Kapital
Team Fritz Finkh
Thema Kapital Bd.3., VI. Abschnitt, 41., 42., 43. Kapitel:Die Differentialrente II - Drei Fallunterscheidungen: Bei gleichem - fallendem - steigendem Produktionspreis (Konspekt)
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Letzte Bearbeitung 8/2004
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41 , 42., 43. Kapitel:Die Differentialrente II - Drei Fallunterscheidungen: Bei gleichem - fallendem - steigendem Produktionspreis

41 , 42., 43. Kapitel:Die Differentialrente II - Drei Fallunterscheidungen: Bei gleichem - fallendem - steigendem Produktionspreis

  [Der Rote Faden]
=> Die vorliegenden drei Kapiteln nehmen den Roten Faden des vorangegangenen Kapitel auf: das 40. Kapitel hatte die Formbestimmungen der Differentialrente II dargelegt - in welcher Form sich also der Surplusprofit zuschüssiger Kapitalanlage, sukzessiv auf denselben Boden angelegt, in Grundrente verwandelt. Die Modifzierungen dieser Form in den drei denkbaren, wie praktisch möglichen Fällen und zugehörigen neun Varianten des Produktionspreises werden in Kapitel 41. - bei konstantem - 42. - bei fallendem - 43. - bei steigendem Produktionspreis als Untermäander des Abschnitts über die Grundrente gelegt. Sie sind zu einem Konspekt zusammengezogen worden, weil die Wirkungen der Veränderungen des Produktionspreises auf die Höhe der Grundrente nur in ihrem Zusammenhang Sinn macht - unter Absehung der langatmigen Rechnereien.
In Kapitel 43 beschreibt Engels den Bearbeitungsstand der Kapitel 41, 42, 43 sowie daraus resultierende editorische Aufgabenstellung folgendermassen:
"Da der obige dritte Fall im Manuskript nicht ausgearbeitet war - es steht nur der Titel da -, so blieb es Aufgabe des Herausgebers, dies wie vorstehend so gut es ging zu ergänzen. Es bleibt ihm aber auch noch übrig, aus der ganzen bisherigen Untersuchung der Differentialrente II in ihren drei Hauptfällen und neun Unterfällen die sich ergebenden allgemeinen Schlüsse zu ziehn. Für diesen Zweck aber passen die im Manuskript gegebnen Beispiele nur wenig.
  • Sie nehmen erstens Bodenstücke in Vergleich, deren Erträge, für gleichgroße Flächen, sich verhalten wie 1 : 2 : 3 : 4; also Unterschiede, die schon von vornherein stark übertreiben und die im Verlauf der sich auf dieser Grundlage entwickelnden Annahmen und Berechnungen zu vollständig gewaltsamen Zahlenverhältnissen führen.
  • Zweitens aber erwecken sie einen durchaus falschen Schein. Wenn für Fruchtbarkeitsgrade, die sich verhalten wie 1 : 2 : 3 : 4 etc., sich Renten ergeben von der Reihe 0 : 1 : 2 : 3 etc., so fühlt man sich sofort versucht, die zweite Reihe aus der ersten abzuleiten und die Verdopplung, Verdreifachung etc. der Renten aus der Verdopplung, Verdreifachung usw. der Gesamterträge zu erklären.
Dies wäre aber durchaus unrichtig.
  • Die Renten verhalten sich wie 0 : 1 : 2 : 3 : 4 auch dann, wenn sich die Fruchtbarkeitsgrade verhalten wie n : n + 1 : n + 2 : n + 3 : n + 4;
  • die Renten verhalten sich nicht wie die Fruchtbarkeitsgrade, sondern wie die Fruchtbarkeitsunterschiede, von dem rentelosen Boden als dem Nullpunkt an gerechnet.

Die Tabellen des Originals mußten zur Erklärung des Textes gegeben werden. Um aber für die unten folgenden Resultate der Untersuchung eine anschauliche Grundlage zu erhalten, gebe ich in folgendem eine neue Reihe von Tabellen, worin die Erträge in Bushels (1/8 Quarter oder 36,35 Liter) und Schillingen (= Mark) angegeben sind."
(MEW Bd. 25, S. 726)
Den wesentlichen Einsichten tuen diese Rechenfehler keinen Abbruch, Engels hat an Band III diese formalen Beweisführungen an manchen Stellen selbständig nachholen müssen. Marx selbst reflektiert den Umfang des Untersuchungsgegenstands Grundrente nochmals in Kapitel 43:
 
[Engels zum Bearbeitungsstand der Kapitel 41, 42, 43]
"Die Rubriken, worunter die Rente zu behandeln, sind diese:
  • A. Differentialrente.
    1. Begriff der Differentialrente. Illustration an Wasserkraft. Übergang zur eigentlichen Ackerbaurente
    2. Differentialrente I, entspringend aus verschiedner Fruchtbarkeit verschiedner Bodenstücke
    3. Differentialrente II, entspringend aus sukzessiver Kapitalanlage auf demselben Boden.
      Zu untersuchen ist Differentialrente II
      • a) bei stationärem,
      • b) bei fallendem,
      • c) bei steigendem Produktionspreis.
      • Und ferner d) Verwandlung von Surplusprofit in Rente
    4. Einfluß dieser Rente auf die Profitrate
  • B. Rente.
  • C. Der Absolute Bodenpreis.
  • D. Schlußbetrachtungen über die Grundrente.
"
(MEW Bd. 25, S. 736)
Die Kapitel 41, 42, 43 behandeln also vorstehenden Unterpunkt A. 3. von a. bis d. Im folgenden gehen wir dies keineswegs tabellarisch durch - hierfür stehen die Exzerpte der Kapitel - sondern versuchen die Eigentümlichkeit der STEIGENDEN Grundrente bei fortgesetzter (=sukzessiver) jährlicher zuschüssiger Kapitalanlage staunend zu begreifen.
 
[Marxens Reflexion, unter welchen Rubriken die Rente zu behandeln ist]
Im Konspekt sei die von Engels aufgemachte Tabelle zur Differentialrente I zur Veranschaulichung der empirischen Beweisführung durch vergleichende Betrachtung sämtlich denkbarer Fallunterscheidungen vorweggestellt.

Zu unser aller Erinnerung: Differentialrente I ist die Verwandlungsform des Surplusprofits erstmaliger Kapitalanlage, gleichzeitig parallel auf Bodenstrecken unterschiedlicher Bodenqualität angelegt, in Grundrente.
"Die erste Tabelle (XI) entspricht der früheren Tabelle I. Sie gibt die Erträge und Renten für fünf Bodenqualitäten A-E, bei einer ersten Kapitalanlage von 50 sh., was mit 10 sh. Profit = 60 sh. Gesamtproduktionskosten per Acre ausmacht. Die Kornerträge sind niedrig angesetzt: 10, 12, 14, 16, 18 Bushels per Acre. Der sich ergebende regulierende Produktionspreis ist 6 sh. per Bushel." (MEW Bd. 25, S. 727)
Tabelle
Bodenart Produktionskosten - sh. Produkt - Bushels Verkaufspreis - sh. Ertrag - sh. Rente - sh. Rentsteigerung
A 60 (50+10) 10 6 60 0 0
B 60 (50+10) 12 6 72 12 12
C 60 (50+10) 14 6 84 24 2 * 12
D 60 (50+10) 16 6 96 36 3 * 12
E 60 (50+10) 18 6 108 48 4 * 12
Total 300 (250+50) - - 420 120 10 * 12
 
[Exemplare tabellarische Darstellung der Differentialrente I]

{Zur Verdeutlichung der gegenüber Unternehmensgewinn und Bankzinsen überproportionalen Höhe der Grundrente:

  • Die Pächterklasse legt geliehenes Kapital (hier in Spalte 1 repräsentativ 5 Pächter auf fünf verschiedenen Bodengüteklassen A bis E) in Gesamthöhe von 250 sh. - also jeder 50 sh. per acre neuer Bodenfläche - agroindustriell an. Auf diesen Kostpreis den Durschnittsprofit von 10 sh. geschlagen, ergibt als Produktionspreis des einzelnen Pächters 60 sh. - insgesamt 300 sh. per 5 acre für die Pächterklasse (Spalte 2).
  • Daraus ergibt sich, dass der Verkaufspreis (Spalte 4) bestimmt wird durch den Ertrag von 10 bushel (Spalte 3) des Pächters des schlechtesten Bodens A - 60 sh Einsatz geteilt durch 10 geerntete Weizeneinheiten (bushels) ergibt pro bushel 6 sh. Erlös. Denn nur weil A ebensfalls den Durchschnittsprofit erhält, legt er überhaupt das Kapital auf A an. A wirft also keine Rente ab.
  • Die Gesamtertäge der Pächterklasse (Spalte 5) für je 5 acre in Gesamthöhe von 420 sh. stehen ihr nur in Höhe der 300 sh. (Spalte 2) zu.
  • Also zahlt die Pächterklasse 120 sh Gesamtgrundrente (Spalte 6) als verwandelten Surplusprofit der Pächterunterklassen auf den jeweils besseren Bodenqualitäten an die Klasse der grossen Grundeigentümer.
  • exemplarisch bei aristokratisch-freundlichem Zahlenbeispiel (immerhin 20% agrikultureller Profit, moderate Spreizung der Ertragsdifferenzen des schlechtesten zum besten Boden):
    1. vorgeschossenes Gesamtkapital = 250 sh.
    2. zugehöriger Gesamtertrag = 420 sh.
    3. zugehöriger Gesamtprofit = 50 sh.
    4. zugehörige Gesamtgrundrente = 120 sh.
    5. aufs vorgeschossene Kapital bezogen, beträgt die agrikulturelle Profitrate 20% und die Rate der Grundrente im Durchschnitt fast 50% und in der Spitze der besten Böden sage und schreibe 100%.
    wahrhaft paradiesische Zustände der Grossgrundbesitzerklasse
Oder war Ihnen klar, dass die Eigentümerklasse des kapitalistischen Grund- und Bodenmonopols so überproportional viel unbezahlte Mehrarbeitszeit als Grundrente an sich zu ziehen vermag? Immerhin Raten der Grundrente im Durchschnitt um 50% aufs vorgeschossene Kapital - in der Spitze bis 100%. Der kapitalistischen Pächterklasse als dem Produzenten fällt hier ebenso ein ordentlicher Profit mit einer Rate von 20% zu - der durchschnittliche Zinsfuß von 5 % für das entsprechende Leihkapital und somit der Bankprofit erscheint in diesem Glanze als fast vernachlässigbare Grösse - entgegen ihrer Diffamierung durch das Gutmenschentum! (d.V.)}

 
[Tnterpretation der Tabelle als Sterntalerwunder der Klasse des Grossgrundbesitz]
Nun zur charakterisierenden Aufgliederung der zu untersuchenden Fallmenge.

41. Kapitel - Die Differentialrente II - Erster Fall: gleichbleibender Produktionspreis
Bei Fall I: konstanter Produktionspreis, haben wir:
  • Variante 1: Gleichbleibende Produktivität der zweiten Kapitalanlage (Tabelle XII).
  • Variante 2: Fallende Produktivität. Diese kann stattfinden, nur wenn auf Boden A keine zweite Anlage gemacht wird. Und zwar entweder
    • a) so, daß Boden B ebenfalls keine Rente aufbringt (Tabelle XIII) oder
    • b) so, daß Boden B nicht ganz rentelos wird (Tab. XIV).
    Variante 3: Steigende Produktivität (Tabelle XV). Auch diese Variante schließt zweite Kapitalanlage auf Boden A aus.
 
[Kapitel 41: Die Differentialrente II - Erster Fall: gleichbleibender Produktionspreis]
42. Kapitel - Die Differentialrente II - Zweiter Fall: fallender Produktionspreis
Bei Fall II: Fallender Produktionspreis, haben wir:
  • Variante 1: Gleichbleibende Produktivität der zweiten Anlage (Tabelle XVI).
  • Variante 2: Fallende Produktivität (Tabelle XVII).
  • Variante 3: Steigende Produktivität (Tabelle XVIII). Hier bleibt Boden A regulierend.
Die beiden Varianten 1 und 2 bedingen, daß Boden A außer Konkurrenz tritt, Boden B rentelos wird und den Produktionspreis reguliert.
 
[Kapitel 42: Die Differentialrente II - Zweiter Fall: fallender Produktionspreis]
43. Kapitel - Die Differentialrente II - Dritter Fall: steigender Produktionspreis
Bei Fall III: Steigender Produktionspreis, sind zwei Modalitäten möglich; Boden A kann rentelos und preisregulierend bleiben, oder aber, es tritt eine geringere Bodenqualität als A in Konkurrenz und reguliert den Preis, wobei A dann Rente abwirft.
  • Erste Modalität: Boden A bleibt regulierend.
    • Variante 1: Gleichbleibende Produktivität der zweiten Anlage (Tabelle XIX). Dies ist unter den Voraussetzungen nur zulässig, wenn die Produktivität der ersten Anlage abnimmt.
    • Variante 2: Fallende Produktivität der zweiten Anlage Tabelle XX); dies schließt gleichbleibende Produktivität der ersten Anlage nicht aus.
    • Variante 3: Steigende Produktivität der zweiten Anlage (Tabelle XXI); dies bedingt wieder fallende der ersten Anlage.
  • Zweite Modalität: Eine geringere (mit a bezeichnete) Bodenqualität tritt in Konkurrenz; Boden A wirft Rente ab.
    • Variante 1: Gleichbleibende Produktivität der zweiten Anlage (Tabelle XXII).
    • Variante 2: Fallende Produktivität (Tabelle XXIII).
    • Variante 3: Steigende Produktivität (Tabelle XXIV).
Die drei Varianten der zweiten Modalität gehn unter den allgemeinen Bedingungen des Problems vor sich und geben zu keinen Bemerkungen Anlaß.

{Diese Aufgliederung konspektiert nur die Fallmenge in ihren Bestimmungsunterschieden. Die empirische Beweisführung siehe Exzerpte(d.V.)}

 
[Kapitel 43: Die Differentialrente II - Dritter Fall: steigender Produktionspreis]
Die Auswirkungen dieser 3 Hauptfälle mit insgesamt 12 (Unter-)Varianten auf die Höhe der Differentialrente II
Die für vorstehende Fälle erstellten Tabellen ergeben nun folgendes:
  • die Reihe der Renten verhält sich genau wie die Reihe der Fruchtbarkeitsunterschiede,
  • hierbei ist der rentelose, den Verkaufspreis regulierende Boden als Nullpunkt genommen,
  • nicht die absoluten Erträge, sondern nur die Ertragsdifferenzen der verschiedenen Bodenqualitäten sind für die Rente bestimmend.
 
[Die Auswirkungen dieser 3 Fälle auf die Höhe der Differentialrente II]
Weit wichtiger aber ist das Resultat in Beziehung auf die Gesamtrentenerträge bei wiederholter Kapitalanlage auf demselben Boden.
  • In fünf Fällen aus den untersuchten dreizehn verdoppelt sich mit der Kapitalanlage auch die Gesamtsumme der Renten; Diese Fälle sind:
    • Fall I, konstanter Preis, Variante 1: gleichbleibende Produktionssteigerung (Tabelle XII).
    • Fall II, fallender Preis, Variante 3: wachsende Produktionssteigerung (Tabelle XVIII).
    • Fall III, steigender Preis, erste Modalität, wo Boden A regulierend bleibt, in allen drei Varianten (Tabelle XIX, XX, XXI).
  • In vier Fällen steigt die Rente um mehr als das Doppelte , nämlich:
    • Fall I, Variante 3, konstanter Preis, aber wachsende Produktionssteigerung (Tabelle XV).
    • Fall III, zweite Modalität, wo Boden A Rente abwirft, in allen drei Varianten.
  • In einem Fall steigt sie, aber nicht auf den doppelten Betrag der bei der ersten Kapitalanlage abfallenden Rente:
    • Fall I, konstanter Preis, Variante 2: fallende Produktivität der zweiten Anlage unter Bedingungen, wo B nicht ganz rentelos wird.
  • Endlich, nur in drei Fällen bleibt die Gesamtrente bei zweiter Kapitalanlage für alle Bodenarten zusammen, auf demselben Stand wie bei der ersten Anlage (Tabelle XI); es sind dies die Fälle, wo Boden A außer Konkurrenz gesetzt und Boden B den Verkaufspreis reguliert und damit rentelos wird. Die Rente für B fällt also nicht nur weg, sie wird auch von jedem folgenden Glied der Rentenreihe abgezogen; dadurch ist das Ergebnis bedingt. Diese Fälle sind:
    • Fall I, Variante 2, wenn die Bedingungen derart sind, daß Boden A ausfällt (Tabelle XIII).
    • Fall II, Variante 1 und 2. Hier fällt Boden A nach den Voraussetzungen notwendig aus (Tabelle XVI und XVII).
"Dies heißt also: in der großen Mehrzahl aller möglichen Fälle steigt die Rente, sowohl per Acre des Rente tragenden Bodens, wie namentlich in ihrer Gesamtsumme, infolge vermehrter Kapitalanlage auf den Boden." (MEW Bd. 25, S. 734)
  • Nur in 3 Fällen aus dreizehn untersuchten bleibt ihre Gesamtsumme unverändert.
  • Es sind dies die Fälle, wo die niedrigste, bisher rentelose und regulierende Bodenqualität außer Konkurrenz und die nächsthöhere an ihre Stelle tritt, also rentelos wird.
  • Aber auch in diesen Fällen steigen die Renten auf den besten Bodenarten gegen die der ersten Kapitalanlage geschuldeten.
  • Ein Fall der Gesamtrenten unter den Stand bei erster Kapitalanlage (Tab. XI) wäre nur möglich, wenn außer Boden A auch Boden B aus der Konkurrenz schiede und Boden C regulierend und rentelos würde.
 
[Diese Resultate sind wichtig in Beziehung auf die Höhe der Gesamtrente bei wiederholter Kapitalanlage auf demselben Boden - der Regel nach ihre (über-)proportionale Steigerung]
  • Je mehr Kapital also auf den Boden verwandt wird,
  • je höher die Entwicklung des Ackerbaus und der Zivilisation überhaupt in einem Lande steht,
  • desto höher steigen die Renten per Acre
  • sowohl wie die Gesamtsumme der Renten,
  • desto riesiger wird der Tribut, den die Gesellschaft den Großgrundbesitzern in der Gestalt von Surplusprofiten zahlt -
  • solange die einmal in Bebauung genommenen Bodenarten alle konkurrenzfähig bleiben.
 
[ Das Gestz der Steigerung der Gesamtrentenerträge bei wiederholter Kapitalanlage auf demselben Boden]

{Engels unterlegt diese - der logischen Beweisführung geschuldeten - Rechnereien - erfreulicherweise wie stets - mit der zugrundeliegenden historischen Entwicklung. Als gedankliche Wiederspiegelung gerade dieser Wirklichkeit vermochte Marx im mühevollen Forschungsgang die Grundrente in ihrer Genese und in ihren Bestimmungen als verwandelte Extraprofite zu begreifen und in den Büchern darzustellen.(d.V.)}

 
[Zum Verhältnis des Logischen und Historischen bei Engels]
Die wunderbare Engelsche Formulierung der parasitären historischen Stellung der Klasse der Großgrundbesitzer sei - in ihren historisch-spezifischen Ausformungen - hier in ganzer Länge in DEN ROTEN FADEN gewoben:
"Dies Gesetz erklärt die wunderbare Lebenszähigkeit der Klasse der großen Grundbesitzer. Keine Gesellschaftsklasse lebt so verschwenderisch, keine nimmt so, wie diese, ein Recht auf einen hergebrachten »standesgemäßen« Luxus in Anspruch, einerlei woher das Geld dazu kommt, keine häuft so leichten Herzens Schulden über Schulden auf. Und doch fällt sie immer wieder auf die Füße - dank dem in den Boden gesteckten Kapital andrer Leute, das ihr Renten einträgt, ganz außer allem Verhältnis zu den Profiten, die der Kapitalist daraus zieht.
Dasselbe Gesetz erklärt aber auch, warum diese Lebenszähigkeit des großen Grundbesitzers allmählich sich erschöpft.
Als die englischen Kornzölle 1846 abgeschafft wurden, glaubten die englischen Fabrikanten, sie hätten dadurch die grundbesitzende Aristokratie in Paupers verwandelt. Statt dessen wurde sie reicher als je vorher. Wie ging das zu? Sehr einfach. Erstens wurde von nun an von den Pächtern kontraktlich verlangt, daß sie 12 Pfd. St. statt 8 Pfd. St. jährlich auf den Acre auslegen sollten, und zweitens bewilligten sich die auch im Unterhaus sehr zahlreich vertretnen Grundherrn eine starke Staatssubvention zur Dränierung und sonstigen permanenten Verbesserung ihrer Ländereien. Da keine totale Verdrängung des schlechtesten Bodens stattfand, sondern höchstens eine, auch meist nur zeitweilige, Verwendung zu andern Zwecken, stiegen die Renten im Verhältnis der gesteigerten Kapitalanlage, und die Grundaristokratie war besser daran als je vorher.
Aber alles ist vergänglich. Die transozeanischen Dampfschiffe und die nord- und südamerikanischen und indischen Eisenbahnen brachten ganz eigentümliche Landstrecken in die Lage, auf den europäischen Kornmärkten zu konkurrieren. Da waren einerseits die nordamerikanischen Prärien, die argentinischen Pampas, Steppen, von der Natur selbst urbar gemacht für den Pflug, jungfräulicher Boden, der auf Jahre hinaus selbst bei primitiver Kultur und ohne Dünger reichliche Erträge bot. Und da waren die Ländereien der russischen und indischen kommunistischen Gemeinwesen, die einen Teil ihres Produkts, und zwar einen stets wachsenden, verkaufen mußten, um Geld zu erhalten für die Steuern, die der erbarmungslose Despotismus des Staats ihnen abzwang - oft genug durch Tortur. Diese Produkte wurden verkauft ohne Rücksicht auf die Produktionskosten, verkauft für den Preis, den der Händler bot, weil der Bauer absolut Geld haben mußte zum Zahlungstermin. Und gegen diese Konkurrenz - des jungfräulichen Steppenbodens wie des unter der Steuerschraube erliegenden russischen und indischen Bauern - konnte der europäische Pächter und Bauer bei den alten Renten nicht aufkommen. Ein Teil des Bodens in Europa kam definitiv für den Kornbau außer Konkurrenz, die Renten fielen überall, unser zweiter Fall, Variante 2: fallender Preis und fallende Produktivität der zusätzlichen Kapitalanlagen wurde die Regel für Europa, und daher der Agrarierjammer von Schottland bis Italien und von Südfrankreich bis nach Ostpreußen. Glücklicherweise ist noch lange nicht alles Steppenland in Bebauung genommen; es ist noch übrig genug vorhanden, um den ganzen europäischen großen Grundbesitz zu ruinieren und den kleinen obendrein. - F. E."
(MEW Bd. 25, S. 737)
 
[Über die fortlaufende parasitäre gesellschaftliche Stellung der Klasse der Grossgrundbesitzer]
"Als allgemeines Resultat bei der Betrachtung der Differentialrente überhaupt ergibt sich:" (MEW Bd. 25, S. 736)
  1. Erstens: Die Bildung von Surplusprofiten kann auf verschiednen Wegen erfolgen.
    • auf Basis der Differentialrente I, d.h. auf Basis der Anlage des gesamten Agrikulturkapitals auf einer Bodenfläche, welche aus Bodenarten verschiedner Fruchtbarkeit besteht.
    • Als Differentialrente II, auf Basis der verschiednen Differentialproduktivität sukzessiver Kapitalanlagen auf demselben Boden, d.h. hier größrer Produktivität, z.B. in qrs. Weizen, als mit derselben Kapitalanlage auf dem geringsten, rentelosen, aber den Produktionspreis regulierenden Boden bewirkt wird.

    • Beide genannten Formen der Bildung des Surplusprofits setzen zu ihrer Verwandlung in Rente, also ihre Übertragung vom Pächter auf den Grundeigentümer, als vorausgehende Bedingung stets voraus, daß die verschiednen wirklichen individuellen Produktionspreise (d.h. unabhängig von dem allgemeinen, den Markt regulierenden Produktionspreis), welche die Teilprodukte der einzelnen sukzessiven Kapitalanlagen besitzen, vorher zu einem individuellen Durchschnittsproduktionspreis ausgeglichen werden.
    • Der Überschuß des allgemeinen, regulierenden Produktionspreises des Produkts eines Acre über diesen seinen individuellen Durchschnittsproduktionspreis bildet und mißt die Rente per Acre.

    • Bei Differentialrente I sind die Differentialresultate an und für sich unterscheidbar, weil sie auf unterschiednen, außer- und nebeneinander liegenden Bodenteilen, bei einer als normal angenommenen Kapitalauslage per Acre und ihr entsprechender Normalbebauung stattfinden.
    • Bei der Differentialrente II müssen sie erst unterscheidbar gemacht werden; sie müssen in der Tat in die Differentialrente I rückverwandelt werden, und dies kann nur in der angegebnen Weise geschehn.


  2. Zweitens:
    • Bei abnehmender Rate der Produktivität der zuschüssigen Kapitalanlagen - deren Grenze bezüglich Neubildung von Surplusprofit diejenige Kapitalanlage ist, die nur die Produktionskosten deckt (renteloser Boden A)- folgt aus dem eben Entwickelten, daß die Grenze, wo die Gesamtkapitalanlage auf den Acre von B keine Rente mehr bilden würde, die ist, wo der individuelle Durchschnittsproduktionspreis des Produkts per Acre von B auf den Produktionspreis per Acre von A steigen würde.
    • Wenn B nur Kapitalanlagen zusetzt, die den Produktionspreis zahlen, also keinen Surplusprofit, also keine neue Rente bilden, so erhöht dies zwar den individuellen Durchschnittsproduktionspreis per qr., affiziert aber nicht den von den frühern Kapitalanlagen gebildeten Surplusprofit, eventuell die Rente.

      • Es folgt daraus zunächst, daß unter diesen Umständen keine Erhöhung des regulierenden Produktionspreises nötig ist, um zuschüssige Kapitalanlagen auf den Rente tragenden Bodenarten zu ermöglichen selbst bis zu dem Grad, wo das Zusatzkapital ganz aufhört, Surplusprofit zu liefern, und nur noch den Durchschnittsprofit abwirft.
      • Es folgt ferner, daß hier die Summe des Surplusprofits per Acre dieselbe bleibt, wie sehr immer der Surplusprofit per qr. abnehme; diese Abnahme wird stets ausgeglichen durch entsprechende Zunahme der per Acre produzierten qrs.

    • Damit der durchschnittliche Produktionspreis auf den allgemeinen Produktionspreis sich erhebe, müßten Kapitalzusätze gemacht werden, deren Produkt einen höhern Produktionspreis hat als den regulierenden - allerdings wird noch gezeigt werden, dass dies nicht hinreicht, den Produktionspreis auf dem besseren Boden auf diese Höhe zu treiben.
    • Es zeigt uns dies jedenfalls, daß auf den bessern Ländereien mit zusätzlichen Kapitalanlagen, deren Produkt mehr kostet als der regulierende Produktionspreis, die Rente, wenigstens innerhalb der Grenzen der zulässigen Praxis, nicht verschwinden, sondern nur abnehmen muß, und zwar im Verhältnis einerseits des aliquoten Teils, den dieses unfruchtbarere Kapital von der gesamten Kapitalauslage bildet, andrerseits der Abnahme seiner Fruchtbarkeit. Der Durchschnittspreis seines Produkts stände immer noch unter dem regulierenden Preis und ließe daher immer noch einen in Rente verwandelbaren Surplusprofit.
 
[Das allgemeine Resultat bei der Betrachtung der Differentialrente überhaupt]
Es ergibt sich zunächst aus dem Bisherigen:
  1. Solange die zuschüssigen Kapitale auf demselben Boden mit Surplusproduktivität, wenn auch abnehmender, angelegt werden, wächst die absolute Korn- und Geldrente per Acre, obgleich sie relativ, im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital (also die Rate des Surplusprofits oder der Rente) abnimmt. Die Grenze wird hier gebildet durch dasjenige zu schüssige Kapital, welches nur den Durchschnittsprofit abwirft oder für dessen Produkt der individuelle Produktionspreis mit dem allgemeinen zusammenfällt. Der Produktionspreis bleibt unter diesen Umständen derselbe, falls nicht durch die vermehrte Zufuhr die Produktion von den schlechtern Bodenarten überflüssig wird. Selbst bei fallendem Preise können diese zuschüssigen Kapitale, innerhalb gewisser Grenzen, noch einen Surplusprofit, wenn auch geringeren, produzieren.
  2. Die Anlage von Zuschußkapital, das nur den Durchschnittsprofit produziert, dessen Surplusproduktivität also = 0, ändert nichts an der Höhe des gebildeten Surplusprofits und daher der Rente. Der individuelle Durchschnittspreis des qr. wächst dadurch auf den bessern Bodenarten; der Überschuß per qr. nimmt ab, aber die Anzahl der qrs., die diesen verminderten Überschuß tragen, nimmt zu, so daß das Produkt dasselbe bleibt.
  3. Zuschüssige Kapitalanlagen, bei deren Produkt der individuelle Produktionspreis über dem regulierenden Preis steht, bei denen also die Surplusproduktivität nicht nur = 0 ist, sondern weniger als Null, ein Minus, d.h. geringer als die Produktivität gleicher Kapitalanlage auf den regulierenden Boden A, bringen den individuellen Durchschnittspreis des Gesamtprodukts des bessern Bodens immer näher dem allgemeinen Produktionspreis, vermindern also immer mehr die Differenz zwischen beiden, die den Surplusprofit resp. die Rente bildet. Es geht mehr und mehr von dem, was Surplusprofit oder Rente bildete, in die Bildung des Durchschnittsprofits ein. Aber dennoch fährt das auf den Acre von B angelegte Gesamtkapital fort, Surplusprofit abzuwerfen, obgleich abnehmend mit der zunehmenden Masse des Kapitals von unterschüssiger Produktivität und mit dem Grad dieser Unterproduktivität. Die Rente, bei wachsendemKapital und zunehmender Produktion, fällt hier absolut per Acre, nicht wie im zweiten Fall nur relativ in bezug auf die wachsende Größe des angelegten Kapitals.
 
[Folgerungen für die Grenze von Kapitalanlage abnehmender Surplusproduktivität und entsprechende Wirkung auf die Grundrente]
  • Erlöschen kann die Rente nur, sobald der individuelle Durchschnittsproduktionspreis des Gesamtprodukts auf dem bessern Boden B zusammenfällt mit dem regulierenden Preis, der ganze Surplusprofit der ersten produktiveren Kapitalanlagen also verbraucht worden ist zur Bildung des Durchschnittsprofits.
 
[Bedingung des Verschwindens der Rente auf dem besseren Boden]
  • Die Minimalgrenze des Falls der Rente per Acre ist der Punkt, wo sie verschwindet. Aber dieser Punkt tritt ein, nicht, sobald die zuschüssigen Kapitalanlagen mit Unterproduktivität produzieren, sondern sobald die zuschüssige Anlage der unterproduktiven Kapitalteile so groß wird, daß ihre Wirkung die überschüssige Produktivität der ersten Kapitalanlagen aufhebt und die Produktivität des angelegten Gesamtkapitals gleich wird der des Kapitals auf A und daher der individuelle Durchschnittspreis des qr. auf B gleich dem des qr. auf A.
  • Es könnte also noch lange zuschüssiges Kapital mit Unterproduktivität und selbst zunehmender Unterproduktivität angewandt werden, bis der individuelle Durchschnittspreis des qr. auf den besten Ländereien dem allgemeinen Produktionspreis gleich würde, bis der Überschuß des letztem über den erstem und damit der Surplusprofit und die Rente ganz verschwunden wäre.
  • Und selbst in diesem Fall würde mit Auslöschung der Rente auf den bessern Bodenarten der individuelle Durchschnittspreis ihres Produkts erst zusammenfallen mit dem allgemeinen Produktionspreis, wäre also noch kein Steigen des letztem erheischt.
 
[Bedingungen für die Minimalgrenze der Rente im Verhältnis zum allgemeinen Produktionspreis]
  • Obgleich also die Differentialrente nur formelle Verwandlung von Surplusprofit in Rente ist, das Grundeigentum hier den Eigentümer nur befähigt, den Surplusprofit vom Pächter auf sich zu übertragen, zeigt sich doch, daß die sukzessive Vermehrung des auf derselben Bodenstrecke angelegten Kapitals, bei abnehmender Rate der Produktivität des Kapitals und gleichbleibendem regulierenden Preis, viel eher seine Grenze findet, in der Tat also mehr oder weniger eine künstliche Schranke findet infolge der bloß formellen Verwandlung von Surplusprofit in Grundrente, welche Folge des Grundeigentums ist.
 
[Die bloß formelle Verwandlung von Surplusprofit in Grundrente bildet zugleich Schranke zunehmender Kapitalanlage]
  • Das Steigen des allgemeinen Produktionspreises, das hier bei engerer Grenze als sonst nötig wird, ist hier also nicht nur Grund des Steigens der Differentialrente, sondern die Existenz der Differentialrente als Rente ist zugleich Grund des frühern und raschern Steigens des allgemeinen Produktionspreises, um dadurch die Zufuhr des nötig gewordnen vermehrten Produkts zu sichern.
 
[Die Grundrente selbst ist der Grund des raschen Steigens des Produktionspreises zur Absicherung der Zufuhr]
  • Man sieht so, wie Differentialrente I und Differentialrente II, während die erste Basis der zweiten ist, zugleich Grenzen füreinander bilden, wodurch bald sukzessive Anlage von Kapital auf derselben Bodenstrecke, bald Nebeneinanderanlage von Kapital auf neuem zusätzlichem Boden bedingt wird. Ebenso wirken sie als Grenzen füreinander in andern Fällen, wo z.B. besserer Boden an die Reihe kommt.
 
[Differentialrente I ist Basis für II - beide sind zugleich Grenzen füreinander]
Damit ist der Rote Faden eine empirisch unterlegte Wegstrecke der Verwandlungsformen des Surplusprofits in Grundrente gezogen worden. Mit den Falluntersuchungen über die Wirkungen variierender Produktionspreise auf die Grundrente hat Marx eine Reihe von Einsichten in die 2 Formen der Differentialrente und ihres Verhältnisses zueinander gewonnen. Die drei Untermäander des Roten Fadens machten jenen Punkt aus, wo die Rente sukzessiver Kapitalanlagen, da sie sich tendentiell als abnehmend surplusproduktiv erweisen, auch auf besserem Boden erlischt. Im nächsten Kapitel wird dann auf dem Gegenpol auf die Voraussetzungen eingegangen, unter denen auch der schlechteste Boden Differentialrente abwirft. =>

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last update : Fri Mar 04 17:55:00 CET 2005 Fritz Finkh
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