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Team Peter Heilbronn
Thema Vorwort zu Kapital Band I ( original )
Status Anlässlich Vortrag Haus Koebberling (Dokumenta, 14.07.2002, Kassel) zu Band I
Letzte Bearbeitung 06/2003
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1. Allgemeines besonders zu Band 1
1.1. Vornweg
1.2. Abhängigkeit der Erarbeitung vom eigenen Interesse und Beschränkungen
1.3. Unser Interesse und Marx

1. Allgemeines besonders zu Band 1

Hier der Versuch eines kleinen Vorwortes an Hand unserer Erfahrungen in verschiedenen Kapitalseminaren und Erarbeitungen. Es wird hier auf die Rahmenbedingungen der Aneignung des Kapital eingegangen, die zu beachten sich als dienlich erweist.

1.1. Vornweg

Was man sich klar machen sollte ist, das 'Das Kapital - Kritik der politischen Ökonomie' nicht für sich genommen werden kann. Es ist nur zu verstehen, wenn man die zugrunde liegende Weltanschauung sich aneignet, die materialistische Dialektik bzw den Historischen Materialismus. Man kann so 'Das Kapital' als Anwendung dieser Weltanschauung, die auch eine von der bürgerlichen Wissenschaft radikal unterschiedene Wissenschaftsauffassung hat, auf das spezielle Gebiet der politischen Ökonomie verstehen. Dabei wird selbstverständlich und notwendigerweise ständig über diesen Arbeitsgegenstand hinausgegangen und die Verknüpfungen mit Wirklichkeit und Realität des Kapitalismus hergestellt. Die Verhältnisse werden an ihren inneren Zusammenhängen und Widersprüchen analysiert und dargestellt. Dieses Herstellen der Verknüpfung mit der Realität und der Geschichte gibt denn auch erste Fingerzeige auf die Weltanschauliche Position.

1.2. Abhängigkeit der Erarbeitung vom eigenen Interesse und Beschränkungen

So, wie Marx 'Das Kapital' aus einem parteiischen Standpunkt wissenschaftlich entwickelt hat, so liegt es natürlich am Leser, unter welchem Gesichtspunkt er sich den Stoff aneignet. Hierbei ist weniger seine literarische Vorliebe und Ästhetik ausschlaggebend, als die objektiven Bedingungen, die ihn zu dieser Aneignung treiben und befähigen. Also Form und Inhalt der Aneignung hängt von seinem eigenen Standpunkt, auch dem weltanschaulichen, und seiner Zielrichtung ab.

Z.B.. kann man 'Das Kapital' lesen, um die Analyse der politischen Ökonomie und seiner Gesetzmäßigkeiten positiv zu verwenden in seiner Eigenschaft als Betriebswirt. Das bedeutet man benutzt es, um die Ausbeutung im eigenen Betrieb zu vervollkommnen. Dann betreibt man angewandte Betriebswirtschaft und aus der 'Kritik der politischen Ökonomie' wird dann ein Handbuch der besseren Betriebswirtschaft.

Ebenso kann man die Beschäftigung damit nutzen, um sich eine sichere Anstellung in der Akademie zu sichern. Dann verdient man hiermit seinen Unterhalt und wird in seinem Interesse also auch maßgeblich dadurch bestimmt. Diese Menschen lieben es, an den den Begriffen zu hängen und in die Tiefen des sogenannten Wertbegriffes einzudringen. Für sie gibt z.B. es nur die formalen logischen Ableitungen und der Rest ist Geschichtsphilosophie. Sie möchten die 'reine' Philosophie haben und keine Revolution. Marx ist dann entweder ein konsequenter Vertreter der Klassik als Arbeitswert-Theoretiker, oder er beschreibt eine Wirklichkeit des Wesentlichen hinter der Wirklichkeit der Erscheinungen und ist somit Metaphysiker.

Daneben gibt es natürlich auch eine Menge der Praktiker, welche nun eine marxistische Politik machen wollen oder im Sektenwesen der reinen, wirklichen und wahren Nachfolger Marx' schwimmen. Zumeist wird ein Aspekt herausgegriffen und zu einer Theorie aufgeblasen, was manchmal auch zu einem Lehrstuhl, oder ein paar Büchern zum Lebensunterhalt reicht.

Man sieht also, es gibt einige Menge Möglichkeiten der Rezeption, je nach Verschiedenheit der Ausgangslage und des Interesses. Damit sein Geld zu verdienen ist ganz legitim wie das Verkaufen jeder anderen Ware auch. Unser Interesse bei der Aneignung hingegen ist ein anderes.
Es sei hier schon gesagt: es ist nicht notwendig, 'Das Kapital' zu lesen, um Revolution zu machen, aber es kann das Verständnis erheblich erleichtern, 1. von dem was ist, 2. was nicht mehr so sein kann und wie 3. die Keime des Neuen im Heutigen erkennbar sind und wie die geschichtliche Tendenz wissenschaftlich zu erkennen ist.
Dabei geht es um keine Utopie, wir erträumen uns keine neue Welt. Es geht darum, die Mechanismen und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und sie für uns zu nutzen. Es geht darum, die materiellen Bedingungen zu erfassen. Unser Ausgangspunkt ist die Wirklichkeit und ihre Menschen und kein Glaube an das Gute im Menschen oder ein systemimmanenter Automatismus, unbedingter Determinismus, der über den Kapitalismus hinausführt, ohne das Menschen bewußt handeln müssen.
Die Aneignung selbst kann nur ein Prozeß sein. Unserer Erfahrung ist es fast unmöglich, sich 'Das Kapital' mit einem gewissen Niveau selbst anzueignen. Es hat sich gezeigt, das dies sich am besten in kollektiver Arbeit realisieren lässt. Es ist dem Gegenstand und der Darstellung angemessen, dass dies auch ein zyklischer Prozess ist. Die Kategorien werden aufeinander aufgebaut, vom Abstrakten zum Konkreten aufsteigend. Aber hierbei werden die Kategorien selbst auch immer weiter verfeinert und bekommen im Fortlauf der Darstellung mehr Bestimmungen, werden aufgefüllt. Sie werden entwickelt aus der Wirklichkeit in unserem Kopf, geraten in Widersprüche und werden an diesen weitergetrieben und entwickelt.
Hier liegt auch für ungeduldige eine Beschränkung. Da man es hier mit einer Wissenschaft zu tun hat, die ein gewisses Maß an Genauigkeit und Durchhaltevermögen fordert, ist es nicht möglich, nach Lesen des ersten Bandes gleich auf die Fragen unserer heutigen Realität und solcher Phänomene wie Börse oder Globalisierung loszugehen. Dies ist eine fundamentale und gerne übersehene Einschränkung. Mit diesem Werkzeug, lassen sich die Probleme nicht entsprechend angehen. Man erhält nur unbefriedigende oder sehr allgemeine, im Zweifelsfall falsche Aussagen, die erst bei weiterer Erschließung des Stoffes, die weiteren Bände sich korrigieren. Aber nicht nur das. Viele Fragen sind gar nicht im Einzelnen fertig entwickelt worden. D.h., man kann dies nicht beim alten Meister als ewige Wahrheit nachlesen, sondern es bedarf eigener Forschungsarbeit auf den Schultern von Marx. Spätestens hier wird man auf kollektives Wirken angewiesen sein. Als Beispiel sei die Frage aufgeworfen, ob Geld heute noch Gold ist, wobei viele, selbst Marxisten nicht mehr anerkennen, das Geld überhaupt eine Ware ist.

1.3. Unser Interesse und Marx

Wir sind keine Missionare. Wir verbreiten keine unfehlbare Lehre des Wahren, des grossen Meisters. Wir sind Forschende auf dem Weg zu Kommunismus. Unser Ziel ist nicht das Lernen von Lehrsätzen und Führen von Zitatenschlachten. Wir wollen keine Marxkenner und Sektenführer werden. Marx eigenem Schaffen ist die Kritik immanent, was selbstverständlich seine eigenen Worte einschließt. Unser Interesse ist die weltweite Aufhebung des Kapitalismus und wir glauben, dass dies in seinem Sinne ist, was diesbezüglich aber auch unerheblich ist. Marx ist ein hervorragender Vertreter des Kommunismus, nicht mehr und nicht weniger. Deshalb sind wir Kommunisten und keine Marxisten. Um aber zu verstehen, was 'Aufhebung', 'Kommunismus' und warum nur 'weltweit' möglich bedeutet, muß man sich ein Mindestmaß an Stoff aneignen.
Dabei sind wir klar parteiisch im Bewußtsein, das es keinen unparteiischen Standpunkt gibt, wie allgemeines Menschenrecht oder eine Freiheit. Alles dies ist klar interessehaltig und determiniert. Wir vertreten einen proletarischen Standpunkt ohne die Arbeiterklasse als heres Trugbild und realitätsfernes revolutionäres Subjekt zu sehen, was nur seine 'wahren' Interessen entdecken muss, bzw. wir es ihm zeigen müssen. Das scheint der falsche Weg.
Deshalb machen wir diese Vorträge.

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last update : Fri Mar 04 16:55:41 CET 2005 Peter Heilbronn
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