadurch das An-sich-seyn herabgesetzt und
verdorben. Umgekehrt wird das Endliche gleichfalls als das nicht
negirte, obgleich an sich Nichtige, festgehalten, so daß es in seiner
Verbindung mit dem Unendlichen zu dem, was es nicht sey, erhoben, und dadurch gegen seine nicht verschwundene, vielmehr perennirende Bestimmung verunendlicht werde.
Die
Verfälschung, die der Verstand mit dem Endlichen und Unendlichen
vornimmt, ihre Beziehung aufeinander als qualitative Verschiedenheit
festzuhalten, sie in ihrer Bestimmung als getrennt und zwar absolut
getrennt zu behaupten, gründet sich auf das Vergessen dessen, was für
ihn selbst der Begriff dieser Momente ist. Nach diesem ist die Einheit
des Endlichen und Unendlichen nicht ein
äußerliches Zusammenbringen derselben, noch eine ungehörige, ihrer
Bestimmung zuwiderlaufende Verbindung, in welcher an sich getrennte und
entgegengesetzte, gegeneinander Selbstständige, Seyende, somit
unverträgliche verknüpft würden, sondern jedes ist an ihm selbst diese
Einheit, und dieß nur als Aufheben seiner selbst worin keines
vor dem andern einen Vorzug des Ansichseyns und affirmativen Daseyns
hätte. Wie früher gezeigt, ist die Endlichkeit nur als Hinausgehen über
sich; es ist also in ihr die Unendlichkeit, das Andere ihrer selbst,
enthalten. Eben so ist die Unendlichkeit nur als Hinausgehen über das
Endliche; sie enthält also wesentlich ihr Anderes, und ist somit an ihr
das Andere ihrer selbst. Das Endliche wird nicht vom Unendlichen als
einer außer ihm vorhandenen Macht aufgehoben, sondern es ist seine
Unendlichkeit, sich selbst aufzuheben.
Dieß Aufheben ist somit nicht die Veränderung oder das Andersseyn überhaupt, nicht das Aufheben von Etwas.
Das, worin sich das Endliche aufhebt, ist das Unendliche als das
Negiren der Endlichkeit; aber diese ist längst selbst nur das Daseyn
als ein Nichtseyn bestimmt. Es ist also nur die Negation, die sich in der Negation aufhebt.
So ist ihrer Seits die Unendlichkeit als das Negative der Endlichkeit
und damit der Bestimmtheit überhaupt, als das leere Jenseits, bestimmt;
sein Sich-aufheben im Endlichen ist ein Zurückkehren aus der leeren
Flucht, Negation des Jenseits, das ein Negatives an ihm selbst ist.
Was also vorhanden ist, ist in beiden dieselbe Negation der Negation. Aber diese ist an sich Beziehung auf sich selbst, die Affirmation aber als Rückkehr zu sich selbst, d. i. durch die Vermittelung,
welche die Negation der Negation ist. Diese Bestimmungen sind es, die
wesentlich ins Auge zu fassen sind; das zweite aber ist, daß sie im
unendlichen Progresse auch gesetzt sind, und wie sie in ihm gesetzt sind, - nämlich noch nicht in ihrer letzten Wahrheit.
Es werden darin erstens beide, sowohl das Unendliche als das Endliche negirt, - es wird über beide auf gleiche Weise hinausgegangen; zweitens
werden sie auch als unterschiedene, jedes nach dem Andern, als für sich
Positive gesetzt. Wir fassen so diese zwei Bestimmungen vergleichend
heraus, wie wir in der Vergleichung, einem äußeren Vergleichen, die
zwei Betrachtungsweisen, des Endlichen und Unendlichen in ihrer
Beziehung, und ihrer jedes für sich genommen, getrennt haben. Aber der
unendliche Progreß spricht mehr aus, es ist in ihm auch der Zusammenhang
der auch Unterschiedenen gesetzt, jedoch zunächst nur noch als
Uebergang und Abwechslung; es ist nur in einer einfachen Reflexion von
uns zu sehen, was in der That darin vorhanden ist.
Zunächst
kann die Negation des Endlichen und Unendlichen, die im unendlichen
Progresse gesetzt ist, als einfach, somit als auseinander, nur
aufeinander folgend genommen werden. Vom Endlichen angefangen, so wird
über die Grenze hinausgegangen, das Endliche negirt. Nun ist also das
Jenseits desselben, das Unendliche, vorhanden, aber in diesem entsteht
wieder die Grenze; so ist das Hinausgehen über das Unendliche
vorhanden. Dieß zweifache Aufheben ist jedoch Theils überhaupt nur als
ein äußerliches Geschehen und Abwechseln der Momente, Theils noch nicht
als Eine Einheit gesetzt; jedes dieser Hinaus ist ein eigener
Ansatz, ein neuer Akt, so daß sie so auseinander fallen. - Es ist aber
auch ferner im unendlichen Progresse deren Beziehung vorhanden. Es ist erstlich das Endliche; dann
wird darüber hinausgegangen, dieß Negative oder Jenseits des Endlichen
ist das Unendliche; drittens wird über diese Negation wieder
hinausgegangen, es entsteht eine neue Grenze, wieder ein Endliches. - Dieß ist die vollständige, sich selbst schließende Bewegung, die bei dem angekommen, das den Anfang machte; es entsteht dasselbe, von dem ausgegangen worden war, d. i. das Endliche ist wiederhergestellt; dasselbe ist also mit sich selbst zusammengegangen, hat nur sich in seinem Jenseits wiedergefunden.
Dasselbe
ist der Fall in Ansehung des Unendlichen. Im Unendlichen, dem Jenseits
der Grenze entsteht nur eine neue, welche dasselbe Schicksal hat, als
Endliches negirt werden zu müssen. Was so wieder vorhanden ist, ist dasselbe
Unendliche, das vorhin in der neuen Grenze verschwand; das Unendliche
ist daher durch sein Aufheben, durch die neue Grenze hindurch, nicht
weiter hinausgeschoben, weder von dem Endlichen entfernt worden, denn
dieses ist nur dieß, in das Unendliche überzugehen, - noch von sich
selbst, denn es ist bei sich angekommen.
So ist beides, das Endliche und das Unendliche, diese Bewegung, zu sich durch seine Negation zurückzukehren; sie sind nur als Vermittelung in sich, und das Affirmative beider enthält die Negation beider, und ist die Negation der Negation. - Sie sind so Resultat, hiermit nicht das, was sie in der Bestimmung ihres Anfangs sind; - nicht das Endliche ein Daseyn seinerseits und das Unendliche ein Daseyn, oder Ansichseyn
jenseits des Daseyns, d. i. des als endlich bestimmten. Gegen die
Einheit des Endlichen und Unendlichen sträubt sich der Verstand nur
darum so sehr, weil er die Schranke und das Endliche wie das Ansichseyn
als perennirend voraussetzt; damit übersieht er die
Negation beider, die im unendlichen Progresse faktisch vorhanden ist,
wie ebenso, daß sie darin nur als Momente eines Ganzen vorkommen und
daß sie nur vermittelst ihres Gegentheils aber wesentlich ebenso
vermittelst des Aufhebens ihres Gegentheils hervortreten.
Wenn zunächst die Rückkehr in sich, ebenso wohl als
Rückkehr des Endlichen zu sich, wie als die des Unendlichen zu sich
betrachtet wurde, so zeigt sich in diesem Resultate selbst eine
Unrichtigkeit, die mit der so eben gerügten Schiefheit zusammenhängt;
das Endliche ist das eine Mal, das Unendliche das Andere Mal als Ausgangspunkt
genommen, und nur dadurch entstehen zwei Resultate. Es ist aber völlig
gleichgültig, welches als Anfang genommen werde; damit fällt der
Unterschied für sich hinweg, der die Zweiheit der Resultate
hervorbrachte. Dieß ist in der nach beiden Seiten unbegrenzten Linie
des unendlichen Progresses gleichfalls gesetzt, worin jedes der Momente
mit gleichem abwechselnden Vorkommen vorhanden, und es ganz äußerlich
ist, in welche Stelle gegriffen und als Anfang genommen werde. - Sie
sind in demselben unterschieden, aber auf gleiche Weise das eine nur
das Moment des andern. Indem sie beide, das Endliche und das Unendliche
selbst Momente des Processes sind, sind sie gemeinschaftlich das Endliche,
und indem sie ebenso gemeinschaftlich in ihm und im Resultate negirt
sind, so heißt dieses Resultat als Negation jener Endlichkeit beider
mit Wahrheit das Unendliche. Ihr Unterschied ist so der Doppelsinn, den
beide haben. Das Endliche hat den Doppelsinn, erstens nur das Endliche
gegen das Unendliche zu seyn, das ihm gegenübersteht, und zweitens das
Endliche und das ihm gegenüberstehende Unendliche zugleich zu seyn.
Auch das Unendliche hat den Doppelsinn, eines jener beiden Momente zu
seyn, so ist es das Schlechtunendliche, und das Unendliche zu seyn, in
welchem jene beide, es selbst und sein anderes, nur Momente sind. Wie
also das Unendliche in der That vorhanden ist, ist der Proceß zu seyn,
in welchem es sich herabsetzt, nur eine seiner Bestimmungen, dem
Endlichen gegenüber und damit selbst nur eines der Endlichen zu seyn,
und diesen Unterschied seiner von sich selbst zur Affirmation seiner
aufzuheben und durch diese Vermittelung als wahrhaft Unendliches zu seyn.
Diese Bestimmung des wahrhaft Unendlichen kann nicht in die schon gerügte Formel einer Einheit
des Endlichen und Unendlichen gefaßt werden; die Einheit ist abstrakte
bewegungslose Sichselbstgleichheit, und die Momente sind ebenso als
unbewegte Seyende. Das Unendliche aber ist, wie seine beiden Momente,
vielmehr wesentlich nur als Werden, aber das nun in seinen Momenten
weiter bestimmte Werden. Dieses hat zunächst das abstrakte Seyn und
Nichts zu seinen Bestimmungen; als Veränderung Daseyende, Etwas und
Anderes; nun als Unendliches, Endliches und Unendliches, selbst als
Werdende.
Dieses Unendliche als In-sich-Zurückgekehrtseyn, Beziehung seiner auf sich selbst, ist Seyn aber nicht bestimmungsloses, abstraktes Seyn, denn es ist gesetzt als negirend die Negation; es ist somit auch Daseyn, denn es enthält die Negation überhaupt, somit die Bestimmtheit. Es ist, und ist da, präsent, gegenwärtig. Nur das Schlecht-Unendliche ist das Jenseits, weil es nur die Negation des als real gesetzten Endlichen ist, - so ist es die abstrakte, erste Negation; nur als negativ bestimmt, hat es nicht die Affirmation des Daseyns in ihm; festgehalten als nur Negatives soll es sogar nicht da,
soll unerreichbar seyn. Diese Unerreichbarkeit ist aber nicht seine
Hoheit, sondern sein Mangel, welcher seinen letzten Grund darin hat,
daß das Endliche als solches als seyend festgehalten wird. Das Unwahre
ist das Unerreichbare; und es ist einzusehen, daß solches Unendliche
das Unwahre ist. - Das Bild des Progresses ins Unendliche ist die
gerade Linie, an deren beiden Grenzen nur, das Unendliche und
immer nur ist, wo sie, - und sie ist Daseyn - nicht ist, und die zu
diesem ihrem Nichtdaseyn, d. i. ins Unbestimmte hinaus geht; als wahrhafte Unendlichkeit, in sich zurückgebogen, wird deren Bild der Kreis, die sich erreicht habende Linie, die geschlossen und ganz gegenwärtig ist, ohne Anfangspunkt und Ende.
Die wahrhafte Unendlichkeit so überhaupt als Daseyn, das als affirmativ gegen die abstrakte Negation gesetzt ist, ist die Realität in höherem Sinn, - als die früher einfach
bestimmte; sie hat hier einen konkreten Inhalt erhalten. Das Endliche
ist nicht das Reale, sondern das Unendliche. So wird die Realität
weiter als das Wesen, der Begriff, die Idee u.s.f. bestimmt. Es ist
jedoch überflüssig, solche frühere, abstraktere Kategorien, wie die
Realität, bei dem Konkreteren zu wiederholen und sie für konkretere
Bestimmungen, als jene an ihnen selbst sind, zu gebrauchen. Solches
Wiederholen, wie zu sagen, daß das Wesen oder daß die Idee das Reale
sey, hat seine Veranlassung darin, daß dem ungebildeten Denken die
abstraktesten Kategorien, wie Seyn, Daseyn, Realität Endlichkeit, die
geläufigsten sind.
Hier
hat die Zurückrufung der Kategorie der Realität ihre bestimmtere
Veranlassung, indem die Negation, gegen welche sie das Affirmative ist,
hier die Negation der Negation, damit ist sie selbst jener Realität,
die das endliche Daseyn ist, gegenüber gesetzt. - Die Negation ist so
als Idealität bestimmt; das Ideelle ist das Endliche, wie es im wahrhaften Unendlichen ist, - als eine Bestimmung, Inhalt, der unterschieden, aber nicht selbstständig seyend, sondern als Moment
ist. Die Idealität hat diese konkretere Bedeutung, welche durch
Negation des endlichen Daseyns nicht vollständig ausgedruckt ist. - In
Beziehung auf Realität und Idealität wird aber der Gegensatz des
Endlichen und Unendlichen so gefaßt, daß das Endliche für das Reale
gilt, das Unendliche aber für das Ideelle gilt; wie auch weiterhin der
Begriff als ein Ideelles und zwar als ein nur Ideelles, das Daseyn überhaupt dagegen
als das Reale betrachtet wird. Auf solche Weise hilft es freilich
nichts für die angegebene konkrete Bestimmung der Negation den eigenen
Ausdruck des Ideellen zu haben; es wird in jenem Gegensatze wieder zu
der Einseitigkeit des abstrakten Negativen, die dem Schlechtunendlichen
zukommt, zurückgegangen und bei dem affirmativen Daseyn des Endlichen
beharrt.
Die Idealität kann die Qualität der Unendlichkeit genannt werden; aber sie ist wesentlich der Proceß des Werdens
und damit ein Uebergang, wie des Werdens in Daseyn, der nun anzugeben
ist. Als Aufheben der Endlichkeit, d. i. der Endlichkeit als solcher
und ebenso sehr der ihr nur gegenüberstehenden, nur negativen
Unendlichkeit ist diese Rückkehr in sich, Beziehung auf sich selbst, Seyn.
Da in diesem Seyn Negation ist, ist es Daseyn, aber da sie ferner
wesentlich Negation der Negation, die sich auf sich beziehende Negation
ist, ist sie das Daseyn, welches Fürsichseyn genannt wird.
Das Unendliche, - nach dem gewöhnlichen Sinne der schlechten Unendlichkeit, - und der Progreß ins Unendliche, wie das Sollen, sind der Ausdruck eines Widerspruchs, der sich selbst für die Auflösung
und für das Letzte giebt. Dieß Unendliche ist eine erste Erhebung des
sinnlichen Vorstellens über das Endliche in den Gedanken, der aber nur
den Inhalt von Nichts, dem ausdrücklich als Nichtseyend
gesetzten, hat, - eine Flucht über das Beschränkte, die sich nicht in
sich sammelt, und das Negative nicht zum Positiven zurückzubringen
weiß. Diese unvollendete Reflexion hat die beiden Bestimmungen des wahrhaft Unendlichen: den Gegensatz des Endlichen und Unendlichen, und die Einheit des Endlichen und Unendlichen, vollständig vor sich, aber bringt diese beiden Gedanken nicht zusammen; der eine führt untrennbar den anderen herbei, aber sie läßt sie nur abwechseln. Die Darstellung dieser Abwechslung, der unendliche Progreß, tritt allenthalben ein, wo in dem Widerspruche der Einheit zweier Bestimmungen und des Gegensatzes
derselben verharrt wird. Das Endliche ist das Aufheben seiner selbst,
es schließt seine Negation, die Unendlichkeit in sich; - die Einheit
beider, - es wird hinaus über das Endliche zum Unendlichen als dem
Jenseits desselben gegangen, - Trennung beider; aber über das Unendliche hinaus ist ein anderes Endliches, - das Hinaus, das Unendliche, enthält die Endlichkeit, - Einheit beider; aber dieß Endliche ist auch ein Negatives des Unendlichen; - Trennung
beider, u.s.f. - So ist im Kausalitätsverhältniß Ursache und Wirkung
untrennbar; eine Ursache, die keine Wirkung haben sollte, ist nicht
Ursache, wie die Wirkung, die keine Ursache hätte, nicht mehr Wirkung.
Dieß Verhältniß giebt daher den unendlichen Progreß von Ursachen und Wirkungen;
Etwas ist als Ursache bestimmt, aber sie hat als ein endliches (- und
endlich ist sie eben eigentlich wegen ihrer Trennung von der Wirkung)
selbst eine Ursache, d. h. sie ist auch Wirkung; somit ist dasselbe,
was als Ursache bestimmt wurde, auch als Wirkung bestimmt; - Einheit
der Ursache und der Wirkung; - das nun als Wirkung Bestimmte hat von
neuem eine Ursache, d. i. die Ursache ist von ihrer Wirkung zu trennen, und als ein verschiedenes Etwas zu setzen; - diese neue Ursache ist aber selbst nur eine Wirkung - Einheit der Ursache und Wirkung; - sie hat ein Anderes zu ihrer Ursache; - Trennung beider Bestimmungen u.s.f. ins Unendliche.
Dem
Progreß kann so die eigenthümlichere Form gegeben werden; es wird die
Behauptung gemacht, das Endliche und Unendliche sind Eine Einheit;
diese falsche Behauptung muß durch die entgegengesetzte berichtigt
werden: sie sind schlechthin verschieden und sich entgegengesetzt;
diese ist wieder dahin zu berichtigen, daß sie
untrennbar sind, in der einen Bestimmung die andere liegt, durch die
Behauptung ihrer Einheit und so fort ins Unendliche. - Es ist eine
leichte Forderung, welche um die Natur des Unendlichen einzusehen,
gemacht wird, das Bewußtseyn zu haben, daß der unendliche Progreß, das
entwickelte Unendliche des Verstandes, die Beschaffenheit hat, die Abwechslung der beiden Bestimmungen, der Einheit und der Trennung beider Momente zu seyn, und dann das fernere Bewußtseyn zu haben, daß diese Einheit und diese Trennung selbst untrennbar sind.
Die Auflösung dieses Widerspruchs ist nicht die Anerkennung der gleichen Richtigkeit,
und der gleichen Unrichtigkeit beider Behauptungen; - dieß ist nur eine
andere Gestalt des bleibenden Widerspruchs, - sondern die Idealität beider, als in welcher sie in ihrem Unterschiede, als gegenseitige Negationen, nur Momente sind; jene eintönige Abwechslung ist faktisch sowohl die Negation der Einheit als der Trennung
derselben. In ihr ist ebenso faktisch das oben Aufgezeigte vorhanden,
daß das Endliche über sich hinaus in das Unendliche fällt, aber ebenso
über dasselbe hinaus sich selbst wieder erzeugt findet, hiermit darin
nur mit sich zusammengeht, wie das Unendliche gleichfalls; so daß
dieselbe Negation der Negation sich zur Affirmation resultirt, welches Resultat sich damit als ihre Wahrheit und Ursprünglichkeit erweist. In diesem Seyn hiermit als der Idealität
der Unterschiedenen ist der Widerspruch nicht abstrakt verschwunden,
sondern aufgelöst und versöhnt, und die Gedanken sind nicht nur
vollständig, sondern sie sind auch zusammengebracht. Die Natur
des spekulativen Denkens zeigt sich hieran als einem ausgeführten
Beispiele in ihrer bestimmten Weise, sie besteht allein in dem
Auffassen der entgegengesetzten Momente in ihrer Einheit. Indem jedes
und zwar faktisch sich an ihm zeigt, sein Gegentheil an ihm selbst zu
haben, und in diesem mit sich zusammenzugehen, so ist
die affirmative Wahrheit diese sich in sich bewegende Einheit, das
Zusammenfassen beider Gedanken, ihre Unendlichkeit, - die Beziehung auf
sich selbst, nicht die unmittelbare, sondern die unendliche.
Das
Wesen der Philosophie ist häufig von solchen, die mit dem Denken schon
vertrauter sind, in die Aufgabe gesetzt worden, zu beantworten, wie das Unendliche aus sich heraus und zur Endlichkeit komme? - Dieß, meint man, sey nicht begreiflich zu machen. Das Unendliche, bei dessen Begriff wir angekommen sind, wird sich im Fortgange dieser Darstellung weiter bestimmen, und an ihm in aller Mannigfaltigkeit der Formen das Geforderte zeigen, wie es, wenn man sich so ausdrücken will, zur Endlichkeit komme.
Hier betrachten wir diese Frage nur in ihrer Unmittelbarkeit, und in
Rücksicht des vorhin betrachteten Sinnes, den das Unendliche zu haben
pflegt.
Von der Beantwortung dieser Frage soll es überhaupt abhängen, ob es eine Philosophie gebe,
und indem man es hierauf noch ankommen lassen zu wollen vorgiebt,
glaubt man zugleich an der Frage selbst eine Art von Vexirfrage, einen
unüberwindlichen Talisman, zu besitzen, durch den man gegen die
Beantwortung und damit gegen die Philosophie und das Ankommen bei
derselben fest und gesichert sey. Auch bei anderen Gegenständen setzt
es eine Bildung voraus, fragen zu verstehen, noch mehr aber bei
philosophischen Gegenständen, um eine andere Antwort zu erhalten, als
die, daß die Frage nichts tauge. - Es pflegt bei solchen Fragen die
Billigkeit in Anspruch genommen zu werden, daß es auf die Worte nicht
ankomme, sondern in einer oder anderen Weise des Ausdrucks verständlich
sey, worauf es ankomme? Ausdrücke sinnlicher Vorstellung, wie herausgehen
und dergleichen, die bei der Frage gebraucht werden, erwecken den
Verdacht, daß sie aus dem Boden des gewöhnlichen Vorstellens stamme,
und für die Beantwortung auch Vorstellungen, die im gemeinen Leben gangbar sind, und die Gestalt eines sinnlichen Gleichnisses erwartet werden.
Wenn statt des Unendlichen das Seyn überhaupt genommen wird, so scheint das Bestimmen des Seyns,
eine Negation oder Endlichkeit an ihm, leichter begreiflich. Seyn ist
zwar selbst das Unbestimmte, aber es ist nicht unmittelbar an ihm
ausgedrückt, daß es das Gegentheil des Bestimmten sey. Das Unendliche
hingegen enthält dieß ausgedrückt; es ist das Nicht-Endliche.
Die Einheit des Endlichen und Unendlichen scheint somit unmittelbar
ausgeschlossen; die unvollendete Reflexion ist darum am hartnäckigsten
gegen diese Einheit.
Es
ist aber gezeigt worden, und es erhellt, ohne weiter in die Bestimmung
des Endlichen und Unendlichen einzugehen, unmittelbar, daß das
Unendliche in dem Sinne, ( in dem es von jenem Reflektiren genommen
wird, - nämlich als dem Endlichen gegenüberstehend, - darum weil es ihm
gegenübersteht, an ihm sein Anderes hat, daher schon begrenzt, und
selbst endlich, das Schlechtunendliche ist. Die Antwort auf die Frage, wie das Unendliche endlich werde, ist somit diese, daß es nicht ein Unendliches gibt, das vorerst
unendlich ist, und das nachher erst endlich zu werden, zur Endlichkeit
herauszugehen nöthig habe, sondern es ist für sich selbst schon eben so
sehr endlich als unendlich. Indem die Frage annimmt, daß das Unendliche
einer Seits für sich, und daß das Endliche, das aus ihm heraus in die
Trennung gegangen, oder wo es hergekommen seyn möchte, abgesondert von
ihm, wahrhaft real sey, - so wäre vielmehr zu sagen, diese Trennung sey
unbegreiflich. Weder solches Endliches, noch solches Unendliches
hat Wahrheit; das Unwahre aber ist unbegreiflich. Man muß aber ebenso
sagen, sie seyen begreiflich; die Betrachtung derselben, auch wie sie
in der Vorstellung sind, daß in dem einen die Bestimmung des anderen
liegt, die einfache Einsicht in diese ihre Untrennbarkeit haben, heißt
sie begreifen; diese Untrennbarkeit ist ihr Begriff. - In der Selbstständigkeit
jenes Unendlichen und Endlichen dagegen stellt jene Frage einen
unwahren Inhalt auf, und enthält in sich schon eine unwahre Beziehung
desselben. Darum ist nicht auf sie zu antworten, sondern vielmehr sind
die falschen Voraussetzungen, die sie enthält, d. i. die Frage selbst
zu negiren. Durch die Frage nach der Wahrheit jenes Unendlichen und
Endlichen wird der Standpunkt verändert, und diese Veränderung wird die
Verlegenheit, welche die erste Frage hervorbringen sollte, auf sie
zurückbringen; jene unsre Frage ist der Reflexion, aus der die erste Frage stammt, neu,
da solches Reflektiren nicht das spekulative Interesse enthält,
welches, für sich und ehe es Bestimmungen bezieht, darauf geht, zu
erkennen, ob dieselben, wie sie vorausgesetzt werden, etwas Wahres
seyen. Insofern aber die Unwahrheit jenes abstrakten Unendlichen, und
des eben so auf seiner Seite stehen bleiben sollenden Endlichen erkannt
ist, so ist über das Herausgehen des Endlichen aus dem Unendlichen zu
sagen, das Unendliche gehe zur Endlichkeit heraus, darum weil
es keine Wahrheit, kein Bestehen an ihm, wie es als abstrakte Einheit
gefaßt ist, hat; so umgekehrt geht das Endliche aus demselben Grunde
seiner Nichtigkeit in das Unendliche hinein. oder vielmehr ist
zu sagen, daß das Unendliche ewig zur Endlichkeit herausgegangen, daß
es schlechthin nicht ist, so wenig als das reine Seyn, allein für sich, ohne sein Anderes an ihm selbst zu haben.
Jene
Frage, wie das Unendliche zum Endlichen herausgehe, kann noch die
weitere Voraussetzung enthalten, daß das Unendliche an sich das
Endliche in sich schliesse, somit an sich die Einheit seiner selbst und
seines Anderen sey, so daß die Schwierigkeit sich wesentlich auf das Trennen
bezieht, als welches der vorausgesetzten Einheit beider entgegensteht.
In dieser Voraussetzung hat der Gegensatz, an welchem festgehalten s
wird, nur eine andere Gestalt; die Einheit und das Unterscheiden
werden von einander getrennt und isolirt. Wenn aber jene nicht als die
abstrakte unbestimmte Einheit, sondern schon wie in jener Voraussetzung
als die bestimmte Einheit des Endlichen und Unendlichen
genommen wird, so ist die Unterscheidung beider bereits darin auch
vorhanden, - eine Unterscheidung, die so zugleich nicht ein Loslassen
derselben zu getrennter Selbstständigkeit ist, sondern sie als ideelle in der Einheit läßt. Diese Einheit des Unendlichen und Endlichen und deren Unterscheidung sind dasselbe Untrennbare als die Endlichkeit und Unendlichkeit.
Der Satz, daß das Endliche ideell ist, macht den Idealismus
aus. Der Idealismus der Philosophie besteht in nichts anderem, als
darin, das Endliche nicht als ein wahrhaft Seyendes anzuerkennen. Jede
Philosophie ist wesentlich Idealismus, oder hat denselben wenigstens zu
ihrem Princip, und die Frage ist dann nur, inwiefern dasselbe wirklich
durchgeführt ist. Die Philosophie ist es so sehr als die Religion; denn
die Religion anerkennt die Endlichkeit ebenso wenig als ein wahrhaftes
Seyn, als ein Letztes, Absolutes, oder als ein Nicht-Gesetztes,
Unerschaffenes, Ewiges. Der Gegensatz von idealistischer und
realistischer Philosophie ist daher ohne Bedeutung. Eine Philosophie,
welche dem endlichen Daseyn als solchem wahrhaftes, letztes, absolutes
Seyn zuschriebe, verdiente den Namen Philosophie nicht; Principien
älterer oder neuerer Philosophien, das Wasser, oder die Materie oder
die Atome sind Gedanken, Allgemeine, Ideelle, nicht Dinge, wie
sie sich unmittelbar vorfinden, d. h. in sinnlicher Einzelnheit, selbst
jenes thaletische Wasser nicht; denn, obgleich auch das empirische
Wasser, ist es außerdem zugleich das Ansich oder Wesen aller anderen Dinge; und diese sind nicht selbstständige, in sich gegründete, sondern aus einem Anderen, dem Wasser, gesetzte, d. i. ideelle. Indem vorhin das Princip, das Allgemeine, das Ideelle genannt worden, wie noch mehr der Begriff, die Idee, der Geist, Ideelles zu nennen ist, und dann wiederum die einzelnen sinnlichen Dinge als ideell
im Princip, im Begriffe, noch mehr im Geiste, als aufgehoben sind, so
ist dabei auf dieselbe Doppelseite vorläufig aufmerksam zu machen, die
bei dem Unendlichen sich gezeigt hat, nämlich daß das eine Mal das
Ideelle das Konkrete, Wahrhaftseyende ist, das andere Mal aber ebenso
sehr seine Momente das Ideelle, in ihm Aufgehobene sind, in der That
aber nur das Eine konkrete Ganze ist, von dem die Momente untrennbar
sind.
Bei dem Ideellen wird vornehmlich die Form der Vorstellung gemeint, und das was in meiner Vorstellung überhaupt, oder im Begriffe, in der Idee, in der Einbildung u.s.f. ist, ideell
genannt, so daß Ideelles überhaupt auch für Einbildungen gilt, -
Vorstellungen, die nicht nur vom Reellen unterschieden, sondern
wesentlich nicht reell seyn sollen. In der That ist der Geist der
eigentliche Idealiste überhaupt; in ihm, schon wie er
empfindend, vorstellend, noch mehr, insofern er denkend und begreifend
ist, ist der Inhalt nicht als sogenanntes reales Daseyn; in der Einfachheit des Ich ist solches äußerliches Seyn nur aufgehoben, es ist für mich, es ist ideell
in mir. Dieser subjektive Idealismus, er sey als der bewußtlose
Idealismus des Bewußtseyns überhaupt oder bewußt als Princip
ausgesprochen und aufgestellt, geht nur auf die Form der
Vorstellung, nach der ein Inhalt der Meinige ist; diese Form wird im
systematischen Idealismus der Subjektivität als die einzig wahrhafte,
die ausschließende gegen die Form der Objektivität oder Realität, des äußerlichen Daseyns jenes Inhalts behauptet. Solcher Idealismus ist formell, indem er den Inhalt
des Vorstellens oder Denkens nicht beachtet, welcher im Vorstellen oder
Denken dabei ganz in seiner Endlichkeit bleiben kann. Es ist mit
solchem Idealismus nichts verloren, ebenso wohl weil die Realität
solchen endlichen Inhalts, das mit Endlichkeit erfüllte Daseyn, erhalten ist, als, insofern davon abstrahirt wird, an sich
an solchem Inhalt nichts gelegen seyn soll; und es ist nichts mit ihm
gewonnen, eben weil nichts verloren ist, weil Ich die Vorstellung, der
Geist mit demselben Inhalt der Endlichkeit erfüllt bleibt. Der
Gegensatz der Form von Subjektivität und Objektivität ist allerdings
eine der Endlichkeiten; aber der Inhalt, wie er in die
Empfindung, Anschauung oder auch in das abstraktere Element der
Vorstellung, des Denkens, aufgenommen wird, enthält die Endlichkeiten
in Fülle, welche mit dem Ausschließen jener nur einen Weise der
Endlichkeit, der Form von Subjektivem und objektivem, noch gar nicht
weggebracht, noch weniger von selbst weggefallen sind.
Im Fürsichseyn ist das qualitative Seyn vollendet;
es ist das unendliche Seyn. Das Seyn des Anfangs ist bestimmungslos.
Das Daseyn ist das aufgehobene, aber nur unmittelbar aufgehobene Seyn;
es enthält so zunächst nur die erste, selbst unmittelbare Negation; das
Seyn ist zwar gleichfalls erhalten, und beide im Daseyn in einfacher
Einheit vereint, aber eben darum an sich einander noch ungleich, und ihre Einheit noch nicht gesetzt.
Das Daseyn ist darum die Sphäre der Differenz, des Dualismus, das Feld
der Endlichkeit. Die Bestimmtheit ist Bestimmtheit als solche; ein
relatives, nicht absolutes Bestimmtseyn. Im Fürsichseyn ist der
Unterschied zwischen dem Seyn und der Bestimmtheit oder Negation
gesetzt und ausgeglichen; Qualität, Andersseyn, Grenze, wie Realität,
Ansichseyn, Sollen u.s.f. - sind die unvollkommenen
Einbildungen der Negation in das Seyn, als in welchen die Differenz
beider noch zu Grunde liegt. Indem aber in der Endlichkeit die Negation
in die Unendlichkeit, in die gesetzte Negation der Negation, übergegangen, ist sie einfache Beziehung auf sich, also an ihr selbst die Ausgleichung mit dem Seyn; - absolutes Bestimmtseyn.
Das Fürsichseyn ist erstens unmittelbar Fürsichseyendes, Eins.
Zweitens geht das Eins in die Vielheit der Eins über, - Repulsion; welches Andersseyn des Eins sich in der Idealität desselben aufhebt, Attraktion.
Drittens
die Wechselbestimmung der Repulsion und Attraktion, in welcher sie in
das Gleichgewicht zusammensinken, und die Qualität, die sich im
Fürsichseyn auf ihre Spitze trieb, in Quantität übergeht.
Der
allgemeine Begriff des Fürsichseyns hat sich ergeben. Es käme nur
darauf an, nachzuweisen, daß jenem Begriffe die Vorstellung entspricht,
die wir mit dem Ausdrucke: Fürsichseyn verbinden, um berechtigt
zu seyn, denselben für jenen Begriff zu gebrauchen. Und so scheint es
wohl; wir sagen, daß etwas für sich ist, insofern als es das
Andersseyn, seine Beziehung und Gemeinschaft mit Anderem aufhebt, sie
zurück-gestoßen, davon abstrahirt hat. Das Andere ist in ihm nur als ein Aufgehobenes, als sein Moment;
das Fürsichseyn besteht darin, über die Schranke, über sein Andersseyn
so hinausgegangen zu seyn, daß es als diese Negation die unendliche Rückkehr
in sich ist. - Das Bewußtseyn enthält schon als solches an sich die
Bestimmung des Fürsichseyns, indem es einen Gegenstand, den es
empfindet, anschaut u.s.f. sich vorstellt, d. i. dessen Inhalt in ihm hat, der auf die Weise als Ideelles ist; es ist in seinem Anschauen selbst, überhaupt in seiner Verwicklung mit dem Negativen seiner, mit dem Anderen, bei sich selbst.
Das Fürsichseyn ist das polemische, negative Verhalten, gegen das
begrenzende Andere, und durch diese Negation desselben
In-sich-reflektirtseyn, ob schon neben dieser Rückkehr des Bewußtseyns in sich, und der Idealität des Gegenstandes, auch noch die Realität desselben erhalten ist, indem er zugleich als ein äußeres Daseyn gewußt wird. Das Bewußtseyn ist so erscheinend,
oder der Dualismus, einer Seits von einem ihm andern, äußerlichen
Gegenstande zu wissen, und andererseits, für-sich zu seyn, denselben in
ihm ideell zu haben, nicht nur bei solchem Andern, sondern darin auch
bei sich selbst zu seyn. Das Selbstbewußtseyn dagegen ist das Fürsichseyn als vollbracht und gesetzt; jene Seite der Beziehung auf ein Anderes,
einen äußern Gegenstand ist entfernt. Das Selbstbewußtseyn ist so das
nächste Beispiel der Präsenz der Unendlichkeit; - einer freilich immer
abstrakten Unendlichkeit, die jedoch zugleich von ganz anders konkreter
Bestimmung ist, als das Fürsichseyn überhaupt, dessen Unendlichkeit
noch ganz nur qualitative Bestimmtheit hat.
Das Fürsichseyn ist, wie schon erinnert ist, die in das einfache Seyn zusammengesunkene Unendlichkeit; es ist Daseyn, insofern die negative Natur der Unendlichkeit, welche Negation der Negation ist, in der nunmehr gesetzten Form der Unmittelbarkeit
des Seyns, nur als Negation überhaupt, als einfache qualitative
Bestimmtheit ist. Das Seyn in solcher Bestimmtheit, in der es Daseyn
ist, ist aber sogleich vom Fürsichseyn selbst auch unterschieden,
welches nur Fürsichseyn, insofern seine Bestimmtheit jene unendliche
ist; jedoch ist das Daseyn zugleich Moment des Fürsichseyns selbst;
denn dieses enthält allerdings auch das mit der Negation behaftete
Seyn. So ist die Bestimmtheit, welche am Daseyn als solchem ein Anderes und Seyn-für-Anderes ist, in die unendliche Einheit des Fürsichseyns zurückgebogen, und das Moment des Daseyns ist im Fürsichseyn als Seyn-für-Eines vorhanden.
Dieß
Moment drückt aus, wie das Endliche in seiner Einheit mit dem
Unendlichen oder als Ideelles ist. Das Fürsichseyn hat die Negation
nicht an ihm als eine Bestimmtheit oder Grenze, und damit auch nicht
als Beziehung auf ein von ihm anderes Daseyn. Indem nun dieß Moment als
Seyn-für-Eines bezeichnet worden, ist noch nichts vorhanden, für
welches es wäre, - das Eine nicht, dessen Moment es wäre. Es ist in der
That dergleichen noch nicht im Fürsichseyn fixirt; das für welches
Etwas (- und ist hier kein Etwas -) wäre, was die andere Seite
überhaupt seyn sollte, ist gleicherweise Moment, selbst nur
Seyn-für-Eines, noch nicht Eines. - Somit ist noch eine
Ununterschiedenheit zweier Seiten, die im Seyn-für-eines vorschweben
können, vorhanden; nur Ein Seyn-für-Anderes, und weil es nur
Ein Seyn-für-Anderes ist, ist dieses auch nur Seyn-für-Eines; es ist
nur die Eine ldealität dessen, für welches oder in welchem eine
Bestimmung als Moment und dessen, was Moment in ihm seyn sollte. So
machen Für-eines-seyn und das Fürsichseyn keine wahrhaften Bestimmtheiten gegeneinander aus. Insofern der Unterschied auf einen Augenblick angenommen und hier von einem Fürsichseyenden
gesprochen wird, so ist es das Fürsichseyende, als Aufgehobenseyn des
Andersseyns, selbst, welches sich auf sich als auf das aufgehobene
Andere bezieht, also für-Eines ist; es bezieht sich in seinem Andern nur auf sich. Das Ideelle ist nothwendig für-Eines, aber es ist nicht für ein Anderes; das Eine, für welches es ist, ist nur es selbst. - Ich also, der Geist überhaupt, oder Gott, sind Ideelle, weil
sie unendlich sind; aber sie sind ideell nicht, als für-sich-seyende,
verschieden von dem, das für-Eines ist. Denn so wären sie nur
unmittelbare, oder näher Daseyn und ein Seyn-für-Anderes, weil das,
welches für sie wäre, nicht sie selbst, sondern ein Anderes wäre, wenn
das Moment, für-eines zu seyn, nicht ihnen zukommen sollte. Gott ist
daher für sich, insofern er selbst das ist, das für ihn ist.
Für-sich-seyn
und Für-Eines-seyn sind also nicht verschiedene Bedeutungen der
Idealität, sondern sind wesentliche, untrennbare Momente derselben.
Der zunächst als sonderbar erscheinende Ausdruck unserer Sprache für die Frage nach der Qualität, was für ein
Ding etwas sey, hebt das hier betrachtete Moment in seiner
Reflexion-in-sich heraus. Dieser Ausdruck ist in seinem Ursprung
idealistisch, indem er nicht fragt, was dieß Ding A für ein anderes Ding B sey, nicht was dieser Mensch für einen anderen Menschen sey; - sondern was dieß für ein Ding, für ein Mensch ist so daß dieß Seyn-für-Eines zugleich zurückgenommen ist in dieß Ding, in diesen Menschen selbst, daß dasjenige, welches ist, und das für welches es ist, ein und dasselbe ist, - eine Identität, als welche auch die Idealität betrachtet werden muß.
Die Idealität kommt zunächst den aufgehobenen Bestimmungen zu, als unterschieden von dem, worin
sie aufgehoben sind, das dagegen als das Reelle genommen werden kann.
So aber ist das Ideelle wieder eins der Momente und das Reale das
andere; die Idealität aber ist dieß, daß beide Bestimmungen
gleicherweise nur für Eines sind, und nur für Eines
gelten, welche Eine Idealität somit ununterschieden Realität ist. In
diesem Sinn ist das Selbstbewußtseyn, der Geist, Gott, das Ideelle, als
unendliche Beziehung rein auf sich, - Ich-ist für Ich, beide sind
dasselbe, Ich ist zweimal genannt, aber so von
den Zweien ist jedes nur für-Eines, ideell; der Geist ist nur für den
Geist, Gott nur für Gott, und nur diese Einheit ist Gott, Gott als
Geist. - Das Selbstbewußtseyn aber tritt als Bewußtseyn in den
Unterschied seiner und eines Anderen, oder seiner
Idealität, in der es vorstellend ist, und seiner Realität, indem seine
Vorstellung einen bestimmten Inhalt hat, der noch die Seite hat, als
das unaufgehobene Negative, als Daseyn, gewußt zu werden. Jedoch den
Gedanken, Geist, Gott nur ein Ideelles zu nennen, setzt den
Standpunkt voraus, auf welchem das endliche Daseyn als das Reale gilt,
und das Ideelle oder das Seyn-für-Eines nur einen einseitigen Sinn hat.
In
einer vorherg. Anm. ist das Princip des Idealismus angegeben und gesagt
worden, daß es bei einer Philosophie alsdann näher darauf ankomme, in
wiefern das Princip durchgeführt ist. Ueber die Art dieser Durchführung
kann in Beziehung auf die Kategorie, bei der wir stehen, noch eine
weitere Bemerkung gemacht werden. Diese Durchführung hängt zunächst
davon ab, - ob neben dem Fürsichseyn nicht noch das endliche Daseyn
selbstständig bestehen bleibt, außerdem aber ob in dem Unendlichen
schon selbst das Moment: für-Eines, ein Verhalten des Ideellen
zu sich als Ideellem, gesetzt sey. So ist das eleatische Seyn oder die
Spinozische Substanz nur die abstrakte Negation aller Bestimmtheit,
ohne daß in ihr selbst die Idealität gesetzt wäre; - bei Spinoza ist, wie weiter unten erwähnt werden wird, die Unendlichkeit nur die absolute Affirmation
eines Dings, somit nur die unbewegte Einheit, die Substanz kommt daher
nicht einmal zur Bestimmung des Fürsichseyns, vielweniger des Subjekts
und des Geistes. Der Idealismus des edeln Malebranche ist in
sich explicirter; er enthält folgende Grundgedanken: da Gott alle ewige
Wahrheiten, die Ideen, und Vollkommenheiten aller Dinge in sich
schließt, so daß sie nur die seinigen sind, so sehen wir sie nur in ihm; Gott erweckt in uns unsere Empfindungen von den
Gegenständen durch eine Aktion, die nichts Sinnliches hat, wobei wir
uns einbilden, daß wir vom Gegenstande nicht nur dessen Idee die dessen
Wesen vorstellt, sondern auch die Empfindung von dem Daseyn desselben
erlangen ( De la recherche de la Verité, Eclairc. sur la nature des idées
etc.). Wie also die ewigen Wahrheiten und Ideen (Wesenheiten) der
Dinge, so ist ihr Daseyn, in Gott, ideell, nicht ein wirkliches Daseyn;
obgleich als unsere Gegenstände, sind sie nur für Eines. Dieß
Moment des explicirten und konkreten Idealismus, das im Spinozismus
mangelt, ist hier vorhanden, indem die absolute Idealität als Wissen
bestimmt ist. So rein und tief dieser Idealismus ist, so enthalten jene
Verhältnisse Theils noch viel für den Gedanken Unbestimmtes, Theils
aber ist deren Inhalt sogleich ganz konkret (die Sünde und die Erlösung
u.s.f. treten sogleich in sie ein); die logische Bestimmung der
Unendlichkeit, die dessen Grundlage seyn müßte, ist nicht für sich
ausgeführt, und so jener erhabene und erfüllte Idealismus wohl das
Produkt eines reinen spekulativen Geistes, aber noch nicht eines reinen
spekulativen, allein wahrhaft begründenden, Denkens. Der leibnitzische Idealismus liegt mehr innerhalb der Grenze des abstrakten Begriffes. - Das leibnitzische vorstellende Wesen, die Monade,
ist wesentlich Ideelles. Das Vorstellen ist ein Fürsichseyn, in welchem
die Bestimmtheiten nicht Grenzen und damit nicht ein Daseyn, sondern
nur Momente sind. Vorstellen ist zwar gleichfalls eine konkretere
Bestimmung, aber hat hier keine weitere Bedeutung, als die der
Idealität; denn auch das Bewußtseynslose überhaupt ist bei Leibnitz
Vorstellendes, Percipirendes. Es ist in diesem Systeme also das
Andersseyn aufgehoben; Geist und Körper, oder die Monaden überhaupt
sind nicht Andere für einander, sie begrenzen sich nicht, haben keine
Einwirkung aufeinander; es fallen überhaupt alle Verhältnisse weg,
welchen ein Daseyn zum Grunde liegt. Die Mannigfaltigkeit ist nur eine
ideelle und innere, die Monade bleibt darin
nur auf sich selbst bezogen, die Veränderungen entwickeln sich
innerhalb ihrer, und sind keine Beziehungen derselben auf andere. Was
nach der realen Bestimmung als da seyende Beziehung der Monaden
aufeinander genommen wird, ist ein unabhängiges nur simultanes Werden, in das Fürsichseyn einer jeden eingeschlossen. - Daß es mehrere Monaden
giebt, daß sie damit auch als Andere bestimmt werden, geht die Monaden
selbst nichts an; es ist dieß die außer ihnen fallende Reflexion eines
Dritten; sie sind nicht an ihnen selbst Andere gegeneinander; das Fürsichseyn ist rein ohne das Daneben eines Daseyns gehalten. - Allein hierin liegt zugleich das Unvollendete dieses Systems. Die Monaden sind nur an sich, oder in Gott, als der Monade der Monaden, oder auch im Systeme,
so Vorstellende. Das Andersseyn ist gleichfalls vorhanden; es falle
wohin es wolle, in die Vorstellung selbst, oder wie das Dritte bestimmt
werde, welches sie als Andere, als Viele, betrachtet. Die Vielheit
ihres Daseyns ist nur ausgeschlossen und zwar nur momentan, die Monaden
nur durch die Abstraktion als solche gesetzt, welche Nicht-Andere
seyen. Wenn es ein Drittes ist, welches ihr Andersseyn setzt, so ist es
auch ein Drittes, welches ihr Andersseyn aufhebt; aber diese ganze Bewegung, welche sie zu ideellen macht,
fällt außer ihnen. Indem aber daran erinnert werden kann, daß diese
Bewegung des Gedankens selbst doch nur innerhalb einer vorstellenden
Monade falle, so ist zugleich zu erinnern, daß eben der Inhalt solchen Denkens in sich selbst sich äußerlich
ist. Es wird von der Einheit der absoluten Idealität (der Monade der
Monaden) unmittelbar, unbegriffen (- durch die Vorstellung des
Erschaffens) zur Kategorie der abstrakten (beziehungslosen) Vielheit
des Daseyns übergegangen, und von dieser ebenso abstrakt zurück zu
jener Einheit. Die Idealität, das Vorstellen überhaupt, bleibt etwas
formelles, wie gleichfalls das zum Bewußtseyn gesteigerte Vorstellen.
Wie
in dem oben angeführten Einfalle Leibnitzens von der Magnetnadel, die
wenn sie ein Bewußtseyn hätte, ihre Richtung nach Norden für eine
Bestimmung ihrer Freiheit ansehen würde, das Bewußtseyn nur als
einseitige Form, welche gegen ihre Bestimmung und Inhalt gleichgültig
sey, gedacht wird, so ist die Idealität in den Monaden eine der
Vielheit äußerlich bleibende Form. Die Idealität soll ihnen immanent,
ihre Natur Vorstellen seyn; aber ihr Verhalten ist einer Seits ihre
Harmonie, die nicht in ihr Daseyn fällt, sie ist daher prästabilirt;
anderer Seits ist dieses ihr Daseyn nicht als Seyn-für-Anderes,
noch weiter als Idealität gefaßt, sondern nur als abstrakte Vielheit
bestimmt; die Idealität der Vielheit und die weitere Bestimmung
derselben zur Harmonie wird nicht dieser Vielheit selbst immanent und
angehörig.
Anderer Idealismus, wie zum Beispiel der kantische und fichte'sche, kommt nicht über das Sollen oder den unendlichen Progreß
hinaus, und bleibt im Dualismus des Daseyns und des Fürsichseyns. In
diesen Systemen tritt das Ding-an-sich oder der unendliche Anstoß zwar
unmittelbar in das Ich und wird nur ein für dasselbe; aber er
geht von einem freien Andersseyn aus, das als negatives Ansichseyn
perennirt. Das Ich wird daher wohl als das Ideelle, als fürsichseyend,
als unendliche Beziehung auf sich bestimmt; aber das Für-Eines-seyn ist nicht vollendet zum Verschwinden jenes Jenseitigen oder der Richtung nach dem Jenseits.
Das
Fürsichseyn ist die einfache Einheit seiner selbst und seines Moments,
des Seyns für-Eines. Es ist nur Eine Bestimmung vorhanden, die
Beziehung-auf-sich-selbst des Aufhebens. Die Momente des Fürsichseyns sind in Unterschiedslosigkeit zusammengesunken, welche Unmittelbarkeit oder Seyn ist, aber eine Unmittelbarkeit, die sich auf das Negiren gründet, das als ihre Bestimmung gesetzt ist. Das Fürsichseyn ist so, Fürsichseyendes, und indem in dieser Unmittelbarkeit seine innere Bedeutung verschwindet, die ganz abstrakte Grenze seiner selbst, - das Eins.
Es kann zum Voraus auf die Schwierigkeit, welche in der nachfolgenden Darstellung der Entwickelung des Eins liegt, und auf den Grund dieser Schwierigkeit aufmerksam gemacht werden. Die Momente, welche den Begriff des Eins als Fürsichseyns ausmachen, treten darin auseinander; sie sind 1) Negation überhaupt, 2) Zwei Negationen 3) somit Zweier, die dasselbe sind, 4) die schlechthin entgegengesetzt sind; 5) Beziehung auf sich, Identität als solche, 6) negative Beziehung und doch auf sich selbst. Diese Momente treten hier dadurch auseinander, daß die Form der Unmittelbarkeit, des Seyns, am Fürsichseyn als Fürsichseyendem hereinkommt; durch diese Unmittelbarkeit wird jedes Moment als eine eigene, seyende Bestimmung gesetzt; und doch sind sie ebenso untrennbar. Somit muß von jeder Bestimmung ebenso ihr Gegentheil gesagt werden; dieser Widerspruch ist es, der, bei der abstrakten Beschaffenheit der Momente, die Schwierigkeit ausmacht.
Das
Eins ist die einfache Beziehung des Fürsichseyns auf sich selbst, in
der seine Momente in sich zusammengefallen sind, in der es daher die
Form der Unmittelbarkeit hat und seine Momente daher nun daseyende werden.
Als Beziehung des Negativen auf sich, ist das Eins Bestimmen, - und als Beziehung auf sich, ist es unendliches Selbstbestimmen. Aber um der nunmehrigen Unmittelbarkeit willen, sind diese Unterschiede nicht mehr nur als Momente Einer und derselben Selbstbestimmung, sondern zugleich als Seyende gesetzt. Die Idealität des Fürsichseyns als Totalität schlägt so fürs erste in die Realität um, und zwar in die festeste, abstrakteste, als Eins. Das Fürsichseyn ist im Eins die gesetzte Einheit des Seyns und Daseyns, als die absolute Vereinigung
der Beziehung auf Anderes und der Beziehung auf sich; aber dann tritt auch die Bestimmtheit des Seyns, gegen die Bestimmung der unendlichen Negation, gegen die Selbstbestimmung ein, so daß was Eins an sich ist, es nun nur an ihm ist, und damit das Negative ein als von ihm unterschiedenes Anderes. Was sich als von ihm unterschieden vorhanden zeigt, ist sein eigenes Selbstbestimmen; dessen Einheit mit sich so als unterschieden von sich ist zur Beziehung herabgesetzt, und als negative Einheit Negation seiner selbst als eines Anderen, Ausschließen des Eins als eines Anderen aus sich, dem Eins.
An
ihm selbst ist das Eins überhaupt; dieß sein Seyn ist kein Daseyn,
keine Bestimmung als Beziehung auf Anderes, keine Beschaffenheit, es
ist dieß, diesen Kreis von Kategorien negirt zu haben. Das Eins ist
somit keines Anderswerdens fähig; es ist unveränderlich.
Es
ist unbestimmt, jedoch nicht mehr wie das Seyn; seine Unbestimmtheit
ist die Bestimmtheit, welche Beziehung auf sich selbst ist, absolutes
Bestimmtseyn; gesetztes Insichseyn. Als nach seinem Begriffe
sich auf sich beziehende Negation hat es den Unterschied in ihm, - eine
Richtung von sich ab hinaus auf Anderes, die aber unmittelbar
umgewendet, weil nach diesem Momente des Selbstbestimmens kein Anderes
ist, auf das sie gehe, und die in sich zurückgekehrt ist.
In
dieser einfachen Unmittelbarkeit ist die Vermittelung des Daseyns und
der Idealität selbst, und damit alle Verschiedenheit und
Mannigfaltigkeit verschwunden. Es ist nichts in ihm; dieß Nichts, die Abstraktion der Beziehung auf sich selbst, ist hier unterschieden von dem Insichseyn selbst, es ist ein Gesetztes,
weil dieß Insichseyn nicht mehr das einfache des Etwas ist, sondern-die
Bestimmung hat, als Vermittelung konkret zu seyn; als abstrakt aber ist
es zwar identisch mit Eins, aber verschieden von dessen Bestimmung. So
dieß Nichts gesetzt, als in Einem ist das Nichts als Leeres. - Das Leere ist so die Qualität des Eins in seiner Unmittelbarkeit.
Das
Eins ist das Leere als die abstrakte Beziehung der Negation auf sich
selbst. Aber von der einfachen Unmittelbarkeit, dem auch affirmativen
Seyn des Eins, ist das Leeres als das Nichts schlechthin verschieden,
und indem sie in Einer Beziehung, des Eins selbst nämlich, stehen, ist
ihre Verschiedenheit gesetzt; verschieden aber vom Seyenden ist das Nichts als Leeres außer dem seyenden Eins.
Das Fürsichseyn, indem es sich auf diese Weise als das Eins und das Leere bestimmt, hat wieder ein Daseyn
erlangt. - Das Eins und das Leere haben die negative Beziehung auf sich
zu ihrem gemeinschaftlichen, einfachen Boden. Die Momente des
Fürsichseyns treten aus dieser Einheit, werden sich Aeußerliche, indem
durch die einfache Einheit der Momente die Bestimmung des Seyns hereinkommt, so setzt sie sich selbst zu einer
Seite, damit zum Daseyn herab, und darin stellt sich ihre andere
Bestimmung, die Negation überhaupt, gleichfalls als Daseyn des Nichts,
als das Leere, gegenüber.
Das Eins in dieser Form von Daseyn ist die Stufe der Kategorie, die bei den Alten, als das atomistische Princip vorgekommen ist, nach welchem das Wesen der Dinge ist, das Atome und das Leere, ( .... .) Die Abstraktion zu dieser Form gediehen, hat eine größere Bestimmtheit gewonnen, als das Seyn des Parmenides und das Werden des Heraklits. So hoch
sie sich stellt, indem sie diese einfache Bestimmtheit des Eins und des
Leeren zum Princip aller Dinge macht, die unendliche Mannigfaltigkeit
der Welt auf diesen einfachen Gegensatz zurückführt, und sie aus ihm zu
erkennen sich erkühnt, ebenso leicht ist es für das vorstellende Reflektiren, sich hier Atome und daneben
das Leere vorzustellen. Es ist daher kein Wunder, daß das atomistische
Princip sich jederzeit erhalten hat; das gleich triviale und äußerliche
Verhältniß der Zusammensetzung, das noch hinzukommen muß, um
zum Scheine eines Konkreten und einer Mannigfaltigkeit zu gelangen, ist
eben so populär als die Atome selbst und das Leere. Das Eins und das
Leere ist das Fürsichseyn, das höchste qualitative Insichseyn zur
völligen Aeußerlichkeit herabgesunken; die Unmittelbarkeit oder
das Seyn des Eins, weil es die Negation alles Andersseyns ist, ist
gesetzt nicht mehr bestimmbar und veränderlich zu seyn, für dessen
absolute Sprödigkeit bleibt also alle Bestimmung, Mannigfaltigkeit,
Verknüpfung schlechthin äußerliche Beziehung.
In
dieser Aeußerlichkeit ist jedoch das atomistische Princip nicht bei den
ersten Denkern desselben geblieben, sondern es hatte außer seiner
Abstraktion auch eine spekulative Bestimmung darin, daß das Leere als der Quell der Bewegung
erkannt worden ist; was eine ganz andere Beziehung des Atomen und des
Leeren ist, als das bloße Nebeneinander und die Gleichgültigkeit dieser
beiden Bestimmungen gegeneinander. Daß das Leere der Quell der Bewegung
ist, hat nicht den geringfügigen Sinn, daß sich Etwas nur in ein Leeres
hineinbewegen könne, und nicht in einen schon erfüllten Raum, denn in
einem solchen fände es keinen Platz mehr offen; in welchem Verstande
das Leere nur die Voraussetzung oder Bedingung, nicht der Grund der Bewegung wäre, so wie auch die Bewegung selbst als vorhanden vorausgesetzt, und das Wesentliche, ein Grund derselben,
vergessen ist. Die Ansicht, daß das Leere den Grund der Bewegung
ausmache, enthält den tiefern Gedanken, daß im Negativen überhaupt, der
Grund des Werdens, der Unruhe der Selbstbewegung liegt; in welchem
Sinne aber das Negative als die wahrhafte Negativität des Unendlichen
zu nehmen ist. - Das Leere ist Grund der Bewegung nur als die negative Beziehung des Eins auf sein Negatives, auf das Eins, d. i. auf sich selbst, das jedoch als Daseyendes gesetzt ist.
Sonst
aber sind weitere Bestimmungen der Alten über eine Gestalt, Stellung
der Atome, die Richtung ihrer Bewegung willkürlich und äußerlich genug;
und stehen dabei in direktem Widerspruch mit der Grundbestimmung des
Atomen. An den Atomen, dem Princip der höchsten Aeußerlichkeit und
damit der höchsten Begrifflosigkeit, leidet die Physik in den
Molecules, Partikeln ebenso sehr als die Staatswissenschaft, die von
dem einzelnen Willen der Individuen ausgeht.
Das
Eins und das Leere macht das Fürsichseyn in seinem nächsten Daseyn aus.
Jedes dieser Momente hat zu seiner Bestimmung die Negation, und ist
zugleich als ein Daseyn gesetzt. Nach jener ist das Eins und das Leere
die Beziehung der Negation auf die Negation als eines Andern
auf sein Anderes; das Eins ist die Negation in der Bestimmung des
Seyns, das Leere die Negation in der Bestimmung des Nichtseyns. Aber
das Eins ist wesentlich nur Beziehung auf sich als beziehende Negation d. h. ist selbst dasjenige, was das Leere außer ihm seyn soll. Beide sind aber auch gesetzt als ein affirmatives Daseyn, das eine als das Fürsichseyn als solches, das andere als unbestimmtes Daseyn überhaupt, und sich aufeinander als auf ein anderes Daseyn beziehend. Das Fürsichseyn des Eins ist jedoch wesentlich die Idealität des Daseyns und des Anderen; es bezieht sich nicht als auf ein Anderes, sondern nur auf sich. Indem aber das Fürsichseyn als Eins, als für sich Seyendes, als unmittelbar vorhandenes fixirt ist, ist seine negative Beziehung auf sich zugleich Beziehung auf ein Seyendes; und da sie eben so sehr negativ ist, bleibt das, worauf es sich bezieht, als ein Daseyn und ein Anderes bestimmt; als wesentlich Beziehung auf sich selbst, ist das Andere nicht die unbestimmte Negation, als Leeres, sondern ist gleichfalls Eins. Das Eins ist somit Werden zu vielen Eins.
Eigentlich ist dieß aber nicht sowohl ein Werden; denn Werden ist ein Uebergehen von Seyn in Nichts; Eins hingegen wird nur zu Eins.
Eins, das Bezogene enthält das Negative als Beziehung, hat dasselbe
also an ihm selbst. Statt des Werdens ist also erstens die eigene
immanente Beziehung des Eins vorhanden; und zweitens insofern sie
negativ und das Eins seyendes zugleich ist, so stößt das Eins sich
selbst von sich ab. Die negative Beziehung des Eins auf sich ist Repulsion.
Diese Repulsion, so als das Setzen der vielen Eins
aber durch Eins selbst ist das eigne Außersichkommen des Eins, aber zu
solchen außer ihm, die selbst nur Eins sind. Es ist dieß die Repulsion
dem Begriffe nach, die an sich seyende. Die zweite
Repulsion ist davon unterschieden, und ist die der Vorstellung der
äußern Reflexion zunächst vorschwebende, als nicht das Erzeugen der
Eins, sondern nur als gegenseitiges Abhalten vorausgesetzter, schon vorhandener Eins. Es ist dann zu sehen, wie jene an sich seyende Repulsion zur zweiten, der äußerlichen, sich bestimmt.
Zunächst
ist festzusetzen, welche Bestimmungen die vielen Eins als solche haben.
Das Werden zu Vielen oder Producirtwerden der Vielen, verschwindet
unmittelbar als Gesetztwerden; die Producirten sind Eins, nicht für
Anderes, sondern beziehen sich unendlich auf sich selbst. Das Eins stößt nur sich von sich selbst ab, wird also nicht, sondern es ist schon; das als das Repellirte vorgestellt wird, ist gleichfalls ein Eins, ein Seyendes; Repelliren und Repellirt-werden kommt beiden auf gleiche Weise zu, und macht keinen Unterschied.
Die Eins sind so vorausgesetzte gegeneinander; - gesetzte durch die Repulsion des Eins von sich selbst; voraus, gesetzt als nicht gesetzt; ihr Gesetztseyn ist aufgehoben, sie sind Seyende gegeneinander, als sich nur auf sich beziehende.
Die Vielheit erscheint somit nicht als ein Andersseyn,
sondern als eine dein Eins vollkommen äußere Bestimmung. Eins, indem es
sich selbst repellirt, bleibt Beziehung auf sich wie das, das zunächst
als repellirt genommen wird. Daß die Eins andere gegeneinander,
in die Bestimmtheit der Vielheit zusammengefaßt sind, geht also die
Eins nichts an. Wäre die Vielheit eine Beziehung der Eins selbst
aufeinander, so begrenzten sie einander und hätten ein Seyn-für-Anderes
affirmativ an ihnen. Ihre Beziehung, - und diese haben sie durch ihre an sich seyende Einheit, - wie sie hier gesetzt ist, ist als keine bestimmt; sie ist wieder das vorhingesetzte Leere. Es ist ihre aber ihnen äußerliche Grenze, in der sie nicht für einander seyn sollen. Die Grenze ist das, worin die Begrenzten eben so sehr sind als nicht sind; aber das Leere ist als das reine Nichtseyn bestimmt, und nur dieß macht ihre Grenze aus.
Die Repulsion des Eins von sich selbst ist die Explikation dessen, was das Eins an sich ist; die Unendlichkeit aber als auseinander gelegt ist hier die außer sich gekommene Unendlichkeit;
außer sich gekommen ist sie durch die Unmittelbarkeit des Unendlichen,
des Eins. Sie ist ein ebenso einfaches Beziehen des Eins auf Eins, als
vielmehr die absolute Beziehungslosigkeit der Eins; jenes nach der
einfachen affirmativen Beziehung des Eins auf sich, dieses nach eben
derselben als negativen. Oder die Vielheit des Eins ist das eigene Setzen des Eins; das Eins ist nichts als die negative
Beziehung des Eins auf sich, und diese Beziehung, also das Eins selbst,
ist das viele Eins. Aber ebenso ist die Vielheit dem Eins schlechthin
äußerlich; denn das Eins ist eben das Aufheben des Andersseyns, die
Repulsion ist seine Beziehung auf sich, und einfache Gleichheit mit
sich selbst. Die Vielheit der Eins ist die Unendlichkeit, als
unbefangen sich hervorbringender Widerspruch.
Es ist vorhin des leibnitzischen Idealismus erwähnt worden. Es kann hier hinzugesetzt werden, daß derselbe von der vorstellenden Monade aus, die als Fürsichseyende bestimmt ist, nur bis zu der so eben betrachteten Repulsion fortging, und zwar nur zu der Vielheit
als solcher, in der die Eins jedes nur für sich, gleichgültig gegen das
Daseyn und Für-sich-seyn anderer ist, oder überhaupt Andere gar nicht
für das Eins sind. Die Monade ist für sich die ganze abgeschlossene
Welt; es bedarf keine der andern; aber diese innere Mannigfaltigkeit,
die sie in ihrem Vorstellen hat, ändert in ihrer Bestimmung, für sich
zu seyn, nichts. Der Leibnitzische Idealismus nimmt die Vielheit unmittelbar als eine gegebene auf, und begreift sie nicht als eine Repulsion der Monade; er hat daher die Vielheit nur nach der Seite ihrer abstrakten Aeußerlichkeit. Die Atomistik
hat den Begriff der Idealität nicht; sie faßt das Eins nicht als ein
solches, das in ihm selbst die beiden Momente des Fürsichseyns und des
Für-es-seyns enthält, also als ideelles, sondern nur als einfach,
trocken Für-sich-seyendes. Aber sie geht über die bloß gleichgültige
Vielheit hinaus; die Atomen kommen in eine weitere Bestimmung
gegeneinander, wenn auch eigentlich auf inkonsequente Weise; da
hingegen in jener gleichgültigen Unabhängigkeit der Monaden, die
Vielheit als starre Grundbestimmung bleibt, so daß ihre Beziehung nur in die Monade der Monaden, oder in den betrachtenden Philosophen fällt.
Die
vielen Eins sind Seyende; ihr Daseyn oder Beziehung aufeinander ist
Nicht-Beziehung, sie ist ihnen äußerlich; - das abstrakte Leere. Aber
sie selbst sind diese negative Beziehung auf sich nun als auf seyende Andere; - der aufgezeigte Widerspruch, die Unendlichkeit, gesetzt in Unmittelbarkeit des Seyns. Hiermit findet nun die Repulsion das unmittelbar vor, was von ihr repellirt ist. Sie ist in dieser Bestimmung Ausschließen;
das Eins repellirt nur die Vielen von ihm unerzeugten, nichtgesetzten
Eins von sich. dieß Repelliren ist, gegenseitig oder allseitig, -
relativ, durch das Seyn der Eins beschränkt.
Die Vielheit ist zunächst nicht gesetztes Andersseyn; die Grenze nur das Leere, nur das, worin die Eins nicht sind. Aber sie sind auch in der Grenze; sie sind im Leeren, oder ihre Repulsion ist ihre gemeinsame Beziehung.
Diese gegenseitige Repulsion ist das gesetzte Daseyn der vielen Eins;
sie ist nicht ihr Fürsichseyn, nach dem sie nur in einem Dritten als
Vieles unterschieden wären, sondern ihr eigenes sie erhaltendes
Unterscheiden. - Sie negiren sich gegenseitig, setzen einander als
solche, die nur für-Eines sind. Aber sie negiren eben so sehr zugleich dieß, nur für-Eines zu seyn; sie repelliren diese ihre Idealität und sind. - So sind die Momente getrennt, die in der Idealität schlechthin vereinigt sind. Das Eins ist in seinem Fürsichseyn auch für-Eines,
aber dieß Eine, für welches es ist, ist es selbst; sein Unterscheiden
von sich ist unmittelbar aufgehoben. Aber in der Vielheit hat das
unterschiedne Eins ein Seyn; das Seyn-für-Eines, wie es in dem
Ausschließen bestimmt ist, ist daher ein Seyn-für-Anderes. Jedes wird
so von einem Andern repellirt, aufgehoben und zu einem gemacht, das nicht für sich, sondern für-eines und zwar ein anderes Eins ist.
Das
Fürsichseyn der vielen Eins zeigt sich hiernach als ihre
Selbsterhaltung, durch die Vermittelung ihrer Repulsion gegeneinander,
in der sie sich gegenseitig aufheben, und die anderen als ein bloßes
Seyn-für-Anderes setzen; aber zugleich besteht sie darin, diese
Idealität zu repelliren, und die Eins zu setzen, nicht für-ein-Anderes
zu seyn. Diese Selbsterhaltung der Eins durch ihre negative Beziehung
auf einander ist aber vielmehr ihre Auflösung.
Die Eins sind
nicht nur, sondern sie erhalten sich durch ihr gegenseitiges
Ausschließen. Erstens ist nun das, wodurch sie den festen Halt ihrer
Verschiedenheit gegen ihr Negirtwerden haben sollten, ihr Seyn, und zwar ihr Ansichseyn gegen ihre Beziehung auf-Anderes; dieß Ansichseyn ist, daß sie Eins sind. Aber dieß sind Alle; sie sind in ihrem Ansichseyn dasselbe, statt darin den festen Punkt ihrer Verschiedenheit zu haben. Zweitens ihr Daseyn und ihr Verhalten zu einander, d. i. ihr Sich selbst als Eins setzen, ist das gegenseitige Negiren; dieß ist aber gleichfalls eine und dieselbe
Bestimmung Aller, durch welche sie sich also vielmehr als identisch
setzen; wie dadurch, daß sie an sich dasselbe sind, ihre als durch
Andere zu setzende Idealität ihre eigene ist, welche sie also ebenso wenig repelliren. - Sie sind hiermit ihrem Seyn und Setzen nach nur Eine affirmative Einheit.
Diese
Betrachtung der Eins, daß sie nach ihren beiden Bestimmungen sowohl,
insofern sie sind, als insofern sie sich aufeinander beziehen, sich nur
als ein und dasselbe und ihre Ununterscheidbarkeit zeigen, ist unsere
Vergleichung. - Es ist aber auch zu sehen, was in ihrer Beziehung aufeinander selbst gesetzt an ihnen ist. - Sie sind,
dieß ist in dieser Beziehung vorausgesetzt, - und sind nur insofern sie
sich gegenseitig negiren, und diese ihre Idealität, ihr Negirtseyn
zugleich von sich selbst abhalten, d. i. das
gegenseitige Negiren negiren. Aber sie sind nur insofern sie negiren,
so wird, indem dieß ihr Negiren negirt wird, ihr Seyn negirt. Zwar
indem sie sind, würden sie durch dieß Negiren nicht negirt, es
ist nur ein Aeußerliches für sie; dieß Negiren des Anderen prallt an
ihnen ab, und trifft nur berührend ihre Oberfläche. Allein nur durch
das Negiren der Anderen kehren sie in sich selbst zurück; sie sind nur
als diese Vermittelung, diese ihre Rückkehr ist ihre Selbsterhaltung
und ihr Fürsichseyn. Indem ihr Negiren nichts effektuirt, durch den
Widerstand, den die Seyenden als solche oder als negirend leisten, so
kehren sie nicht in sich zurück, erhalten sich nicht und sind nicht.
Vorhin wurde die Betrachtung gemacht, daß die Eins dasselbe, jedes derselben Eins
ist, wie das Andere. Dieß ist nicht nur unser Beziehen, ein äußerliches
Zusammenbringen; sondern die Repulsion ist selbst Beziehen; das die
Eins ausschließende Eins bezieht sich selbst auf sie, die Eins, d. h.
auf sich selbst. Das negative Verhalten der Eins zu einander ist somit
nur ein Mit-sich-zusammengehen. Diese Identität, in welche ihr
Repelliren übergeht, ist das Aufheben ihrer Verschiedenheit und
Aeußerlichkeit, die sie vielmehr gegeneinander als Ausschließende
behaupten sollten.
Dieß sich in-Ein-Eines-setzen der vielen Eins ist die Attraktion.
Die
Selbstständigkeit auf die Spitze des fürsichseyenden Eins getrieben,
ist die abstrakte, formelle Selbstständigkeit, die sich selbst
zerstört; der höchste, hartnäckigste Irrthum, der sich für die höchste
Wahrheit nimmt; - in konkreteren Formen als abstrakte Freiheit, als
reines Ich, und dann weiter als das Böse erscheinend. Es ist die
Freiheit, die sich so vergreift, ihr Wesen in diese Abstraktion zu
setzen, und in diesem Bei-sich-seyn sich schmeichelt, sich rein zu
gewinnen. Diese Selbstständigkeit ist
bestimmter der Irrthum, das als negativ anzusehen und sich gegen das
als negativ zu verhalten, was ihr eignes Wesen ist. Sie ist so das
negative Verhalten gegen sich selbst, welches, indem es sein eigenes
Seyn gewinnen will, dasselbe zerstört, und dieß sein Thun ist nur die
Manifestation der Nichtigkeit dieses Thuns. Die Versöhnung ist die
Anerkennung dessen, gegen welches das negative Verhalten geht, vielmehr
als seines Wesens, und ist nur als Ablassen von der Negativität seines Fürsichseyns, statt an ihm festzuhalten.
Es ist ein alter Satz, daß das Eine Vieles und insbesondere: daß das Viele Eines
ist. Es ist hierüber die Bemerkung zu wiederholen, daß die Wahrheit des
Eins und des Vielen in Sätzen ausgedrückt in einer unangemessenen Form
erscheint, daß diese Wahrheit nur als ein Werden, als ein Proceß,
Repulsion und Attraktion, nicht als das Seyn, wie es in einem Satze als
ruhige Einheit gesetzt ist, zu fassen und auszudrücken ist. Es ist oben
der Dialektik Plato's im Parmenides über die Ableitung des
Vielen aus dem Eins, nämlich aus dem Satze: Eines ist, erwähnt und
erinnert worden. Die innere Dialektik des Begriffes ist angegeben
worden; am leichtesten ist die Dialektik des Satzes, daß Vieles Eines ist, als äußerliche Reflexion zu fassen; und äußerlich darf sie hier seyn, insofern auch der Gegenstand, die Vielen,
das einander Aeußerliche ist. Diese Vergleichung der Vielen miteinander
ergiebt sogleich, daß eines schlechthin nur bestimmt ist wie das
Andere; jedes ist Eins, jedes ist Eins der Vielen, ist ausschließend
die Anderen; - so daß sie schlechthin nur dasselbe sind, schlechthin
nur Eine Bestimmung vorhanden ist. Es ist dieß das Faktum, und es ist
nur darum zu thun, dieß einfache Faktum aufzufassen. Die Hartnäckigkeit
des Verstandes weigert sich nur darum gegen dieses Auffassen, weil ihm auch
der Unterschied, und zwar mit Recht, vorschwebt; aber dieser bleibt um
jenes Faktums willen so wenig aus, als gewiß jenes Faktum ungeachtet
des Unterschiedes existirt. Man könnte den Verstand damit für das
schlichte Auffassen des Faktums der Einheit gleichsam trösten, daß der
Unterschied auch wieder eintreten werde.
Die
Repulsion ist die Selbstzersplitterung des Eins zunächst in Viele,
deren negatives Verhalten unmächtig ist, weil sie einander als Seyende
voraussetzen; sie ist nur das Sollen der Idealität; diese aber wird
realisirt in der Attraktion. Die Repulsion geht in Attraktion über, die
vielen Eins in Ein Eins. Beide, Repulsion und Attraktion, sind
zunächst
unterschieden, jene als die Realität der Eins, diese als deren gesetzte
Idealität. Die Attraktion bezieht sich auf diese Weise auf die
Repulsion, daß sie diese zur Voraussetzung hat. Die Repulsion
liefert die Materie für die Attraktion. Wenn keine Eins wären, so wäre
nichts zu attrahiren; die Vorstellung fortdauernder Attraktion, der
Konsumtion der Eins, setzt ein ebenso fortdauerndes Erzeugen der Eins
voraus; die sinnliche Vorstellung der räumlichen Attraktion läßt den
Strom der attrahirt-werdenden Eins fortdauern; an die Stelle der Atome,
die in dem attrahirenden Punkte verschwinden, tritt eine andere Menge,
und wenn man will, ins Unendliche, aus dem Leeren hervor. Wenn die
Attraktion vollführt, d. i. die Vielen auf den Punkt Eines Eins
gebracht, vorgestellt würden, so wäre nur ein träges Eins, kein
Attrahiren mehr vorhanden. Die in der Attraktion daseyende Idealität
hat auch noch die Bestimmung der Negation ihrer selbst, die vielen
Eins, auf die sie die Beziehung ist, an ihr, und die Attraktion ist
untrennbar von der Repulsion.
Das Attrahiren kommt zunächst jedem der vielen als unmittelbar
vorhandenen Eins auf gleiche Weise zu; keins hat einen Vorzug vor dem
andern; so wäre ein Gleichgewicht im Attrahiren, eigentlich ein
Gleichgewicht der Attraktion und der Repulsion selbst vorhanden, und
eine träge Ruhe ohne daseyende Idealität. Aber
es kann hier nicht von einem Vorzuge eines solchen Eins vor dem andern,
was einen bestimmten Unterschied zwischen ihnen voraussetzte, die Rede
seyn, vielmehr ist die Attraktion das Setzen der vorhandenen
Ununterschiedenheit der Eins. Erst die Attraktion selbst ist das Setzen
eines von den anderen unterschiedenen Eins; sie sind nur die
unmittelbaren durch die Repulsion sich erhalten sollenden Eins; durch
ihre gesetzte Negation aber geht das Eins der Attraktion hervor, das
daher als das Vermittelte, das als Eins gesetzte Eins, bestimmt
ist. Die ersten als unmittelbare kehren in ihrer Idealität nicht in
sich zurück, sondern haben dieselbe an einem andern.
Das
Eine Eins aber ist die realisirte, an dem Eins gesetzte Idealität; es
ist attrahirend durch die Vermittelung der Repulsion; es enthält diese
Vermittelung in sich selbst als seine Bestimmung. Es
verschlingt so die attrahirten Eins nicht in sich als in einen Punkt,
d. h. es hebt sie nicht abstrakt auf. Indem es die Repulsion in seiner
Bestimmung enthält, erhält diese die Eins als Viele zugleich in ihm; es
bringt, so zu sagen, durch sein Attrahiren etwas vor sich, gewinnt
einen Umfang oder Erfüllung. Es ist so in ihm Einheit der Repulsion und
Attraktion überhaupt.
Der Unterschied von Einem und Vielen hat sich zum Unterschiede ihrer Beziehung
auf einander bestimmt, welche in zwei Beziehungen, die Repulsion und
die Attraktion, zerlegt ist, deren jede zunächst selbstständig außer
der anderen steht, so daß sie jedoch wesentlich zusammenhängen. Die
noch unbestimmte Einheit derselben hat sich näher zu ergeben.
Die
Repulsion, als die Grundbestimmung des Eins erscheint zuerst und als
unmittelbar, wie ihre zwar von ihr erzeugten jedoch zugleich als unmittelbar gesetzten Eins, und hiermit gleichgültig gegen die Attraktion, welche an sie als so vorausgesetzte
äußerlich hinzukommt. Dagegen wird die Attraktion nicht von der
Repulsion vorausgesetzt, so daß an deren Setzen und Seyn jene keinen
Antheil haben soll d. i. daß die Repulsion nicht an ihr schon die
Negation ihrer selbst, die Eins nicht schon an ihnen Negirte wären. Auf
solche Weise haben wir die Repulsion abstrakt für sich, wie gleichfalls
die Attraktion gegen die Eins als Seyende die Seite eines unmittelbaren Daseyns hat, und von sich aus als ein Anderes an sie kommt.
Nehmen
wir demnach die bloße Repulsion so für sich, so ist sie die Zerstreuung
der vielen Eins ins unbestimmte, außerhalb der Sphäre der Repulsion
selbst; denn sie ist dieß, die Beziehung der Vielen aufeinander zu
negiren; die Beziehungslosigkeit ist ihre, sie abstrakt genommen,
Bestimmung. Die Repulsion ist aber nicht bloß das Leere, die Eins als
beziehungslos sind nicht repellirend, nicht ausschließend, was ihre
Bestimmung ausmacht. Repulsion ist, obgleich negative, doch wesentlich Beziehung; das gegenseitige Abhalten und Fliehen ist nicht die Befreiung von dem, was abgehalten und geflohen, das ausschließende steht mit dem noch in Verbindung,
was von ihm ausgeschlossen wird. dieß Moment der Beziehung aber ist die
Attraktion, somit in der Repulsion selbst; sie ist das Negiren jener
abstrakten Repulsion, nach welcher die Eins nur sich auf sich
beziehende Seyende, nicht ausschließende wären.
Indem
aber von der Repulsion der daseyenden Eins ausgegangen worden, hiermit
auch die Attraktion als äußerlich an sie tretend gesetzt ist, so sind
bei ihrer Untrennbarkeit beide noch als verschiedene Bestimmungen
auseinander gehalten; es hat sich jedoch ergeben, daß nicht bloß die
Repulsion von der Attraktion vorausgesetzt wird, sondern auch ebenso
sehr die Rückbeziehung der Repulsion auf die Attraktion Statt findet,
und jene an dieser ebenso sehr ihre Voraussetzung hat.
Nach dieser Bestimmung sind sie untrennbar, und zugleich als Sollen und Schranke jede gegen die andere bestimmt. Ihr Sollen ist ihre abstrakte Bestimmtheit als an sich seyender, die aber damit schlechthin über sich hinausgewiesen ist, und auf die andere sich bezieht, und so jede vermittelst der andern als andern
ist; ihre Selbstständigkeit besteht darin, daß sie in dieser
Vermittelung als ein anderes Bestimmen für einander gesetzt sind. - Die
Repulsion als das Setzen der Vielen, die Attraktion als das Setzen des
Eins, diese zugleich als Negation der Vielen, und jene als Negation der
Idealität derselben im Eins, daß auch die Attraktion nur vermittelst der Repulsion Attraktion, wie die Repulsion vermittelst der Attraktion Repulsion ist. Daß aber darin die Vermittelung durch Anderes
mit sich, in der That vielmehr negirt, und jede dieser Bestimmungen
Vermittelung ihrer mit sich selbst ist, dieß ergiebt sich aus deren
nähern Betrachtung und führt sie zu der Einheit ihres Begriffes zurück.
Zuerst daß jede sich selbst
voraussetzt, in ihrer Voraussetzung nur sich auf sich bezieht, dieß ist
in dem Verhalten der erst noch relativen Repulsion und Attraktion schon
vorhanden.
Die relative Repulsion ist das gegenseitige Abhalten der vorhandenen
vielen Eins, die sich als unmittelbare vorfinden sollen. Aber daß viele
Eins seyen, ist die Repulsion selbst; die Voraussetzung, die sie hätte,
ist nur ihr eigenes Setzen. Ferner die Bestimmung des Seyns, die den
Eins außerdem, daß sie gesetzte sind, zukäme, - wodurch sie voraus
wären, gehört gleichfalls der Repulsion an. Das Repelliren ist das,
wodurch die Eins sich als Eins manifestiren und erhalten, wodurch sie
als solche sind. Ihr Seyn ist die Repulsion selbst; sie ist so
nicht ein relatives gegen ein anderes Daseyn, sondern verhält sich
durchaus nur zu sich selbst.
Die
Attraktion ist das Setzen des Eins als solchen, des reellen Eins, gegen
welches die Vielen in ihrem Daseyn als nur ideell und verschwindend
bestimmt werden. So setzt sogleich die Attraktion sich voraus, in der
Bestimmung nämlich der anderen Eins, ideell zu seyn, welche sonst für sich seyende und für Andere,
also auch für irgend ein Attrahirendes, repellirende seyn sollen. Gegen
diese Repulsionsbestimmung erhalten sie die Idealität nicht erst durch
Relation auf die Attraktion; sondern sie ist vorausgesetzt, ist die an
sich seyende Idealität der Eins, indem sie als Eins, - das als
attrahirend vorgestellte mit eingeschlossen, ununterschieden von
einander, ein und dasselbe sind.
Dieses
Sich-selbst-voraussetzen der beiden Bestimmungen jeder für sich ist
ferner dieß, daß jede die andere als Moment in sich enthält. Das Sich-Voraussetzen überhaupt ist in Einem sich als das Negative seiner setzen, - Repulsion, und was darin vorausgesetzt wird, ist dasselbe als das Voraussetzende, - Attraktion. Daß jede an sich
nur Moment ist, ist das Uebergehen jeder aus sich selbst in die andere,
sich an ihr selbst zu negiren und sich als das Andere ihrer selbst zu
setzen. Indem das Eins als solches das Außersichkommen, es selbst nur
dieß ist, sich als sein Anderes, als das Viele zu setzen und das Viele
nur ebenso dieß in sich zusammenfallen und sich als sein Anderes, als
das Eins zu setzen, und eben darin nur sich auf sich zu beziehen, jedes
in seinem Andern sich zu kontinuiren, - so ist hiermit schon an sich
das Außersichkommen (die Repulsion) und das sich-als-Eines-Setzen (die
Attraktion) ungetrennt vorhanden. Gesetzt aber ist es an der relativen Repulsion und Attraktion d. i. welche unmittelbare, daseyende Eins voraussetzt, daß jede diese Negation ihrer an ihr selbst, und damit auch die Kontinuität ihrer in ihre andere ist. Die Repulsion daseyender Eins ist die Selbsterhaltung des Eins durch die gegenseitige Abhaltung der andern, so daß 1) die anderen Eins an ihm
negirt werden, dieß ist die Seite seines Daseyns oder seines
Seyns-für-Anderes; diese ist aber somit Attraktion, als die Idealität
der Eins; - und daß 2) das Eins an sich sey, ohne die Beziehung auf die andere; aber nicht nur ist das Ansich überhaupt längst in das Fürsichseyn übergegangen, sondern an sich, seiner Bestimmung nach, ist das Eins jenes Werden zu Vielen. - Die Attraktion
daseyender Eins ist die Idealität derselben, und das Setzen des Eins,
worin sie somit als Negiren und Hervorbringen des Eins sich selbst
aufhebt, als Setzen des Eins das Negative ihrer selbst an ihr,
Repulsion ist.
Damit ist die Entwickelung des Fürsichseyns vollendet und zu ihrem Resultate gekommenen. Das Eins als sich unendlich d. i. als gesetzte Negation der Negation auf sich selbst beziehend ist die Vermittelung, daß es sich als sein absolutes (d. i. abstraktes) Andersseyn (die Vielen) von sich abstößt und indem es sich auf dieß sein Nichtseyn, negativ, es aufhebend, bezieht, eben darin nur die
Beziehung auf sich selbst ist; und Eins ist nur dieses Werden, in welchem die Bestimmung, daß es anfängt, d. i. als unmittelbares, Seyendes gesetzt, und gleichfalls als Resultat sich zum Eins, d. i. zum ebenso unmittelbaren,
ausschließenden Eins wiederhergestellt hätte, verschwunden; der Proceß,
der es ist, setzt und enthält es allenthalben nur als ein Aufgehobenes.
Das Aufheben zunächst nur zu relativem Aufheben, der Beziehung
auf anderes Daseyendes, die damit selbst eine differente Repulsion und
Attraktion ist, bestimmt, erweist sich ebenso in die unendliche
Beziehung der Vermittelung durch die Negation der äußerlichen
Beziehungen von Unmittelbaren und Daseyenden, überzugehen und zum
Resultate eben jenes Werden zu haben, das in der Haltungslosigkeit
seiner Momente das Zusammensinken, oder vielmehr das
Mit-Sich-Zusaummengehen in die einfache Unmittelbarkeit ist. Dieses
Seyn nach der Bestimmung, die es nunmehr erhalten, ist die Quantität.
Uebersehen wir kurz die Momente dieses Ueberganges der Qualität in die Quantität,
so hat das Qualitative zu seiner Grundbestimmung das Seyn und die
Unmittelbarkeit, in welcher die Grenze und die Bestimmtheit mit dem
Seyn des Etwas so identisch ist, daß das Etwas mit ihrer Veränderung selbst verschwindet; so gesetzt ist es als Endliches bestimmt. Um der Unmittelbarkeit dieser Einheit willen, worin der Unterschied verschwunden ist, der aber an sich darin, in der Einheit des Seyns und Nichts, vorhanden ist, fällt er als Andersseyn überhaupt, außer
jener Einheit. Diese Beziehung auf Anderes widerspricht der
Unmittelbarkeit, in der die qualitative Bestimmtheit Beziehung auf sich
ist. Dieß Andersseyn hebt sich in der Unendlichkeit des Fürsichseyns
auf, welches den Unterschied, den es in der Negation der Negation an
und in ihm selbst hat, zum Eins und Vielen und zu deren Beziehungen
realisirt, und das Qualitative zur wahrhaften, d. i. nicht mehr
unmittelbaren, sondern als übereinstimmend mit sich gesetzten Einheit
erhoben hat.
Diese Einheit ist somit à) Seyn, nur als affirmatives d. i. durch die Negation der Negation mit sich vermittelte Unmittelbarkeit, das Seyn ist gesetzt als die durch seine Bestimmtheiten, Grenze u.s.f. hindurchgehende Einheit, die in ihm als aufgehobene gesetzt sind; - ß) Daseyn;
es ist nach solcher Bestimmung die Negation oder Bestimmtheit als
Moment des affirmativen Seyns, doch ist sie nicht mehr die
unmittelbare, sondern die in sich reflektirte, sich nicht auf anderes,
sondern auf sich sich beziehende; das Schlechthin - das An-sich-Bestimmtseyn, - das Eins; das Andersseyn als solches ist selbst Fürsichseyn; - ç) Fürsichseyn,
als jenes durch die Bestimmtheit hindurch sich kontinuirende Seyn, in
welchem das Eins und An-sich-Bestimmtseyn selbst als Aufgehobenes
gesetzt ist. Das Eins ist zugleich als über sich hinausgegangen und als
Einheit bestimmt, das Eins damit, die schlechthin bestimmte
Grenze, als die Grenze, die keine ist, die am Seyn aber ihm
gleichgültig ist, gesetzt.
Attraktion und Repulsion pflegen bekanntlich als Kräfte
angesehen zu werden. Diese ihre Bestimmung und die damit
zusammenhängende Verhältnisse sind mit den Begriffen, die sich für sie
ergeben haben, zu vergleichen. - In jener Vorstellung werden sie als
selbstständig betrachtet, so daß sie sich nicht durch ihre Natur auf
einander beziehen, d. h. daß nicht jede nur ein in ihre
entgegengesetzte übergehendes Moment seyn, sondern fest der andern
gegenüber beharren soll. Sie werden ferner vorgestellt, als in einem Dritten, der Materie,
zusammenkommend; so jedoch, daß dieß In-Eins-Werden nicht als ihre
Wahrheit gilt, sondern jede vielmehr ein Erstes und
An-und-fürsich-Seyendes, die Materie aber oder Bestimmungen derselben
durch sie gesetzt und hervorgebracht seyen. Wenn gesagt wird, daß die
Materie die Kräfte in sich habe, so ist unter dieser ihrer
Einheit eine Verknüpfung verstanden, wobei sie zugleich als in sich
seyende frei von einander vorausgesetzt werden.
Kant hat bekanntlich die Materie aus der Repulsiv- und AttraktivKraft konstruirt
oder wenigstens, wie er sich ausdrückt, die metaphysischen Elemente
dieser Konstruction aufgestellt. - Es wird nicht ohne Interesse seyn,
diese Konstruction näher zu beleuchten. Diese metaphysische Darstellung eines Gegenstandes, der nicht nur selbst, sondern in seinen Bestimmungen, nur der Erfahrung
anzugehören schien, ist eines Theils dadurch merkwürdig, daß sie als
ein Versuch des Begriffs wenigstens den Anstoß zur neueren
Naturphilosophie gegeben hat, - der Philosophie, welche die Natur nicht
als ein der Wahrnehmung sinnlich Gegebenes zum Grunde der Wissenschaft
macht, sondern ihre Bestimmungen aus dem absoluten Begriffe erkennt;
andern Theils auch, weil bei jener Kantischen Konstruktion noch häufig
stehen geblieben und sie für einen philosophischen Anfang und Grundlage
der Physik gehalten wird.
Eine solche Existenz, wie die sinnliche Materie, ist zwar nicht ein Gegenstand der Logik, eben so wenig als der Raum
und Raumbestimmungen. Aber auch der Attraktiv- und Repulsiv-Kraft,
sofern sie als Kräfte der sinnlichen Materie angesehen werden, liegen
die hier betrachteten reinen Bestimmungen vom Eins und Vielen, und
deren Beziehungen aufeinander, die ich Repulsion und Attraktion, weil
diese Namen am nächsten liegen, genannt habe, zu Grunde.
Kants
Verfahren in der Deduktion der Materie aus diesen Kräften, das er eine
Konstruktion nennt, verdient, näher betrachtet, diesen Namen nicht,
wenn nicht anders jede Art voll Reflexion, selbst die analysirende,
eine Konstruktion genannt wird, wie denn freilich spätere
Naturphilosophen auch das flachste Raisonnement und das grundloseste
Gebräue einer willkürlichen Einbildungskraft und gedankenlosen
Reflexion, - das besonders die sogenannten Faktoren der Attraktivkraft
und Repulsivkraft gebrauchte und allenthalben vorbrachte, - ein
Konstruiren genannt haben.
Kants Verfahren ist nämlich Im Grunde analytisch, nicht konstruirend. Er setzt die Vorstellung der Materie voraus,
und fragt nun, welche Kräfte dazu gehören, um ihre vorausgesetzten
Bestimmungen zu erhalten. So fordert er also eines Theils die
Attraktivkraft darum, weil durch die Repulsion allein, ohne Attraktion, eigentlich keine Materie daseyn könnte.
(Anfangsgr. der Naturwissensch. S. 53f.) Die Repulsion andern Theils,
leitet er gleichfalls aus der Materie ab, und giebt als Grund derselben
an, weil wir uns die Materie undurchdringlich vorstellen, indem diese nämlich dem Sinne des Gefühls, durch den sie sich uns offenbare, sich unter dieser Bestimmung präsentirt. Die Repulsion werde daher ferner sogleich im Begriffe der Materie gedacht, weil sie damit unmittelbar gegeben sey; die Attraktion dagegen werde derselben durch Schlüsse
beigefügt. Auch diesen Schlüssen aber liegt das so eben Gesagte zu
Grunde, daß eine Materie, die bloß Repulsivkraft hätte, das, was wir
uns unter Materie vorstellen, nicht erschöpfte. - Dieß ist, wie
erhellt, das Verfahren des über die Erfahrung reflektirenden Erkennens,
das zuerst in der Erscheinung Bestimmungen wahrnimmt, diese nun
zu Grunde legt, und für das sogenannte Erklären derselben entsprechende
Grundstoffe oder Kräfte annimmt, welche jene Bestimmungen der
Erscheinung hervorbringen sollen.
In
Ansehung des angeführten Unterschieds, wie die Repulsivkraft und wie
die Attraktivkraft von dem Erkennen in der Materie gefunden werde,
bemerkt Kant weiter, daß die Attraktivkraft zwar eben sowohl zum Begriffe der Materie gehöre, ob sie gleich nicht darin enthalten sey.
Kant zeichnet diesen letztern Ausdruck aus. Es ist aber nicht
abzusehen, welcher Unterschied darin liegen soll; denn eine Bestimmung,
die zum Begriffe einer Sache gehört, muß wahrhaftig darin enthalten seyn.
Was
die Schwierigkeit macht und diese leere Ausflucht herbeiführt, besteht
darin, daß Kant zum Begriffe der Materie von vorn herein einseitig nur
die Bestimmung der Undurchdringlichkeit rechnet, die wir durch das Gefühl wahrnehmen
sollen, weswegen die Repulsivkraft, als das Abhalten eines Anderen von
sich, unmittelbar gegeben sey. Wenn aber ferner die Materie ohne
Attraktivkraft nicht soll daseyn können, so liegt für diese
Behauptung eine aus der Wahrnehmung genommene Vorstellung der Materie
zu Grunde; die Bestimmung der Attraktion muß also gleichfalls in der
Wahrnehmung anzutreffen seyn. Es ist auch wohl wahrzunehmen, daß die
Materie außer ihrem Fürsichseyn, welches das Seyn-fur-Anderes aufhebt,
(den Widerstand leistet), auch eine Beziehung des Fürsichseyenden aufeinander, räumliche Ausdehnung und Zusammenhalt,
und in Starrheit, Festigkeit einen sehr festen Zusammenhalt hat. Die
erklärende Physik erfordert zum Zerreißen u.s.f. eines Körpers eine
Kraft, welche starker sey, als die Attraktion
der Theile desselben gegeneinander. Aus dieser Wahrnehmung kann die
Reflexion eben so unmittelbar die Attraktivkraft ableiten, oder sie als
gegeben annehmen, als sie es mit der Repulsivkraft that. In der
That, wenn die kantischen Schlüsse, aus denen die Attraktivkraft
abgeleitet werden soll, betrachtet werden (der Beweis des Lehrsatzes:
daß die Möglichkeit der Materie eine Anziehungskraft als zweite
Grundkraft erfordere a. a. O.), so enthalten sie nichts, als daß durch
die bloße Repulsion die Materie nicht räumlich seyn würde.
Indem die Materie, als Raum erfüllend vorausgesetzt ist, ist ihr die
Kontinuität zugeschrieben, als deren Grund die Anziehungskraft
angenommen wird.
Wenn
nun solche sogenannte Konstruktion der Materie höchstens ein
analytisches Verdienst hätte, das noch durch die unreine Darstellung
geschmälert würde, so ist der Grundgedanke immer sehr zu schätzen, die
Materie aus diesen zwei entgegengesetzten Bestimmungen als ihren
Grundkräften zu erkennen. Es ist Kant vornehmlich um die Verbannung der
gemein-mechanischen Vorstellungsweise zu thun, die bei der einen
Bestimmung, der Undurchdringlichkeit, der für-sich-seyenden Punktualität, stehen bleibt, und die entgegengesetzte Bestimmung, die Beziehung der Materie in sich oder mehrerer Materien, die wieder als besondere Eins angesehen werden, aufeinander, zu etwas Aeußerlichem
macht; - die Vorstellungsweise, welche, wie Kant sagt, sonst keine
bewegenden Kräfte, als nur durch Druck und Stoß, also nur durch
Einwirkung von Aussen, einräumen will. Diese Aeußerlichkeit des Erkennens setzt die Bewegung immer schon als der Materie äußerlich vorhanden
voraus, und denkt nicht daran, sie als etwas Innerliches zu fassen, und
sie selbst in der Materie zu begreifen, welche eben damit für sich als
bewegungslos und als träge angenommen wird. Dieser Standpunkt hat nur
die gemeine Mechanik, nicht die immanente und freie Bewegung vor sich. - Indem Kant jene Aeußerlichkeit zwar insofern aufhebt, als er die Attraktion, die Beziehung
der Materien auf einander, insofern diese als von einander getrennt
angenommen werden, oder der Materie überhaupt in ihrem Außersichseyn,
zu einer Kraft der Materie selbst macht, so bleiben jedoch auf
der anderen Seite seine beiden Grundkräfte, innerhalb der Materie,
äußerliche und für sich selbstständige gegen einander.
So
nichtig der selbstständige Unterschied dieser beiden Kräfte, der ihnen
vom Standpunkte jenes Erkennens beigelegt wird, war, ebenso nichtig muß
sich jeder andere Unterschied, der in Ansehung ihrer Inhaltsbestimmung
als etwas Festseyn-Sollendes gemacht wird, zeigen, weil sie,
wie sie oben in ihrer Wahrheit betrachtet wurden, nur Momente sind, die
in einander übergehen. - Ich betrachte diese fernern
Unterschiedsbestimmunge, wie sie Kant angiebt.
Er bestimmt nämlich die Attraktivkraft als eine durchdringende Kraft, wodurch eine Materie auf die Theile der anderen auch über die Fläche der Berührung hinaus unmittelbar wirken könne, die Repulsivkraft dagegen als eine Flächenkraft,
dadurch Materien nur in der gemeinschaftlichen Fläche der Berührung auf
einander wirken können. Der Grund, der angeführt wird, daß die letztere
nur eine Flächenkraft seyn soll, ist folgender: "Die einander berührenden
Theile begrenzen einer den Wirkungsraum des andern, und die repulsive
Kraft könne keinen entferntern Theil bewegen, ohne vermittelst der
dazwischen liegenden; eine quer durch diese gehende unmittelbare
Wirkung einer Materie auf eine andere durch Ausdehnungskräfte (das
heißt hier Repulsivkräfte) sey unmöglich." (s. ebendas. Erklär. u.
Zusätze S. 67.)
Es ist sogleich zu erinnern, daß, indem nähere oder entferntere Theile der Materie angenommen werden, in Rücksicht auf die Attraktion gleichfalls der Unterschied entstünde, daß ein Atom zwar auf ein anderes einwirkte, aber ein drittes Entfernteres, zwischen welchem und dem ersten Attrahirenden das Andere
sich befände, zunächst in die Anziehungssphäre des dazwischen liegenden
ihm Nähern träte, das Erste also nicht eine unmittelbare einfache
Wirkung auf das Dritte ausüben würde; woraus sich eben so ein
vermitteltes Wirken für die Attractivkraft, als für die Repulsivkraft
ergehe; ferner müßte das wahre Durchdringen der Attraktivkraft allein darin bestehen, daß alle Theile der Materie an und für sich
attrahirend wären, nicht aber eine gewisse Menge passiv und nur Ein
Atom aktiv sich verhielte. - Unmittelbar oder in Rücksicht auf die
Repulsivkraft selbst aber ist zu bemerken, daß in der angeführten
Stelle sich berührende Theile, also eine Gediegenheit und Kontinuität einer fertigen
Materie vorkommt, welche durch sich hindurch ein Repelliren nicht
gestatte. Diese Gediegenheit der Materie aber, in welcher Theile sich berühren,
nicht mehr durch das Leere getrennt sind, setzt das Aufgehobenseyn der
Repulsivkraft bereits voraus; sich berührende Theile sind nach der hier
herrschenden sinnlichen Vorstellung der Repulsion als solche zu nehmen,
die sich nicht repelliren. Es folgt also ganz tautologisch, daß da, wo
das Nichtseyn der Repulsion angenommen ist, keine Repulsion Statt
finden kann. Daraus aber folgt nichts weiter für eine Bestimmung der
Repulsivkraft. - Wird aber darauf reflektirt, daß berührende Theile
sich nur insofern berühren, als sie sich noch außereinander
halten, so ist eben damit die Repulsivkraft nicht bloß auf der
Oberfläche der Materie, sondern innerhalb der Sphäre, welche nur Sphäre
der Attraktion seyn sollte.
Weiter nimmt Kant die Bestimmung an, daß "durch die Anziehungskraft die Materie einen Raum nur einnehme, ohne ihn zu erfüllen;" (ebendas.) "weil die Materie durch die Anziehungskraft den Raum nicht erfülle, so könne diese durch den leeren Raum wirken, indem ihr keine Materie,
die dazwischen läge, Grenzen setze." - Jener Unterschied ist ungefähr
wie der obige beschaffen, wo eine Bestimmung zum Begriffe einer Sache
gehören, aber nicht darin enthalten seyn sollte, so soll hier die
Materie einen Raum nur einnehmen, ihn aber nicht erfüllen.
Alsdenn ist es die Repulsion, wenn wir bei ihrer ersten Bestimmung
stehen bleiben, durch welche sich die Eins abstossen und nur negativ,
das heißt hier, durch den leeren Raum, sich aufeinander beziehen. Hier aber ist es die Attraktivkraft, welche den Raum leer erhält; sie erfüllt den Raum durch ihre Beziehung der Atome nicht, das heißt, sie erhält die Atome in einer negativen Beziehung
auf einander. - Wir sehen, daß hier Kant bewußtlos das begegnet, was in
der Natur der Sache liegt, daß er der Attraktivkraft gerade das
zuschreibt, was er der ersten Bestimmung nach, der entgegengesetzten
Kraft zuschrieb. Unter dem Geschäfte der Festsetzung des Unterschiedes
beider Kräfte, war es geschehen, daß eine in die andere übergegangen
war. - So soll dagegen durch die Repulsion die Materie einen Raum erfüllen,
somit durch sie der leere Raum, den die Attraktivkraft läßt,
verschwinden, In der That hebt sie somit, indem sie den leeren Raum
aufhebt, die negative Beziehung der Atome oder Eins, d. h. die
Repulsion derselben, auf; d. i. die Repulsion ist als das Gegentheil
ihrer selbst bestimmt.
Zu
dieser Verwischung der Unterschiede kommt noch die Verwirrung hinzu,
daß, wie anfangs bemerkt worden, die Kantische Darstellung der
entgegengesetzten Kräfte analytisch ist, und in dem ganzen Vortrage,
die Materie, die erst aus ihren Elementen hergeleitet werden soll,
bereits als fertig und konstituirt vorkommt. In der Definition der
Flächen- und der durchdringenden Kraft werden beide als bewegende
Kräfte angenommen, dadurch Materien auf die eine oder die
andere Weise sollen wirken können. - Sie sind also hier als Kräfte
dargestellt, nicht durch welche die Materie erst zu Stande käme,
sondern wodurch sie, schon fertig, nur bewegt
würde. Insofern aber von Kräften die Rede ist, wodurch verschiedene
Materien auf einander einwirken und sich bewegen, so ist dieß etwas
ganz anderes, als die Bestimmung und Beziehung, die sie als die Momente
der Materie haben sollten.
Denselben Gegensatz, als Attraktiv- und Repulsivkraft machen in weiterer Bestimmung Centripetal- und Centrifugalkraft.
Diese scheinen einen wesentlichen Unterschied zu gewähren, indem in
ihrer Sphäre Ein Eins, ein Centrum, feststeht, gegen das sich die
anderen Eins als nicht fürsichseyende verhalten, der Unterschied der
Kräfte daher an diesen vorausgesetzten Unterschied Eines centralen Eins
und der anderen als gegen dasselbe nicht feststehend angeknüpft werden
kann. Insofern sie aber zur Erklärung gebraucht werden - zu welchem
Behuf man sie, wie auch sonst die Repulsiv- und Attraktivkraft, in
entgegengesetztem quantitativem Verhältniß annimmt, so daß die eine
zunehme, wie die andere abnehme, so soll die Erscheinung der Bewegung,
für deren Erklärung sie angenommen sind, und deren Ungleichheit
erst aus ihnen resultiren. Man braucht aber nur die nächste beste
Darstellung einer Erscheinung, z. B. die ungleiche Geschwindigkeit, die
ein Planet in seiner Bahn um seinen Centralkörper hat, aus dem
Gegensatze jener Kräfte, vor sich nehmen, so erkennt man bald die
Verwirrung, die darin herrscht, und die Unmöglichkeit, die Größen
derselben auseinander zu bringen, so daß immer eben so diejenige als
zunehmend anzunehmen ist, welche in der Erklärung als abnehmend
angenommen wird, und umgekehrt; was, um anschaulich gemacht zu werden,
einer weitläufigern Exposition bedürfte, als hier gegeben werden
könnte; aber das Nöthige kommt späterhin beim umgekehrten Verhältniß vor.
Der
Unterschied der Quantität von der Qualität ist angegeben worden. Die
Qualität ist die erste, unmittelbare Bestimmtheit, die Quantität die
Bestimmtheit, die dem Seyn gleichgültig geworden, eine Grenze, die eben
so sehr keine ist; das Fürsichseyn, das schlechthin identisch mit dem
Seyn-für-Anderes, - die Repulsion der vielen Eins, die unmittelbar
Nicht-Repulsion, Kontinuität derselben ist.
Weil
das Fürsichseyende nun so gesetzt ist, sein Anderes nicht
auszuschließen, sondern sich in dasselbe vielmehr affirmativ
fortzusetzen, so ist das Andersseyn, insofern das Daseyn an dieser Kontinuität wieder hervortritt, und die Bestimmtheit desselben zugleich
nicht mehr als in einfacher Beziehung auf sich, nicht mehr unmittelbare
Bestimmtheit des daseyenden Etwas, sondern ist gesetzt, sich als
repellirend von sich, die Beziehung auf sich als Bestimmtheit vielmehr
in einem anderen Daseyn (einem für-sich-seyenden) zu haben, und indem
sie zugleich als gleichgültige in sich reflektirte,
beziehungslose Grenzen sind, so ist die Bestimmtheit überhaupt außer
sich, ein sich schlechthin Aeußerliches und Etwas ebenso Aeußerliches; solche Grenze, die Gleichgültigkeit derselben an ihr selbst und des Etwas gegen sie, macht die quantitative Bestimmtheit desselben aus.
Zunächst ist die reine Quantität von ihr als bestimmter Quantität, vom Quantum, zu unterscheiden. Als jene ist sie erstens
das in sich zurückgekehrte, reale Fürsichseyn, das noch keine
Bestimmtheit an ihm hat; als gediegene sich in sich kontinuirende
unendliche Einheit.
Diese geht zweitens zu der Bestimmtheit fort, die an ihr gesetzt wird, als solche, die zugleich keine, nur äußerliche ist. Sie wird Quantum.
Das Quantum ist die gleichgültige Bestimmtheit, d. h. die über sich
hinausgehende, sich selbst negirende; es verfällt als dieß Andersseyn
des Andersseyn in den unendlichen Progreß. Das unendliche Quantum aber ist die aufgehobene gleichgültige Bestimmtheit, es ist die Wiederherstellung der Qualität.
Drittens, das Quantum in qualitativer Form ist das quantitative Verhältniß.
Das Quantum geht nur überhaupt über sich hinaus; im Verhältnisse aber
geht es so über s sich in sein Andersseyn hinaus, daß dieses, in
welchem es seine Bestimmung hat, zugleich gesetzt, ein anderes Quantum
ist; somit sein In-sich-zurückgekehrtseyn und die Beziehung auf sich
als in seinem Andersseyn vorhanden ist.
Diesem Verhältnisse liegt noch die Aeußerlichkeit des Quantums zu Grunde, es sind gleichgültige
Quanta, die sich zu einander verhalten, d. i. ihre Beziehung auf sich
selbst in solchem Außersichseyn haben; - das Verhältniß ist damit nur
formelle Einheit der Qualität und Quantität. Die Dialektik desselben
ist sein Uebergang in ihre absolute Einheit, in das Maaß.
Am
Etwas ist seine Grenze als Qualität wesentlich seine Bestimmtheit. Wenn
wir aber unter Grenze die quantitative Grenze verstehen, und z. B. ein
Acker diese seine Grenze verändert, so bleibt er Acker vor wie nach.
Wenn hingegen seine qualitative Grenze verändert wird, so ist dieß
seine Bestimmtheit, wodurch er Acker ist, und er wird Wiese, Wald
u.s.f. -
Ein
Roth, das intensiver oder schwächer ist, ist immer Roth; wenn es aber
seine Qualität änderte, so hörte es auf Roth zu seyn, es würde Blau
u.s.f. - Die Bestimmung der Größe als Quantum, wie sie sich oben ergeben hat, daß ein Seyn als Bleibendes zu Grunde liegt, das gegen die Bestimmtheit, die es hat, gleichgültig ist, ergiebt sich an jedem anderen Beispiel.
Unter dem Ausdruck Größe wird das Quantum,
wie an den angegebenen Beispielen, verstanden, nicht die Quantität,
weswegen wesentlich dieser Name aus der fremden Sprache gebraucht
werden muß.
Die Definition, welche in der Mathematik von der Größe gegeben wird, betrifft gleichfalls das Quantum. Gewöhnlich wird eine Größe definirt, als etwas, das sich vermehren oder vermindern läßt. Vermehren aber heißt, etwas mehr groß, vermindern weniger groß machen. Es liegt darin ein Unterschied
der Größe überhaupt von ihr selbst, und die Größe wäre also das, dessen
Größe sich verändern läßt. Die Definition zeigt sich insofern als
ungeschickt, als in ihr diejenige Bestimmung selbst gebraucht wird,
welche definirt werden sollte. Insofern in ihr nicht dieselbe
Bestimmung zu gebrauchen ist, ist das Mehr und Weniger
in einen Zusatz als Affirmation und zwar nach der Natur des Quantums
als eine gleichfalls äußerliche, und in ein Wegnehmen, als eine ebenso
äußerliche Negation, aufzulösen. Zu dieser äußerlichen Weise sowohl der Realität als der Negation bestimmt sich überhaupt die Natur der Veränderung
am Quantum. Daher ist in jenem unvollkommenen Ausdruck das Hauptmoment
nicht zu verkennen, worauf es ankommt; nämlich die Gleichgültigkeit der
Veränderung, so daß in ihrem Begriff selbst ihr eigenes Mehr Minder
liegt, ihre Gleichgültigkeit gegen sich selbst.
Die
Quantität ist das aufgehobene Fürsichseyn; das repellirende Eins, das
sich gegen das ausgeschlossene Eins nur negativ verhielt, in die Beziehung
mit demselben übergegangen, verhält sich identisch zu dem Andern, und
hat damit seine Bestimmung verloren; das Fürsichseyn ist in Attraktion
übergegangen. Die absolute Sprödigkeit des repellirenden Eins ist in
diese Einheit zerflossen, welche aber als dieß Eins enthaltend, durch die innwohnende Repulsion zugleich bestimmt, als Einheit des Außersichseyns Einheit mit sich selbst ist. Die Attraktion ist auf diese Weise als das Moment der Kontinuität in der Quantität.
Die Kontinuität ist also einfache, sich selbst gleiche Beziehung auf sich, die durch keine Grenze und Ausschließung unterbrochen ist, aber nicht unmittelbare Einheit, sondern Einheit der fürsichseyenden Eins. Es ist darin das Außereinander der Vielheit noch enthalten, aber zugleich als ein nicht unterschiedenes, Ununterbrochenes.
Die Vielheit ist in der Kontinuität so gesetzt, wie sie an sich ist;
die Vielen sind Eins was Andere, jedes dem anderen gleich, und die
Vielheit daher einfache, unterschiedslose Gleichheit. Die Kontinuität
ist dieses Moment der Sichselbstgleichheit des Außereinanderseyns, das Sich-Fortsetzen der unterschiedenen Eins in ihre von ihnen Unterschiedene.
Unmittelbar hat daher die Größe in der Kontinuität das Moment der Diskretion,- die Repulsion, wie sie nur Moment in der Quantität ist. - Die Stätigkeit ist Sichselbstgleichheit
aber des Vielen, das jedoch nicht zum Ausschließenden wird; die
Repulsion dehnt erst die Sichselbstgleichheit zur Kontinuität aus. Die
Diskretion ist daher ihrer Seits zusammenfliessende Diskretion, deren
Eins nicht das Leere, das Negative, zu ihrer Beziehung haben, sondern
ihre eigne Stätigkeit, und diese Gleichheit mit sich selbst im Vielen
nicht unterbrechen.
Die Quantität ist die Einheit dieser Momente, der Kontinuität und Diskretion, aber sie ist dieß zunächst in der Form des einen derselben, der Kontinuität,
als Resultat der Dialektik des Fürsichseyns, das in die Form
sich-selbst-gleicher Unmittelbarkeit zusammengefallen ist. Die
Quantität ist als solche dieß einfache Resultat, insofern es seine
Momente noch nicht entwickelt und an ihm gesetzt hat. - Sie enthält
sie zunächst, als das Fürsichseyn gesetzt, wie es in Wahrheit ist. Es
war seiner Bestimmung nach das sich aufhebende Beziehen auf sich
selbst, perennirendes Außersichkommen. Aber das Abgestoßene ist es
selbst; die Repulsion ist daher das erzeugende Fortfließen seiner
selbst. Um der Dieselbigkeit willen des Abgestoßenen ist dieß
Discerniren, ununterbrochene Kontinuität; und um des Außersichkommens
willen, ist diese Kontinuität, ohne unterbrochen zu seyn, zugleich
Vielheit, die eben so unmittelbar in ihrer Gleichheit mit sich selbst
bleibt.
Die
reine Quantität hat noch keine Grenze, oder ist noch nicht Quantum;
auch insofern sie Quantum wird, wird sie durch die Grenze nicht
beschränkt, sie besteht vielmehr eben darin, durch die Grenze nicht
beschränkt zu seyn, das Fürsichseyn als ein Aufgehobenes in sich zu
haben. Daß die Diskretion Moment in ihr ist, kann so ausgedrückt
werden, daß die Quantität schlechthin in ihr allenthalben die reale Möglichkeit des Eins ist, aber umgekehrt, daß das Eins eben so schlechthin nur als kontinuirliches ist.
Der begrifflosen Vorstellung wird die Kontinuität leicht zur Zusammensetzung, nämlich einer äußerlichen
Beziehung der Eins aufeinander, worin das Eins in seiner absoluten
Sprödigkeit und Ausschließung erhalten bleibt. Es hat sich aber am Eins
gezeigt, daß es an und für sich selbst, in die Attraktion, in seine
Idealität übergeht, und daß daher die Kontinuität ihm nicht äußerlich
ist, sondern ihm selbst angehört, und in seinem Wesen gegründet ist.
Diese Aeußerlichkeit der Kontinuität für die Eins ist es
überhaupt, an der die Atomistik hängen bleibt, und die zu verlassen die
Schwierigkeit für das Vorstellen macht. - Die Mathematik dagegen
verwirft eine Metaphysik, welche die Zeit aus Zeitpunkten, den Raum
überhaupt oder zunächst die Linie aus Raumpunkten, die Fläche aus
Linien, den ganzen Raum aus Flächen bestehen lassen wollte; sie
läßt solche unkontinuirliche Eins nicht gelten. Wenn sie auch z. B. die
Größe einer Fläche so bestimmt, daß sie als die Summe von unendlich vielen Linien vorgestellt wird, gilt diese Diskretion nur als momentane Vorstellung, und in der unendlichen
Vielheit der Linien, da der Raum, den sie ausmachen sollen, doch ein
beschränkter ist, liegt schon das Aufgehobenseyn ihrer Diskretion.
Den Begriff der reinen Quantität gegen die bloße Vorstellung hat Spinoza,
dem es vorzüglich auf denselben ankam, im Sinne, indem er (Eth. P. I.
Prop. XV. Schol.) auf folgende Weise von der Quantität spricht:
#L+
Quantitas duobus modis a nobis concipitur, abstracte scilicet sive
superficialiter, prout nempe ipsam imaginamur; vei ut substantia, quod
a solo intellectu fit. Si itaque ad quantitatem attendimus, prout in
imaginatione est, quod saepe et facilius a nobis fit, reperietur
finita, divisibilis et ex partibus conflata, si autem ad ipsam, prout in intellecu est, attendimus, et eam, quatenus substantia est, concipimus, quod difficillime fit, - infinita, unic et indivisibilis reperietur. Quod omnibus, qui inter imaginationem et intellectum distiuguere sciverint, satis manifestum erit. #L-
Bestimmtere
Beispiele der reinen Quantität, wenn man deren verlangt, hat man an
Raum und Zeit, auch der Materie überhaupt, Licht u.s.f. selbst Ich, nur
ist unter Quantität, wie schon bemerkt, nicht das Quantum zu verstehen.
Raum, Zeit u.s.f. sind Ausdehnungen, Vielheiten, die ein
Außer-sich-gehen, ein Strömen sind, das aber nicht ins
Entgegengesetzte, in die Qualität oder das Eins übergeht, sondern als
Außersichkommen ein perennirendes Selbstproduciren ihrer Einheit sind. Der Raum ist dieß absolute Außersichseyn,
das eben so sehr schlechthin ununterbrochen, ein Anders- und
Wieder-Andersseyn, das identisch mit sich ist; die Zeit ein absolutes Außersichkommen, ein Erzeugen des Eins, Zeitpunktes, des Jetzt,
das unmittelbar das Zunichtewerden desselben und stätig wieder das
Zunichtewerden dieses Vergebens ist, so daß dieß sich Erzeugen des
Nichtseyns eben so sehr einfache Gleichheit und Identität mit sich ist.
Was die Materie als Quantität betrifft, so befindet sich unter den sieben Propositionen, die von der ersten Dissertation Leibnitzens aufbewahrt sind, (l. Seite des I. Th. seiner Werke) eine hierüber, die zweite, die so lautet: Non omnino improbabile est, materiam et quantitatem esse realiter idem.
- In der That sind diese Begriffe auch nicht weiter verschieden, als
darin, daß die Quantität die reine Denkbestimmung, die Materie aber
dieselbe in äußerlicher Existenz ist. - Auch dem Ich kommt die
Bestimmung der reinen Quantität zu, als es ein absolutes Anderswerden,
eine unendliche Entfernung oder allseitige Repulsion zur negativen
Freiheit des Fürsichseyns ist, aber welche schlechthin einfache
Kontinuität bleibt, - die Kontinuität der Allgemeinheit, oder des
Beisichseyns, die durch die unendlich mannigfaltigen Grenzen, den
Inhalt der Empfindungen, Anschauungen u.s.f. nicht unterbrochen wird. -
Welche sich dagegen sträuben, die Vielheit als einfache Einheit zu fassen, und außer dem Begriffe,
daß von den Vielen jedes dasselbe ist, was das Andere, nämlich eins der
Vielen, - indem nämlich hier nicht von weiter bestimmtem Vielem, von
Grünem, Rothem u.s.f. sondern von dem Vielen an-und-für-sich
betrachtet, die Rede ist, - auch eine Vorstellung von dieser
Einheit verlangen, die finden dergleichen hinlänglich an jenen
Stätigkeiten, die den deducirten Begriff der Quantität in einfacher
Anschauung als vorhanden geben.
In die Natur der Quantität, diese einfache Einheit der Diskretion und der Kontinuität zu seyn, fällt der Streit oder die Antinomie der unendlichen Theilbarkeit des Raumes, der Zeit, der Materie u.s.f.
Diese
Antinomie besteht allein, darin daß die Diskretion eben so sehr als die
Kontinuität behauptet werden muß. Die einseitige Behauptung der
Diskretion giebt das unendliche oder absolute Getheiltseyn, somit ein Untheilbares zum Princip; die einseitige Behauptung der Kontinuität dagegen die unendliche Theilbarkeit.
Die kantische Kritik der reinen Vernunft stellt bekanntlich vier (kosmologische) Antinomien auf, worunter die zweite den Gegensatz betrifft, den die Momente der Quantität ausmachen.
Diese
kantischen Antinomien bleiben immer ein wichtiger Theil der kritischen
Philosophie; sie sind es vornehmlich, die den Sturz der vorhergehenden
Metaphysik bewirkten, und als ein Hauptübergang in die neuere
Philosophie angesehen werden können, indem sie insbesondere die
Ueberzeugung von der Nichtigkeit der Kategorien der Endlichkeit von
Seite des Inhalts herbeiführen halfen, - was ein richtigerer Weg ist, als der formelle eines subjektiven Idealismus, nach welchem nur dieß
ihr Mangel seyn soll, subjektiv zu seyn, nicht das, was sie an ihnen
selbst sind. Bei ihrem grossen Verdienst aber ist diese Darstellung
sehr unvollkommen; Theils in sich selbst gehindert und verschroben,
Theils schief in Ansehung ihres Resultats, welches voraussetzt, daß das
Erkennen keine anderen Formen des Denkens habe, als endliche
Kategorien. - In beider Rücksicht verdienen diese Antinomien eine
genauere Kritik, die sowohl ihren Standpunkt und Methode näher
beleuchten, als auch den Hauptpunkt, worauf es ankommt, von der
unnützen Form, in die er hineingezwängt ist, befreien wird.
Zunächst
bemerke ich, daß Kant seinen vier kosmologischen Antinomien durch das
Eintheilungsprincip, das er von seinem Schema der Kategorien hernahm,
einen Schein von Vollständigkeit geben wollte. Allein die tiefere
Einsicht in die antinomische oder wahrhafter in die dialektische Natur
der Vernunft zeigt überhaupt jeden Begriff als Einheit
entgegengesetzter Momente auf, denen man also die Form antinomischer
Behauptungen geben könnte. Werden, Daseyn u.s.f. und jeder andere
Begriff könnte so seine besondere Antinomie liefern, und also so viele
Antinomien aufgestellt werden, als sich Begriffe ergeben. - Der alte
Skepticismus hat sich die Mühe nicht verdrießen lassen, in allen
Begriffen, die er in den Wissenschaften vorfand, diesen Widerspruch
oder die Antinomie aufzuzeigen.
Ferner hat Kant die Antinomie nicht in den Begriffen selbst, sondern in der schon konkreten Form
kosmologischer Bestimmungen aufgefaßt. Um die Antinomie rein zu haben
und sie in ihrem einfachen Begriffe zu behandeln, mußten die
Denkbestimmungen nicht in ihrer Anwendung und Vermischung mit der
Vorstellung der Welt, des Raums, der Zeit, der Materie u.s.f. genommen,
sondern ohne diesen konkreten Stoff, der keine Kraft noch Gewalt dabei
hat, rein für sich betrachtet werden, indem sie allein das Wesen und
den Grund der Antinomien ausmachen.
Kant
giebt diesen Begriff von den Antinomien, daß sie "nicht sophistische
Künsteleien seyen, sondern Widersprüche, auf welche die Vernunft
nothwendig stoßen (nach kantischem Ausdrucke) müsse;" - was
eine wichtige Ansicht ist. - "Von dem natürlichen Scheine der
Antinomien werde die Vernunft, wenn sie seinen Grund einsieht, zwar
nicht mehr hintergegangen, aber immer noch getäuscht." - Die kritische
Auflösung nämlich durch die sogenannte transcendentale Idealität der
Welt der Wahrnehmung hat kein anderes Resultat, als daß sie den
sogenannten Widerstreit zu etwas Subjektivem macht, worin er
freilich noch immer derselbe Schein, d. h. so unaufgelöst bleibt als
vorher. Ihre wahrhafte Auflösung kann nur darin bestehen, daß zwei
Bestimmungen, indem sie entgegengesetzt und einem und demselben
Begriffe nothwendig sind, nicht in ihrer Einseitigkeit, jede für sich,
gelten können, sondern daß sie ihre Wahrheit nur in ihrem
Aufgehobenseyn, in der Einheit ihres Begriffes haben.
Die Kantischen Antinomien näher betrachtet, enthalten nichts anders, als die ganz einfache kategorische Behauptung eines jeden der zwei entgegengesetzten Momente einer Bestimmung, für sich isolirt
von der andern. Aber dabei ist diese einfache kategorische oder
eigentlich assertorische Behauptung in ein schiefes, verdrehtes Gerüste
von Raisonnement eingehüllt, wodurch ein Schein von Beweisen
hervorgebracht, und das bloß Assertorische der Behauptung versteckt und
unkenntlich gemacht werden soll; wie sich dieß bei der nähern
Betrachtung derselben zeigen wird.
Die Antinomie, die hierher gehört, betrifft die sogenannte unendliche Theilbarkeit der Materie, und beruht auf dem Gegensatze der Momente der Kontinuität und Diskretion, welche der Begriff der Quantität in sich enthält.
Die Thesis derselben nach kantischer Darstellung lautet so:
Eine jede zusammengesetzte Substanz in der Welt besteht aus einfachen Theilen, und es existirt überall nichts als das Einfache, oder was aus diesem zusammengesetzt ist.
Es wird hier dem Einfachen, dem Atomen, das Zusammengesetzte
gegenübergestellt, was gegen das Stätige oder Kontinuirliche eine sehr
zurückstehende Bestimmung ist. - Das Substrat, das diesen Abstraktionen
gegeben ist, nämlich Substanzen der Welt, heißt hier weiter nichts, als
die Dinge, wie sie sinnlich wahrnehmbar sind, und hat auf das
Antinomische selbst keinen Einfluß, es konnte eben so gut auch Raum
oder Zeit genommen werden. - Indem nun die Thesis nur von Zusammensetzung statt von Kontinuität lautet, so ist sie eigentlich sogleich ein analytischer oder tautologischer Satz. Daß das Zusammengesetzte nicht an und für sich Eines, sondern nur ein äußerlich Verknüpftes ist, und aus Anderem besteht,
ist seine unmittelbare Bestimmung. Das Andere aber des
Zusammengesetzten ist das Einfache. Es ist daher tautologisch, zu
sagen, daß das Zusammengesetzte aus Einfachem besteht. - Wenn einmal
gefragt wird, aus was Etwas bestehe, so wird die Angabe eines Anderen verlangt, dessen Verbindung
jenes Etwas ausmache. Läßt man die Dinte wieder aus Dinte bestehen, so
ist der Sinn der Frage nach dem Bestehen aus Anderem verfehlt, sie ist
nicht beantwortet und wiederholt sich nur. Eine weitere Frage ist dann,
ob das, wovon die Rede ist, aus etwas bestehen soll, oder
nicht. Aber das Zusammengesetzte ist schlechthin ein solches, das ein
Verbundenes seyn, und aus Anderem bestehen soll. - Wird das Einfache,
welches das Andere des Zusammengesetzten sey, nur für ein relativ-Einfaches
genommen, das für sich wieder zusammengesetzt sey, so bleibt die Frage
vor wie nach. Der Vorstellung schwebt etwa nur dieß oder jenes
Zusammengesetzte vor, von dem auch dieß oder jenes Etwas als sein Einfaches angegeben würde, was für sich ein Zusammengesetztes wäre. Aber hier ist von dem Zusammengesetzten als solchem die Rede.
Was nun den kantischen Beweis der Thesis betrifft, so macht er, wie alle kantischen Beweise der übrigen antinomischen Sätze, den Umweg, der sich als sehr überflüssig zeigen wird, apogogisch zu seyn.
"Nehmet
an, (beginnt er,) die zusammengesetzten Substanzen beständen nicht aus
einfachen Theilen; so würde, wenn alle Zusammensetzung in Gedanken aufgehoben
würde, kein zusammengesetzter Theil und da es (nach der so eben
gemachten Annahme) keine einfache Theile giebt, auch kein einfacher,
mithin gar nichts übrig bleiben, folglich keine Substanz seyn gegeben
worden." -
Diese
Folgerung ist ganz richtig: wenn es nichts als Zusammengesetztes giebt,
und man denkt sich alles Zusammengesetzte weg, so hat man gar nichts
übrig; - man wird dieß zugeben, aber dieser tautologische Ueberfluß
konnte wegbleiben, und der Beweis sogleich mit dem anfangen, was darauf
folgt, nämlich: "Entweder läßt sich unmöglich alle Zusammensetzung in
Gedanken aufheben, oder es muß nach deren Aufhebung etwas ohne
Zusammensetzung bestehendes, d. i. das Einfache, übrig bleiben."
"Im erstern Fall aber würde das Zusammengesetze wiederum nicht aus Substanzen bestehen (weil bei diesen die Zusammensetzung nur eine zufällige Relation der Substanzen ist, ohne welche diese als für sich beharrliche Wesen, bestehen müssen.) - Da nun dieser Fall der Voraussetzung widerspricht, so bleibt nur der
zweite übrig: daß nämlich das substantielle Zusammengesetzte in der Welt aus einfachen Theilen bestehe."
Derjenige
Grund ist nebenher in eine Parenthese gelegt, der die Hauptsache
ausmacht, gegen welche alles bisherige völlig überflüssig ist. Das
Dilemma ist dieses: Entweder ist das Zusammengesetzte das Bleibende,
oder nicht, sondern das Einfache. Wäre das Erstere, nämlich das
Zusammengesetze, das Bleibende, so wäre das Bleibende nicht die
Substanzen, denn diesen ist die Zusammensetzung nur zufällige Relation; aber Substanzen sind das Bleibende, also ist das, was bleibt, das Einfache.
Es
erhellt, daß ohne den apogogischen Umweg an die Thesis: Die
zusammengesetze Substanz besteht aus einfachen Theilen, unmittelbar
jener Grund als Beweis angeschlossen werden konnte, weil die Zusammensetzung bloß eine zufällige
Relation der Substanzen ist, welche ihnen also äußerlich ist, und die
Substanzen selbst nichts angeht. - Hat es mit der Zufälligkeit der
Zusammensetzung seine Richtigkeit, so ist das Wesen Freilich das
Einfache. Diese Zufälligkeit aber, auf welche es allein ankommt, wird
nicht bewiesen, sondern geradezu, und zwar im Vorbeigehen in Parenthese
angenommen, als etwas das sich von selbst versteht oder eine Nebensache
ist. Es versteht sich zwar allerdings von selbst, daß die
Zusammensetzung die Bestimmung der Zufälligkeit und Aeußerlichkeit ist;
aber wenn es sich nur um ein zufälliges Zusammen handeln sollte statt
der Kontinuität, so war es nicht der Mühe werth, darüber eine Antinomie
aufzustellen, oder vielmehr es ließ sich gar keine aufstellen; die
Behauptung der Einfachheit der Theile ist alsdenn, wie erinnert, nur
tautologisch.
In
dem apogogischen Umwege sehen wir somit die Behauptung selbst
vorkommen, die aus ihm resultiren soll. Kürzer läßt sich daher der
Beweis so fassen:
Man nehme an, die Substanzen bestünden nicht aus einfachen
Theilen, sondern seyen nur zusammengesetzt. Nun aber kann man alle
Zusammensetzung in Gedanken aufheben, (denn sie ist nur eine zufällige
Relation;) also blieben nach deren Aufhebung keine Substanzen übrig,
wenn sie nicht aus einfachen Theilen bestünden. Substanzen aber müssen
wir haben, denn wir haben sie angenommen; es soll uns nicht alles
verschwinden, sondern Etwas übrig bleiben, denn wir haben ein solches
Beharrliches, das wir Substanz nannten, vorausgesetzt; dieß Etwas muß
also einfach seyn.
Es gehört noch zum Ganzen, den Schlußsatz zu betrachten; er lautet folgendermaßen:
"Hieraus folgt unmittelbar, daß die Dinge der Welt insgesammt einfache Wesen seyn, daß die Zusammensetzung nur ein äußerer Zustand derselben sey, und daß die Vernunft die Elementarsubstanzen als einfache Wesen denken müsse."
Hier sehen wir die Aeußerlichkeit d. i. Zufälligkeit der Zusammensetzung als Folge aufgeführt, nachdem sie vor her im Beweise parenthetisch eingeführt und in ihm gebraucht worden war.
Kant
protestirt sehr, daß er bei den widerstreitenden Sätzen der Antinomie
nicht Blendwerke suche, um etwa (wie man zu sagen pflege) einen
Advokatenbeweis zu führen. Der betrachtete Beweis ist nicht so sehr
eines Blendwerks zu beschuldigen, als einer unnützen gequälten
Geschrobenheit, die nur dazu dient, die äußere Gestalt eines Beweises
hervorzubringen, und es nicht in seiner ganzen Durchsichtigkeit zu
lassen, daß das was als Folgerung hervortreten sollte, in Parenthese
der Angel des Beweises ist, daß überhaupt kein Beweis, sondern nur eine
Voraussetzung vorhanden ist.
Die Antithesis lautet:
Kein zusammengesetztes Ding in der Welt besteht aus einfachen Theilen, und es existirt überall nichts Einfaches in derselben.
Der Beweis ist gleichfalls apogogisch gewendet, und auf eine andere Weise eben so tadelhaft als der vorige.
"Setzet, heißt es, ein zusammengesetztes Ding, als Substanz, bestehe aus einfachen Theilen. Weil alles äußere Verhältniß, mithin auch alle Zusammensetzung aus Substanzen nur im Raume
möglich ist, so muß, aus so vielen Theilen das Zusammengesetzte
bestehet, aus so vielen Theilen auch der Raum bestehen, den es
einnimmt. Nun besteht der Raum nicht aus einfachen Theilen, sondern aus
Räumen. Also muß jeder Theil des Zusammengesetzten einen Raum
einnehmen."
"Die schlechthin ersten Theile aber alles Zusammengesetzten sind einfach." "Also nimmt das Einfache einen Raum ein."
"Da
nun alles Reale, was einen Raum einnimmt, ein außerhalb einander
befindliches Mannigfaltiges in sich fasset, mithin zusammengesetzt ist,
und zwar aus Substanzen, so würde das Einfache ein substantielles
Zusammengesetztes seyn. Welches sich widerspricht."
Dieser Beweis kann ein ganzes Nest (um einen sonst vorkommenden Kantischen Ausdruck zu gebrauchen) von fehlerhaftem Verfahren genannt werden.
Zunächst ist die apogogische Wendung ein grundloser Schein. Denn die Annahme, daß alles Substanzielle räumlich sey, der Raum aber nicht aus einfachen Theilen bestehe, ist eine direkte Behauptung, die zum unmittelbaren Grund des zu Beweisenden gemacht und mit der das ganze Beweisen fertig ist.
Alsdann fängt dieser apogogische Beweis mit dem Satze an: "daß alle Zusammensetzung aus Substanzen, ein äußeres Verhältniß sey," vergißt ihn aber sonderbar genug sogleich wieder. Es wird nämlich fortgeschlossen, daß die Zusammensetzung nur im Raume
möglich sey, der Raum bestehe aber nicht aus einfachen Theilen, das
Reale, das einen Raum einnehme, sey mithin zusammengesetzt. Wenn einmal
die Zusammensetzung als ein äußerliches Verhältniß angenommen ist, so
ist die Räumlichkeit selbst, als in der allein die Zusammensetzung
möglich seyn soll, eben darum ein äußerliches Verhältniß für die
Substanzen, das sie nichts angeht und ihre Natur nicht berührt, so
wenig als das übrige, was man aus der Bestimmung der Räumlichkeit noch
folgern kann. Aus jenem Grunde eben sollten die Substanzen nicht in den
Raum gesetzt worden seyn.
Ferner
ist vorausgesetzt, daß der Raum, in den die Substanzen hier versetzt
werden, nicht aus einfachen Theilen bestehe; weil er eine Anschauung,
nämlich, nach Kantischer Bestimmung, eine Vorstellung, die nur durch
einen einzigen Gegenstand gegeben werden könne, und kein sogenannter
diskursiver Begriff sey. - Bekanntlich hat sich aus dieser kantischen
Unterscheidung von Anschauung und von Begriff viel Unfug mit dem
Anschauen entwickelt, und um das Begreifen zu ersparen, ist der Werth
und das Gebiet derselben auf alles Erkennen ausgedehnt worden. Hierher
gehört nur, daß der Raum, wie auch die Anschauung selbst, zugleich begriffen
werden muß, wenn man nämlich überhaupt begreifen will. Damit entstände
die Frage, ob der Raum nicht, wenn er auch als Anschauung einfache
Kontinuität wäre, nach seinem Begriffe als aus einfachen Theilen
bestehend, gefaßt werden müsse, oder der Raum träte in dieselbe
Antinomie ein, in welche nur die Substanz versetzt wurde. In der That
wenn die Antinomie abstrakt gefaßt wird, betrifft sie, wie erinnert,
die Quantität überhaupt und somit Raum und Zeit eben so sehr.
Weil
aber einmal im Beweise angenommen ist, daß der Raum nicht aus einfachen
Theilen bestehe, so dieß hätte Grund seyn sollen, das Einfache nicht in
dieß Element zu versetzen, welches der Bestimmung des Einfachen nicht
angemessen ist. - Hierbei kommt aber auch die
Kontinuität des Raumes mit der Zusammensetzung in Kollision; es werden
beide mit einander verwechselt, die erstere an die Stelle der letztern
untergeschoben, (was im Schlusse eine Quaternio Terminorum giebt). Es ist bei Kant die ausdrückliche Bestimmung des Raums, daß er ein einiger ist, und die Theile desselben nur auf Einschränkungen beruhen, so daß sie nicht vor
dem einigen allbefassenden Raume gleichsam als dessen Bestandtheile,
daraus seine Zusammensetzung möglich sey, vorhergehen". (Kr. d. r.
Vern. 2te Ausg. S. 39). Hier ist die Kontinuität sehr richtig und
bestimmt vom Raume gegen die Zusammensetzung aus Bestandtheilen
angegeben. In der Argumentation dagegen soll das Versetzen der
Substanzen in den Raum ein "außerhalb einander befindliches
Mannigfaltiges" und zwar "mithin ein Zusammengesetztes" mit sich
führen. Wogegen, wie angeführt, die Art, wie im Raume eine
Mannigfaltigkeit sich findet, ausdrücklich die Zusammensetzung und der
Einigkeit desselben vorhergehende Bestandtheile ausschließen soll.
In
der Anmerkung zu dem Beweis der Antithesis wird noch ausdrücklich die
sonstige Grundvorstellung der kritischen Philosophie herbeigebracht,
daß wir von Körpern nur als Erscheinungen einen Begriff
haben, als solche aber setzen sie den Raum, als die Bedingung der
Möglichkeit aller äußern Erscheinung nothwendig voraus. Wenn hiermit
unter den Substanzen nur Körper gemeint sind, wie wir sie sehen, fühlen
schmecken u. s . f., so ist von dem, was sie in ihrem Begriffe sind,
eigentlich nicht die Rede; es handelt sich nur vom sinnlich
Wahrgenommenen. Der Beweis der Antithesis war also kurz zu fassen. Die
ganze Erfahrung unseres Sehens, Fühlens, u.s.f.. zeigt uns nur
Zusammengesetztes; auch die besten Mikroskope und die feinsten Messer
haben uns noch auf nichts einfaches stoßen lassen. Also soll auch die Vernunft nicht auf etwas einfaches stoßen wollen.
Wenn
wir hiermit den Gegensatz dieser Thesis und Antithesis genauer ansehen,
und ihre Beweise von allem unnützen Ueberfluß und Verschrobenheit
befreien, so enthält der Beweis der Antithesis, - durch die Versetzung
der Substanzen in den Raum, - die assertorische Annahme der Kontinuität,
so wie der Beweis der Thesis, - durch die Annahme der Zusammensetzung,
als der Art der Beziehung des Substantiellen, - die assertorische
Annahme der Zufälligkeit dieser Beziehung, und damit die Annahme der Substanzen als absolute Eins.
Die ganze Antinomie reducirt sich also auf die Trennung und direkte
Behauptung der beiden Momente der Quantität und zwar derselben als
schlechthin getrennter. Nach der bloßen Diskretion genommen sind die Substanz, Materie, Raum, Zeit u.s.f. schlechthin getheilt, das Eins ist ihr Princip. Nach der Kontinuität ist dieses Eins nur ein aufgehobenes; das Theilen bleibt Theilbarkeit, es bleibt die Möglichkeit
zu theilen, als Möglichkeit, ohne wirklich auf das Atome zu kommen.
Bleiben wir nun auch bei der Bestimmung stehen, die in dem Gesagten von
diesen Gegensätzen gegeben ist, so liegt in der Kontinuität selbst das
Moment des Atomen, da sie schlechthin als die Möglichkeit des Theilens
ist, so wie jenes Getheiltseyn, die Diskretion auch allen Unterschied
der Eins aufhebt, - denn die einfachen Eins ist eines was das andere
ist, - somit ebenso ihre Gleichheit und damit ihre Kontinuität enthält.
Indem jede der beiden entgegengesetzten Seiten an ihr selbst ihre
andere enthält, und keine ohne die andere gedacht werden kann, so folgt
daraus, daß keine dieser Bestimmungen, allein genommen, Wahrheit hat,
sondern nur ihre Einheit. Dieß ist die wahrhafte dialektische
Betrachtung derselben, so wie das wahrhafte Resultat.
Unendlich sinnreicher und tiefer, als die betrachtete kantische Antinomie sind die dialektischen Beispiele der alten eleatischen Schule besonders die Bewegung betreffend, die sich gleichfalls
auf den Begriff der Quantität gründen, und in ihm ihre Auflösung haben.
Es würde zu weitläufig seyn, sie hier noch zu betrachten, sie betreffen
die Begriffe von Raum und Zeit, und können bei diesen und in der
Geschichte der Philosophie abgehandelt werden. Sie machen der Vernunft
ihrer Erfinder die höchste Ehre; sie haben das reine Seyn des
Parmenides zum Resultate indem sie die Auflösung alles bestimmten Seyns in sich selbst aufzeigen, und sind somit an ihnen selbst das Fließen
des Heraklit Sie sind darum auch einer gründlichern Betrachtung würdig,
als der gewöhnlichen Erklärung, daß es eben Sophismen seyen; welche
Assertion sich an das empirische Wahrnehmen nach dem, dem gemeinen
Menschenverstande einleuchtenden, Vorgange des Diogenes hält, der, als
ein Dialektiker den Widerspruch, den die Bewegung enthält, aufzeigte,
seine Vernunft weiter nicht angestrengt haben, sondern durch ein
stummes Hin- und Hergehen auf den Augenschein verwiesen haben soll, -
eine Assertion und Widerlegung, die freilich leichter zu machen ist,
als sich in die Gedanken einzulassen, und die Verwicklungen, in welche
der Gedanke und zwar der nicht weithergehohlte, sondern im gewöhnlichen
Bewußtseyn selbst sich formirende, hineinführt, festzuhalten und durch
den Gedanken selbst aufzulösen.
Die Auflösung, die Aristoteles
von diesen dialektischen Gestaltungen macht, ist hoch zu rühmen und in
seinen wahrhaft spekulativen Begriffen von Raum, Zeit und Bewegung
enthalten. Er setzt der unendlichen Theilbarkeit (was, da sie
vorgestellt wird, als ob sie bewerkstelligt werde, mit dem unendlichen
Getheiltseyn, den Atomen, dasselbe ist), als worauf die berühmtesten
jener Beweise beruhen, die Kontinuität, welche ebenso wohl auf die
Zeit, als den Raum geht, entgegen, so daß die unendliche, d. h.
abstrakte Vielheit nur an sich, der Möglichkeit nach, in der Kontinuität enthalten sey. Das Wirkliche gegen die abstrakte Vielheit, wie gegen die abstrakte
Kontinuität ist das Konkrete derselben, die Zeit und der Raum selbst,
wie gegen diese wieder die Bewegung und die Materie. Nur an sich oder
nur der Möglichkeit nach ist das Abstrakte; es ist nur als Moment eines Reellen. Bayle, der in seinem Diktionnaire, Art. Zenon, die von Aristoteles gemachte Auflösung der zenonischen Dialektik, " pitoyable " findet, versteht nicht was es heißt, daß die Materie nur der Möglichkeit nach ins Unendliche theilbar sey; er erwiedert, wenn die Materie ins Unendliche theilbar sey, so enthalte sie wirklich eine unendliche Menge von Theilen, dieß sey also nicht ein Unendliches en puissance , sondern ein Unendliches, das reell und aktuell existire. - Vielmehr ist schon die Theilbarkeit selbst nur eine Möglichkeit, nicht ein Existiren der Theile,
und die Vielheit überhaupt in der Kontinuität nur als Moment, als
Aufgehobenes gesetzt. - Scharfsinniger Verstand, an dem Aristoteles
wohl auch unübertroffen ist, reicht nicht hin dessen spekulative
Begriffe zu fassen und zu beurtheilen, so wenig als die angeführte
Plumpheit sinnlicher Vorstellung, Argumentationen des Zeno zu
widerlegen; jener Verstand ist in dem Irrthume, solche Gedankendinge,
Abstraktionen, wie unendliche Menge von Theilen, für Etwas, für ein
Wahres und Wirkliches zu halten; dieses sinnliche Bewußtseyn aber läßt
sich nicht über das Empirische hinaus zu Gedanken bringen.
Die kantische Auflösung der Antinomie besteht gleichfalls allein darin, daß die Vernunft die sinnliche Wahrnehmung nicht überfliegen,
und die Erscheinung, wie sie ist, nehmen solle. Diese Auflösung läßt
den Inhalt der Antinomie selbst auf der Seite liegen, sie erreicht die
Natur des Begriffes ihrer Bestimmungen nicht, deren jede, für
sich isolirt, nichtig und an ihr selbst nur das Uebergehen in ihre
Andere ist, und die Quantität als ihre Einheit und darin ihre Wahrheit
hat.
Die
Quantität enthält die beiden Momente der Kontinuität und der
Diskretion. Sie ist in beiden als ihren Bestimmungen zu setzen. - Sie
ist schon sogleich unmittelbare Einheit derselben, d. h. sie ist zunächst selbst nur in der einen ihrer Bestimmungen, der Kontinuität, gesetzt, und ist so kontinuirliche Größe.
Oder
die Kontinuität ist zwar eins der Momente der Quantität, die erst mit
dem andern, der Diskretion, vollendet ist. Aber die Quantität ist
konkrete Einheit nur, insofern sie die Einheit unterschiedener
Momente ist. Diese sind daher auch als unterschieden zu nehmen, jedoch
nicht in Attraktion und Repulsion wieder aufzulösen, sondern nach ihrer
Wahrheit jede in ihrer Einheit mit der anderen d. h. das Ganze bleibend. Die Kontinuität ist nur die zusammenhängende, gediegene Einheit, als Einheit des Diskreten, so gesetzt ist sie nicht mehr nur Moment, sondern ganze Quantität; kontinuirliche Größe.
2. Die unmittelbare
Quantität ist kontinuirliche Größe. Aber die Quantität ist überhaupt
nicht ein unmittelbares; die Unmittelbarkeit ist eine Bestimmtheit,
deren Aufgehobenseyn sie selbst ist. Sie ist also in der ihr immanenten
Bestimmtheit zu setzen, diese ist das Eins. Die Quantität ist diskrete Größe.
Die
Diskretion ist, wie die Kontinuität, Moment der Quantität, aber ist
selbst auch die ganze Quantität, eben weil sie Moment in ihr, dem
Ganzen ist, also als unterschieden nicht aus demselben, nicht aus ihrer
Einheit mit dem anderen Momente heraustritt. - Die Quantität ist
Außereinanderseyn an sich, und die kontinuirliche Größe ist dieß
Außereinanderseyn, als sich ohne Negation fortsetzend, als ein in sich
selbst gleicher Zusammenhang. Die diskrete Größe aber ist dieß
Außereinander als nicht kontinuirlich, als
unterbrochen. Mit dieser Menge von Eins ist jedoch nicht die Menge des
Atomen und das Leere, die Repulsion überhaupt, wieder vorhanden. Weil
die diskrete Größe Quantität ist, ist ihre Diskretion selbst
kontinuirlich. Diese Kontinuität am Diskreten besteht darin, daß die
Eins das einander Gleiche sind, oder daß sie dieselbe Einheit haben. Die diskrete Größe ist also das Außereinander des vielen Eins, als des Gleichen, nicht das viele Eins überhaupt, sondern als das Viele einer Einheit gesetzt.
Anmerkung.
In gewöhnlichen Vorstellungen von kontinuirlicher und diskreter Größe wird es übersehen, daß jede
dieser Größen beide Momente, sowohl die Kontinuität als die Diskretion,
an ihr hat, und ihr Unterschied nur dadurch konstituirt wird, welches
von beiden Momenten die gesetzte Bestimmtheit und welche nur
die an-sich-seyende ist. Raum, Zeit, Materie u.s.f. sind stätige
Größen, indem sie Repulsionen von sich selbst, ein strömendes
Außersichkommen sind, das zugleich nicht ein Uebergehen oder Verhalten
zu einem qualitativ-Andern ist. Sie haben die absolute Möglichkeit, daß
das Eins allenthalben an ihnen gesetzt werde; nicht als die leere
Möglichkeit eines bloßen Andersseyns (wie man sagt, es wäre möglich,
daß an der Stelle dieses Steines ein Baum stünde) sondern sie enthalten
das Princip des Eins an ihnen selbst, es ist die eine der Bestimmungen,
von denen sie konstituirt sind.
Umgekehrt ist an der diskreten Größe die Kontinuität nicht zu übersehen; dieß Moment ist, wie gezeigt, das Eins als Einheit.
Die kontinuirliche und diskrete Größe können als Arten
der Quantität betrachtet werden, aber insofern die Größe nicht unter
irgend einer äußerlichen Bestimmtheit gesetzt ist, sondern unter den Bestimmtheiten ihrer eigenen Momente; der gewöhnliche Uebergang von Gattung zu Art läßt an jene nach irgend einem ihr äußerlichen Eintheilungsgrunde äußerliche
Bestimmungen kommen. Dabei sind die kontinuirliche und diskrete Größe
noch keine Quanta; sie sind nur die Quantität selbst in einer jeden
ihrer beiden Formen. Sie werden etwa Größen genannt, insofern sie mit
dem Quantum dieß überhaupt gemein haben, eine Bestimmtheit an der
Quantität zu seyn.
Die
diskrete Größe hat erstlich das Eins zum Princip und ist zweitens
Vielheit der Eins, drittens ist sie wesentlich stätig, sie ist das Eins
zugleich als Aufgehobenes, als Einheit, das Sich-kontinuiren als solches in der Diskretion der Eins. Sie ist daher als Eine Größe gesetzt, und die Bestimmtheit derselben ist das Eins, das an diesem Gesetztseyn und Daseyn ausschließendes
Eins, Grenze an der Einheit ist. Die diskrete Größe als solche soll
unmittelbar nicht begrenzt seyn; aber als unterschieden von der
kontinuirlichen ist sie als ein Daseyn und ein Etwas, dessen
Bestimmtheit das Eins und als in einem Daseyn auch erste Negation und
Grenze ist.
Diese Grenze, außer dem, daß sie auf die Einheit bezogen und die Negation an derselben ist, ist als Eins auch auf sich bezogen;
so ist sie umschließende, befassende Grenze. Die Grenze unterscheidet
sich hier nicht zuerst von dem Etwas ihres Daseyns, sondern ist als
Eins unmittelbar dieser negative Punkt selbst. Aber das Seyn, das hier
begrenzt ist, ist wesentlich als Kontinuität, vermöge der es über die
Grenze und dieß Eins hinausgeht, und gleichgültig dagegen ist. Die
reale diskrete Quantität ist so eine Quantität, oder Quantum, - die Quantität als ein Daseyn und Etwas.
Indem das Eins, welches Grenze ist, die vielen Eins der diskreten Quantität in sich befaßt, setzt sie dieselben ebenso wohl
als in ihm aufgehobene; sie ist Grenze an der Kontinuität überhaupt als
solcher, und damit ist hier der Unterschied von kontinuirlicher und
diskreter Größe gleichgültig; oder richtiger, sie ist Grenze an der
Kontinuität der einen sosehr als der andern; beide gehen darein über, Quanta zu seyn.
Das Quantum, zunächst Quantität mit einer Bestimmtheit oder Grenze überhaupt, - ist in seiner vollkommenen Bestimmtheit die Zahl. Das Quantum unterscheidet sich
zweitens zunächst in extensives, an dem die Grenze als Beschränkung der daseyenden Vielheit ist, alsdann indem dieses Daseyn ins Fürsichseyn übergeht, - in intensives Quantum, Grad, welches als fürsich und darin als gleichgültige Grenze ebenso unmittelbar außersich,
seine Bestimmtheit an einem anderen hat. Als dieser gesetzte
Widerspruch, so einfach in sich bestimmt zu seyn und seine Bestimmtheit
außer sich zu haben und für sie außer sich zu weisen, geht das Quantum
drittens, als das an sich selbst äußerliche Gesetzte in die quantitative Unendlichkeit über.
Die
Quantität ist Quantum, oder hat eine Grenze; sowohl als kontinuirliche
wie als diskrete Größe. Der Unterschied dieser Arten hat hier zunächst
keine Bedeutung.
Die
Quantität ist als das aufgehobene Fürsichseyn schon an und für sich
selbst gegen ihre Grenze gleichgültig. Aber damit ist ihr ebenso die
Grenze, oder ein Quantum zu seyn, nicht gleichgültig; denn sie enthält
das Eins, das absolute Bestimmtseyn, in sich als ihr eigenes Moment,
das also als gesetzt an ihrer Kontinuität oder Einheit ihre Grenze ist,
die aber als Eins, zu dein sie überhaupt geworden, bleibt.
Dieß Eins ist also das Princip des Quantums, aber das Eins als der Quantität. Dadurch ist es erstlich kontinuirlich, es ist Einheit; zweitens
ist es diskret, an sich seyende (wie in der kontinuirlichen) oder
gesetzte (wie in der diskreten Größe) Vielheit der Eins, welche die
Gleichheit miteinander, jene Kontinuität, dieselbe Einheit haben. Drittens
ist die ß Eins auch Negation der vielen Eins als einfache Grenze, ein
Ausschließen seines Andersseyns aus sich, eine Bestimmung seiner gegen andere Quanta. Das Eins ist insofern sich à) auf sich beziehende, (ß) umschließende, und (ç) Anderes ausschließende Grenze.
Das Quantum in diesen Bestimmungen vollständig gesetzt, ist die Zahl. Das vollständige Gesetztseyn liegt in dem Daseyn der Grenze als Vielheit
und damit ihrem Unterschiedenseyn von der Einheit. Die Zahl erscheint,
deswegen als diskrete Größe, aber sie hat an der Einheit ebenso die
Kontinuität. Sie ist darum auch das Quantum in vollkommener Bestimmtheit; indem in ihr die Grenze als bestimmte Vielheit, die das Eins, das schlechthin bestimmte, zu seinem Principe hat. Die Kontinuität, als in der das Eins nur an sich, als Aufgehobenes ist, - gesetzt als Einheit, - ist die Form der Unbestimmtheit.
Das
Quantum nur als solches ist begrenzt überhaupt, seine Grenze ist
abstrakte, einfache Bestimmtheit desselben. Indem es aber Zahl ist, ist
diese Grenze als in sich selbst mannigfaltig gesetzt. Sie
enthält die vielen Eins, die ihr Daseyn ausmachen, enthält sie aber
nicht auf unbestimmte Weise, sondern die Bestimmtheit der Grenze fällt
in sie; die Grenze schließt anderes Daseyn, d. i. andere Viele aus, und die von ihr umschlossenen Eins sind eine bestimmte Menge, - die Anzahl, zu welcher als der Diskretion, wie sie in der Zahl ist, das andere die Einheit, die Kontinuität derselben, ist. Anzahl und Einheit machen die Momente der Zahl aus.
Von der Anzahl ist noch näher zu sehen, wie die vielen Eins, aus denen sie besteht, in der Grenze sind; von der Anzahl ist der Ausdruck richtig, daß sie aus den Vielen besteht, denn die Eins sind in ihr nicht als aufgehoben, sondern sind
in ihr, nur mit der ausschließenden Grenze gesetzt, gegen welche sie
gleichgültig sind. Aber diese ist es nicht gegen sie. Beim Daseyn hatte
sich zunächst das Verhältniß der Grenze zu demselben so gestellt, daß
das Daseyn als das affirmative diesseits seiner Grenze bestehen blieb,
und diese, die Negation, außerhalb an seinem Rande sich befand; ebenso
erscheint an den vielen Eins das Abbrechen derselben und das
Ausschließen anderer Eins als eine Bestimmung, die außerhalb der
umschlossenen Eins fällt. Aber es hat sich dort ergeben, daß die Grenze
das Daseyn durchdringt, soweit geht als dieses, und daß Etwas dadurch
seiner Bestimmung nach begrenzt, d. i. endlich ist. - So stellt man im
Quantitativen der Zahl etwa Hundert so vor, daß das hundertste Eins
allein die Vielen so begrenze, daß sie Hundert seyen. Einer Seits ist
dieß richtig; anderer Seits aber hat unter den hundert Eins keines
einen Vorzug, da sie nur gleich sind; jedes ist ebenso das Hundertste;
sie gehören also alle der Grenze an, wodurch die Zahl Hundert ist;
diese kann für ihre Bestimmtheit keines entbehren; die anderen machen
somit gegen das hundertste Eins kein Daseyn aus, das außerhalb der
Grenze oder nur innerhalb ihrer, überhaupt verschieden von ihr wäre.
Die Anzahl ist daher nicht eine Vielheit gegen das umschließende, begrenzende Eins, sondern macht selbst diese Begrenzung aus, welche ein bestimmtes Quantum ist; die Vielen machen eine Zahl, Ein Zwei, Ein Zehn, Ein Hundert u.s.f. aus.
Das
begrenzende Eins ist nun das Bestimmtseyn gegen Anderes, Unterscheidung
der Zahl von andern. Aber diese Unterscheidung wird nicht qualitative
Bestimmtheit, sondern bleibt quantitativ, fällt nur in die
vergleichende äußerliche Reflexion; die Zahl bleibt als Eins in sich zurückgekehrt, und gleichgültig gegen Andere. Diese Gleichgültigkeit der Zahl gegen Andere ist wesentliche Bestimmung derselben; sie macht ihr An-sich-bestimmtseyn, aber zugleich ihre eigene Aeußerlichkeit aus. - Sie ist so ein numerisches
Eins, als das absolut bestimmte, das zugleich die Form der einfachen
Unmittelbarkeit hat, und dem daher die Beziehung auf anderes völlig
äußerlich ist. Als Eins, das Zahl ist, hat es ferner die Bestimmtheit, insofern sie Beziehung auf Anderes ist, als seine Momente in ihm selbst, in seinem Unterschiede der Einheit und der Anzahl, und die Anzahl ist selbst Vielheit der Eins d. i.
es ist in ihm selbst diese absolute Aeußerlichkeit. - Dieser
Widerspruch der Zahl oder des Quantums überhaupt in sich ist die
Qualität des Quantums, in deren weitern Bestimmungen sich dieser
Widerspruch entwickelt.
Die
Raumgröße und Zahlgröße pflegen so als zwei Arten betrachtet zu werden,
daß die Raumgröße für sich so sehr bestimmte Größe als die Zahlgröße
wäre; ihr Unterschied bestünde nur in den verschiedenen Bestimmungen
der Kontinuität und Diskretion; als Quantum aber stünden sie auf
derselben Stufe. Die Geometrie hat im Allgemeinen in der Raumgröße die
kontinuirliche, und die Arithmetik in der Zahlgröße die diskrete Größe
zum Gegenstande. Aber mit dieser Ungleichheit des Gegenstandes haben
sie auch nicht eine gleiche Weise und Vollkommenheit der Begrenzung
oder des Bestimmtseyns. Die Raumgröße hat nur die Begrenzung überhaupt;
insofern sie als ein schlechthin bestimmtes Quantum betrachtet werden
soll, hat sie die Zahl nöthig. Die Geometrie als solche mißt die Raumfiguren nicht, ist nicht Meßkunst; sondern vergleicht sie nur. Auch bei ihren Definitionen sind die Bestimmungen zum Theil von der Gleichheit der Seiten, Winkel, der gleichen Entfernung hergenommen. So bedarf der Kreis, weil er allein auf die Gleichheit
der Entfernung aller in ihm möglichen Punkte von einem Mittelpunkte
beruht, zu seiner Bestimmung keiner Zahl. Diese auf Gleichheit oder
Ungleichheit beruhenden Bestimmungen sind ächt geometrisch. Aber sie
reichen nicht aus, und zu andern z. B. Dreieck, Viereck, ist die Zahl
erforderlich, die in ihrem Princip, dem Eins das Für-sich-bestimmtseyn,
nicht das Bestimmtseyn durch Hülfe eines Andern, also nicht durch
Vergleichung enthält. Die Raumgröße hat zwar an dem Punkte die dem Eins
entsprechende Bestimmtheit; der Punkt aber wird, insofern er außer sich
kommt, ein Anderes, er wird zur Linie; weil er wesentlich nur als Eins des Raumes ist, wird er in der Beziehung,
zu einer Kontinuität, in der die Punktualität, das
Für-sich-Bestimmtseyn, das Eins, aufgehoben ist. Insofern das
Für-sich-Bestimmtseyn im Außersichseyn sich erhalten soll, muß die
Linie als eine Menge von Eins vorgestellt werden, und die Grenze, die Bestimmung der vielen Eins, in sich bekommen, d. h. die Größe der Linie - eben so der anderen Raum-Bestimmungen - muß als Zahl genommen werden.
Die Arithmetik
betrachtet die Zahl und deren Figuren, oder vielmehr betrachtet sie
nicht, sondern operirt mit denselben. Denn die Zahl ist die
gleichgültige Bestimmtheit, träge; sie muß von außen bethätigt und in Beziehung gebracht werden. Die Beziehungsweisen sind die Rechnungsarten.
Sie werden in der Arithmetik nach einander aufgeführt, und es erhellt,
daß eine von der andern abhängt. Der Faden, der ihren Fortgang leitet,
wird jedoch in der Arithmetik nicht herausgehoben.
Aus
der Begriffsbestimmung der Zahl selbst aber ergiebt sich leicht die
systematische Zusammenstellung, auf welche der Vortrag dieser Elemente
in den Lehrbüchern einen gerechten Anspruch hat. Diese leitenden
Bestimmungen sollen hier kurz bemerklich gemacht werden.
Die
Zahl ist um ihres Principes, des Eins, willen ein äußerlich
Zusammengefaßtes überhaupt, eine schlechthin analytische Figur, die
keinen inneren Zusammenhang enthält. Weil sie so nur ein äußerlich
Erzeugtes ist, ist alles Rechnen das Hervorbringen von Zahlen, ein Zählen oder bestimmter: Zusammenzählen.
Eine Verschiedenheit dieses äußerlichen Hervorbringens, das nur iminer
dasselbe thut, kann allein in einem Unterschiede der Zahlen
gegeneinander, die zusammengezählt werden sollen, liegen; solcher
Unterschied muß selbst anderswoher und aus äußerlicher Bestimmung
genommen werden.
Der qualitative Unterschied, der die Bestimmtheit der Zahl ausmacht, ist der, den wir gesehen, der Einheit und der Anzahl;
auf diesen reducirt sich daher alle Begriffsbestimmtheit, die in den
Rechnungsarten vorkommen kann. Der Unterschied aber, der den Zahlen als
Quantis zukommt, ist die äußerliche Identität und der äußerliche
Unterschied, die Gleichheit und Ungleichheit, welches Reflexionsmomente, und unter den Bestimmungen des Wesens beim Unterschiede, abzuhandeln sind.
Ferner
ist noch vorauszuschicken, daß Zahlen im Allgemeinen auf zwei Weisen
hervorgebracht werden können, entweder durch Zusammenfassen oder durch
Trennen bereits zusammengefaßter; - indem beides bei einer auf dieselbe
Weise bestimmten Art von Zählen Statt findet, so entspricht einem
Zusammenfassen von Zahlen, was man positive Rechnungsart, ein Trennen, was man negative Rechnungsart nennen kann; die Bestimmung der Rechnungsart selbst, ist von diesem Gegensatze unabhängig.
Nach diesen Bemerkungen folgt hiermit die Angabe der Rechnungsweisen. Das erste Erzeugen der Zahl ist das Zusammenfassen von Vielen als solchen, d. i. deren jedes nur als Eins gesetzt ist, - das Numeriren.
Da die Eins äußerliche gegeneinander sind, stellen sie sich unter einem
sinnlichen Bilde dar, und die Operation, durch welche die Zahl erzeugt
wird, ist ein Abzählen an den Fingern, an Punkten u.s.f. Was Vier, Fünf
u.s.f. ist, kann nur gewiesen werden. Das Abbrechen, wie viel
zugefaßt werden soll, ist, indem die Grenze äußerlich ist, etwas
Zufälliges, Beliebiges. - Der Unterschied von Anzahl und Einheit, der
im Fortgange der Rechnungsarten eintritt, begründet ein System,
dyadisches, dekadisches u.s.f. - von Zahlen; ein solches beruht im
Ganzen auf der Beliebigkeit, welche Anzahl konstant wieder als Einheit
genommen werden soll.
Die durch das Numeriren entstandenen Zahlen
werden wieder numerirt; und indem sie so unmittelbar gesetzt sind, sind
sie noch ohne alle Beziehung auf einander bestimmt, gleichgültig gegen
Gleichheit und Ungleichheit, von zufälliger Grösse gegen einander, -
daher ungleiche überhaupt; - Addiren. - Daß 7 und 5
Zwölfe ausmacht, erfährt man dadurch, daß zu den 7 noch 5 Eins an den
Fingern oder sonst hinzunumerirt werden, - wovon das Resultat nachher
im Gedächtnisse, auswendig, behalten wird; denn Innerliches ist
nichts dabei. Ebenso daß 7 x 5 = 35 ist, weiß man durch das Abzählen an
den Fingern u.s.f., daß zu einem Sieben noch eins hinzu numerirt, dieß
fünf Mal bewerkstelligt, und das Resultat gleichfalls auswendig
behalten wird. Die Mühe dieses Numerirens, der Erfindung der Summen,
Produkte, ist durch die fertigen Eins und Eins oder Eins mal Eins, die
man nur auswendig zu lernen hat, abgethan.
Kant
hat (in der Einleitung zur Kritik der reinen Vernunft V.) den Satz: 7 +
5 = 12, als einen synthetischen Satz betrachtet. "Man sollte," sagt er,
"anfänglich zwar denken, (gewiß!) er sey ein bloß analytischer Satz, der aus dem Begriffe einer Summe
von Sieben und Fünf nach dem Satz des Widerspruchs erfolge." Der
Begriff der Summe heißt weiter nichts, als die abstrakte Bestimmung,
daß diese zwei Zahlen zusammengefaßt werden sollen, und zwar
als Zahlen auf eine äußerliche, d. i. begrifflose Weise, - daß von
Sieben weiter numerirt werden soll, bis die hinzuzufügenden Eins, deren
Anzahl auf Fünf bestimmt ist, erschöpft worden; das Resultat führt den
sonst bekannten Nahmen Zwölfe. "Allein," fährt Kant fort, "wenn man es
näher betrachtet, so findet man, daß der Begriff der Summe von 7 + 5
nichts weiter enthalte, als die Vereinigung beider Zahlen in eine einzige, wodurch ganz und gar nicht gedacht wird, welches
diese einzige Zahl sey, die beide zusammenfaßt;" - "ich mag meinen
Begriff von einer solchen möglichen Summe noch so sehr zergliedern, so
werde ich doch darin die Zwölfe nicht antreffen." Mit dem Denken
der Summe, Zergliederung des Begriffs, hat der Uebergang von jener
Aufgabe zu dem Resultat allerdings nichts [zu] thun; "man muß über
diese Begriffe hinausgehen und die Anschauung, fünf Finger u.s.f. zu Hülfe nehmen und so die Einheiten der in der Anschauung gegebenen Fünf zu dem Begriffe von Sieben hinzuthun," fügt er hinzu. Fünf ist allerdings in der Anschauung gegeben, d. h. ein ganz äußerliches
Zusammengefügtseyn des beliebig wiederholten Gedankens, Eins; aber
Sieben ist ebenso wenig ein Begriff; es sind keine Begriffe vorhanden,
über die man hinausgeht. Die Summe von 5 und 7 heißt die begrifflose
Verbindung beider Zahlen, das so begrifflos fortgesetzte Numeriren von
Sieben an, bis die Fünfe erschöpft sind, kann man ein Zusammenfügen,
ein Synthesiren, gerade wie das Numeriren von Eins an, nennen - ein
Synthesiren, das aber gänzlich analytischer Natur ist, indem der
Zusammenhang ein ganz gemachter, nichts darin ist noch hineinkommt, was
nicht ganz äußerlich vorliegt. Das Postulat 5
zu 7 zu addiren verhält sich zu dem Postulate, überhaupt zu numeriren,
wie das Postulat eine gerade Linie zu verlängern, zu dem, eine gerade
Linie zu ziehen.
So leer als der Ausdruck Synthesiren ist, ist die Bestimmung, daß es a priori geschehe. Zählen ist allerdings keine Empfindungsbestimmung, die für das a posteriori
nach der kantischen Bestimmung von Anschauung allein übrig bleibt, und
Zählen ist wohl eine Beschäftigung auf dem Boden des abstrakten
Anschauens, d. i. welches durch die Kategorie des Eins bestimmt und
wobei von allen anderen Empfindungsbestimmungen, ebenso sehr als auch
von Begriffen abstrahirt ist. Das a priori ist
überhaupt etwas nur Vages; die Gefühlsbestimmung hat als Trieb, Sinn
u.s.f. ebenso sehr das Moment der Aprioritaet in ihr, als Raum und Zeit
als existirend, Zeitliches und Räumliches, a posteriori bestimmt ist.
Im
Zusammenhange hiermit kann hinzugefügt werden, daß Kants Behauptung von
der synthetischen Beschaffenheit der Grundsätze der reinen Geometrie
ebenso wenig etwas Gründliches enthält. Indem er angiebt, daß mehrere
wirklich analytisch seyen, so ist allein der Grundsatz, daß die gerade
Linie zwischen zwei Punkten die kürzeste ist, für jene Vorstellung
angeführt. "Mein Begriff vom Geraden enthalte nämlich nichts von Größe, sondern nur eine Qualität; der Begriff des Kürzesten komme also gänzlich hinzu, und könne durch keine Zergliederung aus dem Begriffe der geraden Linie gezogen werden; Anschauung
müsse also hier zu Hülfe genommen werden, vermittelst deren allein die
Synthesis möglich sey." - Es handelt sich aber auch hier nicht von
einem Begriffe des Geraden überhaupt, sondern von gerader Linie, und
dieselbe ist bereits ein Räumliches, Angeschautes. Die Bestimmung (oder
wenn man will, der Begriff) der geraden Linie ist doch wohl keine
anderes als daß sie die schlechthin einfache Linie ist, d. i. in dem Außersichkommen (der sogenannten Bewegung des Punktes) schlechthin sich auf sich bezieht,
in deren Ausdehnung keine Art von Verschiedenheit der Bestimmung, keine
Beziehung auf einen anderen Punkt, oder Linie außerhalb ihrer gesetzt
ist, hält; - die schlechthin in sich einfache Richtung. Diese
Einfachheit ist allerdings ihre Qualität, und wenn die gerade Linie
schwer analytisch zu definiren scheinen sollte, so wäre es nur um der
Bestimmung der Einfachheit oder Beziehung auf sich selbst willen, und
bloß weil die Reflexion beim Bestimmen zunächst vornehmlich eine
Mehrheit, ein Bestimmen durch andere, vor sich hat; es ist aber für
sich schlechthin nichts Schweres, diese Bestimmung der Einfachheit der
Ausdehnung in sich, ihrer Bestimmungslosigkeit durch Anderes, zu
fassen; - Euklids Definition enthält nichts Anderes als diese
Einfachheit. - Der Uebergang nun aber dieser Qualität zur quantitativen
Bestimmung (des Kürzesten), welcher das Synthetische ausmachen sollte,
ist ganz nur analytisch. Die Linie ist als räumlich, Quantität
überhaupt; das Einfachste, vom Quantum gesagt, ist das Wenigste, und dieß von einer Linie gesagt, ist das Kürzeste. Die Geometrie kann diese Bestimmungen als Corollarium zur Definition aufnehmen; aber Archimedes in seinen Büchern über Kugel und Cylinder (s. Haubers Uebers.
S. ) hat am zweckmäßigsten gethan, jene Bestimmung der geraden Linie
als Grundsatz hinzustellen, in ebenso richtigem Sinne, als Euklides
die Bestimmung, die Parallellinien betreffend, unter die Grundsätze
gestellt hat, da die Entwickelung dieser Bestimmung, um zu einer
Definition zu werden, gleichfalls nicht der Räumlichkeit unmittelbar
angehörige, sondern abstraktere qualitative Bestimmungen, wie vorhin
Einfachheit, Gleichheit der Richtung und dergleichen erfordert hätte.
Diese Alten haben auch ihren Wissenschaften plastischen Charakter
gegeben, ihre Darstellung streng in der Eigenthümlichkeit ihres Stoffes
gehalten, daher das ausgeschlossen, was für denselben heterogener Art
gewesen wäre.
Der Begriff, den Kant in den synthetischen Urtheilen a priori aufgestellt hat, - der Begriff von Unterschiedenem, das ebenso untrennbar ist, einem Identischen, das an ihm selbst ungetrennt Unterschied
ist, gehört zu dem Grossen und Unsterblichen seiner Philosophie. Im
Anschauen ist dieser Begriffe da er der Begriff selbst und Alles an
sich der Begriff ist, freilich gleichfalls vorhanden; aber die
Bestimmungen, die in jenen Beispielen herausgenommen sind, stellen ihn
nicht dar; vielmehr ist die Zahl und das Zählen eine Identität und
Hervorbringen einer Identität, die schlechthin nur äußerlich, nur
oberflächliche Synthese ist, eine Einheit von Eins, solchen, die
vielmehr als an ihnen nicht identisch mit einander, sondern äußerliche,
für sich getrennte, gesetzt sind; in der geraden Linie hat die
Bestimmung, die kleinste zwischen zwei Punkten zu seyn, vielmehr nur
das Moment des abstrakt Identischen, ohne Unterschied an ihm selbst, zu
Grunde zu liegen.
Ich kehre von dieser Unterbrechung zum Addiren selbst zurück. Die ihm entsprechende, negative Rechnungsart, das Subtrahiren, ist das ebenso ganz analytische Trennen in Zahlen, die wie im Addiren, nur als Ungleiche überhaupt gegeneinander bestimmt sind.
2. Die nächste Bestimmung ist die Gleichheit der Zahlen, die numerirt werden sollen. Durch diese Gleichheit sind sie eine Einheit, und es tritt hiermit an der Zahl der Unterschied von Einheit und Anzahl ein. Die Multiplikation
ist die Aufgabe, eine Anzahl von Einheiten, die selbst eine Anzahl
sind, zusammenzuzählen. Es ist dabei gleichgültig, welche von den
beiden Zahlen als Einheit und welche als Anzahl angegeben, ob viermal
drei, wo Vier die Anzahl, und drei die Einheit ist, oder umgekehrt
dreimal vier, gesagt wird. - Es ist oben schon angegeben, daß das
ursprüngliche Finden des Produkts durch das einfache Numeriren, d. i.
das Abzählen an den Fingern u.s.f. bewerkstelligt wird; das spätere unmittelbare Angebenkönnen des Produkts beruht auf der Sammlung jener Produkte, dem Einmaleins, und dem Auswendig-Wissen desselben.
Die Division
ist die negative Rechnungsart nach derselben Bestimmung des
Unterschieds. Es ist ebenso gleichgültig, welcher von beiden Faktoren,
der Divisor oder der Quotient, als Einheit oder als Anzahl bestimmt
wird. Der Divisor wird als Einheit und der Quotient als Anzahl
bestimmt, wenn die Aufgabe der Division ausgesprochen wird, daß man
sehen wolle, wie oft (Anzahl) eine Zahl (Einheit) in
einer gegebenen enthalten sey; umgekehrt wird der Divisor als Anzahl
und der Quotient als Einheit genommen, wenn gesagt wird, man soll eine
Zahl in eine gegebene Anzahl gleicher Theile theilen und die Grösse
solchen Theils (der Einheit) finden.
3.
Die beiden Zahlen, welche als Einheit und Anzahl gegeneinander bestimmt
sind, sind als Zahl noch unmittelbar gegeneinander, und daher überhaupt
ungleich. Die weitere Gleichheit ist die der Einheit und der
Anzahl selbst; so ist der Fortgang zur Gleichheit der Bestimmungen, die
in der Bestimmung der Zahl liegen, vollendet. Das Zählen, nach dieser
vollständigen Gleichheit ist das Potenziren, (die negative Rechnungsart das Wurzelausziehen) - und zwar zunächst das Erheben einer Zahl ins Quadrat,
- das vollkommene Bestimmtseyn des Numerirens in sich selbst, wo 1) die
vielen Zahlen, die addirt werden, dieselben sind, und 2) deren Vielheit
oder Anzahl selbst dieselbe ist mit der Zahl, die vielmal gesetzt wird,
die Einheit ist. Es sind sonst keine Bestimmungen in dem Begriffe der
Zahl, die einen Unterschied darbieten könnten; noch kann ein weiteres
Ausgleichen des Unterschiedes, der in in der Zahl liegt, Statt finden.
Erhebung in höhere Potenzen als in das Quadrat, ist eine formelle Fortsetzung Theils - bei den geraden Exponenten, - nur eine Wiederholung
des Quadrirens, Theils bei den ungeraden Potenzen - tritt wieder die
Ungleichheit ein; bei der nämlich formellen Gleichheit (z. B.
zunächst beim Kubus) des neuen Faktors mit der Anzahl sowohl als mit
der Einheit, ist er als Einheit, gegen die Anzahl (das Quadrat, 3 gegen
3. 3) ein Ungleiches; noch mehr beim Kubus von Vier, wo die Anzahl, 3,
nach der die Zahl, die die Einheit ist, mit sich multiplicirt werden
soll, von dieser selbst verschieden ist. - Es sind an sich diese
Bestimmungen als der wesentliche Unterschied des Begriffs, die Anzahl
und die Einheit, vorhanden, welche für das vollständige
In-sich-Zurückgehen des Außer-sich-gehens auszugleichen sind. In dem so
eben Dargestellten liegt weiter der Grund, warum Theils die Auflösung
der höheren Gleichungen in der Zurückführung auf die quadratische
bestehen muß, Theils warum die Gleichungen von ungeraden Exponenten
sich nur formell bestimmen, und gerade wenn die Wurzeln rational sind,
diese sich nicht anders als durch einen imaginären Ausdruck, d. h. der
das Gegentheil dessen ist, was die Wurzeln sind und ausdrücken, finden
lassen. - Das Quadrat der Arithmetik enthält nach dem Angegebenen,
allein das Schlechthin-Bestimmtseyn in sich; weswegen die Gleichungen
mit weitern formellen Potenzen darauf zurückgeführt werden müssen,
gerade wie das rechtwinklichte Dreieck in der Geometrie das
Schlechthin-in-sich-Bestimmtseyn enthält, das im pythagoräischen
Lehrsatz exponirt ist, weswegen auch darauf für die totale Bestimmung
alle anderen geometrischen Figurationen reducirt werden müssen.
Ein
nach einem logisch gebildetem Urtheile fortschreitender Unterricht
handelt die Lehre von den Potenzen vor der Lehre über die Proportionen
ab; diese schließen sich zwar an den Unterschied von Einheit und Anzahl
an, der die Bestimmung der zweiten Rechnungsart ausmacht, aber sie
treten aus dem Eins des unmittelbaren Quantums, in welchem
Einheit und Anzahl nur Momente sind, heraus; die Fortbestimmung nach
demselben bleibt ihm selbst auch noch äußerlich. Die Zahl im
Verhältnisse ist nicht mehr als unmittelbares Quantum; es hat seine Bestimmtheit dann als Vermittelung; das quantitative Verhältniß wird im Nachfolgenden betrachtet.
Von
der angegebenen Fortbestimmung der Rechnungsarten kann gesagt werden,
daß sie keine Philosophie über dieselben, keine Darlegung etwa ihrer
innern Bedeutung sey, weil sie in der That nicht eine immanente
Entwickelung des Begriffes ist. Aber die Philosophie muß dieß zu
unterscheiden wissen, was seiner Natur nach ein sich selbst äußerlicher
Stoff ist, daß dann an einem solchen der Fortgang des Begriffs nur auf
äußerliche Weise geschehen, und dessen Momente auch nur in der
eigenthümlichen Form ihrer Aeußerlichkeit, wie hier Gleichheit und
Ungleichheit, seyn können. Die Unterscheidung der Sphären, in welche
eine bestimmte Form des Begriffs gehört, d. h. als Existenz vorhanden
ist, ist ein wesentliches Erforderniß zum Philosophiren über reale
Gegenstände, um nicht das Aeußerliche und Zufällige durch Ideen in
seiner Eigenthümlichkeit zu stören, wie diese Ideen durch die
Unangemessenheit des Stoffes zu entstellen und formell zu machen. Jene
Aeußerlichkeit aber, in welcher die Begriffsmomente an jenem
äußerlichen Stoffe, der Zahl, erscheinen, ist hier die angemessene
Form; indem sie den Gegenstand in seinem Verstande darstellen, auch da
sie keine spekulative Anforderung enthalten und daher leicht
erscheinen, verdienen sie in den Lehrbüchern der Elemente angewendet zu
werden.
Bekanntlich hat Pythagoras Vernunftverhältnisse oder Philosopheme in Zahlen
dargestellt, auch in neueren Zeiten ist von ihnen und Formen ihrer
Beziehungen, wie Potenzen u.s.f. in der Philosophie Gebrauch gemacht
worden, um die Gedanken darnach zu reguliren oder damit auszudrücken. -
In pädagogischer Rücksicht ist die Zahl für den geeignetsten Gegenstand
des innern Anschauens, und die rechnende Beschäftigung mit
Verhältnissen derselben für die Thätigkeit des Geistes gehalten worden,
worin er seine eigensten Verhältnisse und überhaupt
die Grundverhältnisse des Wesens zur Anschauung bringe. - Wiefern der
Zahl dieser hohe Werth beikommen könne, geht aus ihrem Begriffe hervor,
wie er sich ergeben hat.
Die
Zahl sahen wir als die absolute Bestimmtheit der Quantität, und ihr
Element als den gleichgültig gewordenen Unterschied; - die Bestimmtheit
an sich, die zugleich völlig nur äußerlich gesetzt ist. Die Arithmetik
ist analytische Wissenschaft, weil alle Verknüpfungen und Unterschiede,
die an ihrem Gegenstande vorkommen, nicht in ihm selbst liegen, sondern
ihm völlig äußerlich angethan sind. Sie hat keinen konkreten
Gegenstand, welcher innere Verhältnisse an sich hätte, die zunächst für
das Wissen verborgen, nicht in der unmittelbaren Vorstellung von ihm
gegeben, sondern erst durch die Bemühung des Erkennens herauszubringen
wären. Sie enthält nicht nur den Begriff und damit die Aufgabe für das
begreifende Denken nicht, sondern ist das Gegentheil desselben. Um der
Gleichgültigkeit des Verknüpften gegen die Verknüpfung, der die
Nothwendigkeit fehlt, willen, befindet sich das Denken hier in einer
Thätigkeit, die zugleich die äußerste Entäußerung seiner selbst ist, in
der gewaltsamen Thätigkeit, sich in der Gedankenlosigkeit zu bewegen und das keiner Nothwendigkeit Fähige zu verknüpfen. Der Gegenstand ist der abstrakte Gedanke der Aeußerlichkeit selbst.
Als dieser Gedanke
der Aeußerlichkeit ist die Zahl zugleich die Abstraktion von der
sinnlichen Mannigfaltigkeit; sie hat von dem Sinnlichen nichts als die
abstrakte Bestimmung der Aeußerlichkeit selbst behalten; hierdurch ist
dieses in ihr dem Gedanken am nächsten gebracht; sie ist der reine Gedanke der eignen Entäußerung des Gedankens.
Der Geist, der sich über die sinnliche Welt erhebt, und sein Wesen erkennt, indem er ein Element für seine reine Vorstellung, für den Ausdruck seines Wesens sucht, kann daher, ehe er den Gedanken selbst als dieß Element faßt, und für dessen Darstellung den rein geistigen Ausdruck gewinnt, darauf verfallen, die Zahl,
diese innerliche, abstrakte Aeußerlichkeit zu wählen. Darum sehen wir
in der Geschichte der Wissenschaft früh die Zahl zum Ausdruck von
Philosophemen gebraucht werden. Sie macht die letzte Stufe der
Unvollkommenheit aus, das Allgemeine mit Sinnlichem behaftet zu fassen.
Die Alten haben das bestimmte Bewußtseyn darüber gehabt, daß die Zahl
zwischen dem Sinnlichen und dem Gedanken in der Mitte stehe.
Aristoteles führt es von Plato an (Metaphys. I,5) daß derselbe
sage, daß außer dem Sinnlichen und den Ideen die mathematischen
Bestimmungen der Dinge dazwischen stehen, von dem Sinnlichen dadurch
unterschieden sey, daß sie unsichtbar (ewig) und unbewegt seyen, von
den Ideen aber, daß sie ein Vieles und ein Aehnliches seyen, die Idee
aber schlechthin nur identisch mit sich und in sich Eines sey. - Eine
ausführlichere gründlich gedachte Reflexion hierüber von Moderatus
aus Cadix wird in Malchi Vita Pythagorae ed. Ritterhus. p. 30f.
angeführt; daß die Pythagoräer auf die Zahlen gefallen seyen, schreibt
er dem zu, daß sie noch nicht vermocht haben, die Grundideen und ersten
Principien deutlich in der Vernunft zu fassen, weil diese
Principien schwer zu denken und schwer auszusprechen seyen; die Zahlen
dienen zur Bezeichnung gut beim Unterrichte; sie haben darin unter
anderem die Geometer nachgeahmt, welche das Körperliche nicht in
Gedanken ausdrücken können, die Figuren gebrauchen, und sagen, dieß sey
ein Dreieck, wobei sie aber wollen, daß nicht die in die Augen fallende
Zeichnung für das Dreieck genommen, sondern damit nur der Gedanke
desselben vorgestellt sey. So haben die Pythagoräer den Gedanken der
Einheit, der Dieselbigkeit und Gleichheit und den Grund der
Uebereinstimmung, des Zusammenhangs und der Erhaltung von Allem, des
mit sich selbst Identischen, als Eins ausgesprochen u.s.f. - Es ist überflüssig zu bemerken, daß die Pythagoräer von dem Zahlen- auch
zum Gedanken-Ausdruck, zu den ausdrücklichen Kategorien des Gleichen
und Ungleichen, der Grenze und der Unendlichkeit übergegangen sind, es
wird schon in Ansehung jener Zahlausdrücke (ebend. in den Anm. zu p. 31
l.s. aus einem Leben des Pythagoras bei Photius p. 772) angeführt, daß
die Pythagoräer zwischen der Monas und dem Eins unterschieden haben;
die Monas haben sie als den Gedanken genommen, das Eins aber als die
Zahl; ebenso die Zwei für das Arithmetische, die Dyas (denn so soll es
daselbst wohl heißen) für den Gedanken des Unbestimmten. - Diese Alten
sahen vors Erste das Ungenügende der Zahlformen für
Gedankenbestimmungen sehr richtig ein, und ebenso richtig forderten sie
ferner stattjenes ersten Nothbehelfs für Gedanken den eigenthümlichen
Ausdruck; um wie viel weiter waren sie in ihrem Nachdenken gekommen,
als die, welche heutigestages wieder Zahlen selbst und
Zahlbestimmungen, wie Potenzen, dann das Unendlichgroße,
Unendlichkleine, Eins dividirt durch das Unendliche und sonstige solche
Bestimmungen, die selbst auch oft ein verkehrter mathematischer
Formalismus sind, an die Stelle von Gedankenbestimmungen zu setzen und
zu jener unvermögenden Kindheit zurückzukehren, für etwas Löbliches, ja
Gründliches und Tiefes halten.
Wenn vorhin der Ausdruck angeführt worden, daß die Zahl zwischen dem Sinnlichen und dem Gedanken stehe, indem sie zugleich von jenem dieß habe, das Viele, das Außereinander, an ihr zu seyn, so ist zu bemerken, daß dieses Viele selbst, das in den Gedanken aufgenommene
Sinnliche, die ihm angehörige Kategorie des an ihm selbst Aeußerlichen
ist. Die weiteren, konkreten, wahren Gedanken, das Lebendigste,
Beweglichste, nur im Beziehen Begriffene, in dieses
Element des Außersichseyns selbst versetzt, werden zu todten,
bewegungslosen Bestimmungen. Je reicher an Bestimmtheit und damit an
Beziehung die Gedanken werden, desto verworrener einer Seits und desto
willkürlicher und sinnleerer anderer Seits wird ihre Darstellung
in solchen Formen, als die Zahlen sind. Das Eins, das Zwei, das Drei,
das Vier, Henas oder Monas, Dyas, Trias, Tetraktys, liegen noch den
ganz einfachen abstrakten Begriffen nahe; aber wenn Zahlen zu
konkreten Verhältnissen übergehen sollen, so ist es vergeblich, sie
noch dem Begriffe nahe erhalten zu wollen,
Wenn
nun aber die Denkbestimmungen durch Eins, Zwei, Drei, Vier für die
Bewegung des Begriffs, als durch welche er allein Begriff ist,
bezeichnet werden, so ist dieß das Härteste, was dem Denken zugemuthet
wird. Es bewegt sich im Elemente seines Gegentheils, der
Beziehungslosigkeit; sein Geschäfte ist die Arbeit der Verrücktheit.
Daß z. B. Eins Drei, und Drei Eins ist, zu begreifen, ist darum diese
harte Zumuthung, weil das Eins das Beziehungslose ist, also nicht an
ihm selbst die Bestimmung zeigt, wodurch es in sein Entgegengesetztes
übergeht, sondern vielmehr dieß ist, eine solche Beziehung schlechthin
auszuschließen und zu verweigern. Umgekehrt benutzt dieß der Verstand
gegen die spekulative Wahrheit (wie z. B. gegen die in der Lehre,
welche die der Dreieinigkeit genannt wird, niedergelegte) und zählt
die Bestimmungen derselben, welche Eine Einheit ausmachen, um sie als
klaren Widersinn aufzuzeigen, - d. h. er selbst begeht den Widersinn,
das, was schlechthin Beziehung ist, zum Beziehungslosen zu machen. Bei
dem Namen Dreieinigkeit ist freilich nicht darauf gerechnet worden, daß
vom Verstand das Eins und die Zahl als die wesentliche
Bestimmtheit des Inhalts betrachtet werden würde. Jener Name drückt die
Verachtung gegen den Verstand aus, der aber seine Eitelkeit, am Eins
und der Zahl als solcher zu halten, festgestellt und sie gegen die
Vernunft gestellt hat.
Zahlen, geometrische Figuren, wie dieß viel vom Kreis, Dreieck u.s.f. geschen ist, als bloße Symbole
(des Kreises, z. B. von der Ewigkeit, des Dreiecks von der
Dreieinigkeit) zu nehmen ist - einer Seits etwas Unverfängliches; aber thöricht ist es anderer Seits, zu meinen, daß dadurch mehr ausgedrückt sey, als der Gedanke zu fassen und auszudrücken vermöge. Wenn in solchen Symbolen, wie in andern, die von der Phantasie
in den Mythologien der Völker und in der Dichtkunst überhaupt erzeugt
werden, gegen welche die phantasielosen geometrischen Figuren ohnehin
dürftig sind, wie auch in diesen eine tiefe Weisheit, tiefe Bedeutung liegen soll, so ist es eben dem Denken allein darum zu thun, die Weisheit, die nur darin
liegt, und nicht nur in Symbolen, sondern in der Natur und im Geiste,
heraus zu Tage zu fördern; in Symbolen ist die Wahrheit durch das
sinnliche Element noch getrübt und verhüllt; ganz offenbar wird sie allein dem Bewußtseyn in der Form des Gedanken; die Bedeutung ist nur der Gedanke selbst.
Aber
mathematische Kategorien herbeizunehmen, um daraus für die Methode oder
den Inhalt philosophischer Wissenschaft etwas bestimmen zu wollen,
zeigt sich wesentlich dadurch als etwas Verkehrtes, daß insofern
mathematische Formeln Gedanken und Begriffsunterschiede bedeuten, diese
ihre Bedeutung sich vielmehr zuerst in der Philosophie anzugeben, zu
bestimmen und zu rechtfertigen hat. In ihren konkreten Wissenschaften
hat diese das Logische aus der Logik, nicht aus der Mathematik zu
nehmen; es kann nur ein Nothbehelf der philosophischen Unvermögenheit
seyn, zu den Gestaltungen, die das Logische in anderen Wissenschaften
annimmt, und deren viele nur Ahnungen, andere auch Verkümmerungen
desselben sind, für das Logische der Philosophie seine Zuflucht zu
nehmen. Die bloße Anwendung solcher entlehnten Formeln ist ohnehin ein
äußerliches Verhalten; der Anwendung selbst müßte ein Bewußtseyn über
ihren Werth wie über ihre Bedeutung vorangehen; ein solches Bewußtseyn
aber giebt nur die denkende Betrachtung, nicht die Autorität derselben
aus der Mathematik. Solches Bewußtseyn über sie ist die Logik selbst,
und dieß Bewußtseyn streift ihre partikulare
Form ab, macht diese überflüssig und unnütz, berichtigt sie und
verschafft ihnen allein ihre Berechtigung, Sinn und Werth.
Was es mit dem Gebrauche der Zahl und des Rechnens auf sich hat, insofern er eine pädagogische
Hauptgrundlage ausmachen soll, geht aus dem Bisherigen von selbst
hervor. Die Zahl ist ein unsinnlicher Gegenstand, und die Beschäftigung
mit ihr und ihren Verbindungen, ein unsinnliches Geschäft; der Geist
wird somit dadurch zur Reflexion in sich und einer innerlichen
abstrakten Arbeit angehalten, was eine große, jedoch einseitige
Wichtigkeit hat. Denn auf der anderen Seite, da der Zahl nur der
äußerliche, gedankenlose Unterschied zu Grunde liegt, wird jenes
Geschäfte ein gedankenloses, mechanisches. Die Kraftanstrengung besteht
vornehmlich darin, Begriffloses festzuhalten, und begrifflos es zu
verbinden. Der Inhalt ist das leere Eins; der gediegene Gehalt des
sittlichen und geistigen Lebens und der individuellen Gestaltungen
desselben, mit welchem als der edelsten Nahrung die Erziehung den
jugendlichen Geist großziehen soll, sollte von dem inhaltslosen Eins
verdrängt werden; die Wirkung, wenn jene Uebungen zur Hauptsache und
Hauptbeschäftigung gemacht werden, kann keine andere seyn, als den
Geist nach Form und Inhalt auszuhöhlen und abzustumpfen. Weil das
Rechnen ein so sehr äußerliches, somit mechanisches Geschäft ist, haben
sich Maschinen verfertigen lassen, welche die arithmetischen
Operationen aufs vollkommenste vollführen. Wenn man über die Natur des
Rechnens nur diesen Umstand allein kennte, so läge darin die
Entscheidung, was es mit dem Einfalle für eine Bewandniß hatte, das
Rechnen zum Hauptbildungsmittel des Geistes zu machen, und ihn auf die
Folter, sich zur Maschine zu vervollkommnen, zu legen.
1. Das Quantum hat, wie sich vorhin ergeben, seine Bestimmtheit als Grenze in der Anzahl.
Es ist ein in sich Diskretes, ein Vieles, das nicht ein Seyn hat,
welches verschieden wäre von seiner Grenze und sie außer ihm hätte. Das
Quantum so mit seiner Grenze, die ein Vielfaches an ihr selbst ist, ist
extensive Größe.
Die extensive Größe ist von der kontinuirlichen zu unterscheiden; jener steht direkt nicht die diskrete, sondern die intensive gegenüber. Extensive und intensive Größe sind Bestimmtheiten der quantitativen Grenze selbst, das Quantum aber ist identisch mit seiner Grenze; kontinuirliche und diskrete Größe sind dagegen Bestimmungen der Größe an sich,
d. i. der Quantität als solcher, insofern beim Quantum von der Grenze
abstrahirt wird. - Die extensive Größe hat das Moment der Kontinuität
an ihr selbst und in ihrer Grenze, indem ihr Vieles überhaupt
Kontinuirliches ist; die Grenze als Negation erscheint insofern an dieser Gleichheit
der Vielen, als Begrenzung der Einheit. Die kontinuirliche Größe ist
die sich fortsetzende Quantität ohne Rücksicht auf eine Grenze, und
insofern sie mit einer solchen vorgesstellt wird, ist diese eine
Begrenzung überhaupt, ohne daß die Diskretion an ihr gesetzt sey.
Das Quantum nur als kontinuirliche Größe ist noch nicht wahrhaft für
sich bestimmt, weil sie des Eins, worin das Für-sich-bestimmtseyn
liegt, und der Zahl entbehrt. Eben so ist die diskrete Größe
unmittelbar nur unterschiedenes Vieles überhaupt, das, insofern es als
solches eine Grenze haben sollte, nur eine Menge, d. h. ein unbestimmt
Begrenztes wäre; daß es als bestimmtes Quantum sey, dazu gehört das
Zusammenfassen des Vielen in Eins, wodurch sie mit der Grenze identisch
gesetzt werden. Jede, die kontinuirliche und diskrete Größe, als Quantum
überhaupt hat nur eine der beiden Seiten an ihr gesetzt, wodurch es
vollkommen bestimmt und als Zahl ist. Diese ist unmittelbar extensives Quantum, - die einfache Bestimmtheit, die wesentlich als Anzahl, jedoch als Anzahl einer und derselben Einheit ist; es ist von der Zahl nur dadurch unterschieden, daß ausdrücklich die Bestimmtheit als Vielheit in dieser gesetzt ist.
2.
Die Bestimmtheit jedoch, wie groß etwas ist, durch die Zahl, bedarf
nicht des Unterschiedes von etwas Anderem Großem, so daß zur
Bestimmtheit dieses Großen es selbst und ein Anderes Großes gehörte,
indem die Bestimmtheit der Größe überhaupt für-sich-bestimmte,
gleichgültige, einfach auf sich bezogene Grenze ist; und in der Zahl
ist sie gesetzt als eingeschlossen in das für-sich-seyende Eins, und
hat die Aeußerlichkeit, die Beziehung-auf-Anderes innerhalb ihrer selbst.
Dieses Viele der Grenze selbst ferner, ist wie das Viele überhaupt,
nicht ein in sich Ungleiches, sondern ein Kontinuirliches jedes der
Vielen ist was das Andere ist; es als vieles Außereinanderseyendes oder
Diskretes macht daher die Bestimmtheit als solche nicht aus. dieß Viele
fällt also für sich selbst in seine Kontinuität zusammen und wird
einfache Einheit. - Die Anzahl ist nur Moment der Zahl; aber macht nicht als eine Menge von numerischen Eins
die Bestimmtheit der Zahl aus, sondern diese Eins als gleichgültige,
sich Aeußerliche, sind im Zurückgekehrtseyn der Zahl in sich
aufgehoben; die Aeußerlichkeit, welche die Eins der Vielheit ausmachte,
verschwindet in dem Eins, als Beziehung der Zahl auf sich selbst.
Die
Grenze des Quantums, das als extensives seine daseyende Bestimmtheit
als die sich selbst äußerliche Anzahl hatte, geht also in einfache Bestimmtheit über. In dieser einfachen Bestimmung der Grenze ist es intensive Größe; und die Grenze oder Bestimmtheit, die mit dem Quantum identisch ist, ist nun auch so als Einfaches gesetzt, - der Grad.
Der Grad ist also bestimmte Größe, Quantum, aber nicht zugleich Menge, oder Mehreres innerhalb seiner selbst; er ist nur eine Mehrheit; die Mehrheit ist das Mehrere in die einfache Bestimmung zusammengenommen, das Daseyn in das Fürsichseyn zurückgegangen. Seine Bestimmtheit muß zwar durch eine Zahl ausgedrückt werden als dem vollkommenen Bestimmtseyn des Quantums, aber ist nicht als Anzahl,
sondern einfach, nur Ein Grad. Wenn von 10, 20 Graden gesprochen wird,
ist das Quantum, das so viele Grade hat, der zehente, zwanzigste Grad,
nicht die Anzahl und Summe derselben; so wäre es ein extensives;
sondern es ist nur Einer, der zehnte, zwanzigste Grad. Er enthält die
Bestimmtheit, welche in der Anzahl zehn, zwanzig liegt, aber enthält
sie nicht als Mehrere, sondern ist die Zahl als aufgehobene Anzahl, als einfache Bestimmtheit.
3.
In der Zahl ist das Quantum in seiner vollständigen Bestimmtheit
gesetzt; als intensives Quantum aber als in ihrem Fürsichseyn, ist es
gesetzt, wie es seinem Begriffe nach oder an sich ist. Die Form nämlich
der Beziehung auf sich, welche es im Grade hat, ist zugleich das Sich-Aeußerlichseyn desselben.
Die Zahl ist als extensives Quantum numerische Vielheit, und hat so die
Aeußerlichkeit innerhalb ihrer. Diese, als Vieles überhaupt, fällt in
die Ununterschiedenheit zusammen, und hebt sich auf in dem Eins der
Zahl, ihrer Beziehung auf sich selbst. Das Quantum hat aber seine
Bestimmtheit als Anzahl; es enthält, wie vorhin gezeigt worden, sie, ob
sie gleich nicht mehr an ihm gesetzt ist. Der Grad also, der als in sich selbst einfach dieß äußerliche Andersseyn nicht mehr in ihm hat, hat es außer ihm,
und bezieht sich darauf als auf seine Bestimmtheit. Eine ihm äußerliche
Vielheit macht die Bestimmtheit der einfachen Grenze, welche er für
sich ist, aus.
Daß
die Anzahl, insofern sie sich innerhalb der Zahl im extensiven Quantum
befinden sollte, sich darin aufhob, bestimmt sich somit dahin, daß sie
außerhalb derselben gesetzt ist. Indem die Zahl als Eins, in sich
reflektirte Beziehung auf sich selbst gesetzt ist, schheßt sie die
Gleichgültigkeit und Aeußerlichkeit der Anzahl aus sich aus, und ist Beziehung auf sich als Beziehung durch sich selbst auf ein Aeußerliches.
Hierin hat das Quantum die seinem Begriffe gemäße Realität. Die Gleichgültigkeit
der Bestimmtheit macht seine Qualität aus; d. i. die Bestimmtheit, die
an ihr selbst als die sich äußerliche Bestimmtheit ist. - Sonach ist
der Grad einfache Größenbestimmtheit unter einer Mehrheit
solcher Intensitäten, die verschieden, jede nur einfache Beziehung auf
sich selbst, zugleich aber in wesentlicher Beziehung auf einander sind,
so daß jede in dieser Kontinuität mit den anderen ihre Bestimmtheit
hat. Diese Beziehung des Grades durch sich selbst auf sein Anderes,
macht das Auf- und Absteigen an der Skale der Grade zu einem stätigen
Fortgang, einem Fließen, das eine ununterbrochene, untheilbare
Veränderung ist; jedes der Mehrern, die darin unterschieden werden, ist
nicht getrennt von den Anderen, sondern hat sein Bestimmtseyn nur in
diesen. Als sich auf sich beziehende Größebestimmung ist jeder der
Grade gleichgültig gegen die andern; aber er ist eben so sehr an sich
auf diese Aeußerlichkeit bezogen, er ist nur vermittelst derselben, was
er ist, seine Beziehung auf sich ist in einem die nicht gleichgültige
Beziehung auf das Aeußerliche, hat in dieser seine Qualität.
Der Grad ist nicht innerhalb seiner ein sich Aeußerliches. Allein er ist nicht das unbestimmte
Eins, das Princip der Zahl überhaupt, das nicht Anzahl ist, als nur die
negative, keine Anzahl zu sein. Die intensive Größe ist zunächst ein
einfaches Eins der Mehrern; es sind mehrere Grade; bestimmt sind sie aber nicht, weder als einfaches Eins, noch als Mehrere, sondern nur in der Beziehung dieses Außersichseyns,
oder in der Identität des Eins und der Mehrheit. Wenn also die Mehreren
als solche zwar außer dem einfachen Grade sind, so besteht in seiner
Beziehung auf sie seine Bestimmtheit; er enthält also die Anzahl. Wie
zwanzig als extensive Größe die zwanzig Eins als diskrete in sich
enthält, so enthält der bestimmte Grad sie als Kontinuität, welche
diese bestimmte Mehrheit einfach ist; er ist der zwanzigste Grad; und ist der zwanzigste Grad nur vermittelst dieser Anzahl, die als solche außer ihm ist.
Die Bestimmtheit der intensiven Größe ist daher von doppelter Seite zu betrachten. Sie ist bestimmt durch andere
intensive Quanta, und ist in Kontinuität mit ihrem Andersseyn, so daß
in dieser Beziehung auf dasselbe ihre Bestimmtheit besteht. Insofern
sie nun erstens die einfache Bestimmtheit ist, ist sie bestimmt gegen andere Grade; sie schließt dieselben aus sich aus, und hat ihre Bestimmtheit in diesem Ausschließen. Aber zweitens ist sie an ihr selbst bestimmt; sie ist dieß in der Anzahl, als in ihrer
Anzahl, nicht in ihr als ausgeschlossener, oder nicht in der Anzahl
anderer Grade. Der zwanzigste Grad enthält die zwanzig an ihm selbst;
er ist nicht nur bestimmt als unterschieden vom neunzehnten, ein und
zwanzigsten u.s.f. sondern seine Bestimmtheit ist seine Anzahl.
Aber insofern die Anzahl die seinige ist, und die Bestimmtheit ist
zugleich wesentlich als Anzahl, so ist er extensives Quantum.
Extensive
und intensive Größe sind also eine und dieselbe Bestimmtheit des
Quantums; sie sind nur dadurch unterschieden, daß die eine die Anzahl
als innerhalb ihrer, die andere dasselbe, die Anzahl als außer ihr hat.
Die extensive Größe geht in intensive Größe über, weil ihr Vieles an
und für sich in die Einheit zusammenfällt, außer welcher das Viele
tritt. Aber umgekehrt hat dieses Einfache seine Bestimmtheit nur an der
Anzahl und zwar als seiner; als
gleichgültig gegen die anders bestimmten Intensitäten hat es die
Aeußerlichkeit der Anzahl an ihm selbst; so ist die intensive Größe
eben so wesentlich extensive Größe.
Mit dieser Identität tritt das qualitative Etwas ein; denn sie ist sich durch die Negation ihrer Unterschiede
auf sich beziehende Einheit, diese Unterschiede aber machen die
daseyende Größe-Bestimmtheit aus; diese negative Identität ist also Etwas, und zwar das gegen seine quantitative Bestimmtheit gleichgültig ist. Etwas ist ein Quantum, aber nun ist das qualitative Daseyn, wie es an sich ist, als gleichgültig dagegen gesetzt.
Es konnte vom Quantum, der Zahl als solcher u.s.f. ohne ein Etwas, das
deren Substrat wäre, gesprochen werden. Aber nun tritt Etwas diesen
seinen Bestimmungen, durch deren Negation init sich vermittelt, als für sich daseyend gegenüber, und, indem es ein Quantum hat, als dasselbe, welches ein extensives und intensives Quantum habe. Seine Eine Bestimmtheit, die es als Quantum hat, ist in den unterschiedenen Momenten der Einheit und der Anzahl gesetzt; sie ist nicht nur an sich
Eine und dieselbe, sondern ihr Setzen in diesen Unterschieden, als
extensives und intensives Quantum, ist das Zurückgehen in diese
Einheit, die als negative das gegen sie gleichgültig gesetzte Etwas ist.
In der gewöhnlichen Vorstellung pflegen extensives und intensives Quantum so als Arten von Größen
unterschieden zu werden, als ob es Gegenstände gäbe, die nur intensive,
andere, die nur extensive Größe hätten. Ferner ist die Vorstellung
einer philosophischen Naturwissenschaft hinzugekommen, welche das
Mehrere, das Extensive, z. B. in der Grundbestimmung der Materie, einen Raum zu erfüllen, so wie in anderen Begriffen, in ein Intensives verwandelte, in dem Sinne, daß das Intensive, als das Dynamische die wahrhafte Bestimmung sey, und z. B. die Dichtigkeit oder specifische Raumerfüllung wesentlich nicht als eine gewisse Menge und Anzahl materieller Theile in einem Quantum Raum, sondern als ein gewisser Grad der raumerfüllenden Kraft der Materie gefaßt werden müsse.
Es
sind hierbei zweierlei Bestimmungen zu unterscheiden. Bei dem, was man
die Umwandlung der mechanischen Betrachtungsweise in die dynamische
genannt hat, kommt der Begriff von außereinander bestehenden selbstständigen Theilen, die nur äußerlich in ein Ganzes verbunden sind, und der davon verschiedene Begriff von Kraft
vor. Was in der Raumerfüllung einer Seits nur als eine Menge einander
äußerlichen Atome angesehen wird, wird anderer Seits als die Aeußerung
einer zu Grunde liegenden einfachen Kraft betrachtet. - Diese
Verhältnisse voll Ganzen und Theilen, der Kraft und ihrer Aeußerung,
die hier einander gegenüber treten, gehören aber noch nicht hierher,
sondern werden weiterhin betrachtet werden. Soviel läßt sich sogleich
erinnern, daß das Verhältniß von Kraft und ihrer Aeußerung, das
dem Intensiven entspricht, zwar zunächst das wahrhaftere ist gegen das
Verhältniß von Ganzen und Theilen; aber daß darum die Kraft nicht
weniger einseitig als das Intensive, und die Aeußerung, die Aeußerlichkeit des Extensiven, ebenso untrennbar von der Kraft ist, so daß ein und derselbe Inhalt ebenso sehr in beiden Formen, des Intensiven und des Extensiven, vorhanden ist.
Die andere Bestimmtheit, die dabei vorkommt, ist die quantitative
als solche, die als extensives Quantum aufgehoben und in den Grad, als
die wahrhaft seyn sollende Bestimmung, verwandelt wird; es ist aber
gezeigt worden, daß dieser ebenso die erstere enthält, so daß die eine
Form für die andere wesentlich ist, somit jedes Daseyn seine
Größebestimmung eben so sehr als extensives wie als intensives Quantum
darstellt.
Als Beispiel hiervon dient daher alles, insofern es in einer Größebestimmung erscheint. Selbst die Zahl hat diese gedoppelte
Form nothwendig unmittelbar an ihr. Sie ist eine Anzahl, insofern ist
sie extensive Größe; aber sie ist auch Eins, ein Zehen, ein Hundert;
insofern steht sie auf dem Uebergange zur intensiven Größe, indem in
dieser Einheit das Vielfache in Einfaches zusammengeht. Eins ist
extensive Größe an sich, es kann als eine beliebige Anzahl von Theilen vorgestellt werden. So das Zehnte,
das Hundertste ist dieß Einfache, Intensive, das seine Bestimmtheit an
dem außer ihm fallenden Mehrern d. i. am Extensiven hat. Die Zahl ist
Zehen, Hundert, und zugleich die Zehnte, Hundertste im Zahlensystem;
beides ist dieselbe Bestimmtheit.
Das Eins im Kreise heißt Grad, weil der Theil des Kreises
wesentlich seine Bestimmtheit in dem Mehrern außer ihm hat, als eines
nur einer geschlossenen Anzahl solcher Eins bestimmt ist. Der Grad des
Kreises ist als bloße Raumgröße nur eine gewöhnliche Zahl; als Grad
angesehen ist er die intensive Größe, die einen Sinn nur hat, als
bestimmt durch die Anzahl von Graden, in die der Kreis getheilt ist,
wie die Zahl überhaupt ihren Sinn nur hat in der Zahlenreihe.
Die
Größe eines konkretern Gegenstandes stellt ihre gedoppelte Seite,
extensiv und intensiv zu seyn, an den gedoppelten Bestimmungen seines
Daseyns dar, in deren einer er als ein Aeußerliches, in der andern aber als ein Innerliches erscheint. So ist z. B. eine Masse als Gewicht, ein extensiv-Großes, insofern sie eine Anzahl von Pfunden, Centnern u.s.f. ausmacht; ein intensiv-Großes,
insofern sie einen gewissen Druck ausübt; die Größe des Drucks ist ein
Einfaches, ein Grad, der seine Bestimmtheit an einer Scale von Graden
des Druckes hat. Als drückend erscheint die Masse als ein In-sich-seyn,
als Subjekt, dem der intensive Größenunterschied zukommt. - Umgekehrt
was diesen Grad des Drucks ausübt, ist vermögend, eine gewisse Anzahl von Pfunden u.s.f. von der Stelle zu bewegen, und mißt seine Größe hieran.
Oder die Wärme hat einen Grad;
der Wärmegrad, er sey der l0te, 20ste u.s.f. ist eine einfache
Empfindung, ein Subjektives. Aber dieser Grad ist eben so sehr
vorhanden als extensive Größe, als die Ausdehnung einer
Flüssigkeit, des Quecksilbers im Thermometer, der Luft oder des Thons
u.s.f. Ein höherer Grad der Temperatur drückt sich aus als eine längere
Quecksilbersäule, oder als ein schmälerer Thoncylinder; er erwärmt
einen größern Raum auf dieselbe Weise als ein geringerer Grad nur den
kleinern Raum.
Der höhere Ton ist als der intensivere, zugleich eine größere Menge von Schwingungen, oder ein lauterer Ton, dem ein höherer Grad zugeschrieben wird, macht sich in einem größern Raume hörbar. - Mit der intensivern Farbe läßt sich eine größere Fläche, als mit einer schwächern, auf gleiche Weise färben; oder das Hellere, eine andere Art von Intensität, ist weiter sichtbar als das weniger Helle u.s.f.
Eben so im Geistigen ist die hohe Intensität des Charakters, Talents, Genies, von eben so weitgreifendem Daseyn, ausgedehnter Wirkung und vielseitiger Berührung. Der tiefste Begriff hat die allgemeinste Bedeutung und Anwendung.
Kant
hat einen eigenthümlichen Gebrauch von der Anwendung der Bestimmtheit
des intensiven Quantums auf eine metaphysische Bestimmung der Seele
gemacht. In der Kritik der metaphysischen Sätze von der Seele, die er
Paralogismen der reinen Vernunft nennt, kommt er auf die Betrachtung
des Schlusses von der Einfachheit der Seele auf die Beharrlichkeit
derselben. Er setzt diesem Schlusse entgegen, (Kr. d. r. Vern. S. 414),
"daß, wenn wir gleich der Seele diese einfache Natur einräumen, da sie
nämlich kein Mannigfaltiges außer einander, mithin keine extensive Größe enthält, man ihr doch so wenig wie irgend einem Existirenden, intensive Größe, d. i. einen Grad
der Realität in Ansehung aller ihrer Vermögen, ja überhaupt alles
dessen, was das Daseyn ausmacht, abläugnen könne, welcher durch alle unendlich viele kleinere Grade abnehmen,
und so die vorgebliche Substanz obgleich nicht durch Vertheilung, doch
durch allmälige Nachlassung (remissio) ihrer Kräfte, in nichts
verwandelt werden könne; denn selbst das Bewußtseyn hatjederzeit einen Grad,
der immer noch vermindert werden kann, folglich auch das Vermögen sich
seiner bewußt zu seyn, und so alle übrige Vermögen." - Die Seele wird
in der rationellen Psychologie, wie diese abstrakte Metaphysik war,
nicht als Geist, sondern als ein nur unmittelbar Seyendes, als Seelending
betrachtet. So hat Kant das Recht, die Kategorie des Quantums, "wie auf
irgend ein Existirendes" und insofern dieß Seyende als einfach bestimmt
ist, die des intensiven Quantums auf dasselbe anzuwenden. Dem Geiste
kommt allerdings Seyn zu, aber von ganz anderer Intensität, als
die des intensiven Quantums ist, vielmehr einer solchen Intensität, in
welcher die Form des nur unmittelbaren Seyns und alle Kategorie
desselben als aufgehoben sind. Es war nicht nur die Entfernung der
Kategorie des extensiven Quantums zuzugeben, sondern die des Quantums
überhaupt zu entfernen. Ein Weiteres aber ist noch, zu erkennen, wie in
der ewigen Natur des Geistes Daseyn, Bewußtseyn, Endlichkeit ist und
daraus hervorgeht, ohne daß er dadurch ein Ding würde.
Der
Unterschied des extensiven und intensiven Quantums ist der Bestimmtheit
des Quantums als solcher gleichgültig. Aber überhaupt ist das Quantum
die als aufgehoben gesetzte Bestimmtheit, die gleichgültige Grenze, die
Bestimmtheit, welche eben so sehr die Negation ihrer selbst ist. In der
extensiven Größe ist dieser Unterschied entwickelt, aber die intensive
Größe ist das Daseyn dieser Aeußerlichkeit, die das Quantum in sich ist. Er ist als sein Widerspruch in sich selbst gesetzt, die einfache sich auf sich beziehende
Bestimmtheit zu seyn, welche die Negation ihrer selbst ist, ihre
Bestimmtheit nicht an ihr, sondern in einem anderen Quantum zu haben.
Ein
Quantum ist also seiner Qualität nach in absoluter Kontinuität mit
seiner Aeußerlichkeit, mit seinem Andersseyn, gesetzt. Es kann daher nicht nur über jede Größebestimmtheit hinausgegangen, sie kann nicht nur verändert werden, sondern es ist dieß gesetzt, daß sie sich verändern muß.
Die Größebestimmung kontinuirt sich so in ihr Andersseyn, daß sie ihr
Seyn nur in dieser Kontinuität mit einem anderen hat; sie ist nicht
eine seyende, sondern eine werdende Grenze.
Das
Eins ist unendlich oder die sich auf sich beziehende Negation, daher
die Repulsion seiner von sich selbst. Das Quantum ist gleichfalls
unendlich, gesetzt als die sich auf sich beziehende Negativität; es repellirt sich von sich selbst. Aber es ist ein bestimmtes
Eins, das Eins welches in Daseyn und in die Grenze übergegangen ist,
also die Repulsion der Bestimmtheit von sich selbst, nicht das Erzeugen
des sich selbst Gleichen, wie die Repulsion des Eins, sondern seines
Andersseyns, es ist nun an ihm selbst gesetzt, über sich hinaus zu schicken,
und ein Anderes zu werden. Es besteht darin, sich zu vermehren oder zu
verhindern; es ist die Aeußerlichkeit der Bestimmtheit an ihm selbst.
Das
Quantum schickt sich also selbst über sich hinaus; dieß Andere, zu dem
es wird, ist zunächst selbst ein Quantum; aber ebenso als eine nicht
seyende, sondern sich über sich selbst hinaustreibende Grenze. Die in
diesem Hinausgehen wieder entstandene Grenze ist also schlechthin nur
eine solche, die sich wieder aufhebt und zu einer fernern schickt, und so fort ins Unendliche.
Das Quantum verändert sich und wird ein anderes Quantum; die weitere Bestimmung dieser Veränderung, daß sie ins Unendliche fortgeht, liegt darin, daß das Quantum als an ihm selbst sich widersprechend gestellt ist. - Das Quantum wird ein Anderes; es kontinuirt sich aber in sein Andersseyn; das Andere ist also auch ein Quantum. Aber dieses ist das Andere nicht nur eines Quantums, sondern des Quantums selbst, das Negative seiner als eines Begrenzten, somit seine Unbegrenztheit, Unendlichkeit. Das Quantum ist ein Sollen; es enthält, Für-sich-bestimmt zu seyn, und dieses Für-sich-bestimmtseyn ist vielmehr das Bestimmtseyn in einem Anderen; und umgekehrt ist es das aufgehobene Bestimmtseyn in einem Andern, ist gleichgültiges Bestehen-für-sich.
Die
Endlichkeit und Unendlichkeit erhalten dadurch sogleich jede an ihr
selbst eine gedoppelte, und zwar entgegengesetzte Bedeutung. Endlich
ist das Quantum erstens als Begrenztes überhaupt, zweitens, als das
Hinausschicken über sich selbst, als das Bestimmtseyn in einem Anderen.
Die Unendlichkeit desselben aber ist erstens sein
Nichtbegrenztseyn; zweitens sein Zurückgekehrtseyn-in-sich, das
gleichgültige Fürsichseyn. Vergleichen wir sogleich diese Momente mit
einander, so ergiebt sich, daß die Bestimmung der Endlichkeit des
Quantums, das Hinausschicken über sich zu einem Anderen, in dem seine
Bestimmung liege, ebenso Bestimmung des Unendlichen ist; die Negation
der Grenze ist dasselbe Hinaus über die Bestimmtheit, so daß das
Quantum in dieser Negation, dem Unendlichen, seine letzte Bestimmtheit
habe. Das andere Moment der Unendlichkeit ist das gegen die Grenze
gleichgültige Fürsichseyn; das Quantum selbst aber ist so das
Begrenzte, daß es das für sich Gleichgültige
gegen seine Grenze, damit gegen andere Quanta und sein Hinaus, ist. Die
Endlichkeit und die (von ihr getrennt seyn sollende, schlechte)
Unendlichkeit haben beim Quantum jede das Moment der anderen bereits an
ihr.
Das
qualitative und quantitative Unendliche unterscheiden sich dadurch, daß
im ersten der Gegensatz des Endlichen und Unendlichen qualitativ ist,
und der Uebergang des Endlichen in das Unendliche, oder die Beziehung
beider auf einander nur im Ansich, in ihrem Begriffe liegt. Die
qualitative Bestimmtheit ist als unmittelbar, und bezieht sich auf das
Andersseyn wesentlich als auf ein ihr anderes Seyn, sie ist nicht gesetzt, ihre Negation, ihr Anderes an ihr selbst zu haben. Die Größe hingegen ist, als solche, aufgehobene Bestimmtheit; sie ist gesetzt,
ungleich mit sich und gleichgültig gegen sich selbst, daher das
Veränderliche zu seyn. Das qualitative Endliche und Unendliche stehen
sich daher absolut d. h. abstrakt gegeneinander über; ihre Einheit ist,
die zu Grunde liegende innerliche Beziehung; das Endliche kontinuirt sich daher nur an sich, aber nicht an ihm, in sein Anderes. Hingegen das quantitative Endliche bezieht sich an ihm selbst in sein Unendliches, an dem es seine absolute Bestimmtheit habe. Diese ihre Beziehung stellt zunächst der quantitativ-unendliche Progreß dar.
Der
Progreß ins Unendliche ist überhaupt der Ausdruck des Widerspruchs,
hier desjenigen, den das quantitativ-Endliche oder das Quantum
überhaupt enthält. Er ist die Wechselbestimmung des Endlichen und
Unendlichen, die in der qualitativen Sphäre betrachtet worden ist, mit
dem Unterschiede, daß wie so eben erinnert, im Quantitativen sich die
Grenze an ihr selbst in ihr Jenseits fortschickt und fortsetzt, somit
umgekehrt auch das quantitativ-Unendliche gesetzt ist, das Quantum an
ihm selbst zu haben, denn das Quantum ist in seinem Außersichseyn zugleich es selbst; seine Aeußerlichkeit gehört seiner Bestimmung an.
Der unendliche Progreß ist nun nur der Ausdruck dieses Widerspruchs, nicht die Auflösung
desselben, aber um der Kontinuität willen der einen Bestimmtheit in
ihre andere führt er eine scheinbare Auflösung in einer Vereinigung
beider herbei. Wie er zunächst gesetzt ist, ist er die Aufgabe des Unendlichen, nicht die Erreichung desselben; das perennirende Erzeugen
desselben, ohne über das Quantum selbst hinauszukommen, und ohne daß
das Unendliche ein Positives und Gegenwärtiges würde. Das Quantum hat
es in seinem Begriffe ein Jenseits seiner zu haben. Dieß Jenseits ist erstlich das abstrakte Moment des Nichtseyns des Quantums; dieses löst sich an sich selbst auf; so bezieht es sich auf sein Jenseits als auf seine Unendlichkeit, nach dem qualitativen Momente des Gegensatzes. Aber zweitens
steht das Quantum in Kontinuität mit diesem Jenseits; das Quantum
besteht eben darin, das Andere seiner selbst, sich selbst äußerlich zu
seyn; also ist dieß Aeußerliche eben so sehr nicht ein Anderes als das
Quantum; das Jenseits oder das Unendliche ist also selbst ein Quantum.
Das Jenseits ist auf diese Weise aus seiner Flucht zurückgerufen, und
das Unendliche erreicht. Aber weil dieß zum Diesseits gewordene wieder
ein Quantum ist, ist nur wieder eine neue Grenze gesetzt
worden; diese, als Quantum, ist auch wieder von sich selbst geflohen,
ist als solches über sich hinaus, und hat sich in sein Nichtseyn, in
sein Jenseits von sich selbst repellirt, das ebenso perennirend zum
Quantum wird, als dieses sich von sich selbst zum Jenseits abstößt.
Die Kontinuität des Quantums in sein Anderes bringt die Verbindung beider in dem Ausdruck eines Unendlich-Großen oder Unendlich-Kleinen
hervor. Da beide die Bestimmung des Quantums noch an ihnen haben,
bleiben sie veränderliche und die absolute Bestimmtheit, die ein
Für-sichseyn wäre, ist also nicht erreicht. Dieß Außersichseyn der Bestimmung ist in dem gedoppelten Unendlichen, das sich nach dem Mehr und Weniger
entgegengesetzt ist, dem Unendlich-großen und Kleinen, gesetzt. An
jedem selbst ist das Quantum im perennirenden Gegensatze gegen sein
Jenseits erhalten. Das Große noch so sehr erweitert, schwindet
zur Unbeträchtlichkeit zusammen; indem es sich auf das Unendliche als
auf sein Nichtseyn bezieht, ist der Gegensatz qualitativ; das
erweiterte Quantum hat daher dem Unendlichen nichts abgewonnen; dieses
ist vor wie nach das Nichtseyn desselben. Oder, die Vergrößerung des
Quantums ist keine Näherung zum Unendlichen, denn der Unterschied des Quantums und seiner Unendlichkeit hat wesentlich auch das Moment ein nicht quantitativer Unterschied zu seyn. Es ist nur der ins Engere gebrachte Ausdruck des Widerspruchs; es soll ein Großes d. i. ein Quantum, und unendlich,
d. i. kein Quantum seyn. - Eben so das Unendlichkleine ist als Kleines
ein Quantum und bleibt daher absolut d. h. qualitativ zu groß für das
Unendliche, und ist diesem entgegengesetzt. Es bleibt in beiden der
Widerspruch des unendlichen Progresses erhalten der in ihnen sein Ziel
gefunden haben sollte.
Diese Unendlichkeit, welche als das Jenseits des Endlichen beharrlich bestimmt ist, ist als die schlechte quantitative Unendlichkeit
zu bezeichnen. Sie ist wie die qualitative schlechte Unendlichkeit, das
perennirende Herüber- und Hinübergehen von dem einen Gliede des
bleibenden Widerspruchs zum andern, von der Grenze zu ihrem Nichtseyn,
von diesem aufs neue zurück zu ebenderselben, zur Grenze. Im Progresse
des Quantitativen ist das, zu dem fortgegangen wird, zwar nicht ein
abstrakt Anderes überhaupt, sondern ein als verschieden gesetztes
Quantum; aber es bleibt auf gleiche Weise im Gegensatze gegen seine
Negation. Der Progreß ist daher gleichfalls nicht ein Fortgehen und
Weiterkommen, sondern ein Wiederholen von einem und eben demselben,
Setzen, Aufheben, und Wiedersetzen und
Wiederaufheben; eine Ohnmacht des Negativen, dem das, was es aufhebt,
durch sein Aufheben selbst als ein Kontinuirliches wiederkehrt. Es sind
zwei so zusammengeknüpft, daß sie sich schlechthin fliehen; und indem
sie sich fliehen, können sie sich nicht trennen, sondern sind in ihrer
gegenseitigen Flucht verknüpft.
Die schlechte Unendlichkeit pflegt vornehmlich in der Form des Progresses des Quantitativen ins Unendliche,
- dieß fortgehende Ueberfliegen der Grenze, das die Ohnmacht ist, sie
aufzuheben, und der perennirende Rückfall in dieselbe, - für etwas
Erhabenes und für eine Art von Gottesdienst gehalten zu werden, so wie
derselbe in der Philosophie als ein Letztes angesehen worden ist.
Dieser Progreß hat vielfach zu Tiraden gedient, die als erhabene
Produktionen bewundert worden sind. In der That aber macht diese moderne Erhabenheit nicht den Gegenstand groß, welcher vielmehr entflieht, sondern nur das Subjekt,
das so große Quantitäten in sich verschlingt. Die Dürftigkeit dieser
subjektiv bleibenden Erhebung, die an der Leiter des Quantitativen
hinaufsteigt, thut sich selbst damit kund, daß sie in vergeblicher
Arbeit dem unendlichen Ziele nicht näher zu kommen eingesteht, welches
zu erreichen freilich ganz anders anzugreifen ist.
Bei folgenden Tiraden dieser Art ist zugleich ausgedrückt, in was solche Erhebung übergeht und aufhört. Kant z. B. führt es als erhaben auf, (Kr. d. prakt. V. Schl.)
"wenn
das Subjekt mit dem Gedanken sich über den Platz erhebt, den es in der
Sinnenwelt einnimmt, und die Verknüpfung ins unendlich Große erweitert,
eine Verknüpfung mit Sternen über Sternen, mit Welten über Welten,
Systemen über Systemen, überdem noch in grenzenlose Zeiten ihrer
periodischen Bewegung, deren Anfang und Fortdauer. - Das Vorstellen
erliegt diesem Fortgehen ins Unermeßlich-Ferne, wo die fernste Welt immer noch eine fernere hat, die so weit zurückgeführte Vergangenheit noch eine weitere hinter sich, die noch so weit hinausgeführte Zukunft immer noch eine andere vor sich; der Gedanke erliegt
dieser Vorstellung des Unermeßlichen; wie ein Traum, daß einer einen
langen Gang immer weiter und unabsehbar weiter fortgehe, ohne ein Ende
abzusehen, mit Fallen oder mit Schwindel endet."
Diese
Darstellung, außerdem daß sie den Inhalt des quantitativen Erhebens in
einen Reichthum der Schilderung zusammendrängt, verdient wegen der
Wahrhaftigkeit vornehmlich Lob, mit der sie es angiebt, wie es dieser
Erhebung am Ende ergeht: der Gedanke erliegt, das Ende ist Fallen und
Schwindel. Was den Gedanken erliegen macht, und das Fallen desselben
und den Schwindel hervorbringt, ist nichts anderes, als die Langeweile
der Wiederholung, welche eine Grenze verschwinden und wieder auftreten
und wieder verschwinden, so immer das eine um das andere, und eins im
andern, in dem Jenseits das Diesseits, in dem Diesseits das Jenseits
perennierend entstehen und vergehen läßt, und nur das Gefühl der Ohnmacht dieses Unendlichen oder dieses Sollens giebt, das über das Endliche Meister werden will und nicht kann.
Auch die hallersche, von Kant sogenannte schauderhafte Beschreibung der Ewigkeit
pflegt besonders bewundert zu werden, aber oft gerade nicht wegen
derjenigen Seite, die das wahrhafte Verdienst derselben ausmacht:
Wenn auf jenes Aufbürgen und Aufthürmen von Zahlen und Welten als auf eine Beschreibung der Ewigkeit der
Werth gelegt wird, so wird übersehen, daß der Dichter selbst dieses
sogenannte schauderhafte Hinausgehen für etwas Vergebliches und Hohles
erklärt, und daß er damit schließt, daß nur durch das Aufgeben dieses leeren unendlichen Progresses das wahrhafte Unendliche selbst zur Gegenwart vor ihn komme.
Es hat Astronomen gegeben, die sich auf das Erhabene ihrer Wissenschaft gern darum viel zu Gute thaten, weil sie mit einer unermeßlichen Menge von Sternen, mit so unermeßlichen
Räumen und Zeiten zu thun habe, in denen Entfernungen und Perioden, die
für sich schon groß sind, zu Einheiten dienen, welche noch so vielmal
genommen, sich wieder zur Unbedeutenheit verkürzen. Das schaale
Erstaunen, dem sie sich dabei überlassen, die abgeschmackten
Hoffnungen, erst noch in jenem Leben von einem Sterne zum anderen zu
reisen und ins Unermeßliche fort dergleichen neue Kenntnisse zu
erwerben, gaben sie für ein Hauptmoment der Vortreflichkeit ihrer
Wissenschaft aus, - welche bewundernswürdig ist, nicht um solcher
quantitativen Unendlichkeit willen, sondern im Gegentheil um der Maaßverhältnisse und der Gesetze
willen, welche die Vernunft in diesen Gegenständen erkennt, und die das
vernünftige Unendliche gegen jene unvernünftige Unendlichkeit sind.
Der Unendlichkeit, die sich auf die äußere sinnliche Anschauung bezieht, setzt Kant die andere Unendlichkeit gegenüber, wenn
"das
Individuum auf sein unsichtbares Ich zurückgeht, und die absolute
Freiheit seines Willens als ein reines Ich allen Schrecken des
Schicksals und der Thyrannei entgegenstellt, von seinen nächsten
Umgebungen anfangend, sie für sich verschwinden, eben so das, was als
dauernd erscheint, Welten über Welten in Trümmer zusammenstürzen läßt,
und einsam sich als sich selbst gleich erkennt."
Ich in dieser Einsamkeit mit sich ist zwar das erreichte Jenseits, es ist zu sich selbst gekommen, ist bei sich, diesseits;
im reinen Selbstbewußtseyn ist die absolute Negativität zur Affirmation
und Gegenwart gebracht, welche in jenem Fortgehen über das sinnliche
Quantum nur flieht. Aber indem dieß reine Ich in seiner Abstraktion und
Inhaltslosigkeit sich fixirt, hat es das Daseyn überhaupt, die Fülle
des natürlichen und geistigen Universums, als ein Jenseits sich
gegenüber. Es stellt sich derselbe Widerspruch dar, der dem unendlichen
Progresse zu Grunde liegt; nämlich ein Zurückgekehrtseyn in sich, das
unmittelbar zugleich Außersichseyn, Beziehung auf sein Anderes als auf
sein Nichtseyn, ist; welche Beziehung eine Sehnsucht bleibt,
weil Ich sich seine gehaltlose und unhaltbare Leere einer Seits, und
die in der Negation doch präsent bleibende Fülle als sein Jenseits
fixirt hat.
Kant
fügt diesen beiden Erhabenheiten die Bemerkung bei, "daß Bewunderung
(für die erstere, äußerliche) und Achtung (für die zweite, innerliche)
Erhabenheit, zwar zur Nachforschung reizen, aber den Mangel
derselben nicht ersetzen können". - Er erklärt damit jene Erhebungen
als unbefriedigend für die Vernunft, welche bei ihnen und den damit
verbundenen Empfindungen nicht stehen bleiben, und das Jenseits und
Leere nicht für das Letzte gelten lassen kann.
Als ein Letztes aber ist der unendliche Progreß vornehmlich in seiner Anwendung auf die Moralität
genommen worden. Der so eben angeführte zweite Gegensatz des Endlichen
und Unendlichen, als der mannigfaltigen Welt und des in seine Freiheit
erhobenen Ichs, ist zunächst qualitativ. Das Selbstbestimmen des Ich
geht zugleich darauf, die Natur zu bestimmen und sich von ihr zu
befreien; so bezieht es sich durch sich selbst auf sein Anderes,
welches als äußerliches Daseyn ein Vielfältiges und auch Quantitatives
ist. Die Beziehung auf ein Quantitatives wird selbst quantitativ; die
negative Beziehung des Ich darauf, die Macht des Ich über das
Nicht-Ich, über die Sinnlichkeit und äußere Natur, wird daher so
vorgestellt, daß die Moralität immer größer, die Macht der Sinnlichkeit aber immer kleiner
werden könne und solle. Die völlige Angemessenheit aber des Willens zum
moralischen Gesetze wird in den ins Unendliche gehenden Progreß
verlegt, das heißt, als ein absolutes unerreichbares Jenseits
vorgestellt, und eben dieß solle der wahre Anker und der rechte Trost
seyn, daß es ein Unerreichbares ist; denn die Moralität soll als Kampf
seyn; dieser aber ist nur unter der Unangemessenheit des Willens zum
Gesetze, dieses damit schlechthin ein Jenseits für ihn.
In
diesem Gegensatze werden Ich und Nicht-Ich oder der reine Wille und das
moralische Gesetz, und die Natur und Sinnlichkeit des Willens als
vollkommen selbstständig und gleichgültig gegeneinander vorausgesetzt.
Der reine Wille hat sein eigenthümliches Gesetz, das in wesentlicher
Beziehung auf die Sinnlichkeit steht; und die Natur und Sinnlichkeit
hat ihrer Seits Gesetze, die weder aus dem Willen genommen und ihm
entsprechend sind, noch auch nur, wenn gleich verschieden davon, an
sich eine wesentliche Beziehung auf ihn hätten, sondern sie sind
überhaupt für sich bestimmt, in sich fertig und geschlossen. Zugleich
sind beide aber Momente eines und desselben einfachen Wesens,
des Ich; der Wille ist als das Negative gegen die Natur bestimmt, so
daß er nur ist, insofern ein solches von ihm verschiedenes ist, das von
ihm aufgehoben werde, von dem er aber hierin berührt und selbst
afficirt ist. Der Natur und ihr als Sinnlichkeit des Menschen ist als
einem selbstständigen System von Gesetzen das Beschränken durch ein
anderes gleichgültig; sie erhält sich in diesem Begrenztwerden, tritt
selbstständig in die Beziehung ein, und begrenzt den Willen des
Gesetzes eben so sehr, als er sie begrenzt. - Es ist Ein Act, daß der
Wille sich bestimmt und das Andersseyn einer Natur aufhebt, und daß
dieß Andersseyn als daseyend gesetzt ist, sich in sein Aufgehobenwerden
kontinuirt, und nicht aufgehoben ist. Der Widerspruch, der hierin
liegt, wird im unendlichen Progresse nicht
aufgelöst, sondern im Gegentheil als unaufgelöst und unauflösbar
dargestellt und behauptet; der Kampf der Moralität und der Sinnlichkeit
wird vorgestellt, als das an und für sich seyende, absolute Verhältniß.
Die
Ohnmacht über den qualitativen Gegensatz des Endlichen und Unendlichen
Meister zu werden und die Idee des wahrhaften Willens, die
substantielle Freiheit, zu fassen, nimmt zur Größe ihre
Zuflucht, um sie als die Mittlerin zu gebrauchen, weil sie das
aufgehobene Qualitative, der gleichgültig gewordene Unterschied, ist.
Allein indem beide Glieder des Gegensatzes als qualitativ verschieden
zu Grunde liegen bleiben, so wird vielmehr dadurch, daß sie sich in
ihrer gegenseitigen Beziehung als Quanta verhalten, jedes sogleich als
gegen diese Veränderung gleichgültig gesetzt. Die Natur wird durch Ich,
die Sinnlichkeit durch den Willen des Guten bestimmt, die durch
denselben an ihr hervorgebrachte Veränderung ist nur ein quantitativer
Unterschied, ein solcher, der sie als das bestehen läßt, was sie ist.
In
der abstraktern Darstellung der kantischen Philosophie oder wenigstens
ihrer Principien, nämlich in der fichteschen Wissenschaftslehre, macht
der unendliche Progreß auf dieselbe Weise die Grundlage und das Letzte
aus. Auf den ersten Grundsatz dieser Darstellung, Ich=Ich, folgt ein
zweiter davon unabhängiger, die Entgegensetzung des Nicht-Ich; die Beziehung beider wird sogleich auch als quantitativer Unterschied angenommen, daß Nicht-Ich zum Theil durch Ich bestimmt werde, zum Theil
auch nicht. Das Nicht-Ich kontinuirt sich auf diese Weise in sein
Nichtseyn so, daß es seinem Nichtseyn entgegengesetzt bleibt, als ein
nicht Aufgehobenes. Nachdem daher die Widersprüche, die darin liegen,
im System entwickelt worden sind, so ist das schließliche Resultat
dasjenige Verhältniß, welches der Anfang war; das Nicht-Ich bleibt ein
unendlicher Anstoß, ein absolut-Anderes; die letzte Beziehung seiner und des Ich aufeinander ist der unendliche Progreß, Sehnsucht und Streben, - derselbe Widerspruch, mit welchem angefangen wurde.
Weil
das Quantitative die als aufgehoben gesetzte Bestimmtheit ist, so
glaubte man für die Einheit des Absoluten, für die Eine
Substantialität, Viel oder vielmehr Alles gewonnen zu haben, indem man
den Gegensatz überhaupt zu einem nur quantitativen Unterschiede
herabsetzte. Aller Gegensatz ist nur quantitativ, war einige
Zeit ein Hauptsatz neuerer Philosophie; die entgegengesetzten
Bestimmungen haben dasselbe Wesen, denselben Inhalt, sie sind reale
Seiten des Gegensatzes, insofern jede derselben seine beiden
Bestimmungen, beide Faktoren, in ihr hat, nur daß auf der einen Seite
der eine Faktor, auf der anderen der andere überwiegend, in der einen Seite der eine Faktor, eine Materie oder Thätigkeit, in größerer Menge oder in stärkerem Grade
vorhanden sey, als in der andern. Insofern verschiedene Stoffe oder
Thätigkeiten vorausgesetzt werden, bestätigt und vollendet der
quantitative Unterschied vielmehr deren Aeußerlichkeit und
Gleichgültigkeit gegeneinander und gegen ihre Einheit. Der Unterschied
der absoluten Einheit soll nur quantitativ seyn; das
Quantitative ist zwar die aufgehobene unmittelbare Bestimmtheit, aber
die nur unvollkommene, erst die erste Negation, nicht die
unendliche, nicht die Negation der Negation. - Indem Seyn und Denken
als quantitative Bestimmungen der absoluten Substanz vorgestellt
werden, werden auch sie, als Quanta, wie in untergeordneter Sphäre, der
Kohlenstoff, Stickstoff u.s.f. sich vollkommen äußerlich und
beziehungslos. Es ist ein Drittes, eine äußerliche Reflexion, welche
von ihrem Unterschiede abstrahirt, und ihre innere, nur ansichseyende, nicht ebenso für-sich-seyende, Einheit erkennt. Diese Einheit, wird dann in der That nur als erste unmittelbare vorgestellt, oder nur als Seyn, welches in seinem quantitativen Unterschiede sich gleich bleibt, aber nicht sich durch sich selbst gleich setzt;
es ist somit nicht begriffen, als Negation der Negation, als unendliche
Einheit. Nur im qualitativen Gegensatze geht die gesetzte
Unendlichkeit, das Fürsichseyn, hervor, und die quantitative Bestimmung
selbst geht, wie sich sogleich näher ergeben wird, in das Qualitative
über.
Es ist oben erinnert worden, daß die kantischen Antinomien Darstellungen des Gegensatzes des Endlichen und Unendlichen, in einer konkreteren
Gestalt, auf speciellere Substrate der Vorstellung angewendet, sind.
Die daselbst betrachtete Antinomie enthielt den Gegensatz der
qualitativen Endlichkeit und Unendlichkeit. In einer andern, der ersten
der vier kosmologischen Antinomien, ist es mehr die quantitative
Grenze, die in ihrem Widerstreite betrachtet wird. Ich will die
Untersuchung dieser Antinomie daher hier anstellen.
Sie betrifft die Begrenztheit oder Unbegrenztheit der Welt in Zeit und Raum.
- Es konnte eben so gut dieser Gegensatz auch in Rücksicht auf Zeit und
Raum selbst betrachtet werden, denn ob Zeit und Raum Verhältnisse der
Dinge selbst, oder aber nur Formen der Anschauung sind, ändert nichts
für das Antinomische der Begrenztheit oder Unbegrenztheit in ihnen.
Die
nähere Auseinanderlegung dieser Antinomie wird gleichfalls zeigen, daß
die beiden Sätze und eben so ihre Beweise, die wie bei der oben
betrachteten apogogisch geführt sind, auf nichts, als auf die zwei
einfachen, entgegengesetzten Behauptungen hinauslaufen: es ist eine Grenze, und: es muß über die Grenze hinausgegangen werden.
Die Thesis ist:
"Die Welt hat einen Anfang in der Zeit, und ist dem Raume nach auch in Grenzen eingeschlossen."
Der eine Theil des Beweises, die Zeit betreffend, nimmt das Gegentheil an, "die Welt habe der Zeit nach keinen Anfang, so ist bis zu jedem gegebenen Zeitpunkt eine Ewigkeit abgelaufen, und mithin eine unendliche Reihe auf einander folgender Zustände der Dinge in der Welt verflossen. Nun besteht aber eben darin die Unendlichkeit einer Reihe, daß sie durch successive Synthesis niemals vollendet
seyn kann. Also ist eine unendliche verflossene Weltreihe unmöglich,
mithin ein Anfang der Welt eine nothwendige Bedingung ihres Daseyns;
welches zu erweisen war."
Der andere Theil des Beweises, der den Raum
betrifft, wird auf die Zeit zurückgeführt. Das Zusammenfassen der
Theile einer im Raume unendlichen Welt erforderte eine unendliche Zeit,
welche als abgelaufen angesehen werden müßte, insofern die Welt im
Raume nicht als ein Werdendes, sondern als ein vollendetes Gegebenes
anzusehen ist. Von der Zeit aber wurde im ersten Theile des Beweises
gezeigt, daß eine unendliche Zeit als abgelaufen anzunehmen unmöglich
sey.
Man
sieht aber sogleich, daß es unnöthig war, den Beweis apagogisch zu
machen, oder überhaupt einen Beweis zu führen, indem in ihm selbst
unmittelbar die Behauptung dessen zu Grunde liegt, was bewiesen werden
sollte. Es wird nämlich irgend ein oder jeder gegebene Zeitpunkt
angenommen, bis zu welchem eine Ewigkeit (- Ewigkeit hat hier nur den
geringen Sinii einer schlecht-unendlichen Zeit) abgelaufen sey. Ein gegebener Zeitpunkt heißt nun nichts Anders, als eine bestimmte Grenze in der Zeit. Im Beweise wird also eine Grenze der Zeit als wirklich vorausgesetzt; sie ist aber eben das, was bewiesen werden sollte. Denn die Thesis besteht darin, daß die Welt einen Anfang in der Zeit habe.
Nur der Unterschied findet Statt, daß die angenommene Zeitgrenze ein Jetzt, als Ende der vorher verflossenen, die zu beweisende aber Jetzt als Anfang einer Zukunft ist. Allein dieser Unterschied ist unwesentlich. Jetzt wird als der Punkt angenommen, in welchem eine unendliche Reihe auf einander folgender Zustände der Dinge in der Zeit verflossen seyn soll, also als Ende, als qualitative Grenze. Würde dieß Jetzt
nur als quantitative Grenze betrachtet, welche fließend und über die
nicht nur hinaus zu gehen sondern die vielmehr nur dieß sey, über sich
hinauszugehen, so wäre die unendliche Zeitreihe in ihr nicht verflossen,
sondern führe fort zu fließen, und das Raisonnement des Beweises fiele
weg. Dagegen ist der Zeitpunkt als qualitative Grenze für die
Vergangenheit angenommen, aber ist so zugleich Anfang für die Zukunft, - denn an sich ist jeder Zeitpunkt die Beziehung der Vergangenheit und der Zukunft, - auch ist er absoluter d. h. abstrakter Anfang
für dieselbe, d. i. das, was bewiesen werden sollte. Es thut nichts zur
Sache, daß vor seiner Zukunft und diesem ihrem Anfange schon eine
Vergangenheit ist; indem dieser Zeitpunkt qualitative Grenze ist, - und
als qualitative ihn anzunehmen, liegt in der Bestimmung des Vollendeten, Abgelaufenen, also sich nicht Kontinuirenden, - so ist die Zeit in ihm abgebrochen,
und jene Vergangenheit, ohne Beziehung auf diejenige Zeit, welche nur
Zukunft in Rücksicht auf diese Vergangenheit genannt werden konnte, und
daher ohne solche Beziehung nur Zeit überhaupt ist, die einen absoluten
Anfang hat. Stünde sie aber, - (wie sie es denn tut -) durch das Jetzt,
den gegebenen Zeitpunkt, in einer Beziehung auf die Vergangenheit, wäre
sie somit als Zukunft bestimmt, so wäre auch dieser Zeitpunkt von der
anderen Seite keine Grenze, die unendliche Zeitreihe kontinuirte sich
in dem, was Zukunft hieß, und wäre nicht, wie angenommen worden, vollendet.
In Wahrheit ist die Zeit reine Quantität; der im Beweise gebrauchte Zeitpunkt, in welchem sie unterbrochen seyn sollte, ist vielmehr nur das sich selbst aufhebende Fürsichseyn des Jetzt. Der Beweis leistet nichts, als daß er die in der Thesis behauptete absolute Grenze der Zeit als einen gegebenen Zeitpunkt
vorstellig macht und ihn als vollendeten, d. i. abstrakten Punkt,
geradezu annimmt, - eine populare Bestimmung, welche das sinnliche
Vorstellen leicht als eine Grenze passiren, somit im Beweise dieß als Annahme gelten läßt, was vorher als das zu Beweisende aufgestellt wurde.
Die Antithesis heißt:
"Die Welt hat keinen Anfang und keine Grenzen im Raume, sondern ist sowohl in Ansehung der Zeit als des Raumes unendlich."
Der Beweis setzt gleichfalls das Gegentheil:
"Die
Welt habe einen Anfang. Da der Anfang ein Daseyn ist, wovor eine Zeit
vorhergeht, darin das Ding nicht ist, so muß eine Zeit vorhergegangen
seyn, darin die Welt nicht war, d. i. eine leere Zeit. Nun ist aber in
einer leeren Zeit kein Entstehen irgend eines Dings möglich; weil kein Theil einer solchen Zeit vor einem anderen irgend eine unterscheidende Bedingung
des Daseyns vor der des Nichtdaseyns an sich hat. Also kann zwar in der
Welt manche Reihe der Dinge anfangen, die Welt selbst aber keinen
Anfang nehmen, und ist in Ansehung der vergangenen Zeit unendlich."
Dieser
apogogische Beweis enthält, wie die andern, die direkte und unbewiesene
Behauptung dessen, was er beweisen sollte. Er nimmt neihlich zuerst ein
Jenseits des weltlichen Daseyns, eine leere Zeit, an; aber kontinuirt alsdann auch das weltliche Daseyn ebenso sehr über sich hinaus in diese leere Zeit hinein, hebt diese dadurch auf, und setzt somit das Daseyn ins Unendliche fort. Die Welt ist ein Daseyn; der Beweis setzt voraus, daß dieß Daseyn entstehe, und das Entstehen eine in der Zeit vorhergehende Bedingung habe. Darin aber eben besteht die Antithesis selbst, daß es kein unbedingtes Daseyn, keine absolute Grenze gebe, sondern das weltliche Daseyn immer eine vorhergehende Bedingung fordere. Das zu Erweisende findet sich somit als Annahme in dem Beweise. - Die Bedingung
wird dann ferner in der leeren Zeit gesucht, was so viel heißt, als daß
sie als zeitlich und somit als Daseyn, und Beschränktes angenommen
wird. Ueberhaupt also ist die Annahme gemacht, daß die Welt als Daseyn
ein anderes bedingtes Daseyn in der Zeit voraussetze und hiermit sofort
ins Unendliche.
Der Beweis in Ansehung der Unendlichkeit der Welt im Raume
ist dasselbe. Apogogischer Weise wird die räumliche Endlichkeit der
Welt gesetzt; "diese befände sich somit in einem leeren unbegrenzten
Raume, und hätte ein Verhältniß zu ihm; ein solches Verhältniß der Welt zu keinem Gegenstande aber ist Nichts."
Was
bewiesen werden sollte, ist hier ebenso im Beweise direkt
vorausgesetzt. Es wird direkt angenommen, daß die begrenzte räumliche
Welt sich in einem leeren Raume befinden und ein Verhältniß zu ihm haben sollte, das heißt, daß über sie hinausgegangen werden müsse, - einer Seits in das Leere, in das Jenseits und Nichtseyn derselben, anderer Seits aber daß sie damit im Verhältniß stehe, d. i. sich darein hinein kontinuire,
das Jenseits hiermit mit weltlichem Daseyn erfüllt vorzustellen sey.
Die Unendlichkeit der Welt im Raume, die in der Antithesis behauptet
wird, ist nichts anderes, als einer Seits der leere Raum, anderer Seits
das Verhältniß der Welt zu ihm, das heißt Kontinuität derselben
in ihm, oder die Erfüllung desselben; welcher Widerspruch, der Raum
zugleich als leer und zugleich als erfüllt, der unendliche Progreß des
Daseyns im Raume ist. Dieser Widerspruch selbst, das Verhältniß der
Welt zum leeren Raume, ist im Beweise direkt zur Grundlage gemacht.
Die Thesis und Antithesis und die Beweise derselben stellen daher nichts dar, als die entgegengesetzten Behauptungen, daß eine Grenze ist, und daß die Grenze eben so sehr nur eine aufgehobene ist; daß die Grenze ein Jenseits hat, mit dem sie aber in Beziehung steht, wohin über sie hinauszugehen ist, worin aber wieder eine solche Grenze entsteht, die keine ist.
Die Auflösung
dieser Antinomien ist, wie die der obigen, transcendental, das heißt,
sie besteht in der Behauptung der Idealität des Raums und der Zeit, als
Formen der Anschauung, in dem Sinne, daß die Welt an ihr selbst nicht im Widerspruch mit sich, nicht ein sich Aufhebendes, sondern nur das Bewußtseyn
in seinem Anschauen und in der Beziehung der Anschauung auf Verstand
und Vernunft, ein sich selbst widersprechendes Wesen sey. Es ist dieß
eine zu große Zärtlichkeit für die Welt, von ihr den Widerspruch zu
entfernen, ihn dagegen in den Geist, in die Vernunft, zu verlegen und
darin unaufgelöst bestehen zu lassen. In der That ist es der Geist, der
so stark ist, den Widerspruch ertragen zu können, aber er ist es auch,
der ihn aufzulösen weiß. Die sogenannte Welt aber (sie heiße objektive,
reale Welt, oder nach dem transcendentalen Idealismus subjektives
Anschauen, und durch die Verstandes-Kategorie bestimmte Sinnlichkeit),
entbehrt darum des Widerspruchs nicht und nirgends, vermag ihn aber
nicht zu ertragen und ist darum dem Entstehen und Vergehen preisgegeben.
Das unendliche Quantum, als Unendlichgroßes oder Unendlichkleines,
ist selbst an sich der unendliche Progreß; es ist Quantum als ein
Großes oder Kleines, und ist zugleich Nichtseyn des Quantums. Das
Unendlichgroße und Unendlichkleine sind daher Bilder der Vorstellung,
die bei näherer Betrachtung sich als nichtiger Nebel und Schatten
zeigen. Im unendlichen Progreß aber ist dieser Widerspruch explicite
vorhanden, und damit das, was die Natur des Quantums ist, das als intensive Größe seine Realität erreicht hat, und in seinem Daseyn nun gesetzt, wie es in seinem Begriffe ist. Diese Identität ist es, die zu betrachten ist.
Das
Quantum als Grad ist einfach, auf sich bezogen und als an ihm selbst
bestimmt. Indem durch diese Einfachheit das Andersseyn und die
Bestimmtheit an ihm aufgehoben ist, ist diese ihm äußerlich; es hat
seine Bestimmtheit außer ihm. Dieß sein Außersichseyn ist zunächst das abstrakte Nichtseyn
des Quantums überhaupt, die schlechte Unendlichkeit. Aber ferner ist
dieß Nichtseyn auch ein Großes, das Quantum kontinuirt sich in sein
Nichtseyn, denn es hat eben seine Bestimmtheit in seiner
Aeußerlichkeit; diese seine Aeußerlichkeit ist daher eben so sehr
selbst Quantum; jenes sein Nichtseyn, die Unendlichkeit, wird so
begrenzt, d. h. dieß Jenseits wird aufgehoben, dieses ist selbst als
Quantum bestimmt, das hiermit in seiner Negation bei sich selbst ist.
Dieß ist aber das, was das Quantum als solches an sich ist. Denn es ist eben es selbst
durch sein Aeußerlichseyn; die Aeußerlichkeit macht das aus, wodurch es
Quantum, bei sich selbst, ist. Es ist also im unendlichen Progresse der Begriff des Quantums gesetzt.
Nehmen wir ihn zunächst in seinen abstrakten Bestimmungen wie sie vorliegen, so
ist in ihm das Aufheben des Quantums, aber eben so sehr seines
Jenseits, also die Negation des Quantums sowohl, als die Negation
dieser Negation vorhanden. Seine Wahrheit ist ihre Einheit, worin
sie, aber als Momente, sind. - Sie ist die Auflösung des Widerspruchs,
dessen Ausdruck er ist, und ihr nächster Sinn somit die Wiederherstellung des Begriffs der Größe,
daß sie gleichgültige oder äußerliche Grenze ist. Im unendlichen
Progresse als solchem pflegt nur darauf reflektirt zu werden, daß jedes
Quantum, es sey noch so groß oder klein, verschwinden, daß über
dasselbe muß hinausgegangen werden können; aber nicht darauf, daß dieß sein Aufheben, das Jenseits, das schlecht-Unendliche selbst auch verschwindet.
Schon das erste Aufheben, die Negation der Qualität überhaupt, wodurch das Quantum gesetzt wird, ist an sich
das Aufheben der Negation, - das Quantum ist aufgehobene qualitative
Grenze, somit aufgehobene Negation, - aber es ist zugleich nur an sich
dieß; gesetzt ist es als ein Daseyn, und dann ist seine Negation als
das Unendliche fixirt, als das Jenseits des Quantums, welches als ein
Diesseits steht, als ein Unmittelbares; so ist das Unendliche nur als erste
Negation bestimmt, und so erscheint es im unendlichen Progresse. Es ist
gezeigt worden, daß aber in diesem mehr vorhanden ist, die Negation der
Negation, oder das, was das Unendliche in Wahrheit ist. Es ist dieß
vorhin so angesehen worden, daß der Begriff des Quantums damit
wieder hergestellt ist; diese Wiederherstellung heißt zunächst, daß
sein Daseyn seine nähere Bestimmung erhalten hat; es ist nämlich das
nach seinem Begriff bestimmte Quantum entstanden, was verschieden ist, von dem unmittelbaren Quantum, die Aeußerlichkeit ist nun das Gegentheil ihrer selbst, als Moment der Größe selbst gesetzt, - das Quantum so, daß es vermittelst seines Nichtseyns, der Unendlichkeit, in einem anderen Quantum seine Bestimmtheit habe, d. i. qualitativ das ist, was es ist. Jedoch gehört diese Vergleichung des Begriffs
des Quantums mit seinem Daseyn mehr unserer Reflexion, einem
Verhältniß, das hier noch nicht vorhanden ist, an. Die zunächst
liegende Bestimmung ist, daß das Quantum zur Qualität
zurückgekehrt, nunmehr qualitativ bestimmt ist. Denn seine
Eigenthümlichkeit, Qualität, ist die Aeußerlichkeit, Gleichgültigkeit
der Bestimmtheit; und es ist nun gesetzt, als in seiner Aeußerlichkeit
vielmehr es selbst zu seyn, darin sich auf sich selbst zu beziehen, in
einfacher Einheit mit sich, d. i. qualitativ bestimmt zu seyn. - dieß Qualitative ist noch näher bestimmt, nämlich als Fürsichseyn;
denn die Beziehung auf sich selbst, zu der es gekommen, ist aus der
Vermittelung, der Negation der Negation, hervorgegangen. Das Quantum
hat die Unendlichkeit, das Fürsichbestimmtseyn nicht mehr außer ihm,
sondern an ihm selbst.
Das
Unendliche, welches im unendlichen Progresse nur die leere Bedeutung
eines Nichtsseyns, eines unerreichten, aber gesuchten Jenseits hat, ist
in der That nicht anderes als die Qualität. Das Quantum geht
als gleichgültige Grenze über sich hinaus ins Unendliche; es sucht
damit nichts Anderes, als das Fürsichbestimmtseyn, das qualitative
Moment, das aber so nur ein Sollen ist. Seine Gleichgültigkeit gegen
die Grenze, damit sein Mangel an fürsichseyender Bestimmtheit und sein
Hinausgehen über sich ist, was das Quantum zum Quantum macht; jenes
sein Hinausgehen soll negirt werden und im Unendlichen sich seine
absolute Bestimmtheit finden.
Ganz
überhaupt: das Quantum ist die aufgehobene Qualität; aber das Quantum
ist unendlich, geht über sich hinaus, es ist die Negation seiner; dieß
sein Hinausgehen ist also an sich die Negation der negirten
Qualität, die Wiederherstellung derselben; und gesetzt ist dieß, daß
die Aeußerlichkeit, welche als Jenseits erschien, als das eigene Moment des Quantums bestimmt ist.
Das Quantum ist hiermit gesetzt als von sich repellirt, womit also zwei Quanta sind, diejedoch aufgehoben, nur als Momente einer Einheit sind, und diese Einheit ist die Bestimmtheit des Quantums. - Dieses so in seiner Aeußerlichkeit als gleichgültige Grenze auf sich bezogen, hiermit qualitativ gesetzt, ist das quantitative Verhältniß.
- Im Verhältnisse ist das Quantum sich äußerlich, von sich selbst
verschieden; diese seine Aeußerlichkeit ist die Beziehung eines
Quantums auf ein anderes Quantum, deren jedes nur gilt in dieser seiner
Beziehung auf sein Anderes; und diese Beziehunng macht die Bestimmtheit
des Quantums aus, das als solche Einheit ist.
Es
hat darin nicht eine gleichgültige, sondern qualitative Bestimmung; ist
in dieser seiner Aeußerlichkeit in sich zurückgekehrt, ist in
derselben, das was es ist.
Das mathematische Unendliche
ist eines Theils interessant durch die Erweiterung der Mathematik und
die großen Resultate, welche seine Einführung in dieselbe
hervorgebracht hat; andern Theils aber ist es dadurch merkwürdig, daß
es dieser Wissenschaft noch nicht gelungen ist, sich über den Gebrauch
desselben durch den Begriff (Begriff im eigentlichen Sinne genommen) zu
rechtfertigen. Die Rechtfertigungen beruhen am Ende auf der Richtigkeit der mit Hülfe jener Bestimmung sich ergebenden Resultate, welche aus sonstigen Gründen erwiesen
ist; nicht aber auf der Klarheit des Gegenstandes und der Operation,
durch welche die Resultate herausgebracht werden, sogar daß die
Operation vielmehr selbst als unrichtig zugegeben wird.
Dieß
ist schon ein Mißstand an und für sich; ein solches Verfahren ist
unwissenschaftlich. Es führt aber auch den Nachtheil mit sich, daß die
Mathematik, indem sie die Natur dieses ihres Instruments nicht kennt,
weil sie mit der Metaphysik und Kritik desselben nicht fertig ist, den
Umfang seiner Anwendung nicht bestimmen, und von Misbräuchen desselben
sich nicht sichern konnte.
In
philosophischer Rücksicht aber ist das mathematische Unendliche darum
wichtig, weil ihm in der That der Begriff des wahrhaften Unendlichen zu
Grunde liegt und es viel höher steht, als das gewöhnlich sogenannte metaphysische Unendliche,
von dem aus die Einwürfe gegen ersteres gemacht werden. Gegen diese
Einwürfe weiß sich die Wissenschaft der Mathematik häufig nur dadurch
zu retten, daß sie die Kompetenz der
Metaphysik verwirft, indem sie behauptet, mit dieser Wissenschaft
nichts zu schaffen und sich um deren Begriffe nicht zu bekümmern zu
haben, wenn sie nur auf ihrem eigenen Boden konsequent verfahre. Sie
habe nicht zu betrachten, was an sich, sondern was auf ihrem Felde das
Wahre sey. Die Metaphysik weiß die glänzenden Resultate des Gebrauchs
des mathematischen Unendlichen bei ihrem Widerspruche gegen dasselbe
nicht zu läugnen oder umzustoßen, und die Mathematik weiß mit der
Metaphysik ihres eigenen Begriffs und daher auch mit der Ableitung der
Verfahrensweisen, die der Gebrauch des Unendlichen nöthig macht, nicht
ins Reine zu kommen.
Wenn es die einzige Schwierigkeit des Begriffs
überhaupt wäre, von der die Mathematik gedrückt würde, so könnte sie
diesen ohne Umstände auf der Seite liegen lassen, insofern nämlich der
Begriff mehr ist, als nur die Angabe der wesentlichen Bestimmtheiten,
d. i. der Verstandesbestimmungen einer Sache, und an der Schärfe
dieser Bestimmtheiten hat sie es nicht fehlen lassen; denn sie ist
nicht eine Wissenschaft, die es mit den Begriffen ihrer Gegenstände zu
thun, und durch die Entwickelung des Begriffs, wenn auch nur durch
Raisonnement, ihren Inhalt zu erzeugen hätte. Allein bei der Methode
ihres Unendlichen findet sie den Hauptwiderspruch an der eigenthümlichen Methode
selbst, auf welcher sie überhaupt als Wissenschaft beruht. Denn die
Rechnung des Unendlichen erlaubt und erfordert Verfahrungsweisen,
welche die Mathematik bei Operationen mit endlichen Größen durchaus
verwerfen muß, und zugleich behandelt sie ihre unendlichen Größen, wie
endliche Quanta, und will auf jene dieselben Verfahrungsweisen
anwenden, welche bei diesen gelten; es ist eine Hauptseite der
Ausbildung dieser Wissenschaft, für die transcendenten Bestimmungen und deren Behandlung, die Form des gewöhnlichen Kalkuls gewonnen zu haben.
Die Mathematik zeigt bei diesem Widerstreite ihrer Operationen,
daß Resultate, die sie dadurch findet, ganz mit denen übereinstimmen,
welche durch die eigentlich mathematische, die geometrische und
analytische, Methode gefunden werden. Aber Theils betrifft dieß
nicht alle Resultate, und der Zweck der Einführung des Unendlichen ist
nicht allein, den gewöhnlichen Weg abzukürzen, sondern zu Resultaten zu
gelangen, die durch diesen nicht geleistet werden können. Theils rechtfertigt der Erfolg die Manier des Wegs nicht für sich. Diese Manier aber der Rechnung des Unendlichen zeigt sich durch den Schein der Ungenauigkeit
gedrückt, den sie sich giebt, indem sie endliche Größen um eine
unendlich kleine Größe das eine Mal vermehrt, diese in der fernern
Operation zum Theil beibehält, aber einen Theil derselben auch
vernachlässigt. Dieß Verfahren enthält die Sonderbarkeit, daß der
eingestandenen Ungenauigkeit unerachtet, ein Resultat herauskommt, das
nicht nur ziemlich und so nahe, daß der Unterschied außer Acht gelassen werden könnte, sondern vollkommen genau ist. In der Operation selbst aber, die dem Resultate vorher geht, kann die Vorstellung nicht entbehrt werden, daß Einiges nicht gleich Null, aber so unbeträchtlich
sey, um außer Acht gelassen werden zu können. Allein bei dem, was unter
mathematischer Bestimmtheit zu verstehen ist, fällt aller Unterschied
einer größern oder geringern Genauigkeit gänzlich hinweg, wie in der
Philosophie nicht von größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit,
sondern von der Wahrheit allein die Rede seyn kann. Wenn die Methode
und der Gebrauch des Unendlichen durch den Erfolg gerechtfertigt wird,
so ist es nicht so überflüssig dessen ungeachtet die Rechtfertigung
derselben zu fordern, als es bei der Nase überflüssig scheint, nach dem
Erweise des Rechts, sich ihrer zu bedienen, zu fragen. Denn es ist bei
der mathematischen als einer wissenschaftlichen Erkenntniß wesentlich
um den Beweis zu thun, und auch in Ansehung der Resultate ist es der
Fall, daß die streng mathematische Methode nicht zu allen den Beleg des Erfolgs liefert, der aber ohnehin nur ein äußerlicher Beleg ist.
Es
ist der Mühe werth, den mathematischen Begriff des Unendlichen und die
merkwürdigsten Versuche näher zu betrachten, welche die Absicht haben,
den Gebrauch desselben zu rechtfertigen und die Schwierigkeit, von der
sich die Methode gedrückt fühlt, zu beseitigen. Die Betrachtung dieser
Rechtfertigungen und Bestimmungen des mathematischen Unendlichen,
welche ich in dieser Anmerkung weitläufiger anstellen will, wird
zugleich das beste Licht auf die Natur des wahren Begriffes selbst
werfen, und zeigen, wie er ihnen vorgeschwebt und zu Grunde gelegen hat.
Die gewöhnliche Bestimmung des mathematischen Unendlichen ist, daß es eine Größe sey, über welche es,- wenn sie als das Unendlichgroße - keine größere oder, - wenn sie als das Unendlichkleine bestimmt ist - kleinere mehr gebe,
oder die, in jenem Falle, größer, in diesem Falle kleiner sey, als jede
beliebige Größe. - In dieser Definition ist freilich der wahre Begriff
nicht ausgedrückt, vielmehr nur, wie schon bemerkt, derselbe
Widerspruch, der im unendlichen Progresse ist; aber sehen wir, was an sich
darin enthalten ist. Eine Größe wird in der Mathematik definirt, daß
sie etwas sey, das vermehrt und vermindert werden könne; überhaupt also
eine gleichgültige Grenze. Indem nun das Unendlich Große oder Kleine
ein solches ist, das nicht mehr vermehrt oder vermindert werden könne,
so ist es in der That kein Quantum als solches mehr.
Diese
Konsequenz ist nothwendig und unmittelbar. Aber die Reflexion, daß das
Quantum, - und ich nenne in dieser Anmerkung Quantum überhaupt, wie es
ist, das endliche Quantum, - aufgehoben ist, ist es, welche nicht
gemacht zu werden pflegt und die für das gewöhnliche Begreifen die
Schwierigkeit ausmacht, indem das Quantum, indem es unendlich ist, als
ein Aufgehobenes, als ein solches zu denken gefordert wird, das nicht ein Quantum ist, und dessen quantitative Bestimmtheit doch bleibt.
Um das anzuführen, wie Kant jene Bestimmung beurtheilt, so findet er sie nicht übereinstimmend mit dem, was man unter einem unendlichen Ganzen verstehe. "Nach dem gewöhnlichen Begriffe sey eine Größe unendlich, über die keine größere (d. i. über die darin enthaltene Menge
einer gegebenen Einheit) möglich ist; es sey aber keine Menge die
größte, weil noch immer eine oder mehrere Einheiten hinzugefügt werden
können. - Durch ein unendliches Ganzes dagegen werde nicht vorgestellt,
wie groß es sey, mithin sey sein Begriff nicht der Begriff eines Maximums (oder Minimums), sondern es werde dadurch nur sein Verhältniß zu einer beliebig anzunehmenden Einheit
gedacht, in Ansehung deren dasselbe größer ist, als alle Zahl. Je
nachdem diese Einheit größer oder kleiner angenommen würde, würde das
Unendliche größer oder kleiner seyn; allein die Unendlichkeit, da sie
bloß in dem Verhältnisse zu dieser gegebenen Einheit bestehe,
würde immer dieselbe bleiben, obgleich Freilich die absolute Größe des
Ganzen dadurch gar nicht erkannt würde."
Kant tadelt es, wenn unendliche Ganze als ein Maximum, als eine vollendete
Menge einer gegebenen Einheit angesehen werden. Das Maximum oder
Minimum als solches erscheint noch immer als ein Quantum, eine Menge.
Solche Vorstellung kann die von Kant angeführte Konsequenz nicht
ablehnen, die auf ein größeres oder kleineres Unendliches führt.
Ueberhaupt indem das Unendliche als Quantum vorgestellt wird, gilt noch
für dasselbe der Unterschied eines Größern oder Kleinern. Allein diese
Kritik trifft nicht den Begriff des wahrhaften mathematischen Unendlichen, der unendlichen Differenz, denn diese ist kein endliches Quantum mehr.
Kants Begriff der Unendlichkeit dagegen, den er den wahren transcendentalen nennt, ist, "daß die successive Synthesis der Einheit in Durchmessung eines Quantums niemals vollendet seyn könne." Es ist ein Quantum überhaupt als gegeben vorausgesetzt; dieß solle durch das Synthesiren der Einheit
zu einer Anzahl, einem bestimmt anzugebenden Quantum gemacht werden,
aber dieß Synthesiren niemals vollendet werden können. Hiermit ist wie
erhellt, nichts als der Progreß ins Unendliche ausgesprochen, nur transcendental,
d. i. eigentlich subjektiv und psychologisch vorgestellt. An sich soll
zwar das Quantum vollendet seyn, aber transcendentaler Weise, nämlich
im Subjekte, welches ihm ein Verhältniß zu einer Einheit
giebt, entstehe nur eine solche Bestimmung des Quantums, die
unvollendet und schlechthin mit einem Jenseits behaftet sey. Es wird
also hier überhaupt beim Widerspruche, den die Größe enthält, stehen
geblieben, aber vertheilt an das Objekt und das Subjekt, so daß jenem
die Begrenztheit, diesem aber das Hinausgehen über jede von ihm
aufgefaßte Bestimmtheit, in das schlechte Unendliche zukommt.
Es
ist dagegen vorhin gesagt worden, daß die Bestimmung des mathematischen
Unendlichen und zwar wie es in der höhern Analysis gebraucht wird, dem
Begriffe des wahrhaften Unendlichen entspricht; die Zusammenstellung
beider Bestimmungen soll nun in ausführlicher Entwickelung vorgenommen
werden. - Was zuerst das wahrhafte unendliche Quantum betrifft, so
bestimmte es sich als an ihm selbst unendlich; es ist dieß,
indem, wie sich ergeben hat, das endliche Quantum oder das Quantum
überhaupt, und sein Jenseits, das schlechte Unendliche, auf gleiche Weise
aufgehoben sind. Das aufgehobene Quantum ist damit in die Einfachheit
und in die Beziehung auf sich selbst zurückgegangen, aber nicht nur wie
das extensive, indem es in intensives Quantum überging, das seine Bestimmtheit nur an sich
an einer äußern Vielfachheit hat, gegen die es jedoch gleichgültig und
wovon es verschieden seyn soll. Das unendliche Quantum enthält vielmehr
erstens die Aeußerlichkeit und zweitens die Negation derselben an ihm
selbst; so ist es nicht mehr irgend ein endliches Quantum, nicht eine
Größebestimmtheit, die ein Daseyn als Quantum hätte, sondern es ist einfach, und daher nur als Moment; es ist eine Größebestimmtheit in qualitativer Form; seine Unendlichkeit ist, als eine qualitative Bestimmtheit
zu seyn.- So als Moment ist es in wesentlicher Einheit mit seinem
Andern, nur als bestimmt durch dieses sein Anderes, d. i. es hat nur
Bedeutung in Beziehung auf ein im Verhältniß mit ihm Stehendes. Außer diesem Verhältnisse ist es Null; - da gerade das Quantum als solches gegen das Verhältniß gleichgültig, in ihm doch eine unmittelbare ruhende Bestimmung seyn soll. In dem Verhältnisse als nur Moment ist es nicht ein für sich Gleichgültiges; es ist, in der Unendlichkeit als Fürsichseyn, indem es zugleich eine quantitative Bestimmtheit ist, nur als ein Für-Eines.
Der
Begriff des Unendlichen, wie er sich hier abstrakt exponirt hat, wird
sich zeigen, dem mathematischen Unendlichen zu Grunde liegen, und er
selbst wird deutlicher werden, indem wir die verschiedenen Stufen des
Ausdrucks des Quantums als eines Verhältniß-Moments betrachten,
von der untersten an, wo es noch zugleich Quantum als solches ist, bis
zu der höhern, wo es die Bedeutung und den Ausdruck eigentlicher
unendlicher Größe erhält.
Nehmen wir also zuerst das Quantum in dem Verhältnisse, wie es eine gebrochene Zahl
ist. Solcher Bruch 2/7 z. B. ist nicht ein Quantum wie 1, 2, 3 u.s.f.,
zwar eine gewöhnliche endliche Zahl, jedoch nicht eine unmittelbare,
wie die ganzen Zahlen, sondern als Bruch mittelbar bestimmt durch zwei andere Zahlen,
die Anzahl und Einheit gegeneinander sind, wobei auch die Einheit eine
bestimmte Anzahl ist. Aber von dieser nähern Bestimmung derselben
gegeneinander abstrahirt, und sie bloß nach dem, was ihnen in der
qualitativen Beziehung, in der sie hier sind, als Quantis widerfährt,
betrachtet, so sind 2 und 7 sonst gleichgültige Quanta; indem sie aber
hier nur als Momente, eines des andern, und damit eines Dritten
(des Quantums, das der Exponent heißt) auftreten, so gelten sie
sogleich nicht als 2 und 7, sondern nur nach ihrer Bestimmtheit gegeneinander.
Statt ihrer kann darum eben so gut 4 und 14, oder 6 und 21 u.s.f. ins
Unendliche gesetzt werden. Hiermit fangen sie also an, einen
qualitativen Charakter zu haben. Gälten sie als bloße Quanta, so ist 2
und 7, schlechthin das eine nur 2, das andere nur 7; 4, 14, 6, 21
u.s.f. sind schlechthin etwas Anderes als jene Zahlen, und können
insofern sie nur unmittelbare Quanta wären, die einen nicht an die
Stelle der anderen gesetzt werden. Insofern aber und nicht nach der
Bestimmtheit, solche Quanta zu seyn, gelten, so ist ihre gleichgültige
Grenze aufgehoben; sie haben somit, nach dieser Seite, das Moment der
Unendlichkeit an ihnen, indem sie nicht bloß eben nicht mehr sie sind,
sondern ihre quantitative Bestimmtheit, aber als eine an sich seyende
qualitative, - nämlich nach dem, was sie im Verhältnisse gelten, -
bleibt. Es können unendlich viele andere an ihre Stelle gesetzt werden,
so daß der Werth des Bruches durch, die Bestimmtheit, welche das
Verhältniß hat, sich nicht ändert.
Die
Darstellung, welche die Unendlichkeit an einem Zahlenbruche hat, ist
aber darum noch unvollkommen, weil die beiden Seiten des Bruchs, 2 und
7, aus dem Verhältnisse genommen werden können, und gewöhnliche
gleichgültige Quanta sind; die Beziehung derselben, im Verhältnisse und
Momente zu seyn, ist ihnen etwas Aeußerliches und Gleichgültiges.
Ebenso ist ihre Beziehung selbst ein gewöhnliches Quantum, der Exponent des Verhältnisses.
Die Buchstaben,
mit denen in der allgemeinen Arithmetik operirt wird, die nächste
Allgemeinheit, in welche die Zahlen erhoben werden, haben die
Eigenschaft nicht, daß sie von einem bestimmten Zahlenwerth sind; sie
sind nur allgemeine Zeichen und unbestimmte Möglichkeiten jedes
bestimmten Werthes. Der Bruch a/b scheint daher ein passenderer
Ausdruck des Unendlichen zu seyn, weil a und b aus ihrer Beziehung
aufeinander genommen, unbestimmt bleiben, und auch getrennt keinen
besonderen eigenthümlichen Werth haben. - Allein diese Buchstaben sind
zwar als unbestimmte Größen gesetzt; ihr Sinn aber ist, daß sie irgend
ein endliches Quantum seyen. Da sie also zwar die allgemeine
Vorstellung, aber nur von der bestimmten Zahl sind, so ist es ihnen ebenfalls gleichgültig, im Verhältnisse zu seyn, und außer demselben behalten sie diesen Werth.
Betrachten wir noch näher, was im Verhältnisse vorhanden ist, so hat es die beiden Bestimmungen an ihm, erstlich ein Quantum zu seyn, dieses aber ist zweitens
nicht als ein unmittelbares, sondern das den qualitativen Gegensatz an
ihm hat; es bleibt in demselben zugleich jenes bestimmte, gleichgültige
Quantum dadurch, daß es aus seinem Andersseyn, dem Gegensatze, in sich
zurückgekehrt, somit auch ein Unendliches ist. Diese beiden
Bestimmungen stellen sich in der folgenden bekannten Form, in ihrem
Unterschiede von einander entwickelt dar.
Der Bruch 2/7 kann ausgedrückt werden als 0,285714...als 1 + a + a[hoch2] + a[hoch3] u.s.f. So ist er als eine unendliche Reihe; der Bruch selbst heißt die Summe oder der endliche Ausdruck
derselben. Vergleichen wir die beiden Ausdrücke, so stellt der eine,
die unendliche Reihe, ihn nicht mehr als Verhältniß, sondern nach der
Seite dar, daß er ein Quantum ist als eine Menge von solchen, die zu einander hinzukommen, als eine Anzahl. - Daß die Größen, die ihn
als Anzahl ausmachen sollen, wieder aus Decimalbrüchen, also selbst aus
Verhältnissen bestehen, darauf kommt es hier nicht an; denn dieser
Umstand betrifft die besondere Art der Einheit dieser Größen, nicht sie, insofern sie die Anzahl constituiren; wie auch eine aus mehreren Ziffern bestehende ganze Zahl des Decimalsystems wesentlich als eine Anzahl gilt, und nicht darauf gesehen wird, daß sie aus Produkten
einer Zahl und der Zahl Zehen und deren Potenzen besteht. So wie es
hier auch nicht darauf ankommt, daß es andere Brüche giebt als der z.
B. genommene 2/7, die zu Dezimalbrüchen gemacht, nicht eine unendliche
Reihe geben; jeder aber kann für ein Zahlensystem von anderer Einheit
als eine solche ausgedrückt werden.
Indem
nun in der unendlichen Reihe, die den Bruch als Anzahl darstellen soll,
die Seite, daß er Verhältniß ist, verschwindet, so verschwindet auch
die Seite, nach welcher er, wie vorhin gezeigt, die Unendlichkeit an ihm hatte. Diese aber ist auf eine andere Weise hereingekommen; die Reihe ist nämlich selbst unendlich.
Von
welcher Art nun die Unendlichkeit der Reihe sey, erhellt von selbst; es
ist die schlechte Unendlichkeit des Progresses. Die Reihe enthält und
stellt den Widerspruch dar, etwas, das ein Verhältniß ist und qualitative Natur in ihm hat, als ein Verhältnißloses, als ein bloßes Quantum,
als Anzahl, darzustellen. Die Folge davon ist, daß an der Anzahl, die
in der Reihe ausgedrückt ist, immer etwas fehlt, so daß über das, was
gesetzt ist, immer hinausgegangen werden muß, um die geforderte
Bestimmtheit zu erreichen. Das Gesetz des Fortgangs ist bekannt, es
liegt in der Bestimmung des Quantums, die im Bruche enthalten ist, und
in der Natur der Form, in der sie ausgedrückt werden soll. Die Anzahl
kann wohl durch Fortsetzung der Reihe so genau gemacht werden, als man nöthig hat; aber immer bleibt die Darstellung durch sie nur ein Sollen; sie ist mit einem Jenseits behaftet, das nicht aufgehoben werden kann, weil ein auf qualitativer Bestimmtheit beruhendes als Anzahl auszudrücken der bleibende Widerspruch ist.
In dieser unendlichen Reihe ist jene Ungenauigkeit wirklich vorhanden, von der am wahrhaften mathematischen Unendlichen nur der Schein vorkommt. Diese beiden Arten des mathematischen Unendlichen
sind so wenig zu verwechseln, als die beiden Arten des philosophischen
Unendlichen. Bei der Darstellung des wahrhaften mathematischen
Unendlichen ist anfangs die Form der Reihe gebraucht oder auch
neuerlich wieder hervorgerufen worden. Aber sie ist für dasselbe nicht
nothwendig; im Gegentheil ist das Unendliche der unendlichen Reihe
wesentlich von jenem unterschieden, wie die Folge zeigen soll. Diese
vielmehr steht sogar dem Ausdrucke des Bruches nach.
Die unendliche Reihe enthält nämlich die schlechte Unendlichkeit, weil das, was die Reihe ausdrücken soll, ein Sollen bleibt; und was sie ausdrückt, mit einem Jenseits, das nicht verschwindet, behaftet und verschieden
von dem ist, was ausgedrückt werden soll. Sie ist unendlich nicht um
der Glieder willen, die gesetzt sind, sondern darum, weil sie
unvollständig sind, weil das Andere, das zu ihnen wesentlich gehört,
jenseits ihrer ist; was in ihr da ist, der gesetzten Glieder mögen so
viele seyn als wollen, ist nur ein Endliches, im eigentlichen Sinne,
gesetzt als Endliches, d. i. als solches, das nicht ist, was es seyn soll. Dagegen ist aber das, was der endliche Ausdruck, oder die Summe
solcher Reihe genannt wird, ohne Mangel; er enthält den Werth, den die
Reihe nur sucht, vollständig; das Jenseits ist aus der Flucht
zurückgerufen; was er ist, und was er seyn soll, ist nicht getrennt,
sondern ist dasselbe.
Das beide Unterscheidende liegt näher sogleich darin, daß in der unendlichen Reihe das Negative außerhalb ihrer Glieder ist, welche Gegenwart haben, indem sie nur als Theile der Anzahl gelten. In dem endlichen Ausdrucke dagegen, der ein Verhältniß ist, ist das Negative
immanent, als das Bestimmtseyn der Seiten des Verhältnisses
durcheinander, welches ein in sich Zurückgekehrtseyn, sich auf sich
beziehende Einheit, als Negation der Negation (beide Seiten des Verhältnisses sind nur als Momente), ist, hiermit die Bestimmung der Unendlichkeit in sich hat. - Zu der That ist also die gewöhnlich sogenannte Summe, das 2/7 oder 1/1-a', ein Verhältniß; und dieser sogenannte endliche Ausdruck ist der wahrhaft unendliche Ausdruck. Die unendliche Reihe dagegen ist in Wahrheit Summe;
ihr Zweck ist, das was an sich Verhältniß ist, in der Form einer Summe
darzustellen, und die vorhandenen Glieder der Reihe sind nicht als
Glieder eines Verhältnisses, sondern eines Aggregats. Sie ist ferner
vielmehr der endliche Ausdruck; denn sie ist das unvollkommene
Aggregat, und bleibt wesentlich ein Mangelhaftes. Sie ist nach dem, was
in ihr da ist, ein bestimmtes Quantum, zugleich aber ein geringeres,
als sie seyn soll; alsdann auch das, was ihr fehlt, ist ein bestimmtes
Quantum; dieser fehlende Theil ist in der That das, was das Unendliche
an der Reihe heißt, nach der nur formellen Seite, daß er ein Fehlendes,
ein Nichtseyn ist; nach seinem Inhalte ist er ein endliches
Quantum. Das was in der Reihe da ist, zusammen mit dem was ihr fehlt,
macht erst das aus, was der Bruch ist, das bestimmte Quantum, das sie
gleichfalls seyn soll, aber zu seyn nicht vermag. - Das Wort: Unendlich,
pflegt, auch in der unendlichen Reihe, in der Meinung etwas Hohes und
Hehres zu seyn; es ist dieß eine Art von Aberglauben, der Aberglaube
des Verstands; man hat gesehen, wie es sich vielmehr auf die Bestimmung
der Mangelhaftigkeit reducirt.
Daß es, kann noch bemerkt werden, unendliche Reihen
giebt, die nicht summirbar sind, ist in Bezug auf die Form von Reihe
überhaupt ein äußerlicher und zufälliger Umstand. Sie enthalten eine
höhere Art der Unendlichkeit, als die summirbaren; nämlich eine
Incommensurabilität, oder die Unmöglichkeit, das darin enthaltene
quantitative Verhältniß als ein Quantum, sey es auch als Bruch,
darzustellen; die Form der Reihe aber als solche, die sie haben, enthält dieselbe Bestimmung der schlechten Unendlichkeit, welche in der summirbaren Reihe ist.
Die so eben am Bruche und an seiner Reihe bemerkte Verkehrung in Ansehung des Ausdrucks findet auch Statt, insofern das mathematische Unendliche nämlich nicht das so eben genannte sondern das wahrhafte, das relative Unendliche, - das gewöhnliche metaphysische dagegen, worunter das abstrakte, schlechte Unendliche verstanden wird, das absolute
genannt worden ist. In der That ist vielmehr dieses metaphysische nur
das relative, weil die Negation, die es ausdrückt, nur so im Gegensatze
einer Grenze ist, daß diese außer ihm bestehen bleibt, und von
ihm nicht aufgehoben wird; das mathematische Unendliche hingegen hat
die endliche Grenze wahrhaft in sich aufgehoben, weil das Jenseits
derselben mit ihr vereinigt ist.
In
dem Sinne, in welchem aufgezeigt worden, daß die sogenannte Summe oder
der endliche Ausdruck einer unendlichen Reihe, vielmehr als der
unendliche anzusehen ist, ist es vornehmlich, daß Spinoza den
Begriff der wahren Unendlichkeit gegen den der schlechten aufstellt und
durch Beispiele erläutert. Sein Begriff gewinnt am neisten Licht, indem
ich das, was er hierüber sagt, an diese Entwickelung anschließe.
Er definirt zunächst das Unendliche als die absolute Affirmation der Existenz irgend einer Natur, das Endliche im Gegentheil als Bestimmtheit, als Verneinung. Die absolute Affirmation einer Existenz ist nämlich als ihre Beziehung auf sich selbst zu nehmen, nicht dadurch zu seyn, daß ein Anderes ist; das Endliche hingegen ist die Verneinung, ein Aufhören als Beziehung auf ein Anderes, das außer
ihm anfängt. Die absolute Affirmation einer Existenz erschöpft nun zwar
den Begriff der Unendlichkeit nicht; dieser enthält, daß die
Unendlichkeit Affirmation ist, nicht als unmittelbare, sondern nur als
wiederhergestellte durch die Reflexion des Anderen in sich selbst, oder
als Negation des Negativen. Aber bei Spinoza hat die Substanz und deren
absolute Einheit die Form von unbewegter d. i. nicht sich mit sich
selbst vermittelnder Einheit, von einer Starrheit, worin der Begriff
der negativen Einheit des Selbst, die Subjektivität, sich noch nicht
findet.
Das
mathematische Beispiel, womit er das wahre Unendliche (Epist. XXIX.)
erläutert, ist ein Raum zwischen zwei ungleichen Kreisen, deren einer
innerhalb des andern, ohne ihn zu berühren, fällt, und die nicht
koncentrisch sind. Er machte, wie es scheint, sich viel aus dieser
Figur und dem Begriffe als deren Beispiel er sie gebrauchte, daß er sie
zum Motto seiner Ethik machte. - "Die Mathematiker, sagt er, schließen,
daß die Ungleichheiten, die in einem solchen Raume möglich sind,
unendlich sind, nicht aus der unendlichen Menge der Theile, denn seine Größe ist bestimmt und begrenzt, und ich kann größere und kleinere solche Räume setzen, sondern weil die Natur der Sache
jede Bestimmtheit übertrift." - Man sieht, Spinoza verwirftjene
Vorstellung vom Unendlichen, nach welcher es als Menge oder als Reihe
vorgestellt wird, die nicht vollendet ist, und erinnert, daß hier an
dem Raume des Beispiels das Unendliche nichtjenseits, sondern
gegenwärtig und vollständig ist; dieser Raum ist ein Begrenztes, aber
darum ein Unendliches, "weil die Natur der Sache jede Bestimmtheit
übersteigt," weil die darin enthaltene Größenbestimmung zugleich nicht
als ein Quantum darstellbar ist, oder nach obigem kantischen Ausdruck
das Synthesiren nicht zu einem - diskreten - Quantum vollendet werden kann. - Wie überhaupt der Gegensatz von kontinuirlichem und diskretem
Quantum auf das Unendliche führt, soll in einer spätern Anmerkung
auseinander gesetzt werden. - Jenes Unendliche einer Reihe nennt
Spinoza das Unendliche der Imagination; das Unendliche hingegen als Beziehung auf sich selbst, das Unendliche des Denkens oder
infinitum actu
. Es ist nämlich
actu
, es ist wirklich
unendlich, weil es in sich vollendet und gegenwärtig ist. So ist die
Reihe, 0,285714... oder 1 + a + a[hoch 2] + a[hoch 3] ... das
Unendliche bloß der Einbildung oder des Meinens; denn es hat keine
Wirklichkeit, es fehlt ihm schlechthin etwas; hingegen 2/7 oder 1/1-a
ist das wirklich, nicht nur was die Reihe in ihren vorhandenen Gliedern ist, sondern noch das dazu, was ihr mangelt, was sie nur seyn soll.
Das 2/7 oder 1/1-a ist gleichfalls eine endliche Größe, wie der
zwischen den zwei Kreisen eingeschlossene Raum Spinoza's und dessen
Ungleichheiten; und kann wie dieser Raum größer oder kleiner gemacht
werden. Aber es kommt damit nicht die Ungereimtheit eines größern oder
kleinern Unendlichen heraus; denn dieß Quantum des Ganzen, geht das
Verhältniß seiner Momente, die Natur der Sache d. h. die qualitative Größenbestimmung, nichts an; das was in der unendlichen Reihe da ist, ist ebenso ein endliches Quantum, aber außerdem noch ein Mangelhaftes. - Die Einbildung
dagegen bleibt beim Quantum als solchem stehen, und reflektirt nicht
auf die qualitative Beziehung, welche den Grund der vorhandenen
Inkommensurabilität ausmacht.
Die
Inkommensurabilität, welche in dem Beispiel Spinoza's liegt, schließt
überhaupt die Funktionen krummer Linien in sich, und führt näher auf
das Unendliche, das die Mathematik bei solchen Funktionen, überhaupt
bei den Funktionen veränderlicher Größen eingeführt hat, und
welches das wahrhafte mathematische, quantitative Unendliche ist, das
auch Spinoza sich dachte. Diese Bestimmung soll nun hier näher erörtert
werden.
Was vors erste die für so wichtig geltende Kategorie der Veränderlichkeit
betrifft, unter welche die in jenen Funktionen bezogenen Größen gefaßt
werden, so sollen sie zunächst veränderlich nicht in dem Sinne seyn,
wie im Bruche 2/7 die beiden Zahlen 2 und 7, indem eben so sehr 4 und
14, 6 und 21 und so fort ins Unendliche andere Zahlen an ihre Stelle
gesetzt werden können, ohne den im Bruche gesetzten Werth zu ändern. So
kann noch mehr in a/b an die Stelle von a und b jede beliebige Zahl
gesetzt werden, ohne das zu ändern was a/b ausdrücken soll. In dem
Sinne nur, daß auch an die Stelle von x und y einer Funktion eine
unendliche d. h. unerschöpfliche Menge von Zahlen gesetzt werden könne, sind a und b so sehr veränderliche Größe als jene, x und y. Der Ausdruck: veränderliche Größen, ist darum sehr vage, und unglücklich gewählt für Größebestimmungen, die ihr Interesse und Behandlungsart in etwas in etwas ganz Anderem liegen haben, als in ihrer bloßen Veränderlichkeit.
Um
es deutlich zu machen, worin die wahrhafte Bestimmung der Momente einer
Funktion liegt, mit denen sich das Interesse der höhern Analysis
beschäftigt, müssen wir die bemerklich gemachten Stufen noch einmal
durchlaufen. In 2/7 oder a/b sind 2 und 7 jedes für sich, bestimmte
Quanta und die Beziehung ist ihnen nicht wesentlich; a und b soll
gleichfalls solche Quanta vorstellen, die auch außer dem Verhältnisse
bleiben, was sie sind. Ferner ist auch 2/7 und a/b ein fixes Quantum,
ein Quotient; das Verhältniß macht eine Anzahl aus, deren Einheit der
Nenner, und die Anzahl dieser Einheiten der Zähler - oder umgekehrt
ausdrückt; wenn auch 4 und 14 u.s.f. an die Stelle von 2 und 7 treten,
bleibt das Verhältniß auch als Quantum dasselbe. Dieß verändert sich
nun aber wesentlich in der Funktion y[hoch 2]/x = p z. B.; hier haben x
und y zwar den Sinn, bestimmte Quanta seyn zu können; aber nicht x und
y, sondern nur x und y[hoch 2] haben einen bestimmten Quotienten.
Dadurch sind diese Seiten des Verhältnisses, x und y, erstens nicht nur keine bestimmten Quanta, sondern zweitens ihr Verhältniß ist nicht ein fixes Quantum, (noch ist dabei ein solches wie bei a und b gemeint), nicht ein fester Quotient, sondern er ist als Quantum schlechthin veränderlich. Dieß aber ist allein darin enthalten, daß x nicht zu y ein Verhältniß hat, sondern zum Quadrate von y. Das Verhältniß einer Größe zur Potenz ist nicht ein Quantum, sondern wesentlich qualitatives Verhältniß; das Potenzenverhältniß ist der Umstand, der als Grundbestimmung
anzusehen ist. - In der Function der geraden Linie y = a x aber, ist
x/y = a ein gewöhnlicher Bruch und Quotient; diese Funktion ist daher
nur formell eine Funktion von veränderlichen Größen, oder x und
y sind hier was a und b in a/b, sie sind nicht in derjenigen
Bestimmung, in welcher die Differential- und Integralrechnung sie
betrachtet. - Wegen der besondern Natur der veränderlichen
Größen in dieser Betrachtungsweise, wäre es zweckmäßig gewesen, für sie
sowohl einen besonderen Namen, als andere Bezeichnungen einzuführen, als die gewöhnlichen der unbekannten Größen
in jeder endlichen, bestimmten oder unbestimmten Gleichung; um ihrer
wesentlichen Verschiedenheit willen von solchen bloß unbekannten
Größen, die an sich vollkommen bestimmte Quanta, oder ein bestimmter
Umfang von bestimmten Quantis sind. - Es ist auch nur der Mangel des
Bewußtseyns, über die Eigenthümlichkeit dessen, was das Interesse der
höheren Analysis ausmacht und das Bedürfniß und die Erfindung des
Differential-Kalkuls herbeigeführt hat, daß Funktionen des ersten
Grades wie die Gleichung der geraden Linie in die Behandlung dieses
Kalkuls für sich mit hereingenommen werden; seinen Antheil an solchem
Formalismus hat ferner der Mißverstand, der die an sich richtige
Forderung der Verallgemeinerung einer Methode dadurch zu erfüllen meint, daß die specifische Bestimmtheit, auf
die sich das Bedürfniß gründet, weggelassen wird, daß es dafür gilt, als ob es sich in diesem Felde nur um veränderliche Größen überhaupt
handle. Es wäre wohl viel Formalismus in den Betrachtungen dieser
Gegenstände wie in der Behandlung erspart worden, wenn man eingesehen
hätte, daß derselbe nicht veränderliche Größen als solche, sondern Potenzenbestimmungen betreffe.
Aber
es ist noch eine weitere Stufe, auf der das mathematische Unendliche in
seiner Eigenthümlichkeit hervortritt. In einer Gleichung, worin x und y
zunächst als durch ein Potenzenverhältniß bestimmt, gesetzt sind,
sollen x und y als solche noch Quanta bedeuten; diese Bedeutung nun
geht vollends in den sogenannten unendlich kleinen Differenzen
gänzlich verloren. d x, d y sind keine Quanta mehr, noch sollen sie
solche bedeuten, sondern haben allein in ihrer Beziehung eine
Bedeutung, einen Sinn blos als Momente. Sie sind nicht mehr Etwas, das Etwas als Quantum genommen, nicht endliche Differenzen; aber auch nicht Nichts,
nicht die bestimmungslose Null. Außer ihrem Verhältnisse sind sie reine
Nullen, aber sie sollen nur als Momente des Verhältnisses, als Bestimmungen des Differential-Koefficienten d x/ d y genommen werden.
In
diesem Begriff des Unendlichen ist das Quantum wahrhaft zu einem
qualitativen Daseyn vollendet; es ist als wirklich unendlich gesetzt;
es ist nicht nur als dieses oder jenes Quantum aufgehoben, sondern als
Quantum überhaupt. Es bleibt aber die Quantitätsbestimmtheit als Element von Quantis, Princip, oder sie wie man auch gesagt hat, in ihrem ersten Begriffe.
Gegen
diesen Begriff ist aller Angriff gerichtet, der auf die Grundbestimmung
der Mathematik dieses Unendlichen, der Differential- und
Integralrechnung, gemacht worden ist. Unrichtige Vorstellungen der
Mathematiker selbst veranlaßten es, wenn er nicht anerkannt worden ist; vornehmlich aber ist die Unvermögenheit, den Gegenstand als Begriff
zu rechtfertigen, Schuld an diesen Anfechtungen. Den Begriff kann aber
die Mathematik, wie oben erinnert worden, hier nicht umgehen; denn als
Mathematik des Unendlichen schränkt sie sich nicht auf die endliche
Bestimmtheit ihrer Gegenstände ein, - wie in der reinen Mathematik der
Raum und die Zahl und deren Bestimmungen nur nach ihrer Endlichkeit
betrachtet und auf einander bezogen werden -; sondern sie versetzt eine
von daher aufgenommene und von ihr behandelte Bestimmung in Identität mit ihrer entgegengesetzten,
wie sie z. B. eine krumme Linie zu einer geraden, den Kreis zu einem
Polygon u.s.f. macht. Die Operationen, die sie sich als Differential-
und Integralrechnung erlaubt, sind daher der Natur bloß endlicher
Bestimmungen und deren Beziehungen gänzlich widersprechend und hätten
darum ihre Rechtfertigung allein in dem Begriff.
Wenn
die Mathematik des Unendlichen daran festhielt, daß jene
Quantitäts-Bestimmungen verschwindende Größen d. h. solche, die nicht
mehr irgend ein Quantum, aber auch nicht Nichts, sondern noch eine Bestimmtheit gegen Anderes sind, so schien nichts klarer, als daß es keinen solchen Mittelzustand,
wie man es nannte, zwischen Seyn und Nichts gebe. - Was es mit diesem
Einwurfe und sogenannten Mittelzustande auf sich habe, ist oben bereits
bei der Kategorie des Werdens, Anmerk. 4. gezeigt. Allerdings ist die
Einheit des Seyns und Nichts kein Zustand; ein Zustand wäre
eine Bestimmung des Seyns und Nichts, worein diese Momente nur etwa
zufälligerweise gleichsam als in eine Krankheit oder äußerliche
Affektion durch ein irrthümliches Denken gerathen sollten; sondern
diese Mitte und Einheit, das Verschwinden oder eben so das Werden, ist
vielmehr allein ihre Wahrheit.
Was unendlich sey, ist ferner gesagt worden, sey nicht vergleichbar als ein Größeres oder Kleineres; es könne daher
nicht ein Verhältniß von Unendlichen zu Unendlichen, noch Ordnungen
oder Dignitäten des Unendlichen geben, als welche Unterschiede der
unendlichen Differenzen in der Wissenschaft derselben vorkommen. - Es
liegt bei diesem schon erwähnten Einwurfe immer die Vorstellung zu
Grunde, daß hier von Quantis die Rede seyn solle, die als
Quanta verglichen werden; daß Bestimmungen, die keine Quanta mehr sind,
kein Verhältniß mehr zu einander haben. Vielmehr ist aber das, was nur
im Verhältniß ist, kein Quantum; das Quantum ist eine solche
Bestimmung, die außer ihrem Verhältniß ein vollkommen gleichgültiges
Daseyn haben, der ihr Unterschied von einem anderen gleichgültig seyn
soll, da hingegen das qualitative nur das ist, was es in seinem
Unterschiede von dnem Anderen ist. Jene unendlichen Größen sind daher
nicht nur vergleichbar, sondern sind nur als Momente der Vergleichung,
des Verhältnisses.
Ich
führe die wichtigsten Bestimmungen an, welche in der Mathematik über
dieß Unendliche gegeben worden sind; es wird daraus erhellen, daß
denselben der Gedanke der Sache, übereinstimmend mit dem hier
entwickelten Begriffe, zu Grunde liegt, daß ihre Urheber ihn aber als
Begriff nicht ergründeten und bei der Anwendung wieder Auskunftsmittel
nöthig hatten, welche ihrer besseren Sache widersprechen.
Der Gedanke kann nicht richtiger bestimmt werden, als Newton
ihn gegeben hat. Ich trenne dabei die Bestimmungen ab, die der
Vorstellung der Bewegung und der Geschwindigkeit angehören, (von
welcher er vornehmlich den Namen Fluxionen nahm), weil der
Gedanke hierin nicht in der gehörigen Abstraktion, sondern konkret,
vermischt mit außerwesentlichen Formen erscheint. Diese Fluxionen
erklärt Newton (Princ. mathem. phil. nat. L. 1. Lemma XI. Schol.)
dahin, daß er nicht untheilbare - eine Form, deren sich frühere Mathematiker, Cavalleri und andere, bedienten, und welche den Begriff eines an sich bestimmten Quantums enthält, - verstehe, sondern verschwindende Theilbare. Ferner nicht Summen und Verhältnisse bestimmter Theile, sondern die Grenzen (limites) der Summen, und Verhältnisse. Es werde die Einwendung gemacht, daß verschwindende Größen kein letztes Verhältniß
haben, weil es, ehe sie verschwunden, nicht das Letzte, und wenn sie
verschwunden, keines mehr ist. Aber unter dem Verhältnisse
verschwindender Größen sey das Verhältniß zu verstehen, nicht eh sie verschwinden, und nicht nachher, sondern mit dem sie verschwinden ( quacum evanescunt ). Eben so ist das erste Verhältniß werdender Größen, das mit dem sie werden.
Nach
dem damaligen Stande der wissenschaftlichen Methode wurde nur erklärt,
was unter einem Ausdrucke zu verstehen sey; daß aber dieß oder jenes
darunter zu verstehen sey, ist eigentlich eine subjektive Zumuthung
oder auch eine historische Forderung, wobei nicht gezeigt wird, daß ein
solcher Begriff an und für sich nothwendig ist und innere Wahrheit hat.
Allein das Angeführte zeigt, daß der von Newton aufgestellte Begriff
dem entspricht, wie die unendliche Größe sich in der obigen Darstellung
aus der Reflexion des Quantums in sich ergab. Es sind Größen
verstanden, in ihrem Verschwinden, d. h. die nicht mehr Quanta sind;
ferner nicht Verhältnisse bestimmter Theile, sondern die Grenzen des Verhältnisses.
Es sollen also sowohl die Quanta für sich, die Seiten des
Verhältnisses, als damit auch das Verhältniß, insofern es ein Quantum
wäre, verschwinden; die Grenze des Größen-Verhältnisses ist, worin es
ist und nicht ist; dieß heißt genauer, worin das Quantum verschwunden,
und damit das Verhältniß nur als qualitatives Quantitäts-Verhältniß,
und die Seiten desselben ebenso als qualitative Quantitäts-Momente
erhalten sind. - Newton fügt hinzu, daß daraus, daß es letzte
Verhältnisse der verschwindenden Größen gebe, nicht zu schließen sey,
daß es letzte Größen, Untheilbare, gebe. Dieß wäre
nämlich wieder ein Absprung von dem abstrakten Verhältnisse auf solche
Seiten desselben, welche für sich außer ihrer Beziehung einen Werth
haben sollten, als Untheilbare, als etwas, das ein Eins, ein
Verhältnißloses seyn würde.
Gegen jenen Mißverstand erinnert er noch, daß die letzten Verhältnisse nicht Verhältnisse letzter Größen seyen, sondern Grenzen, denen die Verhältnisse der ohne Grenze abnehmenden Größen näher sind als jeder gegebene d. h. endliche Unterschied, welche Grenze sie aber nicht überschreiten, so daß sie Nichts würden. - Unter letzten Größen
hätten nämlich, wie gesagt, Untheilbare oder Eins verstanden werden
können. In der Bestimmung des letzten Verhältnisses aber ist sowohl die
Vorstellung des gleichgültigen Eins, des verhältnißlosen, als auch des
endlichen Quantums entfernt. Es bedürfte aber weder des Abnehmens ohne Grenze,
in das Newton das Quantum versetzt und das nur den Progreß ins
Unendliche ausdrückt, noch der Bestimmung der Theilbarkeit, welche hier
keine unmittelbare Bedeutung mehr hat, wenn die geforderte Bestimmung
sich zum Begriffe einer Größebestimmung, die rein nur Moment des
Verhältnisses ist, fortgebildet hätte.
In Rücksicht der Erhaltung des Verhältnisses im Verschwinden der Quantorum findet sich (anderwärts, wie bei Carnot, Réflexions sur la Métaphysique du Calcul Infinitésimal .) der Ausdruck, daß vermöge des Gesetzes der Stätigkeit die verschwindenden Größen noch das Verhältniß, aus dem sie herkommen, ehe sie verschwinden, behalten. - Diese Vorstellung drückt
die wahre Natur der Sache aus, insofern nicht die Stätigkeit des
Quantums verstanden wird, die es im unendlichen Progreß hat, sich in
sein Verschwinden so zu kontinuiren, daß im Jenseits seiner wieder nur ein endliches Quantum, ein neues Glied der Reihe entsteht; ein stätiger Fortgang wird aber immer so vorgestellt, daß die Werthe durchloffen werden, welche noch endliche Quanta sind.
In demjenigen Uebergange dagegen, welcher in das wahrhafte Unendliche gemacht wird, ist das Verhältniß das stätige; es ist so sehr stätig
und sich erhaltend, daß er vielmehr allein darin besteht, das
Verhältniß rein herauszuheben, und die verhältnißlose Bestimmung, d. i.
daß ein Quantum, welches Seite des Verhältnisses ist, auch außer dieser
Beziehung gesetzt, noch Quantum ist, verschwinden zu machen. - Diese
Reinigung des quantitativen Verhältnisses ist insofern nichts anders,
als wenn ein empirisches Daseyn begriffen wird. Dieß wird hierdurch so über sich selbst erhoben, daß sein Begriff dieselben Bestimmungen enthält, als es selbst, aber in ihrer Wesentlichkeit und in die Einheit des Begriffes gefaßt, worin sie ihr gleichgültiges, begriffloses Bestehen verloren haben.
Gleich interessant ist die andere Form der newtonischen Darstellung der in Rede stehenden Größen, nämlich als erzeugender Größen oder Principien. Eine erzeugte
Größe (genita) ist ein Produkt oder Quotient, Wurzeln, Rechtecke,
Quadrate, auch Seiten von Rechtecken, Quadraten; - überhaupt eine endliche Größe. - "Sie als veränderlich betrachtet, wie sie in fortdauernder Bewegung und Fließen zu- oder abnehmend ist, so verstehe er ihre momentanen Inkremente oder Dekremente unter dem Namen von Momenten. Diese sollen aber nicht für Theilchen von bestimmter Größe genommen werden ( particulae finitae ). Solche seyen nicht selbst Momente, sondern aus Momenten erzeugte Größen; es seyen vielmehr die werdenden Principien oder Anfänge
endlicher Größen zu verstehen." - Das Quantum wird hier von sich selbst
unterschieden, wie es als ein Produkt oder Daseyendes, und wie es in
seinem Werden, in seinem Anfange und Princip, das heißt, wie es in seinem Begriffe,
oder was hier dasselbe ist, in seiner qualitativen Bestimmnng ist; in
der letztern sind die quantitativen Unterschiede, die unendlichen
Inkremente oder Dekremente, nur Momente; erst das Gewordene
ist das in die Gleichgültigkeit des Daseyns und in die Aeußerlichkeit
übergegangene, das Quantum. - Wenn aber diese in Ansehung der
Inkremente oder Dekremente angeführten Bestimmungen des Unendlichen,
von der Philosophie des wahrhaften Begriffs anerkannt werden müssen, so
ist auch sogleich zu bemerken, daß die Formen selbst von Inkrementen
u.s.f. innerhalb der Kategorie des unmittelbaren Quantums und des erwähnten stätigen Fortgangs fallen, und vielmehr sind die Vorstellungen von Inkrement, Zuwachs,
Zunahme des x um d x oder i u.s.f. als das in den Methoden vorhandene
Grundübel anzusehen; - als das bleibende Hinderniß, aus der Vorstellung
des gewöhnlichen Quantums die Bestimmung des qualitativen
Quantitätsmoments rein herauszuheben.
Gegen die angegebenen Bestimmungen steht die Vorstellung von unendlich-kleinen Größen,
die auch im Inkrement oder Dekrement selbst steckt, weit zurück. Nach
derselben sollen sie von der Beschaffenheit seyn, daß nicht nur sie
gegen endliche Größen, sondern auch deren höhere Ordnungen gegen die
niedrigere, oder auch die Produkte aus mehrern gegen eine einzelne zu vernachlässigen seyen. - bei Leibnitz hebt sich die Forderung dieser Vernachlässigung,
welche die vorhergehenden Erfinder von Methoden, die sich auf diese
Größe bezogen, gleichfalls eintreten lassen, auffallender hervor. Sie
ist es vornehmlich, die diesem Kalkul beim Gewinne der Bequemlichkeit
den Schein von Ungenauigkeit und ausdrücklicher Unrichtigkeit in dem
Wege seiner Operation giebt. - Wolf hat sie in seiner Weise,
die Sachen populär zu machen, d. h. den Begriff zu verunreinigen und
unrichtige sinnliche Vorstellungen an dessen Stelle zu setzen,
verständlich zu machen gesucht. Er vergleicht nämlich die
Vernachlässigung der unendlichen Differenzen höherer Ordnungen gegen
niedrigere, mit dem Verfahren eines Geometers, der bei der Messung der
Höhe eines Berges um nicht weniger genau gewesen sey, wenn der Wind
indeß ein Sandkörnchen von der Spitze
weggeweht habe, oder mit der Vernachlässigung der Höhen der Häuser,
Thürme bei der Berechnung der Mondfinsternisse (Element. Mathes. univ.
Tom. I. El. Analys. math. P. II. C. I. s. Schol.).
Wenn
die Billigkeit des gemeinen Menschenverstandes eine solche
Ungenauigkeit erlaubt, so haben dagegen alle Geometer diese Vorstellung
verworfen. Es dringt sich von selbst auf, daß in der Wissenschaft der
Mathematik von einer solchen empirischen Genauigkeit ganz und gar nicht
die Rede ist, daß das mathematische Messen durch Operationen des
Kalkuls oder durch Konstruktionen und Beweise der Geometrie, gänzlich
vom Feldmessen, vom Messen empirischer Linien, Figuren u.s.f.
unterschieden ist. Ohnehin zeigen, wie oben angeführt, die Analytiker
durch die Vergleichung des Resultats, wie es auf streng geometrischem
Wege und wie es nach der Methode der unendlichen Differenzen erhalten
wird, daß das eine dasselbe ist als das andere, und daß ein Mehr oder
Weniger von Genauigkeit ganz und gar nicht Statt findet. Und es
versteht sich von selbst, daß ein absolut genaues Resultat nicht aus
einem Verfahren herkommen könne, das ungenau wäre. Jedoch kann wieder
auf der anderen Seite das Verfahren selbst, jener
Vernachlässigung aus dem Grunde der Unbedeutenheit, des Protestirens
gegen die angeführte Rechtfertigungsweise unerachtet, nicht entbehren.
Und dieß ist die Schwierigkeit, um welche die Bemühungen der Analytiker
gehen, das hierin liegende Widersinnige begreiflich zu machen, und es
zu entfernen.
Es ist in dieser Rücksicht vornehmlich Eulers
Vorstellung anzuführen. Indem er die allgemeine Newtonische Definition
zu Grunde legt, dringt er darauf, daß die Differentialrechnung die Verhältnisse der Inkremente einer Größe betrachte, daß aber die unendliche Differenz als solche ganz als Null
zu betrachten sey, (Institut. Calc. different. P. I. C. III.). - Wie
dieß zu verstehen ist, liegt im Vorhergehenden; die unendliche
Differenz ist Null nur des Quantums, nicht eine qualitative Null,
sondern als Null des Quantums vielmehr reines Moment nur des
Verhältnisses. Sie ist nicht ein Unterschied um eine Größe;
aber darum ist es einer Seits überhaupt schief, jene Momente, welche
unendlich-kleine Größen heißen, auch als Inkremente oder Dekremente,
und als Differenzen auszusprechen. Dieser Bestimmung liegt zu Grunde, daß zu der zuerst vorhandenen endlichen Größe etwas hinzukomme oder davon abgezogen werde, eine Subtraktion oder Addition, eine arithmetische, äußerliche
Operation vorgehe. Der Uebergang von der Funktion der veränderlichen
Größe in ihr Differential ist aber anzusehen, daß er von ganz anderer
Natur ist, nämlich wie erörtert worden, daß er als Zurückführung der
endlichen Funktion auf das qualitative Verhältniß ihrer
Quantitätsbestimmungen zu betrachten ist. - Anderer Seits fällt die
schiefe Seite für sich auf, wenn gesagt wird, daß die Inkremente für
sich Nullen seyen, daß nur ihre Verhältnisse betrachtet werden; denn
eine Null hat überhaupt keine Bestimmtheit mehr. Diese Vorstellung
kommt also zwar bis zum Negativen des Quantums und spricht es bestimmt
aus, aber faßt dieß Negative nicht zugleich in seiner positiven
Bedeutung, von qualitativen Quantitätsbestimmungen, die, wenn sie aus
dem Verhältnisse gerissen und als Quanta genommen werden wollten, nur
Nullen wären. - Lagrange ( Théorie des fonct. analyt. Introd. ) urtheilt über die Vorstellung der Grenzen oder letzten Verhältnisse,
daß wenn man gleich sehr gut das Verhältniß zweier Größen sich
vorstellen könne, so lange sie endlich bleiben, so gebe dieß Verhältniß
dem Verstande keinen deutlichen und bestimmten Begriff, sobald seine
Glieder zugleich Null werden. - In der That muß der Verstand über diese
bloß negative Seite, daß die Verhältnißglieder Nullen als Quanta sind,
hinausgehen, und sie positiv, als qualitative Momente auffassen. - Was
aber Euler (am angeführten Ort _. 84 ff.) weiter
in Betreff der gegebenen Bestimmung hinzufügt, um zu zeigen, daß zwei
sogenannte unendlich kleine Größen, welche nichts anders als Nullen
seyn sollen, doch ein Verhältniß zu einander haben und deßwegen auch
nicht das Zeichen der Null, sondern andere Zeichen für sie im Gebrauch
seyen, kann nicht für genügend angesehen werden. Er will dieß durch den
Unterschied des arithmetischen und geometrischen Verhältnisses
begründen; bei jenem sehen wir auf die Differenz, bei diesem auf den
Quotienten, obgleich das erstere zwischen zwei Nullen gleich sey, so
sey es deßwegen doch das geometrische nicht; wenn 2:1 = 0:0, so müsse
wegen der Natur der Proportion, da das erste Glied doppelt so groß sey
als das zweite, auch das dritte Glied doppelt so groß als das vierte
seyn; O:O soll also nach der Proportion als das Verhältniß von 2:1
genommen werden. - Auch nach der gemeinen Arithmetik seyn n.O = O; es
sey also n:1 = O:O. - Allein eben dadurch, daß 2:1 oder n:1 ein
Verhältniß von Quantis ist, entspricht ihm nicht ein Verhältniß noch
eine Bezeichnung von O:O.
Ich
enthalte mich, die Anführungen zu vermehren, indem die betrachteten zur
Genüge gezeigt haben, daß in ihnen wohl der wahrhafte Begriff des
Unendlichen liegt, daß er aber nicht in seiner Bestimmtheit
herausgehoben und gefaßt worden ist. Indem daher zur Operation selbst
fortgegangen wird, so kann es nicht geschehen, daß in ihr die wahrhafte
Begriffsbestimmung sich geltend mache; die endliche
Quantitätsbestimmtheit kehrt vielmehr zurück und die Operation kann der
Vorstellung eines bloß relativ-kleinen nicht entbehren. Der
Kalkul macht es nothwendig, die sogenannten unendlichen Größen den
gewöhnlichen arithmetischen Operationen des Addirens u.s.f., welche
sich auf die Natur endlicher Größen gründen, zu unterwerfen, und sie
somit als endliche Größen für einen Augenblick gelten zu lassen und als
solche zu behandeln. Der Kalkul hätte sich darüber zu rechtfertigen,
daß er sie das eine Mal in diese Sphäre herabzieht
und sie als Inkremente oder Differenzen behandelt, und daß er auf der
anderen Seite sie als Quanta vernachlässigt, nachdem er so eben Formen
und Gesetze der endlichen Größen auf sie angewendet hatte.
Ueber die Versuche der Geometer, diese Schwierigkeiten zu beseitigen, führe ich noch das Hauptsächlichste an.
Die
ältern Analytiker machten sich hierüber weniger Skrupel; aber die
Bemühungen der Neueren gingen vornehmlich dahin, den Kalkul des
Unendlichen zur Evidenz der eigentlich geometrischen Methode zurückzubringen und in ihr die Strenge der Beweise der Alten (- Ausdrücke von Lagrange
-) in der Mathematik zu erreichen. Allein da das Princip der Analysis
des Unendlichen höherer Natur, als das Princip der Mathematik endlicher
Größen ist, so mußte jene von selbst sogleich auf jene Art von Evidenz
Verzicht thun, wie die Philosophie auch auf diejenige Deutlichkeit
keinen Anspruch machen kann, die die Wissenschaften des Sinnlichen, z.
B. Naturgeschichte hat, und wie Essen und Trinken für ein
verständlicheres Geschäfte gilt, als Denken und Begreifen. Es wird sich
demnach nur um die Bemühung handeln, die Strenge der Beweise der Alten
zu erreichen.
Mehrere
haben versucht, den Begriff des Unendlichen ganz zu entbehren, und ohne
ihn das zu leisten, was an den Gebrauch desselben gebunden schien. - Lagrange spricht z. B. von der Methode, die Landen
erfunden hat, und sagt von ihr, daß sie rein analytisch sey und die
unendlich kleinen Differenzen nicht gebrauche, sondern zuerst verschiedene Werthe der veränderlichen Größen einführe, und sie in der Folge gleichsetze.
Er urtheilt übrigens, daß darin die der Differentialrechnung eignen
Vorzüge, Einfachheit der Methode und Leichtigkeit der Operationen
verloren gehe. - Es ist dieß wohl ein Verfahren, das mit demjenigen
etwas Entsprechendes hat, von welchem Descartes Tangentenmethode ausgeht, die weiterhin
noch näher zu erwähnen ist. Soviel, kann hier bemerkt werden, erhellt
sogleich im Allgemeinen, daß das Verfahren überhaupt, verschiedene
Werthe der veränderlichen Größen anzunehmen, und sie nachher
gleichzusetzen, einem anderen Kreise mathematischer Behandlung
angehört, als die Methode des Differential-Kalkuls selbst und die
späterhin näher zu erörternde Eigenthümiichkeit des einfachen
Verhältnisses, auf welches sich die wirkliche konkrete Bestimmung
desselben zurückführt, nämlich der abgeleiteten Funktion zu der
ursprünglichen, nicht herausgehoben wird.
Die Aeltern unter den Neuern, wie z. B. Fermat, Barrow
und andere, die sich zuerst des Unendlich-Kleinen in derjenigen
Anwendung bedienten, welche später zur Differential- und
Integralrechnung ausgebildet wurde, und dann auch Leibnitz und die Folgenden, auch Euler,
haben immer unverhohlen, die Produkte von unendlichen Differenzen, so
wie ihre höhern Potenzen nur aus dem Grunde weglassen zu dürfen
geglaubt, weil sie relativ gegen die niedrige Ordnung verschwinden. Hierauf beruht bei ihnen allein der Fundamentalsatz, nämlich die Bestimmung dessen, was das Differential eines Produkts oder einer Potenz sey, denn hierauf reducirt sich die ganze theoretische Lehre.
Das Uebrige ist Theils Mechanismus der Entwickelung, Theils aber
Anwendung, in welche jedoch, was weiterhin zu betrachten ist, in der
That auch das höhere oder vielmehr einzige Interesse fällt. - In
Rücksicht auf das Gegenwärtige ist hier nur das Elementarische
anzuführen, daß aus dem gleichen Grunde der Unbedeutenheit als der Hauptsatz, die Curven betreffend, angenommen wird, daß die Elemente der Curven, nämlich die Inkremente der Abscisse und der Ordinate, das Verhältniß der Subtangente und der Ordinate
zu einander haben; für die Absicht, ähnliche Dreiecke zu erhalten, wird
der Bogen, der die dritte Seite eines Dreiecks zu den beiden
Inkrementen, des mit Recht vormals sogenannten charakteristischen Dreiecks, ausmacht,
als eine gerade Linie, als Theil der Tangente, und damit das eine der
Inkremente bis an die Tangente reichend angesehen. Diese Annahmen
erheben jene Bestimmungen einer Seits über die Natur endlicher Größen;
anderer Seits aber wird ein Verfahren auf die nun unendlich genannten
Momente angewendet, das nur von endlichen Größen gilt, und bei dem
nichts aus Rücksicht der Unbedeutenheit vernachiässigt werden darf. Die
Schwierigkeit, von der die Methode gedrückt wird, bleibt bei solcher
Verfahrungsweise in ihrer ganzen Stärke.
Es
ist hier eine merkwürdige Procedur Newtons anzuführen; (Princ. Math.
phil. nat. Lib. II. Lemma II. Propos. VII.) - die Erfindung eines
sinnreichen Kunststücks, uni das arithmetisch unrichtige Weglassen der
produkte unendlicher Differenzen oder höherer Ordnungen derselben bei
dem Finden der Differentialien, zu beseitigen. Er findet das
Differential des Produkts, - woraus sich dann die Differentialien der
Quotienten, Potenzen u.s.f. leicht herleiten, - auf folgende Art. Das
Produkt, wenn x, y, jedes um die Hälfte seiner unendlichen
Differenz kleiner genommen wird, geht über in x y - xdy/2 - ydx/2 +
dxdy/4; aber wenn man x und y um ebenso viel zunehmen läßt, in x y +
xdy/2 + ydx/2 + dxdy/4. Von diesem zweiten Produkt nun das erste
abgezogen, bleibt y d x + x d y als Ueberschuß, und dieß sey der Ueberschuß des Wachsthums um ein ganzes
dx und dy, denn um dieses Wachsthum sind beide Produkte unterschieden;
es ist also das Differential von xy. - Man sieht in diesem Verfahren
fällt das Glied, welches die Hauptschwierigkeit ausmacht, das Produkt
der beiden unendlichen Differenzen, dxdy, durch sich selbst hinweg.
Aber des newtonischen Namens unerachtet muß es gesagt werden
dürfen, daß solche, obgleich sehr elementarische Operation, unrichtig
ist; es ist unrichtig, daß (x + dx/2) (y + dy/2) - (x - dx/2) (y -
dy/2) = (x + dx) (y + dy) - xy. Es kann nur das Bedürfniß seyn, den
Fluxionen-Kalkul bei seiner Wichtigkeit zu begründen, was einen Newton
dahin bringen konnte, die Täuschung solchen Beweisens sich zu machen.
Andere
Formen, die Newton bei der Ableitung des Differentials gebraucht, sind
an konkrete auf Bewegung sich beziehende Bedeutungen der Elemente und
deren Potenzen gebunden. - Beim Gebrauche der Reihenform, der
sonst seine Methode auszeichnet, liegt es zu nahe zu sagen, daß man es
immer in seiner Macht habe, durch das Hinzufügen weiterer Glieder die
Größe so genau zu nehmen, als man nöthig habe, und daß die weggelassenen relativ unbedeutend, überhaupt das Resultat nur eine Näherung
sey, als daß er nicht auch hier mit diesem Grunde sich begnügt hätte,
wie er bei seiner Methode der Auflösung der Gleichungen höherer Grade
durch Näherung die höheren Potenzen, die bei der Substitution jedes
gefundenen noch ungenauen Werthes in die gegebene Gleichung entstehen,
aus dem rohen Grunde ihrer Kleinigkeit wegläßt; s. Lagrange Equations
Numériques p. 125.
Der Fehler, in welchen Newton
bei der Auflösung eines Problems durch das Weglassen wesentlicher
höherer Potenzen verfiel, der seinen Gegnern die Gelegenheit eines
Triumphs ihrer Methode über die seinige gab, und von welchem Lagrange
in seiner neuerlichen Untersuchung desselben (Théorie des fonct.
analyt. 3me P. Ch. IV.) den wahren Ursprung aufgezeigt hat, beweist das
Formelle und die Unsicherheit, die im Gebrauche jenes Instruments noch vorhanden war. Lagrange zeigt, daß Newton
dadurch in den Fehler fiel, weil er das Glied der Reihe
vernachlässigte, das die Potenz enthielt, auf welche es in der
bestimmten Aufgabe ankam. Newton hatte sich an jenes formelle
oberflächliche Princip, Glieder wegen ihrer relativen Kleinheit
wegzulassen, gehalten. - Es ist nämlich bekannt, daß in der Mechanik
den Gliedern der Reihe, in der die Funktion einer Bewegung entwickelt
wird, eine bestimmte Bedeutung
gegeben wird, so daß sich das erste Glied oder die erste Funktion auf
das Moment der Geschwindigkeit, die zweite auf die beschleunigende
Kraft, und die dritte auf den Widerstand von Kräften beziehe. Die
Glieder der Reihe sind hiermit hier nicht nur als Theile einer Summe anzusehen, sondern als qualitative Momente eines Ganzen des Begriffs. Hiedurch erhält das Weglassen der übrigen Glieder, die der schlechtunendlichen Reihe angehören, eine gänzlich verschiedene Bedeutung, von dem Weglassen aus dem Grunde der relativen Kleinheit derselben.
Die Newtonsche Auflösung enthielt jenen Fehler, nicht weil in ihr Glieder der Reihe, nur als Theile einer Summe, sondern weil das Glied, das die qualitative Bestimmung, auf die es ankam, enthält, nicht berücksichtigt wurde.
In diesem Beispiele ist der qualitative Sinn
dasjenige, wovon das Verfahren abhängig gemacht ist. Im Zusammenhange
hiermit kann sogleich die allgemeine Behauptung aufgestellt werden, daß
die ganze Schwierigkeit des Princips beseitigt seyn würde, wenn statt
des Formalismus, die Bestimmung des Differentials nur in die ihm den Namen gebende Aufgabe, den Unterschied überhaupt einer Funktion von ihrer Veränderung, nachdem ihre veränderliche Größe einen Zuwachs erhalten, zu stellen, die qualitative
Bedeutung des Princips angegeben, und die Operation hiervon abhängig
gemacht wäre. In diesem Sinne zeigt sich das Differential von x[hoch
n], durch das erste Glied der Reihe, die durch die Entwickelung von (x
+ dx)[hoch n] sich ergiebt, gänzlich erschöpft. Daß die übrigen Glieder
nicht berücksichtigt werden, kommt so nicht von ihrer relativen
Kleinheit her; - es wird dabei nicht eine Ungenauigkeit, ein Fehler
oder Irrthum vorausgesetzt, der durch einen anderen Irrthum ausgeglichen und verbessert würde; eine Ansicht, von welcher aus Carnot vornehmlich die gewöhnliche Methode der Infinitesimalrechnung rechtfertigt. Indem es sich nicht um eine Summe, sondern um ein Verhältniß handelt, so ist das Differential vollkommen durch das erste Glied gefunden; und wo es fernerer Glieder, der Differentiale höherer Ordnungen bedarf, so liegt in ihrer Bestimmung nicht die Fortsetzung einer Reihe als Summe, sondern die Wiederholung eines und desselben Verhältnisses, das man allein will, und das somit im ersten Glied bereits vollkommen bestimmt ist. Das Bedürfniß der Form einer Reihe des Summirens derselben und was damit zusammenhängt, muß dann ganz von jenem Interesse des Verhältnisses getrennt werden.
Die Erläuterungen, welche Carnot
über die Methode der unendlichen Größen giebt, enthalten das
Geläutertste und aufs Klarste exponirt, was in den oben angeführten
Vorstellungen vorkam. Aber bei dem Uebergange zur Operation selbst
treten mehr oder weniger die gewöhnlichen Vorstellungen, von der
unendlichen Kleinheit der weggelassenen Glieder gegen die andern ein. Er rechtfertigt die Methode vielmehr durch die Thatsache, daß die Resultate richtig werden, und durch den Nutzen, den die Einführung unvollkommner
Gleichungen, wie er sie nennt, d. h. solcher, in denen eine solche
arithmetisch unrichtige Weglassung geschehen ist, für die Vereinfachung
und Abkürzung des Kalkuls habe, als durch die Natur der Sache selbst.
Lagrange
hat bekanntlich die ursprüngliche Methode Newtons, die Methode der
Reihen, wieder aufgenommen, um der Schwierigkeiten, welche die
Vorstellung des Unendlich-Kleinen, so wie derjenigen, welche die
Methode der ersten und letzten Verhältnisse und Grenzen mit sich führt,
überhoben zu seyn. Es ist von seinem Funktionen-Kalkul, dessen sonstige
Vorzüge in Rücksicht auf Präcision, Abstraktion und Allgemeinheit
anerkannt genug sind, als hierher gehörig nur dieß anzuführen, daß er
auf dem Fundamentalsatze beruht, daß die Differenz, ohne daß sie Null
werde, so klein angenommen werden könne, daß jedes Glied der Reihe die Summe aller folgenden an Größe übertreffe. - Es wird auch in dieser Methode von den Kategorien vom Zuwachs und von der Differenz der Funktion angefangen, deren veränderliche Größe den Zuwachs
erhalte, womit die lästige Reihe hereinkommt, von der ursprünglichen
Funktion; so wie im Verfolg die wegzulassenden Glieder der Reihe nur in
der Rücksicht, daß sie eine Summe constituiren, in Betracht kommen, und der Grund, sie wegzulassen, in das Relative ihres Quantums
gesetzt wird. Die Weglassung ist also hier auch nicht für das
Allgemeine auf den Gesichtspunkt zurückgeführt, der Theils in einigen
Anwendungen vorkommt, worin, wie vorhin erinnert, die Glieder der Reihe
eine bestimmte qualitative Bedeutung haben sollen und Glieder
außer Acht gelassen werden, nicht darum weil sie unbedeutend an Größe
sind, sondern weil sie unbedeutend der Qualität nach sind; Theils aber
fällt dann die Weglassung selbst in dem wesentlichen Gesichtspunkte
hinweg, der sich für den sogenannten Differential-Koefficienten erst in
der sogenannten Anwendung des Kalkuls bei Lagrange bestimmt heraushebt, was in der folgenden Anmerkung ausführlicher auseinandergesetzt werden wird.
Der qualitative Charakter überhaupt,
der hier an der in Rede stehenden Größenform in demjenigen, was dabei
das Unendlichkleine genannt wird, nachgewiesen worden ist, findet sich
am unmittelbarsten in der Kategorie der Grenze des Verhältnisses,
die oben angeführt worden, und deren Durchführung im Kalkul zu einer
eigenthümlichen Methode gestempelt worden ist. Was Lagrange von dieser
Methode urtheilt, daß sie der Leichtigkeit in der Anwendung entbehre,
und der Ausdruck Grenze keine bestimmte Idee darbiete, davon
wollen wir das Zweite hier aufnehmen, und näher sehen, was über ihre
analytische Bedeutung aufgestellt wird. In der Vorstellung der Grenze
liegt nämlich wohl die angegebene wahrhafte Kategorie der qualitativen Verhältnißbestimmung der veränderlichen Größen, denn die Formen, die von ihnen eintreten,
dx und dy, sollen schlechthin nur als Momente von dy/dx genommen, und
dx/dy selbst als ein einziges untheilbares Zeichen angesehen werden.
Daß hiermit für den Mechanismus des Kalkuls besonders in seiner
Anwendung der Vortheil verloren geht, den er davon zieht, daß die
Seiten des Differential-Koefficienten von einander abgesondert werden,
ist hier bei Seite zu setzen. Jene Grenze soll nun Grenze von
einer gegebenen Funktion seyn; - sie soll einen gewissen Werth in
Beziehung auf dieselbe angeben, der sich durch die Weise der Ableitung
bestimmt. Mit der bloßen Kategorie der Grenze aber wären wir nicht
weiter, als mit dem, um das es in dieser Anm. zu thun gewesen ist,
nämlich aufzuzeigen, daß das Unendlichkleine, das in der
Differentialrechnung als dx und dy vorkommt, nicht bloß den negativen,
leeren Sinn einer nicht endlichen, nicht gegebenen Größe habe, wie wenn
man sagt, eine unendliche Menge, ins unendliche fort und dergleichen,
sondern den bestimmten Sinn der qualitativen Bestimmtheit des
Quantitativen, eines Verhältnißmoments als eines solchen. Diese
Kategorie hat jedoch so noch kein Verhältniß zu dem, was eine gegebene
Funktion ist, und greift für sich nicht in die Behandlung einer solchen
und in einen Gebrauch, der an ihr von jener Bestimmung zu machen wäre,
ein; so würde auch die Vorstellung der Grenze, zurückgehalten in dieser
von ihr nachgewiesenen Bestimmtheit, zu nichts führen. Aber der
Ausdruck Grenze enthält es schon selbst, daß sie Grenze von Etwas
sey, d. h. einen gewissen Werth ausdrücke, der in der Funktion
veränderlicher Größe liegt; und es ist zu sehen, wie dieß konkrete
Benehmen mit ihr beschaffen ist. - Sie soll die Grenze des Verhältnisses seyn, welches die zwei Inkremente
zu einander haben, um welche die zwei veränderlichen Größen, die in
einer Gleichung verbunden sind, deren die eine als eine Funktion der
andern angesehen wird, als zunehmend angenommen worden; - der Zuwachs wird hier unbestimmt überhaupt genommen und insofern von dem Unendlichkleinen
kein Gebrauch gemacht. Aber zunächst führt der Weg, diese Grenze zu
finden, dieselben Inkonsequenzen herbei, die in den übrigen Methoden
liegen. Dieser Weg ist nämlich folgender. Wenn y = fx, soll fx, wenn y
in y + k übergeht, sich in fx + ph + qh[hoch 2] + rh[hoch 3] u.s.f.
verändert, hiermit ist k = ph + qh[hoch 2] u.s.f. und k/h = p + qh +
rh[hoch 2] u.s.f. Wenn nun k und h verschwinden, so verschwindet das
zweite Glied außer p, welches p nun die Grenze des Verhältnisses der
beiden Zuwächse sey. Man sieht, daß h als Quantum = 0 gesetzt wird,
aber daß darum k/h nicht zugleich = 0 seyn, sondern noch ein Verhältniß
bleiben soll. Den Vortheil, die Inkonsequenz, die hierin liegt,
abzulehnen, soll nun die Vorstellung der Grenze gewähren; p
soll zugleich nicht das wirkliche Verhältniß, das = 0/0 wäre, sondern
nur der bestimmte Werth seyn, dem sich das Verhältniß unendlich d.i. so nähern könne, daß der Unterschied kleiner als jeder gegebene
werden könne. Der bestimmtere Sinn der Näherung in Rücksicht dessen,
was sich eigentlich einander nähern soll, wird unten betrachtet werden.
- Daß aber ein quantitativer Unterschied, der die Bestimmung hat,
kleiner als jeder gegebene seyn zu können nicht nur, sondern seyn zu sollen,
kein quantitativer Unterschied mehr ist, dieß ist für sich klar, so
evident als irgend etwas in der Mathematik evident seyn kann; damit
aber ist über dy/dx = 0/0 nicht hinausgekommen worden. Wenn dagegen
dy/dx = p d.i. als ein bestimmtes quantitatives Verhältniß, angenommen
wird, wie dieß in der That der Fall ist, so kommt umgekehrt die
Voraussetzung, welche h = 0 gesetzt hat, in Verlegenheit, eine
Voraussetzung, durch welche allein k/h = p gefunden wird. Giebt man
aber zu, daß k/h = 0 ist, und mit h = 0 wird in der That von selbst
auch k = 0; denn der Zuwachs k zu y findet nur unter der Bedingung
statt, daß der Zuwachs h ist; so wäre zu sagen, was denn p seyn solle,
welches ein ganz bestimmter quantitativer
Werth ist. Hierauf giebt sich sogleich die einfache, trockne Antwort
von selbst, daß es ein Koefficient ist und aus welcher Ableitung er
entsteht, - die auf gewisse bestimmte Weise abgeleitete erste Funktion
einer ursprünglichen Funktion. Begnügte man sich damit, wie denn in der
That Lagrange sich der Sache nach damit begnügt hat, so
wäre der allgemeine Theil der Wissenschaft des Differential-Kalkuls und
unmittelbar diese seine Form selbst, welche die Theorie der Grenzen
heißt, von den Zuwächsen, dann deren unendlicher oder beliebiger
Kleinheit, von der Schwierigkeit, außer dem ersten Gliede oder vielmehr
nur dem Coefficienten des ersten Gliedes die weitern Glieder einer
Reihe, als welche durch die Einführung jener Zuwächse unabwendbar sich
einfinden, wieder wegzubringen, befreit; außerdem aber auch von dem
weitern, was damit zusammenhängt, von den formellen Kategorien vor
allem des Unendlichen, der unendlichen Annäherung, und der weitern hier
ebenso leeren Kategorien von kontinuirlicher Größe und welche man sonst, wie Bestreben, Werden, Gelegenheit einer Veränderung
für nöthig erachtet, gereinigt. Aber dann würde gefordert zu zeigen,
was denn p, außer der, für die Theorie ganz genügenden trocknen
Bestimmung, daß es weiter nichts als eine aus der Entwickelung eines
Binomiums abgeleitete Funktion ist, noch für eine Bedeutung und Werth, d. i. welchen Zusammenhang und Gebrauch für weiteres mathematisches Bedürfniß habe; hiervon soll die zweite Anmerkung
handeln. - Es folgt aber zunächst hier noch die Auseinandersetzung der
Verwirrung, welche durch den angeführten, in den Darstellungen so
geläufigen Gebrauch der Vorstellung von Annäherung in das
Auffassen der eigentlichen, qualitativen Bestimmtheit des
Verhältnisses, um das es zunächst zu thun war, gebracht worden ist.
Es
ist gezeigt worden, daß die sogenannten unendlichen Differenzen das
Verschwinden der Seiten des Verhältnisses als Quantorum ausdrücken, und
daß das, was übrig bleibt, ihr Quantitätsverhältniß ist, rein insofern
es auf qualitative Weise bestimmt ist; das qualitative Verhältniß geht
hierin so wenig verloren, daß es vielmehr dasjenige ist, was eben durch
die Verwandlung endlicher Größen in unendliche resultirt. Hierin
besteht, wie wir gesehen, die ganze Natur der Sache. - So verschwinden
im letzten Verhältnisse z. B. die Quanta der Abscisse und
Ordinate; aber die Seiten dieses Verhältnisses bleiben wesentlich die
eine, Element der Ordinate, die andere Element der Abscisse. Indem die
Vorstellungsweise gebraucht wird, daß man die eine Ordinate sich der
anderen unendlich nähern läßt, so geht die vorher
unterschiedene Ordinate in die andere Ordinate, und die vorher
unterschiedene Abscisse in die andere Abscisse über; aber wesentlich
geht nicht die Ordinate in die Abscisse, oder die Abscisse in die
Ordinate über. Das Element der Ordinate, - um bei diesem Beispiele von
veränderlichen Größen stehen zu bleiben, ist nicht als der Unterschied einer Ordinate von einer anderen Ordinate zu nehmen, sondern ist vielmehr als der Unterschied oder die qualitative Größenbestimmung gegen das Element der Abscisse; das Princip der einen veränderlichen Größe gegen das der andern
steht im Verhältnisse miteinander. Der Unterschied, indem er nicht mehr
Unterschied endlicher Größen ist, hat aufgehört, ein Vielfaches
innerhalb seiner selbst zu seyn; er ist in die einfache Intensität
zusammengesunken, in die Bestimmtheit eines qualitativen
Verhältnißmoments gegen das andere.
Diese
Beschaffenheit der Sache wird aber dadurch verdunkelt, daß das, was so
eben Element z. B. der Ordinate genannt worden, so als Differenz oder Inkrement gefaßt wird, daß es nur der Unterschied des Quantums einer Ordinate zwischen dem Quantum einer andern Ordinate sey. Die Grenze
hat hiermit hier nicht den Sinn des Verhältnisses; sie gilt nur als der
letzte Werth, dem sich eine andere Größe von gleicher Art beständig so
nähere, daß sie von ihm, so wenig als man will, unterschieden seyn
könne, und daß das letzte Verhältniß, ein Verhältniß der Gleichheit
sey. So ist die unendliche Differenz das Schweben eines Unterschieds
eines Quantums von einem Quantum, und die qualitative Natur, nach
welcher dx wesentlich nicht eine Verhältnißbestimmung gegen x, sondern
gegen dy ist, tritt in der Vorstellung zurück. Man läßt dx[hoch 2]
gegen dx verschwinden, aber noch vielmehr verschwindet dx gegen x, dieß
heißt aber wahrhaftig: es hat nur ein Verhältniß zu dy. - Es ist den Geometern in solchen Darstellungen immer vorzüglich darum zu thun, die Annäherung einer Größe an ihre Grenze begreiflich
zu machen, und sich an diese Seite des Unterschiedes des Quantums vom
Quantum, wie er kein Unterschied und doch noch ein Unterschied ist, zu
halten. Aber die Annäherung ist ohnehin für sich eine nichts sagende
und nichts begreiflich machende Kategorie; dx hat die Annäherung
bereits im Rücken, es ist nicht nahe noch ein Näheres; und unendlich nahe heißt selbst die Negation des Naheseyns und des Annäherns.
Indem
es nun damit geschehen ist, daß die Inkremente oder unendlichen
Differenzen nur nach der Seite des Quantums, das in ihnen verschwindet,
und nur als Grenze desselben betrachtet worden sind, so sind sie so als
verhältnißlose Momente gefaßt. Es würde die unstatthafte
Vorstellung daraus folgen, daß es erlaubt sey, in dem letzten
Verhältnisse etwa Abscisse und Ordinate, oder auch Sinus, Cosinus,
Tangente, Sinus versus und was alles noch, einander gleich zu setzen. -
Diese Vorstellung scheint zunächst darin obzuwalten, wenn ein Bogen als
eine Tangente behandelt wird; denn auch der Bogen ist wohl inkommensurabel mft der geraden Linie, und sein Element zunächst von anderer Qualität
als das Element der geraden Linie. Es scheint noch widersinniger und
unerlaubter, als die Verwechslung der Abscisse, Ordinate, des Sinus
versus, Cosinus u.s.f. wenn quadrata rotundis , wenn
ein ob zwar unendlich kleiner Theil des Bogens, für ein Stück der
Tangente, genommen, und somit als gerade Linie behandelt wird. - Allein
diese Behandlung ist von der gerügten Verwechslung wesentlich zu
unterscheiden; sie hat ihre Rechtfertigung darin, daß in dem Dreieck,
weilches das Element eines Bogens und die Elemente seiner Abscisse und
der Ordinate zu seinen Seiten hat, das Verhältniß dasselbe ist, als wenn jenes Element des Bogens das Element einer geraden Linie, der Tangente wäre; die Winkel, welche das wesentliche Verhältniß
konstituiren, d. i. dasjenige, das diesen Elementen bleibt, indem von
den ihnen zugehörigen endlichen Größen abstrahirt wird, sind die
nämlichen. - Man kann sich hierüber auch ausdrücken, gerade Linien, als
unendlichklein, seyen in krumme Linien übergegangen, und das Verhältniß
ihrer in ihrer Unendlichkeit sey ein Kurvenverhältniß. Da nach ihrer
Definition die gerade Linie der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten ist, so gründet sich ihr Unterschied von krummer Linie auf die Bestimmung von Menge, auf die geringere Menge des Unterscheidbaren auf diesem Wege, was also eine Bestimmung von Quantum
Ist. Aber diese Bestimmung verschwindet in ihr, sie als intensive
Größe, als unendliches Moment, als Element genommen; somit auch ihr
Unterschied von der krummen Linie, der bloß auf dem
Quantumsunterschiede beruhte. - Also als unendlich behält gerade Linie
und Bogen kein quantitatives Verhältniß und damit, auf den Grund der
angenommenen Definition, auch keine qualitative Verschiedenheit mehr
gegeneinander, sondern geht jene vielmehr in diese über.
Verwandt,
jedoch zugleich verschieden, von der Gleichsetzung heterogener
Bestimmungen ist die für sich unbestimmte und völlig gleichgültige
Annahme, daß unendlich kleine Theile desselben Ganzen einander gleich
seyen; jedoch angewandt auf einen in sich heterogenen d. i. mit
wesentlicher Ungleichförmigkeit der Größebestimmung behafteten
Gegenstand, bringt sie die eigenthüniliche Verkehrung hervor, die in
dem Satze der höhern Mechanik enthalten ist, daß in gleichen und zwar unendlichkleinen Zeiten unendlichkleine Theile einer Kurve in gleichförmiger Bewegung durchloffen werden, indem dieß von einer Bewegung behauptet wird, in der in gleichen endlichen d. i. existirenden Zeittheilen endliche, d. i. existirende ungleiche
Theile der Kurve durchloffen werden, d. i. also von einer Bewegung, die
als existirend ungleichförmig ist und so angenommen wird. Dieser Satz
ist der Ausdruck desjenigen in Worten, was ein analytisches Glied, das
sich in der oben auch angeführten Entwickelung der Formel von
ungleichförmiger übrigens einem Gesetze gemäßen Bewegung ergiebt,
bedeuten soll. Aeltere Mathematiker suchten Ergebnisse der neu
erfundenen Infinitesimal-Rechnung, die ohnehin immer mit konkreten
Gegenständen zu thun hatte, in Worte und Sätze auszudrücken und sie in
geometrischen Verzeichnungen darzustellen, wesentlich um sie für
die Lehrsätze nach gewöhnlicher Beweise-Art zu gebrauchen. Die Glieder
einer mathematischen Formel, in welche die analytische Behandlung die Größe des Gegenstands z. B. der Bewegung zerlegte, erhielten dort eine gegenständliche
Bedeutung, z. B. der Geschwindigkeit, beschleunigende Kraft u.s.f. sie
sollten nach solcher Bedeutung richtige Sätze, physikalische Gesetze
geben und nach der analytischen Verbindung auch ihre objektiven
Verknüpfungen und Verhältnisse bestimmt seyn, wie z. B. eben daß in
einer gleichförmig beschleunigten Bewegung eine besondere den Zeiten
proportionale Geschwindigkeit existire, außerdem aber ein Zuwachs von
der Kraft der Schwere her, immer hinzukomme. Solche Sätze werden in der
modernen, analytischen Gestalt der Mechanik durchaus als Ergebnisse des
Kalkuls aufgeführt unbekümmert darum, ob sie einen reellen Sinn
d. i. dem eine Existenz entspräche, für sich an ihnen selbst hätten,
und um einen Beweis eines solchen; die Schwierigkeit, den Zusammenhang
solcher Bestimmungen, wenn sie im ausgesprochenen reellen Sinn genommen
werden, z. B. den Uebergang von jener schlechtgleichförmigen
Geschwindigkeit zu einer gleichförmigen beschleunigten, begreifflich zu
machen, gilt dafür, durch die analytische Behandlung ganz beseitigt zu
seyn, als in welcher solcher Zusammenhang einfache Folge der
nunmehrigen festen Autorität der Operationen des Kalkuls ist. Es wird
für einen Triumph der Wissenschaft ausgegeben, durch den bloßen Kalkul über die Erfahrung hinaus
Gesetze, d. i. Sätze der Existenz, die keine Existenz haben, zu finden.
Aber in der erstern noch naiven Zeit des Infinitesimal-Kalkuls sollte
von jenen Bestimmungen und Sätzen, in geometrischen Verzeichnungen
vorgestellt, ein reeller Sinn für sich angegeben und plausibel gemacht,
und sie in solchem Sinne zum Beweise von den Hauptsätzen, um die es zu
thun war, angewendet werden, (- man sehe den newtonischen Beweis von seinem Fundamentalsatze der Theorie der Gravitation in den Princ. mathem. philosophiae naturalis lib. I. Sect. II. Prop. I. verglichen mit Schuberts Astronomie (erster Ausg. III. B. _. 20), wo zugestanden wird, daß es sich nicht genau so, d. i. in dem Punkte, welcher der Nerv des Beweises ist, sich nicht so verhalte, wie Newton annimmt -).
Es
wird nicht geläugnet werden können, daß man sich in diesem Felde vieles
als Beweis, vornehmlich unter der Beihülfe des Nebels des
Unendlich-Kleinen hat gefallen lassen, aus keinem andern Grunde als
dem, daß das, was herauskam, immer schon vorher bekannt war, und der
Beweis, der so eingerichtet wurde, daß es herauskam, wenigstens den Schein eines Gerüstes von Beweis
zu Stande brachte; - einen Schein, den man dem bloßen Glauben oder dem
Wissen aus Erfahrung immer noch vorzog. Ich aber trage kein Bedenken,
diese Manier für nicht mehr als eine bloße Taschenspielerei und
Charlatanerie des Beweisens anzusehen, und hierunter selbst newtonische
Beweise zu rechnen, ins Besondere die zu dem so eben angeführten
gehörigen, wegen welcher man Newton bis an den Himmel und über Keppler erhoben hat, das was dieser bloß durch Erfahrung gefunden, mathematisch dargethan zu haben.
Das
leere Gerüste solcher Beweise wurde errichtet, um physische Gesetze zu
beweisen. Aber die Mathematik vermag überhaupt nicht Größenbestimmungen
der Physik zu beweisen, insofern sie Gesetze sind, welche die qualitative Natur der Momente zum Grunde haben; aus dem einfachen Grunde, weil diese Wissenschaft nicht Philosophie ist, nicht vom Begriffe
ausgeht, und das Qualitative daher, insofern es nicht lemmatischerweise
aus der Erfahrung aufgenommen wird, außer ihrer Sphäre liegt. Die
Behauptung der Ehre der Mathematik, daß alle in ihr vorkommenden Sätze streng bewiesen seyn sollen, ließ sie ihre Grenze oft vergessen; so schien es gegen ihre Ehre, für Erfahrungssätze einfach die Erfahrung als Quelle und als einzigen Beweis anzuerkennen; später ist das
Bewußtseyn hierüber gebildeter geworden; eh dieses aber über den
Unterschied sich nicht klar wird, was mathematisch beweisbar ist und
was nur anderwärts genommen werden kann, wie darüber was nur Glieder
analytischer Entwickelung und was physikalische Existenzen sind, kann
die Wissenschaftlichkeit sich nicht zu strenger und reiner Haltung
herausbilden. - Jenem Gerüste newtonischen Beweisens aber wird ohne
Zweifel noch dasselbe Recht widerfahren, das einem anderen grundlosen
newtonischen Kunstgebäude aus optischen Experimenten und damit verbundenem Schließen
angethan worden ist. Die angewandte Mathematik ist noch voll von einem
gleichen Gebräue aus Erfahrung und Reflexion, aber wie vonjener Optik
seit geraumer Zeit bereits ein Theil nach dem andern anfing in der
Wissenschaft faktisch ignorirt zu werden mit der Inkonsequenz
jedoch, das Uebrige obgleich damit Widersprechende noch gewähren zu
lassen, - so ist es auch Faktum, daß bereits ein Theil jener
trügerischen Beweise, von selbst in Vergessenheit gerathen oder durch
andere ersetzt worden ist.
In der vorigen Anmerkung ist Theils die Begriffsbestimmtheit des Unendlich-Kleinen,
das in dem Differential-Kalkul gebraucht wird, Theils die Grundlage
seiner Einführung in denselben betrachtet worden; Beides sind abstrakte
und darum an sich auch leichte Bestimmungen; die sogenannte Anwendung aber bietet größere Schwierigkeiten sowohl als auch die interessantere Seite dar; die Elemente dieser konkreten
Seite sollen der Gegenstand dieser Anmerkung seyn. - Die ganze Methode
der Differentialrechnung ist in dem Satze, daß dx[hoch n] = nx[hoch n
1]dx, oder f(x+i)-fx/i = P, d.i. gleich dem Koefficienten des ersten Gliedes des nach den Potenzen von dx oder i entwickelten
Binomiums x + d, x + i, absolvirt. Man bedarf weiter nichts zu
erlernen; die Ableitung der nächsten Formen, des Differentials eines
Produkts, einer Exponentialgröße und sofort ergiebt sich daraus
mechanisch; in wenig Zeit, vielleicht in einer halben Stunde - mit dem
Finden der Differentiale ist das umgekehrte, das Finden der
ursprünglichen Funktion aus jenen, die Integration gleichfalls gegeben,
- kann man die ganze Theorie inne haben. Was allein länger aufhält, ist
die Bemühung es einzusehn, begreifflich zu machen, daß nachdem der eine
Umstand der Aufgabe, das Finden jenes Koefficienten, auf
analytische d. i. ganz arithmetische Weise, durch die Entwickelung der
Funktion der veränderlichen Größe, nachdem diese durch einen Zuwachs
die Form eines Binomiums erhalten, so leicht bewerkstelligt worden, es
auch mit dem andern Umstand, nämlich mit dem Weglassen der
übrigen Glieder der entstehenden Reihe außer den ersten, seine
Richtigkeit habe. Wäre es der Fall, daß man jenen Koefficienten allein
nöthig hätte, so wäre mit der Bestimmung desselben Alles, was die
Theorie betrifft, - wie gesagt in weniger als einer halben Stunde
abgethan, und das Weglassen der weitern Glieder der Reihe machte so
wenig eine Schwierigkeit, daß vielmehr von ihnen, als Gliedern der
Reihe (als zweiten, dritten u.s.f. Funktionen ist ihre Bestimmung schon
mit der Bestimmung des ersten gleichfalls absolvirt), gar nicht die
Rede wäre, da es um sie ganz und gar nicht zu thun ist.
Es
kann die Bemerkung vorangeschickt werden, daß man es der Methode des
Differentialkalkuls wohl sogleich ansieht, daß sie nicht für sich
selbst erfunden und aufgestellt worden ist; sie ist nicht nur nicht für
sich begründet, als eine andere Weise analytischen Verfahrens, sondern
die Gewaltsamkeit, Glieder, die sich aus Entwickelung einer Funktion
ergeben, indem doch das Ganze dieser Entwickelung vollständig zur Sache zu gehören angenommen ist, - weil die Sache als der Unterschied
der
entwickelten Funktion einer veränderlichen Größe, nachdem dieser die
Gestalt eines Binomiums gegeben worden, von der ursprünglichen,
angesehen wird, - geradezu wegzulassen, widerspricht vielmehr durchaus
allen mathematischen Grundsätzen. Das Bedürfniß solcher
Verfahrungsweise, wie die ihr an ihr selbst mangelnde Berechtigung,
weist sogleich darauf hin, daß anderswo der Ursprung und die Grundlage
sich befinden müsse. Es geschieht auch sonst in den Wissenschaften, daß
das, was als das Elementarische vornehin gestellt ist und woraus die
Sätze der Wissenschaft abgeleitet werden sollen, nicht einleuchtend
ist, und daß es sich ausweist, vielmehr in dem Nachfolgenden seine
Veranlassung und seine Begründung zu haben. Der Hergang in der
Geschichte des Differential-Kalkuls thut dar, daß er in den
verschiedenen sogenannten Tangential-Methoden vornehmlich, die Sache gleichsam als in Kunststücken,
den Anfang genommen hat; die Art des Verfahrens, nachdem es auch auf
weitere Gegenstande ausgedehnt worden, ist spater zum Bewußtseyn und in
abstrakte Formeln gebracht worden, welche nun auch zu Principien zu erheben versucht wurde.
Als die Begriffsbestimmtheit des sogenannten Unendlich-Kleinen ist die qualitative
Quantitäts-Bestimmtheit solcher, die zunächst als Quanta im Verhältniß
zu einander gesetzt sind, aufgezeigt worden, woran sich die empirische
Untersuchung knüpfte, jene Begriffs-Bestimmtheit in den Beschreibungen
oder Definitionen nachzuweisen, die sich von dem Unendlich-Kleinen,
insofern es als unendliche Differenz und dergleichen genommen ist,
vorfinden. - Dieß ist nur im Interesse der abstrakten
Begriffsbestimmtheit als solcher geschehen; die weitere Frage wäre, wie
von ihr der Uebergang zur mathematischen Gestaltung und Anwendung
beschaffen wäre. Zu dem Ende ist zuerst das Theoretische, die
Begriffsbestimmtheit, noch weiter vorzunehmen, welche sich an ihr
selbst nicht ganz unfruchtbar zeigen wird; alsdenn ist das Verhältniß
derselben zur Anwendung zu betrachten, und bei
beidem nachzuweisen, so weit es hier angeht, daß die allgeineinen
Folgerungen zugleich demjenigen, um was es in der Differentialrechnung
zu thun ist, und der Art, wie sie es bewerkstelligt, angemessen sind.
Zunächst
ist daran zu erinnern, daß die Form, welche die in Rede stehende
Begriffsbestimmtheit im Mathematischen hat, bereits beiläufig angegeben
ist. Die qualitative Bestimmtheit des Quantitativen ist zuerst im
quantitativen Verhältniß überhaupt aufgewiesen, es ist aber
auch schon bei der Nachweisung der unterschiedenen sogenannten
Rechnungsarten (s. d. betreff. Anm.) anticipirt worden, daß das nachher
an seiner eigenthümlichen Stelle noch zu betrachtende Potenzenverhältniß
es ist, worin die Zahl durch Gleichsetzung ihrer Begriffsmomente, der
Einheit und der Anzahl als zu sich selbst zurückgekehrte gesetzt ist,
und damit das Moment der Unendlichkeit, des Fürsichseyns, d. i. des
Bestimmtseyns durch sich selbst, an ihr erhält. Die ausdrückliche
qualitative Größenbestimmtheit bezieht sich somit, wie gleichfalls
schon erinnert, wesentlich auf Potenzenbestimmungen, und da die
Differentialrechnung das Specifische hat, mit qualitativen Größenformen
zu operiren, so muß ihr eigenthümlicher mathematischer Gegenstand die
Behandlung von Potenzenformen seyn, und die sämmtlichen Aufgaben und
deren Auflösungen, zu deren Behuf die Differentialrechnung gebraucht
wird, zeigen es, daß das Interesse allein in der Behandlung von
Potenzenbestimmungen als solchen liegt.
So
wichtig diese Grundlage ist, und sogleich an die Spitze etwas
Bestimmtes stellt, statt der bloß formellen Kategorien von
veränderlichen, kontinuirlichen oder unendlichen Größen und
dergleichen, oder auch nur von Funktionen uberhaupt, so ist sie noch zu
allgemein; andere Operationen haben gleichfalls damit zu thun; schon
das Erheben in die Potenz und Wurzelausziehen, dann die Behandlung der
Exponentialgrößen und Logarithmen, Reihen, die Gleichungen höherer
Ordnungen haben ihr Interesse und ihre
Bemühung allein mit Verhältnissen, die auf Potenzen beruhen. Ohne
Zweifel müssen sie zusammen ein System der Potenzenbehandlung
ausmachen; aber welches unter den verschiedenen Verhältnissen, worein
Potenzenbestimmungen gesetzt werden können, dasjenige sey, das der
eigentliche Gegenstand und das Interesse für die Differentialrechnung
ist, dieß ist aus dieser selbst, d. i. aus den sogenannten Anwendungen
derselben zu entnehmen. Diese sind in der That die Sache selbst, das
wirkliche Verfahren in der mathematischen Auflösung eines gewissen
Kreises von Problemen; dieß Verfahren ist früher gewesen, als die
Theorie oder der allgemeine Theil, und Anwendung ist dasselbe später
genannt worden nur in Beziehung auf die nachher erschaffene Theorie,
welche die allgemeine Methode des Verfahrens Theils aufstellen, Theils
ihr aber Principien, d. i. Rechtfertigung geben wollte. Welche
vergebliche Bemühung es gewesen ist, für die bisherige Auffassungsweise
des Verfahrens Principien aufzufinden, welche den Widerspruch, der
dabei zum Vorschein kommt, wirklich lösten, statt ihn nur durch die
Unbedeutenheit des nach dem mathematischen Verfahren nothwendigen hier
aber wegzulassenden, oder durch die auf dasselbe hinauslaufende
Möglichkeit der unendlichen oder beliebigen Annäherung und dergleichen
zu entschuldigen oder zu verstecken, ist in voriger Anmerkung gezeigt
worden. Wenn aus dem wirklichen Theile der Mathematik, der die
Differentialrechnung genannt wird, das Allgemeine des Verfahrens anders
abstrahirt würde, als bisher geschehen ist, so würden sich jene
Principien und die Bemühung mit denselben auch als entbehrlich zeigen,
wie sie an ihnen selbst sich als etwas Schiefes und im Widerspruche
Bleibendes ausweisen.
Wenn
wir diesem Eigenthümlichen durch einfaches Aufnehmen des in diesem
Theile der Mathematik Vorhandenen nachforschen, so finden wir als
Gegenstand à) Gleichungen, in welchen eine beliebige Anzahl von Größen
(wir können hier überhaupt bei zwei stehen bleiben) zu einem Ganzen der Bestimmtheit so verbunden sind, daß diese erstens ihre Bestimmtheit in empirischen Größen,
als festen Grenzen und dann in der Art der Verbindung mit denselben, so
wie ihrer Verbindung untereinander, haben; wie dieß überhaupt in einer
Gleichung der Fall ist; indem aber nur Eine Gleichung für beide Größen
(und ebenso relativ wohl mehrere Gleichungen für mehrere Größen, aber
immer weniger, als die Anzahl der Größen ist -) vorhanden ist, gehören
diese Gleichungen zu den unbestimmten; und daß zweitens eine Seite, wie diese Größen hier ihre Bestimmtheit haben, darin liegt, daß sie (wenigstens eine derselben) in einer höhern, als die erste Potenz, in der Gleichung vorhanden sind.
Hierüber
sind zunächst einige Bemerkungen zu machen, für's Erste, daß die Größen
nach der ersten der angegebenen Bestimmungen ganz nur den Charakter
solcher veränderlichen Größen haben, wie sie in den Aufgaben der unbestimmten
Analysis vorkommen. Ihr Werth ist unbestimmt, aber so daß wenn
anderswoher ein vollkommen bestimmter Werth, d. i. ein Zahlenwerth für
die eine kommt, auch die andere bestimmt, so die eine, eine Funktion
der andern, ist. Die Kategorien von veränderlichen Größen, Funktionen
und dergleichen sind darum für die specifische Größebestimmtheit, die
hier in Rede steht, nur formell, wie vorhin gesagt worden ist,
weil sie von einer Allgemeinheit sind, in welcher dasjenige
Specifische, worauf das ganze Interesse des Differentialkalkuls geht,
noch nicht enthalten ist, noch daraus durch Analyse explicirt werden
kann; sie sind für sich einfache, unbedeutende, leichte Bestimmungen,
die nur erst schwierig gemacht werden, insofern das in sie gelegt
werden soll, damit es dann aus ihnen abgeleitet werden könne, was nicht
in ihnen liegt, nämlich die specifische Bestimmung der
Differentialrechnung. - Was alsdenn die sogenannte Konstante betrifft, so kann über sie bemerkt werden, daß sie zunächst als
eine gleichgültige empirische Größe ist, bestimmend für die
veränderlichen Größen bloß in Ansehung ihres empirischen Quantums, als
Grenze ihres Minimums und Maximums; die Art der Verbindung aber der
Konstanten mit den veränderlichen Größen ist selbst eines der Momente
für die Natur der besonderen Funktion, welche diese Größen sind.
Umgekehrt sind aber auch die Konstanten selbst Funktionen; insofern z.
B. eine gerade Linie den Sinn hat, Parameter einer Parabel zu
seyn, so ist dieser ihr Sinn dieß, daß sie die Funktion y[hoch 2]/x
ist; wie in der Entwickelung des Binomiums überhaupt, die Konstante,
welche der Koefficient des ersten Entwickelungsgliedes ist, die Summe
der Wurzeln, der des zweiten, die Summe der Produkte derselben zu zwei
und zwei u.s.f. also diese Konstanten hier überhaupt Funktionen der
Wurzeln sind; wo in der Integralrechnung die Konstante aus der
gegebenen Formel bestimmt wird, wird sie insofern als eine Funktion von
dieser behandelt. Jene Koefficienten werden wir dann weiter in einer
anderen Bestimmung als Funktionen betrachten, deren Bedeutung im
Konkreten es ist, worauf das ganze Interesse geht.
Das
Eigenthümliche nun aber, wodurch die Betrachtung der veränderlichen
Größen sich in der Differentialrechnung von ihrer Beschaffenheit in den
unbestimmten Aufgaben unterscheidet, ist in das Angegebene zu setzen,
daß wenigstens eine jener Größen oder auch alle sich in einer höhern
Potenz als die erste befinde, wobei wieder gleichgültig ist, ob
sämmtliche von derselben höhern oder von ungleichen Potenzen sind; ihre
specifische Unbestimmtheit, die sie hier haben, liegt allein darin, daß
sie in solchem Potenzenverhältnisse Funktionen von einander sind. Dadurch ist die Veränderung der veränderlichen Größen qualitativ determinirt, damit kontinuirlich, und diese Kontinuität, die für sich wieder nur die formelle Kategorie überhaupt einer Identität, einer sich in der Veränderung erhaltenden, gleichbleibenden Bestimmtheit ist, hat hier ihren determinirten Sinn und zwar allein in dem Potenzenverhältnisse, als welches kein Quantum zu seinem Exponenten hat, und die nicht quantitative,
bleibende Bestimmtheit des Verhältnisses der veränderlichen Größen
ausmacht. Daher ist gegen einen andern Formalismus die Bemerkung zu
machen, daß die erste Potenz nur Potenz im Verhältniß zu höhern ist;
für sich ist x nur irgend ein unbestimmtes Quantum. So hat es keinen
Sinn, für sich die Gleichungen y = ax + b, der geraden Linie
oder s = ct die der schlechtgleichförmigen Geschwindigkeit zu
differentiren; wenn aus y = ax, oder auch aus y = ax + b, a = dy/dx,
oder ds/dt = c aus s = ct wird, so ist ebenso sehr a = y/x, die
Bestimmung der Tangente oder s/t = c. die der schlechten
Geschwindigkeit. Letztere wird als dy/dx exponirt im Zusammenhange
dessen, was für die Entwickelung der gleichförmig beschleunigten
Bewegung ausgegeben wird; aber daß ein Moment von einfacher,
schlechtgleichförmiger, d. i. nicht durch die höhere Potenz eines der
Momente der Bewegung bestimmter Geschwindigkeit, im Systeme solcher
Bewegung vorkomme, ist, wie früher bemerkt, selbst eine leere, allein
in der Routine der Methode gegründete Annahme. Indem die Methode von
der Vorstellung des Zuwachses, den die veränderliche Größe erleiden
solle, ausgeht, so kann Freilich auch eine solche, die nur eine
Funktion von erster Potenz ist, auch einen Zuwachs erleiden; wenn nun
hierauf, um das Differential zu finden, der Unterschied der hierdurch
entstandenen zweiten Gleichung von der gegebenen genommen werden soll,
so zeigt sich das Leere der Operation, daß, wie bemerkt, die Gleichung
vor und nach derselben, für die sogenannten Zuwächse dieselbe ist als
für die veränderlichen Größen selbst.
ß) Durch das Gesagte ist die Natur der zu behandelnden Gleichung bestimmt, und es ist nun anzugeben, auf welches Interesse sich die Behandlung derselben gerichtet findet. Diese Betrachtung kann nur bekannte Resultate, wie sie der Form nach in der Lagrange'schen
Auffassung insbesondere vorhanden sind, geben; aber ich habe die
Exposition so ganz elementarisch angestellt, um die damit vermischten
heterogenen Bestimmungen zu entfernen. - Als die Grundlage der
Behandlung der Gleichung von angegebener Art zeigt sich, daß die Potenz
innerhalb ihrer selbst als ein Verhältniß, als ein System von Verhältnißbestimmungen, gefaßt wird. Die Potenz ist oben als die Zahl angegeben worden, insofern sie dazu gekommen ist, daß ihre Veränderung durch sie selbst bestimmt,
ihre Momente, Einheit und Anzahl identisch ist, wie früher
nachgewiesen, vollkommen zunächst im Quadrat, formeller, was hier
keinen Unterschied macht, in den höhern Potenzen. Die Potenz nun, da
sie als Zahl - wenn man den Ausdruck Größe als den allgemeinern vorzieht, so ist sie an sich immer die Zahl, - eine Menge ist, auch als Summe
dargestellt, kann zunächst innerhalb ihrer in eine beliebige Menge von
Zahlen zerlegt werden, die ohne alle weitere Bestimmung gegen einander
und gegen ihre Summe sind, als nur daß sie zusammen dieser gleich sind.
Aber die Potenz kann auch in eine Summe von solchen Unterschieden discernirt werden, die durch die Form der Potenz
bestimmt sind. Wird die Potenz als Summe genommen, so ist auch die
Grundzahl derselben, die Wurzel als Summe gefaßt, und beliebig nach
mannigfaltiger Zerlegung, welche Mannigfaltigkeit aber das
gleichgültige empirisch-Quantitative ist. Die Summe als welche die
Wurzel seyn soll, auf ihre einfache Bestimmtheit, d. i. ihre wahrhafte
Allgemeinheit zurückgeführt, ist das Binomium; alle weitere Vermehrung der Glieder ist eine bloße Wiederholung derselben Bestimmung und daher etwas Leeres. Worauf es ankommt, ist allein die, hiermit qualitative Bestimmtheit der Glieder, welche sich durch die Potenzirung
der als Summe angenommenen Wurzel ergiebt, welche Bestimmtheit allein
in der Veränderung, die das Potenziren ist, liegt. Diese Glieder sind
somit ganz Funktionen der Potenzirung und der Potenz. Jene Darstellung nun der Zahl, als Summe einer Menge von solchen Gliedern, welche Funktionen der Potenzirung sind, alsdenn das Interesse, die Form solcher Funktionen, und ferner diese Summe
aus der Menge solcher Glieder, zu finden, insofern dieses Finden allein
von jener Form abhängen muß, - dieß macht bekanntlich die besondere
Lehre von den Reihen aus. Aber hierbei haben wir wesentlich das fernere Interesse zu unterscheiden, nämlich das Verhältniß der zu Grunde liegenden Größe selbst, deren Bestimmtheit, insofern sie ein Komplex d. i. hier eine Gleichung, ist, eine Potenz in sich schließt, - zu den Funktionen ihrer Potenzirung. Dieß Verhältniß, ganz abstrahirt von dem vorhin genannten Interesse der Summe
wird sich als der Gesichtspunkt zeigen, der sich als der einzige, den
die Differentialrechnung sich vorsetzt, aus der wirklichen Wissenschaft
ergiebt.
Es
ist jedoch vorher noch eine Bestimmung zu dem Gesagten hinzuzufügen,
oder vielmehr eine, die darin liegt, zu entfernen. Es wurde nämlich
gesagt, daß die veränderliche Größe, in deren Bestimmung die Potenz
eintritt, angesehen werde, innerhalb ihrer selbst als Summe und
zwar als ein System von Gliedern, insofern diese Funktionen der
Potenzirung sind, womit auch die Wurzel als eine Summe, und in der
einfach bestimmten Form als Binomium
betrachtet werde; x[hoch n] = (y + z)[hoch n] = (y + ny[hoch n-1] z +
....) Diese Darstellung ging für die Entwickelung der Potenz, d. i. für
das Erlangen ihrer Potenzirungsfunktionen, von der Summe als solcher aus; es ist jedoch hier nicht um eine Summe als solche noch um die daraus entspringende Reihe zu thun, sondern von der Summe ist nur die Beziehung aufzunehmen. Die Beziehung
als solche der Größen ist das was einer Seits übrig bleibt, nachdem von
dem plus einer Summa als solcher abstrahirt wird, und was anderer Seits
für das Finden der EntwicklungsFunktionen der Potenz erforderlich ist.
Solche Beziehung aber ist schon darin bestimmt, daß hier der Gegenstand
eine Gleichung, y[hoch m] = ax[hoch n] auch schon ein Komplex
von mehrern (veränderlichen) Größen ist, der eine Potenzenbestimmung
derselben enthält. In diesem Komplex ist jede dieser Größen schlechthin
als in der Beziehung auf die andere mit der Bedeutung, könnte
man sagen, eines plus an ihr selbst, - als Funktion der andern Größen
gesetzt; ihr Charakter, Funktionen von einander zu seyn, giebt ihnen
diese Bestimmung des plus, eben damit aber eines ganz unbestimmten,
nicht eines Zuwachses, Inkrements und dergleichen. Doch diesen
abstrakten Gesichtspunkt konnten wir auch auf der Seite lassen; es kann
ganz einfach dabei stehen geblieben werden, daß nachdem die
veränderlichen Größen in der Gleichung als Funktionen von einander, so
daß diese Bestimmtheit ein Verhältniß von Potenzen enthält, gegeben
sind, nun auch die Funktionen der Potenzirung einer jeden mit
einander verglichen werden, - welche zweiten Funktionen durch gar
nichts Anderes weiter als durch die Potenzirung selbst bestimmt sind.
Es kann zunächst für ein Belieben oder eine Möglichkeit
ausgegeben werden, eine Gleichung von den Potenzen ihrer veränderlichen
Größen auf ein Verhältniß ihrer Entwickelungsfunktionen zu setzen; ein
weiterer Zweck, Nutzen, Gebrauch hat erst das Dienliche
solcher Umgestaltung davon anzugeben; durch ihre Nützlichkeit allein
ist jene Umstellung veranlaßt worden. Wenn vorhin von der Darstellung
dieser Potenzirungsbestimungen an einer Größe, die als Summe in sich different
genommen werde, ausgegangen worden, so diente dieß nur Theils zur
Angabe von welcher Art solche Funktionen seyen, Theils liegt darin die
Weise sie zu finden.
Wir
befinden uns hiermit bei der gewöhnlichen analytischen Entwickelung,
die für den Zweck der Differentialrechnung so gefaßt wird, daß der
veränderlichen Größe ein Zuwachs, dx, i gegeben und nun die Potenz des
Binomiums durch die Gliederreihe, die ihm angehört, explicirt wird. Der
sogenannte Zuwachs aber soll nicht ein Quantum, nur eine Form seyn,
deren ganzer Werth ist, zur Entwickelung behülflich zu seyn; was man eingestandenermaßen, am bestimmtesten von Euler und Lagrange,
und in der früher erwähnten Vorstellung der Grenze, will, sind nur die
sich ergebende Potenzenbestimmungen der veränderlichen Größen, die
sogenannten Koefficienten zwar des Zuwachses und der Potenzen
desselben, nach denen die Reihe sich ordnet und zu denen die
unterschiedenen Koefficienten gehören. Es kann hierzu etwa bemerkt
werden, daß indem nur um der Entwickelung willen ein Zuwachs angenommen
ist, der ohne Quantum sey, es am geschicktesten gewesen wäre, (das
Eins) dafür zu nehmen, indem derselbe in der Entwickelung immer nur als
Faktor vorkommt, womit eben der Faktor Eins den Zweck erfüllt, daß
keine quantitative Bestimmtheit und Veränderung durch den Zuwachs
gesetzt werden solle; dagegen dx mit der falschen Vorstellung von einer
quantitativen Differenz, und andere Zeichen, wie i, mit dem hier
unnützen Scheine von Allgemeinheit behafftet, immer das Aussehen und
die Prätension von einem Quantum und dessen Potenzen haben; welche Prätension dann die Mühe herbeibringt, sie dessenungeachtet wegzubringen und wegzulassen. Um die Form einer nach
Potenzen entwickelten Reihe zu behalten, könnten die
Exponentenbezeichnungen als indices ebenso gut dem Eins angefügt
werden. Aber es muß ohnehin von der Reihe und von der Bestimmung der
Koefficienten nach der Stelle, die sie in der Reihe haben, abstrahirt
werden, das Verhältniß zwischen allen ist dasselbe; die zweite Funktion
wird ganz ebenso aus der ersten, als diese aus der ursprünglichen
abgeleitet, und für die als die zweite gezählte ist die erste
abgeleitete wieder ursprüngliche Funktion. Wesentlich aber geht das
Interesse nicht auf die Reihe, sondern ganz allein auf die sich aus der
Entwickelung ergebende Potenzenbestimmung in ihrem Verhältniß zu der für sie unmittelbaren Größe. Anstatt also jene als den Koefficienten des ersten Gliedes der Entwickelung zu bestimmen, da ein Glied als das erste
in Beziehung auf die andern in der Reihe folgenden bezeichnet wird,
eine solche Potenz als eines Zuwachses aber, wie die Reihe selbst
hierher nicht gehören, wäre der bloße Ausdruck abgeleitete Potenzenfunktion oder wie vorhin gesagt wurde, eine Funktion des Potenzirens der Größe vorzuziehen, wobei als bekannt vorausgesetzt wird, auf welche Weise die Ableitung als innerhalb einer Potenz eingeschlossene Entwickelung genommen wird.
Wenn
nun der eigentliche mathematische Anfang in diesem Theile der Analytik
nichts weiter ist, als das Finden der durch die Potenzen-Entwickelung
bestimmten Funktion, so ist die weitere Frage, was mit dem damit
erhaltenen Verhältnisse anzufangen ist, wo es eine Anwendung und Gebrauch hat, oder in der That, für welchen Zweck solche Funktionen gesucht werden. Durch das Finden von Verhältnissen, an konkreten Gegenständen, welche sich auf jene abstrakte analytische zurückführen lassen, hat die Differentialrechnung ihr großes Interesse erhalten.
Ueber die Anwendbarkeit aber ergiebt sich zunächst aus der Natur der Sache, ohne noch aus den Fällen der Anwendung
selbst zu schließen, vermöge der aufgezeigten Gestalt der
Potenzenmomente, von selbst Folgendes. Die Entwickelung der
Potenzengrößen, wodurch sich die Funktionen ihrer Potenzirung ergeben,
enthält, von näherer Bestimmung abstrahirt, zunächst überhaupt die Herabsetzung der Größe auf die nächst niedrigere Potenz. Die Anwendbarkeit
dieser Operation findet also bei solchen Gegenständen statt, bei
welchen gleichfalls ein solcher Unterschied von Potenzenbestimmungen
vorhanden ist. Wenn wir nun auf die Raumbestimmtheit
reflektiren, so finden wir, daß sie die drei Dimensionen enthält, die
wir, um sie von den abstrakten Unterschieden der Höhe, Länge und Breite
zu unterscheiden, als die konkreten bezeichnen können, nämlich
die Linie, die Fläche und den totalen Raum; und indem sie in ihren
einfachsten Formen und in Beziehung auf Selbstbestimmung und damit auf
analytische Dimensionen genommen werden, haben wir die gerade Linie,
die ebene Fläche und dieselbe als Quadrat, und den Kubus. Die gerade
Linie hat ein empirisches Quantum, aber mit der Ebene tritt das
Qualitative, die Potenzenbestimmung ein; nähere Modificationen, z. B.
daß dieß gleich auch mit den ebenen Kurven geschieht, können wir,
insofern es zunächst um den Unterschied bloß im Allgemeinen zu thun
ist, unerörtert lassen. Hiermit entsteht auch das Bedürfniß, von einer höheren Potenzenbestimmung zu einer niedrigern und umgekehrt überzugehen, indem z. B. lineare Bestimmungen aus gegebenen Gleichungen der Fläche u.s.f. oder umgekehrt abgeleitet werden sollen. - Die Bewegung
ferner, als an der das Größenverhältniß des durchloffenen Raumes und
der dazu gehörigen verflossenen Zeit zu betrachten ist, zeigt sich in
den verschiedenen Bestimmungen einer schlechtgleichförmigen, einer
gleichförmig beschleunigten, einer abwechselnd gleichförmig
beschleunigten und gleichförmig retardirten, - in sich zurückkehrenden
Bewegung; indem diese unterschiedenen Arten der Bewegung nach dem
Größenverhältnisse ihrer Momente, des Raums
und der Zeit, ausgedrückt werden, ergeben sich für sie Gleichungen aus
unterschiedenen Potenzenbestimmungen, und insofern es Bedürfniß seyn
kann, eine Art der Bewegung oder auch der Raumgrößen, an welche eine
Art gebunden ist, aus einer anderen Art derselben zu bestimmen, führt
die Operation gleichfalls das Uebergehen von einer Potenzenfunktion zu
einer höhern oder medrigern herbei. - Die Beispiele dieser zwei
Gegenstände mögen für den Zweck, zu dem sie angeführt sind, genügen.
Der
Anschein von Zufälligkeit, welchen die Differentialrechnung in ihren
Anwendungen präsentirt, würde schon vereinfacht werden, durch das
Bewußtseyn über die Natur der Gebiete, in welchem die Anwendung statt
finden kann, und über das eigenthümliche Bedürfniß und die Bedingung
dieser Anwendung. Nun aber kommt es weiter innerhalb dieser Gebiete
selbst darauf an, zu wissen, zwischen welchen Theilen der
Gegenstände der mathematischen Aufgabe ein solches Verhältniß statt
finde, als durch den Differentialkalkul eigenthümlich gesetzt wird. Es
muß gleich vorläufig bemerkt werden, daß hierbei zweierlei Verhältnisse
zu beachten sind. Die Operation des Depotenzirens einer Gleichung, sie nach den abgeleiteten Funktionen ihrer veränderlichen Größen betrachtet, giebt ein Resultat, welches an ihm selbst wahrhaft nicht mehr eine Gleichung, sondern ein Verhältniß ist; dieses Verhältniß ist der Gegenstand der eigentlichen Differentialrechnung.
Eben damit auch ist zweitens das Verhältniß vorhanden von der höhern
Potenzenbestimmung (der ursprünglichen Gleichung) selbst zu der
niedrigern (dem Abgeleiteten). Dieß zweite Verhältniß haben wir hier
zunächst bei Seite zu lassen; es wird sich als der eigenthüniliche
Gegenstand der Integralrechnung zeigen.
Betrachten
wir zunächst das erste Verhältniß, und nehmen zu der aus der
sogenannten Anwendung zu entnehmenden Bestimmung des Moments, worin das
Interesse der Operation liegt, das einfachste Beispiel an den Kurven vor, die durch eine Gleichung der zweiten Potenz bestimmt sind. Bekanntlich ist unmittelbar
durch die Gleichung das Verhältniß der Koordinaten gegeben in einer
Potenzenbestimmung. Folgen von der Grundbestimmung sind die
Bestimmungen der mit den Koordinaten zusammenhängenden anderen geraden
Linien, der Tangente, Subtangente, Normale u.s.f. Die Gleichungen aber
zwischen diesen Linien und den Koordinaten sind lineare Gleichungen; die Ganzen, als deren Theile diese Linien bestimmt sind, sind rechtwinklichte Dreiecke von geraden
Linien. Der Uebergang von der Grundgleichung, welche die
Potenzenbestimmung enthält, zu jenen linearen Gleichungen enthält nun
den angegebenen Uebergang von der ursprünglichen Funktion, d. i. welche
eine Gleichung ist, zu der abgeleiteten, welche ein Verhältniß ist, und zwar zwischen gewissen in der Kurve enthaltenen Linien. Der Zusammenhang zwischen dem Verhältnisse dieser Linien und der Gleichung der Curve ist es, um dessen Finden es sich handelt.
Es
ist nicht ohne Interesse, von dem Historischen hierüber so viel zu
bemerken, daß die ersten Entdecker ihren Fund nur auf eine ganz
empirische Weise anzugeben wissen, ohne eine Rechenschaft von der
völlig äußerlich gebliebenen Operation geben zu können. Ich begnüge
mich hierüber mit der Anführung Barrow's, des Lehrers Newtons.
In seinen lect. Opt. et Geom., worin er Probleme der höhern Geometrie
nach der Methode der Untheilbaren behandelt, die sich zunächst von dem
Eigenthümlichen der Differentialrechnung unterscheidet, giebt er auch,
"weil seine Freunde in ihn gedrungen," (lect. X.) sein Verfahren, die
Tangente zu bestimmen, an. Man muß bei ihm selbst nachlesen, wie diese
Angabe beschaffen ist, um sich eine gehörige Vorstellung zu machen, wie
das Verfahren ganz als äußerliche Regel angegeben ist, - in demselben Style, wie vormals in den arithmetischen Schulbüchern die Regel de tri oder
noch besser die sogenannte Neunerprobe der Rechnungsarten vorgetragen
worden ist. Er macht die Verzeichnung der Linienchen, die man nachher
die Inkremente im charakteristischen Dreieck einer Kurve genannt hat, und giebt nun die Vorschrift als eine bloße Regel, die Glieder als überflüssig wegzuwerfen, die in Folge der Entwickelung der Gleichungen, als Potenzen jener Inkremente oder Produkte zum Vorschein kommen, ( etenim isti termini nihilum valebunt
); ebenso seyen die Glieder, die nur aus der ursprünglichen Gleichung
bestimmte Größen enthalten, wegzuwerfen (- das nachherige Abziehen der
ursprünglichen Gleichung von der mit den Inkrementen gebildeten) und
zuletzt für das Inkrement der Ordinate die Ordinate selbst und für das Inkrement der Abscisse die Subtangente zu substituiren.
Man kann, wenn es so zu reden erlaubt ist, das Verfahren nicht
schulmeistermässiger angeben; - die letztere Substitution ist die für
die Tangentenbestimmung in der gewöhnlichen Differentialmethode zur
Grundlage gemachte Annahme der Proportionalität der
Inkremente der Ordinate und Abscisse mit der Ordinate und Subtangente;
in Barrows Regel erscheint diese Annahme in ihrer ganz naiven
Nacktheit. Eine einfache Weise, die Subtangente zu bestimmen, war
gefunden; die Manieren Robervals und Fermats laufen auf
Aehnliches hinaus, - die Methode, die größten und kleinsten Werthe zu
finden, von der der Letztere ausging, beruht auf denselben Grundlagen
und demselben Verfahren. Es war eine mathematische Sucht jener Zeiten,
sogenannte Methoden, d. i. Regeln jener Art zu finden, dabei
aus ihnen auch ein Geheimniß zu machen, was nicht nur leicht, sondern
selbst in einer Rücksicht nöthig war, aus demselben Grunde, als es
leicht war, -nämlich weil die Erfinder nur eine empirische äußerliche
Regel, keine Methode, d. i. nichts aus anerkannten Principien
Abgeleitetes, gefunden hatten. Solche sogenannte Methoden hat Leibnitz von seiner Zeit, und Newton ebenfalls von derselben und unmittelbarer von seinem Lehrer aufgenommen;
sie haben durch die Verallgemeinerung ihrer Form und Anwendbarkeit den
Wissenschaften neue Bahnen gebrochen, aber damit zugleich das Bedürfniß
gehabt, das Verfahren aus der Gestalt bloß äußerlicher Regeln zu
reißen, und demselben die erforderliche Berechtigung zu verschaffen
gesucht.
Analysiren wir die Methode näher, so ist der wahrhafte Vorgang dieser. Es werden erstlich
die Potenzenbestimmungen (versteht sich der veränderlichen Größen),
welche die Gleichung enthält, auf ihre ersten Funktionen herabgesetzt.
Damit aber wird der Werth der Glieder der Gleichung verändert; es bleibt daher keine Gleichung mehr, sondern es ist nur ein Verhältniß
entstanden zwischen der ersten Funktion der einen veränderlichen Größe
zu der ersten Funktion der andern; statt px = y[hoch 2] hat man p : 2y
oder statt 2 ax - x[hoch 2] = y[hoch 2] hat man a - x : y, was nachher
als das Verhältniß dy/dx bezeichnet zu werden pflegte. Die Gleichung
ist Gleichung der Curve, dieß Verhältniß, das ganz von derselben
abhängig, aus derselben (oben nach einer bloßen Regel)
abgeleitet ist, ist dagegen ein lineares, mit welchem gewisse Linien in
Proportion sind; p : 2y oder a - x : y sind selbst Verhältnisse aus
geraden Linien der Kurve, den Koordinaten und den Parameters; aber damit weiß man noch nichts. Das Interesse ist, von andern an der Kurve vorkommenden Linien zu wissen, daß ihnen jenes Verhältniß zukommt, die Gleichheit zweier Verhältnisse zu finden. - Es ist also zweitens
die Frage, welches die geraden, durch die Natur der Kurve bestimmten
Linien sind, welche in solchem Verhältnisse stehen? - dieß aber ist es,
was schon früher bekannt war, daß nämlich solches auf jenem
Wege erhaltenes Verhältniß das Verhältniß der Ordinate zur Subtangente
ist. dieß hatten die Alten auf sinnreichem geometrischen Wege gefunden;
was die neuern Erfinder entdeckt haben, ist das empirische Verfahren,
die Gleichung der Kurve so zuzurichten, daß jenes erste Verhältniß geliefert wird, von dem bereits bekannt war,
daß es einem Verhältnisse gleich ist, welches die Linie enthält, hier
die Subtangente, um deren Bestimmung es zu thun ist. Theils ist nun
jene Zurichtung der Gleichung methodisch gefaßt und gemacht worden, -
die Differentation, - Theils aber sind die imaginären Inkremente der
Koordinaten und das imaginäre hieraus und einem ebensolchen Inkremente
der Tangente gebildete, charakteristische Dreieck erfunden worden,
damit die Proportionalität des durch die Depotenzirung der Gleichung
gefundenen Verhältnisses mit dem Verhältnisse der Ordinate und der
Subtangente nicht als etwas empirisch nur aus der alten Bekanntschaft
Aufgenommenes, sondern als ein Erwiesenes dargestellt werde. Die alte
Bekanntschaft jedoch erweist sich überhaupt und am unverkennbarsten in
der angeführten Form von Regeln als die einzige Veranlassung und
respektive Berechtigung der Annahme des charakteristischen Dreiecks und jener Proportionalität.
Lagrange
hat nun diese Simulation verworfen, und den ächtwissenschaftlichen Weg
eingeschlagen; seiner Methode ist die Einsicht zu verdanken, worauf es
ankommt, indem sie darin besteht, die beiden Uebergänge, die für die
Auflösung der Aufgabe zu machen sind, zu trennen und jede dieser Seiten
für sich zu behandeln und zu erweisen. Der eine Theil dieser Auflösung,
- indem wir für die nähere Angabe des Ganges bei dem Beispiele der
elementarischen Aufgabe, die Subtangente zu finden, bleiben, - der
theoretische oder allgemeine Theil, nämlich das Finden der ersten Funktion aus der gegebenen Kurvengleichung, wird für sich regulirt; derselbe giebt ein lineares Verhältniß,
also von geraden Linien, die in dem Systeme der Kurvenbestimmung
vorkommen. Der andere Theil der Auflösung ist nun die Findung
derjenigen Linien an der Kurve, welche in jenem Verhältnisse stehen.
Dieß wird nun auf die direkte Weise (Théorie des Fonct. Anal. II. P.
II. Chap.) bewerkstelligt, d. i. ohne das
charakteristische Dreieck, nämlich ohne unendlichkleine Bogen,
Ordinaten und Abscissen anzunehmen und diesen die Bestimmungen von dy
und dx, d. i. von den Seiten jenes Verhältnisses und zugleich
unmittelbar die Bedeutung der Gleichheit desselben mit der Ordinate und
Subtangente selbst zu geben. Eine Linie (wie auch ein Punkt) hat allein
ihre Bestimmung, insofern sie die Seite eines Dreiecks ausmacht, wie
auch die Bestimmmung eines Punkts nur in einem solchen liegt. Dieß ist,
um es ini Vorbeigehen zu erwähnen, der Fundamentalsatz der analytischen
Geometrie, welcher die Coordinaten, wie, was dasselbe ist, in der
Mechanik das Parallelogramm der Kräfte herbeiführt, das eben darum der
vielen Bemühung um einen Beweis ganz unbedürftig ist. - Die Subtangente
wird nun als die Seite eines Dreiecks gesetzt, dessen weitere Seiten
die Ordinate und die darauf sich beziehende Tangente ist. Letztere hat
als gerade Linie zu einer Gleichung p = aq, (+ b hinzuzufügen ist für
die Bestimmung unnütz und wird nur um der beliebten Allgemeinheit
hinzugesetzt); - die Determination des Verhältnisses p/q fällt
in a, den Koefficienten von q, der die respective erste Funktion der
Gleichung ist, überhaupt aber nur als a = p/q betrachtet zu werden
braucht als, wie gesagt, die wesentliche Determination der geraden
Linie, die als Tangente an die Kurve applicirt ist. Indem nun ferner
die erste Funktion der Kurvengleichung genommen wird, ist sie ebenso
die Determination einer geraden Linie; indem ferner die eine
Koordinate p der ersten geraden Linie und y, die Ordinate der Kurve,
als dieselben genommen werden, daß also der Punkt, in welchem jene als
Tangente angenommene erste gerade die Kurve berührt, gleichfalls der
Anfangspunkt der durch die erste Funktion der Kurve bestimmten geraden
Linie ist, so kommt es darauf an, zu zeigen, daß diese zweite gerade
Linie mit der ersten zusammenfällt, d. h. Tangente ist; algebraisch
ausgedrückt, daß indem y = fx und p = Fq ist,
und nun y = p, also fx = Fq angenommen wird, auch f'x = F'q. Daß nun
die als Tangente applicirte gerade, und jene aus der Gleichung durch
deren erste Funktion determinirte gerade Linie zusammenfallen, daß die
letztere also Tangente ist; dieß wird mit Zuhilfnahme des Increments
i der Abscisse und des durch die Entwickelung der Funktion bestimmten
Increments der Ordinate gezeigt. Hier kommt denn also gleichfalls das
berüchtigte Increment herein; aber wie es zu dem so eben angegebenen
Behufe eingeführt wird, und die Entwickelung der Funktion nach
demselben, muß von dem früher erwähnten Gebrauch des Inkrements für das
Finden der Differentialgleichung und für das charakteristische Dreieck,
wohl unterschieden werden. Der hier gemachte Gebrauch ist berechtigt
und nothwendig; er fällt in den Umkreis der Geometrie, indem es zur
geometrischen Bestimmung einer Tangente als solcher gehört, daß
zwischen ihr und der Kurve, mit der sie einen Punkt gemeinschaftlich
hat, keine andere gerade Linie, die gleichfalls in diesen Punkt fiele,
durchgehen könne. Denn mit dieser Bestimmung ist die Qualität der
Tangente oder Nicht-Tangente auf den Größenunterschied
zurückgeführt, und diejenige Linie ist die Tangente, auf welche die
größere Kleinheit - schlechthin in Ansehung der Determination, auf
welche es ankommt, falle. Diese scheinbar nur relative Kleinheit
enthält durchaus nichts Empirisches, d. i. von einem Quantum als
solchem Abhängiges, sie ist qualitativ durch die Natur der Formel
gesetzt, wenn der Unterschied des Moments, von dem die zu vergleichende
Größe abhängt, ein Potenzenunterschied ist; indem derselbe auf i und
i[hoch 2] hinauskommt, und i, das zuletzt doch eine Zahl bedeuten soll,
dann als ein Bruch vorzustellen ist, so ist i[hoch 2] an und für sich kleiner als i, so daß selbst die Vorstellung von einer beliebigen
Größe, in der man i nehmen könne, hier überflüssig und sogar nicht an
ihrem Orte ist. Ebendamit hat der Erweis der größern Kleinheit nichts
mit einem Unendlich-Kleinen zu thun, das hiermit hier keineswegs hereinzukommen hat.
Wäre es auch nur um der Schönheit und des heutigstags mehr vergessen, aber wohlverdienten Ruhmes willen, daß ich noch Descartes
Tangentenmethode anführen will; sie hat übrigens auch eine Beziehung
auf die Natur der Gleichungen, über welche dann noch eine fernere
Bemerkung zu machen ist. Descartes trägt diese selbstständige Methode,
worin die geforderte lineare Bestimmung gleichfalls aus derselben
abgeleiteten Funktion gefunden wird, in seiner, sonst auch so fruchtbar
gewordenen Geometrie (liv. II. p. 357 ss. Oeuvres compl. ed. Cousin
Tom. V.) vor, indem er in derselben die große Grundlage von der Natur
der Gleichungen und deren geometrischer Konstruktion und der damit
sosehr erweiterten Analysis auf die Geometrie überhaupt, gelehrt hat.
Das Problem hat bei ihm die Form der Aufgabe, gerade Linien senkrecht
auf beliebige Orte einer Kurve zu ziehen, als wodurch Subtangente
u.s.f. bestimmt wird; man begreift die Befriedigung, die er daselbst
über seine Entdeckung, die einen Gegenstand von allgemeinem
wissenschaftlichen Interesse der damaligen Zeit betraf, und die sosehr
geometrisch ist und dadurch so hoch über den oben erwähnten bloßen
Regelmethoden seiner Nebenbuhler stand, ausdrückt: j'ose
dire que c'est ceci le problème le plus utile et le plus général, non
seulement que je sache, mais même que j'aie jamais desire de savoir en
géometrie . - Er legt für die Auflösung die analytische Gleichung
des rechtwinklichten Dreiecks zu Grund, das durch die Ordinate des
Punkts der Kurve, auf welcher die im Probleme verlangte gerade Linie
senkrecht seyn soll, dann durch diese selbst, die Normale, und drittens
durch den Theil der Achse, der durch die Ordinate und Normale
abgeschnitten wird, durch die Subnormale, gebildet wird. Aus der
bekannten Gleichung einer Kurve wird nun in jene Gleichung des Dreiecks
der Werth es sey der Ordinate oder der
Abscisse substituirt, so hat man eine Gleichung des zweiten Grades (und
Descartes zeigt, wie auch Kurven, deren Gleichungen höhere Grade
enthalten, sich hierauf zurückführen), in welcher nur noch die eine der
veränderlichen Größen und zwar im Quadrat und in der ersten Potenz
vorkommt; - eine quadratische Gleichung, welche zunächst als eine
sogenannte unreine erscheint. Nun macht Descartes die Reflexion, daß
wenn der auf der Kurve angenommene Punkt als Durchschnittspunkt
derselben und eines Kreises vorgestellt wird, dieser Kreis die Kurve
noch in einem anderen Punkte schneiden wird, und alsdenn sich für die
zwei damit entstehenden und ungleichen x, zwei Gleichungen mit
denselben Konstanten und von derselben Form ergeben; - oder aber nur Eine Gleichung mit ungleichen Werthen von x. Die Gleichung wird aber nur Eine, für das Eine
Dreieck, in welchem die Hypotenuse auf die Kurve senkrecht, Normale,
ist, was so vorgestellt wird, daß man die beiden Durchschnittspunkte
der Kurve durch den Kreis, zusammenfallen, diesen also die Kurve
berühren lasse. Damit aber fällt auch der Umstand der ungleichen Wurzeln
des x oder y der quadratischen Gleichung hinweg. Bei einer
quadratischen Gleichung von zwei gleichen Wurzeln nun aber ist der
Koefficient des Gliedes, das die Unbekannte in der ersten Potenz
enthält, das Doppelte der nur Einen Wurzel; dieß nun giebt eine
Gleichung, durch welche die verlangten Bestimmungen gefunden sind.
Dieser Gang ist für den genialen Griff eines ächt analytischen Kopfes
anzusehen, wogegen die ganz assertorisch angenommene Proportionalität
der Subtangente und der Ordinate mit den unendlich klein seyn sollenden
sogenannten Inkrementen der Abscisse und der Ordinate ganz zurücksteht.
Die
auf die angegebene Weise erhaltene Endgleichung, welche den
Koefficienten des zweiten Gliedes der quadratischen Gleichung
gleichsetzt der doppelten Wurzel oder Unbekannten, ist dieselbe, welche
durch das Verfahren des Differentialkalkuls gefunden
wird. x[hoch 2] - ax - b = 0 differentiirt giebt die neue Gleichung 2x
- a = 0; oder x[hoch 3] - px - q = 0 giebt 3x[hoch 2] - p = 0. Es
bietet sich hierbei aber die Bemerkung an, daß es sich keineswegs von
selbst versteht, daß solche abgeleitete Gleichung auch
richtig
ist. Bei einer Gleichung mit zwei veränderlichen Größen, die darum, daß
sie veränderliche sind, den Charakter unbekannte Größen zu seyn nicht
verlieren, kommt, wie oben betrachtet wurde, nur ein Verhältniß
heraus, aus dem angegebenen einfachen Grunde, weil durch das
Substituiren der Funktionen der Potenzirung an die Stelle der Potenzen
selbst der Werth der beiden Glieder der Gleichung verändert wird, und
es für sich selbst noch unbekannt ist, ob auch zwischen ihnen bei so
veränderten Werthen noch eine Gleichung Statt finde. Die Gleichung
dy/dx = P drückt gar nichts weiter aus, als daß P ein Verhältniß
ist, und es ist dem dy/dx sonst kein reeller Sinn zuzuschreiben. Von
diesem Verhältniß = P ist es aber ebenso noch unbekannt, welchem andere
Verhältnisse es gleich sey; solche Gleichung, die Proportionalität,
giebt demselben erst einen Werth und Bedeutung. - Wie angegeben wurde,
daß man diese Bedeutung, was die Anwendung hieß, anderswoher, empirisch
aufnahm, so muß bei den hier in Rede stehenden durch Differentation
abgeleiteten Gleichungen anderswoher gewußt werden, ob sie gleiche
Wurzeln haben, um zu wissen, ob die erhaltene Gleichung noch richtig
sey. Dieser Umstand wird aber in den Lehrbüchern nicht ausdrücklich
bemerklich gemacht; er wird wohl dadurch beseitigt, daß eine Gleichung
mit einer unbekannten, auf Null gebracht, sogleich y gesetzt wird,
wodurch dann bei der Differentation allerdings ein dy/dx, nur ein
Verhältniß herauskommt. Der Funktionen-Kalkul soll es allerdings mit
Funktionen der Potenzirung oder die Differentialrechnung mit
Differentialien zu thun haben, aber daraus folgt für sich noch
keineswegs, daß die Größen, deren Differentialien oder Funktionen der
Potenzirung genommen werden, selbst auch nur Funktionen anderer
Größen seyn sollen. In dem theoretischen Theile, der Anweisung, die
Differentiale, d. i. die Funktionen der Potenzirung abzuleiten, wird
ohnehin noch nicht daran gedacht, daß die Größen, die nach solcher
Ableitung zu behandeln gelehrt wird, selbst Funktionen anderer Größen
seyn sollen.
Noch kann in Ansehung des Weglassens der Konstante bei dem Differentiiren bemerklich
gemacht werden, daß dasselbe hier den Sinn hat, daß die Konstante für
die Bestimmung der Wurzeln im Falle ihrer Gleichheit gleichgültig ist,
als welche Bestimmung durch den Koefficienten des zweiten Gliedes der
Gleichung erschöpft ist. Wie im angeführten Beispiele von Descartes die
Konstante das Quadrat der Wurzeln selbst ist, also diese aus der
Konstante ebenso wie aus den Koefficienten, bestimmt werden kann; indem
sie überhaupt, wie die Koefficienten, Funktion der Wurzeln der
Gleichung ist. In der gewöhnlichen Darstellung erfolgt das Wegfallen
der sogenannten nur durch + und - mit den übrigen Gliedern verbundenen
Konstanten durch den bloßen Mechanismus des Verfahrens, daß um das
Differential eines zusammengesetzten Ausdrucks zu finden, nur den
veränderlichen Größen ein Zuwachs gegeben, und der hierdurch formirte
Ausdruck von dem ursprünglichen abgezogen wird. Der Sinn der Konstanten
und ihres Weglassens inwiefern sie selbst Funktionen sind und nach
dieser Bestimmung dienen oder nicht, kommt nicht zur Sprache.
Mit dem Weglassen der Konstanten, hängt eine ähnliche Bemerkung zusammen, die über die Namen
von Differentation und Integration, gemacht werden kann, als früher
über den endlichen und unendlichen Ausdruck gemacht wurde, daß nämlich
in ihrer Bestimmung vielmehr das Gegentheil von dem liegt, was der
Ausdruck besagt. Differentiiren bezeichnet das Setzen von Differenzen;
durch das Differentiiren aber wird eine Gleichung vielmehr auf weniger
Dimensionen herabgebracht, durch das Weglassen
der Konstante wird ein Moment der Bestimmtheit hinweggenommen; wie
bemerkt, werden die Wurzeln der veränderlichen Größe auf eine
Gleichheit gesetzt, die Differenz also derselben aufgehoben. In
der Integration hingegen soll die Konstante wieder hinzugesetzt werden;
die Gleichung wird dadurch allerdings, aber in dem Sinne integrirt, daß
die vorher aufgehobene Differenz der Wurzeln wieder hergestellt,
das Gleichgesetzte wieder differentiirt wird. - Der gewöhnliche
Ausdruck trägt dazu bei, die wesentliche Natur der Sache in Schatten zu
setzen und Alles auf den untergeordneten, ja der Hauptsache
fremdartigen Gesichtspunkt Theils der unendlich kleinen Differenz, des
Increments und dergleichen, Theils der bloßen Differenz überhaupt
zwischen der gegebenen und der abgeleiteten Funktion, ohne deren
specifischen, d. i. den qualitativen Unterschied zu bezeichnen, zu
stellen.
Ein anderes Hauptgebiet, in welchem von dem Differentialkalkul Gebrauch gemacht wird, ist die Mechanik; von den unterschiedenen Potenzen-Funktionen, die sich bei den elementarischen Gleichungen ihres Gegenstandes, der Bewegung
ergeben, sind deren Bedeutungen bereits beiläufig erwähnt; ich will
dieselben hier direkt aufnehmen. Die Gleichung, nämlich der
mathematische Ausdruck, der schlechtgleichförmigen Bewegung c = s/t
oder s = ct, in welcher die durch offenen Räume den verflossenen Zeiten
nach einer empirischen Einheit c, der Größe der Geschwindigkeit,
proportionirt sind, bietet für die Differentation keinen Sinn dar; der
Koefficient c ist bereits vollkommen bestimmt und bekannt, und es kann
keine weitere Potenzenentwicklung Statt finden. - Wie s = at[hoch 2],
die Gleichung der Bewegung des Falles, analysirt wird, ist früher schon
erinnert; - das erste Glied der Analyse ds/dt = 2 at wird in die
Sprache und resp. in die Existenz so übersetzt, es solle ein Glied
einer Summe (- welche Vorstellung wir längst entfernt haben), der eine Theil der Bewegung seyn und zwar solle dieser der Kraft der Trägheit, d. i. einer schlechtgleichförmigen Geschwindigkeit so zukommen, daß in den unendlich-kleinen Zeittheilen die Bewegung gleichförmig, in den endlichen
Zeittheilen d. h. in der That existirenden aber ungleichförmig sey.
Freilich ist fs = 2at; und die Bedeutung voll a und von t für sich
bekannt, so wie daß hiermit die Bestimmung von gleichförmiger
Geschwindigkeit einer Bewegung gesetzt ist; da a = s/[t[hoch 2]] ist 2
at = 2s/t überhaupt; damit aber weiß man im geringsten nichts weiter;
nur die fälschliche Annahme, daß 2at ein Theil der Bewegung als einer Summe
sey, giebt den fälschlichen Schein eines physikalischen Satzes. Der
Faktor selbst, a, die empirische Einheit - ein Quantum als solches -
wird der Schwere zugeschrieben; wenn die Kategorie der Kraft der
Schwere gebraucht wird, so ist vielmehr zu sagen, daß eben das Ganze s
= at[hoch 2] die Wirkung oder besser das Gesetz der Schwere ist. -
Gleichmäßig ist der aus ds/dt = 2at abgeleitete Satz, daß wenn die Schwere aufhörte zu wirken, der Körper mit der am Ende
seines Falles erlangten Geschwindigkeit den doppelten Raum von dem,
welchen er durchloffen hat, in einer der Dauer seines Falles gleichen
Zeit zurücklegen würde. - Es liegt hierin auch eine für sich schiefe
Metaphysik; das Ende des Falles, oder das Ende eines Zeittheils, in welchem der Körper gefallen, ist immer selbst noch ein Zeittheil; wäre es kein Zeittheil, so wäre Ruhe und damit keine Geschwindigkeit angenommen, die Geschwindigkeit kann nur nach dem Raume angesetzt werden, welcher in
einem Zeittheil, nicht an seinem Ende, durchloffen worden ist. - Wenn
nun aber vollends in andern physikalischen Gebieten, wo gar keine
Bewegung vorhanden ist, wie z. B. im Verhalten des Lichts (außer dem,
was seine Fortpflanzung im Raume genannt wird) und Größenbestimmungen
an den Farben, eine Anwendung der Differentialrechnung gemacht wird und
die erste Funktion von einer quadratischen Funktion hier auch
Geschwindigkeit genannt wird, so ist dieß für einen noch unstatthafteren Formalismus der Erdichtung von Existenz anzusehen. -
Bewegung, welche durch die Gleichung s = at[hoch 2] vorgestellt wird, finden wir, sagt Lagrange
in der Erfahrung vom Falle der Körper; die einfachste Bewegung
derselben würde die seyn, deren Gleichung s = ct[hoch 3] wäre, aber die
Natur zeige keine Bewegung dieser Art; wir wüßten nicht was der
Koefficient c bedeuten könnte. Wenn dem wohl so ist, so giebt es
dagegen eine Bewegung, deren Gleichung s[hoch 3] = at[hoch 2] ist, -
das kepplerische Gesetz der Bewegung der Körper des Sonnensystems; was
hier die erste abgeleitete Funktion 2at/[3s [hoch 2]] u.s.f. bedeuten
soll, und die fernere direkte Behandlung dieser Gleichung durch die
Differentation, die Entwicklung der Gesetze und Bestimmungen jener
absoluten Bewegung von diesem Ausgangspunkte aus, müßte dagegen
wohl als eine interessante Aufgabe erscheinen, in welcher die Analysis
im würdigsten Glanze sich zeigen würde.
Für sich bietet so die Anwendung des Differential-Kalkuls auf die elementarischen Gleichungen der Bewegung kein reelles
Interesse dar; das formelle Interesse kommt von dem allgemeinen
Mechanismus des Kalkuls. Eine andre Bedeutung aber erhält die Zerlegung
der Bewegung in Beziehung auf die Bestimmung ihrer Trajektorie; wenn
dieses eine Kurve ist und ihre Gleichung höhere Potenzen enthält,
bedarf es der Uebergänge von geradlinigten Funktionen als Funktionen
der Potenzirnng, zu den Potenzen selbst, und indem jene aus der
ursprünglichen Gleichung der Bewegung, welche den Faktor der Zeit
enthält, mit Elimination der Zeit zu gewinnen sind, ist dieser zugleich
auf die niedrigern Entwicklungsfunktionen herabzusetzen, aus welchen
jene Gleichungen linearer Bestimmungen erhalten werden können. Diese
Seite führt auf das Interesse des andern Theils der
Differentialrechnung.
Das Bisherige hat den Zweck gehabt, die einfache specifische
Bestimmung des Differential-Kalkuls herauszuheben und festzustellen,
und dieselbe in einigen der elementarischen Beispiele nachzuweisen.
Diese Bestimmung hat sich ergeben darin zu bestehen, daß aus einer
Gleichung von Potenzenfunktionen der Koefficient des
Entwicklungsgliedes, die sogenannte erste Funktion gefunden, und das Verhältniß,
welches diese ist, in Momenten des konkreten Gegenstands aufgewiesen
werde, durch welche so erhaltene Gleichung zwischen den beiden
Verhältnissen diese Momente selbst bestimmt sind. Es ist ebenso von dem
Princip der Integralrechnung kurz zu betrachten, was sich aus
dessen Anwendung, für die specifische konkrete Bestimmnng derselben
ergiebt. Die Ansicht dieses Kalkuls ist dadurch schon vereinfacht und
richtiger bestimmt worden, daß er nicht mehr als Summationsmethode
genommen wird, wie er im Gegensatz gegen das Differentiiren, wo der
Zuwachs als das wesentliche Ingrediens gilt, genannt wurde, und womit
er in wesentlichem Zusammenhang mit der Form der Reihe erschien. - Die
Aufgabe dieses Kalkuls ist zunächst ebenso die theoretische oder
vielmehr formelle, als die der Differentialrechnung, bekanntlich aber
die umgekehrte von dieser; - es wird hier von einer Funktion
ausgegangen, die als abgeleitete, als der Koefficient des
nächsten aus der Entwicklung einer aber noch unbekannten Gleichung
entsprungenen Gliedes betrachtet wird, und aus ihr soll die
ursprüngliche Potenzen-Funktion gefunden werden; die in der natürlichen
Ordnung der Entwicklung als ursprünglich anzusehende wird hier
abgeleitet und die früher als abgeleitet betrachtete ist hier die
gegebene oder überhaupt die anfangende. Das Formelle dieser Operation
scheint nun aber bereits durch den Differential-Kalkul geleistet zu
seyn; indem darin überhaupt der Uebergang und das Verhältniß von der
ursprünglichen zu der Entwicklungsfunktion festgestellt ist. Wenn
hierbei Theils schon um die Funktion, von der auszugehen ist,
anzusetzen, Theils aber den Uebergang von ihr zu der ursprünglichen zu bewerkstelligen, nothwendig in vielen Fällen zu der Form der Reihe
die Zuflucht genommen werden muß, so ist zunächst festzuhalten, daß
diese Form als solche mit dem eigenthümlichen Prinzip des Integrirens
unmittelbar nichts zu thun hat.
Der andere Theil nun aber der Aufgabe des Kalkuls erscheint in Rücksicht auf die formelle Operation die Anwendung derselben. Diese ist nun selbst die Aufgabe, nämlich die Bedeutung
in dem oben angegebenen Sinne zu kennen, welche die ursprüngliche
Funktion von der gegebenen als ersten Funktion betrachteten eines
besondern Gegenstandes hat. An sich könnte auch diese Lehre bereits in
der Differentialrechnung ganz abgethan zu seyn scheinen; allein es
tritt ein weiterer Umstand ein, der die Sache nicht so einfach seyn
läßt. Indem nämlich in diesem Kalkul sich ergeben, daß durch die erste
Funktion der Gleichung einer Kurve das Verhältniß, welches ein lineares
ist, erhalten worden, so weiß man damit auch, daß die Integration
dieses Verhältnisses die Gleichung der Kurve im Verhältnisse der
Abscisse und Ordinate giebt; oder wenn die Gleichung für die Ebene
einer Kurve gegeben wäre, so würde die Differentialrechnung über die
Bedeutung der ersten Funktion solcher Gleichung bereits gelehrt haben
sollen, daß diese Funktion die Ordinate als Funktion der Abscisse,
hiermit die Gleichung der Kurve darstellte.
Nun kömmt es aber darauf an, welches von den Bestimmungsmomenten des Gegenstandes in der Gleichung selbst gegeben
ist; denn nur von dem Gegebenen kann die analytische Behandlung den
Ausgang nehmen und von da zu den übrigen Bestimmungen des Gegenstands
übergehen. Es ist z. B. nicht die Gleichung eines Flächenraums der
Kurve, noch etwa des durch ihre Umdrehung entstehenden Körpers, noch
auch eines Bogens derselben, sondern nur das Verhältniß der Abscisse
und Ordinate in der Gleichung der Kurve selbst gegeben. Die Uebergänge
von jenen Bestimmungen zu dieser Gleichung selbst können daher nicht
schon in der Differentialrechnung behandelt werden; es wird für die
Integralrechnung aufgespart, diese Verhältnisse zu finden.
Ferner
aber ist gezeigt worden, daß die Differentiirung der Gleichung von
mehreren veränderlichen Größen, die Entwicklungspotenz oder
Differential-Koefficienten, nicht als eine Gleichung, sondern nur als
ein Verhältniß giebt; die Aufgabe ist dann für dieß Verhältniß, welches die abgeleitete
Funktion ist, ein zweites in den Momenten des Gegenstandes anzugeben,
das jenem gleich sey. Dagegen ist das Object der Integralrechnung das Verhältniß selbst der ursprünglichen
zu der abgeleiteten, hier gegeben seyn sollenden Funktion, und die
Aufgabe ist, die Bedeutung der zu findenden ursprünglichen Funktion in
dem Gegenstande der gegebenen ersten Funktion anzugeben, oder vielmehr
indem diese Bedeutung z. B. die Ebene einer Kurve oder die zu rectificirende, als geradlinigt vorgestellte Kurve u.s.f. schon als das Problem ausgesprochen ist, zu zeigen, daß solche Bestimmung durch eine ursprüngliche Funktion gefunden werde und welches das Moment des Gegenstandes sey, welches hierfür zur Ausgangs- (der abgeleiteten) Funktion, angenommen werden müsse.
Die
gewöhnliche Methode nun, welche die Vorstellung der Differenz als des
Unendlichkleinen gebraucht, macht sich die Sache leicht; für die
Quadratur der Kurven also nimmt sie ein unendlich kleines Rektangel,
ein Produkt der Ordinate in das Element d. i. das Unendlichkleine der
Abscisse, für das Trapez, das zu einer seiner Seiten den
unendlichkleinen, jenem unendlichkleinen der Abscisse
gegenüberstehenden Bogen habe; das Produkt wird nun in dem Sinne
integrirt, daß das Integral die Summe der unendlich vielen Trapeze, die
Ebene, deren Bestimmung verlangt wird, nämlich die endliche Größe jenes Elements der Ebene gebe. Ebenso formirt sie aus den Unendlichkleinen
des Bogens, und der dazu gehörigen Ordinate und Abscisse ein
rechtwincklichtes Dreieck, in welchem das Quadrat jenes Bogens gleich
sey der Summe der Quadrate der beiden andern Unendlichkleinen, deren
Integration den Bogen als einen endlichen giebt.
Dieß
Verfahren hat die allgemeine Entdeckung, welche diesem Gebiete der
Analysis zu Grunde liegt, zu seiner Voraussetzung, hier in der Weise,
daß die quadrirte Kurve, der rectificirte Bogen u.s.f. zu einer
gewissen durch die Gleichung der Kurve gegebenen Funktion, in dem Verhältniß der sogenannten ursprünglichen Funktion zu der abgeleiteten
steht. Es handelt sich darum zu wissen, wenn ein gewisser Theil eines
mathematischen Gegenstandes (z. B. einer Kurve) als die abgeleitete
Funktion angenommen werde, welcher andere Theil desselben durch die
entsprechende ursprüngliche Funktion ausgedrückt ist. Man weiß, daß
wenn die durch die Gleichung der Kurve gegebene Funktion der Ordinate als abgeleitete Funktion genommen wird, die relativ ursprüngliche Funktion der Größenausdruck der von dieser Ordinate abgeschnittenen Area der Kurve ist, daß wenn eine gewisse Tangentenbestimmung
als abgeleitete Funktion angesehen wird, die ursprüngliche Funktion
derselben die Größe des zu dieser Tangentenbestimmung gehörigen Bogens
ausdrückt, u. s. f. daß nun aber diese Verhältnisse, das eine einer
ursprünglichen Funktion zu der abgeleiteten, das andere von den Größen
zweier Theile oder Umstände des mathematischen Gegenstandes, eine
Proportion bilden, dieß zu erkennen und zu beweisen, erspart sich die
Methode, die das Unendlichkleine und die mechanische Operation mit
demselben gebraucht. Das eigenthümliche Verdienst des Scharfsinns ist,
aus den anderwärts her bereits bekannten Resultaten herausgefunden zu
haben, daß gewisse und welche Seiten eines mathematischen Gegenstandes,
in dem Verhältnisse von ursprünglicher und von abgeleiteter Funktion
stehen.
Von
diesen beiden Funktionen ist die abgeleitete, oder wie sie bestimmt
worden ist, die Funktion der Potenzirung, hier in diesem Kalkul die gegebene,
relativ gegen die ursprüngliche, als welche erst aus jener durch die
Integration, gefunden werden soll. Allein sie ist nicht unmittelbar
gegeben, noch ist es für sich schon gegeben, welcher Theil oder
Bestimmung des mathematischen Gegenstands als die abgeleitete Funktion
angesehen werden soll, um durch Zurückführung derselben auf die
ursprüngliche den andern Theil oder Bestimmung zu finden, deren Größe
das Problem verlangt. Die gewöhnliche Methode, die, wie gesagt,
sogleich gewisse Theile des Gegenstandes als unendlich klein, in der
Form abgeleiteter Funktionen, vorstellt, welche sich aus der
ursprünglich gegebenen Gleichung des Gegenstandes überhaupt durch die
Differentiirung bestimmen lassen, (- wie für die Rektifikation einer
Kurve, die unendlichkleinen Abscissen und Ordinaten), nimmt dafür
solche, welche sich mit dem Gegenstande des Problems, (in dem
Beispiele, dem Bogen) der ebenso als unendlichklein vorgestellt wird,
in eine Verbindung bringen lassen, die in der Elementar-Mathematik
festgestellt ist, und wodurch, wenn jene Theile bekannt sind, auch
dieser bestimmt ist, dessen Größe zu finden aufgegeben ist; so werden
für die Rektifikation die angegebenen drei Unendlichkleinen in die
Verbindung der Gleichung des rechtwinklichten Dreiecks gebracht, für
die Quadratur die Ordinate mit der unendlichkleinen Abscisse in die
Verbindung eines Produkts, indem eine Ebene überhaupt arithmetisch als
Produkt von Linien angenommen ist. Der Uebergang von solchem
sogenannten Elemente der Ebene, des Bogens u.s.f. zur Größe der Ebene,
des Bogens u.s.f. selbst, gilt dann nur als das Aufsteigen von dem
unendlichen Ausdruck zum endlichen, oder zur Summe der unendlich vielen Elemente, aus denen die verlangte Größe bestehen soll.
Es kann daher nur oberflächlich gesagt werden, daß die Integralrechnung bloß das umgekehrte, überhaupt jedoch schwierigere Problem der Differentialrechnung sey; das reelle
Interesse der Integralrechnung geht vielmehr ausschließlich auf das
Verhältniß der ursprünglichen und der abgeleiteten Funktion in den
konkreten Gegenständen, zu einander.
Lagrange
ist ebenso wenig in diesem Theile des Kalkuls darauf eingegangen, die
Schwierigkeit der Probleme auf die glatte Weise jener direkten Annahmen
abzuthun. Es wird zur Erläuterung der Natur der Sache beitragen,
gleichfalls das Nähere seines Verfahrens aus einigen wenigen Beispielen
anzugeben. Dasselbe macht es sich eben zur Aufgabe, für sich zu beweisen,
daß zwischen besondern Bestimmungen eines mathematischen Ganzen z. B.
einer Kurve, ein Verhältniß von der ursprünglichen zu der abgeleiteten
Funktion Statt finde. Dieß kann nun aber in diesem Felde vermöge der
Natur des Verhältnisses selbst, welches am mathematischen Gegenstande,
krumme mit geraden Linien, lineare Dimensionen und Funktionen derselben
mit Ebenen-Flächen-Dimensionen und deren Funktion u.s.f. also qualitativ verschiedene
in Beziehung bringt, nicht auf direkte Weise bewerkstelligt werden, die
Bestimmung läßt sich so nur als die Mitte zwischen einem Größern und Kleinern auffassen. Hiermit tritt von selbst wohl wieder die Form eines Zuwachses mit Plus und Minus ein, und das rüstige: Développons
, ist an seiner Stelle; aber wie die Zuwächse hier nur arithmetische,
endliche Bedeutung haben, davon ist vorhin gesprochen worden. Aus der
Entwicklung jener Bedingung, daß die zu bestimmende Größe größer als
die eine leicht bestimmbare Grenze und kleiner als die andere sey, wird
dann z. B. hergeleitet, daß die Funktion der Ordinate die abgeleitete
erste Funktion zu der Funktion der Area ist.
Die Rektifikation der Kurven, wie sie von Lagrange aufgezeigt wird, indem er von dem archimedischen Princip ausgeht, hat das Interesse, die Uebersetzung der archimedischen Methode in das Princip der neuern Analysis einzusehen,
was
einen Blick in das Innere und in den wahrhaften Sinn des auf die andere
Art mechanisch betriebenen Geschäftes thun läßt. Die Verfahrungsweise
ist der so eben angegebenen nothwendig analog; das archimedische
Princip, daß der Bogen einer Kurve größer ist, als seine Chorde und
kleiner als die Summe zweier an den Endpunkten des Bogens, gezogenen
Tangenten, insoweit sie zwischen diesen Punkten und ihrem
Durchschnittspunkt enthalten sind, giebt keine direkte Gleichung. Die
Uebertragung jener archimedischen Grundbestimmung in die moderne
analytische Form ist die Erfindung eines Ausdrucks, der für sich eine
einfache Grundgleichung sey, während jene Form nur die Forderung
aufstellt, zwischen einem zu Großen und zu Kleinen, die sich jedesmal
bestimmt haben, ins Unendliche fortzugehen, welches Fortgehen wieder
immer nur ein neues zu Großes und ein neues zu Kleines jedoch in immer
engern Grenzen giebt. Vermittelst des Formalismus des Unendlichkleinen
wird sogleich die Gleichung dz[hoch 2] = dx[hoch 2] + dy[hoch 2]
angesetzt. Die lagrangesche Exposition ausgehend von der angegebenen
Grundlage zeigt hingegen auf, daß die Größe des Bogens die
ursprüngliche Funktion ist zu einer abgeleiteten, von der das
eigenthümliche Glied selbst eine Funktion aus dem Verhältnisse einer
abgeleiteten zu der ursprünglichen der Ordinate ist.
Weil in dem archimedischen Verfahren, wie dann später in der kepplerschen
Behandlung stereometrischer Gegenstände, die Vorstellung vom
Unendlichkleinen vorkommt, so ist dieß so oft als eine Autorität für
den Gebrauch, der von dieser Vorstellung in dem Differentialkalkul
gemacht wird, angeführt worden, ohne daß das Eigenthümliche und
Unterscheidende herausgehoben worden wäre. Das Unendlichkleine bedeutet
zunächst die Negation des Quantums als eines solchen, d. i. eines
sogenannten endlichen Ausdrucks, der vollendeten Bestimmtheit,
wie sie das Quantum als solches hat. Ebenso ist in den darauf folgenden
berühmten Methoden des Valerius, Cavalleri u. a., die sich auf die Betrachtung der Verhältnisse geometrischer Gegenstände gründen, die Grundbestimmung, daß das Quantum
als solches der Bestimmungen, welche nur im Verhältnisse zunächst
betrachtet werden, für diesen Behuf auf die Seite gestellt und sie
hiernach als ein Nicht-Großes sollen genommen werden. Aber Theils ist hiermit das Affirmative
überhaupt, welches hinter der bloß negativen Bestimmung liegt, nicht
erkannt und herausgehoben, welches sich oben abstrakt als die
qualitative Größebestimmtheit, und diese bestimmter in dem
Potenzenverhältnisse liegend, sich ergeben hat; - Theils aber, indem
dieß Verhältniß selbst wieder eine Menge näher bestimmter Verhältnisse
in sich begreift, wie das einer Potenz und deren Entwicklungsfunktion,
so haben sie auch wieder auf die allgemeine und negative Bestimmung
desselben Unendlichkleinen gegründet und daraus abgeleitet werden
sollen. In der eben ausgehobenen lagrangeschen Exposition ist das
bestimmte Affirmative, das in der archimedischen Entwicklungsweise der
Aufgabe liegt, gefunden und damit dem mit einem unbegrenzten
Herausgehen behafteten Verfahren seine richtige Grenze gegeben worden.
Das Große der modernen Erfindung für sich und ihre Fähigkeit vorher
intraktable Probleme zu lösen, und die früher lösbaren auf eine
einfache Weise zu behandeln, ist allein in die Entdeckung des
Verhältnisses der ursprünglichen zu den sogenannten abgeleiteten und
der Theile, welche an dem mathematischen Ganzen in solchem Verhältnisse
stehen, zu setzen. Die gemachten Anführungen mögen für den Zweck
genügen, das Eigenthümliche des Verhältnisses von Größen herauszuheben,
welches der Gegenstand der in Rede stehenden besondern Art des Kalkuls
ist. Diese Anführungen konnten sich auf einfache Probleme und deren
Auflösungsweisen beschränken; und weder wäre es für die
Begriffsbestimmung, um die es hier allein zu thun war, zweckmäßig
gewesen, noch hätte es in dem Vermögen des
Verfassers gestanden, den gesammten Umfang der sogenannten Anwendung
der Differential- und Integralrechnung vorzunehmen und die Induktion,
daß das aufgezeigte Princip derselben zu Grunde liege, durch die
Zurückführung aller ihrer Probleme und deren Lösungen darauf, zu
vervollständigen. Das Beigebrachte hat aber hinreichend gezeigt, daß
wie jede besondere Rechnungsweise eine besondere Bestimmtheit oder
Verhältniß der Größe zu ihrem Gegenstande hat, und ein solches das
Addiren, Multipliciren, das Erheben in Potenzen und Ausziehen der
Wurzeln, die Rechnung mit Logarithmen, Reihen u.s.f., konstituirt,
ebenso der Differential- und Integralkalkul; für das diesem Kalkul
Angehörige möchte der Name des Verhältnisses einer Potenzenfunktion und
der Funktion ihrer Entwicklung oder Potenzirung der passendste seyn,
weil er der Einsicht der Natur der Sache am nächsten liegt. Nur wie die
Operationen nach den andern Größenverhältnissen, wie Addiren u.s.f. bei
diesem Kalkul überhaupt gleichfalls gebraucht werden, werden auch die
Logarithmen- Kreis- und Reihen-Verhältnisse angewendet, insbesondere um
Ausdrücke zum Behuf der erforderlichen Operationen des Ableitens der
ursprünglichen aus den Entwicklungsfunktionen traktabler zu machen. Mit
der Reiheform hat die Differential- und Integralrechnung wohl das
nähere Interesse geineinschaftlich, die Entwicklungsfunktionen, welche
bei den Reihen die Koefficienten der Glieder heissen, zu bestimmen;
aber indem das Interesse jenes Kalkuls nur auf das Verhältniß der
ursprünglichen Funktion zu dem nächsten Koefficienten ihrer Entwicklung
geht, will die Reihe in der nach Potenzen, die mit jenen Koefficienten
versehen sind, geordneten Menge von Gliedern eine Summe
darstellen. Das Unendliche, das bei der unendlichen Reihe vorkommt, der
unbestimmte Ausdruck des Negativen des Quantums überhaupt, hat mit der
affirmativen Bestimmung, welche im Unendlichen jenes Kalkuls liegt,
nichts gemein. Ebenso ist das Unendlichkleine, als der Zuwachs,
vermittelst dessen die Entwicklung in die Form der Reihe fällt, nur ein
äußeres Mittel für die Entwickelung, und seine sogenannte Unendlichkeit
ohne alle andere Bedeutung, als die, sonst gar keine zu haben, als die
jenes Mittels; die Reihe, da sie in der That es nicht ist, die verlangt
wird, führt ein Zuviel herbei, welches wieder wegzubringen, die überflüssige Mühe macht. Von dieser Mühe ist die Methode Lagrange's,
der die Form der Reihe vorzugsweise wieder aufgenommen hat, gleichfalls
gedrückt; obgleich sie es ist, durch welche in dem, was die Anwendung genannt wird, die wahre Eigenthümlichkeit sich heraushebt, indem ohne die Formen von dx, dy u.s.f. in die Gegenstände
hinein zu zwängen, direkt derjenige Theil nachgewiesen wird, dem an
ihnen die Bestimmtheit der abgeleiteten (- Entwickelungs -) Funktion
zukommt, und es sich damit zeigt, daß die Form der Reihe hier nicht das
ist, um das es sich handelt.
Das Unendlichkleine der Differentialrechnung ist in seinem affirmativen Sinn als die qualitative
Größenbestimmtheit, und von dieser näher aufgezeigt worden, daß sie in
diesem Kalkul als Potenzenbestimmtheit nicht nur überhaupt, sondern als
die besondere des Verhältnisses einer Potenzenfunktion zu der
Entwicklungspotenz vorhanden ist. Die qualitative Bestimmtheit ist aber
auch noch in weiterer, so zu sagen, schwächerer Form vorhanden, und
diese, wie auch der damit zusammenhängende Gebrauch des
Unendlichkleinen und dessen Sinn in diesem Gebrauche, soll noch in
dieser Anmerkung betrachtet werden.
Es
ist, indem wir vom Vorhergehenden ausgehen, in dieser Rücksicht zuerst
daran zu erinnern, daß die unterschiedenen Potenzenbestimmungen von der
analytischen Seite zunächst so hervortreten, daß sie nur formell, und ganz homogen darin sind, daß sie Zahlengrößen
bedeuten, die als solche jene qualitative Verschiedenheit gegeneinander
nicht haben. Aber in der Anwendung auf räumliche Gegenstände zeigt sich
das analytische Verhältniß ganz in seiner qualitativen Bestimmtheit,
als das Uebergehen von linearen zu Flächenbestimmungen, von
geradlinigten zu krummlinigten u.s.f. Diese Anwendung bringt es ferner
mit sich, daß die räumlichen ihrer Natur nach in Form von kontinuirlichen Größen gegebenen Gegenstände
in diskreter Weise gefaßt werden, die Fläche also als eine Menge von
Linien, die Linie als eine Menge von Punkten u.s.f. Diese Auflösung hat
das einzige Interesse, die Punkte, in welche die Linie, die Linien, in
welche die Fläche u.s.f. aufgelöst ist, selbst zu bestimmen, um von
solcher Bestimmung aus analytisch, d. h. eigentlich arithmetisch
fortgehen zu können; diese Ausgangspunkte sind für die zu findenden
Größebestimmungen die Elemente, aus welchen die Funktion und Gleichung für das Konkrete, die kontinuirliche
Größe, abgeleitet werden soll. Für die Probleme, wo sich nornehmlich
das Interesse zeigt, dieß Verfahren zu gebrauchen, wird im Elemente für
den Ausgang ein für sich selbst Bestimmtes verlangt, gegen den Gang, der indirekt ist, indem er im Gegentheil nur mit Grenzen beginnen kann, zwischen welchen das Fürsichbestimmte liege, auf das als sein Ziel
er losgehe. Das Resultat läuft in beiden Methoden dann auf dasselbe
hinaus, wenn sich nur das Gesetz des weitern Fortbestimmens finden
läßt, ohne die geforderte vollkommene d. h. sogenannte endliche
Bestimmung erlangen zu können. Kepplern wird die Ehre
zugeschrieben, zuerst den Gedanken jener Umkehrung des Ganges gehabt
und das Diskrete zum Ausgangspunkte gemacht zu haben. Seine Erklärung,
wie er den ersten Satz in Archimed's Kreismessung verstehe,
drückt dieß auf eine einfache Weise aus. Der erste Satz Archimed's ist
bekanntlich, daß der Kreis einem rechtwinklichten Dreieck gleich ist,
dessen eine Kathete dem Halbmesser, die andere dem Umfange des Kreises
gleich ist. Indem Keppler den Sinn dieses Satzes so nimmt, daß die Peripherie des Kreises ebenso viele Theile als Punkte,
d. i. unendlich viele habe, deren jeder als die Grundlinie eines
gleichschenklichten Dreiecks betrachtet werden könne, u.s.f., so
spricht er die Auflösung des Kontinuirlichen in die Form des Diskreten aus. Der Ausdruck des Unendlichen, der hierbei vorkommt, ist noch weit entfernt von der Bestimmung, die er
in
dem Differentialkalkul haben soll. - Wenn nun für solche diskrete eine
Bestimmtheit, Funktion gefunden ist, so sollen sie ferner
zusammengefaßt werden, wesentlich als Elemente des Kontinuirlichen
seyn. Da aber eine Summe von Punkten keine Linie, eine Summe von Linien
keine Fläche giebt, werden die Punkte schon sogleich als lineare genommen, wie die Linien als flächenhafte. Weil jedoch zugleich jene Lineare noch keine Linien seyn sollen, was sie seyn würden, wenn sie als Quantum genommen würden, so werden sie als unendlich klein vorgestellt. Das Diskrete ist nur eines äußerlichen
Zusammenfassens fähig, in welchem die Momente den Sinn von diskretem
Eins behalten; der analytische Uebergang von denselben geschieht nur zu
ihrer Summe, er ist nicht zugleich der geometrische von dem Punkte in die Linie, oder von der Linie in die Fläche
u.s.f.; dem Elemente, das als Punkt oder als Linie seine Bestimmung
hat, wird daher zugleich auch mit jenem die lineare, dieser die
Flächenqualität gegeben, damit die Summe als von kleinen Linien eine
Linie, als von kleinen Flächen eine Fläche werde.
Das Bedürfniß, dieß Moment des qualitativen Uebergangs zu erhalten und dafür zu dem Unendlich-kleinen
die Zuflucht zu nehmen, muß als die Quelle aller der Vorstellungen
angesehen werden, welche, indem sie jene Schwierigkeit ausgleichen
sollen, an ihnen selbst die größte Schwierigkeit sind. Diese Nothhülfe
entbehrlich zu machen, müßte gezeigt werden können, daß in dem
analytischen Verfahren selbst, welches als ein bloßes Summiren erscheint, in der That schon ein Multipliciren
enthalten ist. Aber in dieser Rücksicht tritt eine neue Annahme, welche
die Grundlage in dieser Anwendung arithmetischer Verhältnisse auf
geometrische Figurationen ausmacht, ein, nämlich daß das arithmetische
Multipliciren auch für die geometrische Bestimmung ein Uebergang in
eine höhere Dimension, - die arithmetische Multiplikation von Größen,
die ihrer räumlichen Bestimmungen nach Linien sind, zugleich eine Produktion des Linearen zur Flächenbestimmung sey; 3mal 4 lineare Fuße giebt 12 lineare Fuße, aber 3 lineare Fuße, mal 4 linearen Fußen giebt 12 Flächenfuße und zwar Quadratfuße, indem die Einheit in beiden als diskreten Größen dieselbe ist. Die Multiplikation von Linien mit Linien
bietet sich zunächst als etwas Widersinniges dar, insofern die
Multiplikation überhaupt Zahlen betrifft, d. i. eine Veränderung von
solchen ist, welche mit dem, in das sie übergehen, mit dem Produkte ganz homogen sind, und nur die Größe verändern. Dagegen ist das, was Multipliciren der Linie als solcher mit Linie hieße, - es ist, ductus lineae in lineam , wie plani in planum genannt worden, es ist auch ductus puncti in lineam - eine Veränderung nicht bloß der Größe, sondern ihrer als qualitativer Bestimmung der Räumlichkeit, als einer Dimension; das Uebergehen der Linie in Fläche ist als Außersichkommen
derselben zu fassen, wie das Außersichkommen des Punktes die Linie, der
Fläche ein ganzer Raum ist. Es ist dieß dasselbe, was so vorgestellt
wird, daß die Bewegung des Punktes die Linie u.s.f. sey; aber
die Bewegung schließt die Zeitbestimmung ein, und erscheint so in jener
Vorstellung mehr nur als eine zufällige, äußerliche Veränderung des
Zustands; es ist aber die Begriffsbestimmtheit, die als Außersichkommen
ausgedrückt worden, zu nehmen, - die qualitative Veränderung, und
welche arithmetisch ein Multipliciren, der Einheit (als des Punktes
u.s.f.) in die Anzahl (in die Linie u.s.f.) ist. - Es kann hiezu noch
bemerkt werden, daß bei dem Außersichkommen der Fläche, was als ein
Multipliciren von Fläche in Fläche erscheinen würde, sich der Schein
eines Unterschiedes des arithmetischen und geometrischen Producirens so
ergiebt, daß das Außersichkommen der Fläche, als ductus plani in planum arithmetisch eine Multiplikation der zweiten Dimensionsbestimmung mit solcher, hiermit ein Product von vier Dimensionen
gäbe, das aber durch die geometrische Bestimmung auf drei herabgesetzt
wird. Wenn auf der einen Seite die Zahl darum, weil sie das Eins zu
ihrem Princip hat, die feste Bestimmung für das äußerliche Quantitative
giebt, so sehr ist ihr Produciren formell; 3. 3 als Zahlbestimmung
genommen sich selbst producirend ist 3. 3. 3. 3; aber dieselbe Größe
als Flächenbestimmung sich producirend wird bei 3. 3. 3 zurückgehalten,
weil der Raum als ein Hinausgehen vom Punkte, der nur abstrakten
Grenze, aus vorgestellt, seine wahrhafte Grenze, als konkrete
Bestimmtheit von der Linie aus in der dritten Dimension hat. Der
angeführte Unterschied könnte sich in Rücksicht der freien Bewegung,
worin die eine die räumliche Seite, unter der geometrischen Bestimmung
(im kepplerischen Gesetze s[hoch 3] : t[hoch 2]), die andere, die
zeitliche Seite unter der arithmetischen steht, von Wirksamkeit zeigen.
Wie
das Qualitative, das hier betrachtet wird, von dem Gegenstande der vor.
Anm. verschieden ist, kann nun ohne weitere Bemerkung von selbst
erhellen. In dieser lag das Qualitative in der Potenzenbestimmtheit;
hier ist dasselbe, wie das Unendlichkleine, nur als Faktor arithmetisch
gegen das Produkt, oder als Punkt gegen die Linie, Linie gegen Fläche
u.s.f. Der qualitative Uebergang nun, der von dem Diskreten, als in
welches die kontinuirliche Größe aufgelöst vorgestellt wird, zu dem
Kontinuirlichen zu machen ist, wird als ein Summiren bewerkstelligt.
Daß
aber die angebliche bloße Summation in der That eine Multiplikation,
also den Uebergang von der linearen in die Flächenbestimmung in sich
selbst enthält, erscheint am einfachsten in der Art, wie zum Beispiel
gezeigt wird, daß der Flächeninhalt eines Trapezes gleich sey dem
Produkt der Summe der beiden gegenüberstehenden parallelen Linien in
die halbe Höhe. Diese Höhe wird nur als die Anzahl von einer Menge diskreter Größen vorgestellt, welche summirt werden sollen.
Diese
Größen sind Linien, die parallel zwischen jenen zwei begrenzenden
Parallelen liegen; es sind deren unendlich viele; denn sie sollen die
Fläche ausmachen, sind aber Linien, welche also um ein Flächenhaftes zu
seyn, zugleich mit der Negation gesetzt werden müssen. Um der
Schwierigkeit zu entgehen, daß eine Summe von Linien eine Fläche geben
sollte, werden Linien sogleich als Flächen aber gleichfalls als unendlich dünne
angenommen, denn ihre Determination haben sie allein in dem Linearen
der parallelen Grenzen des Trapezes. Als parallel und durch das andre
Paar der geradlinigten Seiten des Trapezes begrenzt, können sie als die
Glieder einer arithmetischen Progression vorgestellt werden, deren
Differenz dieselbe überhaupt ist, aber nicht bestimmt zu werden
braucht, und deren erstes und letztes Glied jene beiden Parallelen
sind; die Summe solcher Reihe ist bekanntlich das Produkt jener
Parallelen in die halbe Anzahl der Glieder. Dieß letzte Quantum ist nur ganz relativ auf die Vorstellung von den unendlich vielen Linien Anzahl genannt; es ist die Größebestimmtheit überhaupt eines Kontinuirlichen, - der Höhe. Es ist deutlich, daß was Summe heißt, zugleich ein ductus lineae in lineam , Multipliciren
von Linearem mit Linearem, nach obiger Bestimmung ein Hervorgehen von
Flächenhaftem ist. In dem einfachsten Falle nun eines Rektangels
überhaupt a b ist jeder der beiden Faktoren eine einfache Größe, aber
schon in dem weitern selbst elementarischen Beispiele vom Trapez ist
nur der eine Faktor das Einfache der halben Höhe, der andere dagegen
wird durch eine Progression bestimmt; er ist gleichfalls ein Lineares,
dessen Größebestimmtheit aber verwickelter ist; insofern sie nur durch
eine Reihe ausgedrückt werden kann, so heißt analytisch, d. h.
arithmetisch das Interesse, sie zu summiren; das geometrische Moment
darin aber ist die Multiplikation, das Qualitative des Uebergangs aus
der Dimension der Linie in die Fläche; der eine Faktor ist diskret nur für die arithmetische Bestimmung des andern genommen worden, und ist für sich, wie dieser, die Größe eines Linearen.
Das
Verfahren, Flächen als Summen von Linien vorzustellen, wird aber auch
häufig gebraucht, wo nicht eine Multiplikation als solche zu Behufe des
Resultates Statt hat. Dieß geschieht, wo es nicht darum zu thun ist,
die Größe in der Gleichung als Quantum anzugeben, sondern in einer
Proportion. Es ist z. B. eine bekannte Art zu zeigen, daß eine
Kreisfläche sich zur Fläche einer Ellipse, deren große Achse der
Diameter jenes Kreises ist, verhalte wie die große zur kleinen Achse,
indem jede dieser Flächen als die Summe der ihr zugehörigen Ordinaten
genommen wird; jede Ordinate der Ellipse verhält sich zu der
entsprechenden des Kreises wie die kleine zur großen Achse, also wird
geschlossen, verhalten auch die Summen der Ordinaten d. i. die Flächen
ebenso. Diejenigen, welche dabei die Vorstellung der Fläche als eine
Summe von Linien vermeiden wollen, machen die Ordinaten mit der
gewöhnlichen ganz überflüssigen Aushülfe zu Trapezen von
unendlich kleiner Breite; da die Gleichung nur eine Proportion ist,
kommt nur das Eine der zwei linearen Elemente der Fläche in
Vergleichung. Das andere, die Abscissenachse, ist in Ellipse und Kreis
als gleich, als Faktor arithmetischer Größebestimmung also gleich = 1
angenommen, und die Proportion daher ganz nur von dem Verhältniß des
einen bestimmenden Moments abhängig. Zur Vorstellung der Fläche sind die zwei Dimensionen nothwendig; aber die Größebestimmung,
wie sie in jener Proportion angegeben werden soll, geht nur auf das
eine Moment allein; der Vorstellung damit nachgeben oder aufhelfen, daß
die Vorstellung von Summe zu diesem einen Momente hinzugefügt wird, ist eigentlich eine Verkennung dessen, worauf es hier für die mathematische Bestimmtheit ankömmt.
Was hier auseinandergesetzt worden, enthält auch das Kriterium für die früher erwähnte Methode der Untheilbaren
des Cavalleri, die damit ebenso gerechtfertigt ist, und der Zuflucht zu
dem Unendlichkleinen nicht bedarf. Diese Untheilbaren sind Linien,
indem er eine Fläche, oder Quadrate, Kreisflächen, indem er eine
Pyramide oder Konus u.s.f. betrachtet; die als bestimmt angenommene
Grundlinie, Grundfläche nennt er die Regel; es ist die
Konstante, in Beziehung auf eine Reihe das erste oder letzte Glied
derselben; mit ihr werden jene Untheilbaren parallel, also in gleicher
Bestimmung in Rücksicht der Figur betrachtet, Der allgemeine Grundsatz Cavalleri's ist nun, (Exerc. Geometr. VI. - das spätere Werk-Exerc. I. p. 6.), daß alle sowohl ebene, als körperliche Figuren im Verhältnisse
aller ihrer Indivisibilien sind, diese kollektive und wenn etwa ein
gemeinschaftliches Verhältniß in solchen Statt findet, distributive mit
einander verglichen." - Er vergleicht zu diesem Behufe in den Figuren
von gleicher Grundlinie und Höhe gemacht, die Verhältnisse von den Linien, die parallel mit jener und in gleicher Entfernung
mit ihr gezogen werden; alle solche Linien einer Figur haben eine und
dieselbe Bestimmung, und machen deren ganzen Inhalt aus. Auf solche
Weise beweist Cavalleri z. B. auch den elementarischen Satz, daß
Parallelogramme von gleicher Höhe im Verhältnisse ihrer Grundlinie
sind; jede zwei Linien, in gleicher Entfernung von der Grundlinie und
mit ihr parallel, in beiden Figuren gezogen, sind in demselben
Verhältnisse der Grundlinien, also die ganzen Figuren. In der That
machen die Linien nicht den Inhalt der Figur als kontinuirlicher aus, aber den Inhalt, insofern er arithmetisch bestimmt werden soll; das Lineare ist sein Element, durch welches allein die Bestimmtheit desselben gefaßt werden muß.
Wir werden hierbei darauf geführt, auf den Unterschied zu reflektiren, der in Ansehung dessen Statt findet, worein die Bestimmtheit einer Figur fällt, nämlich entweder ist sie beschaffen, wie hier die Höhe der Figur, oder ist sie äußere Grenze. Insofern sie als äußere Grenze ist, giebt man zu, daß der Gleichheit oder dem Verhältnisse der Grenze die Kontinuität der Figur so zu sagen folgt; z. B. die Gleichheit der Figuren, die sich decken,
beruht darauf, daß die begrenzenden Linien sich decken. Bei
Parallelogrammen aber von gleicher Höhe und Grundlinie ist nur die
letztere Bestimmtheit eine äußere Grenze; die Höhe, nicht die Paralleleität überhaupt, auf welcher die zweite Hauptbestimmung der Figuren, ihr Verhältniß,
beruht, führt ein zweites Princip der Bestimmung zu den äußern Grenzen
herbei. Der euklidische Beweis von der Gleichheit der Parallelogramme,
die gleiche Höhe und Grundlinie haben, führt sie auf Dreiecke zurück,
auf äußerlich begrenzte Kontinuirliche; in Cavalleri's Beweis, zunächst über die Proportionalität von Parallelogrammen, ist die Grenze Größebestimmtheit als solche
überhaupt, welche als an jedem Paare von Linien, die mit gleichem
Abstand in beiden Figuren gezogen werden, genommen, explicirt wird,
Diese gleichen oder in gleichem Verhältniß mit der Grundlinie stehenden
Linien, kollektiv genommen, geben die in gleichem Verhältnisse stehenden Figuren. Die Vorstellung eines Aggregats
von Linien geht gegen die Kontinuität der Figur; allein die Betrachtung
der Linien erschöpft die Bestimmtheit, auf welche es ankommt,
vollkommen Cavalleri giebt häufige Antwort auf die Schwierigkeit, als
ob die Vorstellung von den Untheilbaren es mit sich führe, daß der Anzahl
nach unendliche Linien oder Ebenen verglichen werden sollen, (Geom.
Lib. II. Prop. 1. Schol.) ; er macht den richtigen Unterschied, daß er
nicht die Anzahl derselben, welche wir nicht kennen, - d. i.
vielmehr die, wie bemerkt worden, eine zu Hülfe genommene leere
Vorstellung ist, - sondern nur die Größe, d. i. die
quantitative Bestimmtheit als solche, welche dem von diesen Linien
eingenommenen Raume gleich ist, vergleiche; weil dieser in Grenzen
eingeschlossen ist, ist auch jene seine Größe in dieselben Grenzen
eingeschlossen; das Kontinuirliche ist nichts anderes, als die Untheilbaren selbst, sagt er; wäre es etwas außer diesen,
so wäre es nicht vergleichbar; es würde aber ungereimt seyn, zu sagen,
begrenzte Kontinuirliche seyen nicht miteinander vergleichbar.
Man sieht, daß Cavalleri dasjenige, was zur äußerlichen Existenz des Kontinuirlichen gehört, von demjenigen unterscheiden will, worin dessen Bestimmtheit
fällt und das für die Vergleichung und zum Behufe von Theoremen über
dasselbe allein herauszuheben ist. Die Kategorien, die er dabei
gebraucht, daß das Kontinuirliche aus den Untheilbaren zusammengesetzt sey oder bestehe
und dergleichen, sind freilich nicht genügend, weil dabei die
Anschauung des Kontinuirlichen oder, wie vorhin gesagt, dessen
äußerliche Existenz, zugleich in Anspruch genommen wird; statt zu
sagen, "daß das Kontinuirliche nichts anderes ist, als die Untheilbaren
selbst," würde es richtiger und damit auch sogleich für sich klar
heißen, daß die Größebestimmtheit des Kontinuirlichen keine andere ist,
als die der Untheilbaren selbst. - Cavalleri macht sich nichts aus der
schlechten Folgerung, daß es größere und kleinere Unendliche gebe,
welche aus der Vorstellung, daß die Untheilbaren das Kontinuirliche
ausmachen, von der Schule gezogen werde, und drückt weiterhin
(Geom. Lib. VII. Praef.) das bestimmtere Bewußtseyn aus, daß er durch
seine Beweisart keineswegs zur Vorstellung der Zusammensetzung des
Kontinuirlichen aus dem Untheilbaren genöthigt sey; die Kontinuirlichen folgen nur der Proportion der Untheilbaren. Er habe die Aggregate der Untheilbaren nicht so genommen, wie sie in die Bestimmung der Unendlichkeit, um einer unendlichen Menge von Linien oder Ebenen willen, zu verfallen scheinen, sondern insofern sie eine bestimmte Beschaffenheit und Natur der Begrenztheit an ihnen haben. Um denn aber doch diesen Stein des Anstoßes zu entfernen, läßt er sich die Mühe
nicht verdrießen, noch in dem eigens dafür hinzugefügten siebenten
Buche, die Hauptsätze seiner Geometrie auf eine Art zu beweisen, welche
von der Einmischung der Unendlichkeit frei bleibe. - Diese Manier
reducirt die Beweise auf die vorhin angeführte, gewöhnliche Form des Deckens der Figuren, d. i. wie bemerkt worden, der Vorstellung der Bestimmtheit als äußerer Raumgrenze.
Ueber
diese Form des Deckens kann zunächst noch diese Bemerkung gemacht
werden, daß sie überhaupt eine so zu sagen kindliche Hülfe für die
sinnliche Anschauung ist. In den elementarischen Sätzen über die
Dreiecke werden zwei solche neben einander vorgestellt, und indem von
ihren je sechs Stücken gewisse drei als gleich groß mit den
entsprechenden drei des andern Dreiecks angenommen werden, so wird
gezeigt, daß solche Dreiecke einander kongruent seyen, d. i. jedes auch
die übrigen drei Stücke gleich groß mit denen des andern habe, - weil sie vermöge der Gleichheit nach jenen drei ersten einander decken. Die Sache abstrakter gefaßt, so ist eben um dieser Gleichheit jeden Paars der in beiden einander entsprechenden Stücke, nur Ein Dreieck vorhanden; in diesem sind drei Stücke als bereits bestimmt angenommen, woraus denn die Bestimmtheit auch der drei übrigen Stücke folgt. Die Bestimmtheit wird auf diese Weise als in drei Stücken vollendet aufgezeigt; für die Bestimmtheit als solche sind somit die drei übrigen Stücke ein Ueberfluß, der Ueberfluß der sinnlichen Existenz,
d. i. der Anschauung der Kontinuität. In solcher Form ausgesprochen,
tritt hier die qualitative Bestimmtheit im Unterschiede von dem hervor,
was in der Anschauung vorliegt, dem Ganzen als einem in sich
kontinuirlichen; das Decken läßt diesen Unterschied nicht zum Bewußtseyn kommen.
Mit den Parallellinien und bei den Parallelogrammen tritt, wie bemerkt worden, ein neuer Umstand, Theils die Gleichheit
nur der Winkel Theils die Höhe der Figuren ein, von welcher letztern
deren äußere Grenzen, die Seiten der Parallelogramme, unterschieden
sind. Hierbei kommt die Zweideutigkeit zum Vorschein, inwiefern bei
diesen Figuren außer der Bestimmtheit der einen Seite, der Grundlinie,
welche als äußere Grenze ist, für die andere Bestimmtheit, die andere äußere Grenze,
nämlich die andere Seite des Parallelogramms, oder aber die Höhe zu
nehmen ist. Bei zwei solchen Figuren von einerlei Grundlinie und Höhe,
wovon das eine rechtwinklich ist, das andere sehr spitze, damit zu den
gegenüberstehenden sehr stumpfe Winkel hat, kann der Anschauung
letzteres leicht größer scheinen, als das erstere, insofern sie die
vorliegende große Seite desselben als bestimmend nimmt, und nach der Vorstellungsweise Cavalleri's die Ebenen nach einer Menge von parallelen Linien, durch welche sie durchschnitten werden können, vergleicht; die größere Seite könnte als eine Möglichkeit von mehrern
Linien, als die senkrechte Seite des Rechtecks giebt, angesehen werden.
Solche Vorstellung giebtjedoch keinen Einwurf gegen Cavalleri's Methode
an die Hand; denn die in beiden Parallelogrammen für die Vergleichung
vorgestellte Menge von parallelen Linien setzt die Gleichheit ihrer Entfernung
von einander oder von der Grundlinie zugleich voraus, woraus folgt, daß
die Höhe, und nicht die andere Seite des Parallelogramms, das andere bestimmende Moment
ist. Dieß ändert sich aber ferner, wenn zwei Parallelogramme mit
einander verglichen werden, die von gleicher Höhe und Grundlinie sind,
aber nicht in Einer Ebene liegen, und zu einer dritten Ebene
verschiedene Winkel machen; hier sind die parallelen Durchschnitte, die
entstehen, wenn man sich die dritte Ebene durch sie gelegt und sich
parallel mit sich fortbewegend vorstellt, nicht mehr gleich weit von
einander entfernt, und jene zwei Ebenen sind einander ungleich.
Cavalleri macht sehr sorgfältig auf diesen Unterschied, den er als
einen Unterschied von transitus rectus und transitus obliquus
der Untheilbaren bestimmt, (gleich in Exercit. I. n. XII. ff. wie schon
in der Geometr. I. II.) auf merksam, und schneidet damit
oberflächlichen Mißverstand ab, der nach dieser Seite entstehen könnte.
Ich erinnere mich, daß Barrow in seinem obenangeführten Werke
(Lect. Geom. II. p. 21), indem er die Methode der Untheilbaren
gleichfalls gebraucht, jedoch sie bereits mit der von ihm aus auf
seinen Schüler Newton und die sonstigen mathematischen Zeitgenossen,
darunter auch Leibnitz, übergegangenen Annahme der Gleichsetzbarkeit
eines krummlinigten Dreiecks, wie das sogenannte charakteristische ist,
mit einem geradlinigten, insofern beide unendlich d. h. sehr klein seyen, versetzt und verunreinigt hat, - einen eben dahin gehenden Einwurf Tacquet's,
eines damaligen in neuen Methoden gleichfalls thätigen, scharfsinnigen
Geometers, anführte. Die von diesem gemachte Schwierigkeit bezieht sich
ebenfalls darauf, welche Linie und zwar bei Berechnung konischer und
sphärischer Oberflächen als Grundmoment der Bestimmung für die
auf Anwendung des Diskreten gestützte Betrachtung genommen werden
solle. Tacquet wende gegen die Methode der Untheilbaren ein, daß wenn
die Oberfläche eines rechtwinklichten Kegels berechnet werden
solle, so werde nach jener atomistischen Methode das Dreieck des Kegels
als zusammengesetzt aus den geraden, mit der Grundlinie parallelen auf
die Achse senkrechten Linien vorgestellt, welche zugleich die Radien der Kreise sind, aus denen die Oberfläche
des Kegels bestehe. Wenn nun diese Oberfläche als Summe der
Peripherien, und diese Summe aus der Anzahl ihrer Radien, d. i. der
Größe der Achse, der Höhe des Kegels, bestimmt werde, so sey solches
Resultat mit der sonst von Archimed gelehrten und bewiesenen Wahrheit
im Widerspruch. Barrow zeigt nun dagegen, daß für die Bestimmung der
Oberfläche nicht die Achse, sondern die Seite des Dreiecks des Kegels als diejenige Linie genommen werden müsse, deren Umdrehung
die Oberfläche erzeuge, und welche daher, und nicht die Achse, als die
Größebestimmtheit für die Menge der Peripherien angenommen werden müsse.
Dergleichen Einwürfe oder Unsicherheiten haben ihre Quelle allein in der gebrauchten unbestimmten Vorstellung der unendlichen
Menge von Punkten, aus denen die Linie, oder von Linien, aus denen die
Fläche u.s.f. bestehend angesehen wird; durch diese Vorstellung wird
die wesentliche Größebestimmtheit der Linien oder Flächen in Schatten
gestellt. - Es ist die Absicht dieser Anmerkungen gewesen, die affirmativen
Bestimmungen, die bei dem verschiedenen Gebrauch, der von dem
Unendlich-kleinen in der Mathematik gemacht wird, so zu sagen im
Hintergrunde bleiben, aufzuweisen und sie aus der Nebulosität
hervorzuheben, in welche sie durch jene bloß negativ gehaltene
Kategorie gehüllt werden. Bei der unendlichen Reihe, wie in der
archimedischen Kreismessung bedeutet das Unendliche nichts weiter, als
daß das Gesetz der Fortbestimmung bekannt ist, aber der sogenannte endliche
Ausdruck, d. i. der arithmetische, nicht gegeben, die Zurückführung des
Bogens auf die gerade Linie nicht bewerkstelligt werden kann; diese
Inkommensurabilität ist die qualitative Verschiedenheit derselben. Die
qualitative Verschiedenheit des Diskreten mit dem Kontinuirlichen
überhaupt, enthält gleichfalls eine negative Bestimmung, welche sie als
inkommensurabel erscheinen läßt, und das Unendliche herbeiführt, in dem
Sinne, daß das als diskret zu nehmende Kontinuirliche nun kein Quantum
nach seiner kontinuirlichen Bestimmtheit mehr haben soll. Das
Kontinuirliche, das arithmetisch als Produkt zu nehmen ist, ist
damit diskret an ihm selbst gesetzt, nämlich in die Elemente, die seine
Faktoren sind, zerlegt; in diesen liegt seine Größebestimmtheit; sie
sind als ebendamit, daß sie diese Faktoren oder Elemente sind, von
einer niedrigern Dimension, und insofern die Potenzenbestimmtheit
eintritt, von einer niedrigern Potenz als die Größe, deren
Elemente oder Faktoren sie sind. Arithmetisch erscheint dieser
Unterschied als ein bloß quantitativer, der Wurzel und der Potenz oder
welcher Potenzenbestimmtheit es sey; jedoch wenn der Ausdruck nur auf
das Quantitative als solches geht, z. B. a : a[hoch 2] oder d.a[hoch 2]
= 2a : a[hoch 2] = 2 : a, oder für das Gesetz des Falles, t : at[hoch
2] so giebt er die nichtssagenden Verhältnisse von 1 : a, 2 : a, 1: at;
die Seiten müßten gegen ihre bloß quantitative Bestimmung durch die
unterschiedene qualitative Bedeutung auseinander gehalten werden, wie s
: at[hoch]2; wodurch die Größe als eine Qualität ausgesprochen wird,
als Funktion der Größe einer andern Qualität. Hierbei steht dann bloß
die quantitative Bestimmtheit vor dem Bewußtseyn, mit der nach ihrer
Art ohne Schwierigkeit operirt wird, und man kann kein Arges daran
haben, die Größe einer Linie mit der Größe einer andern Linie zu
multipliciren; aber die Multiplikation dieser selben Größen giebt
zugleich die qualitative Veränderung des Ueberganges von Linie in
Fläche; insofern tritt eine negative Bestimmung ein; sie ist es, welche
die Schwierigkeit veranlaßt, die durch die Einsicht in ihre
Eigenthümlichkeit und in die einfache Natur der Sache gelöst, aber
durch die Hilfe des Unendlichen, wodurch sie beseitigt werden soll,
vielmehr nur in Verworrenheit gesetzt und ganz unaufgelöst erhalten
wird.
Die
Unendlichkeit des Quantums ist dahin bestimmt worden, daß sie das
negative Jenseits desselben ist, das es aber an ihm selbst hat. Dieß
Jenseits ist das Qualitative überhaupt. Das unendliche Quantum ist als
die Einheit beider Momente, der quantitativen und der qualitativen Bestimmtheit, zunächst Verhältniß.
Im
Verhältnisse hat das Quantum nicht mehr eine nur gleichgültige
Bestimmtheit, sondern ist qualitativ bestimmt als schlechthin bezogen
auf sein Jenseits. Es kontinuirt sich in sein Jenseits; dieses ist
zunächst ein anderes Quantum überhaupt. Aber wesentlich sind sie nicht als äußerliche Quanta auf einander bezogen, sondern jedes hat seine Bestimmtheit in dieser Beziehung auf das Andere.
Sie sind so in diesem ihrem Andersseyn in sich zurückgekehrt; was jedes
ist, ist es in dem Andern; das andere macht die Bestimmtheit eines
jeden aus. - Das Hinausgehen des Quantums über sich hat also jetzt
diesen Sinn, weder daß es sich nur in ein Anderes noch in sein
abstraktes Anderes, in sein negatives Jenseits veränderte, sondern
darin zu seiner Bestimmtheit gelangt ist; es findet sich selbst in seinem Jenseits, welches ein anderes Quantum ist. Die Qualität des Quantums, seine Begriffsbestimmtheit, ist seine Aeußerlichkeit überhaupt, und im Verhältniß ist es nun so gesetzt, in seiner Aeußerlichkeit, an einem andern Quantum, seine Bestimmtheit zu haben, in seinem Jenseits das zu seyn, was es ist.
Es sind Quanta, welche die Beziehung, die sich ergab, auf einander haben. Diese Beziehung ist selbst auch eine Größe; das Quantum ist nicht nur im Verhältniß, sondern es selbst ist als Verhältniß gesetzt; es ist ein Quantum überhaupt, das jene qualitative Bestimmtheit innerhalb seiner
hat. So als Verhältniß drückt es sich als in sich geschlossene
Totalität und seine Gleichgültigkeit gegen die Grenze aus, dadurch daß
es die Aeußerlichkeit seines Bestimmtseyns innerhalb seiner selbst hat,
und in ihr nur auf sich bezogen, somit an ihm selbst unendlich ist.
Das Verhältniß überhaupt ist
1. das direkte Verhältniß. In demselben tritt das Qualitative
noch nicht als solches für sich heraus; es ist noch in keiner weitern
Weise, als der des Quantums, daß dieses in seiner Aeußerlichkeit selbst
seine Bestimmtheit zu haben gesetzt ist. - Das quantitative Verhältniß
ist an sich der Widerspruch der Aeußerlichkeit und der Beziehung auf
sich selbst, des Bestehens der Quantorum und der Negation derselben; -
er hebt sich auf, indem zunächst
2. im indirekten Verhältnisse, die Negation
des einen Quantums als solche mit in der Veränderung des andern, und
die Veränderlichkeit des direkten Verhältnisses selbst, gesetzt wird;
3. im Potenzenverhältniß
aber macht sich die in ihrem Unterschiede sich auf sich beziehende
Einheit als einfache Selbstproduktion des Quantums geltend; dieß
Qualitative selbst endlich in einfacher Bestimmung und identisch mit
dem Quantum gesetzt, wird das Maaß.
-
Ueber die Natur der folgenden Verhältnisse ist Vieles in den
vorhergehenden Anmerkungen, welche das Unendliche der Quantität, d. i.
das qualitative Moment an derselben, betreffen, anticipirt worden; es
bleibt daher nur der abstrakte Begriff dieser Verhältnisse auseinander
zu setzen.
1. Im Verhältnisse, welches als unmittelbar das direkte ist, liegt die Bestimmtheit des einen Quantums gegenseitig in der Bestimmtheit des andern. Es ist nur Eine Bestimmtheit oder Grenze beider, die selbst Quantum ist, der Exponent des Verhältnisses.
2. Der Exponent ist irgend ein Quantum, aber in seiner Aeußerlichkeit an ihm selbst sich auf sich
beziehendes, qualitativ bestimmtes Quantum ist er nur, insofern er den
Unterschied seiner, sein Jenseits und Andersseyn an ihm selbst hat.
Dieser Unterschied des Quantums an ihm selbst aber ist der Unterschied der Einheit und der Anzahl;
die Einheit - das Fürsich-bestimmtseyn; die Anzahl - das gleichgültige
Hin- und Hergehen an der Bestimmtheit, die äußere Gleichgültigkeit des
Quantums. Einheit und Anzahl waren zuerst die Momente des Quantums;
jetzt im Verhältnisse, dem insofern realisirten Quantum, erscheint
jedes seiner Momente als ein eignes Quantum, und als Bestimmungen seines Daseyns, als Begrenzungen gegen die sonst nur äußerliche, gleichgültige Größebestimmtheit.
Der
Exponent ist dieser Unterschied als einfache Bestimmtheit d. h. er hat
unmittelbar die Bedeutung beider Bestimmungen an ihm selbst. Er ist erstens
Quantum; so ist er die Anzahl; wenn die eine Seite des Verhältnisses,
welche als Einheit genommen wird, als numerisches Eins ausgedrückt ist,
und sie gilt nur für solches, so ist die andere, die Anzahl, das
Quantum des Exponenten selbst. Zweitens ist er die einfache
Bestimmtheit als das Qualitative der Seiten des Verhältnisses; wenn das
Quantum der einen bestimmt ist, ist auch das andere durch den
Exponenten bestimmt, und es ist völlig gleichgültig, wie das erste
bestimmt wird; es hat als für sich bestimmtes Quantum keine Bedeutung
mehr, sondern kann ebenso gut jedes Andere seyn, ohne die Bestimmtheit
des Verhältnisses zu ändern, die allein auf dem Exponenten beruht. Das
eine, welches als Einheit genommen ist, bleibt, wie groß es werde,
immer Einheit, und das andere, wie groß es ebenso dabei werde, muß dieselbe Anzahl jener Einheit bleiben.
3. Hiernach machen beide eigentlich nur Ein Quantum aus, das eine hat gegen das andere, nur den Werth der Einheit, nicht einer Anzahl; das andre nur den der Anzahl; nach ihrer Begriffsbestimmtheit sind sie selbst somit nicht vollständige
Quanta. Diese Unvollständigkeit aber ist eine Negation an ihnen und
dieß nicht nach ihrer Veränderlichkeit überhaupt, nach der das Eine
(und jedes ist Eines der beiden) alle mögliche
Größe annehmen kann, sondern nach der Bestimmung, daß wenn das eine
verändert wird, das andere um ebenso viel vermehrt oder vermindert
wird; dieß heißt, wie gezeigt, nur das Eine, die Einheit, wird als Quantum verändert, die andere Seite, die Anzahl, bleibt dasselbe Quantum von Einheiten, aber auch jene bleibt ebenso nur als Einheit geltend,
sie werde als Quantum verändert wie sie wolle. Jede Seite ist so nur
eines der beiden Momente des Quantums, und die Selbstständigkeit, die
zu dessen Eigenthümlichkeit gehört, ist an sich negirt; in diesem qualitativen Zusammenhange sind sie als negative gegen einander zu setzen.
Der Exponent soll das vollständige Quantum seyn, indem die Bestimmung der beiden Seiten in ihm zusammenläuft; er hat aber in der That als Quotient selbst nur den Werth der Anzahl, oder der Einheit.
Es ist keine Bestimmung vorhanden, welche der Seiten des Verhältnisses
als die Einheit oder als die Anzahl genommen werden müße; die eine, das
Quantum B an dem Quantum A als der Einheit gemessen, so ist der
Quotient C die Anzahl solcher Einheiten; aber A selbst als Anzahl
genommen, ist der Quotient C die Einheit, welche zu der Anzahl A für
das Quantum B erfordert wird; dieser Quotient ist als Exponent somit
nicht als das gesetzt, was er seyn soll, - das Bestimmende des
Verhältnisses, oder als seine qualitative Einheit. Als diese ist er nur
gesetzt, insofern er den Werth hat, die Einheit der beiden Momente,
der Einheit und der Anzahl, zu seyn. Indem diese Seiten zwar als
Quanta, wie sie in dem expliciten Quantum, dem Verhältnisse, seyn
sollen, vorhanden sind, aber zugleich nur in dem Wertbe, den sie als
dessen Seiten haben sollen, unvollständige Quanta zu seyn und
nur als eines jener qualitativen Momente zu gelten, so sind sie mit
dieser ihrer Negation zu setzen; womit ein seiner Bestimmung
entsprechenderes reelleres Verhältniß entsteht, worin der Exponent die
Bedeutung des Produkts derselben hat; nach dieser Bestimmtheit ist es das umgekehrte Verhältniß.
1. Das Verhältniß, wie es sich nun ergeben, ist das aufgehobene direkte Verhältniß; es war das unmittelbare,
somit noch nicht wahrhaft bestimmte; nunmehr ist die Bestimmtheit so
hinzugekommen, daß der Exponent als Produkt, Einheit der Einheit und
der Anzahl, gilt. Nach der Unmittelbarkeit konnte er gleichgültig
ebensowohl als Einheit wie als Anzahl genommen werden, wie vorhin
gezeigt worden; womit er auch nur als Quantum überhaupt und damit
vorzugsweise als Anzahl war; die eine Seite war die Einheit, und als
Eins zu nehmen, zu welcher die andere eine fixe Anzahl sey, die
zugleich der Exponent ist; dessen Qualität war somit nur dieß, daß dieß
Quantum als festes genommen oder vielmehr das Feste nur den Sinn des
Quantums hat.
In
dem umgekehrten Verhältnisse nun ist der Exponent gleichfalls als
Quantum ein unmittelbares, und irgend eines als festes angenommen. Aber
dieß Quantum ist nicht fixe Anzahl zu dem Eins des andern Quantums im Verhältnisse;
dieses im vorhergehenden feste Verhältniß ist nun vielmehr als
veränderlich gesetzt; wenn zum Eins der einen Seite ein anderes Quantum
genommen wird, so bleibt nun die andere nicht mehr dieselbe Anzahl
von Einheiten der ersten. Im direkten Verhältnisse ist diese Einheit
nur das gemeinschaftliche beider Seiten; sie als solche kontinuirt sich
in die andere Seite, in die Anzahl; die Anzahl selbst für sich, oder
der Exponent, ist gegen die Einheit gleichgültig.
Wie
nunmehr aber die Bestimmtheit des Verhältnisses ist, wird die Anzahl
als solche gegen das Eins, zu dem sie die andere Seite des
Verhältnisses ausmacht, verändert; je nachdem zum Eins
ein anderes Quantum genommen wird, wird sie eine andere. Der Exponent
ist daher zwar auch nur ein unmittelbares nur beliebig als fest
angenommenes Quantum, aber er erhält sich nicht als solches in der
Seite des Verhältnisses, sondern diese und damit das direkte Verhältniß
der Seiten ist veränderlich. Hiermit ist, in dem nunmehrigen
Verhältnisse, der Exponent, als das bestimmende Quantum, negativ gegen
sich als Quantum des Verhältnisses, hiermit als qualitativ als Grenze
gesetzt, daß also das Qualitative für sich im Unterschied gegen das
Quantitative hervortritt. - In dem direkten Verhältnisse ist die Veränderung
der beiden Seiten nur die Eine Veränderung des Quantums, als welches
die Einheit, die das Gemeinschaftliche ist, genommen wird, um so viel
also die eine Seite vergrößert oder vermindert wird, um so viel auch
die andere; das Verhältniß selbst ist gegen diese Veränderung
gleichgültig, sie ist ihm äußerlich. Im indirekten Verhältnisse aber
ist die Veränderung, obgleich nach dem gleichgültigen quantitativen
Momente auch beliebig, innerhalb des Verhältnisses gehalten,
und auch dieß beliebige quantitative Hinausgehen durch die negative
Bestimmtheit des Exponenten, als durch eine Grenze, beschränkt.
2.
Diese qualitative Natur des indirekten Verhältnisses ist noch näher,
nämlich in ihrer Realisation zu betrachten, und die Verwicklung des
Affirmativen mit dem Negativen, die darin enthalten ist, auseinander zu
setzen. - Es ist das Quantum gesetzt, als qualitativ das Quantum d. i.
sich selbst bestimmend, als Grenze seiner an ihm sich darstellend. Es
ist hiermit erstens eine unmittelbare Größe als einfache Bestimmtheit, das Ganze als seyendes, affirmatives Quantum. Aber zweitens ist diese unmittelbare Bestimmtheit zugleich Grenze;
dafür ist es in zwei Quanta unterschieden, die zunächst andere
gegeneinander sind; aber als deren qualitative Bestimmtheit, und zwar
dieselbe als vollständig ist es die Einheit der Einheit und
der Anzahl, Produkt, dessen Faktoren sie sind. So ist der Exponent
ihres Verhältnisses eines Theils in ihnen identisch mit sich, und das
Affirmative derselben, wonach sie Quanta sind; andern Theils ist er als
die an ihnen gesetzte Negation die Einheit an ihnen, nach der zunächst jedes, ein unmittelbares, begrenztes Quantum überhaupt, zugleich so ein begrenztes ist, daß es nur an sich identisch
mit seinem Andern ist. Drittens ist er als die einfache Bestimmtheit,
die negative Einheit dieser seiner Unterscheidung in die zwei Quanta
und die Grenze ihres gegenseitigen Begrenzens.
Nach diesen Bestimmungen begrenzen
sich die beiden Momente innerhalb des Exponenten und sind das eine das
Negative des andern, da er ihre bestimmte Einheit ist; das eine wird um
so vielmal kleiner, als das andere größer wird, jedes hat insofern
seine Größe, als es die des andern an ihm hat, als dem andern mangelt.
Jede kontinuirt sich auf diese Weise negativ in die andere;
soviel sie an Anzahl ist, hebt sie an der andern als Anzahl auf, und
ist, was sie ist, nur durch die Negation oder Grenze, die an ihr von
der andern gesetzt wird. Jede enthält auf diese Weise auch die
andere, und ist an ihr gemessen, denn jede soll nur das Quantum seyn,
das die andere nicht ist; für den Werth jeder ist die Größe der andern
unentbehrlich und damit untrennbar von ihr.
Diese Kontinuität jeder in der Andern macht das Moment der Einheit aus, wodurch sie im Verhältnisse sind; - der Einen Bestimmtheit, der einfachen Grenze, die der Exponent ist. Diese Einheit, das Ganze, macht das Ansichseyn einer jeden aus, von dem ihre vorhandene
Größe unterschieden ist, nach welcher jedes nur ist, insofern sie der
andern von ihrem gemeinsamen Ansichseyn, dem Ganzen, entzieht. Aber sie
kann nur so viel, als sie diesem Ansichseyn gleich macht, der andern
entziehen, sie hat an dem Exponent ihr Maximum, der nach der
angegebenen zweiten Bestimmung die Grenze ihrer gegenseitigen
Begrenzung ist. Und indem jede nur insofern Moment des Verhältnisses
ist, als sie die andere begrenzt und damit von der andern begrenzt
wird, so verliert sie diese ihre Bestimmung, indem sie sich ihrem
Ansichseyn gleich macht; die andere Größe wird nicht nur darin Null,
sondern sie selbst verschwindet, da sie nicht bloßes Quantum, sondern
was sie als solches ist, nur als solches Verhältnißmoment seyn soll. So
ist jede Seite der Widerspruch der Bestimmung, als ihres Ansichseyns,
d. i. der Einheit des Ganzen, das der Exponent ist, und der Bestimmung,
als Verhältnißmomentes; dieser Widerspruch ist wieder die Unendlichkeit, in einer neuen eigenthümlichen Form.
Der Exponent ist Grenze
der Seiten seines Verhältnisses, innerhalb deren sie gegeneinander zu-
und abnehmen, dem sie nach der affirmativen Bestimmtheit, die er als
Quantum ist, nicht gleich werden können. So als Grenze ihres
gegenseitigen Begrenzens ist er à) ihr Jenseits, deni sie sich unendlich
nähern, aber das sie nicht erreichen können. Diese Unendlichkeit, als
in der sie sich ihm nähern, ist die schlechte des unendlichen
Progresses; sie ist selbst endlich, hat in ihrem Gegentheil, in der
Endlichkeit jeder Seite und des Exponenten selbst, ihre Schranke, und
ist daher nur Näherung. Aber ß) die schlechte Unendlichkeit ist hier zugleich gesetzt, als das was sie in Wahrheit ist, nämlich nur das negative Moment überhaupt, nach welchem der Exponent gegen die unterschiedenen Quanta des Verhältnisses die einfache Grenze
als das Ansichseyn ist, auf das ihre Endlichkeit, als das schlechthin
Veränderliche, bezogen wird, aber schlechthin von ihnen verschieden,
als ihre Negation, bleibt. Dieß Unendliche, dem sich dieselben nur
annähern können, ist dann gleichfalls als affirmatives Diesseits
vorhanden und gegenwärtig; das simple Quantum des Exponenten. Darin ist
das Jenseits, mit dem die Seiten des Verhältnisses behaftet sind,
erreicht; es ist an sich die Einheit beider oder damit an sich die andre Seite einer jeden; denn jede hat nur
so viel Werth, als die andere nicht hat, ihre ganze Bestimmtheit liegt
so in der andern, und dieß ihr Ansichseyn ist als affirmative
Unendlichkeit einfach der Exponent.
3.
Hiermit aber hat sich der Uebergang des umgekehrten Verhältnisses in
eine andere Bestimmung ergeben, als es zunächst hatte. Diese bestand
darin, daß ein Quantum als unmittelbares zugleich auf ein anderes die
Beziehung hat, um so viel größer zu seyn, als dieses kleiner ist, durch
negatives Verhalten gegen das andere zu seyn, was es ist; ebenso ist
eine dritte Größe die gemeinsame Schranke dieses ihres Größerwerdens.
Diese Veränderung ist hier, im Gegensatze gegen das Qualitative als feste Grenze, ihre Eigenthünilichkeit; sie haben die Bestimmung von veränderlichen Größen, für welche jenes Feste ein unendliches Jenseits ist.
Die
Bestimmungen aber, die sich gezeigt und die wir zusammen zu fassen
haben, sind, nicht nur, daß dieß unendliche Jenseits zugleich als ein
gegenwärtiges und irgend ein endliches Quantum ist, sondern daß seine
Festigkeit, wodurch es solches unendliches Jenseits gegen das
Quantitative ist, und die das Qualitative des Seyns nur als abstrakte
Beziehung auf sich selbst ist, sich als Vermittelung seiner in seinem
Andern, den Endlichen des Verhältnisses, mit sich selbst, entwickelt
hat. Das Allgemeine hiervon liegt darin, daß überhaupt das Ganze als
Exponent die Grenze des gegenseitigen Begrenzens der beiden Glieder,
also die Negation der Negation, somit die Unendlichkeit, affirmatives Verhalten zu sich selbst, gesetzt ist. Das Bestimmtere ist, daß an sich
der Exponent schon als Produkt die Einheit der Einheit und der Anzahl,
jedes der beiden Glieder aber nur das eine dieser beiden Momente ist,
wodurch er sie also in sich schließt und in ihnen an sich sich auf sich
bezieht. Aber der Unterschied ist im umgekehrten Verhältnisse zur Aeußerlichkeit des quantitativen Seyns entwickelt, und das Qualitative nicht bloß das Feste, noch nur die Momente unmittelbar in sich einschließend, sondern in dem außersichseyenden Andersseyn sich mit sich
zusammenschließend vorhanden. Diese Bestimmung ist es, die sich als
Resultat in den Momenten, die sich gezeigt, heraushebt. Der Exponent
ergiebt sich nämlich als das Ansichseyn, dessen Momente in Quantis und
in deren Veränderlichkeit überhaupt realisirt ist; die Gleichgültigkeit
ihrer Größen in ihrer Veränderung stellt sich als unendlicher Progreß
dar; was dem zu Grunde liegt, ist, daß in ihrer Gleichgültigkeit dieß
ihre Bestimmtheit ist, ihren Werth in dem Werthe des andern zu haben,
somit à) nach der affirmativen Seite ihres Quantums an sich das
Ganze des Exponenten zu seyn. Ebenso haben sie ß) für ihr negatives
Moment, für ihr gegenseitiges Begrenzen die Größe des Exponenten, ihre
Grenze ist die seinige. Daß sie keine andere immanente Grenze, eine
feste Unmittelbarkeit, mehr haben, ist in dem unendlichen Progresse
ihres Daseyns und ihrer Begrenzung, in der Negation jedes besondern
Werthes, gesetzt. Diese ist hiernach die Negation des
Außersichseyns des Exponenten, das in ihnen dargestellt ist, und
dieser, d. i. zugleich selbst ein Quantum überhaupt, und in Quanta auch
ausgelegt, ist damit gesetzt, als das in der Negation ihres
gleichgültigen Bestehens sich Erhaltende, mit sich Zusammengehende, so
das Bestimmende solchen Hinausgehens über sich, zu seyn.
Das Verhältniß ist hiermit zum Potenzenverhältniß bestimmt.
1.
Das Quantum in seinem Andersseyn sich identisch mit sich setzend, sein
Hinausgehen über sich selbst bestimmend, ist zum Fürsichseyn gekommen.
So qualitative Totalität, indem sie sich als entwickelt setzt, hat sie
zu ihren Momenten die Begriffsbestimmungen der Zahl, die Einheit und
die Anzahl; die letztere ist noch im
umgekehrten Verhältnisse eine nicht durch die erstere selbst als
solche, sondern anderswoher, durch ein Drittes bestimmte Menge; nun ist
sie nur durch jene bestimmt gesetzt. Dieß ist der Fall im
Potenzenverhältnisse, wo die Einheit, welche Anzahl an ihr selbst ist,
zugleich die Anzahl gegen sich als Einheit ist. Das Andersseyn, die
Anzahl der Einheiten, ist die Einheit selbst. Die Potenz ist
eine Menge von Einheiten, deren jede diese Menge selbst ist. Das
Quantum als gleichgültige Bestimmtheit verändert sich; aber insofern
diese Verändernng ein Erheben in die Potenz ist, ist dieß sein
Andersseyn rein durch sich selbst begrenzt. - Das Quantum ist so in der
Potenz als in sich selbst zurückgekehrt gesetzt; es ist unmittelbar es
selbst und auch sein Andersseyn.
Der Exponent
dieses Verhältnisses ist nicht mehr ein unmittelbares Quantum, wie im
direkten, und auch im umgekehrten Verhältnisse. Er ist im
Potenzenverhältniß ganz qualitativer Natur, diese einfache Bestimmtheit, daß die Anzahl die Einheit selbst, das Quantum in seinem Andersseyn mit sich selbst identisch
ist. Darin liegt zugleich die Seite seiner quantitativen Natur, daß die
Grenze oder Negation nicht als unmittelbar seyendes, sondern das Daseyn
als in sein Andersseyn kontinuirt gesetzt ist; denn die Wahrheit der
Qualität ist eben dieß, Quantität, die unmittdbare Bestimmtheit als
aufgehobene, zu seyn.
2.
Das Potenzenverhältniß erscheint zunächst als eine äußere Veränderung,
in welche irgend ein Quantum versetzt wird; es hat aber die engere
Beziehung auf den Begriff des Quantums, daß dieses in dem
Daseyn, zu welchem es in jenem Verhältnisse fortgebildet ist, denselben
erreicht, ihn auf vollständige Weise realisirt hat; dieß Verhältniß ist
die Darstellung dessen, was das Quantum an sich ist, und drückt dessen Bestimmtheit oder Qualität aus, wodurch es sich von anderem unterscheidet. Das Quantum ist die gleichgültige, als aufgehoben gesetzte
Bestimmtheit, das heißt, die Bestimmtheit als Grenze, welche ebenso
sehr keine ist, in ihr Andersseyn sich kontinuirt, in ihm sich also
identisch mit sich bleibt; so ist es im Potenzenverhältniß gesetzt; sein Andersseyn, Hinausgehen über sich in ein anders Quantum, als durch es selbst bestimmt.
Vergleichen
wir den Fortgang dieser Realisirung in den bisherigen Verhältnissen, so
ist die Qualität des Quantums, als Unterschied seiner von sich selbst
gesetzt zu seyn, überhaupt dieß, Verhältniß zu seyn. Als direktes
Verhältniß ist es als solcher gesetzte Unterschied nur erst überhaupt
oder unmittelbar, so daß seine Beziehung auf sich selbst, die es gegen
seine Unterschiede, als der Exponent hat, nur als die Festigkeit einer
Anzahl der Einheit gilt. Im umgekehrten Verhältniß ist das Quantum in
negativer Bestimmung ein Verhalten seiner zu sich selbst, - zu sich als
seiner Negation, in der es aber seinen Werth hat; als affirmative
Beziehung auf sich ist es ein Exponent, der als Quantum nur an sich das Bestimmende seiner Momente ist. Im Potenzenverhältniß aber ist es in dem Unterschied als seiner von sich selbst vorhanden. Die Aeußerlichkeit
der Bestimmtheit ist die Qualität des Quantums, diese Aeußerlichkeit
ist so nun seinem Begriffe gemäß als sein eigenes Bestimmen, als seine Beziehung auf sich selbst, seine Qualität, gesetzt.
3. Damit aber, daß das Quantum gesetzt
ist, wie es seinem Begriffe gemäß ist, ist es in eine andere Bestimmung
übergegangen; oder wie es auch ausgedrückt werden kann, daß seine Bestimmung nun auch als die Bestimmtheit, das Ansichseyn auch als Daseyn ist. Es ist als Quantum,
insofern die Aeußerlichkeit oder Gleichgültigkeit des Bestimmtseyns (-
daß es das ist, wie man sagt, was vergrößert oder vermindert werden
kann) nur einfach oder unmittelbar gilt und gesetzt ist;
es ist zu seinem Andern, der Qualität, geworden, insofern jene
Aeußerlichkeit nun als vermittelt durch es selbst, so als ein Moment gesetzt ist, daß es eben in ihr sich auf sich selbst bezieht, Seyn als Qualität ist.
Zunächst erscheint also die Quantität als solche der Qualität gegenüber; aber die Quantität ist selbst eine
Qualität, sich auf sich beziehende Bestimmtheit überhaupt,
unterschieden von der ihr andern Bestimmtheit, von der Qualität als
solcher. Allein sie ist nicht nur eine Qualität, sondern die
Wahrheit der Qualität selbst ist die Quantität; jene hat sich als in
diese übergehend gezeigt. Die Quantität ist dagegen in ihrer Wahrheit
die in sich selbst zurückgekehrte, nicht gleichgültige Aeußerlichkeit.
So ist sie die Qualität selbst, so daß außer dieser Bestimmung nicht
die Qualität als solche noch etwas wäre. - Daß die Totalität gesetzt sey, dazu gehört der gedoppelte
Uebergang, nicht nur der der einen Bestimmtheit in ihre andere, sondern
ebenso der Uebergang dieser andern, ihr Rückgang, in die erste. Durch
den ersten ist nur erst an sich die Identität beider vorhanden;
- die Qualität ist in der Quantität enthalten, die aber damit noch eine
einseitige Bestimmtheit ist. Daß diese umgekehrt ebenso in der ersten
enthalten, sie ebenso nur als aufgehobene ist, ergiebt sich im zweiten
Uebergang, - der Rückkehr in das erste; diese Bemerkung über die
Nothwendigkeit des doppelten Uebergangs ist von großer Wichtigkeit für das Ganze der wissenschaftlichen Methode.
Das
Quantum nunmehr als gleichgültige oder äußerliche Bestimmung, so daß es
ebenso als solche aufgehoben, und die Qualität und das ist, wodurch
etwas das ist, was es ist, ist die Wahrheit des Quantums, Maaß zu seyn.
Es
ist oben, in den Anmerkungen über das Quantitativ-Unendliche
auseinander gesetzt worden, daß dieses so wie die Schwierigkeiten, die
sich darüber ergeben, in dem qualitativen Momente, das sich im
Quantitativen hervorthut, ihren Ursprung haben, und wie das Qualitative
des Potenzenverhältnisses insbesondere, in die mannigfaltigen
Entwickelungen und Verwickelungen ausgeht; als
der Grundmangel, der die Auffassung des Begriffes verhindert, wurde auf
gezeigt, daß bei dem Unendlichen nur nach der negativen Bestimmung, die
Negation des Quantums zu seyn, stehen geblieben und nicht zu der
einfachen Bestimmung, dem Affirmativen, daß dieses das Qualitative ist,
fortgegangen wird. - Hier bleibt nur übrig, noch eine Bemerkung über
die in der Philosophie geschehene Einmischung von Formen des
Quantitativen in die reinen qualitativen Formen des Denkens, zu machen.
Besonders ist es das Potenzenverhältniß, welches in neuerer Zeit auf Begriffsbestimmungen angewendet worden ist. Der Begriff in seiner Unmittelbarkeit wurde die erste Potenz, in seinem Andersseyn oder der Differenz, dem Daseyn seiner Momente, die zweite, und in seiner Rückkehr in sich oder als Totalität die dritte
Potenz genannt. - Hiergegen fällt sogleich auf, daß die Potenz so
gebraucht eine Kategorie ist, die dem Quantum wesentlich angehört; - es
ist bei diesen Potenzen nicht an die potentia , ... des Aristoteles gedacht. So drückt das Potenzenverhältniß die Bestimmtheit aus, wie dieselbe als der Unterschied, wie er im besondern Begriffe
des Quantums ist, zu seiner Wahrheit gelangt, aber nicht wie derselbe
am Begriffe als solchem ist. Das Quantum enthält die Negativität,
welche zur Natur des Begriffs gehört, noch gar nicht in dessen
eigenthümlicher Bestimmung gesetzt; Unterschiede, die dem Quantum
zukommen, sind oberflächliche Bestimmungen für den Begriff selbst; sie
sind noch weit entfernt, bestimmt zu seyn, wie sie es im Begriffe sind.
Es ist in der Kindheit des Philosophirens, daß wie von Pythagoras
Zahlen - und erste, zweite Potenz u.s.f. haben insofern vor Zahlen
nichts voraus, - zur Bezeichnung allgemeiner, wesentlicher Unterschiede
gebraucht worden sind. Es war dieß eine Vorstufe des reinen denkenden
Erfassens; nach Pythagoras erst sind die Gedankenbestimmungen selbst
erfunden, d. i. für sich zum Bewußtseyn gebracht worden. Aber von solchen weg zu Zahlenbestimmungen zurückzugehen, gehört
einem sich unvermögend fühlenden Denken an, das nun im Gegensatze gegen
vorhandene philosophische Bildung, die an Gedankenbestimmungen gewohnt
ist, selbst das Lächerliche hinzufügt, jene Schwäche für etwas Neues,
Vornehmes und für einen Fortschritt geltend machen zu wollen.
Insofern der Potenzen-Ausdruck nur als Symbol
gebraucht wird, so ist dagegen so wenig zu sagen, als gegen die Zahlen
oder Symbole anderer Art für Begriffe; aber zugleich ebenso viel, als
gegen alle Symbolik überhaupt, in welcher reine Begriffs- oder
philosophische Bestimmungen dargestellt werden sollen. Die Philosophie
bedarf solche Hülfe nicht, weder aus der sinnlichen Welt, noch aus der
vorstellenden Einbildungskraft, auch nicht aus Sphären ihres
eigenthümlichen Bodens, welche untergeordnet sind, deren Bestimmungen
daher nicht für höhere Kreise und für das Ganze passen. Das Letztere
geschieht, wenn überhaupt Kategorien des Endlichen auf das Unendliche
angewendet werden; die geläufigen Bestimmungen von Kraft, oder
Substantialität, Ursache und Wirkung u.s.f. sind gleichfalls nur
Symbole für den Ausdruck z. B. lebendiger oder geistiger Verhältnisse,
d. i. unwahre Bestimmungen für dieselben, so noch mehr die Potenzen des
Quantums und gezählte Potenzen, für dergleichen und für spekulative
Verhältnisse überhaupt. - Wenn Zahlen, Potenzen, das
Mathematisch-Unendliche und dergleichen nicht als Symbole, sondern als
Formen für philosophische Bestimmungen, und damit selbst als
philosophische Formen sollen gebraucht werden, so müßte vor Allem ihre
philosophische Bedeutung, d. i. ihre Begriffsbestimmtheit aufgezeigt
werden. Geschieht dieß, so sind sie selbst überflüssige Bezeichnungen;
die Begriffsbestimmtheit bezeichnet sich selbst, und ihre Bezeichnung
ist allein die richtige und passende. Der Gebrauch jener Formen ist
darum weiter nichts, als ein bequemes Mittel, es zu ersparen, die
Begriffsbestimmungen zu fassen, anzugeben und zu rechtfertigen.
Im Maaße sind, abstrakt ausgedrückt, Qualität und Quantität vereinigt. Das Seyn
als solches ist unmittelbare Gleichheit der Bestimmtheit mit sich
selbst. Diese Unmittelbarkeit der Bestimmtheit hat sich aufgehoben. Die
Quantität ist das so in sich zurückgekehrte Seyn, daß es einfache
Gleichheit mit sich als Gleichgültigkeit gegen die Bestimmtheit ist.
Aber diese Gleichgültigkeit ist nur die Aeußerlichkeit, nicht an sich
selbst, sondern in Anderem die Bestimmtheit zu haben. Das Dritte ist
nun die sich auf sich selbst beziehende Aeußerlichkeit; als Beziehung
auf sich ist es zugleich aufgehobene Aeußerlichkeit, und hat an ihr selbst den Unterschied von sich, - der als Aeußerlichkeit das quantitative, als in sich zurückgenommene, das qualitative Moment ist.
Indem die Modalität,
unter den Kategorien des transcendentalen Idealismus, nach der
Quantität und Qualität, auf Einschiebung der Relation, aufgeführt wird,
so kann derselben hier erwähnt werden. Diese Kategorie hat daselbst die
Bedeutung, die Beziehung des Gegenstandes auf das Denken
zu seyn. Im Sinne jenes Idealismus ist das Denken überhaupt dem
Ding-an-sich wesentlich äußerlich. Insofern die andern Kategorien nur
die transcendentale Bestimmung haben, dem Bewußtseyn, aber als das Objektive desselben, anzugehören, so enthält die Modalität, als die Kategorie der Beziehung auf das Subjekt, insofern relativ die Bestimmung der Reflexion
in sich; d.h. die Objektivität, welche den andern Kategorien zukomme,
mangelt denen der Modalität; diese vermehren, nach Kants Ausdruck, den
Begriffe als Bestimmung des Objekts nicht im mindesten, sondern drücken
nur das Verhältniß zum Erkenntnißvermögen aus, (Kr. d. rein. Vern. 2te
Aufl. s. S. 99, 266). - Die Kategorien, die Kant unter der Modalität
zusammenfaßt, Möglichkeit, Wirklichkeit und Nothwendigkeit, werden in
der Folge an ihrer Stelle vorkommen; Kant hat die unendlich wichtige
Form der Triplicität, so sehr sie bei ihm nur erst als ein formeller
Lichtfunken erschienen, nicht auf die Gattungen seiner Kategorien
(Quantität, Qualität u.s.f.) wie auch diesen Namen, nur auf deren Arten
angewendet; daher hat er nicht auf das Dritte der Qualität und
Quantität kommen können.
Bei Spinoza ist der Modus nach Substanz und Attribut gleichfalls das Dritte; er erklärt ihn für die Affektionen
der Substanz, oder für dasjenige, was in einem Andern ist, durch
welches es auch begriffen wird. Dieses Dritte ist nach diesem Begriffe
nur die Aeußerlichkeit als solche; wie sonst erinnert worden, daß bei
Spinoza überhaupt der starren Substantialität die Rückkehr in sich
selbst fehlt.
Die
hier gemachte Bemerkung dehnt sich allgemeiner auf die Systeme des
Pantheismus aus, welche der Gedanke etwas ausgebildet hat. Das Seyn,
das Eine, die Substanz, das Unendliche, das Wesen ist das Erste; gegen
dieses Abstraktum kann das Zweite, alle Bestimmtheit, überhaupt als das
nur Endliche, nur Accidentelle, Vergängliche, Außer- und Unwesentliche
u.s.f., ebenso abstrakt zusammengefaßt werden wie in dem ganz formalen
Denken gewöhnlich und zunächst geschieht. Aber es drängt sich zu sehr
der Zusammenhang dieses Zweiten mit dem Ersten auf, um es nicht zugleich in einer Einheit mit demselben zu fassen, wie das Attribut
bei Spinoza die ganze Substanz ist, aber von dem Verstand, selbst einer
Beschränkung oder Modus, gefaßt; der Modus aber, das Nichtsubstantielle
überhaupt, das nur aus einem Andern gefaßt werden kann, macht so das
andere Extrem zu der Substanz, das Dritte überhaupt, aus. Der indische
Pantheismus hat in seiner ungeheuern Phantasterei gleichfalls, abstrakt
genommen, diese Ausbildung erhalten, die sich durch ihr Maßloses
hindurch als ein mässigender Faden zu einigem Interesse zieht, daß
Brahm, das Eine des abstrakten Denkens durch die Gestaltung in Wischnu
besonders in der Form Krischnas, zu dem Dritten, Siwa, fortgeht. Die
Bestimmung dieses Dritten ist der Modus, Veränderung, Entstehen und
Vergehen, das Feld der Aeußerlichkeit überhaupt. Wenn diese indische
Dreiheit zu einer Vergleichung nut der christlichen verleitet hat, so
ist in ihnen zwar ein gemeinsames Element der Begriffsbestimmung zu
erkennen, aber über den Unterschied ist wesentlich ein bestimmteres
Bewußtseyn zu fassen; derselbe ist nicht nur unendlich, sondern die
wahrhafte Unendlichkeit macht den Unterschied selbst aus. Jenes dritte
Princip ist seiner Bestimmung nach das Auseinanderfahren der
substantiellen Einheit, in ihr Gegegentheil, nicht die Rückkehr derselben
zu sich, - das Geistlose vielmehr, nicht der Geist. In der wahrhaften
Dreiheit, ist nicht nur Einheit, sondern Einigkeit, der Schluß zur inhaltsvollen und wirklichen Einheit, die in ihrer ganz konkreten Bestimmung der Geist
ist, gebracht. Jenes Princip des Modus und der Veränderung schließt
wohl die Einheit nicht überhaupt aus; wie nämlich im Spinozismus eben
der Modus als solcher das Unwahre und nur die Substanz das wahrhafte
ist, Alles auf diese zurückgeführt werden soll, welches dann ein
Versenken alles Inhalts in die Leerheit, in nur formelle, inhaltslose
Einheit ist, so ist auch Siwa wieder das große Ganze, von Brahm nicht
unterschiedene, Brahm selbst; d. h. der Unterschied
und die Bestimmtheit verschwindet nur wieder, aber wird nicht
aufbewahrt, nicht aufgehoben, und die Einheit wird nicht zur konkreten
Einheit, die Entzweiung nicht zur Versöhnung zurückgeführt. Das höchste
Ziel für den in die Sphäre des Entstehens und Vergehens, der Modalität
überhaupt versetzten Menschen ist die Versenkung in die
Bewußtlosigkeit, die Einheit mit Brahm, die Vernichtung; dasselbe ist
das buddhistische Nirvana, Nieban u.s.f.
Wenn
nun der Modus überhaupt die abstrakte Aeußerlichkeit, die
Gleichgültigkeit gegen die qualitativen wie gegen die quantitativen
Bestimmungen ist, und es im Wesen auf das Aeußerliche, Unwesentliche
nicht ankommen soll, so wird auch wieder in Vielem zugestanden, daß
alles auf die Art und Weise ankomme; der Modus wird damit
selbst für wesentlich zum Substantiellen einer Sache gehörig erklärt;
in welcher sehr unbestimmten Beziehung wenigstens dieß liegt, daß dieß
Aeußerliche nicht so abstrakt das Aeußerliche sey.
Hier hat der Modus die bestimmte Bedeutung das Maaß
zu seyn. Der Spinozistische Modus, wie das indische Princip der
Veränderung ist das Maaßlose. Das griechische selbst noch unbestimmte
Bewußtseyn, daß Alles ein Maaß hat, so daß selbst Parmenides nach dem abstrakten Seyn die Nothwendigkeit, als die alte Grenze, die Allem gesetzt ist, eingeführt, ist der Anfang eines viel höhern Begriffs als die Substanz und der Unterschied des Modus von derselben enthält. -
Das entwickeltere, reflektirtere Maaß ist die Nothwendigkeit; das Schicksal, die Nemesis, schränkt sich im Allgemeinen auf die Bestimmtheit des Maaßes ein, daß was sich vermesse,
zu groß, zu hoch mache, auf das andere Extrem der Herabsetzung zur
Nichtigkeit reducirt, und damit die Mitte des Maaßes, die
Mittelmäßigkeit, hergestellt werde. - Das Absolute, Gott ist das Maaß aller Dinge, ist nicht stärker pantheistisch als die Definition: das Absolute, Gott ist das Seyn, aber unendlich
wahrhafter. - Das Maaß ist zwar äußerliche Art und Weise, ein Mehr oder
Weniger, welches aber zugleich ebenso in sich reflektirt, nicht bloß
gleichgültige und äußerliche, sondern an sich seyende Bestimmtheit ist;
es ist so die konkrete Wahrheit des Seyns; in dem Maaße haben darum die Völker etwas Unantastbares, Heiliges verehrt.
Es liegt in dem Maaße bereits die Idee des Wesens,
nämlich in der Unmittelbarkeit des Bestimmtseyns identisch mit sich zu
seyn, so daß jene Unmittelbarkeit durch diese Identität-mit-sich zu
einem Vermittelten herabgesetzt ist, wie diese ebenso nur durch diese
Aeußerlichkeit vermittelt aber die Vermittelung mit sich ist; - die Reflexion, deren Bestimmungen sind,
aber in dieseni Seyn schlechthin nur als Momente ihrer negativen
Einheit. Im Maaße ist das Qualitative quantitativ; die Bestimmtheit
oder der Unterschied ist als gleichgültig, damit ist es ein
Unterschied, der keiner ist; er ist aufgehoben; diese Quantitativität
macht als Rückkehr in sich, worin sie als das Qualitative ist, das An-
und Fürsichseyn aus, welches das Wesen ist. Aber das Maaß ist erst an sich oder im Begriffe das Wesen; dieser Begriff des Maaßes ist noch nicht gesetzt. Das Maaß noch als solches ist selbst die seyende
Einheit des Qualitativen und Quantitativen; seine Momente sind als ein
Daseyn, eine Qualität und Quanta derselben, die nur erst an sich
untrennbar, aber noch nicht die Bedeutung dieser reflektirten
Bestimmung haben. Die Entwicklung des Maaßes, enthält die
Unterscheidung dieser Momente, aber zugleich die Beziehung derselben, so daß die Identität, welche sie an sich sind, als ihre Beziehung aufeinander wird, d. i. gesetzt
wird. Die Bedeutung dieser Entwickelung ist die Realisation des Maaßes,
in der es sich zu sich selbst ins Verhältniß, und damit zugleich als
Moment setzt; durch diese Vermittelung wird es als Aufgehobenes
bestimmt; seine Unmittelbarkeit wie die seiner Momente verschwindet,
sie sind als reflektirte; so als das hervorgetreten, was es seinem Begriffe nach ist, ist es in das Wesen übergegangen.
Das Maaß ist zunächst unmittelbare Einheit des Qualitativen und Quantitativen, so daß
erstens ein Quantum ist, das qualitative Bedeutung hat, und als Maaß ist. Dessen Fortbestimmung ist, daß an ihm, dem an sich
bestimmten, - der Unterschied seiner Momente, des qualitativen und
quantitativen Bestimmtseyns, hervortritt. Diese Momente bestimmen sich
weiter selbst zu Ganzen des Maaßes, welche insofern als Selbstständige sind; indem sie sich wesentlich aufeinander beziehen, wird das Maaß
zweitens Verhältniß von specifischen Quantis, als selbstständigen Maaßen.
Ihre Selbstständigkeit beruht aber wesentlich zugleich auf dem
quantitativen Verhältnisse und dem Größenunterschiede; so wird ihre
Selbstständigkeit ein Uebergehen in einander. Das Maaß geht damit im Maaßlosen zu Grunde. - Dieß Jenseits des Maaßes ist aber die Negativität desselben nur an sich selbst; es ist dadurch
drittens die Indifferenz der Maaßbestimmungen, und als reell mit der in ihr enthaltenen Negativität das Maaß gesetzt, als umgekehrtes Verhältniß von Maaßen,
welche als selbstständige Qualitäten wesentlich nur auf ihrer Quantität
und auf ihrer negativen Beziehung aufeinander beruhen, und damit sich
erweisen, nur Momente ihrer wahrhaft selbstständigen Einheit zu seyn,
welche ihre Reflexion-in-sich und das Setzen derselben, das Wesen, ist.
Die
Entwickelung des Maaßes, die im Folgenden versucht worden, ist eine der
schwierigsten Materien; indem sie von dem unmittelbaren, äußerlichen
Maaße anfängt, hätte sie einer Seits zu der abstrakten Fortbestimmung
des Quantitativen (einer Mathematik der Natur) fortzugehen, anderer Seits den Zusammenhang dieser Maaßbestimmung mit den Qualitäten der natürlichen Dinge anzuzeigen, wenigstens im Allgemeinen; denn die bestimmte Nachweisung des aus dem Begriffe des konkreten Gegenstandes hervorgehenden Zusammenhangs
des Qualitativen und Quantitativen gehört in die besondere Wissenschaft
des Konkreten; wovon Beispiele in der Encykl. der philos. Wissensch.
3te Aufl. _. 267 u. 270 Anm. das Gesetz des Falles und das der freien
himmlischen Bewegung betreffend, nachzusehen sind. Es mag hierbei dieß
überhaupt bemerkt werden, daß die verschiedenen Formen, in welchen sich
das Maaß realisirt, auch verschiedenen Sphären der natürlichen Realität angehören. Die vollständige, abstrakte Gleichgültigkeit des entwickelten Maaßes d. i. der Gesetze desselben kann nur in der Sphäre des Mechanismus
Statt haben, als in welchem das konkrete Körperliche nur die selbst
abstrakte Materie ist; die qualitativen Unterschiede derselben haben
wesentlich das Quantitative zu ihrer Bestimmtheit; Raum und Zeit sind die reinen Aeußerlichkeiten selbst, und die Menge der Materien, Massen, Intensität des Gewichts,
sind ebenso äußerliche Bestimmungen, die an dem Quantitativen ihre
eigenthümliche Bestimmtheit haben. Dagegen wird solche
Größebestimmtheit des abstrakt Materiellen schon durch die Mehrheit und
damit einen Konflikt von Qualitäten, im Physikalischen, noch mehr aber im Organischen
gestört. Aber es tritt hier nicht bloß der Konflikt von Qualitäten als
solchen ein, sondern das Maaß wird hier höhern Verhältnissen
untergeordnet, und die immanente Entwicklung des Maaßes
vielmehr auf die einfache Form des unmittelbaren Maaßes reducirt. Die
Glieder des animalischen Organismus haben ein Maaß, welches als ein
einfaches Quantum im Verhältniß zu andern Quantis der andern Glieder
steht; die Proportionen des menschlichen Körpers sind die festen
Verhältnisse von solchen Quantis; die Naturwissenschaft hat noch
weithin, von dem Zusammenhange solcher Größen mit den organischen
Funktionen, von denen sie ganz abhängig sind, etwas einzusehen. Aber
von der Herabsetzung eines immanenten Maaßes
zu einer bloß äußerlich determinirten Größe ist die Bewegung das
nächste Beispiel. An den Himmelskörpern ist sie die freie nur durch den
Begriff bestimmte Bewegung, deren Größen hiermit ebenso nur von
demselben abhängen (s. oben), aber von dem Organischen wird sie zur
willkürlichen oder mechanisch-regelmäßigen, d. h. überhaupt abstrakten
formellen Bewegung herunter gesetzt.
Noch
weniger aber findet im Reich des Geistes eine eigenthümliche, freie
Entwicklung des Maaßes Statt. Man sieht z. B. wohl ein, daß eine
republikanische Verfassung, wie die atheniensische oder eine durch
Demokratie versetzte aristokratische nur bei einer gewissen Größe des
Staats Platz haben kann; daß in der entwickelten bürgerlichen
Gesellschaft die Mengen von Individuen, welche den verschiedenen
Gewerben angehören, in einem Verhältnisse mit einander stehen; aber
dieß giebt weder Gesetze von Maaßen noch eigenthümliche Formen
desselben. Im Geistigen als solchen kommen Unterschiede von Intensität des Charakters, Stärke der Einbildungskraft, der Empfindungen, der Vorstellungen u.s.f. vor; aber über dieß Unbestimmte der Stärke
oder Schwäche geht die Bestimmung nicht hinaus. Wie matt und völlig
leer die sogenannten Gesetze ausfallen, die über das Verhältniß von
Stärke und Schwäche der Empfindungen, Vorstellungen u.s.f. aufgestellt
werden, wird man inne, wenn man die Psychologien nachsieht, welche sich
mit dergleichen bemühen.
Die qualitative Quantität ist zunächst ein unmittelbares specifisches Quantum; das
zweitens, als sich zu Anderem verhaltend, ein quantitatives Specificiren, ein Aheben des gleichgültigen Quantums wird. Dieses Maaß, ist insofern eine Regel und enthält die beiden Momente des Maaßes unterschieden,
nämlich die ansichseyende quantitative Bestimmtheit, und das äußerliche
Quantum. In diesem Unterschiede werden aber diese beiden Seiten zu
Qualitäten, und die Regel zu einem Verhältnisse derselben; das Maaß
stellt sich daher dar
drittens als Verhältniß von Qualitäten, die zunächst Ein Maaß haben; das sich aber ferner so zu einem Unterschiede von Maaßen in sich specificirt.
1.
Das Maaß ist die einfache Beziehung des Quantums auf sich, seine eigene
Bestimmtheit an sich selbst; so ist das Quantum qualitativ. Zunächst
ist es als unmittelbares Maaß, ein unmittelbares, daher als irgend ein
bestimmtes, Quantum; ebenso unmittelbar ist die ihm zugehörige
Qualität, sie ist irgend eine bestimmte Qualität. - Das Quantum als
diese nicht mehr gleichgültige Grenze sondern auf sich beziehende
Aeußerlichkeit, ist so selbst die Qualität, und unterschieden von
dieser geht es nich über sie hinaus, so wie diese nicht über dasselbe
hinausgeht. Es ist in die einfache Gleichheit mit sich zurückgekehrte
Bestimmtheit; eins mit dem bestimmten Daseyn, so wie dieses mit seinem
Quantum.
Wenn man aus der erhaltenen Bestimmung einen Satz machen will, so kann man sich ausdrücken: Alles, was da ist, hat ein Maaß.
Alles Daseyn hat eine Größe, und diese Größe gehört zur Natur von Etwas
selbst; sie macht seine bestimmte Natur und sein Insichseyn aus. Etwas
ist gegen diese Größe nicht gleichgültig, so daß wenn sie geändert
würde, es bliebe was es ist, sondern die Aenderung derselben änderte
seine Qualität. Das Quantum hat als Maaß aufgehört Grenze zu seyn, die
keine ist; es ist nunmehr die Bestimmung der Sache,
so daß diese, über dieß Quantum vermehrt oder vermindert, zu Grunde
ginge. - Ein Maaß, als Maaßstab im gewöhnlichen Sinne, ist ein Quantum,
das als die an sich bestimmte Einheit gegen äußerliche Anzahl
willkürlich angenommen wird. Eine solche Einheit kann zwar auch in der
That an sich bestimmte Einheit seyn, wie Fuß und dergleichen
ursprüngliche Maaße; insofern sie aber als Maaßstab zugleich für andere
Dinge gebraucht wird, ist sie für diese nur äußerliches, nicht ihr
ursprüngliches Maaß. - So mag der Erddurchmesser, oder die Pendellänge,
als specifisches Quantum für sich genommen werden. Aber es ist
willkürlich, den wievielsten Theil des Erddurchmessers oder der
Pendellänge und unter welchem Breitengrade man diese nehmen wolle, um
sie als Maaßstab zu gebrauchen. Noch mehr aber ist für andere Dinge ein
solcher Maaßstab etwas Aeußerliches. Diese haben das allgemeine
specifische Quantum wieder auf besondere Art specificirt, und sind
dadurch zu besondern Dingen gemacht. Es ist daher thöricht, von einem
natürlichen Maaßstab der Dinge zu sprechen. Ohnehin soll ein allgemeiner Maaßstab nur für die äußerliche Vergleichung dienen; in diesem oberflächlichsten Sinne, in welchem er als allgemeines Maaß
genommen wird, ist es völlig gleichgültig, was dafür gebraucht wird. Es
soll nicht ein Grundmaaß in dem Sinne seyn, daß die Naturmaaße der
besondern Dinge daran dargestellt und daraus nach einer Regel, als
Specifikationen Eines allgemeinen Maaßes, des Maaßes ihres allgemeinen
Körpers, erkannt würden. Ohne diesen Sinn aber hat ein absoluter
Maaßstab nur das Interesse und die Bedeutung eines Gemeinschaftlichen, und ein solches ist nicht an sich, sondern durch Uebereinkommen ein Allgemeines.
Das
unmittelbare Maaß ist eine einfache Größenbestimmung; wie z. B. die
Größe der organischen Wesen, ihrer Gliedmaßen und so fort. Aber jedes
Existirende hat eine Größe, um das zu seyn,
was es ist, und überhaupt um Daseyn zu haben. - Als Quantum ist es
gleichgültige Größe, äußerlicher Bestimmung offen und des Auf- und
Abgehens am Mehr und Weniger fähig. Aber als Maaß ist es zugleich von
sich selbst als Quantum, als solcher gleichgültiger Bestimmung,
verschieden und eine Beschränkung jenes gleichgültigen Hin- und
Hergehens an einer Grenze.
Indem
die Quantitätsbestimmtheit so an dem Daseyn die gedoppelte ist, das
eine Mal die, an welche die Qualität gebunden ist, das andere Mal aber
die, an der unbeschadet jener hin- und hergegangen werden kann, so
geschieht das Untergehen von Etwas, das ein Maaß hat, darin daß sein
Quantum verändert wird. Dieß Untergehen erscheint eines Theils als unerwartet,
insofern an dem Quantum, ohne das Maaß und die Qualität zu verändern,
geändert werden kann, andern Theils aber wird es zu einem als ganz
Begreiflichen gemacht, nämlich durch die Allmähligkeit. Zu dieser Kategorie wird so leicht gegriffen, um das Vergehen von einer Qualität oder von Etwas vorstellig zu machen oder zu erklären,
indem man so dem Verschwinden beinahe mit den Augen zusehen zu können
scheint, weil das Quantum die als äußerliche, ihrer Natur nach
veränderliche Grenze gesetzt ist, hiermit die Veränderung, als
nur des Quantums, sich von selbst versteht. In der That aber wird
nichts dadurch erklärt; die Veränderung ist zugleich wesentlich der
Uebergang einer Qualität in eine andere, oder der abstraktere von einem
Daseyn in ein Nichtdaseyn; darin liegt eine andere Bestimmung als in
der Allmähligkeit, welche nur eine Verminderung oder Vermehrung, und
das einseitige Festhalten an der Größe ist.
2.
Daß aber eine als bloß quantitativ erscheinende Veränderung auch in
eine qualitative umschlägt, auf diesen Zusammenhang sind schon die
Alten aufmerksam gewesen, und haben die der Unkenntniß desselben
entstehenden Kollisionen in populären Beispielen vorgestellt; unter den Namen des Kahlen, des Haufens sind hierher gehörige Elenchen
bekannt, d. i. nach des Aristoteles Erklärung, Weisen, wodurch man
genöthigt wird, das Gegentheil von dem zu sagen, was man vorher
behauptet hatte. Man fragte: macht das Ausraufen Eines Haares vom Kopfe
oder einem Pferdeschweife kam, oder hört ein Haufe auf ein Haufe zu
seyn, wenn ein Korn weggenommen wird. Dieß kann man unbedenklich
zugeben, indem solche Wegnahme nur einen und zwar selbst ganz
unbedeutenden quantitativen Unterschied ausmacht; so wird Ein Haar, Ein
Korn weggenommen, und dieß so wiederholt, daß jedesmal nach dem, was
zugegeben worden, nur Eines weggenommen wird; zuletzt zeigt sich die
qualitative Veränderung, daß der Kopf, der Schweiff kahl, der Haufe
verschwunden ist. Man vergaß bei jenem Zugeben nicht nur die
Wiederhohlung, sondern daß sich die für sich unbedeutenden Quantitäten
(wie die für sich unbedeutenden Ausgaben von einem Vermögen) summiren, und die Summe das qualitativ Ganze ausmacht, so daß am Ende dieses verschwunden, der Kopf kahl, der Beutel leer ist.
Die
Verlegenheit, der Widerspruch, welcher als Resultat herauskommt, ist
nicht etwas Sophistisches im gebräuchlichen Sinne des Worts, als ob
solcher Widerspruch eine falsche Vorspiegelung wäre. Das Falsche ist,
was der angenommene Andere, d. h. unser gewöhnliches Bewußtseyn begeht,
eine Quantität nur für eine gleichgültige Grenze d. h. sie eben im
bestimmten Sinne einer Quantität zu nehmen. Diese Annahme wird durch
die Wahrheit, zu der sie geführt wird, Moment des Maaßes zu seyn und
mit der Qualität zusammenzuhängen, konfondirt; was widerlegt wird, ist
das einseitige Festhalten an der abstrakten Quantumsbestimmtheit. -
Jene Wendungen sind darum auch kein leerer oder pedantischer Spaß,
sondern in sich richtig und Erzeugnisse eines Bewußtseyns, das ein
Interesse an den Erscheinungen hat, die im Denken vorkommen.
Das
Quantum, indem es als eine gleichgültige Grenze genommen wird, ist die
Seite, an der ein Daseyn unverdächtig angegriffen und zu Grunde
gerichtet wird. Es ist die List des Begriffes ein Daseyn an dieser
Seite zu fassen, von der seine Qualität nicht ins Spiel zu kommen
scheint, - und zwar so sehr', daß die Vergrößerung eines Staats, eines
Vermögens u.s.f. welche das Unglück des Staats, des Besitzers
herbeiführt, sogar als dessen Glück zunächst erscheint.
3.
Das Maaß ist in seiner Unmittelbarkeit eine gewöhnliche Qualität von
einer bestimmten ihr zugehörigen Größe. Von der Seite nun, nach welcher
das Quantum gleichgültige Grenze ist, an der ohne die Qualität zu
ändern hin- und hergegangen werden kann, ist seine andere Seite, nach
welcher es qualitativ, specifisch ist, auch unterschieden. Beides sind
Größebestimmungen Eines und desselben; aber nach der Unmittelbarkeit,
in der zuerst das Maaß ist, ist ferner dieser Unterschied als ein
unmittelbarer zu nehmen, beide Seiten haben hiernach auch eine
verschiedene Existenz. Die Existenz des Maaßes, welche die an sich
bestimmte Größe ist, ist dann in ihrem Verhalten zu der Existenz der
veränderlichen, äußerlichen Seite, ein Aufheben ihrer Gleichgültigkeit,
ein Specificiren desselben.
Dasselbe ist
erstlich eine Regel, ein Maaß äußerlich gegen das bloße Quantum;
zweitens specifische Quantität, welche das äußerliche Quantum bestimmt;
drittens verhalten sich beide Seiten als Qualitäten von specifischer Quantitätsbestimmtheit gegeneinander, als Ein Maaß.
Die
Regel oder der Maaßstab, von dem schon gesprochen worden, ist zunächst
als eine an sich bestimmte Größe, welche Einheit gegen ein Quantum ist,
das eine besondere Existenz ist, an einem andern Etwas, als das Etwas
der Regel ist, existirt, - an ihr gemessen, d. i. als Anzahl jener
Einheit bestimmt wird. Diese Vergleichung ist ein äußerliches
Thun, jene Einheit selbst eine willkürliche Größe, die ebenso wieder
als Anzahl (der Fuß als eine Anzahl von Zollen) gesetzt werden kann.
Aber das Maaß ist nicht nur äußerliche Regel, sondern als specifisches
ist es dieß, sich an sich selbst zu seinem Andern zu verhalten, das ein
Quantum ist.
Das
Maaß ist specifisches Bestimmen der äußerlichen Größe, d. i. der
gleichgültigen, die nun voi einer andern Existenz überhaupt an dem
Etwas des Maaßes gesetzt wird, welches zwar selbst Quantum, aber im
Unterschiede von solchem das Qualitative, bestimmend das bloß
gleichgültige, äußerliche Quantum, ist. Das Etwas hat diese Seite des
Seyns-für-Anderes an ihm, der das gleichgültige Vermehrt- und
Vermindertwerden, zukommt. Jenes immanente Messende ist eine Qualität
des Etwas, dem dieselbe Qualität all einem andern Etwas gegenübersteht;
aber an diesem zunächst relativ mit maaßlosem Quantum überhaupt gegen
jene, die als messend bestimmt ist.
An
Etwas, insofern es ein Maaß in sich ist, kommt äußerlich eine
Veränderung der Größe seiner Qualität; es nimmt davon nicht die
arithmetische Menge an. Sein Maaß reagirt dagegen, verhält sich als ein
Intensives gegen die Menge, und nimmt sie auf eine eigenthümliche Weise
auf; es verändert die äußerlich gesetzte Veränderung, macht aus diesem
Quantum ein Anderes, und zeigt sich durch diese Specifikation als
Fürsichseyn in dieser Aeußerlichkeit. - Diese specifisch-aufgenommene Menge ist selbst ein Quantum, auch abhängig von der andern oder ihr als nur äußerlichen Menge.
Die specificirte Menge ist daher auch veränderlich, aber darum nicht
ein Quantum als solches, sondern das äußere Quantum als auf eine
konstante Weise specificirt. Das Maaß hat so sein Daseyn als ein Verhältniß, und das Specifische desselben ist überhaupt der Exponent dieses Verhältnisses.
Im intensiven und extensiven Quantum ist es, wie sich bei diesen Bestimmungen ergab, dasselbe
Quantum, welches das einemal in der Form der Intensität, das anderemal
in der Form der Extensität vorhanden ist. Das zu Grunde liegende
Quantum erleidet in diesem Unterschiede keine Veränderung, dieser ist
nur eine äußere Form. In dem specificirenden Maaße hingegen ist das
Quantum das eine Mal in seiner unmittelbaren Größe, das andere Mal aber
wird es durch den Verhältnisexponenten in einer andern Anzahl genommen.
Der
Exponent, der das Specifische ausmacht, kann zunächst ein fixes Quantum
zu seyn scheinen, als Quotient des Verhältnisses zwischen dem
äußerlichen und dem qualitativ bestimmten. Aber so wäre er nichts als
ein äußerliches Quantum; es ist unter dem Exponenten hier nichts
Anderes als das Moment des Qualitativen selbst zu verstehen, welches
das Quantum als solches specificirt. Das eigentlich immanente
Qualitative des Quantums ist, wie sich früher ergeben hat, nur die Potenz-Bestimmung.
Eine solche muß es seyn, welche das Verhältniß konstituirt, und die
hier als die an sich seyende Bestimmung dem Quantum als der äußerlichen
Beschaffenheit gegenübergetreten ist. Dieses hat zu seinem Princip das
numerische Eins, das dessen An-sich-Bestimmtseyn ausmacht; und die
Beziehung des numerischen Eins ist die äußerliche und die nur durch die
Natur des unmittelbaren Quantums als solchen bestimmte Veränderung
besteht für sich in dem Hinzutreten eines solchen numerischen Eins und
wieder eines solchen und so fort. Wenn so das
äußerliche Quantum in arithmetischer Progression sich verändert, so
bringt die specificirende Reaktion der qualitativen Natur des Maaßes
eine andere Reihe hervor, welche sich auf die erste bezieht, init ihr
zu- und abnimmt, aber nicht in einem durch einen Zahlexponenten
bestimmten, sondern einer Zahl inkommensurabeln Verhältnisse, nach
einer Potenzenbestimmung.
Um ein Beispiel anzuführen, so ist die Temperatur
eine Qualität, an der diese beiden Seiten, äußerliches und
specificirtes Quantum zu seyn, sich unterscheiden. Als Quantum ist sie
äußerliche Temperatur und zwar auch eines Körpers als allgemeinen
Mediums, von der angenommen wird, daß ihre Veränderung an der Skale der
arithmetischen Progression fortgehe und daß sie gleichförmig zu- oder
abnehme, wogegen sie von den verschiedenen in ihr befindlichen
besondern Körpern verschieden aufgenommen wird, indem dieselben durch
ihr immanentes Maaß die äußerlich empfangene Temperatur bestimmen, die
Temperatur-Veränderung derselben nicht der des Mediums oder ihrer
untereinander im direkten Verhältnisse entspricht. Verschiedene Körper
in einer und derselben Temperatur verglichen, geben Verhältnißzahlen
ihrer specifischen Wärmen, ihrer Wärme-Kapacitäten. Aber diese
Kapacitäten der Körper ändern sich in verschiedenen Temperaturen, womit
das Eintreten einer Veränderung der specifischen Gestalt sich
verbindet. In der Vermehrung oder Verminderung der Temperatur zeigt
sich somit eine besondere Specifikation. Das Verhältniß der Temperatur,
die als äußerliche vorgestellt wird, zur Temperatur eines bestimmten
Körpers, die zugleich von jener abhängig ist, hat nicht einen festen
Verhältnissexponenten; die Vermehrung oder Verminderung dieser Wärme
geht nicht gleichförmig mit der Zu- und Abnahme der äußerlichen fort. -
Es wird hierbei eine Temperatur als äußerlich überhaupt angenommen,
deren Veränderung bloß äußerlich oder rein
quantitativ sey. Sie ist jedoch selbst Temperatur der Luft oder sonst
specifische Temperatur. Näher betrachtet würde daher das Verhältniß
eigentlich nicht als Verhältniß von einem bloß quantitativen zu einem
qualificirenden, sondern von zwei specifischen Quantis zu nehmen seyn.
Wie sich das specificirende Verhältniß gleich weiter bestimmen wird,
daß die Momente des Maaßes nicht nur in einer quantitativen und einer
das Quantum qualificirenden Seite einer und derselben Qualität
bestehen, sondern im Verhältnisse zweier Qualitäten, welche an ihnen
selbst Maaße sind.
l.
Die qualitative, an sich bestimmte Seite des Quantums ist nur als
Beziehung auf das äußerlich Quantitative; als Specificiren desselben
ist sie das Aufheben seiner Aeußerlichkeit, durch welche das Quantum
als solches ist; sie hat so dasselbe zu ihrer Voraussetzung und fängt
von ihm an. Dieses aber ist von der Qualität selbst auch qualitativ
unterschieden; dieser Unterschied beider ist in der Unmittelbarkeit
des Seyns überhaupt, in welcher das Maaß noch ist, zu setzen, so sind
beide Seiten qualitativ gegeneinander, und jede für sich ein solches
Daseyn; und das eine zunächst nur als formelle, an ihm unbestimmte
Quantum ist das Quantum eines Etwas und seiner Qualität, und wie sich
deren Beziehung auf einander nun zum Maaße überhaupt bestimmt hat,
gleichfalls die specifische Größe dieser Qualitäten. Diese Qualitäten
sind nach der Maaßbestimmung im Verhältniß zu einander; diese ist ihr
Exponent, sie sind aber an sich schon im Fürsichseyn des Maaßes
aufeinander bezogen, das Quantum ist in seinem Doppelseyn als
äußerliches und specifisches, so daß jede der unterschiedenen
Quantitäten diese zweifache Bestimmung an ihr hat und zugleich
schlechthin mit der andern verschränkt ist; eben darin allein sind die
Qualitäten bestimmt. Sie sind so nicht nur für einander
seyendes Daseyn überhaupt, sondern untrennbar gesetzt; und die an sie
geknüpfte Größebestimmtheit ist eine qualitative Einheit, - Eine
Maaßbestimmung, in der sie ihrem Begriffe nach, an sich zusammenhängen.
Das Maaß ist so das immanente quantitative Verhalten zweier Qualitäten zu einander.
2. Im Maaß tritt die wesentliche Bestimmung der veränderlichen Größe
ein, denn es ist das Quantum als aufgehoben, also nicht mehr als das,
was es seyn soll uni Quantum zu seyn, sondern als Quantum und zugleich
als etwas Anderes; dieß Andere ist das Qualitative, und wie bestimmt
worden, nichts anderes als das Potenzenverhältniß desselben. Im
unmittelbaren Maaße ist diese Veränderung noch nicht gesetzt; es ist
nur irgend und zwar ein einzelns Quantum überhaupt, an das eine
Qualität geknüpft ist. Im Specificiren des Maaßes, der vorhergehenden
Bestimmung, als einer Veränderung des bloß äußerlichen Quantums durch
das Qualitative ist Unterschiedenheit beider Größebestimmtheiten und
damit überhaupt die Mehrheit voll Maaßen an einem gemeinschaftlichen
äußerlichen Quantum gesetzt; das Quantum zeigt sich erst als daseyendes
Maaß in solcher Unterschiedenheit seiner von sich selbst, indem es, ein
und dasselbe (z. B. dieselbe Temperatur des Mediums), zugleich als
verschiedenes und zwar quantitatives Daseyn (- in den verschiedenen
Temperaturen der in jenem befindlichen Körper) hervortritt. Diese
Unterschiedenheit des Quantums in den verschiedenen Qualitäten - den
verschiedenen Körpern, - giebt eine weitere, diejenige Form des Maaßes,
in welcher beide Seiten als qualitativ bestimmte Quanta sich zu
einander verhalten, was das realisirte Maaß genannt werden kann.
Die
Größe ist als eine Größe überhaupt veränderlich, denn ihre Bestimmtheit
ist als eine Grenze, die zugleich keine ist; die Veränderung betrifft
insofern nur ein besonderes Quantum, an dessen Stelle ein anderes
gesetzt wird; die wahrhafte Veränderung aber
ist die des Quantums als solchen; dieß giebt die, so gefaßt,
interessante Bestimmung der veränderlichen Größe in der höhern
Mathematik; wobei nicht bei dem Formellen der Veränderlichkeit überhaupt stehen zu bleiben, noch andere als die einfache Bestimmung des Begriffs herbeizunehmen ist, nach welcher das Andere des Quantums nur das Qualitative
ist. Die wahrhafte Bestimmung also der reellen veränderlichen Größe
ist, daß sie die qualitativ, hiermit, wie zur Genüge gezeigt worden,
die durch ein Potenzenverhältniß bestimmte ist; in dieser
veränderlichen Größe ist es gesetzt, daß das Quantum nicht als solches gilt, sondern nach seiner ihm andern Bestimmung, der qualitativen.
Die
Seiten dieses Verhaltens haben nach ihrer abstrakten Seite als
Qualitäten überhaupt irgend eine besondere Bedeutung, z. B. Raum und
Zeit. In ihrem Maaßverhältniß als Größebestimmtheiten zunächst
überhaupt genommen, ist die eine davon Anzahl, die in äußerlicher,
arithmetischer Progression auf- und abgeht, die andere eine Anzahl, die
durch jene, welche Einheit für sie ist, specifisch bestimmt wird.
Insofern jede ebenso nur eine besondere Qualität überhaupt wäre, läge
kein Unterschied in ihnen, welche von den beiden, in Rücksicht auf ihre
Größen-Bestimmung als die bloß äußerlich quantitative, und welche als
die in quantitativer Specifikation sich verändernde genommen werde.
Wenn sie sich z. B. als Wurzel und Quadrat verhalten, ist es
gleichviel, an welcher die Vermehrung oder Verminderung als bloß
äußerlich, in arithmetischer Progression fortgehend, und welche dagegen
an diesem Quantum sich specifisch bestimmend angesehen wird.
Aber
die Qualitäten sind nicht unbestimmt verschieden gegen einander, denn
in ihnen soll als Momenten des Maaßes die Qualifikation desselben
liegen. Die nächste Bestimmtheit der Qualitäten selbst ist, der einen,
das Extensive, die Aeußerlichkeit an ihr selbst zu seyn, der andern, das Intensive,
das Insichseyende oder Negative gegen jene. Von den quantitativen
Momenten kommt hiernach jener die Anzahl, dieser die Einheit zu, im
einfachen direkten Verhältnisse ist jene als der Dividend, diese als
Divisor, im specificirenden Verhältniß jene als die Potenz oder das
Anderswerden, diese als Wurzel zu nehmen. Insofern hier noch gezählt,
d. i. auf das äußerliche Quantum, (das so als die ganz zufällige,
empirischgenannte Größebestimmtheit ist) reflektirt, hiermit die
Veränderung gleichfalls auch als in äußerlicher, arithmetischer
Progression fortgehend genommen wird, so fällt dieß auf die Seite der
Einheit, der intensiven Qualität, die äußerliche, extensive Seite
hingegen ist als in der specificirten Reihe sich verändernd
darzustellen. Aber das direkte Verhältniß (wie die Geschwindigkeit
überhaupt, s/t) ist hier zur formellen, nicht existirenden, sondern nur
der abstrahirenden Reflexion angehörigen Bestimmung herabgesetzt; und
wenn noch im Verhältniß von Wurzel und Quadrat (wie in s = at[hoch 2])
die Wurzel als empirisches Quantum und in arithmetischer Progression
fortgehend, die andere Seite aber als specificirt zu nehmen ist, so ist
die höhere dem Begriffe entsprechendere Realisation der Qualifikation
des Quantitativen diese, daß beide Seiten in höhern
Potenzenbestimmungen (wie s[hoch 3] = at[hoch 2] der Fall ist) sich
verhalten.
Das
hier Erörterte in Rücksicht des Zusammenhangs der qualitativen Natur
eines Daseyns und seiner Quantitätsbestimmung im Maaße, hat seine
Anwendung in dem schon angedeuteten Beispiel der Bewegung, zunächst daß
in der Geschwindigkeit, als dem direkten Verhältnisse von
durchlaufenem Raume und verflossener Zeit, die Größe der Zeit als
Nenner, die Größe des Raums dagegen als Zähler, angenommen wird. Wenn
Geschwindigkeit überhaupt nur ein Verhältniß vom Raum und der Zeit
einer Bewegung ist, so ist es gleichgültig, welches von beiden Momenten
als die Anzahl oder als die Einheit betrachtet
werden soll. Aber Raum, wie in der specifischen Schwere das Gewicht,
ist äußerliches, reales Ganzes überhaupt, somit Anzahl, die Zeit
hingegen, wie das Volumen, ist das Ideelle, das Negative, die Seite der
Einheit. - Wesentlich aber gehört hierher das wichtigere Verhältniß,
daß in der freien Bewegung, - zuerst der noch bedingten -, des Falls,
Zeit- und Raum-Quantität, jene als Wurzel, diese als Quadrat, - oder in
der absolutfreien Bewegung der Himmelskörper die Umlaufszeit und die
Entfernung, jene um eine Potenz tiefer als diese, - jene als Quadrat,
diese als Kubus gegen einander bestimmt seyen. Dergleichen
Grundverhältnisse beruhen auf der Natur der im Verhältniß stehenden
Qualitäten, des Raums und der Zeit, und der Art der Beziehung, in
welcher sie stehen, entweder als mechanische Bewegung d. i. als
unfreie, durch den Begriff der Momente nicht bestimmte, oder als Fall
d. i. bedingtfreie, oder als absolutfreie himmlische Bewegung; - welche
Arten der Bewegung ebensowohl als deren Gesetze auf der Entwicklung des
Begriffs ihrer Momente, des Raums und der Zeit, beruhen, indem diese
Qualitäten als solche, an sich d. i. im Begriffe sich als untrennbar erweisen, und ihr quantitatives Verhältniß das Fürsichseyn des Maaßes, nur Eine Maaßbestimmung ist.
In Rücksicht auf die absoluten Maaßverhältnisse darf wohl erinnert werden, daß die Mathematik der Natur,
wenn sie des Namens von Wissenschaft würdig seyn will, wesentlich die
Wissenschaft der Maaße seyn müsse, - eine Wissenschaft für welche
empirisch wohl viel, aber eigentlich wissenschaftlich d. i.
philosophisch, noch wenig gethan ist. Mathematische Principien der Naturphilosophie, - wie Newton
sein Werk genannt hat, - wenn sie diese Bestimmung in einem tiefern
Sinn erfüllen sollten, als er und das ganze bakonische Geschlecht von
Philosophie und Wissenschaft hatte, müßten ganz andere Dinge enthalten,
um ein Licht in diese noch dunkeln aber höchst
betrachtungswürdigen Regionen zu bringen. - Es ist ein großes
Verdienst, die empirischen Zahlen der Natur kennen zu lernen, z. B.
Entfernungen der Planeten von einander; aber ein unendlich größeres,
die empirischen Quanta verschwinden zu machen, und sie in eine allgemeine Form von Quantitätsbestimmungen zu erheben, so daß sie Momente eines Gesetzes oder Maaßes werden; - unsterbliche Verdienste, die sich z. B. Galilei in Rücksicht auf den Fall, und Keppler in Rücksicht auf die Bewegung der himmlischen Körper erworben hat. Sie haben die Gesetze, die sie gefunden haben, so erwiesen, daß sie gezeigt haben, daß ihnen der Umfang der Einzelnheiten der Wahrnehmung entspricht. Es muß aber noch ein höheres Beweisen
dieser Gesetze gefordert werden; nämlich nichts anders als daß ihre
Quantitätsbestimmungen aus den Qualitäten, oder bestimmten Begriffen,
die bezogen sind, (wie Zeit und Raum) erkannt werden. Von dieser Art
des Beweisens findet sich in jenen mathematischen Principien der Naturphilosophie,
so wie in den fernern Arbeiten dieser Art, noch keine Spur. Es ist oben
bei Gelegenheit des Scheins mathematischer Beweise von
Naturverhältnissen, der sich auf den Mißbrauch des Unendlichkleinen
gründet, bemerkt worden, daß der Versuch, solche Beweise eigentlich mathematisch d. h. weder aus der Empirie noch aus dem Begriffe, zu führen, ein widersinniges Unternehmen ist. Diese Beweise setzen ihre Theoreme, eben jene Gesetze, aus der Erfahrung voraus; was sie leisten, besteht darin, sie auf abstrakte Ausdrücke und bequeme Formeln zu bringen. Das ganze reelle Verdienst, das Newton im Vorzug gegen Keppler
in Beziehung auf die nämlichen Gegenstände zugeschrieben wird, wird,
das Scheingerüste von Beweisen abgezogen, - ohne Zweifel bei
gereinigterer Reflexion über das, was die Mathematik zu leisten vermag
und was sie geleistet hat, einst mit deutlicher Kenntniß auf jene Umformung des Ausdrucks und der den Anfängen nach eingeführten analytischen Behandlung, eingeschränkt werden.
1.
In der so eben betrachteten Form des specificirten Maaßes ist das
Quantitative beider Seiten qualitativ bestimmt, (beide im
Potenzen-Verhältniß); sie sind so Momente Einer Maaßbestimmtheit von
qualitativer Natur. Dabei sind aber die Qualitäten nur erst noch als
unmittelbare, nur verschiedene gesetzt, die nicht selbst in jenem Verhältnisse stehen, in welchem ihre Größebestimmtheiten sind, nämlich außer
solchem Verhältnisse, keinen Sinn noch Daseyn zu haben, was die
Potenzenbestimmtheit der Größe enthält. Das Qualitative verhüllt sich
so, als nicht sich selbst, sondern die Größebestimmtheit specificirend;
nur als an dieser ist es gesetzt, für sich aber unmittelbare
Qualität als solche, die außerhalb dessen, daß die Größe von ihr in
Differenz gesetzt wird, und außer ihrer Beziehung auf ihre andere, noch
für sich bestehendes Daseyn habe. So Raum und Zeit gelten beide außer
jener Specifikation, die ihre Größebestimmtheit in der Bewegung des
Falles oder in der absolutfreien Bewegung erhält, als Raum überhaupt,
Zeit überhaupt, der Raum bestehend für sich außer und ohne die Zeit als
dauernd, und die Zeit als für sich fließend unabhängig vom Raume.
Diese
Unmittelbarkeit des Qualitativen gegen seine specifische Maaßbeziehung
ist aber ebenso sehr mit einer quantitativen Unmittelbarkeit und der
Gleichgültigkeit eines Quantitativen an ihm gegen dieß sein Verhältniß verknüpft; die unmittelbare Qualität hat auch ein nur unmittelbares Quantum.
Daher hat denn das specifische Maaß auch eine Seite zunächst
äußerlicher Veränderung, deren Fortgang bloß arithmetisch ist, von
jenem nicht gestört wird, und in welche die äußerliche, darum nur
empirische Größebestimmtheit fällt. Qualität und Quantum auch so außer
dem specifischen Maaße auftretend, sind zugleich in der Beziehung auf
dieses; die Unmittelbarkeit ist ein Moment von solchen, die selbst zum
Maaße gehören. So sind die unmittelbaren Qualitäten dem Maaße auch
angehörig, gleichfalls in Beziehung, und stehen nach der
Größebestimmtheit in einem Verhältniß, welches als außerhalb des
specificirten, der Potenzbestimmung, selbst nur das direkte Verhältniß,
und unmittelbares Maaß ist. Diese Folgerung und deren Zusammenhang ist
näher anzugeben.
2.
Das unmittelbar bestimmte Quantum als solches ist, wenn es auch als
Maaßmoment sonst an sich in einem Begriffszusammenhang begründet ist,
in der Beziehung zu dem specifischen Maaße als ein äußerlich gegebenes.
Die Unmittelbarkeit, die hiermit gesetzt ist, ist aber die Negation der
qualitativen Maaßbestimmung; dieselbe wurde vorhin an den Seiten dieser
Maaßbestimmung aufgezeigt, welche darum als selbstständige Qualitäten
erschienen. Solche Negation und das Zurückkehren zur unmittelbaren
Quantitätsbestimmtheit liegt in dem qualitativbestimmten Verhältnisse
insofern, als das Verhältniß Unterschiedener überhaupt deren Beziehung
als Eine Bestimmtheit enthält, die hiermit hier im
Quantitativen, unterschieden von der Verhältnißbestimmung, ein Quantum
ist. Als Negation der unterschiedenen qualitativbestimmten Seiten ist
dieser Exponent ein Fürsichseyn, das Schlechthin-bestimmtseyn; aber ist
solches Fürsichseyn nur an sich; als Daseyn ein einfaches,
unmittelbares Quantum, Quotient oder Exponent als eines Verhältnisses
der Seiten des Maaßes, dieß Verhältniß als ein direktes genommen;
aber überhaupt die als empirisch erscheinende Einheit in dem
Quantitativen des Maaßes. - Im Falle der Körper stehen die
durchloffenen Räume im Verhältnisse des Quadrats der verflossenen
Zeiten; s = at[hoch 2]; - dieß ist das specifisch-bestimmte, ein
Potenzenverhälntiß des Raums und der Zeit, das andere, das direkte
Verhältniß, käme dem Raum und der Zeit, als gegeneinander
gleichgültigen Qualitäten, zu, es soll das des Raumes zu dem ersten Zeitmomente seyn, derselbe Koefficient, a, bleibt in allen folgenden Zeitpunkten; - die Einheit
als ein gewöhnlichts Quantum fur die übrigens durch das specificirende
Maaß bestimmte Anzahl. Sie gilt zugleich als der Exponent jenes
direkten Verhältnisses, welches der vorgestellten schlechten,
d. i. formellen, nicht durch den Begriffs specifisch bestimmten
Geschwindigkeit zukommt. Solche Geschwindigkeit existirt hier nicht, so
wenig als die früher erwähnte, die dem Körper am Ende eines Zeitmoments zukommen sollte. Jene wird dem ersten
Zeitmomente des Falles zugeschrieben, aber dieser sogenannte Zeitmoment
ist eine selbst nur angenommene Einheit, und hat als solcher atomer
Punkt kein Daseyn; der Anfang der Bewegung, - die Kleinheit, die für
diesen vorgegeben wird, könnte keinen Unterschied machen, - ist
sogleich eine Größe und zwar eine durch das Gesetz des Falles
specificirte Größe. Jenes empirische Quantum wird der Kraft der Schwere
zugeschrieben, so daß diese Kraft selbst keine Beziehung auf die
vorhandene Specifikation, (die Potenzenbestimmtheit), auf das
Eigenthümliche der Maaßbestimmung haben soll. Das unmittelbare Moment, daß in der Bewegung des Falles auf eine Zeiteinheit (- eine Sekunde und zwar die sogenannte erste -) die Anzahl von etwa fünfzehn räumlichen Einheiten, die als Fuße angenommen sind, komme, ist ein unmittelbares Maaß,
wie die Maaßgröße der menschlichen Gliedmaaßen, die Distanzen,
Durchmesser der Planeten u.s.f. Die Bestimmung solchen Maaßes fällt
anderswohin, als innerhalb der qualitativen Maaßbestimmung hier des Gesetzes des Falles selbst; wovon aber solche Zahlen,
das nur unmittelbar, daher als empirisch erscheinende eines Maaßes,
abhängen, darüber haben uns die konkreten Wissenschaften noch keinen
Aufschluß gegeben. Hier haben wir es nur mit dieser
Begriffsbestimmtheit zu thun; diese ist, daß jener empirische
Koefficient das Fürsichseyn in der Maaßbestimmung ausmacht, aber nur das Moment des Fürsichseyns, insofern dasselbe an sich und daher als unmittelbares ist. Das andere ist das Entwickelte
dieses Fürsichseyns, die specifische Maaßbestimmtheit der Seiten. - Die
Schwere, im Verhältnisse des Fallens, einer zwar noch halb bedingten
und nur halbfreien Bewegung, ist nach diesem zweiten Momente als eine
Naturkraft anzusehen, so daß durch die Natur der Zeit und des Raums ihr
Verhältniß bestimmt ist, und daher in die Schwere jene Specifikation,
das Potenzenverhältniß, fällt; jenes das einfache direkte Verhältniß
drückt nur ein mechanisches Verhalten der Zeit und des Raumes aus, die
formelle, äußerliche hervorgebrachte und determinirte Geschwindigkeit.
3.
Das Maaß hat sich dahin bestimmt, ein specificirtes Größenverhältniß zu
seyn, das als quantitativ das gewohnliche außerliche Quantum an ihm
hat; dieses aber ist nicht ein Quantum überhaupt, sondern wesentlich
als Bestimmungsmoment des Verhältnisses als solchen; es ist so
Exponent, und als nun unmittelbares Bestimmtseyn ein unveränderlicher
Exponent, somit des schon erwähnten direkten Verhaltnisses derselben
Qualitäten, durch welches zugleich ihr Größenverhältniß zu einander
specifisch bestimmt wird. Dieses direkte Verhältniß ist im gebrauchten
Beispiel des Maaßes der Fallbewegung gleichsam anticipirt und als
vorhanden angenommen; aber wie bemerkt existirt es in dieser Bewegung
noch nicht. - Es macht aber die weitere Bestimmung aus, daß das Maaß
nun auf die Weise realisirt ist, daß seine beiden Seiten Maaße, unterschieden als unmittelbares, äußerliches, und als in sich specificirtes, sind,
und es die Einheit derselben ist. Als diese Einheit enthält das Maaß
das Verhältniß, in welchem die Größen durch die Natur der Qualitäten
bestimmt und different gesetzt sind, und dessen Bestimmtheit daher ganz
immanent und selbstständig, zugleich in das Fürsichseyn des
unmittelbaren Quantums, den Exponenten eines direkten Verhältnisses,
zusammen gegangen ist; seine Selbstbestimmung ist darin negirt,
indem es in diesem seinem Andern die letzte, fürsichseyende
Bestimmtheit hat; und umgekehrt hat das unmittelbare Maaß welches an
ihm selbst qualitativ seyn soll, an jenem erst in Wahrheit die
qualitative Bestimmtheit. Diese negative Einheit ist reales
Fürsichseyn, die Kategorie eines Etwas, als Einheit von Qualitäten, die im Maaßverhältnisse sind; - eine volle Selbstständigkeit.
Unmittelbar geben die beiden, welche sich als zwei verschiedene
Verhältnisse ergeben haben, auch ein zweifaches Daseyn, oder näher
solches selbstständige Ganze ist als Fürsichseyendes überhaupt zugleich
ein Abstoßen in sich selbst in unterschiedene Selbstständige, deren qualitative Natur und Bestehen (Materialität) in ihrer Maaßbestimmtheit liegt.
Das Maaß ist bestimmt zu einer Beziehung von Maaßen, welche die Qualität unterschiedener selbstständiger Etwas, geläufiger: Dinge
ausmachen. Die so eben betrachteten Maaßverhältnisse gehören abstrakten
Qualitäten, wie dem Raume und der Zeit, an; zu den im bevorstehenden zu
betrachtenden sind specifische Schwere, weiterhin die chemischen
Eigenschaften die Beispiele, welche als Bestimmungen materieller Existenzen sind. Raum und Zeit sind auch Momente solcher Maaße, die
aber nun weitern Bestimmungen untergeordnet, nicht mehr nur nach ihrer
eigenen Begriffsbestimmung sich zu einander verhalten. Im Klange z. B.
ist die Zeit, in welcher eine Anzahl der Schwingungen erfolgt,
das Räumliche der Länge, Dicke, des schwingenden Körpers, unter den
Bestimmungsmomenten; aber die Größen jener ideellen Momente sind
äußerlich bestimmt, sie zeigen sich nicht mehr in einem Potenzen-,
sondern in gewöhnlichem direkten Verhältnisse gegeneinander, und das
Harmonische reducirt sich auf die ganz äußerliche Einfachheit von
Zahlen, deren Verhältnisse sich am leichtesten auffassen lassen, und
damit eine Befriedigung gewähren, die ganz der Empfindung anheimfällt,
da für den Geist keine Vorstellung, Phantasiebild, Gedanke und
dergleichen ihn Erfüllendes vorhanden ist. Indem die Seiten, welche nun
das Maaßverhältniß ausmachen, selbst Maaße, aber zugleich reelle Etwas
sind, sind ihre Maaße zunächst unmittelbare Maaße und als Verhältnisse
an ihnen, direkte Verhältnisse. Es ist das Verhältniß solcher
Verhältnisse zu einander, welches nun in seiner Fortbestimmung zu
betrachten ist.
Das Maaß, wie es so nunmehr reales ist, ist
erstens
ein selbstständiges Maaß einer Körperlichkeit, das sich zu andern
verhält und in diesem Verhalten dieselben, so wie damit die
selbstständige Materialität, specificirt. Diese Specifikation, als ein
äußerliches Beziehen zu vielen Andern überhaupt ist das Hervorbringen
anderer Verhältnisse, somit anderer Maaße, und die specifische
Selbstständigkeit bleibt nicht in einem direkten Verhältnisse, bestehen, sondern geht in specifische Bestimmtheit, die eine Reihe von Maaßen ist, über.
Zweitens
sind die dadurch entstehenden direkten Verhältnisse, an sich bestimmte
und ausschließende Maaße, (Wahlverwandschaften); indem aber ihr
Unterschied von einander zugleich nur quantitativ ist, so ist ein
Fortgang von Verhältnissen vorhanden, der zum Theil bloß äußerlich quantitativ ist, aber auch durch qualitative Verhältnisse unterbrochen wird, und eine Knotenlinie von specifischen Selbstständigen bildet.
Drittens aber tritt in diesem Fortgange für das Maaß die Maaßlosigkeit überhaupt, und bestimmter die Unendlichkeit
des Maaßes ein, in welcher die sich ausschließenden Selbstständigkeiten
Eins mit einander sind, und das Selbstständige in negative Beziehung zu
sich selbst tritt.
Die
Maaße heißen nun nicht mehr bloß unmittelbare, sondern selbstständige,
insofern sie an ihnen selbst zu Verhältnissen von Maaßen, welche
specificirt sind, so in diesem Fürsichseyn Etwas, physikalische,
zunächst materielle Dinge sind. Das Ganze, welches ein Verhältniß
solcher Maaße ist, ist aber
a. zunächst selbst unmittelbar;
so sind die beiden Seiten, welche als solche selbstständige Maaße
bestimmt sind, außer einander an besondern Dingen bestehend, und werden
äußerlich in Verbindung gesetzt;
b.
die selbstständigen Materialitäten sind aber, was sie qualitativ sind,
nur durch die quantitative Bestimmung, die sie als Maaße haben, somit
durch selbst quantitative Beziehung auf andere, als different dagegen (sogenannte Affinität) und zwar als Glieder einer Reihe solchen quantitativen Verhaltens bestimmt;
c. dieses gleichgültige mannigfaltige Verhalten schließt sich zugleich zum ausschließenden Fürsichseyn ab; - sogenannte Wahlverwandschaft.
Etwas ist in sich als Maaßverhältniß von Quantis bestimmt, welche ferner Qualitäten zukommen, und das Etwas ist die Beziehung von diesen Qualitäten. Die eine ist dessen Insichseyn, wonach es ein Fürsichseyendes, - Materielles - ist, (wie intensiv genommen, das Gewicht, oder extensiv, die Menge aber von materiellen Theilen); die andere aber ist die Aeußerlichkeit
dieses Insichseyns, (das Abstrakte, Ideelle, der Raum.) Diese
Qualitäten sind quantitativ bestimmt, und das Verhältniß derselben zu
einander macht die qualitative Natur des materiellen Etwas aus; - das
Verhältniß des Gewichts zum Volumen, die bestimmte specifische Schwere.
Das Volumen, das Ideelle, ist als die Einheit anzunehmen, das Intensive
aber, das in quantitativer Bestimmtheit und in der Vergleichung mit
jenem als extensive Größe, Menge von fürsichseyenden Eins erscheint,
als die Anzahl. - Das reine qualitative Verhalten der beiden
Größebestimmtheiten, nach einem Potenzenverhältniß ist darin
verschwunden, daß in der Selbstständigkeit des Fürsichseyns (-
materiellen Seyns -) die Unmittelbarkeit zurückgekehrt ist, an welcher
die Größebestimmtheit ein Quantum als solches, und das Verhältniß eines
solchen zu der andern Seite ebenfalls in dem gewöhnlichen Exponenten
eines direkten Verhältnisses bestimmt ist.
Dieser
Exponent ist das specifische Quantum des Etwas, aber er ist
unmittelbares Quantum und dieses, damit die specifische Natur von
solchem Etwas, ist nur in der Vergleichung mit andern Exponenten solcher Verhältnisse bestimmt. Er macht das specifische An-sich-bestimmtseyn,
das innere eigenthümliche Maaß von Etwas aus; aber indem dieses sein
Maaß auf dem Quantum beruht, ist es auch nur als äußerliche,
gleichgültige Bestimmtheit, und solches Etwas ist dadurch der
innerlichen Maaßbestimmung ungeachtet veränderlich. Das Andere, zu dem
es als veränderlich sich verhalten kann, ist nicht eine Menge von
Materie, ein Quantum überhaupt; hiergegen hält sein specifisches
Ansichbestimmtseyn aus, sondern ein Quantum, das zugleich ebenso
Exponent solchen specifischen Verhältnisses
ist. Es sind zwei Dinge, von verschiedenem inneren Maaße, die in
Beziehung stehen, und in Verbindung treten; wie zwei Metalle voll
verschiedener specifischer Schwere; - welche Gleichartigkeit ihrer
Natur, daß es z. B. nicht ein Metall ist, von dessen Verbindung mit
Wasser die Rede wäre, sonst zur Möglichkeit solcher Verbindung
erforderlich sey, gehört nicht hierher zu betrachten. - Einer Seits
erhält sich nun jedes der beiden Maaße in der Veränderung, die an
dasselbe durch die Aeußerlichkeit des Quantums kommen sollte, weil es
Maaß ist, anderer Seits aber ist dieses Sich-erhalten selbst ein
negatives Verhalten zu diesem Quantum, eine Specifikation desselben,
und da dasselbe Exponent des Maaß Verhältnisses ist, eine Veränderung
des Maaßes selbst und zwar eine gegenseitige Specifikation.
Nach
der bloß quantitativen Bestimmung wäre die Verbindung ein bloßes
Summiren der zwei Größen der einen, und der zwei der andern Qualität,
z. B. die Summe der beiden Gewichte und der beiden Volumen bei der
Verbindung zweier Materien von verschiedener specifischer Schwere, so
daß nicht nur das Gewicht des Gemisches gleich jener Summe bliebe,
sondern auch der Raum, den dasselbe einnimmt, gleich der Summe jener
Räume. Allein nur das Gewicht findet sich als die Summe der Gewichte,-
die vor der Verbindung vorhanden waren; es summirt sich die Seite,
welche als die für sichseyende zum festen Daseyn und damit von
bleibendem unmittelbaren Quantum geworden ist, - das Gewicht der
Materie, oder was für dasselbe nach der Rücksicht der quantitativen
Bestimmtheit gilt, die Menge der materiellen Theile. Aber in die
Exponenten fällt die Veränderung, indem sie der Ausdruck der
qualitativen Bestimmtheit, des Fürsichseyns als Maaß-Verhältnisse sind,
welches, indem das Quantum als solches die zufällige, äußerliche
Veränderung durch Zusatz, der summirt wird, erleidet, zugleich sich als
negirend gegen diese Aeußerlichkeit erweist.
Dieses
immanente Bestimmen des Quantitativen, da es, wie gezeigt, nicht am
Gewichte erscheinen kann, erweist sich an der andern Qualität, welche
die ideelle Seite des Verhältnisses ist. Für die sinnliche Wahrnehmung
kann es auffallend seyn, daß sich nach der Vermischung zweier
specifisch verschiedener Materien eine Veränderung, - gewöhnlich eine
Verminderung, - des summirten Volumens zeigt; der Raum selbst macht das
Bestehen der außereinanderseyenden Materie aus. Aber dieß Bestehen,
gegen die Negativität, welche das Fürsichseyn in sich enthält, ist das
nicht an sich Seyende, das Veränderliche; der Raum wird auf diese Weise
als das, was er wahrhaft ist, als das Ideelle gesetzt.
Es
ist aber hiermit nicht nur die eine der qualitativen Seiten als
veränderlich gesetzt sondern das Maaß selbst, und damit die darauf
gegründete qualitative Bestimmtheit des Etwas hat sich so gezeigt,
nicht an ihm selbst ein Festes zu seyn, sondern, wie das Quantum
überhaupt, seine Bestimmtheit in andern MaaßVerhältnissen zu haben.
1.
Wenn Etwas, das mit Anderm vereint wird, und ebenso dieß Andere nur
durch die einfache Qualität bestimmt, das wäre, was es ist, so würden
sie in dieser Verbindung nur sich aufheben, aber Etwas, das
Maaßverhältniß in sich ist, ist selbstständig, aber dadurch zugleich
vereinbar mit einem eben solchen; indem es in dieser Einheit aufgehoben
wird, erhält es sich durch sein gleichgültiges, quantitatives Bestehen,
und verhält sich zugleich als specificirendes Moment eines neuen
Maaßverhältnisses. Seine Qualität ist eingehüllt in das Quantitative;
damit ist sie ebenso gleichgültig gegen das andere Maaß, kontinuirt
sich in dasselbe und in das neue gebildete Maaß hinein; der Exponent
des neuen Maaßes ist selbst nur irgend ein Quantum, äußerliche
Bestimmtheit; stellt sich als Gleichgültigkeit
darin dar, daß das specifisch-bestimmte Etwas mit andern eben solchen
Maaßen eben dergleichen Neutralisirungen der beiderseitigen
Maaßverhältnisse eingeht; in nur Einem, von ihm und einem andern
gebildeten, drückt sich seine specifische Eigenthümlichkeit nicht aus.
2.
Diese Verbindung mit Mehrern, die gleichfalls Maaße an ihnen sind,
giebt verschiedene Verhältnisse, die also verschiedene Exponenten
haben. Das Selbstständige hat den Exponenten seines
An-sich-bestimmtseyns nur in der Vergleichung mit andern; die
Neutralität mit andern aber macht seine reelle Vergleichung mit
denselben aus; es ist seine Vergleichung mit ihnen durch sich selbst.
Die Exponenten dieser Verhältnisse aber sind verschieden, und es stellt
hiermit seinen qualitativen Exponenten als die - Reihe dieser verschiedenen Anzahlen dar, zu denen es die Einheit ist; - als eine Reihe von specifischem Verhalten zu Andern. Der qualitative Exponent als Ein unmittelbares Quantum drückt eine einzelne Relation aus. Wahrhaft unterscheidet sich das Selbstständige durch die eigenthümliche Reihe
der Exponenten, die es, als Einheit angenommen, mit andern solchen
Selbstständigen bildet, indem ein anderes derselben ebenso mit
ebendenselben in Beziehung gebracht und als Einheit angenommen, eine
andere Reihe formirt. - Das Verhältniß solcher Reihe innerhalb ihrer
macht nun das Qualitative des Selbstständigen aus.
Insofern
nun solches Selbstständiges mit einer Reihe von Selbstständigen eine
Reihe von Exponenten bildet, scheint es zunächst von einem Andern außer
dieser Reihe selbst, mit welchem es verglichen wird, dadurch
unterschieden zu seyn, daß dieses eine andere Reihe von Exponenten mit
denselben Gegenüberstehenden macht. Aber auf diese Weise wären diese
beiden Selbstständigen nicht vergleichbar, insofern jedes so als Einheit gegen seine Exponenten betrachtet wird, und die beiden aus dieser Beziehung entstehenden Reihen unbestimmt andere
sind. Die beiden, die als Selbstständige verglichen werden sollen, sind
zunächst gegen einander nur als Quanta unterschieden; ihr Verhältniß zu
bestimmen, bedarf es selbst einer gemeinschaftlichen fürsichseyenden
Einheit. Diese bestimmte Einheit ist nur in dem zu suchen, worin die zu
vergleichenden, wie gezeigt, das specifische Daseyn ihres Maaßes haben,
also in dem Verhältnisse, das die Verhältnissexponenten der Reihe zu
einander haben. Dieß Verhältniß der Exponenten selbst ist aber nur so
für sichseyende, in der That bestimmte Einheit, als die Glieder der
Reihe dasselbe, als ein konstantes Verhältniß unter einander, zu beiden haben; so kann es ihre gemeinschaftliche Einheit
seyn. In ihr also liegt allein die Vergleichbarkeit der beiden
Selbstständigen, die als sich nicht mit einander neutralisirend,
sondern als gleichgültig gegen einander angenommen wurden. Jedes
abgesondert außerhalb der Vergleichung ist die Einheit der Verhältnisse
mit den gegenüberstehenden Gliedern, welche die Anzahlen gegen jene
Einheit sind, somit die Reihe von Exponenten vorstellen. Diese Reihe
ist dagegen umgekehrt die Einheit für jene beiden, die verglichen
miteinander, Quanta gegeneinander sind; als solche sind sie selbst
verschiedene Anzahlen ihrer so eben aufgezeigten Einheit.
Diejenigen aber ferner, welche mit den gegenüber stehenden unter sich verglichenen beiden oder vielmehr Vielen
überhaupt, die Reihe der Exponenten des Verhaltens derselben abgeben,
sind an ihnen selbst gleichfalls Selbstständige, jedes ein specifisches
Etwas von einem ihm an sich zuständigen Maaßverhältniß. Sie sind
insofern gleichfalls jedes als Einheit zu nehmen, so daß sie an den
erst genannten unter sich bloß verglichenen Beiden oder vielmehr
unbestimmt Mehrern eine Reihe von Exponenten haben, welche Exponenten
die Vergleichungszahlen der so eben genannten unter sich sind; so wie
die Vergleichungszahlen der nun einzeln auch als selbstständig
genommenen unter sich gleichfalls umgekehrt die Reihe der Exponenten
für die Glieder der ersten Reihe sind. Beide Seiten sind auf diese Weise Reihen, in denen jede Zahl erstens
Einheit überhaupt ist gegen ihre gegenüber stehende Reihe, an der sie
ihr Fürsichbestimmtseyn als eine Reihe von Exponenten hat; zweitens ist sie selbst einer der Exponenten für jedes Glied der gegenüberstehenden Reihe; und drittens
Vergleichungszahl zu den übrigen Zahlen ihrer Reihe, und hat als solche
Anzahl, die ihr auch als Exponent zukommt, ihre für-sich-bestimmte
Einheit an der gegenüber stehenden Reihe.
3.
In diesem Verhalten ist die Art und Weise wieder gekehrt, wie das
Quantum als fürsichseyend, nämlich als Grad gesetzt ist, einfach zu
seyn, aber die Größebestimmtheit an einem außer ihm seyenden Quantum,
das ein Kreis von Quantis ist, zu haben. Im Maaße aber ist dieß
Aeußerliche nicht bloß ein Quantum und ein Kreis voll Quantis, sondern
eine Reihe von Verhältnißzahlen, und das Ganze derselben ist es, worin
das Fürsich-bestimmtseyn des Maaßes liegt. Wie beim Fürsichseyn des
Quantums als Grad der Fall ist, hat in diese Aeußerlichkeit seiner
selbst sich die Natur des selbstständigen Maaßes verkehrt. Seine
Beziehung auf sich ist zunächst als unmittelbares Verhältniß,
und damit besteht sogleich seine Gleichgültigkeit gegen Anderes nur in
dem Quantum. In diese Aeußerlichkeit fällt daher seine qualitative
Seite, und sein Verhalten zu Anderem wird zu dem, was
die specifische Bestimmung dieses Selbstständigen ausmacht. Sie besteht
so schlechthin in der quantitativen Art und Weise dieses Verhaltens,
und diese Art und Weise ist so sehr durch das Andere als durch es
selbst bestimmt, und dieß Andere ist eine Reihe von Quantis, und es
selbst gegenseitig ein solches. Aber diese Beziehung, in welcher sich
zwei Specifische zu etwas, zu einem Dritten, dem Exponenten,
specificiren, enthält ferner dieß, daß das Eine darin nicht in das
Andere übergegangen, also nicht nur eine Negation überhaupt, sondern Beide darin negativ gesetzt sind, und indem jedes sich gleichgültig darin erhält, seine Negation auch wieder negirt ist. Diese ihre qualitative Einheit ist somit für sich seyende ausschließende
Einheit. Die Exponenten, welche zunächst Vergleichungszahlen unter sich
sind, haben in dem Momente des Ausschließens erst ihre wahrhaft
specifische Bestimmtheit gegeneinander an ihnen und ihr Unterschied
wird so zugleich qualitativer Natur. Er gründet sich aber auf das
Quantitative; das Selbstständige verhält sich erstens nur darum zu einem Mehrern seiner qualitativ andern Seite, weil es in diesem Verhalten zugleich gleichgültig ist; zweitens
ist nun die neutrale Beziehung durch die in ihr enthaltene
Quantitativität nicht nur Veränderung, sondern als Negation der
Negation gesetzt, und ausschließende Einheit. Dadurch ist die Verwandtschaft eines Selbstständigen zu den Mehrern der andern Seite nicht mehr eine indifferente Beziehung, sondern eine Wahlverwandtschaft.
Es ist hier der Ausdruck Wahlverwandtschaft, wie auch im vorhergehenden Neutralität, Verwandtschaft, gebraucht worden, - Ausdrücke, die sich auf das chemische
Verhältniß beziehen. Denn in der chemischen Sphäre hat wesentlich das
Materielle seine specifische Bestimmtheit in der Beziehung auf sein
Anderes; es existirt nur als diese Differenz. Diese specifische
Beziehung ist ferner an die Quantität gebunden, und ist zugleich nicht
nur die Beziehung auf ein einzelnes Anderes, sondern auf eine Reihe
solcher ihm gegenüberstehenden Differenten; die Verbindungen mit dieser
Reihe beruhen auf einer sogenannten Verwandtschaft mit jedem
Gliede derselben, aber bei dieser Gleichgültigkeit ist zugleich jede
ausschließend gegen andere; welche Beziehung entgegengesetzter
Bestimmungen noch zu betrachten ist. - Es ist aber nicht nur im
Chemischen, daß sich das Specifische in einem Kreise von Verbindungen
darstellt; auch der einzelne Ton hat erst seinen Sinn in dem Verhalten
und der Verbindung mit einem andern und mit der Reihe von andern; die
Harmonie oder Disharmonie in solchem Kreise von Verbindungen macht
seine qualitative Natur aus, welche zugleich auf quantitativen
Verhältnissen beruht, die eine Reihe von Exponenten bilden, und die
Verhältnisse von den beiden specifischen Verhältnissen sind, die jeder
der verbundenen Töne an ihm selbst ist. Der einzelne Ton ist der
Grundton eines Systems, aber ebenso wieder einzelnes Glied im Systeme
jedes andern Grundtons. Die Harmonien sind ausschließende
Wahlverwandtschaften, deren qualitative Eigenthümlichkeit sich aber
ebenso sehr wieder in die Aeußerlichkeit bloß quantitativen Fortgehens
auflöst. - Worin aber das Princip eines Maaßes für diejenigen
Verwandtschaften, welche (chemische oder musikalische oder andere)
Wahlverwandtschaften unter und gegen die andern sind, liege, darüber
wird im Folgenden in Betreff der chemischen noch eine Bemerkung
vorkommen; aber diese höhere Frage hängt mit dem Specifischen des
eigentlichen Qualitativen aufs engste zusammen, und gehört in die
besondern Theile der konkreten Naturwissenschaft.
Insofern
das Glied einer Reihe seine qualitative Einheit in seinem Verhalten zu
dem Ganzen einer gegenüberstehenden Reihe hat, deren Glieder aber
gegeneinander nur durch das Quantum, nach welchem sie sich mit jenem
neutralisiren, verschieden sind, so ist die speciellere Bestimmtheit in
dieser vielfachen Verwandtschaft gleichfalls nur eine quantitative. In
der Wahlverwandtschaft als ausschließender, qualitativer Beziehung
entnimmt das Verhalten sich diesem quantitativen Unterschiede. Die
nächste Bestimmung, die sich darbietet, ist: daß nach dem Unterschied
der Menge, also der extensiven Größe, der unter den Gliedern
der einen Seite für die Neutralisirung eines Gliedes der andern Seite
Statt findet, sich auch die Wahlverwandtschaft dieses Gliedes zu den
Gliedern der andern Reihe, mit denen allen es in Verwandtschaft steht, richte. Das Ausschließen als ein festeres
Zusammenhalten gegen andere Möglichkeiten der Verbindung, welches
dadurch begründet wäre, erschiene so umgewandelt in um so viel größere Intensität,
nach der früher nachgewiesenen Identität der Formen von extensiver und
intensiver Größe, als in welchen beiden Formen die Größenbestimmtheit
eine und dieselbe ist. Dieß Umschlagen der einseitigen Form der
extensiven Größe auch in ihre andere, die intensive, ändert aber an der
Natur der Grundbestimmung, welche das Eine und dasselbe Quantum ist,
nichts; so daß hiermit in der That kein Ausschließen gesetzt wäre,
sondern gleichgültig entweder nur Eine Verbindung oder ebensowohl eine
Kombination unbestimmt von wie vielen Gliedern, wenn nur die Portionen,
die von ihnen einträten, in Gemäßheit ihrer Verhältnisse untereinander
dem geforderten Quantum entsprechend wären, Statt haben könnte.
Allein
die Verbindung, die wir auch Neutralisation genannt haben, ist nicht
nur die Form der Intensität; der Exponent ist wesentlich
Maaßbestimmung, und damit ausschließend; die Zahlen haben in dieser
Seite ausschließenden Verhaltens ihre Kontinuität und
Zusammenfließbarkeit mit einander verloren; es ist das Mehr oder
Weniger, was einen negativen Charakter erhält, und der Vorzug, den ein
Exponent gegen andere hat, bleibt nicht in der Größenbestimmtheit
stehen. Ebenso sehr ist aber auch diese andere Seite vorhanden, nach
welcher es einem Momente wieder gleichgültig ist von mehrern ihm
gegenüber stehenden Momenten das neutralisirende Quantum zu erhalten,
von jedem nach seiner specifischen Bestimmtheit gegen das Andere; das
ausschließende, negative Verhalten leidet zugleich diesen Eintrag von
der quantitativen Seite her. - Es ist hiermit ein Umschlagen von
gleichgültigem, bloß quantitativem Verhalten in ein qualitatives und
umgekehrt ein Uebergehen des specifischen Bestimmtseyns in das bloß
äußerliche Verhältniß gesetzt; - eine Reihe von Verhältnissen, die bald bloß quantitativer Natur, bald specifische und Maaße sind.
Die chemischen Stoffe
sind die eigenthümlichsten Beispiele solcher Maaße, welche Maaßmomente
sind, die dasjenigr, was ihre Bestimmung ausmacht, allein im Verhalten
zu andern haben. Säuren und Kalien oder Basen überhaupt erscheinen als
unmittelbar an sich bestimmte Dinge, aber vielmehr als unvollkommene
Körperelemente, als Bestandtheile, die eigentlich nicht für sich
existiren, sondern nur diese Existenz haben, ihr isolirtes Bestehen
aufzuheben und sich mit einem andern zu verbinden. Der Unterschied
ferner, wodurch sie als selbstständige sind, besteht nicht in
dieser unmittelbaren Qualität, sondern in der quantitativen Art und
Weise des Verhaltens. Er ist nämlich nicht auf den chemischen Gegensatz
von Säure und Kali oder Basis überhaupt, eingeschränkt, sondern ist zu
einem Maaße der Sättigung specificirt, und besteht in der
specifischen Bestimmtheit der Quantität der sich neutralisirenden
Stoffe. Diese Quantitäts-Bestimmung in Rücksicht auf die Sättigung
macht die qualitative Natur eines Stoffes aus, sie macht ihn zu dem,
was er für sich ist, und die Zahl, die dieß ausdrückt, ist wesentlich
einer von mehrern Exponenten für eine gegenüber stehende Einheit. -
Solcher Stoff steht mit einem andern in sogenannter Verwandtschafft;
insofern diese Beziehung rein qualitativer Natur bliebe, so wäre, - wie
die Beziehung der magnetischen Pole oder der Elektricitäten, - die eine
Bestimmtheit nur die negative der andern, und beide Seiten zeigten sich
nicht auch zugleich gleichgültig gegeneinander. Aber weil die Beziehung
auch quantitativer Natur ist, ist jeder dieser Stoffe fähig mit Mehrern
sich zu neutralisiren, und nicht auf einen gegenüber stehenden
eingeschränkt. Es verhält sich nicht nur die Säure und das Kali oder
Basis, sondern Säuren und Kalien oder Basen zu einander. Sie
charakterisiren sich zunächst dadurch gegen
einander, je nachdem eine Säure z. B. von einem Kali mehr bedarf um
sich mit ihm zu sättigen, als eine andere. Aber die fürsichseyende
Selbstständigkeit zeigt sich darin, daß die Verwandtschaften sich
ausschließend verhalten und eine vor der andern den Vorzug hat, indem
für sich eine Säure mit allen Kalien, und umgekehrt, eine Verbindung
eingehen kann. Es macht so den Hauptunterschied einer Säure gegen eine
andere aus, ob sie zu einer Basis eine nähere Verwandtschaft habe, als
eine andere, d. i. eine sogenannte Wahlverwandschaft.
Ueber
die chemischen Verwandtschaften der Säuren und Kalien ist das Gesetz
gefunden worden, daß wenn zwei neutrale Solutionen gemischt werden,
wodurch eine Scheidung und daraus zwei neue Verbindungen entstehen,
diese Produkte gleichfalls neutral sind. Es folgt hieraus, daß die
Mengen von zwei kalischen Basen, die zur Sättigung einer Säure
erfordert werden, in demselben Verhältnisse zur Sättigung einer andern nöthig sind; überhaupt wenn für ein Kali als Einheit genommen die Reihe der Verhältnißzahlen
bestimmt worden ist, in denen die verschiedenen Säuren dasselbe
sättigen, so ist für jedes andere Kali diese Reihe dieselbe, nur daß
die verschiedenen Kalien gegen einander in verschiedenen Anzahlen zu
nehmen sind; - Anzahlen, die wieder ihrer Seits eine eben solche
beständige Reihe von Exponenten für jede der gegenüber stehenden Säuren
bilden, indem sie ebenso zujeder einzelnen Säure sich in demselben
Verhältnisse beziehen, als zujeder andern. - Fischer hat zuerst diese Reihen aus den richterischen Arbeiten in ihrer Einfachheit herausgehoben; s. in s. Anmerkungen zur Uebersetzung von Berthollets
Abhandlung über die Gesetze der Verwandtschaft in der Chemie, S. 232.
und Berthollet Statique chimique I. Part. p. 134. ff. - Die, seit dieß
zuerst geschrieben worden, nach allen Seiten hin so sehr ausgebildete
Kenntniß von den Verhältnißzahlen der Mischungen der chemischen
Elemente, hier berücksichtigen zu wollen, würde auch darum eine
Abschweifung seyn, da diese empirische zu einem Theil aber auch nur
hypothetische Erweiterung innerhalb derselben Begriffsbestimmungen
eingeschlossen bleibt. Aber über die dabei gebrauchten Kategorien,
ferner über die Ansichten der chemischen Wahlverwandtschaft selbst und
ihrer Beziehung auf das Quantitative, so wie über den Versuch, dieselbe
auf bestimmte physikalische Qualitäten zu gründen, mögen noch einige
Bemerkungen hinzugefügt werden.
Bekanntlich hat Berthollet die allgemeine Vorstellung von der Wahlverwandtschaft durch den Begriff von der Wirksamkeit einer chemischen Masse
modificirt. Diese Modification hat, was wohl zu unterscheiden ist, auf
die Quantitäts-Verhältnisse der chemischen Sättigungs-Gesetze selbst
keinen Einfluß, aber das qualitative Moment der ausschließenden
Wahlverwandtschaft als solcher wird nicht nur geschwächt, sondern
vielmehr aufgehoben. Wenn zwei Säuren auf ein Kali wirken, und
diejenige, von welcher gesagt wird, daß sie eine größere Verwandtschaft
zu derselben habe, auch in dem Quantum vorhanden ist, welches fähig
ist, das Quantum der Basis zu sättigen, so erfolgt nach der Vorstellung
der Wahlverwandtschaft nur diese Sättigung; die andere Säure bleibt
ganz unwirksam und von der neutralen Verbindung ausgeschlossen. Nach
jenem Begriffe der Wirksamkeit einer chemischen Masse hingegen,
ist jede von beiden wirksam in einem Verhältniß, das aus ihrer
vorhandenen Menge und ihrer Sättigungsfähigkeit oder sogenannten
Affinität zusammengesetzt ist. Berthollets Untersuchungen haben die
nähern Umstände angegeben, unter welchen die Wirksamkeit der chemischen
Masse aufgehoben wird, und eine (stärker verwandte) Säure die andere
(schwächere) auszutreiben und deren Wirkung auszuschließen, somit nach dem Sinne der Wahlverwandtschaft thätig zu seyn scheint. Er hat gezeigt, daß es Umstände, wie die Stärke der Kohäsion, Unauflösbarkeit der gebildeten Salze im Wasser, sind, unter welchen jenes Ausschließen Statt findet, nicht die qualitative Natur
der Agentien als solche, - Umstände, welche wieder durch andere
Umstände z. B. die Temperatur in ihrer Wirkung aufgehoben werden
können. Mit der Beseitigung dieser Hindernisse tritt die chemische
Masse unverkümmert in Wirksamkeit, und das, was als rein qualitatives
Ausschließen, als Wahlverwandtschaft erschien, zeigt sich nur in
äußerlichen Modifikationen zu liegen.
Berzelius wäre es vornehmlich, der weiter über diesen Gegenstand zu hören ist. Derselbe stellt aber in seinem Lehrbuche der Chemie
über die Sache nichts Eigenthümliches und Bestimmteres auf. Es sind die
berthollet'schen Ansichten aufgenommen und wörtlich wiederhohlt, nur
mit der eigenthümlichen Metaphysik einer unkritischen Reflexion
ausstaffirt worden, deren Kategorien also allein sich für die nähere
Betrachtung darbieten. Die Theorie geht über die Erfahrung hinaus, und
erfindet Theils sinnliche Vorstellungen, wie sie nicht selbst in der
Erfahrung gegeben sind, Theils wendet sie Denkbestimmungen an, und
macht sich auf beide Weise zum Gegenstande logischer Kritik. Wir wollen
daher das in jenem Lehrbuche selbst III. Band I. Abth. (übers. von
Wöhler S. 82. ff) über die Theorie Vorgetragene vornehmen. Daselbst nun
liest man, "daß man sich vorstellen müsse, in einer gleichförmig gemischten Flüssigkeit sey ein jedes Atom vom aufgelösten Körper von einer gleichen Anzahl von Atomen des Auflösungsmittels umgeben; und wenn mehrere Substanzen zusammen aufgelöst sind, so müssen sie die Zwischenräume zwischen den Atomen des Auflösungsmittels unter sich theilen, so daß, bei einer gleichförmigen Mischung der Flüssigkeit, eine solche Symmetrie in der Lage der Atome entstehe, daß alle Atome der einzelnen Körper sich in Beziehung zu den Atomen der andern Körper in einer gleichförmigen Lage befinden; man könne daher sagen, daß die Auflösung durch die Symmetrie in der Stellung der Atome, so wie die Verbindung durch die bestimmten Proportionen
charakterisirt sey." - Dieß wird hierauf durch ein Beispiel der
Verbindungen erläutert, die aus einer Auflösung von Kupferchlorid, zu
welcher Schwefelsäure hinzugesetzt wird, entstehen; aber an diesem
Beispiele wird freilich weder aufgezeigt, daß Atome existiren, noch daß eine Anzahl von Atomen der aufgelösten Körper Atome der Flüssigkeit umgeben, freie Atome der beiden Säuren sich um die (mit dem Kupferoxid) verbunden bleibenden lagern, noch daß die Symmetrie in der Stellung und Lage, noch daß Zwischenräume zwischen den Atomen existiren, - am allerwenigsten daß die aufgelösten Substanzen die Zwischenräume der Atome des Auflösungsmittels unter sich theilen. Dieß hiesse, daß die aufgelösten da ihre Stellung nehmen, wo das Auflösungsmittel nicht ist, - denn die Zwischenräume desselben sind die von ihm leeren Räume, - somit daß die aufgelösten Substanzen sich nicht im Auflösungsmittel befinden, sondern wenn auch dasselbe umgebend und umlagernd, oder von demselben umgeben und umlagert, - außerhalb desselben, also gewiß auch von ihm nicht aufgelöst sind. Man sieht somit nicht ein, daß man sich solche Vorstellungen
machen müsse, welche in der Erfahrung nicht aufgezeigt sind, im
Wesentlichen sich sogleich widersprechen, und sonst auf andere Weise
nicht erhärtet sind. Dieß könnte nur durch die Betrachtung dieser
Vorstellungen selbst, d. i. durch Metaphysik, welche Logik ist,
geschehen, durch diese aber werden sie so wenig als durch die Erfahrung
bestätigt, - im Gegentheil! - Uebrigens giebt Berzelius zu, was
auch oben gesagt worden, daß die Sätze Berthollets der Theorie von den
bestimmten Proportionen nicht entgegen seyen, - er fügt freilich hinzu,
daß sie auch den Ansichten von der Korpuskularphilosophie, d. i. der
vorhin angeführten Vorstellungen von den Atomen, der Erfüllung der Zwischenräume der auflösenden Flüssigkeit durch die Atome der festen Körper u.s.f.
nicht entgegen seyen, - diese letztere grundlose Metaphysik hat aber
wesentlich nichts mit den Proportionen der Sättigung selbst zu thun.
Das Specifische, was in den Sättigungsgesetzen ausgedrückt ist,
betrifft somit nur die Menge von selbst quantitativen Einheiten (nicht Atomen) eines Körpers, mit welcher sich die quantitative Einheit
(ebenso wenig ein Atom) eines andern gegen erstern chemisch differenten
Körpers neutralisirt; die Verschiedenheit besteht allein in diesen
verschiedenen Proportionen. Wenn dann Berzelius, ungeachtet seine
Proportionenlehre ganz nur eine Bestimmung von Mengen ist, doch auch von Affinitätsgraden spricht, z. B. S. 86. indem er die chemische Masse Berthollets als die Summe des Affinitätsgrades aus der vorhandenen Quantität des wirksamen Körpers erklärt, statt dessen Berthollet consequenter den Ausdruck capacité de saturation gebraucht, so verfällt er damit selbst in die Form intensiver Größe. Dieß ist aber die Form, welche das Eigenthümliche der sogenannten dynamischen
Philosophie ausmacht, die er früher S. 29. a. a. O. "die speculative
Philosophie gewisser deutschen Schulen" nennt, und zum Besten der
vortrefflichen "Korpuskularphilosophie" nachdrücklich verwirft. Von
dieser dynamischen Philosophie giebt er dort an, daß sie annehme, die
Elemente in ihrer chemischen Vereinigung durchdringen sich, und die Neutralisation bestehe in dieser gegenseitigen Durchdringung; dieß heißt nichts Anders, als daß die chemisch differenten Partikeln, die als Menge gegeneinander sind, in die Einfachheit einer intensiven
Größe zusammengehen, was sich auch als Verminderung des Volums kund
giebt. Dagegen sollen in der Korpuskulartheorie auch die chemisch verbundenen Atome sich in den Zwischenräumen, d. h. außereinander erhalten, (Juxtaposition); Grad der Affinität hat in solchem Verhalten als einer nur extensiven Größe, eines Perennirens von Menge, keinen Sinn. Wenn ebendas angegeben
wird, daß die Erscheinungen der bestimmten Proportionen für die
dynamische Ansicht ganz unvorgesehen gekommen seyen, so wäre dieß nur
ein äußerlicher historischer Umstand, abgesehen davon, daß die richterschen
stöchiometrischen Reihen, in der fischerschen Zusammenstellung bereits
Berthollet bekannt und in der ersten Ausg. dieser Logik, welche die
Nichtigkeit der Kategorien erweist, auf denen die alte wie die
neuseynwolleude Korpuskulartheorie beruht, angeführt sind. Irrthümlich
aber urtheilt Berzelius als ob unter der Herrschaft "der dynamischen
Ansicht" die Erscheinungen der bestimmten Proportionen "für immer"
unbekannt geblieben wären, - in dem Sinne, daß jene Ansicht sich nicht
mit der Bestimmtheit der Proportionen vertrüge. Diese ist auf allen
Fall nur Größebestimmtheit, gleichgültig ob in extensiver und
intensiver Form, - so daß auch Berzelius, so sehr er an der erstern
Form, der Menge, hängt, selbst die Vorstellung von Affinitätsgraden
gebraucht.
Indem
hiermit die Verwandschaft auf den quantitativen Unterschied
zurückgeführt ist, ist sie als Wahlverwandschaft aufgehoben; das Ausschließende
aber, das bei derselben Statt findet, ist auf Umstände zurückgeführt,
d. i. auf Bestimmungen, welche als etwas der Verwandschaft Aeußerliches
erscheinen, auf Kohäsion, Unauflöslichkeit der zu Stande gekommenen
Verbindungen u.s.f. Es kann mit dieser Vorstellung zum Theil das
Verfahren bei der Betrachtung der Wirkung der Schwere verglichen
werden, wo das, was an sich der Schwere selbst zukommt, daß der
bewegte Pendel durch sie nothwendig zur Ruhe übergeht, nur als der
zugleich vorhandene Umstand des äußern Widerstands der Luft des Fadens
u.s.f. genommen und der Reibung allein statt der Schwere zugeschrieben wird. - Hier für die Natur des Qualitativen,
welches in der Wahlverwandschaft liegt, macht es keinen Unterschied, ob
dasselbe in der Form jener Umstände als seiner Bedingungen erscheint
und aufgefaßt wird. Es beginnt mit dem Qualitativen als solchen eine neue Ordnung, deren Specifikation nicht mehr nur quantitativer Unterschied ist.
Wenn
nun sonach der Unterschied der chemischen Affinität in einer Reihe
quantitativer Verhältnisse sich genau feststellt gegen die
Wahlverwandsehaft als eintretender qualitativer Bestimmtheit, deren
Verhalten mit jener Ordnung keineswegs zusammenfällt, so wird dieser
Unterschied wieder in völlige Verwirrung durch die Art geworfen, in
welcher mit dem chemischen Verhalten das elektrische in neuern
Zeiten in Verbindung gebracht wird, und die Hoffnung von diesem tiefer
seyn sollenden Princip aus über das wichtigste, das Maaßverhältniß,
einen Aufschluß zu erhalten, wird gänzlich getäuscht. Diese Theorie, in
welcher die Erscheinungen der Elektricität und des Chemismus vollkommen
identificirt werden, insofern sie das Physikalische und nicht
bloß die Maaßverhältnisse betrifft, ist hier nicht in nähere
Betrachtung zu nehmen, und nur insofern zu erwähnen, als die
Unterschiedenheit der Maaßbestimmungen dadurch verworren wird.
Für sich selbst ist sie seicht zu nennen, weil die Seichtigkeit darin
besteht, das Verschiedene mit Weglassung der Verschiedenheit identisch
zu nehmen. War hierbei die Affinität betrifft, so ist sie, indem so
chemische Processe mit elektrischen, ingleichen mit Feuer und
Licht-Erscheinungen, identificirt werden, "auf Neutralisation
entgegengesetzter Electricitäten" reducirt worden. Die Identifikation
der Elektricität und des Chemismus selbst ist es beinahe komisch (S.
63. a. a. O.) in folgender Weise dargestellt zu finden, daß "die
eletrischen Phänomene wohl die Wirkung der Körper auf größern oder
geringern Abstand, ihre Anziehung vor der Vereinigung (d. i. das noch nicht chemische Verhalten) - und das durch diese Vereinigung entstehende Feuer (?) wohl erklären, aber uns über die Ursache der mit einer so großen Kraft, nach Vernichtung des entgegengesetzten elektrischen Zustandes, fortdauernden Vereinigung der Körper keinen Aufschluß geben;"
d. h. die Theorie giebt den Aufschluß, daß die Electricität die Ursache
des chemischen Verhaltens sey, daß aber die Electricität über das, was
im chemischen Processe chemisch ist, keinen Aufschluß gebe. - Damit,
daß die chemische Differenz überhaupt auf den Gegensatz positiver und
negativer Elektricität zurückgeführt wird, wird die
Affinitätsverschiedenheit der auf die eine und auf die andere Seite
fallenden Agentien unter sich als die Ordnung von zwei Reihen
elektropositiver und elektronegativer Körper bestimmt. Bei dem
Identificiren der Elektricität und des Chemismus ihrer allgemeinen
Bestimmung nach, wird schon dieß übersehen, daß die erstere überhaupt
und deren Neutralisirung flüchtig ist und der Qualität der Körper äußerlich bleibt, der Chemismus in seiner Aktion und besonders in der Neutralisation die ganze qualitative Natur der Körper in Anspruch nimmt und alterirt.
Ebenso flüchtig ist innerhalb der Elektricität ihr Gegensatz von
positiver und negativer; er ist ein so Unstätes, daß er von den
geringsten äußerlichen Umständen abhängig ist, und in keinen Vergleich
gestellt werden kann mit der Bestimmtheit und Festigkeit des
Gegensatzes von Säuren z. B. gegen die Metalle u.s.w. Die
Veränderlichkeit, die in diesem chemischen Verhalten, durch höchst
gewaltsame Einwirkungen z. B. einer erhöhten Temperatur u.s.f. statt
finden kann, steht in keinem Vergleich mit der Oberflächlichkeit des
elektrischen Gegensatzes. Der fernere Unterschied nun innerhalb der Reihe
jeder der beiden Seiten zwischen mehr oder weniger
positiv-elektrischer, oder mehr oder weniger negativ-elektrischer
Beschaffenheit, ist vollends sowohl ein völlig Unsicheres als
Unkonstatirtes. Aus diesen Reihen der Körper aber (Berzelius am ang.
Ort S. 64. f.) "nach ihren elektrischen Dispositionen soll das
elektrochemische System entstehen, welches sich von allen am besten
eigne, eine Idee voll der Chemie zu geben;" diese Reihen werden nun angegeben; wie sie aber in der That beschaffen sind, darüber wird S. 67. hinzugefügt:
"daß dieß ungefähr die Ordnung dieser Körper sey, aber diese Materie sey so wenig untersucht, daß sich noch nichts ganz Gewisses
hinsichtlich dieser relativen Ordnung bestimmen lasse." - Sowohl die
Verhältnißzahlen jener (von Richter zuerst gemachten) Affinitätsreihen,
als die höchst interessante von Berzelius aufgestellte Reduktion der
Verbindungen von zwei Körpern auf die Einfachheit weniger quantitativen
Verhältnisse sind ganz und gar unabhängig von jenem elektrochemisch
seyn sollenden Gebräue. Wenn in jenen Proportionen und in deren seit
Richter nach allen Seiten hin gewonnenen Ausdehnung der experimentale
Weg der richtige Leitstern gewesen, so kontrastirt für sich damit
umsomehr die Vermischung dieser großen Entdeckungen mit der außer dem
Weg der Erfahrung liegenden Oede der sogenannten Korpuskulartheorie;
nur dieser Anfang, das Princip der Erfahrung zu verlassen, konnte es
motiviren, noch weiter jenen früher von Ritter vornehmlich
angefangenen Einfall wieder aufzunehmen, feste Ordnungen von
elektropositiven und elektronegativen Körpern, die zugleich chemische
Bedeutung haben sollten, aufzustellen.
Schon
die Nichtigkeit der Grundlage, die für die chemische Affinität in dem
Gegensatze von elektropositiven und elektronegativen Körpern, wenn
dieser für sieh auch faktisch richtiger wäre, als er ist, angenommen
wird, zeigt sich bald selbst auf dem experimentalen Wege, was denn aber
wieder zu weiterer Inkonsequenz führt. Es wird S. 73. (a. a. O.)
zugestanden, daß zwei sogenannte elektronegative Körper, wie Schwefel
und Sauerstoff auf eine viel innigere Art sich mit einander verbinden,
als z. B. der Sauerstoff und das Kupfer, obgleich letzteres
elektropositiv sey. Die auf den allgemeinen Gegensatz von positiver und
negativer-Elektricität basirte Grundlage für die Affinität muß hier
hiermit gegen ein bloßes Mehr oder Weniger innerhalb Einer und
derselben Reihe von elektrischer Bestimmtheit zurückgestellt werden.
Der Verwandschaftsgrad der Körper, wird nun hieraus geschlossen, hänge demnach nicht allein von ihrer specifischen Unipolarität
(mit welcher Hypothese diese Bestimmung zusammenhängt, thut hierher
nichts, sie gilt hier nur für das Entweder des Positiven und das Oder
des Negativen) ab; der Verwandschaftsgrad müsse hauptsächlich von der Intensität ihrer Polarität im Allgemeinen hergeleitet werden. Hier geht somit näher die Betrachtung der Affinität zu dem Verhältniß der Wahlverwandschaft
über, um die uns vornehmlich zu thun ist; sehen wir, was sich denn für
diese nun ergiebt. Indem sogleich (ebendas. S. 73.) zugestanden wird,
daß der Grad dieser Polarität, wenn sie nicht bloß in unserer Vorstellung existire, keine konstante Quantität
zu seyn scheine, sondern sehr von der Temperatur abhänge, so findet
sich nach allem diesem als Resultat angegeben, nicht nur, daß jede
chemische Wirkung so ihrem Grunde nach ein elektrisches Phänomensey, sondern auch was Wirkung der sogenannten Wahlverwandschaft zu seyn scheine, nur durch eine in gewissen Körpern stärker, als in andren vorhandene elektrische Polarität bewirkt werde. Zum Beschlusse des bisherigen Herumwindens in hypothetischen Vorstellungen bleibt es somit bei der Kategorie stärkerer Intensität,
welche dasselbe Formelle als die Wahlverwandschaft überhaupt ist, und
diese damit, daß sie auf eine stärkere Intensität elektrischer
Polarität gestellt wird, im geringsten nicht weiter auf einen
physikalschen Grund bringt als vorher. Aber auch das was hier als
größere specifische Intensität bestimmt seyn soll, wird späterhin nur
auf die bereits angeführten, von Berthollet aufgezeigten Modifikationen
zurückgeführt.
Das Verdienst und der Ruhm von Berzelius
wegen der auf alle chemischen Verhältnisse ausgedehnten
Proportionenlehre durfte für sich kein Abhaltungsgrund seyn, die Blöße
der angeführten Theorie auseinander zu setzen; ein näherer Grund aber,
dieß zu thun, muß der Umstand seyn, daß solches Verdienst in einer Seite der Wissenschaft, wie bei Newton, Autorität
für ein damit in Zusammenhang gesetztes grundloses Gebäude von
schlechten Kategorien zu werden pflegt, und daß gerade solche
Metaphysik dasjenige ist, was mit der größten Prätension ausgegeben und
ebenso nachgesprochen wird.
Außer
den Formen des Maaßverhältnisses, die sich auf die chemische Affinität
und Wahlverwandschaft beziehen, können auch noch andere in Rücksicht
auf Quantitäten, die sich zu einem System qualificiren, betrachtet
werden. Die chemischen Körper bilden in Beziehung auf Sättigung ein
System von Verhältnissen; die Sättigung selbst beruht auf der
bestimmten Proportion, in welcher die beiderseitigen Mengen, die eine
besondere materielle Existenz gegeneinander haben, sich verbinden. Aber
es giebt auch Maaßverhältnisse, deren Momente untrennbar sind und nicht
in einer eignen von einander verschiedenen Existenz dargestellt werden
können. Diese sind das, was vorhin die unmittelbaren selbstständigen Maaße genannt, und die in den specifischen Schweren
der Körper repräsentirt sind. - Sie sind innerhalb der Körper ein
Verhältniß von Gewicht zum Volumen; der Verhältnissexponent, welcher
die Bestimmtheit einer speeifischen Schwere zum Unterschiede von andern
ausdrückt, ist bestimmtes Quantum nur der Vergleichung, ein
ihnen äußeres Verhältniß in einer äußern Reflexion, das sich nicht auf
das eigne qualitative Verhalten zu einer gegenüber stehenden Existenz
gründet. Es wäre die Aufgabe vorhanden, die Verhältnißexponenten der Reihe der specifischen Schweren, als ein System aus einer Regel
zu erkennen, welche eine bloß arithmetische Vielheit zu einer Reihe
harmonischer Knoten specificirte. - Dieselbe Forderung fände für die
Erkenntniß der angeführten chemischen Verwandtschaftsreihen statt. Aber
die Wissenschaft hat noch weit, um dahin zu gelangen, soweit als dahin,
die Zahlen der Entfernungen der Planeten des Sonnensystems in einem
Maaßsysteme zu fassen.
Die
specifischen Schweren, ob sie gleich zunächst kein qualitatives
Verhältniß zu einander zu haben scheinen, treten jedoch gleichfalls in
qualitative Beziehung. Indem die Körper chemisch verbunden, auch nur
amalgamirt oder synsomatisirt werden, zeigt sich gleichfalls eine Neutralisation
der specifischen Schweren. Es ist vorhin die Erscheinung angeführt
worden, daß das Volumen, auch des Gemisches von chemisch gegen einander
eigentlich gleichgültig bleibenden Materien, nicht von gleicher Größe
mit der Summe des Volumens derselben vor der Vermischung ist. Sie
modificiren in dieser gegenseitig das Quantum der Bestimmtheit, mit dem
sie in die Beziehung eintreten, und geben sich auf diese Weise als sich
qualitativ verhaltend gegen einander kund. Hier äußert sich das Quantum
der specifischen Schwere nicht bloß als eine fixe Vergleichungszahl, sondern als eine Verhältnißzahl,
die verrückbar ist; und die Exponenten der Gemische geben Reihen von
Maaßen, deren Fortgang von einem andern Princip bestimmt wird, als den
Verhältnißzahlen der specifischen Schweren, die miteinander verbunden
werden. Die Exponenten dieser Verhältnisse sind nicht ausschließende
Maaßbestimmungen; ihr Fortgang ist ein kontinuirlicher, aber enthält
ein specificirendes Gesetz in sich, das von den formell fortgehenden
Verhältnissen, in denen die Mengen verbunden werden, verschieden und
jenen Fortgang mit diesem inkommensurabel macht.
Die letzte Bestimmung des Maaßverhältnisses war, daß es als specifisch ausschließend ist; das Ausschließen kommt der Neutralität als negativer Einheit der unterschiedenen Momente zu. Für diese fürsichseyende
Einheit, die Wahlverwandtschaft, hat sich in Ansehung ihrer Beziehung
auf die andern Neutralitäten kein weiteres Princip der Specifikation
ergeben; diese bleibt nur in der quantitativen
Bestimmung der Affinität überhaupt, nach der es bestimmte Mengen sind,
welche sich neutralisiren, und damit anderen relativen
Wahlverwandtschaften ihrer Momente gegenüberstehen. Aber ferner um der
quantitativen Grundbestimmung willen kontinuirt sich die ausschließende
Wahlverwandtschaft auch in die ihr andern Neutralitäten, und diese
Kontinuität ist nicht nur äußerliche Beziehung der verschiedenen
Neutralitäts-Verhältnisse, als eine Vergleichung, sondern die
Neutralität hat als solche eine Trennbarkeit in ihr, indem die,
aus deren Einheit sie geworden ist, als selbstständige Etwas, jedes als
gleichgültig, mit diesem oder mit andern der gegenüberstehenden Reihe,
ob zwar in verschiedenen specifisch bestimmten Mengen sich zu
verbinden, in Beziehung treten. Dadurch ist dieß Maaß, das auf einem
solchen Verhältnisse in ihm selbst beruht, mit eigner Gleichgültigkeit
behaftet; es ist ein an ihm selbst Aeußerliches und in seiner Beziehung
auf sich ein Veränderliches.
Diese Beziehung des Verhältnißmaaßes auf sich
ist verschieden von seiner Aeußerlichkeit und Veränderlichkeit, als
seiner quantitativen Seite, es ist als Beziehung auf sich gegen diese,
eine seyende, qualitative Grundlage; - bleibendes, materielles
Substrat, welches, zugleich als die Kontinuität des Maaßes in seiner
Aeußerlichkeit mit sich selbst, in seiner Qualität jenes
Princip der Specification dieser Aeußerlichkeit enthalten müßte. Das
ausschließende Maaß nach dieser nähern Bestimmung nun, in seinem
Fürsichseyn sich äußerlich, stößt sich von sich selbst ab, setzt sich
sowohl als ein anderes nur quantitatives, als auch als ein solches
anderes Verhältniß, das zugleich ein anderes Maaß ist; ist als an sich
selbst specificirende Einheit bestimmt, welche an ihr Maaßverhältnisse
producirt. Diese Verhältnisse sind von der obigen Art der Affinitäten,
in welchen ein Selbstständiges sich zu Selbstständigen anderer Qualität
und zu einer Reihe solcher verhält, verschieden; sie finden an einem und demselben
Substrate, innerhalb derselben Momente der Neutralität statt; das Maaß
bestimmt sich von sich abstoßend zu andern nur quantitativ
verschiedenen Verhältnissen, welche gleichfalls Affinitäten und Maaße bilden abwechselnd mit solchen, welche nur quantitative Verschiedenheiten bleiben. Sie bilden auf solche Weise eine Knotenlinie von Maaßen auf einer Skale des Mehr und Weniger.
Es
ist ein Maaßverhältniß vorhanden; eine selbstständige Realität, die
qualitativ von andern unterschieden ist. Ein solches Fürsichseyn ist,
weil es zugleich wesentlich ein Verhältniß von Quantis ist, der
Aeußerlichkeit und der Quantumsveränderung offen; es hat eine Weite,
innerhalb deren es gegen diese Veränderung gleichgültig bleibt und
seine Qualität nicht ändert. Aber es tritt ein Punkt dieser Aenderung
des Quantitativen ein, auf welchem die Qualität geändert wird, das
Quantum sich als specificirend erweist, so daß das veränderte
quantitative Verhältniß in ein Maaß und damit in eine neue Qualität,
ein neues Etwas, umgeschlagen ist. Das Verhältniß, das an die Stelle
des ersten getreten, ist durch dieses bestimmt Theils nach der
qualitativen Dieselbigkeit der Momente, die in Affinität stehen, Theils
nach der quantitativen Kontinuität. Aber indem der Unterschied in
dieses Quantitative fällt, verhält sich das neue Etwas gleichgültig
gegen das Vorhergehende, ihr Unterschied ist der äußerliche des
Quantums. Es ist also nicht aus dem vorhergehenden, sondern unmittelbar
aus sich hervorgetreten; d. i. aus der innerlichen, noch nicht ins
Daseyn getretenen specificirenden Einheit. - Die neue Qualität oder das
neue Etwas ist demselben Fortgange seiner Veränderung unterworfen und
sofort ins Unendliche.
Insofern
der Fortgang von einer Qualität in stätiger Kontinuität der Quantität
ist, sind die einem qualificirenden Punkte sich nähernden Verhältnisse
quantitativ betrachtet, nur durch das Mehr und Weniger unterschieden. Die Veränderung ist nach dieser Seite ['Seice' bei Henning/A.R.] eine allmählige.
Aber die Allmähligkeit betrifft bloß das Aeußerliche der Veränderung,
nicht das Qualitative derselben; das vorhergehende quantitative
Verhältniß, das dem folgenden unendlich nahe ist, ist noch ein anderes
qualitatives Daseyn. Nach der qualitativen Seite wird daher das bloß
quantitative Fortgehen der Allmähligkeit, das keine Grenze an sich
selbst ist, absolut abgebrochen; indem die neu eintretende Qualität
nach ihrer bloß quantitativen Beziehung eine gegen die verschwindende
unbestimmt andere, eine gleichgültige ist, ist der Uebergang ein Sprung;
beide sind s als völlig äußerliche gegeneinander gesetzt. - Man sucht
sich gern durch die Allmähligkeit des Uebergangs eine Veränderung begreiflich
zu machen; aber vielmehr ist die Allmähligkeit gerade die bloß
gleichgültige Aenderung, das Gegentheil der qualitativen. In der
Allmähligkeit ist vielmehr der Zusammenhang der beiden Realitäten, -
sie werden als Zustände, oder als selbstständige Dinge genommen, -
aufgehoben; es ist gesetzt, daß keine die Grenze der andern, sondern
eine der andern schlechthin äußerlich ist; hiermit wird gerade das, was
zum Begreiffen nöthig ist, wenn auch noch so wenig dazu erfordert wird, entfernt.
Das natürliche Zahlensystem zeigt schon eine solche Knotenlinie
von qualitativen Momenten, die sich in dem bloß äußerlichen Fortgang
hervorthun. Es ist eines Theils ein bloß quantitatives Vor- und
Zurückgehen, ein fortwährendes Hinzuthun oder Wegnehmen, so daß jede
Zahl dasselbe arithmetische Verhältniß zu ihrer vorhergehenden
und nachfolgenden hat, als diese zu ihrer vorhergehenden und
nachfolgenden u.s.f. Aber die hierdurch entstehenden Zahlen haben auch
zu andern vorhergehenden oder folgenden ein specifisches
Verhältniß, entweder ein solches vielfaches von einer derselben als
eine ganze Zahl ausdrückt, oder Potenz und Wurzel zu seyn. - In den musikalischen
Verhältnissen, tritt ein harmonisches Verhältniß in der Skale des
quantitativen Fortgehens durch ein Quantum ein, ohne daß dieses Quantum
für sich auf der Skale zu seinem vorhergehenden und nachfolgenden ein
anderes Verhältniß hätte, als diese wieder zu ihren vorhergehenden und
nachfolgenden. Indem folgende Töne vom Grundtone sich immer mehr zu
entfernen oder Zahlen durch das arithmetische Fortgehen nur noch mehr
andere zu werden scheinen, thut sich vielmehr auf einmal eine Rückkehr,
eine überraschende Uebereinstimmung hervor, die nicht durch das
unmittelbar vorhergehende qualitativ vorbereitet war, sondern als eine actio in distans
, als eine Beziehung zu einem Entfernten, erscheint; der Fortgang an
bloß gleichgültigen Verhältnissen, welche die vorhergehende specifische
Realität nicht ändern oder auch überhaupt keine solche bilden,
unterbricht sich auf einmal, und indem er in quantitativer Rücksicht
auf dieselbe Weise fortgesetzt ist, bricht somit durch einen Sprung ein
specifisches Verhältniß ein.
In chemischen Verbindungen
kommen bei der progressiven Aenderung der Mischungsverhältnisse solche
qualitative Knoten und Sprünge vor, daß zwei Stoffe auf besondern
Punkten der Mischungsskale, Produkte bilden, welche besondere
Qualitäten zeigen. Diese Produkte unterscheiden sich nicht bloß durch
ein Mehr und Weniger von einander, noch sind sie mit den Verhältnissen,
die jenen Knotenverhältnissen nahe liegen, schon vorhanden, etwa nur in
einem schwächern Grade, sondern sind an solche Punkte selbst gebunden.
Z. B. die Verbindungen voll Sauerstoff und Stikstoff geben die
verschiedenen Stikstoffoxyde und Salpetersäuren, die nur an bestimmten
Quantitäts-Verhältnissen der Mischung hervortreten und wesentlich
verschiedene Qualitäten haben, so daß in dazwischen liegenden
Mischungsverhältnissen keine Verbindungen Von specifischen Existenzen
erfolgen. - Die Metalloxyde, z. B. die Bleioxyde bilden sich auf gewissen quantitativen Punkten der Oxydation, und unterscheiden
sich durch Farben und andere Qualitäten. Sie gehen nicht allmählig in
einander über, die zwischen jenen Knoten liegende Verhältnisse geben
kein Neutrales, kein specifisches Daseyn. Ohne durch Zwischenstufen
durchgegangen zu seyn, tritt eine specifische Verbindung auf, die auf
einem Maaßverhältnisse beruht, und eigene Qualitäten hat. - Oder das Wasser,
indem es seine Temperatur ändert, wird damit nicht bloß mehr oder
weniger warm, sondern geht durch die Zustände der Härte, der tropfbaren
Flüssigkeit und der elastischen Flüssigkeit hindurch; diese
verschiedenen Zustände treten nicht allmählig ein, sondern eben das
bloß allmählige Fortgehen der Temperatur-Aenderung wird durch diese
Punkte mit einemmale unterbrochen und gehemmt, und der Eintritt eines
andern Zustandes ist ein Sprung. - Alle Geburt und Tod,
sind, statt eine fortgesetzte Allmähligkeit zu seyn, vielmehr ein
Abbrechen derselben, und der Sprung aus quantitativer Veränderung in
qualitative.
Es giebt keinen Sprung in der Natur, wird gesagt; und die gewöhnliche Vorstellung, wenn sie ein Entstehen oder Vergehen begreifen soll, meint, wie erinnert, es damit begriffen zu haben, daß sie es als ein allmähliges
Hervorgehen oder Verschwinden vorstellt. Es hat sich aber gezeigt, daß
die Veränderungen des Seyns überhaupt nicht nur das Uebergehen einer
Größe in eine andere Größe, sondern Uebergang vom Qualitativen in das
Quantitative und umgekehrt sind, ein Anders-werden, das ein Abbrechen
des Allmähligen und ein Qualitativ-Anderes gegen das vorhergehende
Daseyn ist. Das Wasser wird durch die Erkältung nicht nach und nach
hart, so daß es breiartig würde und allmählig bis zur Konsistenz des
Eises sich verhärtete, sondern ist auf einmal hart; schon mit der
ganzen Temperatur des Eispunktes, wenn es ruhig steht, kann es noch
seine ganze Flüssigkeit haben, und eine geringe Erschütterung bringt es
in den Zustand der Härte.
Bei der Allmähligkeit des Entstehens liegt die Vorstellung zu Grunde, daß das Entstehende schon sinnlich oder überhaupt wirklich vorhanden, nur wegen seiner Kleinheit noch nicht wahrnehmbar, so wie bei der Allmähligkeit des Verschwindens, daß das Nichtseyn oder das Andere an seine Stelle Tretende gleichfalls vorhanden, nur noch nicht bemerkbar sey; - und zwar vorhanden nicht in dem Sinne, daß das Andere in dem vorhandenen Andern an sich enthalten, sondern daß es als Daseyn, nur unbemerkbar, vorhanden sey. Es wird damit das Entstehen und Vergehen überhaupt aufgehoben, oder das An-sich, das Innere, in welchem etwas vor seinem Daseyn ist, in eine Kleinheit des äußerlichen Daseyns
verwandelt, und der wesentliche, oder der Begriffsunterschied in einen
äußerlichen, bloßen Größeunterschied. - Das Begreiflichmachen eines
Entstehens oder Vergehens aus der Allmähligkeit der Veränderung hat die
der Tautologie eigene Langweiligkeit; es hat das Entstehende oder
Vergehende schon vorher ganz fertig und macht die Veränderung zu einer
bloßen Aenderung eines äußerlichen Unterschiedes, wodurch sie in der
That nur eine Tautologie ist. Die Schwierigkeit für solchen begreifen
wollenden Verstand liegt in dem qualitativen Uebergang von Etwas in
sein Anderes überhaupt und in sein Entgegengesetztes; dagegen spiegelt
er sich die Identität und die Veränderung als die gleichgültige, äußerliche des Quantitativen vor.
Im Moralischen,
insofern es in der Sphäre des Seyns betrachtet wird, findet derselbe
Uebergang des Quantitativen ins Qualitative statt; und verschiedene
Qualitäten erscheinen, sich auf eine Verschiedenheit der Größe zu
gründen. Es ist ein Mehr und Weniger, wodurch das Maaß des Leichtsinns
überschritten wird, und etwas ganz Anderes, Verbrechen, hervortritt,
wodurch Recht in Unrecht, Tugend in Laster übergeht. - So erhalten auch
Staaten durch ihren Größenunterschied, wenn das Uebrige als gleich
angenommen wird, einen verschiedenen qualitativen
Charakter. Gesetze und Verfassung werden zu etwas Anderem, wenn der
Umfang des Staats und die Anzahl der Bürger sich erweitert. Der Staat
hat ein Maaß seiner Größe, über welche hinausgetrieben er haltungslos
in sich zerfällt, unter derselben Verfassung, welche bei nur anderem
Umfange sein Glück und seine Stärke ausmachte.
Das
ausschließende Maaß bleibt in seinem realisirten Fürsichseyn selbst,
mit dem Momente quantitativen Daseyns behaftet, darum des Auf- und
Absteigens an der Skale des Quantums fähig, auf welcher die
Verhältnisse sich ändern. Etwas oder eine Qualität als auf solchem
Verhältnisse beruhend, wird über sich hinaus in das Maaßlose
getrieben, und geht durch die bloße Aenderung seiner Größe zu Grunde.
Die Größe ist die Beschaffenheit, an der ein Daseyn mit dem Scheine von
Unverfänglichkeit ergriffen und wodurch es zerstört werden kann.
Das
abstrakte Maaßlose ist das Quantum überhaupt als in sich
bestimmungslos, und als nur gleichgültige Bestimmtheit, durch welche
das Maaß nicht verändert wird. In der Knotenlinie der Maaße ist sie
zugleich als specificirend gesetzt; jenes abstrakte Maaßlose hebt sich
zur qualitativen Bestimmtheit auf; das neue Maaßverhältniß, in welches
das zuerst vorhandene übergeht, ist ein Maaßloses in Rücksicht auf
dieses, an ihm selbst aber ebenso eine für sich-seyende Qualität; so
ist die Abwechslung von specifischen Existenzen miteinander und
derselben ebenso mit bloß quantitativbleibenden Verhältnissen gesetzt,
- sofort ins Unendliche. Was also in diesem Uebergehen
vorhanden ist, ist sowohl die Negation der specifischen Verhältnisse,
als die Negation des quantitativen Fortgangs selbst; das fürsichseyende
Unendliche. - Die qualitative Unendlichkeit, wie sie am Daseyn ist, war das Hervorbrechen des Unendlichen am Endlichen, als unmittelbarer Uebergang und Verschwinden des Diesseits in seinem Jenseits. Die quantitative Unendlichkeit hingegen ist ihrer Bestimmtheit nach schon die Kontinuität des Quantums, eine Kontinuität desselben über sich hinaus. Das Qualitativ-Endliche wird zum Unendlichen; das Quantitativ-Endliche ist sein Jenseits an ihm selbst, und weist über sich hinaus. Aber diese Unendlichkeit der Specifikation des Maaßes setzt ebensowohl das Qualitative wie das Quantitative als sich in einander aufhebend, und damit die erste, unmittelbare Einheit derselben, welche das Maaß überhaupt ist, als in sich zurückgekehrt und damit selbst als gesetzt.
Das Qualitative, eine specifische Existenz, geht in eine andere so
über, daß nur eine Veränderung der Größebestimmtheit eines
Verhältnisses vorgeht; die Veränderung des Qualitativen selbst in
Qualitatives ist damit als eine äußerliche und gleichgültige, und als
ein Zusammengehen mit sich selbst gesetzt; das Quantitative
hebt sich ohnehin als umschlagend in Qualitatives, das An- und
Für-Sichbestimmtseyn, auf. Diese so sich in ihrem Wechsel der Maaße in
sich selbst kontinuirende Einheit ist die wahrhaft bestehenbleibende,
selbstständige Materie, Sache.
Was
hiermit vorhanden ist, ist à) eine und dieselbe Sache, welche als
Grundlage in ihren Unterscheidungen und als perennirend gesetzt ist.
Schon im Quantum überhaupt beginnt dieß Abtrennen des Seyns von seiner
Bestimmtheit; groß ist etwas, als gleichgültig gegen seine
seyende Bestimmtheit. Im Maaße ist die Sache selbst bereits an sich
Einheit des Qualitativen und Quantitativen, - der beiden Momente, die
innerhalb der allgemeinen Sphäre des Seyns, den Unterschied ausmachen,
und wovon das Eine das Jenseits des Andern ist; das perennirende
Substrat hat auf diese Weise zunachst an ihm selbst die Bestimmung
seyender Unendlichkeit. ß) Diese Dieselbigkeit des Substrats ist darin gesetzt, daß die qualitativen Selbstständigkeiten,
in welche die maaßbestimmende Einheit abgestoßen ist, nur in
quantitativen Unterschieden bestehen, so daß das Substrat sich in dieß
sein Unterscheiden kontinuirt; ç) in dem unendlichen Progresse der
Knotenreihe ist die Kontinuirung des Qualitativen in das quantitative
Fortgehen, als in eine gleichgültige Veränderung, aber ebenso die darin
enthaltene Negation des Qualitativen, und zugleich damit der
bloß quantitativen Aeußerlichkeit, gesetzt. Das quantitative
Hinausweisen über sich zu einem Andern, als anderem Quantitativen geht
unter in dem Hervortreten eines Verhältnißmaaßes, einer Qualität, und
das qualitative Uebergehen hebt sich eben darin auf, daß die neue
Qualität selbst nur ein quantitatives Verhältniß ist. Dieß Uebergehen
des Qualitativen und des Quantitativen in einander geht auf dem Boden
ihrer Einheit vor, und der Sinn dieses Processes ist nur das Daseyn, das Zeigen oder Setzen, daß demselben ein solches Substrat zu Grunde liegt, welches ihre Einheit sey.
In
den Reihen selbstständiger Maaßverhältnisse sind die einseitigen
Glieder der Reihen unmittelbare qualitative Etwas, (die specifischen
Schweren, oder die chemische Stoffe, die basischen oder kalischen, die
sauren z. B.), und dann die Neutralisationen derselben, (- worunter
hier auch die Verbindungen von Stoffen verschiedener specifischer
Schwere zu begreiffen sind -) sind selbstständige und selbst
ausschließende Maaßverhältnisse, gegeneinander gleichgültige
Totalitäten fürsichseyenden Daseyns. Nun sind solche Verhältnisse nur
als Knoten eines und desselben Substrats bestimmt. Damit sind die Maaße
und die damit gesetzten Selbstständigkeiten zu Zuständen herabgesetzt. Die Veränderung ist nur Aenderung eines Zustandes und das Uebergehende ist als darin dasselbe bleibend gesetzt.
Um
die Fortbestimmung, welche das Maaß durchloffen hat, zu übersehen, so
fassen sich die Momente derselben so zusammen, daß das Maaß zunächst
die selbst unmittelbare Einheit der
Qualität und der Quantität ist als ein gewöhnliches Quantum, das aber
specifisch ist. Hiermit als nicht auf Anderes, sondern auf sich
beziehende Quantitätsbestimmtheit ist es wesentlich Verhaltniß.
Daher ferner enthält es seine Momente als aufgehobene und ungetrennte
in sich; wie immer in einem Begriffe, ist der Unterschied in demselben
so, daß jedes von dessen Momenten selbst Einheit des Qualitativen und
Quantitativen ist. Dieser hiermit reale Unterschied ergiebt
eine Menge von Maaßverhältnissen die als formelle Totalitäten in sich
selbstständig sind. Die Reihen, welche die Seiten dieser Verhaltnisse
bilden, sind für jedes einzelne Glied, das als einer Seite zugehörig
sich zu der ganzen gegenüberstehenden Reihe verhält, dieselbe konstante
Ordnung. Diese, als bloße Ordnung, noch ganz äußerliche
Einheit, zeigt sich zwar als immanente specificirende Einheit eines
fürsichseyenden Maaßes unterschieden von seinen Specifikationen; aber
das specificirende Princip ist noch nicht der freie Begriff welcher
allein seinen Unterschieden immanente Bestimmung giebt, sondern das
Princip ist zunächst nur Substrat, eine Materie, für deren
Unterschiede, um als Totalitäten, zu seyn, d. i. die Natur des sich
selbst gleich bleibenden Substrats in sich zu haben, nur die äußerliche
quantitative Bestimmung vorhanden ist, die sich als Verschiedenheit der
Qualität zugleich zeigt. Die Maaßbestimmnng ist in dieser Einheit des
Substrats mit sich selbst eine aufgehobene, ihre Qualität ein durch das
Quantum (bestimmter, äußerlicher Zustand. - Dieser Verlauf ist
ebensowohl die realisirende Fortbestimmung des Maaßes, als sie das
Herabsetzen desselben zu einem Momente ist.
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