Exzerpte
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Team |
Peter Heilbronn |
Thema |
Exzerpt zu Abstrakte Zeit und Arbeit bei Moishe Postone
(Konspekt)
|
Original |
Autor |
Moishe Postone |
Titel |
"Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft" |
Quelle |
ca ira - Verlag Freiburg, 2003 |
|
Verweis |
[
Exzerpt ] [
Struktur ] [
Kritik ] [
lokales Original ] [
Info
»
Chris Arthur; Wildcat-Zirkular Nr. 18 - August 1995 - S. 37-41
Ingo Elbe 'Vergesellschaftung von Arbeit durch Arbeit'; rru
'Kritisiere: x Ware A = y Ware B'; Jungle World, Nummer 6 vom 28. Januar 2004
'Zur falschen Überwindung des "traditionellen Marxismus"', Phase 2 11/2004
Robert Schlosser 'Einwände eines Traditionsmarxisten'; trend 06/04
Robert Schlosser 'Über Ontologie und Kritik der Politischen Ökonomie'; trend
06/04
Norbert Trenkle 'Ein Frontalangriff'; Jungle World, Nummer 24 vom 02. Juni
2004
Karl Reitter 'Ein Popanz steht Kopf',Grundrisse 10
Postone 'Welchen Wert hat die Arbeit?', Vortrag am 18. Juli 2000 in Berlin,
Jungle World
]
externes Original
|
Letzte Bearbeitung |
06/2004 |
Home |
http://www.mxks.de
|
I Kritik des traditionellen Marxismus
1 Überlegungen zur Marxschen Kapitalismuskritik
1.1 Einleitung
1.2 Die Krise des traditionellen Marxismus
1.3 Zur Rekonstuktion einer kritischen Theorie der modernen Gesellschaft
1.4 Die Grundrisse: Überlegungen zum Marxschen Verständnis des Kapitalismus und seiner Aufhebung
1.5 Der Wesenskern des Kapitalismus
1.6 Kapitalismus, Arbeit und Herrschaft
1.7 Der Widerspruch des Kapitalismus
1.8 Soziale Bewegungen, Subjektivität und historische Analyse
1.9 Einige Implikationen für die Gegenwart
2. Die Voraussetzungen des traditionellen Marxismus
2.1 Wert und Arbeit
2.2 Ricardo und Marx
2.3 >Arbeit<, Reichtum und gesellschaftliche Konstitution
2.4 Gesellschaftskritik vom Standpunkt der Arbeit
2.5 Arbeit und Totalität: Hegel und Marx
II Zur Rekonstruktion der Marxschen Kritik. Die Ware
4. Abstrakte Arbeit
4.1 Erfordernisse einer kategorialen Interpretation
4.2 Der historisch bestimmte Charakter der Marxschen Kritik
4.3 Historische Besonderheit: Wert und Preis
4.4 Historische Besonderheit und immanente Kritik
4.5 Abstrakte Arbeit
4.6 Abstrakte Arbeit und gesellschaftliche Vermittlung
4.7 Abstrakte Arbeit und Entfremdung
4.8 Abstrakte Arbeit und Fetisch
4.9 Gesellschaftliche Verhältnisse, Arbeit und Natur
4.10 Arbeit und instrumentelles Handeln
4.11 Abstrakte und substantielle Totalität
5. Abstrakte Zeit
5.1 Die Wertgröße
5.2 Abstrakte Zeit und gesellschaftliche Notwendigkeit
5.3 Wert und stofflicher Reichtum
5.4 Abstrakte Zeit
5.5 Formen gesellschaftlicher Vermittlung und des Bewußtseins
III Zur Rekonstruktion der Marxschen Kritik. Das Kapital
8. Die Dialektik von Arbeit und Zeit
8.1 Die immanente Dynamik
8.2 Abstrakte Zeit und historische Zeit
8.3 Die Dialektik von Transformation und Rekonstitution
9. Der Entwicklungsverlauf der Produktion
9.1 Mehrwert und >Wirtschaftswachstum<
9.2 Die Klassen und die Dynamik des Kapitalismus
9.3 Produktion und Verwertung
9.3.1 Kooperation
9.3.2 Manufaktur
9.3.2 Große Industrie
9.4 Substantielle Totalität
9.4.1 Kapital
9.4.2 Das Proletariat
9.2.3 Widerspruch und bestimmte Negation
9.2.4 Formen der Universalität
9.2.5 Die Entwicklung der gesellschaftlichen Teilung der Zeit
9.2.6 Das Reich der Notwendigkeit
10. Abschließende Betrachtungen
Kurzbeschreibung
Exzerpt und Konspekt sind eigentlich
in Hinblick auf die qualitativen Probleme der Wertgröße und
der Grundschemata der Kritischen Kritik ausgearbeitet, umfassten aber im
Lauf der Bearbeitung das gesamte Werk.
Positiv hervozuheben ist Postone, weil er die Probleme von Wesen und
Erscheinung, sowie der Totalität entgegen vielen anderen, explizit
über Marx zentral stellt und entwickelt.
Auch das Problem, die Wertgröße qualitativ zu fassen, nimmt er auf
einzigartige Weise ins Visir, ohne allerdings auf die Vermittlungsbewegung real
existenter Durchschnitte eingehen zu wollen. Aber immerhin bestimmt er die
Wertgröße als mathematisch zu fassende.
Hervorragend ist die konsequente Gegenüberstellung der Reichtumsformen
Wert und
stofflichem Reichtum. Diese basiert nach ihm auf der Erkenntnis, dass
- der Wert in Arbeitszeit gemessen wird und
- der Wert pro Zeiteinheit konstant bleibt.
Nur so versteht man den Widerspruch von
konstanter Wertmenge und
gigantisch wachsender Gebrauchswertmenge als stofflichem Reichtum, als
Grundwiderspruch des Kapitalismus. Obwohl man seinen Zeitbegriff dabei sehr
wohlmeinend interpretieren muss.
Bei ihm werden auch die Grenzen der Kritischen Kritik am deutlichsten, da er die
Grenze virtuos zwischen transhistorischer Dialektik und Marxscher immanenter
Dialektik als Ausdruck der widersprüchlichen Wesenheit des Kapitalismus zieht.
Aber trotz dessen bleibt er in der Immanenz der Denkformen unter die von ihnen
begriffenen gesellschaftlichen Verhältnisse stehen und fragt nicht nach
allgemeinen Bewegungsgesetzen, lehnt diese strikt als metaphysisch ab, an statt
dies als Aufhebung der Metaphysik aufzufassen.
Wesen und Erscheinung sind
zwar objektive Kategorien, aber nur im Kapitalismus, da nur hier die
Arbeit als Wesen der Gesellschaft gilt und sie als Vermittlung
konstituiert. Somit ist die Dialektik selbst ein Kind des Kapitalismus auf Grund
dessen Widersprüchlichkeit in seinem Wesen - der Arbeit - im Doppelcharakter.
Sonst ist die Gesellschaft bestimmt durch eine transparente Beziehungsmatrix.
Nicht die Klassen- oder Eigentumsverhältnisse sind das Bestimmende, sondern die
Form der Arbeit.
Wenn Postone überall, wo er 'Arbeit' sagt und selbige im Kapitalismus meint,
'Lohnarbeit' sagen würde, dann wären seine Argumentationen größtenteils
überflüssig, weil dann der Unterschied zwischen Form und Inhalt der Arbeit klar
zutage treten würde. Ärgerlich ist, dass er, wie auch Heinrich, die richtige
Kritik an den bürgerlichen Auffassungen rezitiert und sie als Kritik seines
definierten "traditionellen Marxismus" ausgibt, aber gar keine wirkliche
Auseinandersetzung mit diesem führt, sondern nur scheinbar, an der Oberfläche
der eigenen Setzungen verbleibend.
So verbleibt er beim Betonen des historisch Spezifischen, Doppelcharakter der
Arbeit, hebt dabei aber so
manchen Schatz, gerade bezüglich der Erkenntnistheorie, Praxisform und
Totalitätszugriff. Aber an der entscheidenden Stelle wird das transhistorische
Argument des 'Kugelmannbriefes' herumgedreht.
Zu stellende kritische Fragen
- Zeit ist nur im Kap. vorherrschende und operable Form von Reichtum
materialisiert in Geld. Also ist Geld in den Händen des Kap. Zeit als Anweisung
und Kommando über fremde Arbeit(szeit)?
- Das Überhistorische am Wert ist eine bestimmte Form der Zeit?
- Die Produktion um der Produktion willen ist realer Schein, es bleibt
substanziell und inhaltlich nicht die Wertseite, sondern die stoffliche
Reproduktion der Gesamtgesellschaft?
I Kritik des traditionellen Marxismus
(»
E)
I 1 Überlegungen zur Marxschen Kapitalismuskritik
(»
E)
1.1 Einleitung
(»
E)
Es geht M.P. um eine
Neuinterpretation der Kategorien der Kr.d.pol.Ök.
als
kritischer Theorie (der Moderne selbst) und der
- Kritik an sozalwiss. Dichotomie: Struktur und Handlung,
- Kritik am Realsozialismus und
- traditionellem Marxismus.
Es hebt immer wieder das
historisch Spezifische der Kategorien,
Vermittlungen,
der gesellschaftlichen Zusammenhänge hervor und stellt sie einer
transhistorischen Sicht gegenüber, die er auch dem traditionellen Marxismus
bescheinigt. Dies betrifft insbesondere die Kategorie
Arbeit, welche er
bei Marx als nicht transhistorische findet. Arbeit ist vielmehr eine spezifisch
kapitalistische
Form der gesellschaftlichen Vermittlung quasi-objektiver
Art. Dieses begründet sich im Doppelcharakter der Arbeit.
Aber auch die Marxsche Theorie ist selbst als kritische Theorie historisch
bedingt und somit
historisch bedingt anwendbar und bietet keine
transhistorischen Kategorien.
Gegenüber dem "traditionellen Marxismus" versucht Postone die Kritische Theorie
von Marx Spätwerk zu rekonstruieren und begrifflich quasi hinter die
Argumentation des "traditionellen Marxismus" zu gelangen. Er zeigt dessen
Erfassung der Charakteristika des Kapitalismus als zu kurz auf und ihr
stellt ihr seine eigene entgegen.
Im Zentrum steht die basale Rolle der Arbeit im Kapitalismus als historisch
spezifischer Form der gesellschaftlichen Vermittlung, welche alle entscheidenden
zu kritisierenden Formen konstituiert. Klasse und Privateigentum an
Produktionsmitteln sind so nur sekundäre Charakteristika des Kapitalismus.
Man wird sehen, dass es Postone darum zu tun ist darzustellen, dass es bei der
Aufhebung des Kapitalismus um eine >Befreiung< von der Arbeit geht. Dies
ist schon durch die Industrialisierung im Kapitalismus technisch organisatorisch
angelegt und drückt sich im quantitativen Widerspruch der
Reichtumsformen stofflicher und wertförmiger Reichtum aus. Diese
Unterscheidung der Reichtumsformen wird Dreh und Angelpunkt der Argumentation.
Dieser Verlust der Wichtigkeit der "unmittelbaren menschlichen Arbeit", die so
nicht mehr Quelle des Reichtums in allen Gesellschaftsordnungen ist, ist also
durch den Kapitalismus entwickelt, in seiner spezifischen Dynamik durch die
Mehrwertproduktion. Aber durch die Wertförmigkeit wird der Reichtum in dieser
überholten Form fixiert, wie auch die unmittelbar menschliche Arbeit als
sein überholtes Maß.
Dies begründet, warum jedes Ausgehen vom Standpunkt der Arbeit aus, also dem
"traditionellen Marxismus", in die Irre gehen muß und unweigerlich in den
Realsozialismus ideologisch wie praktisch münden muß. Hier sieht Postone
keine andere Möglichkeit. Privateigentum und Klassenbeziehungen sind
nicht das entscheidende, sondern die besondere Rolle der Arbeit, die es so aber
nur im Kapitalismus gibt. Jedes Ausgehen von der transhistorischen Rolle der
Arbeit als Reichtumsquelle geht so ebensfalls fehl.
Das gleiche gilt als für das Proletariat, welches als immanentem
Bestandteil des Kapitals keine Rolle als revolutionäres Subjekt zukommt.
Im Fokus seiner Begrifflichkeiten befindet sich die durch die Warenform
konstituierte quasi-objektive und abstrakte Herrschaft, sowie
die richtungsgebundene Dynamik des Kapitalismus. Diese Aspekte kann man
seiner Meinung nach mit den traditionellen Deutungsmustern nicht erfassen.
Die Praxis (Arbeit im Kapitalismus) strukturiert das Handeln quasi-objektiv und
schafft eine besondere Form der Vermittlung auch zwischen Subjekt und
Objekt.
Hiermit möchte M.P. die Dichotomie dieser Begriffe aufheben.
{
Diese Striktheit wird im Teil III teilweise korrigiert und die transhistorischen
Bestimmungen der Arbeit als Stoffwechsel notwendig betrachtet. Diese Speerspitze
und Betonung des historisch Bedingten
gegen den "traditionellen Marxismus" läßt sich ohne Verluste nicht durchhalten.
(d.V.)}
Andererseits will er aufzeigen, dass die Struktur des Kapitalismus selbst die
Möglichkeit ihrer Aufhebung, Abschaffung, Überwindung in sich trägt,
folgend
aus der Logik der Marxschen Theorie.
{
Über das quasi-objektive wird noch zu reden sein.
(d.V.)}
Postone scheidet also grundsätzlich
- traditionellen Marxismus mit
-
transhistorischer Auffassung von Arbeit,
Arbeit als Standpunkt der Kritik,
- ebenso, dass Klassenbeziehungen oder
-
Privateigentum an Produktionsmitteln (PE an PM) und
- Vermittlung über den Markt das Wesentliche des
Kapitalismus darstellen und
- seine eigene kritische Theorie,
historisch spezifische Sicht der Arbeit, die die Arbeit
zum Gegenstand der Kritik hat und ihr eine besondere vermittelde
Rolle zuschreibt, die alle anderen Formen des Kapitalismus konstituiert.
Er versucht also zu zeigen, dass sich alle Formen, die der "traditionelle"
Marxismus als das Wesentliche am Kapitalismus darstellt, nur das Wesentliche
verdecken und nicht die Tiefenstruktur des Kapitalismus erkennen können.
Das Wesentliche ist die besondere und einzigartige Rolle der Arbeit im
Kapitalismus.
{
Diese Scheidung, wiewohl er ihre Dualität mit ihrer Grundsätzlichlichkeit zu
begründen sucht, ist meines Erachtens dualistisch und verbaut jede
alternative Denkmöglichkeit aus dem von ihm "traditionell" genannten Ansätzen.
(d.V.)}
|
[Die zwei Formen des Marxismus]
|
Das Problem, was M.P. damit hat ist, dass angeblich mit der traditionellen
Argumentation der real existierende Sozialismus mit Marx begründbar ist.
Deswegen muß er diese als zu kurz greifend zeigen.
"
Die historische Negation des Kapitalismus wird also vornehmlich in einer
Gesellschaft als verwirklicht angesehen, in der die Beherrschung und Ausbeutung
einer Klasse über eine andere überwunden sind.
"
(S. 28)
|
[Realer Sozialismus ist nicht bestimmte Negation des Kapitalismus]
|
{
Mit dieser harten Unterscheidung verbaut er sich gerade die Vermittlung der
beiden Momente der Arbeit, historische spezifische Form der Arbeit -
Lohnarbeit
im Kapitalismus - und transhistorischer Inhalt - Bildnerin der
Gebrauchswerte. Dieses Form-Inhalts-Problem wird uns nun die ganze Zeit
begleiten und es ist interessant, wie Postone das Transhistorische wieder
hineinholen wird.
Es ginge gerade darum die Vermittlungen zwischen Form und Inhalt zu entfalten
und damit sowohl den "traditionellen" Marxismus, als auch seinen kritischen
Kritikerwiderpart zu relativieren. Z.B. könnte man zeigen, dass die Form der
Lohnarbeit auf ihren Inhalt übergreift - Produktion an der
Gebrauchswertschwelle, also Produktion von Müll - und damit den
transhistorischen Inhalt teilweise sogar aufhebt.
Wenigstens geht es Postone nicht um eine "Kritik der Arbeit" als solcher, was
heute en vogue ist, sondern um Arbeit im Kapitalismus.
Aber er spricht immer
von der Form, aber selten von der Form der Arbeit und nie ihrem Inhalt
gegenüber. Das Wort 'Inhalt' kommt im Gegensatz zu 'Form' nicht vor. Doch was
ist das dann für eine Dialektik.
(d.V.)}
Er will zeigen, dass die Herrschaftsformen als Klassenbeziehungen nicht
adäquat zu verstehen seinen, sondern diese in der besonderen Vermittlungsrolle
der Arbeit im Kapitalismus begründet sind, durch diese Arbeit
konstituiert sind. Arbeit ist nicht die Quelle des Reichtum in allen
Gesellschaften behauptet Postone. Marx sagt
ganz klar, dass die menschliche Arbeit und die Natur die überhistorischen
Reichtumsquellen sind, sowohl des stofflichen, wie auch des wertförmigen
Reichtums als Kapital. Dies ist ein schwerwiegender Widerspruch für mich.
{
Später wird er zeigen wollen, dass durch die gesteigerte Produktivtät und
anderes, die Rolle der konkreten Arbeit immer kleiner wird bei der
"unmittelbaren Produktion", dass also die Arbeit immer unwichtiger wird.
Die Arbeit wird infolge auch alle anderen "traditionellen" Deutungsraster
aufheben z.B. das Privateigentum an Produktionsmitteln als wichtigsten Grund der
Kapitalverhältnisse. Das wird bei der Aufhebung des Kapitals bei M.P. noch eine
gewichtige Rolle spielen.
(d.V.)}
1.2 Die Krise des traditionellen Marxismus
(»
E)
Traditionell wird Arbeit transhistorisch als der Stoffwechsel des Menschen mit
der Natur begriffen und Arbeit würde in allen Gesellschaften den Reichtum
schaffen.
{
Siehe nur Kapital Band I, das wird Arbeit genau so bestimmt, nur ihre
historischen Formen wandeln sich ständig. Es wird interessant sein zu sehen, wer
sonst den Reichtum schafft, wenn nicht die menschliche Arbeit. Bemerkt werden
sollte, dass die Maschinen auch vergegenständlichte menschliche Arbeit ist und
Marx gerade zeigt, dass nur die menschliche Arbeit - in besonderer Form - den
Wert schafft.
Mein zentraler Kritikpunkt liegt darin, dass M.P. zwar zu Recht den
Staatssozialismus kritisiert, aber einseitig alle seine Vorstellungen ablehnt
und sie durch seinen Arbeitsbegriff ersetzen will, ohne zu untersuchen, in wie
weit der
- Realsozialismus den traditionellen Vorstellungen überhaupt entspricht
(Theorie//Praxis) und
- wieweit sich andere Denkmöglichkeiten aus den von ihm traditionell
genannten Mustern ergeben können. Hier hake ich mich sozusagen ein.
Er schüttet das Kind mit dem Bade aus. Postone gleicht hier den
Kritikern, die die Planwirtschaft wegen Mißlingen einer konkreten historischen
Form in Gänze ablehnen.
(d.V.)}
Eine solche Kritik ist für Postone nur eine Kritik an der Distribution, dass
heißt, eine solche Aufhebung zielt nur auf eine gerechtere Verteilung bei
Beibehaltung der Form der Produktion. Das ist aber genau der Realsozialismus mit
Beibehaltung von Lohnarbeit, Geld, Lohnpyramide, statischer Teillung der
Arbeit,... Postone beschränkt also jedwede traditionelle
Marxinterpretation absolut auf eine solche Form der "Aufhebung" des
Kapitalismus - Privateigentum - mittels Staatseigentum an den
Produktionsmitteln.
|
[Traditioneller Marxismus führt IMMER zu Realsozialismus]
|
So würde denn auch Industrieproduktion als vom Kapitalismus unabhängig
funktionierend gedacht, nur die Distributionsweise als gerechtere wäre zu
ändern. Eine Kritik der Produktionsweise selbst, also auch ihrer Form als im
Kapitalismus konstituierter Industrieproduktion zur Mehrwertproduktion nach
der richtungsgebundenen Dynamik, wie bei Marx, unterbleibt.
Es geht also um eine
-
Industrieproduktion ohne Privateigentum an Produktionsmitteln, also
nur andere Distribution,
-
Befreiung, Entfaltung und Verwirklichung der Arbeit,
- das Proletariat kommt als Klassen im Sozialismus zu sich.
|
[Industrieproduktion und Sozialismus]
|
{
Es hat M.P. uneingeschränkt recht und ich teile seine Kritik vollständig an
technokratischen oder staatssozialistischen in Ideologeme übergehenden
Vorstellungen und Praxen. Es gilt die Art und Weise der Produktion, also ihre
konkrete historische Form zu kritisieren, also auch die
Industrieproduktion nicht als "Wert an sich" zu betrachten. Aber in Teil III
wird Postone selbst darauf eingehen, dass im Übergang die Industrieproduktion
bzw. Teilung der Arbeit und technologischer, wissenschaftlicher Fortschritt in
der Aufhebung selbst aufgehoben, also transformiert werden.
Desweiteren begreift er das Proletariat nicht als Klasse im Werden, bzw.
alle mit dem Übergang verbundenen Kategorien als Kategorien im Werden.
Dann könnte er den Widerspruch des Proletariats als immanente und doch
aufhebende Klassen nicht als unvermittelten Widerspruch stehen lasse. Vielmehr
würde er erkennen, dass das Proletariat einen Wandlungsprozess, zb im Prozess
der Revolution, durchschreitet. Dies konstituiert an Hand der revolutionären
Praxisformen neue Bewußtseinsformen und umgekehrt, welches bedeutet, dass das
Proletariat sich als Klasse beginnt aufzuheben und sich somit wahrlich
praktisch universalisiert und seine Rolle und Stellung in der Gesellschaft und
somit auch seine Klasse selbst verändert.
(d.V.)}
|
[Aufhebung und Universalisierung des Proletariats]
|
Von ihrem Standpunkt aus kann die traditionelle Theorie nach Postone weder den
Realsozialismus noch den staatsinterventionistischen Kapitalismus wirklich
genügend analysieren.
{
Auch das glaube ich, ist nicht richtig. Man kann sehr wohl zb die in beiden
Gesellschaftsformen vorhandene Klassenstruktur und Klassenherrschaft
diagnostizieren. Im Staatssozialismus ist das eine Bourgeoisie im Werden und im
Kapitalismus halt eine wirkliche Bourgeoisie, welche die direkten Produzenten -
auch Proletariat genannt - von der Leitung und Planung der Produktion
ausschließt. So würde ich auch die Sowjetunion sowohl als Staatssozialismus wie
auch als Staatskapitalismus bezeichnen, weil beides die Widersprüchlichkeit
dieses Zustandes, eines im Übergang steckengebliebenen Landes, ausdrückt.
(Hier könnte man bei Trotzki 'Die verratene Revolution', u.ä., einholen.)
(d.V.)}
Aber auch, dass durch den wissenschaftlich-technischen Fortschritt die
menschliche Arbeit immer mehr aufhört Quelle des Reichtums zu sein, würde
einer
Theorie, welche ihren Standpunkt in eben jener Arbeit hat, den Boden entziehen.
{
An dieser Stelle wird es meines Erachtens schwierig, weil plötzlich das
passiert, was er dem traditionellen Marxismus vorwirft. Die Entwicklung der
technischen Qualität der Produktion wird zum Argument gegen die Qualität der
menschlichen Arbeit. Dabei ist diese im übrigen ständige Veränderung der
Produktivität der Arbeit selbst Teil dieser Arbeit, also auch ihr Inhalt,
Resultat und Folge gleichzeitig. Somit wird zwar in der Tendenz die menschliche
Arbeit immer mehr neben den Produktionsprozess treten (Marx), aber trotzdessen
bleibt sie die Quelle des Reichtums, neben der Natur zb (siehe hierzu Marx
'Kritik am Gothaer Programm'). Es verändert sich die Form der Arbeit, aber
nicht ihre Bedeutung im Produktionsprozess als erste Produktivkraft.
(d.V.)}
|
[Form versus Bedeutung der Arbeit]
|
{
Dies erinnert ein bisschen an moderne bürgerliche Theorien vom Verschwinden der
Arbeit, immaterielle Arbeit oder auch Hypertech-Kapitalismus oder der sonstigen
Hülsen mehr. Aber eben nicht Europa, sondern die Welt betrachtet, nimmt heute
sogar die einfache Handarbeit absolut zu (siehe China).
(d.V.)}
|
[Einfache Handarbeit nimmt weltweit zu]
|
Ein weiteres, was M.P. moniert, ist das Auftreten
"nicht-klassengebundener sozialer Identitäten (Geschlecht oder
ethnischer Zugehörigkeit zum Beispiel)" und es "erscheint der traditionelle
Marxismus zunehmend anachronistisch."(S.34)
{
Hier wäre auch die Frage angebracht, ob nicht eine Klassenanalyse wichtig wäre,
um festzustellen, ob diese neuen Identitäten auch wirklich die Struktur der
Gesellschaft wesentlich verändern bezüglich des Kapitalverhältnisses. Ich
fürchte, das tun sie nicht, Lohnabhängiger bleibt Lohnabhängiger, wie er auch
sein Kleidchen verändern und sich selbst nennen und fühlen möchte.
Der Austausch
von Blaumann oder Weißkittel gegen Jeans und T-Shirt ist nicht Ausdruck der
Veränderung ökonomischer Grundbestimmungen, sondern nur Veränderungen in der
Form. Oder es müsste von Postone nachgewiesen werden, dass der Kapitalismus sich
wesentlich verändert, wie dies zum Beispiel all die New-Economy-Fritzen das
getan haben. Das will M.P. aber auch gar nicht behaupten, sondern spricht nur
von
einer tiefgreifenden Transformation des Kapitalismus. Aber er versucht natürlich
das Klassenverhältnis als wesentliches für den Kapitalismus loszuwerden.
(d.V.)}
|
[Sozialverhalten oder Klassenzugehörigkeit?]
|
Die Krise des staatsinterventionistischen Kapitalismus und die
tiefgreifende Transformation des Kapitalismus ist gleichbedeutend mit der Krise
des traditionellen Marxismus. Dieser wird nicht nur
- immer mehr abgelehnt, da er die neuen Bewegungen in ihren
Bedürfnissen
nicht erfaßt,
- sondern kann diese Veränderungen auch nicht mehr kategorial erfassen
und
- zeigt so seine Unfähigkeit, das Wesentliche, den Kern des Kapitalimus
zu erkennen, womit auch
-
seine Lösung nicht mehr plausibel erscheint.
|
[Krise des traditionellen Marxismus]
|
1.3 Zur Rekonstuktion einer kritischen Theorie der modernen Gesellschaft
(»
E)
So ist es nach der diagnostizierten Krise der traditionellen Marxistischen
Kritik notwendig, eine Rekonstruktion der kritischen Theorie bei Marx
anzustoßen. Es geht darum, die Verkürzungen der alten Theorien zu
überwinden und an z.B. Georg Lukács kritisch anzuschließen. Aber auch die
Kritische Theorie hielt am traditionellen historischen Arbeitsbegriff fest und
konnte darum bestimmte Ansichten nicht überwinden.
Diese neue Theorie beinhaltet:
-
historische Konstitution gesellschaftlicher Objektivität und
Subjektivität
-
selbstreflexives Begreifen des Zusammenhanges Theorie und
Gesellschaft, historisch im Kontext der kapitalistischen Gesellschaft
- Kapitalismus als abstrakte Herrschaftsform aus dem besonderen
Charakter der Arbeit im Kapitalismus
- Arbeiterklasse als integraler Bestandteil des Kapitalismus
un nicht seine Negation
- stellt den Entfremdungsbegriff in den Mittelpunkt der Kritik
|
[Neue kritische Theorie notwendig zu rekonstruieren]
|
Die Marxsche Kritik ist zwar auch eine Kritik von Privateigentum,
Markt,... aber er geht nicht vom Standpunkt der Arbeit aus. Hier schließt also
Postone an. Dabei ist die Marxsche Theorie nach Postone weder
produktivistisch, noch bejaht sie eine transhistorische
Geschichtslogik. Es wird nur eine besondere Geschichtslogik zugestanden,
welche in die Geschichte projiziert wird.
1.4 Die Grundrisse: Überlegungen zum Marxschen Verständnis des Kapitalismus und seiner Aufhebung
(»
E)
Nach Postone sind in den 'Grundrissen' die Strukturen der Argumentation bei Marx
noch offensichtlicher, da sie noch nicht in der Form der immanenten Kritik
verschlüsselt sind. Es geht ihm darum zu zeigen, dass der
Grundwiderspruch im
Kapitalismus nicht der zwischen Industrieproduktion und Privateigentum und Markt
ist.
|
[Grundwiderspruch]
|
Desweiteren ist die Frage, warum ist Arbeit der Ausgangspunkt der Marxschen
Betrachtung. Dies ist nach Postone nicht mit dem Hinweis auf die basale Rolle
der Arbeit erledigt, wie z.B. die Sprache solch eine Rolle ebenfalls innehat.
|
[Warum die Arbeit?]
|
{
Die Arbeit ist nach meinem Dafürhalten deshalb zentral, weil sie als
Praxisform der Berührungspunkt von Subjekt und Objekt ist, welcher gerade aus
dem Sein das Bewußtsein formt, um diese Seite zu betonen. Aus der Sprache
läßt sich die Arbeit nicht konstituieren, wohl aber aus der Arbeit die
Sprache, deren Mittel sie zuerst ist.
Um dem Mechanizismusvorwurf zu begegnen ist klar, dass Sprache eigenen
Gesetzmäßigkeiten unterliegt und auch eine gewisse Freiheit und Eigenbewegung
besitzt. Dies löst sie aber keinesfalls aus der Bestimmtheit ihrer selbst aus
den materiellen Bedingungen, wie sie diese ihrerseits gerade nicht bestimmt.
Arbeit ist so gesehen das übergreifende und die Sprache das, was
einbegriffen ist und bestimmt wird.
(d.V.)}
|
[Arbeit und Sprache]
|
Der Widerspruch zwischen Produktivkräften und
Produktionsverhältnissen ist nach Marx keiner zwischen Produktion und
Distribution.
{
Für Postone ist keine Argumentationsweise möglich, die aus der "traditionellen"
Linie folgt, als diese, die er angibt. Hier macht sich sein dualistisches
Vorgehen als Ausschluß des Dritten bemerkbar, welches ihn seinen Widerpart
auf den Realsozialismus fixieren läßt. Wie z.B. die Rätekommunisten (z.B.
Mattick) in dieses Bild passen, wäre noch zu zeigen.
(d.V.)}
Es geht um die Aufhebung der Produktionsweise selbst und nicht nur der
Distribution.
{
Wieder könnte Form und Inhalt zu scheiden weiterhelfen. Zwar wird im Übergang
die Industrieproduktion, wie sie da ist, erhalten bleiben. Aber zwar bleibt die
alte technisch-organistatorische Form, aber ihr Inhalt ist nicht mehr
auf die Mehrwertproduktion gerichtet,
bzw. wird von ihr überformend konstituiert. Der neue Inhalt, den Postone zurecht
hervorhebt, der eigentlich der historisch ursprüngliche ist, der Gebrauchswert,
wird wieder der unmittelbare Inhalt der Produktion in der Form der
Industrie.
Man sieht, wie diese einfache dialektische Scheidung hilft, die sonst sperrige
Argumentation dem Fluß des zu erfassenden realen Überganges anzupassen. Aber
selbstverständlich wird sich die Form der Industrie mit der Zeit dem neuen alten
Inhalt anpassen und sie wird großflächig, so die Resourcen und der Wille da
sind, transformiert werden.
Im übrigen ist klar, dass der Gebrauchswert, bzw. synonym die stoffliche
Rerproduktion der Gesamtgesellschaft mittelbar oder unmittelbar immer,
also verbotenermaßen transhistorisch, der Inhalt der Produktion ist.
(d.V.)}
1.5 Der Wesenskern des Kapitalismus
(»
E)
Der Wert konstituiert die Grundlage des Kapitalismus. Postone betont,
dass der
Wert nicht nur eine Kategorie der Distribution oder des Austausches ist, sondern
einer der Produktion. Er ist eine Reichtumsform, welche aber an die
Verausgabung von menschlicher Arbeit gebunden bleibt und so im Laufe der
Entwicklung eine Spannung erzeugt zum stofflichen Reichtum. D.h. die
Menge der Arbeitszeit als Wertbestimmung tritt in Widerspruch zur Menge der in
dieser Zeit geschaffenen stofflichen Reichtumsmenge, welche also in Arbeitszeit
gemessen werden muß. Dieses Auseinanderklaffen zeigt das Anachronistische
des Wertes.
Postone setzt der Existenz einer transhistorischen Form von Reichtum (wiewohl
sie als stofflicher Reichtum offensichtlich und handgreiflich existiert) die
für den Kapitalismus spezifische Form des Werts gegenüber.
|
[Bestimmungen zum Wert]
|
Das Potential des Reichtums, was über den Wert geschaffen worden ist, beinhaltet
die Möglichkeit des Aufhebens des Wertes. Nach Postone bedeutet dies, dass
- die Produktionweise aufgehoben werden muß,
- Arbeitszeit aufhört Maß des Reichtums zu sein und
- Reichtum wird nicht mehr in erster Linie durch
menschliche Arbeit in Produktionsprozess erzeugt.
- Es kommt zu einer grundlegende Transformation der materiellen Form
der Produktion.
|
[Aufhebung des Werts]
|
{
Das letzte Argument wird er noch weidlich ausdehnen in Richtung "Verschwinden"
der Arbeit.
(d.V.)}
Die "traditionelle" Kritik würde sich in einer der Distribution erschöpfen,
während Marx auch die Produktion als vom Wert geprägt und damit aufzuheben sei.
Mit der Aufhebung der Lohnarbeit ist
- Aufhebung des Verteilungssystems Konsumgüter gegen Lohn und
- Aufhebung des Produktionssytems, welches auf
proletarischer Arbeit beruht, "die Aufhebung der durch das Proletariat
verrichteten konkreten Arbeit"
|
[Aufhebung der Lohnarbeit]
|
{
D'accord.
Zwar hat M.P. vollkommen recht, dass die Produktionsform der Industrie durch den
Wert geformt sind, aber die Eigenschaft der Produktivität ist trotzdessen für
den Kommunismus entscheidend, für Postone selbst bei der Abschaffung der Arbeit
als unmittelbaren Reichtumsfaktor noch mehr, als bei mir. Darauf geht er auch
noch in folge ein. Die Frage ist nämlich, wie verläuft die Aufhebung der
materiellen Produktion konkreter. Da wird es bei den meisten Autoren sehr dünn.
(d.V.)}
Postone sieht den Widerspruch zwischen PK und PV in dem was ist in der
Produktion und was an Potential gegeben ist, also was sein könnte.
|
[Widerspruch PK und PV nach Postone, was ist - was könnte]
|
1.6 Kapitalismus, Arbeit und Herrschaft
(»
E)
Die für den Kapitalismus charakteristischen Verkehrsformen werden
- von der Arbeit im Kapitalismus konstituiert aber
- gehen nicht vollständig in den Klassenbeziehungen auf.
So unterscheidet er die klassenzentrierte und die kategoriale Kritik des
Kapitalismus.
{
In diesem "vollständig" steckt die crux seiner gesamten Argumentation. Was soll
hier schon vollständig heißen? Alleine schon wieder die dichotomische
Gegenüberstellung beider Kritiken in ihrer Unvermitteltheit läßt jedwede
dialektische Vorgehensweise außen vor. Dieser wäre es darum zu tun, die
Zusammenhänge zwischen den beiden Kritiken zu beleuchten. Aber genau darum geht
es M.P. nicht, weil herauskommen würde, dass beide Arten der Kritik sich nicht
notwendig widersprechen.
Auch seine Ausdifferenzierung der verschiedenen
Herrschaftsanalysen überdeckt, dass es immer Menschen sind, die über
Menschen herrschen, die Natur kann nicht herrschen, dies ist nur einem
handelnden zwecksetzenden Subjekt möglich. Dies ist also das Wesentliche.
Aber die Erscheinungsform der Herrschaft im Kapitalismus ist eben die von
Postone erkannte.
Der zu konstatierende Zusammenhang zwischen 'Herrschaft von Menschen über
Menschen' und 'Herrschaft abstrakter Struktur' ist gerade der von Wesen und
Erscheinung und somit kein unvermittelter Widerspruch.
Die Ursache wird zu Wirkung. Die gesellschaftliche Struktur ergibt sich aus den
Eigentumsverhältnissen welcher die Form der Arbeit zugehörig ist, gehören doch
den meisten nur ihre Arbeitskraft und so sind sie auf Lohn, also Lohnarbeit,
angewiesen, ihr Dasei zu fristen. Andersherum sieht er in der Art zu Arbeiten
die Ursache des Privateigentums und stützt sich dabei auf die 'Pariser
Manuskripte'.
(d.V.)}
Herrschaft im Kapitalismus ist
- nicht die Herrschaft von Menschen über Menschen, sondern
-
abstrakter von Menschen konstituierter Strukturen.
Aber zurecht betont M.P., dass die Geschichte von Marx als gesellschaftlich
konstituierte zu sehen ist, welche ihre eigene Entwicklungslogik besitzt und
dass sich Marx Kritk nicht in der der Ausbeutung als solcher erschöpft. Die
Negation des Kapitalismus umfasst das
- Abschaffen dieser abstrakten Form der
Herrschaft ebenso,
- wie die der kapitalistischen Industrieproduktion.
Die Organisation der Arbeit selbst muß also revolutioniert werden.
So wird der Gegensatz Individuum//Gesellschaft so aufgehoben, dass die
Möglichkeit jedes Individuums zur allseitigen Entfaltung Wirklichkeit
wird. Dies in Absetzung gegen "Kollektivistische" Vorstellungen der Unterordnung
unter ein "Übersubjekt" oder "Meta-Apparat".
"
Die Marxsche Auffassung, daß »die Arbeitermasse ihre Surplusarbeit sich aneignen
muß« (MEW 42, 604) impliziert somit einen Prozeß der Selbstabschaffung, der
sich als Prozeß materieller Selbstverwandlung vollzieht. Statt der
Verwirklichung des Proletariats verlangt die Aufhebung des Kapitalismus
die
materielle Abschaffung der proletarischen Arbeit. Die Emanzipation der
Arbeit
erfordert die Emanzipation von (entfremdeter) Arbeit.
...
Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, daß Marx sich die Negation dieser Form
der Produktion als eine Gesellschaftsformation vorstellte, in der
gesellschaftliche Produktion zum Zweck der Konsumtion stattfindet und die Arbeit
des Individuums dermaßen befriedigend ist, daß sie um ihrer selbst willen
ausgeübt wird.
"
(S. 66)
|
[Selbstabschaffung des Proletariats - materielle Selbstverwaltung - befriedigende Arbeit um ihrer selbst willen]
|
{
An dieser Stelle ist M.P. vollständig zuzustimmen, es geht um die
Selbstabschaffung des Proletariats und dies in materieller
Selbstverwaltung. Hier legt aber Postone eine
Interpretation nahe, die wieder Form und konkreten Inhalt vermengt. Es klingt,
als könne die proletarische Arbeit abgeschafft werden, wenn der Arbeiter nur
noch nicht mehr als unmittelbarer Produzent sich neben den Produktionsprozess
stellen können.
(d.V.)}
1.7 Der Widerspruch des Kapitalismus
(»
E)
Postone erkennt, dass es keine absolute Freiheit geben kann, da jede
Gesellschaft gewisser Formen der Arbeit bedarf. Aber trotzdessen kann es wohl
eine Freiheit von der abstrakten Herrschaft geben.
|
[Absolute und relative Freiheit - Transhistorisches]
|
Aber seine dichotomische Betrachtungsweise gegenüber dem, was er als
traditionelle Sichtweise bezeichnet zieht sich auch hier durch. Die
Produktionsverhältnisse würden allein als "Ausdruck der Distributionsweise
verstanden", welches als solches natürlich verkürzt ist und auch nach meiner
Einschätzung nicht der Marxschen Intention nahekommt.
Die industrielle Produktionsweise ist für den Kapitalismus charakteristisch und
weist nicht über diesen hinaus. Der Grundwiderspruch liegt innerhalb des
Produktionssphäre selbst und umfaßt die sozialen Verhältnisse. Der
Grundwiderspruch im Kapitalismus ist also
-
nicht der zwischen Privateigentum und gesellschaftlicher
Produktion, sondern
- zwischen dem was möglich wäre und dem was im Kapitalismus ist.
|
[Grundwiderspruch]
|
{
Dieser Widerspruch ist aber in seiner abstrakten Struktur für alles gültig. Auch
im Feudalismus stand der Widerspruch zwischen den Möglichkeiten des Kapitalismus
gegenüber den Zunftformen und dem Feudalsystem. Hier ließe sich ganz einfach
zeigen, dass Postone, ohne es zu wollen, zeigt, dass die Geschichte die
Geschichte der Klassenkämpfe(Marx) ist. Im Schoße der alten entwickelt
sich die neue Gesellschaft(Marx) und ist so in nuce, in verkehrter Form(Marx)
vorhanden.
(d.V.)}
"
Mit dem Hinweis, daß das Potential des im Kapitalismus entwickelten
Produktionssystems zur Aufhebung dieses Systems selbst genutzt werden
könnte,
überwindet die Marxsche Analyse den Gegensatz dieser Perspektiven und zeigt, daß
eine jede von ihnen einen Teilaspekt der komplexeren geschichtlichen Entwicklung
für das Ganze nimmt. Der Gegensatz zwischen dem Glauben an einen linearen
Fortschritt einerseits und seiner romantischen Zurückweisung andererseits ist
Marx zufolge als Ausdruck einer historischen Antinomie zu begreifen, die, nach
beiden ihrer Seiten hin, für die kapitalistische Epoche charakteristisch
ist. (MEW 23,451 f.; 668ff.) Seine kritische Theorie plädiert weder für die
einfache Erhaltung noch für die Abschaffung dessen, was geschichtlich im
Kapitalismus konstituiert wurde. Vielmehr verweist sie auf die
Möglichkeit, daß
das in entfremdeter Form Konstituierte angeeignet und dabei grundlegend
umgestaltet werden kann.
"
[Herv. v. P.H.] (S. 71)
|
[Kapitalistisches Produktionssystem kann zu eigenen Aufhebung genutzt werden]
|
Das die Kapitalistisches Produktionssystem zur eigenen
Aufhebung genutzt werden kann, damit hebt Marx sowohl Romantizismus als auch
linearen Determinismus in der Vorstellung auf. Aber, das Produktionssystem
selbst wird vollständig umgestaltet werden müssen und kann dies der Möglichkeit
nach auch.
1.8 Soziale Bewegungen, Subjektivität und historische Analyse
(»
E)
Das Proletariat ist dem Kapitalismus immanent und eine wichtiges Moment seiner
Dynamik. Aber deshalb kann proletarische Arbeit niemals Grundlage der
möglichen Negation des Kapitalismus sein. Der Grundwiderspruch ist zwischen der
Form der Arbeit im Kapitalismus und der Möglichkeit jenseits dessen.
|
[Rolle des Proletariats - Kapitalimmanenz]
|
{
Das ist auch wieder zu grob, denn der Möglichkeiten gibt es auch real viele, bis
zur neuen Barbarei(Lukács).
(d.V.)}
Wenn also das Proletariat nicht das revolutionäre Subjekt ist, wie M.P.
behauptet,
so müssen wir uns auf die Suche nach diesem begeben und die Frage stellen,
Wer dann?.
{
Das sich das Proletariat nicht im Sozialismus zu verwirklichen habe könnte aber
gefasst werden, dass das Proletariat ebenfalls im Widerspruch zu seiner jetzigen
Form steht und der Möglichkeit der Emanzipation. So gefaßt, ist das
Proletariat revolutionär, oder es ist nichts.(Marx) Ich würde es wie den
Staat oder die Industrie als Übergangskategorien betrachte, welche wie real die
kapitalistische Gesellschaft, den Keim ihrer eigenen Aufhebung konkret angebbar
in sich tragen. Das Proletariat ist nun mal der unmittelbare Produzent, der
Wirklichkeit gewordene gesellschaftliche Gesamtarbeiter. Also solches
kann es nicht abgeschafft werden, genausowenig wie die Arbeit selbst oder
die Ökonomie der Zeit.(Marx, Kugelmannbrief oder 1.Vorwort Kapital Bd.I)
(d.V.)}
Das oppositionelle Bewußtsein kann mit diesem Ansatz nur der Möglichkeit nach,
nicht in seiner Notwendigkeit dargestellt werden. (Vgl. hierzu Lukács,
'Geschichte und Klassenbewußtsein')
|
[Nicht Notwendigkeit sondern Möglichkeit oppositionellen Bewußtseins]
|
1.9 Einige Implikationen für die Gegenwart
(»
E)
{
Wenn Postone meint, dass die Dynamik im Kapitalismus "nicht wesentlich" von der
Distribution abhängig ist, so irrt er.
Erstens ist die Distribution gerade die notwendige reale Bewegung, welche
die Vermittlung zwischen den beiden Seiten der Arbeit im Produkt, der privaten
und der gesellschaftlichen, herstellt. Dieser Zusammenhang ist wesentlich und
die Produktion konstituiert die ihr entsprechende Distribution. (siehe
Grundrisse) Oder will er darauf hinaus, dass kapitalistische Produktion auch
ohne Markt, also Konkurrenz funktioniert? Dann allerdings identifiziert er
industrielle Produktion mit kapitalistischer Industrieproduktion. Dies hat er
auch schon angedeutet, das die Industriebproduktion so nur im Kapitalismus
herrscht.
Verändert sich die Distribution, z.B. die Verteilung der Produktionsmittel an
die assoziierten Produzenten, dann kann die damit von statten gehenden
Produktion keine kapitalistische mehr sein. Andererseits, wird unmittelbar
gesellschaftliche produziert von der Assoziation, dann ist die Distribution der
Konsumtionsmittel über eine Form von Markt überflüssig. Es verschwindet auch
sofort die Konkurrenz der Produzenten, da gemeinschaftlich produziert wird und
die der Konsumenten, da frei angeeignet wird. Dies sagt aber nichts darüber aus,
dass nicht industriell produziert wird.
Genauso falsch, wie in der 'Kritik des Gothaer Programms' bemerkt ist, eine
Kritik alleine der Distribution der Konsumtionsmittel zu betreiben, ist es,
alleine eine Kritik der Produktion zu tätigen, zumal ohne die Eigentumsfrage als
wesentlich zu begreifen.
(d.V.)}
"
Diese Spannung verweist auf die mögliche systemische Abschaffung des Werts und
somit auf die Aufhebung der abstrakten Herrschaft, der abstrakten Notwendigkeit
einer besonderen Form von >Wachstum< und der unmittelbaren menschlichen
Arbeit als inhärentem Element der Produktion.
"
(S. 76)
|
[Abschaffung der ''Arbeit'']
|
{
Hier haben wir einen Kern, der vorsichtiger als andere, auf die Abschaffung
der Arbeit hinausläuft. Es ist trivial, dass auf Grund der
wissenschaftlich-technischen Entwicklung in der von ihr betroffenen
Produktionsstätte der Arbeiter neben den Produktionsprozess tritt und
immer mehr steuernde und regelnde Arbeit ausübt. Nichts desto trotz befindet er
sich dennoch "immanent", innerhalb des Produktionsprozesses, der notwendig
dieser Arbeit bedarf und welche somit auch produktive Arbeit, d.h.
wertschaffende Arbeit ist.
An dieser Stelle werden verschiedene Form- und Inhaltsbestimmungen der Arbeit
von Postone stillschweigend vermischt und als Marxsche Steilvorlage für seine
Argumentation ausgegeben.
Es hat sich zwar der konkrete (technische) Inhalt und die
konkrete (technische) Form der Arbeit verändert, tendentiell von Hand zu Kopf.
Aber die gesellschaftliche,
speziphisch, historische Form als Lohnarbeit und ihr historisch speziphischer
Inhalt der (Mehr)Wertproduktion bleiben dasselbe.
Davon abgesehen, dass die Handarbeit weltweit extrem zunimmt. Zwar ist das
Kapital bemüht, die organische Zusammensetzung tendentiell zum konstanten
Kapital zu verschieben. Aber trotzdem ist selbstverständlich nur die lebendige
Arbeit, zumindest nach Marx, diejenige, welche im Produkt den Neuwert
(v+m) schafft und den Wert des konstanten Kapitals (c) überträgt. Da mag die
technische Form wechseln, wie sie möchte, nur das variable Kapital hat die
Eigenschaft den Mehrwert zu erzeugen, die eine Menge von Wert über die
Produktion als Verwertungsprozess zu Kapital macht.
Oder aber, wir haben die Kurzsche Argumentationsweise des Ausgehens der
abstrakten Arbeit mit der linearen eurozentrischen Projektion, dass
vollautomatische Produktionsaggregate keinen Wert mehr neu produzieren, sondern
nur den in ihnen vergegenständlichten übertragen, womit kein Mehrwert und kein
Profit mehr zu erhalten sein würden. Die Profitrate würde dann auf Null gefallen
sein.
Implizit bedeutet das Vorgehen Postones, dass die Abschaffung der Arbeit
natürlich die Abschaffung der Lohnarbeit bedeutet. Aber später wird Postone
diese aufscheinende Argumentationslinie in Frage stellen und die überhistorische
Bestimmung der Arbeit als Stoffwechsel des Menschen als Naturkraft mit der
Natur, also auch sich selbst, zugibt. Aber selbstverständlich könnte man dieses
auch als "Tätigkeit" umtaufen und damit einer anderen historischen Form einfach
einen anderen Namen geben. An den überhistorischen, inhaltlichen Bestimmungen
hingegen ändert dies nichts, wohl aber an den historisch speziphischen, welche
in der Form als Lohnarbeit liegen. Hier übergreift nämlich die Form auf
den Inhalt, was jeder merkt, der an der Gebrauchswertschwelle sich befindliche
Waren besorgt hat, sprich Müll.
(d.V.)}
{
Die Frage die Postone gleich im Anschluß stellt ist die, ob das Proletariat
auch im Sozialismus besteht. Hierzu ist wiederholt zu sagen, dass das
Proletariat, wie auch das Kapital einen prozessierenden Widerspruch darstellt,
was z.B. Lukács als "Klassenbewußtsein" fasst, oder Lefebvre als
"Residuum", oder analog dem "Nichtidentische" bei Adorno. Alle drehen sich um
diese Widersprüchlichkeit.
Das Proletariat ist nicht nur dem Kapital immanent, sondern es ist
Kapital, nämlich v. Andererseits steht es damit zu seinen Lebensäußerungen und
Bedürfnissen in Widerspruch, deren Größe als v bemessen sind.
Dieser Widerspruch taucht im Denken und Handeln des einzelnen wieder.
Einerseits akzeptiert man niedrigere Löhne, um den Betrieb zu erhalten.
Andererseit hat dies auch seine Grenze und man muß gegenhalten und weiß
instinktiv, dass die nächsten Entlassungen nur aufgeschoben sind.
Das Proletariat ist von Marx so aufgefaßt, das der Inhalt dieser Kategorie im
Übergang, d.h. in der Überwindung des Kapitalismus hin zum Sozialsmus ebenfalls
übergeht. Es wird nicht nur von der beherrschten zur herrschenden Klasse
gegenüber der Bourgeoisie (sieh z.B. 'Kritik des Gothaer Programms'), also
politisch. Sondern es beherrscht und organisiert selbsttätig die Produktion und
ist somit schon im Übergang kein Proletariat mehr im Sinne von variablem
Kapital. Wohl aber in der Bestimmung als direkte Produzenten, auch wenn sie
neben den Produktionsprozess treten.
Hält man wie Postone die Bestimmung des Proletariats als Kapital fest und macht
dies zu seinem Wesen, dann allerdings verschwindet dies Proletariat. Wenn
man hingegen das Proletariat als direkten Produzenten betrachtet, der die
Lohnarbeit aggregiert als größter Teil des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters
leistet, so verschwindet es selbstverständlich nicht im Übergang. Das ist der
Ganze Zauber und zeigt, dass es nicht reicht Bestimmungen zu definieren, sondern
sie im Fluß und der Entwicklung zu betrachten, Kategorien im Fluß, wie dass, was
sie begrifflich fassen, dessen geistiger Ausdruck sie sind.
Es wird wieder
einmal wie die Arbeit abgeschafft wird, so auch das Proletariat abgeschafft.
In der klassenlosen Gesellschaft gibt es natürlich kein Proletariat als Klasse,
weil alle Produzenten-Konsumenten sind. Das Proletariat als Klasse verschwindet
mit dem Übergang, wenn aus dem Kommunismus auf kapitalistischer Grundlage sich
ein Kommunismus auf eigener Grundlage als historischer, gesamtgesellschaftlicher
Prozeß (Marx in 'Kritik des Gothaer Programms') entwickelt.
Aber der Zielpunkt, um den es Postone eigentlich geht, dass ist die Ablehnung
des realen Sozialismus mit seiner philosophischen Legitimationsideologie, die er
als traditioneller Interpretation abgeurteilt hat. Nicht das er dies tut,
sondern wie er dies tut, gibt zu denken. Er schüttet das Kind mit dem Bade aus
und identifiziert alle Interpretationen auf den "Standpunkt der Arbeit"
außer dualistisch seiner eigenen. Oder wie er es ausdrückt "die allen Formen des
traditionellen Marxismus zugrundeliegenden Prämissen"(S.82).
Und alle diese kritisieren nur die Distribution, was
einfach nicht stimmt. So richtig seine Kritik ist, so trifft sie die falschen
Adressaten.
Er hat recht, wenn die Aufhebung des Privateigentums als Staatseigentum und die
Modifikation der Distribution (gemeint ist wohl immer die Zirkulation?) noch
keinen Sozialismus machen, sondern nur einen realen Sozialismus. Aber dieser im
Übergang steckengebliebene Gesellschaft enthält in ihrer eigenen
Widersprüchlichkeit immer noch Markt, Preise, Geld zu besitzen, nach außen
als ein einziger Kapitalist zu posieren, Bestimmungen sowohl des Kapitalismus,
als auch des Sozialismus. So ist Realsozialismus sowohl Staatssozialismus als
auch Staatskapitalismus. (siehe hierzu Preobrazenski)
Und hier, wie an anderen wirklich wichtigen Stellen bricht Postone seine
Untersuchung einfach ab (siehe Fussnote 19, S.77). Wo es gerade um die Frage
ginge, was aus seiner "Rekonstruktion" genannten Interpretation für die
gesellschaftlichen Formen im Sozialismus/Komunismus folgen würde. Das wäre
wirklich interessant gewesen und sollte überprüft werden.
(d.V.)}
|
[Proletariat ist Kapital und auch nicht]
|
I 2. Die Voraussetzungen des traditionellen Marxismus
(»
E)
2.1 Wert und Arbeit
(»
E)
Nocheinmal die Unterschiede zum traditionellen Marxismus
- stellt das Verständnis von Produktivkräften und
Produktionsverhältnissen,
- historische Rolle der Arbeiterklasse
- Kritik der Form der Produktion
- keine Priorität von Markt und Privateigentum
- Wert als Kategorie der Distribution in frage.
{
Wäre zu fragen, ob das Privateigentum angetastet wird.
(d.V.)}
"
Wird Wert dagegen wesentlich als Kategorie der über den Markt vermittelten
Distribution betrachtet, dann behandelt man ihn als eine besondere Weise der
Distribution von Reichtum, nicht aber als eine Form des Reichtums
selbst.
"
(S. 84)
"
Hat sich der Wert erst einmal gesellschaftlich vollständig durchgesetzt, kann er
auf verschiedene Weisen verteilt werden. Im Gegensatz zu Paul Sweezy, Ernest
Mandel (1968, 93 f) und anderen argumentiere ich, daß zwischen Wert und Planung
nicht einmal ein notwendiger logischer Gegensatz besteht: die Existenz
der
letzteren muß nicht die Abwesenheit des ersteren bedeuten - Wert kann mithin
ebenso gut qua Planung verteilt werden.
"
[Herv. v. P.H.] (S. 84)
|
[Wertproduktion vs. Wertverteilung]
|
{
Hier liegt eine Grundsätzliche Verkehrung vor.
Wert wird nicht verteilt, sondern er reguliert die Verteilung der
Gebrauchswerte.
(d.V.)}
Postone trennt hier die Wertproduktion von der Wertdistribution in Bezug auf das
Beispiel des Realsozialismus.
{
Hier wird die Zuspitzung sehr deutlich und Postones Unverständnis des
Zusammenhanges von Produktion und Distribution. Wobei er weder das Wesen des
Widerspruchs des
Realsozialismus als Mischform von Wertgesetz und politischen Preisen qua Planung
in ihrer gegenseitigen Begrenzung begreift, gerade auch auf den Einfluß des
Weltmarktes auf den Binnenmarkt und die Produktion.
Noch erfasst er den
Zusammenhang zwischen Produktion, welche die ihr entsprechende Distribution
sowohl bezüglich an Produktionsmittel, Konsumtionsmitteln und Arbeitskraft
konstituiert. Poston schielt hier nur auf die individuelle Konsumtion und nicht
auf die produktive Konsumtion durch den Produktionsprozess selbst.
Wertproduktion ohne die entsprechende Distribution ist keine mehr. Aber kein
Zweifel:
(d.V.)}
Gegen den traditionellen Marxismus konstituiert nach Postone der Wert sowohl die
Produktion als auch die Distribution. Wäre Wert nur eine Kategorie der
Distribution, so wäre der Unterschied der Arbeit im Kapitalismus und wo anders
nur ein äußerlicher.
Der z.B. von Mandel benannte speziphische Charakter oder
gesellschaftliche Qualität der Arbeit im Kapitalismus ist nur eine der Art
und Weise ihrer Verteilung. So ist der Wert also nur eine Kategorie der
Verteilung, hier der Arbeit und somit heißt traditionell 'gesellschaftlich'
einfach nur nicht privat. Die Aublösung des Kapitalismus ist also die Ablösung
dessen vermittelter Form durch eine unmittelbare Form.
Für Marx hingegen ist die Arbeit im Kapitalismus privat und gesellschaftlich
zugleich und keine Kritik der Privatheit vom Standpunkt der
Gesellschaftlichkeit.
|
[Trad. Marxismus sieht nur die Verteilung der Arbeit]
|
{
Hier macht es sich M.P. sehr einfach und bügelt seine Interpretation an dieser
Stelle ein. Sicherlich ist ein Aspekt die bewußt gesamtgesellschaftliche Planung
der Arbeit, also auch ihre proportionale Verteilung auf die verschiedenen
Produkte. Aber auch Mandel ist klar, dass die Warenform der Arbeit mehr
beinhaltet als der mittelbare Verteilungsmechanismus, nämlich die
Ausbeutung und der Klassencharakter. Zwei dem traditionellen
Marxismus zugerechnete wichtige Charakterisierungen, die man bei M.P., wenn
überhaupt, nur als abgeleitete und nicht bestimmende Phänomene findet.
Arbeit ist nicht nur im Kapitalismus gesellschaftlich, sondern tendentiell in
jeder Gesellschaftsordnung. Sie entzieht nicht nur abstrakt dem
Gesamtarbeitszeitvolumen ein Quantum, sondern benutzt auch den Apparat, die
Werkzeuge der Gemeinschaft bis hin zum kooperativen Wirken. Das jemand mit
eigenen Mitteln nur für sich produziert - Robinson -, somit also nicht
gesellschaftlich, ist wohl die dünne Ausnahme.
Für Postone ist zwar richtig nach Marx die Arbeit im Kapitalismus gleichzeitig
privat und gesellschaftlich, aber er begreift nicht, dass es nicht eine
Gesellschaftlichkeit und Privatheit an sich ist, sondern eine historisch
bestimmte. Die Gesellschaftlichkeit im Kommunismus ist eben eine andere
Gesellschaftlichkeit als im Kapitalismus, dergleichen für die Privatheit. So ist
die Kritik auch keine vom transhistorischen Wesen der Arbeit ausgehende, sondern
von der Gesellschaftlichkeit im Kommunismus, welche allerdings in ihrer
bewussten Planung liegt.
Postone hält das identische Moment von gesellschaftlich und privat im
Kapitalismus fest, ohne das nichtidentische zu diskutieren und schon gar nicht
im Übergang vom Kapitalismus den Wandel dieses Zusammenhanges, den Wandel von
'gesellschaftlich' und 'privat' als Kategorien zu fassen.
Die Kritik ist keine von gesellschaftlich versus privat im Kapitalismus, wie
er behauptet, sondern von gesellschaftlich im Kommunismus an gesellschaftlich im
Kapitalismus.
(d.V.)}
|
[Gesellschaftlichkeit im Kommunismus oder Kapitalismus]
|
{
Es gibt übrigens auch keinen unmittelbaren Modus an sich alleine schon
der Verteilung der Arbeit, denn im Kommunismus, so er die gesellschaftliche
Planung beinhaltet, ist ja schon dieser Plan eine Vermittlung. Davon
abgesehen, die transparente Beziehungsmatrix in vorkapitalistischen
Gesellschaften möchte ich übrigens mal sehen, ist in jeder Gesellschaft
die Verteilung der Arbeit auf die Anwesenden eine Vermittlung, ein
überindividueller Prozess und ist somit gesellschaftliches Verhältnis. Diese
Verhältnis lässt sich nun sehr gut z.B. nach Arbeitszeit quantifizieren und noch
besser, diese als direktem Produktionswissen als Durchschnitt.
(d.V.)}
|
[Vermitteltheit im Kommunismus oder Kapitalismus]
|
Postone sagt, dass Marx gerade den unmittelbar gesellschaftlichen
Charakter der
Arbeit im Kapitalismus für zentral hält.
{
Dabei spricht Marx in dem angeführten Zitat von "dieser unmittelbare
gesellschaftliche Charakter der Arbeit"[Herv v. P.H.] und meint damit einen
historisch bestimmten, nämlich den im Kapitalismus. In anderen Produktionsweisen
ist der unmittelbare gesellschaftliche Charakter der Arbeit ein anderer.
(d.V.)}
"
Folgt man den Interpretationen des Werts als einer Kategorie des Marktes, so ist
die Arbeit in allen Gesellschaften außer der kapitalistischen unmittelbar
gesellschaftlich.
"
(S. 88)
{
Auch in anderen Gesellschaften ist die Arbeit immer vermittelt, sei es über
tradierte Formen und ihre Durchsetzung. Das ist die eine Seite. Die andere ist,
dass die Arbeit in jeder Gesellschaft als Teil der Gesamtarbeit auch immer
unmittelbar gesellschaftlich ist, z.B. alleine in der Kooperation, oder es ist
auch immer Arbeit für die anderen und mit den anderen. Wobei erst der
Kapitalismus die Gesamtarbeit, bzw. den Gesamtarbeiter, als wirkliche Qualität
erst vollständig entwickelt, als global verteilte Produktion und
Distribution. Dies gibt Postone denn auch als Banalität zu.
(d.V.)}
"
Marx zufolge hat die Arbeit dagegen nur im Kapitalismus eine unmittelbar
gesellschaftliche Dimension. Was den traditionellen Auffassungen zufolge durch
die Aufhebung des Kapitalismus realisiert werden würde, ist somit genau das, was
nach Marx abgeschafft werden sollte.
"
(S. 88)
{
Dies ist eine glatte Unterstellung und kann erst getroffen werden, wenn man
mittelbar und vermittelt so einseitig begreift, wie M.P.. Postone verwechselt
'unmittelbar' und 'vermittelt' im Kapitalismus mit der anderen Vermitteltheit in
anderen Gesellschaftsordnungen und der abstrakt immer vorhandenen
Gesellschaftlichkeit der menschlichen Arbeit. Letzteres ist in der Tat
transhistorisch, wie auch die Kooperation von Menschen als Eigenschaft von
Gesellschaft als solcher transhistorisch ist, so es Gesellschaft gibt.
(d.V.)}
Postone löst das Dilemma, dass die Arbeit deshalb unmittelbar gesellschaftlich
ist, weil sie gesellschaftlich vermittelnde Tätigkeit ist und dies ist Arbeit
nur im Kapitalismus. So ist diese Unmittelbarkeit auch nur im
Kapitalismus
vorhanden, nur hier ist die Vermittlung durch Arbeit gegeben.
|
[Unmittelbar, weil vermittelnd]
|
2.2 Ricardo und Marx
(»
E)
"
Allgemeiner gefragt: Was ist der Unterschied zwischen klassischer politischer
Ökonomie und der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie?
"
(S. 91)
|
[Was ist der Unterschied?]
|
"
Dieser gängigen Theorie zufolge stellt die Werttheorie von Marx dem Wesen nach
eine verfeinerte und konsistentere Version der Arbeitswerttheorie von Ricardo
dar (vgl. etwa Mandel 1968, 77ff.); Waltoni Ganible 1972, 179; Lichtheim 1965,
172ff.).
"
(S. 93)
Die Frage ist also weiter für Postone, ob schon in den Grundkategorien von Marx
die Kritik steckt oder diese erst im Mehrwert folgt.
{
Da hat Postone recht, wenn er letzteres behauptet und einen qualitativen Sprung
bei Marx Kategorien als Kritik sieht. Aber, das Wertgesetz hat
selbstverständlich etwas mit tendentiellem "Gleichgewicht" ökonomischer Quanta
zu tun. Davon ist es nicht trennbar, auch wenn man gegen die bürgerlichen
Interpreten das Wertgesetz als gesellschaftliches Verhältnis betonen muss.
Aber wieder werden alle Positionen, die diesen Bezug mitnehmen, indentifiziert.
Und es ist M.P. wichtig zu betonen, dass hier wieder die Arbeit als der wahre
Reichtumsschaffer gesehen wird, welches ja nicht in allen Gesellschaften wahr
sei. Er wird aber leider diesen Bezug durch sein ganzes Buch nicht loswerden
können, weil die Stoffwechselseite der Arbeit nicht getilgt werden kann.
(d.V.)}
Und wieder ist der Standpunkt einer solchen Kritik der der Arbeit und deshalb
kann man die Arbeit nicht kritisieren und dies ist der bürgerliche Standpunkt.
Marx lobt zwar die Ricardosche Arbeitswerttheorie, übernimmt diese aber nicht.
Zurecht kritisiert Marx Ricardo, dass dieser die bürgerliche Form der Arbeit zur
transhistorischen macht.
{
Genau hier liegt der richtige Kern der Kritik Postones, der sich Marx
anschließt. Aber Marx kritisiert explizit die "bürgerliche Form
der Arbeit" in ihrer Naturalisierung. Dies ist aber nichts anderes als die
Lohnarbeit und nicht die Arbeit als solche. Marx leugnet gerade
nicht den transhistorischen Charakter der Arbeit, welcher in jeder
Gesellschaftsordnung als Stoffwechsel unterliegt.
Postone kämpft hier gegen marxistische Gemeinplätze, dass die Arbeit im
Kapitalismus eine besondere Form hat und nicht einfach nur Stoffwechsel
mit der Natur ist. Diese überhistorische Bestimmung allerdings ist nicht zu
tilgen.
(d.V.)}
2.3 >Arbeit<, Reichtum und gesellschaftliche Konstitution
(»
E)
"
Zudem ist, was er als spezifisch für die Arbeit im Kapitalismus analysiert, das,
was der traditionelle Marxismus der >Arbeit< - verstanden im
transhistorischen Sinne als Tätigkeit, die die Interaktion zwischen Mensch und
Natur vermittelt - zuschreibt. Es liegt in der Konsequenz dieser
Zuschreibung, daß die traditionelle Kritik der Arbeit eine enorme
Bedeutung für die menschliche Gesellschaft und für die Geschichte zuschreibt -
und dies auf eine Art und Weise, die vom Standpunkt der in dieser Studie
entfalteten Interpretation dem Wesen nach metaphysisch ist und die den
Blick für die besondere gesellschaftliche Rolle der Arbeit im Kapitalismus
versperrt.
Zunächst einmal sieht die traditionelle Interpretation in der >Arbeit< die
transhistorischen Quelle gesellschaftlichen Reichtums. Diese
Voraussetzung liegt auch Interpretationen wie der von Joan Robinson zugrunde,
die behauptet, daß Marx zufolge die Arbeitswerttheorie im Sozialismus
verwirklicht werde (1987, 17).
"
[Herv. v. P.H.] (S. 104)
"
Sie unterstellt, daß unmittelbare menschliche Arbeit
notwendigerweise im Produktionsprozeß weiterhin die Quelle des
gesellschaftlichen Reichtums darstellen werde, auch wenn die >Wertform< -
verstanden als die über den Markt vermittelte Distributionsweise -im Sozialismus
aufgehoben sei. Anders als Marx in den Grundrissen problematisiert diese Analyse
die >Notwendigkeit< der Verbindung zwischen unmittelbarer menschlicher
Arbeit und gesellschaftlichem Reichtum nicht geschichtlich.
"
[Herv. v. P.H.] (S. 104f)
{
Und hier wird es dann wirklich hart. Also ist der Stoffwechsel mit der Natur
eine "Zuschreibung" oder nur mit dem Kapitalismus zusammenhängend? Aber, dass
das im Auge behalten der transhistorischen Bestimmungen der Lohnarbeit den Blick
für die Speziphika der Lohn-Arbeit verstellt, dass ist beim besten Willen
nicht einsehbar.
Vielmehr scheint es mir, dass sowohl Klassenbegriff, als auch die "ökonomischen
Funktionen" des Wertes von Postone verdeckt werden, indem er sie als
Sekundärphänomene hinter der besonderen Vermittlungsfunktion der Arbeit im
Kapitalismus und der daraus folgenden abstrakten Herrschaft versteckt.
Im übrigen ist die Natur, was Ricardo auch richtig erkennt und Marx z.B. in der
'Kritik des Gothaer Programms' explizit macht, ebenso transhistorische
Reichtumsquelle. Wie nun der Zusammenhang zwischen "unmittelbarer menschlicher
Arbeit" und Reichtum anders von Postone, also geschichtlich, zu finden ist, darf
man gespannt sein.
(d.V.)}
|
[Zuschreibung des transhistorischen]
|
Wird Arbeit also ontologisch aufgefasst, also immer das gesellschaftliche Leben
konstituierend, dann können Unterschiede nur in verschiedenen Weisen des
regulierenden Elements sein. In Absetzung zu Hilferding stößt ihm dessen Arbeit
als bewusst "regulierendes Prinzip" auf.
{
Das einzige, worum es geht, ist der Aporie der Planwirtschaft. Dies hat seinen
objektiven Kern in der Ablehnung der realsozialistischen Planwirtschaft. Es ist
aber Marx mit dem Bade ausgeschüttet, wenn man jede Form der
Planwirtschaft für widerlegt hält, weil eine bestimmte historische Form nicht
wie gewünscht funktioniert hat. Es wäre so, im Angesicht der ständigen Pleiten
kapitalistischer Betriebe, den Kapitalismus für gescheitert zu erklären, das
Besondere wird für das Allgemeine genommen, oder die Form für den Inhalt.
(d.V.)}
|
[Aporie der Planwirtschaft]
|
"
Eine derartige, vorn Standpunkt der >Arbeit< ausgehende Kritik hat
Implikationen für die Frage nach dem Verhältnis von Form und Inhalt. Wenn
die Kategorie Wert die nicht-bewußte, automatische Art und Weise beschreibt, in
der >Arbeit< im Kapitalismus vorherrscht, so ist gleichzeitig gesagt, daß
ein transhistorischer, ontologischer Inhalt in verschiedenen
Gesellschaften verschiedene historische Formen annimmt. So behauptet zum
Beispiel Helmut Reichelt:
Wo jedoch der Inhalt des Werts bzw. der Wertgröße bewußt zum Prinzip der
Ökonomie erhoben wird, hat die Marxsche Theorie ihren Gegenstand verloren, das
als historischer Gegenstand begriffen und dargestellt werden kann, wenn jener
Inhalt auch als Inhalt anderer Formen begreifbar und darum abgelöst
von seiner historischen Erscheinungsform beschreibbar geworden ist. (2001,
S.59)
"
[Herv. v. P.H.] (S. 106)
|
[Transhistorischer Inhalt vs. historischer Form]
|
Es ist genau der Kern meiner Kritik. Wobei es nicht nur einen transhistorischen
Inhalt, den Stoffwechsel mit der Natur gibt, sondern auch verschiedenste andere
konkretere historische Inhalte, z.B. Mehrwertproduktion und Schuhe machen. Aber
fuer Postone kann es nur einen geben. Und diese machen den
gesellschaftlichen und konkret historischen Gehalt aus, im wesentlichen
Lohnarbeit zur Mehrwertproduktion als abstraktem Moment der Arbeit im
Verwertungsprozess.
Postone sagt nun, wenn man Form und Inhalt des Wertes so "strikt" trennen kann,
so ist diese Bestimmung nicht eine der Form, sondern der Verteilung. So käme man
auch dahin, das Wesen unmittelbar erscheinen zu lassen und von seinen
mystifizierenden Formen im Sozialismus zu befreien.
Weiterhin behauptet Postone, dass nach Marx zwar die Arbeit die Gesellschaft
konstituiert, aber NUR im Kapitalismus.
{
Was ist denn dieser Inhalt anderes, als die Proportionen bei der Verteilung der
gesellschaftlichen Gesamtarbeit. Und das ist in der Tat im Kapitalismus ein
unbewusster und im Kommunismus nach Marx ein bewusster Prozess der Assoziation.
Das heißt aber gleichzeitig, das Wert, Geld, Ware, Kapital, Lohnarbeit als
zusammengehörige Realkategorien verschwinden werden. D.h. die spezifisch
kapitalistischen Formen der Arbeit, der Produkte, der Produktion verschwinden
und die Arbeit, die Produkt, die Produktion, etc. erhalten neue historische
Formen und ebenfalls verändert sich ihr historischer Inhalt. So wird nicht mehr
nur mittelbar Gebrauchswert produziert und unmittelbar Mehrwert, sonder es wird
unmittelbar Gebrauchswert produziert, da am Gebrauchswert und seiner
gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit geplant werden muss. In was für einer
Form das auch immer geschieht.
(d.V.)}
|
[Form- und Inhaltswechsel]
|
Da sich nach Marx die Verhältnisse im Kapitalismus in verkehrter fetischisierter
Form darstellen, erwecken sie den Schein, den der traditionelle Marxismus für
das Wesen nimmt. Marx geht es um die historischen Besonderheiten und ein
überhistorischer Inhalt kann sich nicht(!) in einer historischen Form
ausdrücken.
{
Die historisch bestimmte Form wird von ihrem historischen Inhalt bestimmt und
formt diesen, d.h. bestimmt auch diesen wieder. Der überhistorische Inhalt nun
liegt dem historischen als Aspekt bei, bzw. umgekehrt. Das ist die Beziehung,
die Postone nicht sehen kann.
###############
(d.V.)}
"
Aus der geschichtlichen Besonderheit der Erscheinungsform folgt die
geschichtliche Besonderheit dessen, was sie ausdrückt: denn das, was historisch
bestimmt ist, kann nicht die notwendige Erscheinungsform eines transhistorischen
>Inhalts< sein. Den Kern dieser Auffassung bildet die Marxsche Analyse der
Besonderheit der Arbeit im Kapitalismus: der gesellschaftliche >Inhalt<
(oder das >Wesen<) ist in der Marxschen Analyse nicht >Arbeit<,
sondern eine geschichtlich besondere Form der Arbeit.
"
[Herv. v. P.H.] (S. 108)
{
Hier zeigt sich, was passiert, wenn man nicht von Lohnarbeit, sondern ständig
von Arbeit redet. Es ist trivial, dass die Abschaffung des Wertes die
Abschaffung der sie erzeugenden Arbeit ist. Das ist die Abschaffung der
Lohnarbeit. Denn noch nicht einmal das abstrakte Moment der Arbeit, die
abstrakte Arbeit, wird mit Abschaffung des Wertes abgeschaffen. Wohl aber
wahrscheinlich viele überflüssige konkrete Arbeiten, wie z.B. Automobilbau oder
Waffenproduktion oder Verkaufen. Denn im abstrakten Moment der Arbeit, welches
sich ja ja qualitativ wie quantitativ auf die Arbeitszeit bezieht, steckt
selbstverständlich die Planungsgröße nachkapitalistischen Wirtschaftens. Wie
soll die Assoziierten sonst ihre Arbeit auf sich selbst verteilen. Dazu muss
man sich nur den Kugelmannbrief von Marx ansehen, welcher dies explizit und
konzentriert darlegt.
Und damit ist auch geschafft, was Postone fordert, nämlich, dass das "Wesen des
Kapitalismus", nämlich die Mehrwertproduktion ### abgeschafft wird und nicht die
Arbeit, sondern die Lohnarbeit. Man mag der Arbeit neue Namen geben und sie
Tätigkeiten heißen, was an ihrem Inhalt, der notwendigen
gesamtgesellschaftlichen Reproduktion nichts ändert. Aber diesen Aspekt lässt
Postone soweit es geht, außer acht.
(d.V.)}
|
[Abschaffung der Lohnarbeit]
|
Postone sagt, dass Marx' Kritik eine negative sei im Gegensatz zur Kritik
vom Standpunkt der Arbeit aus. Diese kritisiere etwas Bestehendes mit etwas
Bestehendem und verweist als nur auf eine andere Variante des Kapitalismus.
|
[Negative Kritik vs. Kritik mit Bestehendem]
|
{
Dies ist auch wieder nur eine Behauptung eines Zusammenhanges. Mitnichten wird,
wenn man die transhistorischen Momente der Arbeit sieht und die Kritik der Form
der Arbeit betreibt damit Bestehendes mit Bestehendem kritisiert, da die
nachkapitalistische Form der Arbeit eben noch nicht besteht. Die einzige
Möglichkeit, die Postone sieht außer seiner Kritik ist die der
Distributionsweise. Wenn man dies weiter sieht, dann ist natürlich eine Kritik
der Distribution der Produktionsmittel und der des gesellschaftlichen Reichtums
inklusiv. Aber selbstverständlich gilt Marx Kritik der historischen Form der
Arbeit als Lohnarbeit und nicht der Eigenschaft den stofflichen und damit
auch den wertförmigen Reichtum zu schaffe.
Seine Kritik gilt der Wertform des Reichtums, wie der Arbeit als Lohnarbeit. Und
nur wenn die Lohnarbeit abgeschaffen wird mit der direkten Verfügung der
direkten Produzenten über die Produktionsmittel ist überhaupt von Kommunismus zu
reden. Diese Verfügung ist im Staatssozialismus nicht gegeben, da hat Postone
vollkommen recht, hier ist aber auch nicht die Lohnarbeit abgeschaffen. D.h.,
die Form der Arbeit im Kapitalismus ist die gleiche wie im Kapitalismus, wie die
Arbeit im Realsozialismus.
Eine Kritik, die dies nicht zur Kenntnis nimmt, die geht tatsächlich am Kern der
Sache vorbei. Aber es ist keinesfalls so, dass jede Kritik vom
"Standpunkt der Arbeit" aus dies vernachlässigt. Dieses aber behauptet Postone
gerade und damit irrt er und zeigt die Vereinseitigung seiner eigenen Kritik,
die ihren Grund in seiner unbedingten Abstoßung vom Realsozialismus und seiner
Form des Marxismus als Staatsideologie findet.
(d.V.)}
|
[Distributionskritik]
|
2.4 Gesellschaftskritik vom Standpunkt der Arbeit
(»
E)
Vom Standpunkt der Arbeit ausgesehen ist also die Kritik
einer der Distribution und sieht in der industriellen Produktion ein Mittel der
sozialistischen Gesellschaft, welches von der kapitalistischen Form nicht mehr
im Zaume gehalten wird. So unter die bewusste Kontrolle gestellt im Interesse
aller, wird die Kapitalistenklasse abgeschaffen, aber nicht die Arbeiterklasse.
Es handelt sich also um eine Kritik innerhalb der kapitalistischen
Gesellschaft und nicht die der Form dieser Gesellschaft selbst. So kommt man zu
"Postulate[n] der normativen Dimension der Kritik", welche beim Standpunkt der
Arbeit ausgehend in Universalistische Wesenbestimmungen und Idealen münden, weil
hier eine Projektion des Gegebenen ins Transhistorische stattfindet.
|
[Projektion ins Transhistorische]
|
{
Hier sieht Postone wieder nicht, dass im die Kategorie Arbeiter im Übergang
mehrfach ihren Inhalt wechselt. So wird über den allgemeinen Arbeitszwang
('Manifest') quasi jeder Arbeiter, aber eben nicht mehr Lohnarbeiter. Das
ist ein fundamentaler qualitativer Umschlag, wie auch die Arbeit eben nicht mehr
in der Form von Lohnarbeit erscheint. Da somit alle Arbeiter sind oder
werden, verschwindet auch die Arbeiterschaft als Klasse. Sie ist zwar nun
herrschende Klasse gegenüber der Bourgeoisie aber sobald diese verschwunden ist,
ist auch der Klassengegensatz und damit die Klasse selbst verschwunden oder
vornehmer aufgehoben. Das ist der Kern der Aufhebung.
Damit ergibt sich natürlich auch ein ganz neues gesellschaftliches Verhältnis
der Arbeitenden zu ihrer Arbeit und dem Arbeitsgegenstand und den
Arbeitsmitteln, welche ja alle ihnen gehören und nicht z.B. dem Kapitalisten
oder dem Staat. In der höheren Stufe des Kommunismus (siehe z.B. 'Kritik des
Gothaer Programms') findet noch einmal ein Wechsel statt. Wenn nun die Arbeit
erstes Bedürfnis des Menschen geworden ist, als Kernmoment seiner
Selbstentfaltung und Selbstbestimmung nicht als vereinzelter Einzelner, sondern
gesellschaftlicher Einzelner, dann verliert die Kategorie Arbeit und
Arbeiter auch ihre klassische aus dem und gegen den Kapitalismus bestimmten
Inhalt, wie z.B. auch notwendige Arbeit ihre aus dem und gegen den
Kapitalismus bestimmten Inhalt verliert. D.h. die Kategorie ist eine, wie heute
'Kaiser' oder 'Römisches Reich', Kategorie der Geschichtswissenschaft geworden.
Denn nun ist 'Arbeit' in ihrer Allgemeinheit gesellschaftlich geworden und
verliert so die Notwendigkeit ihrer Benennung als z.B. Lohnarbeit, Hobby, freie
Kunst. Ihre Differenziertheit wird sich dann vielmehr auf die technischen Formen
und Inhalte reduzieren.
(d.V.)}
|
[Aufhebung des Proletariats]
|
"
Diese Interpretation übernimmt >Arbeit< als Standpunkt der Kritik und ihr
fehlt eine Vorstellung der historischen Besonderheit des Reichtums und der
Arbeit im Kapitalismus. Damit wird unterstellt, die gleiche Form des Reichtums,
die im Kapitalismus durch eine Klasse von Privatbesitzern expropriiert wird,
würde im Sozialismus kollektiv angeeignet und bewußt reguliert. Zugleich legt
sie den Gedanken nahe, daß die Produktionsweise des Sozialismus wesentlich die
gleiche sein werde wie die des Kapitalismus: Das Proletariat und seine Arbeit
werden im Sozialismus »zu sich selbst kommen«.
"
(S. 116)
{
Es ist keinesfalls so, dass die historische Besonderheit des Reichtums aus den
Augen verloren wird. Denn wenn der Privatbesitz auf bestimmte Weise
aufgehoben wird, also gerade nicht in Staatsbesitz übergeht und die Arbeiten
nicht mehr Lohnarbeiten sind, sondern die bewusst geplanten Teilarbeiten des
gesellschaftlichen Gesamtarbeiters (Marx), also der Assoziation, dann
verschwindet natürlich auch die Wertform des Reichtums, der Reichtum als Wert
oder Kapital, aber eben nicht der Reichtum in seiner stofflichen Form. Diese ist
transhistorisch immer vorhanden und nimmt im Kapitalismus die Wertform an.
Also ist überhaupt nicht ausgemacht, dass beim Erkennen der überhistorischen
Form des Reichtums als stoffliche Produktenmenge die Wertform als überhistorisch
gesetzt wird. Das sind zwei ganz verschiedene Formen desselben Inhalts. Wobei
auch klar gesehen werden muss, das die Gebrauchswerte beim Übergang vom
Kapitalismus andere Gebrauchswerte in der Zeit werden. So wird man z.B.
Registrierkassen und Geld in den Museen bestaunen können und Autos werden
wahrscheinlich den gleichen Weg gehen, wie tendentiell Waffen oder anderes.
(d.V.)}
So setzt Postone auch, dass die verschiedenen Formen der Kritik, verschiedene
Formen des Begreifens der Herrschaft im Kapitalismus hervorbringen. er setzt die
Klassenherrschaft gegen das für ihn fundamentalere Begreifen der abstrakten
Herrschaft durch die " historisch spezifischen gesellschaftlichen Formen des
Werts und der Wert produzierenden Arbeit".
{
Das dies bei ihm einfach gegeneinander steht, provoziert die Frage, wie beides
zusammenhängt. Klassenherrschaft und seine abstrakte Herrschaft müssen sich gar
nicht widersprechen, sondern drücken verschiedene Sichten auf dasselbe aus.
Wobei, wie gesagt, die Abstraktheit der Herrschaft relativ ist, da die
Herrschaft immer von konkreten Menschen, und tragen sie auch Uniform, auf
konkrete Menschen angewandt wird. Da fällt Postone ein Stück weit auf den
Fetisch herein, bzw. überzieht an diesen Stellen die Begrifflichkeit.
Denn das den Menschen ihre eigenen Verhältnisse als solche abstrakten und solche
zwischen Dingen erscheinen, ist ja gerade der Fetisch der Ware und z.B. der
Formalität bürgerlicher Freiheit und Gleichheit als freie und gleiche
Warenbesitzer, die in Wirklichkeit ganz unfrei und ungleich sind, wie jeder
Arbeitsvertrag und jedes Vorstellungsgespräch zeigen.
(d.V.)}
|
[Abstrakte Herrschaft vs. Subjekt der Geschichte]
|
{
Bei ihm wird der Wert und die angeblich die Gesellschaft konstituierende Arbeit
zu einer Art frei schwebender Abstraktheit, welche ihre wissenschaftliche
Genauigkeit einzig aus dem Betonen der historischen Spezifik zieht, aber nicht
aus dem Aufzeigen des Bestimmungsreichtums und der kategorialen Vermittlungen
und Zusammenhänge, auch bar der Beipiele. Bei ihm beherrscht dann auch
letztendlich die Arbeit die Menschen. Schon beherrschen nicht mehr Menschen
die Menschen, sondern die Arbeit (als solche?). Es sind irgendwelche vom
Menschen als realem Subjekt der Geschichte unabhängige Strukturen, hier die
Arbeit, welche ihn subjekthaft beherrschen. Mit gleichem Argument könnte man
sagen, dass die Natur den Menschen beherrscht, an statt er die Natur zu einem
gewissen Grade. Postone gibt hier den Standpunkt Marx' gegen Hegel auf, bei
welchem Marx gegen Hegels Prinzip des sich bewegenden Geistes, den wirklichen
Menschen und das konkrete Subjekt seiner Geschichte einklagt.
So kann Postone auch mit den realen Menschen die Klassen aus seinem Blickfeld
rücken und sich den abstrakten Strukturen im kategorialen, begrifflichen
Geflecht alleine zuwenden. So erscheint auch jede Hinwendung zur
stofflichen Seite als Naturalisierung und jedes Aufgreifen
transhistorischer Momente und Bestimmungen, gleich dem Kantianismus, als
Metaphysik und das Hinwenden zu Idealen und normativen Gestalten von
Ideen der Gerechtigkeit usw., bei denen die Idealität der Realität dem
Kapitalismus vorgehalten wird. Betreibt man letzteres, dann ist allerdings
Postones Kritik berechtigt. Aber wie schon früher ist die Ausschliesslichkeit
seiner Setzung dualistisch und vermeidet die notwendige Diskussion anderer
Positionen.
(d.V.)}
|
[Arbeit beherrscht den Menschen]
|
So bleibt die traditionelle Kritik auch in der der Distributionsweise hängen und
es wird keine Kritik der politischen Ökonomie, sondern nur eine "kritische
politische Ökonomie". Die Marxsche Kritik hingegen ist die Kritik der Form
der Arbeit.
{
Aber genau das macht Postone nicht, sondern er kritisiert die Arbeit als
solche, als Quelle des Reichtums, als Konstituierende der abstrakten Herrschaft,
manchmal auch als das herrschende selbst.
(d.V.)}
Postone fragt nun, woher die Interpretation des traditionellen Marxismus rührt
und findet es darin, dass die Arbeit als transhistorisch erscheint und
darin ihr historisch spezifischer Charakter steckt. Also geht die traditionelle
Kritik dem Fetisch auf den Leim, indem sie Erscheinungsformen für das
Wesentliche hält. Die Erscheinungsformen ihrerseits werden in dem im dritten
Band dargelegten Distributionsverhältnissen gesehen, auf welche zu
kritisieren sich diese Kritik nach Postone beschränkt.
Diese Kritik auf dem Standpunkt der Arbeit sieht die Aufhebung des Werts " nicht
als eine Aufhebung unmittelbarer menschlicher Arbeit in der Produktion" vor,
sondern als " entmystifizierende Selbstvergewisserung der unmittelbaren
menschlichen Arbeit", da diese ja als transhistorische Quelle des Reichtums
gesehen wird.
|
[Arbeit erscheint als transhistorisch - Fetisch - Distribution]
|
{
Hier wird noch einmal deutlich, wie hilfreich es wäre, wenn man wüsste, ob er
die Aufhebung der Lohnarbeit meint. Aber nein, er meint, die technische
Form der Arbeit, welche aus dem unmittelbaren Produktionsprozess von Hand
auf Kopfarbeit beginnt überzugehen. Dabei bezeichnet er dann das Beharren bei
der Einsicht, dass menschliche Arbeit alleine Quelle des Reichtums ist, als dem
Fetisch aufsitzend und auf die "Würde" der Arbeit abzielend.
Aber es wird ja nicht wesentlich die technische Form, sondern die
gesellschaftliche Form der Arbeit als Lohnarbeit aufzuheben sein. Fürwahr
ist die noch so "abstrakteste" vom unmittelbaren Produktionsprozess getrennte
Arbeit z.B. am Computer des Ingenieurs trotzdem Lohnarbeit. Aber sicher hat er
recht, dass der Kapitalismus in seiner Dynamik und der Entwicklung der
Produktivkräfte die tendenzielle Abschaffung der "unmittelbaren" Arbeiten
vorbereitet mit der zunehmenden Automatisierung usw. und nicht nur die
Arbeitszeit pro Produkt minimiert, sondern auch den Menschen ermöglicht, sich
auf das Entwerfen, Steuern und Regeln zu beschränken.
Aber einerseits nimmt die manuelle Tätigkeit auf diesem Planeten im Moment
rasant zu (Indien, China) und andererseits wollen die Menschen, z.B. beim
Töpfern nicht darauf verzichten, unmittelbare Arbeit zu leisten, nur darauf
wollen sie verzichten, dass dies die gesellschaftliche Form von Lohnarbeit hat.
Wobei Postone recht hat, wenn er meint, dass im Übergang sich das Verhältnis von
notwendiger Arbeit und Muße, die gesellschaftliche Struktur der Arbeit verändern
wird und die Entfremdung und Fragmentierung, allerdings als soziales Phänomen,
aufgehoben wird. Denn selbstverständlich wird die Teilung der Arbeit, die in
der technischen Seite des Produktionsprozesses wesentlich verankert ist, weiter
fortschreiten.
(d.V.)}
|
[Technische vs. gesellschaftliche Form der Arbeit]
|
2.5 Arbeit und Totalität: Hegel und Marx
(»
E)
Siehe Seitenbemerkungen im Exzerpt, führe ich hier nicht aus.
"
Für ihn besitzt der Wert eine »Substanz« und diese identifiziert er als abstrakt
menschliche Arbeit (MEW 23, 53). Marx sieht somit in der >Substanz< nicht
mehr einfach eine theoretische Hypostasierung, sondern begreift sie nun
als Attribut durch Arbeit vermittelter gesellschaftlicher Verhältnisse,
als Ausdruck eines bestimmten Typus gesellschaftlicher Realität. Das Wesen
dieser gesellschaftlichen Realität untersucht er im Kapital, indem er die
Waren- und Geldformen aus den Kategorien des Gebrauchswerts, des Werts und
dessen »Substanz« logisch entfaltet. Von hier aus beginnt Marx die Analyse der
komplexen Struktur der gesellschaftlichen Verhältnisse, die in seiner Kategorie
des Kapitals zum Ausdruck kommt.
"
[Herv. v. P.H.] (S. 127)
|
[Veränderte Substanz, später Marx]
|
Der späte Marx ändert den Substanzbegriff und bezieht ihn nicht mehr auf den
transhistorischen Arbeitsbegriff der 'Pariser Manuskripten' als "theoretische
Hypostasierung", sondern sieht sie als Ausdruck einer durch Arbeit vermittelten
Gesellschaft, sprich einfach nur im Kapitalismus. Marx identifiziert nicht wie
Lukács das Proletariat mit der Substanz, sondern dies ist das
Kapital selbst, als "automatisches Subjekt". Dieser Kapitalbegriff kann
weder hinreichend als physikalisch, stofflicher noch als
gesellschaftlicher bezogen auf Klassengegensätze erfasst werden.
Da Marx ihn als sich selbst bewegende Substanz bezeichnet glaubt Postone
hinreichend, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse im Kapitalismus von sehr
besonderer Art sind, wie Hegel sie dem Geist zuschreibt.
|
[Wende bei Marx]
|
"
Beides deutet daraufhin, daß sich für Marx die Grundsätze seiner kritischen
Theorie und mithin auch die seiner materialistischen Kritik an Hegel
gewandelt haben. Dies hat bedeutsame Konsequenzen für seine Behandlung des
erkenntnistheoretischen Problems des Verhältnisses von Subjekt und Objekt, der
Frage nach dem historischen Subjekt und für seine Auffassung von Totalität.
Die Marxsche Interpretation des historischen Subjekts unter Bezugnahme auf die
Kategorie Kapital verweist auf eine Wendung von einer Theorie der
gesellschaftlichen Verhältnisse, die wesentlich auf Klassenbeziehungen
reflektiert, zu einer der Formen gesellschaftlicher Vermittlung, die in
Kategorien wie Kapital und Wert zum Ausdruck kommen.
"
[Herv. v. P.H.] (S. 128)
|
[Wandel in den Grundsätzen bei Marx weg von Klassen]
|
Postone diagnostiziert an dieser Stelle eine Wende in der Theorie Marxens von
der traditionellen Sicht der Theorie hin zu seiner eigenen. Deshalb betont er
auch den späten Marx, welcher in Kapital und Wert nun die spezifische
gesellschaftliche Vermittlung konstituierend sieht.
So trennt Postone Klassenausbeutung im Kapitalismus einerseits von Kapitalismus
als Struktur der modernen Gesellschaft selbst.
{
Mit Verlaub, was sagt uns das? Kapitalismus ist also noch etwas anderes als
moderne Gesellschaft, die es als Begriff bei Marx so überhaupt nicht gibt, weil
diese Unterscheidung bei Marx nicht gemacht wird. Kapitalismus als
Produktionsweise inkludiert selbstverständlich seine eigene Struktur, zu welcher
aber die Klassenausbeutung gehört. Und zwar eine ihm entsprechende
Klassenausbeutung, die des Proletariats von dem Kapitalisten.
Mag der Weg des einen zum anderen auch noch so abstrakt und fern sein, verbunden
mit diversesten Finanzoperationen. Schlussendlich ist es eine Ausbeutung von
Menschen durch Menschen und diese erscheint als das abstrakte System von
Herrschaft, weil gerade durch die Warenform, Geld und Kapital eine vermittelte
Ausbeutung stattfindet, welche aber für beide Seiten direkt zu spüren ist. Und
diesem Schein sitzt Postone auch auf.
(d.V.)}
|
[Kapitalismus vs. Moderne]
|
II Zur Rekonstruktion der Marxschen Kritik. Die Ware
(»
E)
II 4. Abstrakte Arbeit
(»
E)
4.1 Erfordernisse einer kategorialen Interpretation
(»
E)
4.2 Der historisch bestimmte Charakter der Marxschen Kritik
(»
E)
4.3 Historische Besonderheit: Wert und Preis
(»
E)
4.4 Historische Besonderheit und immanente Kritik
(»
E)
4.5 Abstrakte Arbeit
(»
E)
4.6 Abstrakte Arbeit und gesellschaftliche Vermittlung
(»
E)
4.7 Abstrakte Arbeit und Entfremdung
(»
E)
4.8 Abstrakte Arbeit und Fetisch
(»
E)
4.9 Gesellschaftliche Verhältnisse, Arbeit und Natur
(»
E)
4.10 Arbeit und instrumentelles Handeln
(»
E)
4.11 Abstrakte und substantielle Totalität
(»
E)
II 5. Abstrakte Zeit
(»
E)
5.1 Die Wertgröße
(»
E)
5.2 Abstrakte Zeit und gesellschaftliche Notwendigkeit
(»
E)
5.3 Wert und stofflicher Reichtum
(»
E)
5.4 Abstrakte Zeit
(»
E)
5.5 Formen gesellschaftlicher Vermittlung und des Bewußtseins
(»
E)
III Zur Rekonstruktion der Marxschen Kritik. Das Kapital
(»
E)
III 8. Die Dialektik von Arbeit und Zeit
(»
E)
8.1 Die immanente Dynamik
(»
E)
8.2 Abstrakte Zeit und historische Zeit
(»
E)
8.3 Die Dialektik von Transformation und Rekonstitution
(»
E)
III 9. Der Entwicklungsverlauf der Produktion
(»
E)
9.1 Mehrwert und >Wirtschaftswachstum<
(»
E)
9.2 Die Klassen und die Dynamik des Kapitalismus
(»
E)
9.3 Produktion und Verwertung
(»
E)
9.3.1 Kooperation
(»
E)
9.3.2 Manufaktur
(»
E)
9.3.2 Große Industrie
(»
E)
9.4 Substantielle Totalität
(»
E)
9.4.1 Kapital
(»
E)
9.4.2 Das Proletariat
(»
E)
9.2.3 Widerspruch und bestimmte Negation
(»
E)
9.2.4 Formen der Universalität
(»
E)
9.2.5 Die Entwicklung der gesellschaftlichen Teilung der Zeit
(»
E)
9.2.6 Das Reich der Notwendigkeit
(»
E)
III 10. Abschließende Betrachtungen
(»
E)
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last update : Sun Jul 11 20:55:04 CEST 2004 Heilbronn
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