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Team | Peter Heilbronn |
Thema | Kapital Bd.III. V. Abschnitt, Kapitel 34. Das Currency Principle und die englische Bankgesetzgebung von 1844 ( excerpt ) |
Status | 1. Bearbeitung |
Letzte Bearbeitung | 11/2003 |
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34 Das Currency Principle und die englische Bankgesetzgebung von 1844
{ Geld als knappes Gut. Bestimmt noch heute die Geldpolitik, deren erstes Ziel die Stabilität der Währung und der Preise ist. (d.V.)}
{ Die Krisen bis 1857 sind zuvorderst Handelskrisen, welche sich durch Fallen der Warenpreise auszeichnen. Natürlich beruhen sie auf Überimport/export, welches wiederum seine Ursache in der Überproduktion hat. Dies zu erkennen, war für Ricardo schwer. Die Erscheinungsform heute mit Massenentlassungen sind eine andere als zu Marx' Zeiten. (d.V.)}
"
Das allgemeinste und sinnfälligste Phänomen der Handelskrisen ist plötzlicher,
allgemeiner Fall der Warenpreise, folgend auf ein längeres, allgemeines Steigen
derselben. Allgemeiner Fall der Warenpreise kann ausgedrückt werden als Steigen
im relativen Wert des Geldes, verglichen mit allen Waren, und allgemeines
Steigen der Preise umgekehrt als Fallen des relativen Werts des Geldes. In
beiden Ausdrucksweisen ist das Phänomen ausgesprochen, nicht erklärt ... Die
verschiedene Phraseologie läßt die Aufgabe ebenso unverändert, wie es ihre
Übersetzung aus der deutschen in die englische Sprache tun würde. Ricardos
Geldtheorie kam daher ungemein gelegen, da sie einer Tautologie den Schein eines
Kausalverhältnisses gibt. Woher das periodische allgemeine Fallen der
Warenpreise? Vom periodischen Steigen des relativen Werts des Geldes. Woher
umgekehrt das periodische, allgemeine Steigen der Warenpreise? Von einem
periodischen Fall [564] im relativen Wert des Geldes.
... Die Preise steigen und fallen also periodisch, weil periodisch zu viel oder zu wenig Geld zirkuliert.[Herv. v. P.H.] " (S. 563f) | [Ricardos Tautologie: Geldpreis zu Warenpreis] |
"
Wir sahen nun, daß nach Ricardo diese allgemeinen Schwankungen der Preise auch
bei einer rein metallischen Zirkulation stattfinden müssen, sich aber durch ihre
Abwechslung ausgleichen, indem z.B. untervolle Zirkulation Fallen der
Warenpreise, das Fallen der Warenpreise Ausfuhr der Waren ins Ausland, diese
Ausfuhr aber Einfuhr von Gold ins Inland, dieser Einfluß von Geld aber wieder
Steigen der Warenpreise hervorruft. Umgekehrt bei einer übervollen
Zirkulation, wo Waren importiert und Gold exportiert werden.[Herv. v. P.H.]
"
(S. 564)
| [Zirkulationsfülle und Warenpreis] |
"
Da nun trotz dieser aus der Natur der Ricardoschen Metallzirkulation selbst
entspringenden allgemeinen Preisschwankungen ihre heftige und gewaltsame Form,
ihre Krisenform, den Perioden entwickelten Kreditwesens angehört, so wird
es sonnenklar, daß die Ausgabe von Banknoten nicht exakt nach den Gesetzen der
metallischen Zirkulation reguliert wird. Die metallische Zirkulation besitzt ihr
Heilmittel im Import und Export der edlen Metalle, die sofort als Münze in
Umlauf treten und so durch ihren Einfluß oder Ausfluß die Warenpreise fallen
oder steigen machen. Dieselbe Wirkung auf die Warenpreise muß nun künstlich
durch Nachahmung der Gesetze der Metallzirkulation von den Banken hervorgebracht
werden. Fließt Geld vom Ausland ein, so ist das ein Beweis, daß die Zirkulation
untervoll ist, der Geldwert zu hoch und die Warenpreise zu niedrig stehn und
folglich Banknoten im Verhältnis zu dem neu importierten Gold in Zirkulation
geworfen werden müssen.[Herv. v. P.H.]
"
(S. 564)
| [Marx' Kritik] |
"
Da die Nachfrage und Zufuhr von Waren deren Marktpreise reguliert, wird hier
klar, wie falsch Overstones Identifikation der Nachfrage nach leihbarem
Geldkapital (oder vielmehr der Abweichungen der Zufuhr davon), wie sie sich in
der Diskontorate ausdrückt, und der Nachfrage nach wirklichem "Kapital". Die
Behauptung, daß die Warenpreise durch die Schwankungen im Betrag der Currency
reguliert sind, versteckt sich jetzt unter der Phrase, daß die Schwankungen der
Diskontorate Schwankungen in der Nachfrage nach wirklichem stofflichen Kapital
ausdrücken, im Unterschied vom Geldkapital. Wir haben gesehn, wie sowohl Norman
wie Overstone dies in der Tat vor demselben Ausschuß behaupteten und zu welchen
lahmen Ausflüchten namentlich letzterer dabei gedrängt wurde, bis er schließlich
ganz festsaß. (Kapitel XXVI.) Es ist in der Tat die alte Flause, daß die
Änderungen in der Masse des vorhandnen Goldes, indem sie die Menge des
Umlaufsmittels im Lande vermehren oder vermindern, innerhalb dieses Landes die
Warenpreise steigern oder senken müßten. Wird Gold ausgeführt, so müssen nach
dieser Currency-Theorie die Preise der Waren steigen in dem Lande, wohin das
Gold geht, und damit der Wert der Exporte des Gold ausführenden Landes auf dem
Markt des Gold einführenden; der Wert der Exporte des letzteren auf dem Markt
des ersteren würde dagegen fallen, während er stiege in ihrem Ursprungsland,
wohin das Gold geht. In der Tat aber steigert die Verminderung der Goldmenge
nur
den Zinsfuß, während ihre Vermehrung ihn senkt; und kämen diese Schwankungen des
Zinsfußes nicht in Rechnung bei Feststellung der Kostpreise oder bei der
Bestimmung von Nachfrage und Angebot, so würden sie die Warenpreise gänzlich
unberührt lassen. -[Herv. v. P.H.]
"
(S. 567)
| [Goldpreis-Umlaufmittel induziert nicht unmittelbar den Warenpreis sondern den Zinsfuß] |
[Gegenbeispiele zum Currency Principle] |
{ Hier zeigt sich, dass im Krisenfalle der Widerspruch zwischen den Geldfunktionen Maß der Werte zu sein, also selbst Wertstellvertreter zu sein, und als Zahlungsmittel zu fungieren (im Kredit oder Diskontierung), sich praktisch gewaltsam bemerkbar macht. Widerspruch Gold als Geld und Kredit als Geld. (d.V.)}
"
{Die Krisis von 1837 mit ihren langen Nachwehen, an die sich 1842 noch eine
vollständige Nachkrise schloß, und die interessierte Verblendung der
Industriellen und Kaufleute, die platterdings keine Überproduktion sehn wollten
- diese war ja, nach der Vulgärökonomie, ein Unsinn und eine Unmöglichkeit! -,
hatten endlich diejenige Verwirrung in den Köpfen verursacht, die der
Currency-Schule erlaubte, ihr Dogma auf nationalem Maßstab in die Praxis zu
übersetzen. Die Bankgesetzgebung von 1844/45 ging durch.
"
(S. 569)
| [Ideologische Verwirrung und praktische Schwierigkeiten] |
"
Der Bankakt von 1844 teilt die Bank von England in ein Notenausgabe-Departement
und ein Bankdepartement. Das erstere erhält Sicherheiten - [570]
größtenteils
Regierungsschuld - für 14 Millionen und den gesamten Metallschatz, der zu
höchstens 1/4 aus Silber bestehn darf, und gibt für den Gesamtbetrag beider
eine gleiche Summe von Noten aus. Soweit sich diese nicht in den Händen des
Publikums befinden, liegen sie im Bankdepartement und bilden, mit der wenigen
zum täglichen Gebrauch nötigen Münze (etwa einer Million) dessen stets bereite
Reserve. Das Ausgabe-Departement gibt dem Publikum Gold für Noten und Noten für
Gold; den übrigen Verkehr mit dem Publikum besorgt das Bankdepartement.
"
(S. 569f)
| [Bankakt 1844 - Ende aller Krisen] |
"
Für jede fünf Pfund in Gold also, die aus dem Bankschatz abfließen, geht eine
Fünfpfundnote zurück an das Ausgabe-Departement und wird vernichtet; für jede
dem Schatz zugehenden fünf Sovereigns kommt eine neue Fünfpfundnote in Umlauf.
Damit ist Overstones ideale Papierzirkulation, die sich genau nach den Gesetzen
der metallischen Zirkulation richtet, praktisch ausgeführt, und damit sind, nach
den Behauptungen der Currency-Leute, die Krisen für immer unmöglich
gemacht.[Herv. v. P.H.]
"
(S. 570)
| [Goldpreisbindung] |
"
In Wirklichkeit aber entzog die Trennung der Bank in zwei unabhängige
Departements der Direktion die Möglichkeit, in entscheidenden Momenten über ihre
gesamten disponiblen Mittel frei zu verfügen, so daß Fälle eintreten konnten, wo
das Bankdepartement vor dem Bankerott stand, während das Ausgabe-Departement
mehrere Millionen in Gold und außerdem noch seine 14 Millionen Sicherheiten
intakt besaß. Und zwar konnte dies um so leichter eintreten, als in fast jeder
Krise ein Abschnitt vorkommt, wo ein starker Goldabfluß ins Ausland stattfindet,
der in der Hauptsache durch den Metallschatz der Bank zu decken ist. Für jede
fünf Pfund aber, die dann ins Ausland fließen, wird der Zirkulation des Inlands
eine Fünfpfundnote entzogen, also die Menge des Umlaufsmittels grade in dem
Augenblick verkleinert, wo am meisten davon, und am nötigsten, gebraucht wird.
Der Bankakt von 1844 provoziert also die sämtliche Handelswelt direkt dazu, bei
hereinbrechender Krise sich einen Reserveschatz von Banknoten beizeiten
anzulegen, also die Krise zu beschleunigen und zu verschärfen; er treibt durch
diese, im entscheidenden Augenblick wirksam werdende, künstliche Steigerung der
Nachfrage nach Geldakkommodation, d.h. nach Zahlungsmittel, bei gleichzeitiger
Beschränkung der Zufuhr davon, den Zinsfuß [571]
in Krisen zu bisher unerhörter
Höhe; statt also die Krisen zu beseitigen, steigert er sie vielmehr bis auf den
Punkt, wo entweder die ganze industrielle Welt in die Brüche gehn muß oder der
Bankakt. Zweimal, am 25. Okt. 1847 und am 12. Nov. 1857, war die Krisis auf
diese Höhe gestiegen; da befreite die Regierung die Bank von der Beschränkung
ihrer Notenausgabe, indem sie den Akt von 1844 suspendierte, und dies reichte
beidemal hin, die Krise zu brechen. 1847 genügte die Gewißheit, daß nun wieder
Banknoten gegen Sicherheit ersten Rangs zu haben seien, um die aufgeschatzten
4-5 Millionen Noten wieder ans Tageslicht und in die Zirkulation zu bringen;
1857 wurde bis nicht ganz eine Million in Noten über das gesetzliche Quantum
ausgegeben, aber nur für ganz kurze Zeit.
"
(S. 570f)
| [Krisenverschärfung - Spaltung der Goldreserve] |
{ Natürlich ist die Ursache der Krise nicht das fehlende Geld, sondern die Überproduktion. Nur die Auswirkungen dieser, werden durch den Bankakt verstärkt, nicht hervorgerufen. (d.V.)}
"
{Diese sonderbare Angst Mills vor Einpfundnoten wäre unerklärlich, zeigte nicht
sein ganzes Werk über politische Ökonomie einen Eklektizismus, der vor keinen
Widersprüchen zurückschreckt. Einerseits gibt er Tooke in vielen Dingen gegen
Overstone recht, andrerseits glaubt er an die Bestimmung der Warenpreise durch
die Menge des vorhandnen Geldes. Er ist also keineswegs überzeugt, daß für jede
ausgegebne Einpfundnote - alle andren Umstände gleichgesetzt - ein Sovereign in
den Schatz der Bank wandert; er fürchtet, die Masse des Zirkulationsmittels
könne vermehrt und somit entwertet werden, d.h. die Warenpreise steigern. Das
ist es und weiter nichts, was sich hinter obiger Bedenklichkeit verbirgt. - F.
E.}
"
(S. 572)
| [Kritik an Mill] |
[Wirkungen des Bankaktes 1844] |
{ Selbst wenn die Noten kurzzeitig nicht konvertibel sind, bzw die Noten, weil nun der Goldschatz sich auf mehr Exemplare von Wertzeichen verteilt weniger Wert sind, bleibt doch ihr Preis dem gegenüber hoch, da stark nachgefragt wird. Im Schnitt über einen Krisenzyklus allerdings sollten Wert und Preis des Geldes wieder übereinstimmen (in Mitte des Zyklus), wie sie notwendig in der Krise divergieren. (d.V.)}
"
4488. "Wie glauben Sie, daß der Akt von 1844 gewirkt hat? - Sollte ich Ihnen als
Bankier antworten, so würde ich sagen, daß er ganz ausgezeichnet gewirkt hat,
denn er hat den Bankiers und {Geld-} Kapitalisten aller Art eine reiche
Ernte
geliefert. Aber er hat sehr schlecht gewirkt für den ehrlichen fleißigen
Geschäftsmann, der Stetigkeit in der Diskontorate bedarf, so daß er seine
Arrangements mit Zuversicht machen kann ... er hat das Geldverleihen zu einem
höchst profitlichen Geschäft gemacht." - 4489. "Er" {der Bankakt} "befähigt die
Londoner Aktienbanken, den Aktionären 20 bis 22% zu zahlen? - Eine zahlte
neulich 18%, und ich glaube, eine andre 20%; sie haben [576]
allen Grund, sehr
entschieden für den Akt einzutreten." - 4490. "Kleine Geschäftsleute und
respektable Kaufleute, die kein großes Kapital haben ... er kneift sie sehr ...
Das einzige Mittel, das ich habe, um dies zu erfahren, ist, daß ich eine so
erstaunliche Masse ihrer Akzepte sehe, die nicht bezahlt werden. Diese Akzepte
sind immer klein, etwa von 20-100 Pfd.St., viele von ihnen werden nicht bezahlt
und gehn zurück mit Mangelzahlung nach allen Teilen des Landes, und dies ist
immer ein Zeichen der Gedrücktheit unter ... den Kleinhändlern."
"
(S. 575f)
| [''Extraprofit'' der Geldkapitalisten durch hohen Zinsfuß] |
"
4497. "Glauben Sie, daß die inländische Konsumtion abgenommen hat? - Sehr
bedeutend ... ganz ungeheuer ... die Kleinhändler sind hier die beste
Autorität." - 4498. "Und doch sind die Einfuhren sehr groß; zeigt das nicht eine
starke Konsumtion an? - Jawohl, wenn Sie verkaufen können; aber viele
Warenlager
sind voll von diesen Sachen; in dem Beispiel, das ich soeben erzählt habe, sind
für 3.000 Pfd.St. Waren importiert worden, die unverkäuflich sind."
4514. "Wenn Geld teuer ist, würden Sie sagen, daß dann Kapital wohlfeil ist? - Jawohl." Der Mann ist also keineswegs der Meinung Overstones, daß hoher Zinsfuß dasselbe sei wie teures Kapital. " (S. 576) | [Unterschied: Geld- und wirkliches Kapital] |
"
"Geldklemme und hoher Zinsfuß, verursacht durch Mangel an hinreichendem Kapital,
nicht erleichtert werden kann durch vermehrte Ausgabe von Banknoten", (1514)
[579] obwohl die bloße Erlaubnis der vermehrten Notenausgabe durch den Regierungsbrief vom 25. Okt. 1847 hingereicht hatte, der Krise die Spitze abzubrechen. " (S. 578f) | [Ideologische Verblendung] |