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Ansgar Knolle-Grothusen


Monopol und Konkurrenz


Referat auf dem Imperialismus-Seminar der Sozialistischen Studienvereinigung, FfM, 14.06.2003



Ich möchte bei meinem Vortrag ausgehen von der Imperialismus-Theorie wie sie in der durch Lenins Broschüre „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ popularisierten Form wirkmächtig geworden ist.


Danach hat in den 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts eine Entwicklung eingesetzt, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem neuen Stadium des Kapitalismus führte oder wie Lenin sagt: „Der Kapitalismus ist zum Imperialismus geworden.“ (24.3) Als Grundlage dieser Entwicklung sieht Lenin die mit der Kapitalakkumulation einhergehende Konzentration und Zentralisation des Kapitals, die in einzelnen Industriezweigen der Nationalökonomien, besonders der Schwerindustrie und z.T. auch darüber hinaus dazu führt, daß wenige große Kapitalgesellschaften den Großteil der Produktion bei sich konzentrieren und in Form von Kartellen oder Trusts als Monopole sich die übrige Gesellschaft tributpflichtig machen. Diese Konzentration finde auch im Bereich der Banken statt, und die Großbanken hätten durch die Monopolisierung des gesamten Leihkapitals die Industrie von sich abhängig gemacht, seien durch Kredite auch für fixes Kapital zunehmend auch an der langfristigen Entwicklung ihrer Kreditnehmer interessiert, würden durch Kredite an konkurrierende Unternehmen einen Druck in Richtung noch stärkerer Monopolisierung der Industrie ausüben, und über den Besitz großer Aktienpakete und Personalunion in Vorständen und Aufsichtsräten würden Banken und Industrie zum Finanzkapital verschmelzen. „Das Finanzkapital, das in wenigen Händen konzentriert ist und faktisch eine Monopolstellung einnimmt, zieht kolossale und stets zunehmende Profite aus Gründungen, aus dem Emissionsgeschäft, aus Staatsanleihen usw., verankert die Herrschaft der Finanzoligarchie und legt der gesamten Gesellschaft einen Tribut zugunsten der Monopolisten auf.“ (57.3) Und weiter: „Das Übergewicht des Finanzkapitals über alle übrigen Formen des Kapitals bedeutet die Vorherrschaft des Rentners und der Finanzoligarchie, bedeutet die Aussonderung weniger Staaten, die finanzielle 'Macht' besitzen.“ (64.1) England, die USA, Frankreich und Deutschland besäßen 1910 nahezu 80% des Weltfinanzkapitals. Fast die ganze übrige Welt spiele die Rolle des Schuldners oder Tributpflichtigen dieser Länder. Eine besondere Rolle bei der Schaffung eines Netzes internationaler Abhängigkeiten spiele der Kapitalexport. „Für den alten Kapitalismus, mit der vollen Herrschaft der freien Konkurrenz, war der Export von Waren kennzeichnend. Für den neuesten Kapitalismus, mit der Herrschaft der Monopole, ist der Kapitalexport kennzeichnend geworden.“ (66.1) Er sei notwendig, weil in den hochentwickelten kapitalistischen Ländern der Kapitalismus „überreif“ geworden sei und dem Kapital im eignen Land Spielraum für rentable Betätigung fehle. (67) Der Kapitalexport werde zu einer soliden Basis für die imperialistische Unterdrückung und Ausbeutung der meisten Nationen und Länder der Welt und würde gleichzeitig die kapitalistische Entwicklung in den Ländern, in die er sich ergießt, außerordentlich beschleunigen. Er führe zu einer direkten und indirekten Aufteilung der ganzen Welt unter die Monopolverbände der Kapitalisten. Daneben und im Zusammenhang damit gäbe es auch eine territoriale Aufteilung der Welt zwischen den politischen Verbänden, den Staaten, als Ergebnis 'des Kampfes um das Wirtschaftsgebiet'. Nachdem sich die Welt zum erstenmal als aufgeteilt erwiesen habe, käme es aufgrund der ungleichzeitigen Entwicklung des Kapitalismus in den verschiedenen Metropolen notwendig zu Kämpfen um die Neuaufteilung der Welt. Lenin beschreibt den Imperialismus also als monopolistisches Stadium des Kapitalismus, in dem die Herrschaft der freien Konkurrenz weitgehend von der Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals abgelöst sei. Die eigentliche Grundlage des Kapitalismus und der Warenproduktion überhaupt, die Konkurrenz, würde abgelöst oder zumindest überlagert durch ein direktes Herrschaftsverhältnis der allmächtigen Monopole und des Finanzkapitals gegenüber der übrigen Gesellschaft und der damit einhergehenden Gewalt; die weitgehende Vergesellschaftung der Produktion bei Aufrechterhaltung der privaten Aneignung charakterisiere den Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, oder als Übergangskapitalismus, der den Übergang von der völlig freien Konkurrenz zur vollständigen Vergesellschaftung bilde. Weiter beinhalte der Imperialismus eine Tendenz zur Fäulnis und Stagnation, da mit dem Monopol bis zu einem gewissen Grade der in der Konkurrenz liegende Antrieb zum technischen und folglich auch zu jedem andren Fortschritt verschwinden würde. Die Monopolprofite würden es der Monopolbourgeoisie ermöglichen, die Oberschichten des Proletariats zu bestechen und dadurch den Opportunismus zu fördern. Die zunehmende Verwandlung der Kapitalisten in eine reine Rentnerschicht zeige seinen Parasitismus. Der Imperialismus zeige sich so als sterbender Kapitalismus.


Lenin polemisiert in seiner Schrift zwar gegen Kautskys Theorie des Ultraimperialismus, aber in den grundlegenden ökonomischen Aussagen - Übergang von der freien Konkurrenz zum Monopol, zur Herrschaft des Finanzkapitals, - unterscheiden sich Lenin und Kautsky kaum. Hier bewegen sich beide auf dem Boden der Verarbeitung der neuen Entwicklungen des Kapitalismus durch die damalige Sozialdemokratie, wie sie paradigmatisch in Hilferdings Werk „Das Finanzkapital“ zusammengefaßt wurde. Dieses Buch ist m.E. ein Schlüsseltext zum Verständnis der Entwicklung sozialdemokratischer und kommunistischer Politik und Theoriebildung im 20. Jahrhundert.


Ich habe sehr große Bedenken gegen eine Theorie, die den Kapitalismus in ein Stadium der freien Konkurrenz und ein monopolistisches Stadium teilt. Desshalb möchte ich zunächst fragen, was ist eigentlich Konkurrenz, was ist Monopol, und sehe zunächst, wie Marx und Engels diese Begriffe bestimmen.


Den frühesten Versuch einer Bestimmung des Verhältnisses von Konkurrenz und Monopol finden wir in den „Umrissen zu einer Kritik der Nationalökonomie“, die Engels bereits 1843 geschrieben hat (MEW 1, S. 499 - 524). Obwohl hier noch ein idealistischer und moralisierender Unterton mitschwingt, so wird doch schon das grundlegende dialektische Wechselverhältnis von Konkurrenz und Monopol herausgearbeitet. Ich lese mal einen Auszug vor:


„Wir haben gesehen, daß am Ende alles auf die Konkurrenz hinausläuft, solange das Privateigentum besteht. Sie ist die Hauptkategorie des Ökonomen, seine liebste Tochter, die er in einem fort hätschelt und liebkost - und gebt acht, was für ein Medusengesicht da herauskommen wird.

Die nächste Folge des Privateigentums war die Spaltung der Produktion in zwei entgegengesetzte Seiten, die natürliche und die menschliche; den Boden ... und die menschliche Tätigkeit ... . Wir sahen ferner, wie sich die menschliche Tätigkeit wieder in die Arbeit und das Kapital auflöste und wie diese Seiten sich wieder feindselig gegenübertraten. Wir hatten also schon den Kampf der drei Elemente gegeneinander, anstatt der gegenseitigen Unterstützung der drei; jetzt kommt noch dazu, daß das Privateigentum die Zersplitterung jedes dieser Elemente mit sich bringt. Ein Grundstück steht dem andern, ein Kapital dem andern, eine Arbeitskraft der andern gegenüber. Mit andern Worten: Weil das Privateigentum jeden auf seine eigne rohe Einzelnheit isoliert und weil jeder dennoch dasselbe Interesse hat wie sein Nachbar, so steht ein Grundbesitzer dem andern, ein Kapitalist dem andern, ein Arbeiter dem andern feindselig gegenüber. In dieser Verfeindung der gleichen Interessen eben um ihrer Gleichheit willen ist die Unsittlichkeit des bisherigen Zustandes der Menschheit vollendet; und diese Vollendung ist die Konkurrenz.

Der Gegensatz der Konkurrenz ist das Monopol. Das Monopol war das Feldgeschrei der Merkantilisten, die Konkurrenz der Schlachtruf der liberalen Ökonomen. Es ist leicht einzusehen, daß dieser Gegensatz wieder ein durchaus hohler ist. Jeder Konkurrierende muß wünschen, das Monopol zu haben, mag er Arbeiter, Kapitalist oder Grundbesitzer sein. Jede kleinere Gesamtheit von Konkurrenten muß wünschen, das Monopol für sich gegen alle andern zu haben. Die Konkurrenz beruht auf dem Interesse, und das Interesse erzeugt wieder das Monopol; kurz, die Konkurrenz geht in das Monopol über. Auf der andern Seite kann das Monopol den Strom der Konkurrenz nicht aufhalten, ja es erzeugt die Konkurrenz selbst, wie z.B. ein Einfuhrverbot oder hohe Zölle die Konkurrenz des Schmuggelns geradezu erzeugen. - Der Widerspruch der Konkurrenz ist ganz derselbe wie der des Privateigentums selbst. Es liegt im Interesse jedes einzelnen, alles zu besitzen, aber im Interesse der Gesamtheit, daß jeder gleich viel besitze. So ist also das allgemeine und individuelle Interesse diametral entgegengesetzt. Der Widerspruch der Konkurrenz ist: daß jeder sich das Monopol wünschen muß, während die Gesamtheit als solche durch das Monopol verlieren und es also entfernen muß. Ja, die Konkurrenz setzt das Monopol schon voraus, nämlich das Monopol des Eigentums - und hier tritt wieder die Heuchelei der Liberalen an den Tag - und solange das Monopol des Eigentums besteht, solange ist das Eigentum des Monopols gleichberechtigt; denn auch das einmal gegebene Monopol ist Eigentum. Welche jämmerliche Halbheit ist es also, die kleinen Monopole anzugreifen und das Grundmonopol bestehen zu lassen. Und wenn wir hierzu noch den früher erwähnten Satz des Ökonomen ziehen, daß nichts Wert hat, was nicht monopolisiert werden kann, daß also nichts, was nicht diese Monopolisierung zuläßt, in diesen Kampf der Konkurrenz eintreten kann, so ist unsere Behauptung, daß die Konkurrenz das Monopol voraussetzt, vollkommen gerechtfertigt.“ [Engels: Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie, MEW Bd. 1, S. 513-514]


und an einer anderen Stelle:


„Man stelle sich auf welche Seite der Frage man wolle, die eine ist so schwierig wie die andere, das Monopol erzeugt die freie Konkurrenz und diese wieder das Monopol; darum müssen beide fallen und diese Schwierigkeiten durch die Aufhebung des sie erzeugenden Prinzips behoben werden.“ [522f]


Gehen wir jetzt zu einer genaueren Analyse dessen über, was Konkurrenz eigentlich ist und welche Rolle sie im Kapitalismus spielt.


Marx kritisiert, daß die Ökonomen die Konkurrenz nie entwickeln würden, soviel sie auch von ihr schwafeln, daß sie ein einseitiges Verständnis der freien Konkurrenz hätten. Sie verstehen die Konkurrenz nur negativ, als Abwesenheit oder Überwindung ihrer Einschränkung durch Monopole, durch staatliche Regulierungen, durch Korporationen, durch die feudale Produktionsweise. Aber das erklärt gar nichts. Die Konkurrenz muß auch positiv gefaßt werden. Positiv bestimmt ist die Konkurrenz „die innere Natur des Kapitals, seine wesentliche Bestimmung, erscheinend und realisiert als Wechselwirkung der vielen Kapitalien aufeinander, die innre Tendenz als äußerliche Notwendigkeit.“


Wie ist das zu verstehen? Ich versuche das mal an einem Beispiel zu verdeutlichen: Nehmen wir die allgemeine Profitrate. Die allgemeine Profitrate ist qualitativ und quantitativ bestimmt, völlig unabhängig von der Konkurrenz. Sie ist bestimmt als der gesamte in einer Gesellschaft geschaffene Mehrwert, ins Verhältnis gesetzt zum realen Gesamtkapital der Gesellschaft. Diese allgemeine Profitrate aufgeschlagen auf den kapitalistischen Kostpreis der Ware ergibt ihren Produktionspreis. Das Einzelkapital weiß davon nichts. Der einzelne Kapitalist scheint zunächst durchaus selbständig und souverän zu agieren. Er strebt nicht von sich aus danach, die Waren zu ihrem Produktionspreis zu verkaufen oder bloß denselben Profit wie alle anderen zu machen, sondern er versucht mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, so hoch wie möglich zu verkaufen, so billig wie möglich einzukaufen und größtmögliche Profite zu erzielen. Auch in der Entscheidung, was oder wieviel er produziert, scheint er "nur durch seine Willkür geleitet"1. In dieser Regellosigkeit, in der dem einzelnen Kapitalisten die Produktion überlassen bleibt, setzen sich die inneren Gesetze in der Form des gegenseitigen Drucks der Kapitale aufeinander durch, der dem einzelnen als von außen kommender, von anderen Kapitalisten herrührender Zwang erscheint. Der einzelne Kapitalist ist gelenkt von dem Bestreben, sein Kapital bestmöglich zu verwerten, eine möglichst hohe individuelle Profitrate zu realisieren. Dabei sind die Grenzen, an die er stößt, die Marktpreise, einerseits der benötigten Produktionsmittel und Arbeitskraft, andererseits der Ware, die er produzieren läßt. Die Marktpreise kann das Einzelkapital nicht bestimmen, sie werden durch Nachfrage und Zufuhr, d.h. durch die Konkurrenz geregelt. Konkurrenz, z.B. in der Form, daß die Kapitale aus den Anlagen auswandern, in denen die Profitrate unter dem Durchschnitt liegt und dahin, wo sie über dem Durchschnitt liegt. Dadurch wird in den Anlagen mit unterdurchschnittlicher Profitrate das Angebot verringert, in Anlagen mit überdurchschnittlicher, das Angebot erhöht. Folglich steigen die Marktpreise in der einen Anlage und sinken in der andren, so daß sich die Marktpreise tendentiell zur Höhe der Produktionspreise und damit die Profitraten zur allgemeinen Profitrate ausgleichen.


Die Bildung der allgemeinen Profitrate, ebenso wie die Bildung einer allgemeinen Mehrwertrate, die Bestimmung des Werts und Mehrwerts, sind immanente Gesetze des Kapitals und der kapitalistischen Produktionsweise. Aber durch die Konkurrenz werden diese inneren Gesetze den Einzelkapitalen äußerlich aufgezwungen. „Wirkung der einzelnen Kapitalien aufeinander bewirkt eben, daß sie als Kapital sich verhalten müssen; das scheinbar unabhängige Wirken der Einzelnen und ihr regelloses Zusammenstoßen ist grade das Setzen ihres allgemeinen Gesetzes. ... und Aufheben der scheinbaren Unabhängigkeit und selbständigen Bestehns der Einzelnen.“ Was in der Theorie unabhängig von der Konkurrenz als allgemeines Gesetz des Kapitalismus formuliert wird, realisiert sich praktisch durch die Konkurrenz. Aber aus der Konkurrenz sind die allgemeinen Gesetze des Kapitalismus nicht ableitbar. Sie ist nur die Art und Weise, auf die den einzelnen Kapitalen die inneren Gesetze des Kapitals äußerlich aufgezwungen werden.


Marx: „Die Konkurrenz kann nur bewirken, daß Produzenten innerhalb derselben Produktionssphäre ihre Waren zu gleichen Preisen verkaufen und daß sie innerhalb verschiedner Produktionssphären ihre Waren zu Preisen verkaufen, die ihnen denselben Profit geben, denselben proportionellen Zuschlag zu dem schon teilweise durch den Arbeitslohn bestimmten Preis der Ware. Die Konkurrenz kann daher nur Ungleichheiten in der Profitrate ausgleichen. Um ungleiche Profitraten auszugleichen, muß der Profit als Element des Warenpreises schon vorhanden sein. Die Konkurrenz schafft ihn nicht. Sie erhöht oder erniedrigt, aber sie schafft nicht das Niveau, welches eintritt, sobald die Ausgleichung stattgefunden. Und, indem wir von einer notwendigen Rate des Profits sprechen, wollen wir eben die von den Bewegungen der Konkurrenz unabhängige Profitrate kennen, welche ihrerseits die Konkurrenz reguliert. Die durchschnittliche Profitrate tritt ein mit dem Gleichgewicht der Kräfte der konkurrierenden Kapitalisten gegeneinander. Die Konkurrenz kann dies Gleichgewicht herstellen, aber nicht die Profitrate, die auf diesem Gleichgewicht eintritt. Sobald dies Gleichgewicht hergestellt ist, warum ist nun die allgemeine Profitrate 10 oder 20 oder 100%? Von wegen der Konkurrenz. Aber umgekehrt, die Konkurrenz hat die Ursachen aufgehoben, die Abweichungen von den 10 oder 20 oder 100% produzierten. Sie hat einen Warenpreis herbeigeführt, wobei jedes Kapital im Verhältnis seiner Größe denselben Profit abwirft. Die Größe dieses Profits selbst aber ist unabhängig von ihr. Sie reduziert nur alle Abweichungen immer wieder auf diese Größe.“ [MEW Bd. 25, S. 872f]


Wie steht es dabei nun mit den Hindernissen, wie Schutzzöllen, Subventionen, Kartellen, Monopolen, die der freien Konkurrenz der Kapitale im Wege stehn und sie hemmen? Zunächst scheint die freie Konkurrenz - angesichts dieser Hindernisse - an äußere Voraussetzungen gebunden, die unabhängig vom Kapital vorhanden sein können oder auch nicht, von denen es aber abhängt, ob die Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise mittels der Konkurrenz durchsetzbar sind oder nicht. Die freie Konkurrenz scheint abzuhängen von dem - mehr oder weniger zufälligen - Fehlen von Hindernissen. Fehlen jegliche Hindernisse, dann kann sich die Konkurrenz frei entfalten, und die Gesetze können sich verwirklichen. Treten Hindernisse auf, dann wird die Konkurrenz beschnitten, und die Gesetze verwirklichen sich nur begrenzt. Nehmen die Hindernisse zu, dann nimmt die Konkurrenz ab, und mit ihr schwindet der Realitätsgehalt der Gesetze dahin. So scheint es vom Standpunkt eines nur negativen Verständnisses der Konkurrenz.



Wenn man die Existenz der freien Konkurrenz mit dem Fehlen von Hindernissen begründet, so scheint die Auffassung von Marx, daß die Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise sich als notwendige Tendenzen zwangsläufig durchsetzen, recht willkürlich zu sein. Ist die freie Konkurrenz nur die Folge des Fehlens von Schranken, dann wird die Notwendigkeit selbst, mit der sich die Gesetze durchsetzen, in Frage gestellt. Vielmehr erscheinen die Gesetze selbst als Folge der Freiheit der Konkurrenz, als abhängig davon, ob Konkurrenz ohne Einschränkung existiert oder nicht.

Die Lösung des Problems liegt m.E. darin, daß die Schranken der Konkurrenz selbst Gegenstand und Bestandteil der Konkurrenz sind.

Die volle Existenz uneingeschränkter Konkurrenz ist zwar eine Bedingung für die Verwirklichung der inneren Natur des Kapitals, aber die immanenten Gesetze des Kapitals wären überhaupt keine Gesetze, - sich mit Notwendigkeit realisierende Tendenzen -, wenn sie nicht auch die Bedingungen ihrer Verwirklichung schaffen würden. Die uneingeschränkte Konkurrenz gehört daher zu den "Verwirklichungsbedingungen des Kapitals, die es selbst mehr und mehr produzieren muß"2. Sie ist "darum nicht die Voraussetzung, für die Wahrheit der ökonomischen Gesetze, sondern die Folge - die Erscheinungsform, worin sich ihre Notwendigkeit realisiert."3 Freie Konkurrenz bedeutet daher nicht eine bloße Abstraktion von Schranken oder Abwesenheit von Monopolen als gedachte oder zufällig gegebene Voraussetzung für die Realität der Gesetze, sondern schließt die Tendenz der Überwindung gegebener Schranken und Befreiung von Hindernissen ein. Als solche bringt sie die innere Notwendigkeit, die in den Gesetzen des Kapitals theoretisch formuliert wird, in der Wirklichkeit als äußere Notwendigkeit zum Ausdruck. In diesem Sinne sagt Marx über das Gesetz der allgemeinen Profitrate: "Es ist die stete Tendenz der Kapitale, durch die Konkurrenz diese Ausgleichung in der Verteilung des vom Gesamtkapital erzeugten Mehrwerts zu bewirken und alle Hindernisse dieser Ausgleichung zu überwältigen."4

Wenden wir uns nun, nach dieser Reflektion über den Charakter der Konkurrenz, den Schranken der Konkurrenz, dem Monopol zu. Ich versuche die wichtigsten Formen des Monopols, die Marx im Kapital erwähnt mal systematisch in 6 Gruppen zusammenzufassen.


1. Die grundlegenden Klassenmonopole

Das grundlegende Monopol in Klassengesellschaften ist das Monopol einer Gruppe von Menschen an den Produktionsmitteln und Produktionsbedingungen. Es konstituiert die Klassen. Gerade in der Konkurrenz und durch die Konkurrenz erscheint und verwirklicht sich das Monopol der Kapitalistenklasse an den Arbeits- und Lebensbedingungen und das Monopol der kapitalistischen Produktionsweise. Durch die Konkurrenz werden die Kapitalisten zu wirklichen Gesellschaftern des Kapitals, die proportional ihrer Kapitalgröße an der Ausbeutung der Arbeiterklasse beteiligt sind. Die Konkurrenz ist die Weise auf die das Kapital andere Produktionsweisen durchdringt und seine eigne Produktionsweise durchsetzt. Die Konkurrenz ist auf dieser Ebene einerseits die Weise, auf die sich das Monopol realisiert, während andererseits dieses grundlegende Monopol die innere Voraussetzung für die Entwicklung der Konkurrenz ist. Gleichzeitig setzt dieses grundsätzliche Monopol - oder setzen diese grundsätzlichen Monopole, wenn man das Monopol des Grundeigentums gesondert betrachtet, - der kapitalistischen Produktionsweise die Schranken, die sie selbst nicht überwinden kann, die für sie absolute Schranken sind.


2. spricht Marx vom gesellschaftlichen Monopol der Geldware, allgemeines Äquivalent zu sein.

Dies ist neben dem grundlegenden Klassenmonopol das wichtigste Monopol, das eine Voraussetzung der kapitalistischen Produktionsweise bildet. Dies Monopol, das gleichfalls nicht nur Voraussetzung, sondern auch Schranke für die Entwicklung des Kapitalismus ist, kann mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise zwar nicht aufgehoben, jedoch beschränkt und relativiert werden, die Schranke kann verschoben werden, z.B. durch Schöpfung des Kreditgeldes. Oder wie Marx an andrer Stelle sagt, daß ”mit der Entwicklung des Kreditsystems die kapitalistische Produktion diese metallne Schranke, zugleich dingliche und phantastische Schranke des Reichtums und seiner Bewegung, beständig aufzuheben strebt, sich aber immer wieder den Kopf an dieser Schranke einstößt.” Möglicherweise könnte man zu diesen für die kapitalistische Produktionsweise notwendigen Monopolen noch weitere zählen, etwa das Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates.


3. Das Monopol der notwendigen Kapitalgröße. Ein Kapital muß eine bestimmte Mindestgröße haben, um in einer bestimmten Anlage produktiv wirken zu können. Diese Mindestgröße steigt im allgemeinen mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise. Damit werden kleinere Geldsummen daran gehindert, sich selbständig als Kapital zu verwerten. Die Vergesellschaftung des Kapitals, z.B. durch das Kreditwesen und die Bildung von Kapitalgesellschaften, ist die Form, in der das Kapital diese Schranken, die es sich selbst errichtet, überwindet.


Monopole im engeren Sinne sind Formen des Kräfteverhältnisses in der Konkurrenz, die einzelne Kapitale mehr oder weniger dauerhaft befähigen, ihre Waren über dem Produktionspreis zu verkaufen, oder anders ausgedrückt einen über der allgemeinen Profitrate liegenden Profit an sich zu ziehen. Hierzu zählt Marx die momentanen, die natürlichen und die künstlichen Monopole.


4. Die momentanen Monopole


4a. Das zufällige Monopol. Unter zufälligem Monopol versteht Marx das Monopol, das dem Käufer oder Verkäufer erwächst aus dem zufälligen Stand von Nachfrage und Angebot. Das zufällige Monopol ist eine momentane Angelegenheit, ein momentanes Kräfteverhältnis in der Konkurrenz, das seinerseits die Konkurrenz hervorruft, durch die es wieder aufgehoben wird. Als zufälliges Gegenüberstehen eines einzigen Anbieters gegenüber einer Masse von Nachfragern oder umgekehrt auf einem Markt ist das zufällige Monopol ein Sonderfall. Aber als gemeinschaftliches Monopol entweder der Anbieter oder der Nachfrager einer Ware ist er der Regelfall des jeweiligen Standes der Konkurrenz. Wir kommen somit zu Punkt


4b., dem gemeinschaftlichen Monopol. ”... bei Zufuhr und Nachfrage ist die Zufuhr gleich der Summe der Verkäufer oder Produzenten einer bestimmten Warenart und die Nachfrage gleich der Summe der Käufer oder Konsumenten ... derselben Warenart. Und zwar wirken die Summen aufeinander als Einheiten, als Aggregatkräfte. Der einzelne wirkt hier nur als Teil einer gesellschaftlichen Macht, als Atom der Masse, und es ist in dieser Form, daß die Konkurrenz den gesellschaftlichen Charakter der Produktion und Konsumtion geltend macht.

Die Seite der Konkurrenz, die momentan die schwächere, ist zugleich die, worin der einzelne unabhängig von der Masse seiner Konkurrenten und oft direkt gegen sie wirkt und grade dadurch die Abhängigkeit des einen von dem andren fühlbar macht, während die stärkre Seite stets mehr oder minder als geschloßne Einheit dem Widerpart gegenübertritt. Ist für diese bestimmte Sorte Waren die Nachfrage größer als die Zufuhr, so überbietet - innerhalb gewisser Grenzen - ein Käufer den andren und verteuert so die Ware für alle über den Marktwert, während auf der andern Seite die Verkäufer gemeinsam zu einem hohen Marktpreis zu verkaufen suchen. Ist umgekehrt die Zufuhr größer als die Nachfrage, so fängt einer an, wohlfeiler loszuschlagen, und die andren müssen folgen, während die Käufer gemeinsam darauf hinarbeiten, den Marktpreis möglichst tief unter den Marktwert herabzudrücken. Die gemeinsame Seite interessiert jeden nur, solange er mehr mit ihr gewinnt als gegen sie. Und die Gemeinsamkeit hört auf, sobald die Seite als solche die schwächere wird, wo dann jeder einzelne auf eigne Hand sich möglichst gut herauszuwinden sucht. ... Hat eine Seite die Oberhand, so gewinnt jeder, der ihr angehört; es ist, als hätten sie ein gemeinschaftliches Monopol geltend zu machen. Ist eine Seite die schwächre, so kann jeder für seinen eignen Teil suchen, der Stärkre zu sein (z.B. wer mit weniger Produktionskosten arbeitet) oder wenigstens so gut wie möglich davonzukommen, und hier schert er sich den Teufel um seinen Nebenmann, obgleich sein Wirken nicht nur ihn, sondern auch alle seine Kumpane mit berührt.32“ [MEW. 25, S. 203-204]

An dem gemeinschaftlichen Monopol zeigt sich sehr deutlich, daß das Monopol nicht nur Negation und Grenze der Konkurrenz, sondern zugleich Element und Prinzip der Konkurrenz ist. (Genauso läßt sich vom Monopol zeigen, daß die Konkurrenz nicht nur Negation und Grenze des Monopols, sondern zugleich sein Element und Prinzip ist. Das entwickelt Klaus Winter in seiner Arbeit ”Monopolkapitalismus und Finanzkapital - Zur Problematik beider Begriffe in Lenins Imperialismus-Schrift” plastisch am Beispiel der Darstellung der Funktionsweise der Kartelle in Fritz Kestners Buch ”Der Organisationszwang”. Zwischen Konkurrenz und Monopol besteht ein Verhältnis der Identität von Identität und Nichtidentität, in dem sie als ihre gegenseitigen Bildungselemente sich gegenseitig Schranken setzen und in dem Bestreben der Überwindung dieser Schranken ineinander umschlagen. Dauerhafter als die momentanen Monopole, die nur Ausdrucksweisen des jeweiligen Standes der Konkurrenz sind, sind die natürlichen und künstlichen Monopole.


5. Natürliche Monopole. Als natürliche Monopole bezeichnet Marx die aus der kapitalistischen Produktionsweise selbst entspringenden. Hierzu gehört


5a) Monopolprofit einer Sphäre bei niederer Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise

”Was die Konkurrenz, zunächst in einer Sphäre, fertigbringt, ist die Herstellung eines gleichen Marktwerts und Marktpreises aus den verschiednen individuellen Werten der Waren. Die Konkurrenz der Kapitale in den verschiednen Sphären aber bringt erst hervor den Produktionspreis, der die Profitraten zwischen den verschiednen Sphären egalisiert. Zu dem letztren ist höhere Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise erheischt als zu dem frühern.” [MEW 25, S. 189-190] Der Monopolprofit einer Sphäre kann also zum einen auf natürliche Weise entstehen, dadurch, daß die kapitalistische Produktionsweise noch nicht weit genug entwickelt ist, um diese Sphäre in die Ausgleichung der Profitraten einzubeziehen (und die betreffende Sphäre eine unterdurchschnittliche organische Zusammensetzung hat?) oder auf künstliche Weise, in dem die Zuwanderung von Kapital in diese Sphäre künstlich behindert wird, aber das kommt später bei den künstlichen Monopolen. Mit der weiteren Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise, bzw. mit der Einbeziehung einer neuen Sphäre, die zunächst als Nischenproduktion entstand, in den Konkurrenzraum der Kapitale verschwindet dieses Monopol.

Marx: ”Werden die Waren ... zu ihren Werten verkauft, so entstehn ... sehr verschiedne Profitraten in den verschiednen Produktionssphären, je nach der verschiednen organischen Zusammensetzung der darin angelegten Kapitalmassen. Das Kapital entzieht sich aber einer Sphäre mit niedriger Profitrate und wirft sich auf die andre, die höheren Profit abwirft. Durch diese beständige Aus- und Einwandrung, mit einem Wort, durch seine Verteilung zwischen den verschiednen Sphären, je nachdem dort die Profitrate sinkt, hier steigt, bewirkt es solches Verhältnis der Zufuhr zur Nachfrage, daß der Durchschnittsprofit in den verschiednen Produktionssphären derselbe wird und daher die Werte sich in Produktionspreise verwandeln. Diese Ausgleichung gelingt dem Kapital mehr oder minder, je höher die kapitalistische Entwicklung in einer gegebnen nationalen Gesellschaft ist: d.h. je mehr die Zustände des betreffenden Landes der kapitalistischen Produktionsweise angepaßt sind. Mit dem Fortschritt der kapitalistischen Produktion entwickeln sich auch ihre Bedingungen, unterwirft sie das Ganze der gesellschaftlichen Voraussetzungen, innerhalb deren der Produktionsprozeß vor sich geht, ihrem spezifischen Charakter und ihren immanenten Gesetzen.

Die beständige Ausgleichung der beständigen Ungleichheiten vollzieht sich um so rascher, 1. je mobiler das Kapital, d.h. je leichter es übertragbar ist von einer Sphäre und von einem Ort zum andern; 2. je rascher die Arbeitskraft von einer Sphäre in die andre und von einem lokalen Produktionspunkt auf den andren werfbar ist. Nr. 1 unterstellt vollständige Handelsfreiheit im Innern der Gesellschaft und Beseitigung aller Monopole außer den natürlichen, nämlich aus der kapitalistischen Produktionsweise selbst entspringenden. Ferner Entwicklung des Kreditsystems, welches die unorganische Masse des disponiblen gesellschaftlichen Kapitals den einzelnen Kapitalisten gegenüber konzentriert; endlich Unterordnung der verschiednen Produktionssphären unter Kapitalisten. Dies letztre ist schon in der Voraussetzung eingeschlossen, wenn angenommen wurde, daß es sich um Verwandlung der Werte in Produktionspreise für alle kapitalistisch ausgebeuteten Produktionssphären handelt; aber diese Ausgleichung selbst stößt auf größre Hindernisse, wenn zahlreiche und massenhafte, nicht kapitalistisch betriebne Produktionssphären (z.B. Ackerbau durch Kleinbauern) sich zwischen die kapitalistischen Betriebe einschieben und mit ihnen verketten. Endlich große Dichtigkeit der Bevölkerung. - Nr. 2 setzt voraus Aufhebung aller Gesetze, welche die Arbeiter hindern, aus einer Produktionssphäre in die andre oder aus einem Lokalsitz der Produktion nach irgendeinem andern überzusiedeln. Gleichgültigkeit des Arbeiters gegen den Inhalt seiner Arbeit. Möglichste Reduzierung der Arbeit in allen Produktionssphären auf einfache Arbeit. Wegfall aller professionellen Vorurteile bei den Arbeitern. Endlich und namentlich Unterwerfung des Arbeiters unter die kapitalistische Produktionsweise.”


5 b) Das Monopol überdurchschnittlicher Produktivkraft und verbesserter Produktionsweise.

Die Produktion mit überdurchschnittlicher Produktivkraft, z.B. durch Einsatz neuer Maschinerie, die bei den Konkurrenten noch nicht zur Anwendung kommt, verringert die in diesem Betrieb zur Herstellung der Ware erforderliche Arbeitszeit unter die gesellschaftlich notwendige. Der individuelle Wert der vom Besitzer der neuen Maschinerie produzierten Waren sinkt unter ihren gesellschaftlichen Wert und sein Kostpreis ist geringer als der für die Produktion dieser Ware sonst übliche. Er kann so während der Übergangsperiode, worin der Betrieb mit der neuen Maschinerie eine Art Monopol bleibt, einen Extraprofit realisieren. Mit der durch die Konkurrenz bewirkten Verallgemeinerung der Maschinerie im selben Produktionszweig sinkt der gesellschaftliche Wert des Maschinenprodukts auf ihren individuellen Wert und mit dem Monopol und dem Extraprofit ist es vorbei. Ebenso wirkt und ist begrenzt das Monopol der verbesserten Produktionsweise, durch die die Umschlagszeiten des Kapitals unter den Durchschnitt herabgedrückt werden.

Das Monopol überdurchschnittlicher Produktivkraft kann sich nicht nur auf ein einzelnes Kapital beziehen, sondern auch auf das Kapital einer Nation. Auf dem Weltmarkt zählt die produktivere nationale Arbeit als intensivere, sooft die produktivere Nation nicht durch die Konkurrenz gezwungen wird, den Verkaufspreis ihrer Waren auf ihren Wert zu senken. (MEW 23,584) In diesem Sinne spricht Marx davon, daß 1770 - 1815 die englischen Fabrikanten das Monopol der Maschinerie und des Weltmarkts besaßen. [ MEW 23, S. 429; MEW 25, S. 325]


5 c) monopolisierte Naturkräfte

Marx entwickelt das am Beispiel von Wasserfällen, die als Triebkraft für Mühlen, Turbinen usw. benutzt werden können: „Der Teil der Fabrikanten, der die Wasserfälle besitzt, schließt den Teil, der sie nicht besitzt, von der Anwendung dieser Naturkraft aus, weil der Boden und noch mehr der mit Wasserkraft begabte Boden beschränkt ist. ... Der Besitz dieser Naturkraft bildet ein Monopol in der Hand ihres Besitzers, eine Bedingung hoher Produktivkraft des angelegten Kapitals, die nicht durch den Produktionsprozeß des Kapitals selbst hergestellt werden kann; diese Naturkraft, die so monopolisierbar ist, haftet immer an der Erde. Eine solche Naturkraft gehört nicht zu den allgemeinen Bedingungen der fraglichen Produktionssphäre und nicht zu den Bedingungen derselben, die allgemein herstellbar sind.

Denken wir uns nun die Wasserfälle, mit dem Boden, zu dem sie gehören, in der Hand von Subjekten, die als Inhaber dieser Teile des Erdballs gelten, als Grundeigentümer, so schließen sie die Anlage des Kapitals am Wasserfall und seine Benutzung durch das Kapital aus. Sie können die Benutzung erlauben oder versagen. Aber das Kapital aus sich kann den Wasserfall nicht schaffen. Der Surplusprofit, der aus dieser Benutzung des Wasserfalls entspringt, entspringt daher nicht aus dem Kapital, sondern aus der Anwendung einer monopolisierbaren und monopolisierten Naturkraft durch das Kapital. Unter diesen Umständen verwandelt sich der Surplusprofit in Grundrente, d.h. er fällt dem Eigentümer des Wasserfalls zu.“ [MEW 25, S. 658-659]

Durch monopolisierte Naturkräfte bildet sich also ein Monopol überdurchschnittlicher Produktivkraft, die nicht durch Verallgemeinerung allgemein herstellbar ist, und daher ein dauerhafteres Monopol bildet, als das aus Technologievorsprung entstehende Monopol überdurchschnittlicher Produktivkraft. Dennoch sind auch diese Monopole relativ: „Es schließt dies nicht aus, daß, obgleich die Masse der natürlichen Wasserfälle in einem Lande beschränkt ist, die Masse der zur Industrie vernutzbaren Wasserkraft vermehrt werden kann. Der Wasserfall kann künstlich abgeleitet werden, um seine Triebkraft vollständig auszunutzen; den Fall gegeben, kann das Wasserrad verbessert werden, um möglichst viel von der Wasserkraft zu verwenden; wo das gewöhnliche Rad für die Wasserzufuhr nicht paßt, können Turbinen angewandt werden etc.“ D.h. mit der Entwicklung der Produktivkraft entwickeln sich Möglichkeiten zur Umgehung dieses Monopols. Windkraft und Solarenergie ersetzen fehlende Wasserkraft; Bei Bodenschätzen können z.B. Lagerstätten geringerer Produktivität in Abbau genommen werden, synthetische Ersatzstoffe werden entwickelt usw. Ebenso wie monopolisierte Naturkräfte als ein dauerhafteres Monopol überdurchschnittlicher Produktivkraft wirken, wirkt auch durch Patente etc. monopolisiertes Wissen.


6. künstliche Monopole. Hierzu zählt Marx


6 a) Monopole, die Relikte vorkapitalistischer Produktionsweisen sind. Hierher gehören die ganzen Privilegiensysteme, Stapelrechte, Zölle, das Zunftwesen, die Handelsmonopole, das Monopol des Wuchers usw. Diese werden zunächst vom Kapital genutzt, dann aber, in dem Maße, in dem sie der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise Schranken setzen, durch die Konkurrenz aufgelöst.


6 b) Direkt an den vorigen Punkt schließen sich die Monopole an, die zur Entwicklung des Kapitalismus in bestimmten Bereichen künstlich geschaffen werden. Hierzu gehören gesetzliche Monopole für den Betrieb bestimmter Industrie- und Handelszweige, Schutzzölle und Subventionen, die die nachholende Entwicklung einer inländischen Industrie gegen ausländische Konkurrenz sichern, oder in einer späteren Phase dieser Industrie Monopolprofite im Inland sichern, oder das Überleben nicht konkurrenzfähiger Kapitale sichern. Diese Monopole werden allesamt zu bestimmten Zeitpunkten der gesellschaftlichen Entwicklung zu Hemmnissen für die Kapitalentwicklung und durch die Konkurrenz überwunden. Hier wird noch mal schön deutlich, daß das Monopol nur eine Form der Konkurrenz ist: Um das englische Monopol der fortgeschritteneren Produktivkraft zu brechen, umgaben sich Deutschland und die USA mit Schutzzöllen hinter deren Schutz sie Grundindustrien aufbauten, die sich Monopolprofite aneignen konnten und dadurch gegenüber dem englischen Monopol konkurrenzfähig wurden.


Dies alles weist darauf hin, daß Monopole nur eine sehr eingeschränkte Lebensdauer haben.

Die Grundlage ihrer Dauerhaftigkeit ist die Verhinderung der Zuwanderung von Kapital in die monopolisierten Sphären, die hier dauerhaft ein die Nachfrage unterschreitendes Angebot sichert.

Dies beschränkt aber auch den Monopolisten selbst. Er kann seine Monopolprofite nur sehr beschränkt in der monopolisierten Sphäre akkumulieren, denn damit würde er sich selbst Konkurrenz machen. Er muß also um seinen Monopolprofit in der einen Sphäre zu erhalten, zur Akkumulation in andre Sphären ausweichen, in denen kein Monopolprofit zu realisieren ist, sondern nur allgemeiner Profit, der seinerseits anteilig um genau die Profitmenge gegenüber dem Durchschnittsprofit verringert ist, um die der Monopolprofit über die Durchschnittsprofitrate erhöht ist. Das bedeutet: Je mehr das Monopolkapital akkumuliert, desto mehr wird es wieder zum nur Durchschnittsprofit erzielenden Kapital.


Sehen wir uns überhaupt die Monopolprofite näher an. Die monopolisierten Bereiche gehen nicht in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate ein. Was die Monopole an Profit mehr kriegen, muß vom Profit des übrigen Kapitals abgezogen werden. Die allgemeine Profitrate des nicht monopolisierten Bereiches sinkt also. Wenn die Monopole - wie die Imperialismus-Theorien annehmen, zu einem dauerhaften und quantitativ bedeutenden Phänomen werden, ist das nicht zu vernachlässigen. Der erzielbare Monopolprofit hat nach Masse und Höhe seine absolute Grenze darin, daß das nichtmonopolisierte Kapital mindestens noch Zins und Aufsichtslohn abwerfen können muß. Hier zeigt sich, daß auch das sogenannte Monopolkapital von der Wirkung der Kapitale aufeinander, d.h. von der Konkurrenz nicht ausgenommen ist.

Nach Hilferding und Lenin führt die Konzentration der Produktion zur Kartellierung von Anlagesphären, die weitere Konzentration bewirken und außerdem als Reaktion die Kartellierung weiterer Sphären. Zunehmende Kartellierung, ebenso wie der tendentielle Fall der Profitrate würden aber irgendwann zu dem Punkt führen, an dem eine Abnahme der Profite in den nicht kartellierten Bereichen nicht mehr möglich ist und jede weitere Ausweitung der Kartellierung, der monopolisierten Bereiche, eine Verringerung des Monopolprofits zur Folge hätte. Hätten sich die Monopole der gesamten kapitalistischen Produktion bemächtigt, so wären sie keine Monopole mehr, denn sie könnten nur noch Durchschnittsprofit realisieren, weil kein Kapital mehr vorhanden wäre, von dem sie durch Profitumverteilung ihre Monopolprofite erhalten könnten. An dieser Überlegung zeigt sich, daß die Monopole ganz prinzipiell, also unabhängig von der Konkurrenz, den Gesetzen der kapitalistischen Produktionsweise unterworfen sind und sich keineswegs über das Wertgesetz hinwegsetzen, oder es gar im Generalkartell tendentiell aufheben können, wie Hilferding meinte. (s. Das Finanzkapital, S. 318f)

In der Wirklichkeit, in der Konkurrenz der Monopole untereinander und gegenüber dem Kapital nichtmonopolisierter Sphären, setzt die Ohnmacht der Monopole gegenüber den allgemeinen Gesetzen des Kapitalismus, setzen die Schranken des Monopolprofits noch viel früher ein.


Zu diesen allgemeinen Überlegungen kommt hinzu: Eine kritische Überprüfung der empirischen Fakten, auf die Hilferding und Lenin sich bei ihrer Charakterisierung des zeitgenössischen Kapitalismus als Monopolkapitalismus stützten, führt auch auf der Erscheinungsebene zu der Frage, ob hier eine richtige und zulässige Verallgemeinerung vorliegt. Das untersucht Klaus Winter in seiner hochinteressanten Arbeit ”Monopolkapitalismus und Finanzkapital - Zur Problematik beider Begriffe in Lenins Imperialismus-Schrift”. Dazu zum Abschluß einen exemplarischen Ausschnitt:

„Die These von der Untergrabung der Warenproduktion, von der Ablösung des Wertgesetzes durch das Herrschaftsverhältnis der Monopole gegenüber dem Rest der Gesellschaft stützt Lenin auf die Untersuchung über die Kartelle in Deutschland in Fritz Kestners Buch 'Der Organisationszwang'.“

Nach Winter zeigt Kestner in diesem Buch, wie die Kartelle mit ihren Zwangsmaßnahmen nach innen und außen einen Abwehrkampf gegen die Konkurrenz führen, die aber gerade dadurch immer wieder auf's Neue hervorgerufen werde. „Das erste, was Kestner also darstellt, sind nicht die Methoden, zu denen das Kartell greift, - diese werden von Lenin ausschließlich angeführt - Kestner fragt sich zunächst, warum das Kartell überhaupt zu gewissen Zwangsmitteln greifen muß. Die Ursache sieht er in der Konkurrenz, die die Kartellpolitik durchkreuzt, und er versucht, genauer festzustellen, "von welchen Voraussetzungen die Entstehung der Gegensätze abhängig ist"5. Die allgemeine Grundlage für die Entstehung der Gegensätze besteht nach Kestners Schilderung darin, daß sich die Kapitale innerhalb und außerhalb des Kartells nach ihrer "Rentabilität", d.h. nach ihren Verwertungsmöglichkeiten richten. Sie verhalten sich wirklich als Kapitale, sie folgen dem ihnen innewohnenden Verwertungstrieb der mit Notwendigkeit die Konkurrenz hervortreibt, die zu einer Gefahr für das Kartell wird. Der Kartellvertrag selbst - weit davon entfernt, die Konkurrenz zu beseitigen, aufzuheben oder zu ersetzen - mag sie zeitweise latent halten, auf die Dauer aktiviert und befördert er sie. Erst auf diesem Boden kapitalistischer Verhältnisse wird das verständlich, was Kestner den "Organisationszwang" nennt, die Abwehrmaßnahmen des Kartells gegen die spontan sich entwickelnde Konkurrenz. Der Charakter dieses Organisationszwangs ist von vornherein defensiv.”

Bezüglich der Wirksamkeit des Organisationszwangs kommt Kestner zu dem Schluß: ”"Wenn man so die Kartelle allgemein in Tätigkeit sieht, die Entstehung neuer Konkurrenz zu verhindern, so sind doch der Durchführbarkeit derartig dauernder Monopolisierungen verhältnismäßig enge Schranken gezogen. In der weit überwiegenden Mehrzahl der Industriezweige und des Handels ist zwar eine vorübergehende, aber - ohne Staatshilfe - keine dauernde Monopolisierung möglich."6 Damit bestreitet Kestner nicht den Umfang, den die Kartellbildung in Deutschland angenommen hat. Von ihm wird aber "der grundsätzliche Unterschied betont, der sich zwischen der Möglichkeit, ein Gewerbe zu kartellieren und zu monopolisieren zeigt. Die Zahl der Gewerbe, in denen sich Verbände schließen lassen, ist nach den heutigen Erfahrungen fast unbegrenzt. Monopolisieren lassen sich dagegen nur ganz wenige Gewerbe, denn dazu ist, abgesehen vom Eingreifen des Staates, in aller Regel notwendig, daß es gelingt, eines der Produktionsmittel vor jeder neuen Konkurrenz abzusperren."7 Es mag das subjektive Ziel der Kartelle sein, ein Monopol zu errichten; aber seiner Verwirklichung sind objektive Grenzen gesetzt. Darin ist der grundsätzliche Unterschied zu sehen, auf den Kestner hinweist.”

Winter: ”

Vergleichen wir an dieser Stelle Kestners Ausführungen mit dem Bild, das Lenin von dem "Organisationszwang" zeichnet. Außer den Ursachen des "Organisationszwangs", der sich spontan entwickelnden Konkurrenz, hat Lenin auch den "Internen Kartellzwang" nicht erwähnt, die Abwehrmaßnahmen gegen die zentrifugalen Tendenzen der selbständigen Kartellmitglieder. Diese inneren Widersprüche bilden aber erst die Basis für die Instabilität der Kartelle. Auch auf die Grenzen, denen die Wirksamkeit der Kartellmaßnahmen gegen Außenseiter unterliegen - ganz abgesehen von den beschränkten Möglichkeiten der Vorbeugung -, ist Lenin nicht eingegangen. Kestner konnte die Kartelle nicht, wie Lenin es zu tun pflegt, als "Monopolverbände" bezeichnen, da ihm die Realisierbarkeit monopolistischer Absichten als viel zu begrenzt erschien. Nach beiden Seiten - hinsichtlich der Ursachen und der Wirksamkeit - stellt sich der Kartellzwang für Kestner als ein abhängiges, durch kapitalistische Verhältnisse bedingtes und begrenztes Phänomen dar. Er ist eine Reaktion auf die spontane kapitalistische Konkurrenz, und er bekämpft sie im allgemeinen vergeblich. Lenin dagegen nennt den Kartellzwang einen "Zwang zur Unterwerfung unter die Monopolverbände", dessen Ursache im Monopol selbst zu suchen ist, denn die mit gewaltsamen Mitteln ausgeübte Herrschaft ist das, "was aus der Bildung allmächtiger wirtschaftlicher Monopole unvermeidlich hervorgehen mußte und hervorgegangen ist"8. Es zeigt sich hierin die Auffassung, daß das Monopol auf keiner tieferen Grundlage steht, der es untergeordnet ist und die seine Wirkungen begrenzt. Daher die "Allmacht" und selbstherrliche "Willkür" des Monopols, dessen Zwangsmaßnahmen jeden Widerstand zu brechen imstande sind: "Durch die Monopolinhaber werden alle diejenigen abgewürgt, die sich dem Monopol, seinem Druck, seiner Willkür nicht unterwerfen."9” Soweit meine Ausführungen, die meine erheblichen Zweifel daran begründen, ob man überhaupt von einem monopolistischen Stadium des Kapitalismus sprechen kann.


1 S. 887

2 S. 454

3 S. 450

4 MEW 25, S, 769

22»Wenn jeder einzelne einer Klasse nie mehr haben könnte als einen gegebenen Anteil oder einen aliquoten Teil von Gewinn und Besitz des Ganzen, so würde er sich bereitwillig vereinigen, um die Gewinne hinaufzutreiben« (das tut er, sobald das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr es erlaubt): »das ist Monopol. Aber wo jeder einzelne denkt, daß er irgendwie die absolute Summe seines eigenen Anteils vergrößern könne, wenn auch durch ein Verfahren, das die Gesamtsumme verringert, wird er es oft tun: das ist Konkurrenz.« (»An Inquiry into those principles respecting the nature of demand etc.«, London 1821, p. 105.)

5 S. 7

6 S. 164

7 S. 255 f

8 LW 22, S. 211

9 LW 22, S. 210