prev-arrow Kapital
Team Gregor Koch
Thema Kapital BdIII. Kapitel 45: Die absolute Grundrente ( excerpt )
Verweis [ Konspekt ]
Status 1. Lesung
Letzte Bearbeitung 01.10.2004
Home www.mxks.de

Sechster Abschnitt: Verwandlung von Surplusprofit in Grundrente
Kapitel 45: Die absolute Grundrente

Sechster Abschnitt: Verwandlung von Surplusprofit in Grundrente(» K)

Kapitel 45: Die absolute Grundrente(» K)

-756-

"Bei Analyse der Differentialrente wurde ausgegangen von der Voraussetzung, daß der schlechteste Boden keine Grundrente zahlt oder, um es allgemeiner auszudrücken, daß nur der Boden Grundrente zahlt, für dessen Produkt der individuelle Produktionspreis unter dem den Markt regulierenden Produktionspreis steht, so daß in dieser Weise ein Surplusprofit entspringt, der sich in Rente verwandelt. Zunächst ist zu bemerken, daß das Gesetz der Differentialrente, als Differentialrente, von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit jener Voraussetzung durchaus unabhängig ist. Nennen wir den allgemeinen, den Markt regulierenden Produktionspreis P, so fällt P für das Produkt der schlechtesten Bodenart A mit ihrem individuellen Produktionspreis zusammen... " (S. 756)
"Die Rente ist hier gleich Null. Der individuelle Produktionspreis der nächstbessern Bodenart B ist = P, und P > P´; d.h. P zahlt mehr als den wirklichen Produktionspreis des Produkts der Bodenklasse B. Es sei nun P - P´ = d; d, der Überschuß von P über P´, ist daher der Surplusprofit, den der Pächter dieser Klasse B macht. Dies d verwandelt sich in Rente, die dem Grundeigentümer zu zahlen ist... " (S. 756)
usw. für Bodenklasse C und D.
"
Gesetzt nun, für die Bodenklasse A sei die Voraussetzung falsch, daß die Rente = 0 und daher der Preis ihres Produkts = P + 0. Sie zahle vielmehr auch eine Rente = r. In diesem Falle folgt zweierlei.
Erstens: der Preis des Bodenprodukts der Klasse A wäre nicht reguliert durch seinen Produktionspreis, sondern enthielte einen Überschuß über diesen, wäre = P + r.
"
(S. 756)

-757-

 
[Voraussetzungen der Untersuchung]
"Dennoch wäre aber zweitens in diesem Fall, obgleich der allgemeine Preis des Bodenprodukts wesentlich modifiziert würde, das Gesetz der Differentialrente in keiner Weise hierdurch aufgehoben. " (S. 757)
Es würde sich folgendermaßen darstellen:
Bodenart Produktionspreis zusätzl. Rente Differentialrente
AP+rr
BP'+rr(P+r)-(P'+r)=d
CP''+rr(P+r)-(P''+r)=2d
DP'''+rr(P+r)-(P'''+r)=3d
"Die Differentialrente wäre also nach wie vor dieselbe und wäre durch dasselbe Gesetz geregelt, obgleich die Rente ein von diesem Gesetz unabhängiges Element enthielte und gleichzeitig mit dem Preis des Bodenprodukts einen allgemeinen Zuwachs erführe. Es folgt daher, daß, wie es sich immer mit der Rente der unfruchtbarsten Bodenarten verhalten mag, das Gesetz der Differentialrente nicht nur davon unabhängig ist, sondern auch die einzige Weise, die Differentialrente selbst ihrem Charakter gemäß aufzufassen, darin besteht, die Rente der Bodenklasse A = 0 zu setzen. Ob diese nämlich = 0 oder > 0, ist gleichgültig, soweit die Differentialrente in Betracht kommt, und kommt in der Tat nicht in Rechnung. Das Gesetz der Differentialrente ist also von dem Ergebnis der folgenden Untersuchung unabhängig." (S. 757)
"Fragt man nun weiter nach der Grundlage der Voraussetzung, daß das Produkt der schlechtesten Bodenart A keine Rente zahlt, so lautet die Antwort notwendig so: Wenn der Marktpreis des Bodenprodukts, sage des Getreides, eine solche Höhe erreicht hat, daß ein zusätzlicher Vorschuß von Kapital, in der Bodenklasse A angelegt, den gewöhnlichen Produktions- [758] preis zahlt, also dem Kapital den gewöhnlichen Durchschnittsprofit abwirft, so genügt diese Bedingung für Anlage des Zusatzkapitals auf der Bodenklasse A." (S. 757f.)
 
[Auch wenn Bodenart A Rente abwirft, gilt das Gesetz der Differentialrente]
"Es ist hier zu bemerken, daß auch in diesem Fall der Marktpreis höher stehn muß als der Produktionspreis von A. Denn sobald die zusätzliche Zufuhr geschaffen, ist offenbar das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr verändert. Früher war die Zufuhr ungenügend, jetzt ist sie genügend. Der Preis muß also fallen. Um fallen zu können, muß er höher gestanden haben als der Produktionspreis von A. Aber der unfruchtbarere Charakter der neu in Bebauung getretnen Klasse A bewirkt, daß er nicht wieder so niedrig fällt, als zur Zeit, wo der Produktionspreis von Klasse B den Markt regulierte. Der Produktionspreis von A bildet die Grenze, nicht für das temporäre, sondern für das relativ permanente Steigen des Marktpreises. " (S. 658)
 
[Hoher Marktpreis als Voraussetzung für Neuanlage auf schlechterem Boden]
"Jedenfalls kann der kapitalistische Pächter die Bodenklasse A unter diesen Verhältnissen bebauen, soweit er als Kapitalist zu entscheiden hat. ... Der Umstand, daß der Pächter sein Kapital zum gewöhnlichen Profit verwerten könnte, wenn er keine Rente zahlt, ist durchaus kein Grund für den Grundeigentümer, daß er seinen Boden dem Pächter umsonst leiht... " (S. 758)

-759-

"Das Monopol des Grundeigentums, das Grundeigentum als Schranke des Kapitals, ist aber vorausgesetzt in der Differentialrente, denn ohne dasselbe würde der Surplusprofit sich nicht in Grundrente verwandeln und nicht dem Grundeigentümer statt dem Pächter zufallen. Und das Grundeigentum als Schranke bleibt fortbestehn, auch da, wo die Rente als Differentialrente fortfällt, d.h. auf der Bodenart A. " (S. 759)
In einigen Ausnahmefällen liegt aber eine faktische, wenn auch keine juristische, Aufhebung des Grundeigentums vor:  
[Grundeigentum als Schranke für Neuanlage des Pächters auf Boden A]
"Erstens, wenn der Grundeigentümer selbst Kapitalist oder der Kapitalist selbst Grundeigentümer ist. In diesem Fall kann er, sobald der Marktpreis hinreichend gestiegen, um aus dem, was nun Bodenart A ist, den Produktionspreis herauszuschlagen, d.h. Kapitalersatz plus Durchschnittsprofit, sein Grundstück selbst bewirtschaften. Aber warum? Weil ihm gegenüber das Grundeigentum keine Schranke für die Anlegung seines Kapitals bildet. Er kann den Boden als einfaches Naturelement behandeln und sich daher ausschließlich durch die Rücksichten der Verwertung seines Kapitals, durch kapitalistische Rücksichten bestimmen lassen. Solche Fälle kommen in der Praxis vor, aber nur als Ausnahme. Ganz wie die kapitalistische Bebauung des Bodens Trennung des fungierenden Kapitals und des Grundeigentums voraussetzt, schließt sie als Regel Selbstbewirtschaftung des Grundeigentums aus. Man sieht sofort, daß dies rein zufällig ist. Wenn die vermehrte Nachfrage nach Getreide die Bebauung eines größern Umfangs von Bodenart A erheischt, als in den Händen selbstwirtschaftender Eigentümer sich befindet, wenn also ein Teil davon verpachtet werden muß, um überhaupt bebaut zu werden, fällt diese hypothetische Aufhebung der Schranke, die [760] das Grundeigentum für die Anlegung des Kapitals bildet, sofort weg. " (S. 759f.)
 
[Erste Ausnahme: Grundeigentümer ist selbst Kapitalist]
"Zweitens: In dem Komplex einer Pachtung mögen sich einzelne Bodenstrecken befinden, die bei der gegebnen Höhe der Marktpreise keine Rente zahlen, also in der Tat umsonst verliehen sind, aber vom Grundeigentümer nicht so betrachtet werden, weil er das Gesamtrental des verpachteten Bodens, nicht die spezielle Rente seiner einzelnen Bestandstücke ins Auge faßt. In diesem Fall fällt für den Pächter, soweit die rentelosen Bestandstücke der Pachtung in Betracht kommen, das Grundeigentum als Schranke für die Anlegung des Kapitals weg, und zwar durch Vertrag mit dem Grundeigentümer selbst. Aber er zahlt für diese Stücke keine Rente, nur weil er für den Boden, dessen Accessorium sie bilden, Rente zahlt. Es ist hier grade eine Kombination vorausgesetzt, wo zur schlechtem Bodenart A nicht als einem selbständigen, neuen Produktionsfeld Zuflucht genommen werden muß, um die mangelnde Zufuhr zu liefern, sondern wo sie nur ein untrennbares Zwischenstück des bessern Bodens bildet. Der Fall aber, der zu untersuchen ist, ist gerade der, wo Strecken der Bodenart A selbständig bewirtschaftet, also unter den allgemeinen Voraussetzungen der kapitalistischen Produktionsweise selbständig verpachtet werden müssen. " (S. 760)
 
[Zweite Ausnahme: einzelne rentelose Bodenstücke auf Gesamtareal]
"Drittens: Ein Pächter kann zusätzliches Kapital auf derselben Pachtung anlegen, obgleich bei den bestehenden Marktpreisen das so erzielte zusätzliche Produkt ihm nur den Produktionspreis liefert, ihm den gewöhnlichen Profit abwirft, ihn aber nicht zur Zahlung einer zusätzlichen Rente befähigt. Mit einem Teil des im Boden angelegten Kapitals zahlt er so Grundrente, mit dem andern nicht. Wie wenig diese Unterstellung aber das Problem löst, sieht man daraus: wenn der Marktpreis (und zugleich die Fruchtbarkeit des Bodens) ihn befähigt, mit dem zusätzlichen Kapital einen Mehrertrag zu erzielen, der ihm, wie das alte Kapital, außer dem Produktionspreis einen Surplusprofit abwirft, so steckt er diesen während der Dauer des [761] Pachtvertrages selbst ein. Aber warum? Weil, solange der Pachtvertrag dauert, die Schranke des Grundeigentums für die Anlage seines Kapitals im Boden weggefallen ist. Der bloße Umstand jedoch, daß, um ihm diesen Surplusprofit zu sichern, zusätzlicher schlechterer Boden selbständig in Anbruch genommen und selbständig verpachtet werden muß, beweist unwiderleglich, daß die Anlage von Zusatzkapital auf dem alten Boden zur Herstellung der erforderlichen vermehrten Zufuhr nicht ausreicht. Die eine Annahme schließt die andre aus. " (S. 760f.)
 
[Dritte Ausnahme: Zusätzliche Kapitalanlage des Pächters auf derselben Pachtung]
"Alle diese falschen Ausflüchte lösen jedoch nicht das Problem, welches einfach hingestellt dieses ist: Gesetzt, der Marktpreis des Getreides (das uns in dieser Untersuchung alles Bodenprodukt vertritt) reiche hin, daß Teile der Bodenklasse A in Anbau genommen werden könnten und daß das auf diesen neuen Feldern angelegte Kapital den Produktionspreis des Produkts herausschlüge, d.h. Kapitalersatz plus Durchschnittsprofit. Ge- [762] setzt also, die Bedingungen für die normale Verwertung von Kapital auf Bodenklasse A seien vorhanden. Genügt dies? Kann dies Kapital dann wirklich angelegt werden? Oder muß der Marktpreis so weit steigen, daß auch der schlechteste Boden A eine Rente abwirft? Schreibt also das Monopol des Grundeigentümers der Anlage des Kapitals eine Schranke vor, die vom rein kapitalistischen Standpunkt aus nicht vorhanden wäre ohne die Existenz dieses Monopols? " (S. 761f.)
"Wenn die zusätzliche Bebauung des Bodens A nur stattfindet, soweit dieser Rente abwirft, also mehr als den Produktionspreis, so sind nur zwei Fälle möglich. Entweder der Marktpreis muß so stehn, daß selbst die letzten zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen Surplusprofit abwerfen, werde dieser nun vom Pächter oder vom Grundbesitzer eingesteckt. Diese Steigerung des Preises und dieser Surplusprofit der letzten zusätzlichen Kapitalanlagen wäre dann Folge davon, daß der Boden A nicht bebaut werden kann, ohne Rente abzuwerfen. Denn genügte für eine Bebauung der Produktionspreis, das Abwerfen des bloßen Durchschnittsprofits, so wäre der Preis nicht so weit gestiegen, und die Konkurrenz der neuen Ländereien wäre schon eingetreten, sobald sie bloß diese Produktionspreise abwürfen. Mit den zusätzlichen Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen, die keine Rente abwürfen, würden dann Kapitalanlagen auf Boden A konkurrieren, die ebenfalls keine Rente abwürfen. - Oder aber, die letzten Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen werfen keine Rente ab, aber dennoch ist der Marktpreis hoch genug gestiegen, daß Boden A in Anbruch genommen werden kann und Rente abwirft. In diesem Fall war die zusätzliche Kapitalanlage, die keine Rente abwirft, nur möglich, weil der Boden A nicht bebaut werden kann, bis der Marktpreis ihm erlaubt, Rente zu zahlen." (S. 762)

-763-

"In beiden Fällen wäre die Rente des Bodens A nicht einfache Folge des Steigens der Getreidepreise, sondern umgekehrt: der Umstand, daß der schlechteste Boden Rente abwerfen muß, damit seine Bebauung überhaupt erlaubt wird, wäre die Ursache des Steigens der Getreidepreise bis zu dem Punkt, wo diese Bedingung erfüllt werden kann." (S. 763)
 
[Auch der schlechteste Boden muss Rente abwerfen, damit seine Bebauung lohnt]
"...wenn die schlechteste Bodenart A nicht bebaut werden kann - obgleich ihre Bebauung den Produktionspreis abwerfen würde -, bis sie einen Überschuß über diesen Produktionspreis, eine Rente abwirft, so ist das Grundeigentum der schöpferische Grund dieser Preissteigerung. Das Grundeigentum selbst hat Rente erzeugt ." (S. 763)
"...der Umstand, daß Boden A nicht bebaut werden kann, bis der regulierende Marktpreis hoch genug gestiegen ist, um Abwerfung einer Rente für Boden A zuzulassen - nur dieser Umstand ist hier der Grund, daß der Marktpreis bis zu einem Punkt steigt, der zwar den letzten Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen nur ihren Produktionspreis zahlt, [764] aber einen solchen Produktionspreis, der zugleich eine Rente für Boden A abwirft. Daß dieser überhaupt Rente zahlen muß, ist hier die Ursache der Schöpfung der Differentialrente zwischen Boden A und den letzten Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen. " (S. 763f.)
 
[Grundeigentum als schöpferischer Grund für die Erzeugung von Rente]
"Wenn wir überhaupt davon sprechen, daß - unter der Voraussetzung der Regelung des Getreidepreises durch den Produktionspreis - Bodenklasse A keine Rente zahlt, so verstehn wir Rente im kategorischen Sinn des Worts. Zahlt der Pächter ein Pachtgeld, das einen Abzug bildet, sei es vom normalen Lohn seiner Arbeiter, sei es von seinem eignen normalen Durchschnittsprofit, so zahlt er keine Rente, keinen von Arbeitslohn und Profit unterschiednen, selbständigen Bestandteil des Preises seiner Ware. " (S. 764)
"Wenn schon die oben betrachteten Fälle, worin wirklich, innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise, Kapitalanlagen auf dem Boden stattfinden können, ohne Rente abzuwerfen, nichts entscheiden für unser Problem, so noch viel weniger die Verweisung auf Kolonialverhältnisse. Was die Kolonie zur Kolonie macht - wir sprechen hier nur von eigentlichen ackerbauenden Kolonien -, ist ...der Umstand, daß diese Ländereien nicht angeeignet, nicht unter das Grundeigentum subsumiert sind. Es ist dies, was den ungeheuren Unterschied macht zwischen den alten Ländern und den Kolonien, soweit der Boden in Betracht kommt: Die legale oder faktische Nichtexistenz des Grundeigentums, wie [765] Wakefield (35) richtig bemerkt, und schon lange vor ihm Mirabeau pere, der Physiokrat, und andre ältre Ökonomen entdeckt hatten. " (S. 764 f.)
" Tatsächlich bildet hier das Grundeigentum keine Schranke für die Anlage von Kapital oder auch von Arbeit ohne Kapital; " (S. 765)
 
[Renteloser Boden A nur bei Lohn- bzw. Profitabzug und in Kolonien]
"Das bloße juristische Eigentum am Boden schafft dem Eigentümer keine Grundrente. Wohl aber gibt es ihm die Macht, seinen Boden solange der Exploitation zu entziehn, bis die ökonomischen Verhältnisse eine Verwertung desselben erlauben, die ihm einen Überschuß abwirft, sei es, daß der Boden zur eigentlichen Agrikultur verwandt werde, sei es zu andren Produktionszwecken, wie Bauten etc. Er kann die absolute Quantität dieses Beschäftigungsfeldes nicht vermehren oder vermindern, wohl aber seine auf dem Markt befindliche Quantität. Es ist daher, wie schon Fourier bemerkt hat, eine charakteristische Tatsache, daß in allen zivilisierten Ländern ein verhältnismäßig bedeutender Teil des Bodens stets der Kultur entzogen bleibt." (S. 765)

-766-

"Da das Grundeigentum der Voraussetzung nach ohne die Verpachtung nichts einträgt, ökonomisch wertlos ist, so ist ein geringes Steigen des Marktpreises über den Produktionspreis hinreichend, um den neuen Grund und Boden schlechtester Sorte in den Markt zu bringen." (S. 766)
 
[Juristisches Grundeigentum als Machtfaktor für die Regulation des Bodenmarktes]
"Es fragt sich nun: Folgt aus der Grundrente des schlechtesten Bodens, die aus keiner Differenz der Fruchtbarkeit hergeleitet werden kann, daß der Preis des Bodenprodukts notwendig ein Monopolpreis im gewöhnlichen Sinn ist oder ein Preis, worin die Rente in der Form eingeht wie eine Steuer, nur daß der Grundeigentümer die Steuer erhebt statt des Staats? Daß diese Steuer ihre gegebnen ökonomischen Schranken hat, ist selbstverständlich. Sie ist beschränkt durch zusätzliche Kapitalanlagen auf den alten Pachtungen, durch die Konkurrenz der fremden Bodenprodukte - deren freie Einfuhr vorausgesetzt -, durch die Konkurrenz der Grundeigentümer untereinander, endlich durch Bedürfnis und Zahlungsfähigkeit der Konsumenten. Aber darum handelt es sich hier nicht. Es handelt sich darum, ob die Rente, die der schlechteste Boden zahlt, in den Preis seines Produkts, der der Voraussetzung nach den allgemeinen Marktpreis reguliert, in derselben Weise eingeht, wie eine Steuer in den Preis der Ware, auf die sie gelegt ist, d.h. als ein von ihrem Werte unabhängiges Element." (S. 766)
 
[Ist die Rente ein wertunabhängiges Element des Produktionspreises?]
"Es folgt dies keineswegs notwendig und ist nur behauptet worden, weil der Unterschied zwischen dem Wert der Waren und ihrem Produktionspreis bisher nicht begriffen war. Wir haben gesehn, daß der Produktionspreis einer Ware keineswegs mit ihrem Wert identisch ist, obgleich die Produktionspreise der Waren, in ihrer Totalität betrachtet, nur durch ihren Gesamtwert reguliert sind und obgleich die Bewegung der Produktionspreise der verschiednen Warensorten, alle andren Umstände gleichbleibend gesetzt, ausschließlich durch die Bewegung ihrer Werte bestimmt ist. Es ist gezeigt worden, daß der Produktionspreis einer Ware über oder unter ihrem Wert stehn kann und nur ausnahmsweis mit ihrem Wert zusammenfällt. Die Tatsache daher, daß die Bodenprodukte über ihren Produktionspreis verkauft werden, beweist noch keineswegs, daß sie auch über ihren Wert verkauft werden; wie die Tatsache, daß im Durchschnitt die Industrie- [767] produkte zu ihrem Produktionspreis verkauft werden, keineswegs beweist, daß sie zu ihrem Wert verkauft werden. Es ist möglich, daß Agrikulturprodukte über ihrem Produktionspreis und unter ihrem Wert verkauft werden, wie andrerseits viele Industrieprodukte nur den Produktionspreis abwerfen, weil sie über ihrem Wert verkauft werden." (S. 766 f.)
 
[Agrarprodukte können über Produktionspreis und unter Wert verkauft werden]
"Das Verhältnis des Produktionspreises einer Ware zu ihrem Wert ist ausschließlich bestimmt durch das Verhältnis, worin der variable Teil des Kapitals, womit sie produziert wird, zu seinem konstanten Teil steht, oder durch die organische Zusammensetzung des sie produzierenden Kapitals. Ist die Zusammensetzung des Kapitals in einer Produktionssphäre niedriger als die des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals, d.h. ist sein variabler, in Arbeitslohn ausgelegter Bestandteil, im Verhältnis zu seinem konstanten, in den sachlichen Arbeitsbedingungen ausgelegten Bestandteil, größer als dies beim gesellschaftlichen Durchschnittskapital der Fall ist, so muß der Wert seines Produkts über seinem Produktionspreis stehn. D.h. ein solches Kapital produziert, weil es mehr lebendige Arbeit anwendet, bei gleicher Exploitation der Arbeit mehr Mehrwert, also mehr Profit, als ein gleich großer aliquoter Teil des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals." (S. 767)
" Umgekehrt verhält es sich, wenn das in einer bestimmten Produktionssphäre angelegte Kapital von höherer Zusammensetzung ist als das gesellschaftliche Durchschnittskapital. Der Wert der von ihm produzierten Waren steht unter ihrem Produktionspreis, was allgemein bei den Produkten der meistentwickelten Industrien der Fall ist." (S. 767)
 
[Bestimmung des Verhältnisses von Produktionspreis zum Wert]
"Ist das Kapital in einer bestimmten Produktionssphäre niedriger zusammengesetzt als das gesellschaftliche Durchschnittskapital, so ist dies zunächst nur ein andrer Ausdruck dafür, daß die Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit in dieser besondern Produktionssphäre unter dem Durchschnittsniveau steht; denn die erreichte Stufe der Produktivkraft stellt sich dar in dem relativen Übergewicht des konstanten Kapitalteils über den variablen oder in der beständigen Abnahme des von einem gegebnen Kapital in Arbeitslohn ausgelegten Bestandteils. " (S. 767)

-768-

Es versteht
"sich übrigens von selbst, daß verschiedne Produktionssphären nach ihrer technischen Besonderheit verschiedne Verhältnisse von konstantem und variablem Kapital erheischen und daß die lebendige Arbeit in einigen mehr, in andren weniger Raum einnehmen muß. Z.B. in der extraktiven Industrie, die genau zu unterscheiden von der Agrikultur, fällt das Rohmaterial als ein Element des konstanten Kapitals ganz weg und spielt auch das Hilfsmaterial nur hie und da eine bedeutende Rolle. In der Bergwerksindustrie jedoch spielt der andre Teil des konstanten Kapitals, das fixe Kapital, eine bedeutende Rolle. Dennoch wird man auch hier den Fortschritt der Entwicklung messen können am relativen Wachsen des konstanten Kapitals, verglichen mit dem variablen." (S. 768)
 
[Niedrigere organische Zusammensetzung heißt: niedrigere Produktivkraft]
"Ist die Zusammensetzung des Kapitals in der eigentlichen Agrikultur niedriger als die des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals, so würde dies prima facie ausdrücken, daß in Ländern entwickelter Produktion die Agrikultur nicht in demselben Grade fortgeschritten ist wie die verarbeitende Industrie. Solche Tatsache würde, von allen andren und z.T. entscheidenden ökonomischen Umständen abgesehn, sich schon aus der frühern und raschern Entwicklung der mechanischen Wissenschaften, und namentlich ihrer Anwendung, verglichen mit der spätem und z.T. ganz jungen Entwicklung der Chemie, Geologie und Physiologie, und namentlich wieder ihrer Anwendung auf die Agrikultur erklären. Übrigens ist es eine unzweifelhafte und längst bekannte (36) Tatsache, daß die Fortschritte der Agrikultur selbst sich stetig im relativen Wachsen des konstanten Kapitalteils gegen den variablen ausdrücken. Ob in einem bestimmten Lande kapitalistischer Produktion, in England z.B., die Zusammensetzung des agrikolen Kapitals niedriger ist als die des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals, ist eine Frage, die nur statistisch zu entscheiden ist und worauf es für unsern Zweck überflüssig, im Detail einzugehn. Jedenfalls steht theoretisch das fest, daß nur unter dieser Voraussetzung der Wert der Agrikulturprodukte über ihrem Produktionspreis stehn kann; d.h. daß der von einem Kapital von gegebner Größe in der Agrikultur erzeugte Mehrwert oder, was dasselbe ist, die von ihm in Bewegung gesetzte und kommandierte Mehrarbeit (also auch angewandte lebendige Arbeit überhaupt) größer ist als bei einem gleich großen Kapital von gesellschaftlicher Durchschnittszusammensetzung. [769] Es genügt also für die Form der Rente, die wir hier untersuchen und die nur unter dieser Annahme stattfinden kann, die Annahme zu machen. Wo die Hypothese wegfällt, fällt auch die ihr entsprechende Form der Rente weg." (S. 768 f.)
 
[Voraussetzung: Niedrige organische Zusammensetzung des agrikolen Kapitals]
"Die bloße Tatsache eines Überschusses des Werts der Agrikulturprodukte über ihren Produktionspreis würde jedoch für sich allein in keiner Weise hinreichen, das Dasein einer, von der Differenz in der Fruchtbarkeit der Bodenarten oder sukzessiver Kapitalanlagen auf demselben Boden unabhängigen Grundrente zu erklären, kurz, einer von der Differentialrente begrifflich unterschiednen Rente, die wir daher als absolute Rente bezeichnen können. Eine ganze Anzahl Manufakturprodukte besitzen die Eigenschaft, daß ihr Wert über ihrem Produktionspreis steht, ohne daß sie deshalb einen Überschuß über den Durchschnittsprofit oder einen Surplusprofit abwürfen, der sich in Rente verwandeln könnte. Umgekehrt. Dasein und Begriff des Produktionspreises und der allgemeinen Profitrate, die er einschließt, beruhen darauf, daß die einzelnen Waren nicht zu ihrem Wert verkauft werden. Die Produktionspreise entspringen aus einer Ausgleichung der Warenwerte, die, nach Rückerstattung der respektiven, in den verschiednen Produktionssphären aufgezehrten Kapitalwerte, den gesamten Mehrwert verteilt, nicht im Verhältnis, worin er in den einzelnen Produktionssphären erzeugt ist und daher in ihren Produkten steckt, sondern im Verhältnis zur Größe der vorgeschoßnen Kapitale. Nur so entspringt ein Durchschnittsprofit und der Produktionspreis der Waren, dessen charakteristisches Element er ist. Es ist die stete Tendenz der Kapitale, durch die Konkurrenz diese Ausgleichung in der Verteilung des vom Gesamtkapital erzeugten Mehrwerts zu bewirken und alle Hindernisse dieser Ausgleichung zu überwältigen. Es ist daher ihre Tendenz, nur solche Surplusprofite zu dulden, wie sie unter allen Umständen, nicht aus dem Unterschied zwischen den Werten und den Produktionspreisen der Waren, sondern vielmehr aus dem allgemeinen, den Markt regelnden Produktionspreis und den von ihm unterschiednen individuellen Produktionspreisen entspringen; Surplusprofite, die daher auch nicht zwischen zwei verschiednen Produktionssphären, sondern innerhalb jeder Produktionssphäre stattfinden, also die allgemeinen Produktionspreise der verschiednen Sphären, d.h. die allgemeine Profitrate, nicht berühren und vielmehr die Verwandlung der Werte in Produktionspreise und die allgemeine Profitrate voraussetzen." (S. 769)

-770-

 
[Wertüberschuss über den Produktionspreis erklärt nicht die absolute Rente]
"Es ist dabei vorausgesetzt, daß keine oder doch nur eine zufällige und temporäre Schranke die Konkurrenz der Kapitale verhindert ..., den Wert auf den Produktionspreis zu reduzieren und damit den überschüssigen Mehrwert dieser Produktionssphäre unter alle vom Kapital exploitierten Sphären proportionell zu verteilen. Tritt aber das Gegenteil ein, stößt das Kapital auf eine fremde Macht, die es nur teilweise oder gar nicht überwinden kann und die seine Anlage in besondren Produktionssphären beschränkt, sie nur unter Bedingungen zuläßt, welche jene allgemeine Ausgleichung des Mehrwerts zum Durchschnittsprofit ganz oder teilweise ausschließen, so würde offenbar in solchen Produktionssphären durch den Überschuß des Warenwerts über ihren Produktionspreis ein Surplusprofit entspringen, der in Rente verwandelt und als solche dem Profit gegenüber verselbständigt werden könnte. Als eine solche fremde Macht und Schranke tritt aber das Grundeigentum dem Kapital bei seinen Anlagen in Grund und Boden oder der Grundeigentümer dem Kapitalisten gegenüber. " (S. 770)
 
[Grundeigentum unterbindet die Ausgleichung des Mehrwerts zu Durchschnittsprofit]
"Das Grundeigentum ist hier die Barriere, die keine neue Kapitalanlage auf bisher unbebautem oder unverpachtetem Boden erlaubt, ohne Zoll zu erheben, d.h. ohne eine Rente zu verlangen, obgleich der in Neubau gezogne Boden einer Art angehört, die keine Differentialrente abwirft, und die, ohne das Grundeigentum, schon bei einer geringem Steigerung des Marktpreises hätte bebaut werden können, so daß der regulierende Marktpreis dem Bebauer dieses schlechtesten Bodens nur seinen Produktionspreis bezahlt hätte. Infolge der Schranke jedoch, die das Grundeigentum setzt, muß der Marktpreis bis zu einem Punkt steigen, wo der Boden einen Überschuß über den Produktionspreis, d.h. eine Rente zahlen kann. Da aber der Wert der vom agrikolen Kapital produzierten Waren der Voraussetzung nach über ihrem Produktionspreis steht, bildet diese Rente (einen gleich zu untersuchenden Fall ausgenommen) den Überschuß des Werts über den Produktionspreis oder einen Teil davon. Ob die Rente gleich der ganzen Differenz zwischen dem Wert und dem Produktionspreis oder nur gleich einem größern oder geringem Teil dieser Differenz, hinge ganz und gar ab vom Stand der Zufuhr zur Nachfrage und vom Umfang des in neue Bebauung gezognen Gebiets." (S. 770)

-771-

 
[Grundeigentum gestattet ohne Rente keine neue Kapitalanlage]
" Ob diese absolute Rente aber gleich dem ganzen Überschuß des Werts über den Produktionspreis oder nur gleich einem Teil desselben, die Agrikulturprodukte würden immer zu einem Monopolpreis verkauft, nicht weil ihr Preis über ihrem Wert, sondern weil er gleich ihrem Wert oder weil er unter ihrem Wert, aber über ihrem Produktionspreis stände. Ihr Monopol bestände darin, nicht wie andre Industrieprodukte, deren Wert über dem allgemeinen Produktionspreis steht, zum Produktionspreis nivelliert zu werden." (S. 771)
 
['Monopol' der Agrarprodukte]
"Steht der Wert der Ware über ihrem Produktionspreis, so ist der Produktionspreis = k + p, der Wert = k + p + d, so daß p + d = dem in ihr steckenden Mehrwert. Die Differenz zwischen dem Wert und dem Produktionspreis ist also d, dem Überschuß des von diesem Kapital erzeugten Mehrwerts über den durch die allgemeine Profitrate ihm zugewiesenen. Es folgt hieraus, daß der Preis der Agrikulturprodukte über ihrem Produktionspreis stehn kann, ohne daß er ihren Wert erreicht. Es folgt ferner, daß bis zu einem gewissen Punkt eine dauernde Preissteigerung der Agrikulturprodukte stattfinden kann, bevor ihr Preis ihren Wert erreicht hat. Es folgt ebenso, daß nur infolge des Monopols des Grundeigentums der Wertüberschuß der Agrikulturprodukte über ihren Produktionspreis zu einem bestimmenden Moment ihres allgemeinen Marktpreises werden kann. Es folgt endlich, daß in diesem Fall nicht die Verteuerung des Produkts Ursache der Rente, sondern die Rente Ursache der Verteuerung des Produkts ist. Wenn der Preis des Produkts der Flächeneinheit des schlechtesten Bodens = P + r, so steigen alle Differentialrenten um die entsprechenden Multipeln von r, da nach der Voraussetzung P + r der regulierende Marktpreis wird." (S. 771)
 
[Folgen des Monopols des Grundeigentums]
"Wäre die Durchschnittszusammensetzung des nicht agrikolen gesell- [772] schaftlichen Kapitals = 85c + 15v und die Rate des Mehrwerts 100%, so wäre der Produktionspreis = 115. Wäre die Zusammensetzung des agrikolen Kapitals = 75c + 25v , so wäre der Wert des Produkts, bei derselben Rate des Mehrwerts, und der regulierende Marktwert = 125. Gliche sich das agrikole mit dem nicht agrikolen Produkt zum Durchschnittspreis aus (wir setzen der Kürze halber das Gesamtkapital in beiden Produktionszweigen gleich), so wäre der Gesamtmehrwert = 40, also 20% auf die 200 Kapital. Das Produkt des einen wie des andern würde zu 120 verkauft. Bei einer Ausgleichung zu den Produktionspreisen würden also die durchschnittlichen Marktpreise des nicht agrikolen Produkts über und die des agrikolen Produkts unter ihren Wert zu stehn kommen. Würden die Agrikulturprodukte zu ihrem vollen Wert verkauft, so ständen sie um 5 höher und die Industrieprodukte um 5 niedriger als bei der Ausgleichung. Erlauben die Marktverhältnisse nicht, die Agrikulturprodukte zu ihrem vollen Wert, zum ganzen Überschuß über den Produktionspreis zu verkaufen, so steht die Wirkung zwischen beiden Extremen; die Industrieprodukte würden etwas über ihrem Wert und die Ackerbauprodukte etwas über ihrem Produktionspreis verkauft." (S. 771 f.)
"Obgleich das Grundeigentum den Preis der Bodenprodukte über ihren Produktionspreis hinaustreiben kann, hängt es nicht von ihm, sondern von der allgemeinen Marktlage ab, wie weit der Marktpreis über den Produktionspreis hinaus sich dem Wert annähert und in welchem Maß also der über den gegebnen Durchschnittsprofit hinaus in der Agrikultur erzeugte Mehrwert sich entweder in Rente verwandelt oder aber in die allgemeine Ausgleichung des Mehrwerts zum Durchschnittsprofit eingeht. Auf jeden Fall ist diese absolute, aus dem Überschuß des Werts über den Produktionspreis entspringende Rente bloß ein Teil des agrikolen Mehrwerts, ..." (S. 772)
 
[Marktpreisschwankungen der Agrarprodukte zwischen Produktionspreis und Wert]
"Wäre aller zum Ackerbau brauchbare Boden eines Landes verpachtet - die kapitalistische Produktionsweise und normale Verhältnisse allgemein [773] vorausgesetzt -, so gäbe es keinen Boden, der nicht Rente abwürfe, aber es könnte Kapitalanlagen, einzelne Teile des auf den Boden angelegten Kapitals geben, die keine Rente abwürfen; denn sobald der Boden verpachtet ist, hört das Grundeigentum auf, als absolute Schranke für die nötige Kapitalanlage zu wirken." (S. 772 f.)
"Als Schranke wirkt das Grundeigentum nur absolut, soweit die Zulassung zum Boden überhaupt, als zu einem Anlagefeld des Kapitals, den Tribut an den Grundeigentümer bedingt. Hat diese Zulassung stattgefunden, so kann dieser dem quantitativen Umfang der Kapitalanlage auf gegebnem Bodenstück keine absoluten Schranken mehr entgegensetzen. Dem Häuserbau überhaupt ist eine Schranke gelegt durch das Grundeigentum eines Dritten an dem Boden, worauf das Haus gebaut werden soll. Ist dieser Boden aber einmal zum Häuserbau gepachtet, so hängt es vom Pächter ab, ob er ein hohes oder niedriges Haus darauf errichten will." (S. 773)
 
[Temporäre Aufhebung der Schranken für Kapitalanlagen]
"
Wäre die Durchschnittszusammensetzung des agrikolen Kapitals dieselbe oder höher als die des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals, so fiele die absolute Rente, immer in dem entwickelten Sinn, fort; ... Dasselbe fände statt, wenn die Zusammensetzung des agrikolen Kapitals sich im Fortschritt der Kultur mit der des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals ausgliche.
Auf den ersten Blick scheint es ein Widerspruch, anzunehmen, daß einerseits die Zusammensetzung des agrikolen Kapitals sich erhöht, also sein konstanter Teil gegen seinen variablen wächst, und andrerseits der Preis des Bodenprodukts hoch genug stiege, damit neuer und schlechterer Boden als der bisherige eine Rente zahle, die in diesem Fall nur aus einem Überschuß des Marktpreises über den Wert und den Produktionspreis, kurz, nur aus einem Monopolpreis des Produkts herstammen könnte.
"
(S. 773)

-774-

"Kapitale gleicher organischer Zusammensetzung können also eine verschiedne Wertzusammensetzung haben, und Kapitale gleicher prozentiger Wertzusammensetzung können auf verschiednen Stufen organischer Zusammensetzung stehn, also verschiedne Entwicklungsstufen der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit ausdrücken. Der bloße Umstand also, daß der Wertzusammensetzung nach das agrikole Kapital auf dem allgemeinen Niveau stände, würde nicht beweisen, daß die gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit gleich hoch [775] bei ihm entwickelt ist. Sie könnte nur zeigen, daß sein eignes Produkt, welches wieder einen Teil seiner Produktionsbedingungen bildet, teurer ist, oder daß Hilfsstoffe, wie Dünger, früher nahe zur Hand, jetzt weit hergeschleppt werden müßten u.dergl." (S. 774 f.)
 
[Ausgleich der Zusammensetzungen von agrikolem und gesellschaftlichem Durchschnittskapital]
" Aber hiervon abgesehn, ist der eigentümliche Charakter der Agrikultur zu erwägen." (S. 775)
"
Es ist möglich, daß die Zunahme der gesellschaftlichen Produktivkraft in der Agrikultur die Abnahme der Naturkraft nur kompensiert oder nicht einmal kompensiert ... Es ist auch möglich, daß bei steigendem Getreidepreis die absolute Produktmasse abnimmt, während das verhältnismäßige Surplusprodukt wächst; nämlich bei verhältnismäßiger Zunahme des konstanten Kapitals, das großenteils aus Maschinen oder Vieh besteht, wovon nur der Verschleiß zu ersetzen, und bei entsprechender Abnahme des variablen, in Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteils, der stets ganz aus dem Produkt ersetzt werden muß.
Es ist aber auch möglich, daß bei dem Fortschritt der Agrikultur nur ein mäßiges Steigen des Marktpreises über den Durchschnitt nötig ist, damit schlechterer Boden, der bei niedrigerm Stand der technischen Hilfsmittel höheres Steigen des Marktpreises erheischt hätte, bebaut werden und zugleich eine Rente abwerfen kann.
"
(S. 775)
 
[Eigentümlichkeiten der Agrikultur]
"Hier ist ... zu bemerken, daß wir bei Entwicklung der Rente von dem Teil des agrikolen Kapitals, der das entscheidende pflanzliche Nahrungsmittel, also überhaupt das Hauptlebensmittel bei zivilisierten Völkern produziert, als bestimmend ausgehn. A. Smith - und das ist eins seiner Verdienste - hat schon nachgewiesen, daß in der Viehzucht und [776] überhaupt im Durchschnitt aller nicht in der Produktion der Hauptlebensmittel, also z.B. des Korns, auf dem Boden angelegten Kapitale eine ganz andre Bestimmung des Preises stattfindet. Dieser ist nämlich hier dadurch bestimmt, daß der Preis des Produkts von Boden, der, sage als künstliche Wiese zur Viehzucht benutzt wird, der aber ebensogut in Ackerbauland von gewisser Güte verwandelt werden könnte, hoch genug steigen muß, um dieselbe Rente abzuwerfen wie gleich guter Ackerboden; die Rente des Kornlands geht hier also bestimmend in den Viehpreis ein..." (S. 775 f.)
 
[Preisbestimmende Funktion des Hauptnahrungsmittels]
"Die absolute Rente erklärt einige Erscheinungen, die auf den ersten Blick die Rente einem bloßen Monopolpreis geschuldet sein lassen. Nehmen wir z.B. den Besitzer eines ohne alles menschliche Zutun, also nicht als Produkt der Forstung existierenden Waldes, etwa in Norwegen, um an A. Smiths Beispiel anzuknüpfen. Wird ihm eine Rente gezahlt von einem Kapitalisten, der Holz fällen läßt, etwa infolge englischer Nachfrage, oder läßt er es auch selbst als Kapitalist fällen, so wird ihm im Holz, außer dem Profit auf das vorgeschoßne Kapital, eine größre oder geringre Rente gezahlt werden. Dies scheint bei diesem reinen Naturprodukt reiner Monopolzuschlag. In der Tat aber besteht das Kapital hier fast nur aus variablem, in Arbeit ausgelegtem Kapital, setzt also auch mehr Mehrarbeit in Bewegung als andres Kapital gleicher Größe. Es steckt also in dem Holzwert ein größrer Überschuß von unbezahlter Arbeit, oder von Mehrwert, als im Produkt von Kapitalen höherer Zusammensetzung. Es kann daher der Durchschnittsprofit aus dem Holz bezahlt werden und ein bedeutender Überschuß in Form von Rente dem Waldeigentümer zufallen." (S. 776)

-777-

 
[Irreführende Erscheinungen bei der Grundrente]
"Wir haben angenommen, daß der neu in Bebauung gezogne Boden von noch geringrer Qualität ist als der schlechteste letztbebaute. Ist er besser, so trägt er eine Differentialrente. Wir untersuchen hier aber gerade den Fall, wo die Rente nicht als Differentialrente erscheint. Da sind nur zwei Fälle möglich. Der neu in Angriff genommene Boden ist schlechter, oder er ist ebenso gut wie der letztbebaute. Ist er schlechter, so ist dies bereits untersucht. Zu untersuchen ist also nur noch der Fall, wo er ebenso gut ist. Gleich guter und selbst besserer Boden kann, wie dies schon bei der Differentialrente entwickelt ist, ebensowohl im Fortgang der Kultur in den Neubau eintreten wie schlechterer." (S. 777)
 
[Untersuchung bei Eintritt gleich guten Bodens in die Bebauung]
"Erstens, weil bei der Differentialrente (und der Rente überhaupt, ...) zwei Bedingungen in umgekehrter Richtung wirken, die sich bald wechselseitig paralysieren, bald eine um die andre den Ausschlag geben können. Das Steigen des Marktpreises - ... - kann fruchtbareren Boden in Bebauung bringen, der früher durch seine Lage von der Konkurrenz ausgeschlossen war. Oder es kann bei unfruchtbarerem Boden den Vorteil der Lage so weit steigern, daß die geringre Ertragsfähigkeit dadurch ausgeglichen wird. Oder ohne Steigen des Marktpreises kann die Lage durch verbesserte Kommunikationsmittel die bessern Ländereien in Mitbewerbung bringen, wie wir dies in großem Maßstab bei den Präriestaaten in Nordamerika sehn. ... Also erstens die kontradiktorischen Wirkungen von Lage und Fruchtbarkeit und die Variabilität des Faktors der Lage, der beständig ausgeglichen wird, beständige progressive, zur Ausgleichung strebende Veränderungen durchmacht, bringen abwechselnd gleich gute, bessere oder schlechtere Bodenstrecken in neue Konkurrenz mit den altbebauten." (S. 777)

-778-

 
[Erstens: Kontradiktorische Wirkungen von Fruchtbarkeit und Lage]
"Zweitens. Mit der Entwicklung der Naturwissenschaft und der Agronomie ändert sich auch die Fruchtbarkeit des Bodens, indem sich die Mittel ändern, wodurch die Elemente des Bodens sofort verwertbar gemacht werden können. " (S. 778)
 
[Zweitens: Steigerung der Fruchtbarkeit durch techn. Fortschritt]
"Drittens. In allen altzivilisierten Ländern haben alte historische und traditionelle Verhältnisse, z.B. in der Form von Staatsländereien, Gemeindeländereien etc., rein zufällig große Bodenstrecken der Kultur entzogen, in die sie nur nach und nach eintreten. Die Reihenfolge, in der sie der Bebauung unterworfen werden, hängt weder von ihrer Bonität noch von ihrer Lage ab, sondern von ganz äußerlichen Umständen. ...Was hier entschied, war vielmehr die Gelegenheit, die Diebe macht; die mehr oder minder plausiblen juristischen Vorwände der Aneignung, die sich den großen Grundherrn darboten. " (S. 778)
 
[Drittens: Privatisierung]
"Viertens. Abgesehn davon, daß die jedesmal erreichte Entwicklungsstufe des Bevölkerungs- und Kapitalzuwachses der Ausdehnung der Bodenkultur eine wenn auch elastische Schranke zieht; abgesehn von der Wirkung von Zufällen, die den Marktpreis temporär beeinflussen, wie eine Reihe günstiger und ungünstiger Jahreszeiten, hängt die räumliche Ausdehnung der Bodenkultur ab vom gesamten Stand des Kapitalmarkts und der Geschäftslage eines Landes. " (S. 778)

-779-

"Zwischen dem neuen Boden und dem letztbebauten besteht aber immer der Unterschied der Kosten der Urbarmachung, und es hängt vom Stand der Marktpreise und der Kreditverhältnisse ab, ob diese unternommen wird oder nicht." (S. 779)
"Man könnte in derselben Art beweisen, daß die zuletzt gebauten Häuser außer dem eigentlichen Mietzins für das Gebäude keine Rente abwerfen, obgleich sie vermietet werden. Die Tatsache ist, daß sie Rente abwerfen, schon bevor sie Mietzins bringen, indem sie oft lange leer stehn. Ganz wie sukzessive Kapitalanlagen auf ein Bodenstück einen proportionellen Mehrertrag abwerfen können und daher dieselbe Rente wie die ersten, so können Felder von gleicher Güte wie die letztbebauten denselben Ertrag zu denselben Kosten abwerfen. Es wäre sonst überhaupt unbegreiflich, wie Felder derselben Bonität jemals sukzessive in Anbau genommen werden und nicht alle auf einmal oder vielmehr kein einziges, um nicht die Konkurrenz aller nach sich zu ziehn. Der Grundeigentümer ist stets bereit, eine Rente zu ziehn, d.h. etwas umsonst zu erhalten; aber das Kapital braucht gewisse Umstände, um seinen Wunsch zu erfüllen. Die Konkurrenz der Ländereien untereinander hängt daher nicht davon ab, daß der Grundeigentümer sie konkurrieren lassen will, sondern davon, daß sich Kapital findet, um auf den neuen Feldern mit den andern zu konkurrieren." (S. 779)
 
[Viertens: Abhängigkeit von Kapitalmarkt und Konjunktur]
" Das Wesen der absoluten Rente besteht also darin: gleich große Kapitale in verschiednen Produktionssphären produzieren, je nach ihrer verschiednen Durchschnittszusammensetzung, bei gleicher Rate des Mehrwerts oder gleicher Exploitation der Arbeit, verschiedne Massen von Mehrwert. In der Industrie gleichen sich diese verschiednen Massen von Mehrwert zum Durchschnittsprofit aus und [780] verteilen sich auf die einzelnen Kapitale gleichmäßig als auf aliquote Teile des Gesellschaftskapitals. Das Grundeigentum, sobald die Produktion Grund und Boden braucht, sei es zur Agrikultur, sei es zur Extraktion von Rohstoffen, hindert diese Ausgleichung für die im Boden angelegten Kapitale und fängt einen Teil des Mehrwerts ab, der sonst in die Ausgleichung zur allgemeinen Profitrate eingehn würde. Die Rente bildet dann einen Teil des Werts, spezieller des Mehrwerts der Waren, der nur statt der Kapitalistenklasse, die ihn aus den Arbeitern extrahiert hat, den Grundeigentümern zufällt, die ihn aus den Kapitalisten extrahieren. Es ist hierbei vorausgesetzt, daß das agrikole Kapital mehr Arbeit in Bewegung setzt, als ein gleich großer Teil des nicht agrikolen Kapitals. Wie weit die Abweichung geht oder ob sie überhaupt existiert, hängt ab von der relativen Entwicklung der Agrikultur gegenüber der Industrie. Der Natur der Sache nach muß mit dem Fortschritt der Agrikultur diese Differenz abnehmen, wenn nicht das Verhältnis, worin der variable gegenüber dem konstanten Teil des Kapitals abnimmt, beim industriellen Kapital noch größer ist als beim agrikolen. Diese absolute Rente spielt eine noch bedeutendere Rolle in der eigentlichen extraktiven Industrie, wo ein Element des konstanten Kapitals, das Rohmaterial, ganz wegfällt und wo mit Ausnahme der Zweige, bei denen der aus Maschinerie und sonstigem fixen Kapital bestehende Teil sehr bedeutend ist, unbedingt die niedrigste Zusammensetzung des Kapitals vorherrscht. Grade hier, wo die Rente allein einem Monopolpreis geschuldet scheint, sind außerordentlich günstige Marktverhältnisse erheischt, damit die Waren zu ihrem Wert verkauft werden oder die Rente gleich dem ganzen Überschuß des Mehrwerts der Ware über ihren Produktionspreis wird. So z.B. bei der Rente von fischbaren Wassern, Steinbrüchen, wildgewachsnen Wäldern etc." (S. 779 f.)
 
[Das Wesen der absoluten Grundrente: Zusammenfassung]

^ top

last update : Fri Mar 04 19:31:36 CET 2005 Gregor Koch
automatically created by Linux/X86; vendor=Apache Software Foundation; version=1; http://xml.apache.org/xalan-j
published by www.MXKS.de