Kapital | |
Team | Leitner |
Thema | Kapital BdIII Kapitel 35: Edelmetall und Wechselkurs ( excerpt ) |
Status | 1. Bearbeitung |
Letzte Bearbeitung | 12/2003 |
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2.1. Wechselkurs mit Asien
1. Die Bewegung des Goldschatzes
| [Bemerkungen zum Ab und Zufluss von Edelmetallen] |
Einfuhr von Edelmetallen findet statt vorwiegend in zwei Momenten:
"Einerseits in der ersten Phase niedrigen Zinsfußes, die der Krise folgt
und Ausdruck der
Einschränkung der Produktion ist; und dann in der
zweiten Phase, wo der Zinsfuß steigt, aber noch nicht
seine mittlere Höhe erreicht hat. Dies ist die Phase,
worin die Rückflüsse sich leicht bewirken, der kommerzielle Kredit groß ist und
daher die Nachfrage
nach Leihkapital nicht im Verhältnis zur Ausdehnung
der Produktion wächst. In beiden Phasen, wo Leihkapital verhältnismäßig
reichlich, muß der überschüssige Zufluß von Kapital, das in Form von Gold und
Silber existiert, also in einer Form, worin es zunächst
nur als Leihkapital fungieren kann, bedeutend auf den Zinsfuß und damit auf den
Ton des ganzen Geschäfts
wirken. [585]
"
| [Phasen der Einfuhr von Edelmetallen] |
Fortgesetzte starke Ausfuhr von Edelmetallen tritt ein:
"sobald die
Eingänge nicht
mehr flüssig, die Märkte überführt sind und die
scheinbare Prosperität nur noch durch den Kredit aufrechterhalten wird; sobald
also bereits eine sehr verstärkte Nachfrage nach Leihkapital existiert und daher
der Zinsfuß mindestens schon seine mittlere Höhe erreicht hat. Unter diesen sich
eben im Edelmetallabfluß
widerspiegelnden Umständen verstärkt sich bedeutend
die Wirkung der fortgesetzten Entziehung von Kapital
in einer Form, worin es direkt als leihbares Geldkapital existiert. Es muß dies
direkt auf den Zinsfuß wirken. Statt aber daß das Steigen des Zinsfußes die
Kreditgeschäfte einschränkte, erweitert es sie und führt
zur Überanspannung aller ihrer Hilfsmittel. Diese Periode geht deshalb dem Krach
voraus.[585f]
"
| [Andererseits: Abfluß] |
Die blose Quantität der Ein und Ausfuhr von Edelmetallen wirkt nicht als
solche, sondern durch den spezifischen Charakter des Edelmetalls als Kapital in
Geldform,
"und daß
sie zweitens wirkt wie die Feder, die, der Last auf der
Waagschale hinzugefügt, hinreicht, die schwankende
Waagschale nach der einen Seite endgültig zu senken;
wirkt, weil sie in Umständen eintritt, wo irgendein
Excess nach dieser oder jener Seite den Ausschlag
gibt. Ohne diese Gründe wäre es ganz und gar unbegreiflich, wie ein Goldabfluß
sage von 5-8 Mill.
Pfd. St., und dies ist die Grenze der bisherigen Erfahrung, irgend bedeutende
Wirkungen ausüben könnte;
dies geringe Mehr oder Weniger von Kapital, das
selbst gegenüber den 70 Mill. Pfd. St. in Gold, die
durchschnittlich in England zirkulieren, unbedeutend
erscheint, ist in einer Produktion vom Umfang der
englischen in der Tat eine verschwindende Größe.
Es ist aber eben die Entwicklung des Kredit- und
Banksystems, das einerseits dahin treibt, alles Geldkapital in den Dienst der
Produktion zu pressen (oder
was auf dasselbe hinauskommt, alles Geldeinkommen
in Kapital zu verwandeln) und das andrerseits in einer
gewissen Phase des Zyklus die Metallreserve auf ein
Minimum reduziert, worin sie die ihr zukommenden
Funktionen nicht mehr vollziehn kann - es ist dies
ausgebildete Kredit- und Banksystem, das diese Überempfindlichkeit des ganzen
Organismus erzeugt. Auf
minder entwickelten Produktionsstufen ist Verringerung oder Vergrößerung des
Schatzes, gegen sein
Durchschnittsmaß, eine relativ gleichgültige Sache.
Ebenso ist andrerseits selbst ein sehr bedeutender
Goldabfluß relativ wirkungslos, wenn er nicht in der
kritischen Periode des industriellen Zyklus eintritt.
[586f]"
Es wurde im oberen abgesehen von Fällen, wo der Metallabfluss infolge von
Mißernten usw. eintritt, ebenso wird von der Funktion des Metallschatzes als
Garanten der Konvertibilität der Banknoten und als Angelpunkt des ganzen
Kreditsysthems abgesehen. | [Wirkung von Ein und Ausfuhr von Edelmetallen (Charakter des Edelmetalls als Kapital in Geldform)] |
Es wird nicht unterschieden von der
"Wertgröße, denn diese ist bestimmt
durch die Menge der in ihnen vergegenständlichten
Arbeit. Sondern als selbständige Inkarnationen, Ausdrücke des gesellschaftlichen
Charakters des Reichtums. íDer Reichtum der Gesellschaft besteht nur als
Reichtum einzelner, die seine Privateigentümer sind.
Er bewährt sich nur dadurch als gesellschaftlicher,
daß diese einzelnen, zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse, die qualitativ
verschiednen Gebrauchswerte gegeneinander austauschen. In der kapitalistischen
Produktion können sie dies nur vermittelst des Geldes. So
wird nur vermittelst des Geldes der Reichtum des einzelnen als
gesellschaftlicher Reichtum verwirklicht;
im Geld, in diesem Ding, ist die gesellschaftliche
Natur dieses Reichtums verkörpert. - F. E.ý Dies sein
gesellschaftliches Dasein erscheint also als Jenseits,
als Ding, Sache, Ware, neben und außerhalb der
wirklichen Elemente des gesellschaftlichen Reichtums. Solange die Produktion
flüssig, wird dies vergessen. Der Kredit, als ebenfalls gesellschaftliche Form
des Reichtums, verdrängt das Geld und usurpiert seine Stelle. Es ist das
Vertrauen in den gesellschaftlichen Charakter der Produktion, welches die
Geldform der Produkte als etwas nur Verschwindendes und Ideales, als bloße
Vorstellung erscheinen
läßt. Aber sobald der Kredit erschüttert wird - und
diese Phase tritt immer notwendig ein im Zyklus der
modernen Industrie -, soll nun aller reale Reichtum
wirklich und plötzlich in Geld verwandelt werden, in
Gold und Silber, eine verrückte Forderung, die aber
notwendig aus dem System selbst hervorwächst. Und
alles Gold und Silber, das diesen ungeheuren Ansprüchen genügen soll, beläuft
sich auf ein paar Millionen
in den Kellern der Bank.[588f]"
| [Unterscheidung zwischen Edelmetallen und anderen Gestalten des Reichtums (Fetischformen)] |
"In den Wirkungen des
Goldabflusses tritt also der Umstand, daß die Produktion nicht wirklich als
gesellschaftliche Produktion
der gesellschaftlichen Kontrolle unterworfen ist,
schlagend hervor in der Form, daß die gesellschaftliche Form des Reichtums als
ein Ding außer ihm existiert. Das kapitalistische System hat dies in der Tat
gemein mit frühern Produktionssystemen, soweit sie
auf Warenhandel und Privataustausch beruhen. Es
tritt aber erst in ihm am schlagendsten und in der grotesksten Form des absurden
Widerspruchs und Widersinns hervor, weil 1. im kapitalistischen System
am vollständigsten die Produktion für den unmittelbaren Gebrauchswert, für den
Selbstgebrauch der Form des Reichtums, verdrängt das Geld und usurpiert seine
Stelle. Es ist das Vertrauen in den gesellschaftlichen Charakter der Produktion,
welches die
Geldform der Produkte als etwas nur Verschwindendes und Ideales, als bloße
Vorstellung erscheinen
läßt. Aber sobald der Kredit erschüttert wird - und
diese Phase tritt immer notwendig ein im Zyklus der
modernen Industrie -, soll nun aller reale Reichtum
wirklich und plötzlich in Geld verwandelt werden, in
Gold und Silber, eine verrückte Forderung, die aber
notwendig aus dem System selbst hervorwächst. Und
alles Gold und Silber, das diesen ungeheuren Ansprüchen genügen soll, beläuft
sich auf ein paar Millionen
in den Kellern der Bank.112 In den Wirkungen des
Goldabflusses tritt also der Umstand, daß die Produktion nicht wirklich als
gesellschaftliche Produktion
der gesellschaftlichen Kontrolle unterworfen ist,
schlagend hervor in der Form, daß die gesellschaftliche Form des Reichtums als
ein Ding außer ihm existiert. Das kapitalistische System hat dies in der Tat
gemein mit frühern Produktionssystemen, soweit sie
auf Warenhandel und Privataustausch beruhen. Es
tritt aber erst in ihm am schlagendsten und in der grotesksten Form des absurden
Widerspruchs und Widersinns hervor, weil 1. im kapitalistischen System
am vollständigsten die Produktion für den unmittelbaren Gebrauchswert, für den
Selbstgebrauch der Produzenten aufgehoben ist, also der Reichtum nur
als gesellschaftlicher Prozeß existiert, der sich als
Verschlingung von Produktion und Zirkulation ausdrückt; 2. weil mit der
Entwicklung des Kreditsystems die kapitalistische Produktion diese metallne
Schranke, zugleich dingliche und phantastische
Schranke des Reichtums und seiner Bewegung, beständig aufzuheben strebt, sich
aber immer wieder
den Kopf an dieser Schranke einstößt.
In der Krise tritt die Forderung ein, daß sämtliche
Wechsel, Wertpapiere, Waren auf einmal gleichzeitig
in Bankgeld konvertibel sein sollen und dies sämtliche Bankgeld wieder in
Gold.[589]
"
| [Wiederspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion aber privater Kontrolle] |
"
( Der Barometer für die internationale Bewegung der Geldmetalle ist bekanntlich
der Wechselkurs. Hat England mehr Zahlungen zu machen an Deutschland
als Deutschland an England, so steigt in London der
Preis von Mark, in Sterling ausgedrückt, und in Hamburg und Berlin fällt der
Preis von Sterling, ausgedrückt in Mark. Gleicht sich dies Übergewicht der
Zahlungsverpflichtungen Englands an Deutschland
nicht wieder aus, z.B. durch überwiegende Einkäufe
Deutschlands in England, so muß der Sterlingpreis
für Markwechsel auf Deutschland bis zu dem Punkt steigen, wo es sich lohnt,
statt Wechseln Metall - Goldgeld oder Barren - aus England in Zahlung nach
Deutschland zu schicken. Dies ist der typische Verlauf.[589f]
"
| [Handelsbilanz und Wechselkurs] |
"Nimmt dieser Export von Edelmetall stärkeren Umfang und längere Dauer
an, so wird die englische
Bankreserve angegriffen, und der englische Geldmarkt, voran die B. von E., muß
Schutzmaßregeln ergreifen. Diese bestehn wesentlich, wie wir schon gesehn, in
Heraufsetzung des Zinsfußes. Bei bedeutendem Goldabfluß ist der Geldmarkt
regelmäßig
schwierig, d.h. die Nachfrage nach Leihkapital in
Geldform überwiegt bedeutend das Angebot, und der
höhere Zinsfuß ergibt sich hieraus ganz von selbst;
die von der B. von E. dekretierte Diskontorate entspricht der Sachlage und setzt
sich im Markte durch.
Es kommen aber auch Fälle vor, wo der Metallabfluß
aus andern als den gewöhnlichen Geschäftskombinationen entspringt (z.B. durch
Anleihen fremder Staaten, Kapitalanlage im Ausland usw.), wo der Londo-
ner Geldmarkt als solcher eine wirksame Zinsratenerhöhung keineswegs
rechtfertigt; die B. von E. hat
dann durch starke Anleihen im »offnen Markt« erst
»Geld rar zu machen«, wie der Ausdruck lautet, um
so künstlich die Lage zu schaffen, die eine Zinserhöhung rechtfertigt oder nötig
macht; ein Manöver, das
ihr von Jahr zu Jahr schwerer wird. - F.E.)[589f]"
| [Export von Edelmetall bewirkt Heraufsetzung des Zinsfußes] |