Vorwort zur deutschen Ausgabe

h> Ziel: Kritik an Stalins Soz. in einem Land über Aufdecken der mat. Bed. der Wirtschaft der UdSSR und deren Widersprüche
-Problem der Kollektivierung

Eine richtige Einschätzung der Kollektivisierung ist aber ohne eine allgemeine Konzeption der sozialistischen Revolution undenkbar. (#1)

Die Kollektivisierung der Bauernwirtschaften ist selbstverständlich der notwendigste und fundamentalste Teil der sozialistischen Umwandlung der Gesellschaft. Jedoch werden Umfang und Tempo der Kollektivisierung nicht allein von dem Willen der Regierung bestimmt, sondern letzten Endes von den ökonomischen Faktoren: von der Höhe des wirtschaftlichen Niveaus des Landes, von dem Verhältnis zwischen Industrie und Landwirtschaft, also folglich auch von den technischen Hilfsquellen der Landwirtschaft selbst. (#1)

- Industrie als treibender Faktor, Gnd des Soz., Festigung des Prolet.

Die Kollektivisierung der Bauernwirtschaften ist selbstverständlich der notwendigste und fundamentalste Teil der sozialistischen Umwandlung der Gesellschaft. Jedoch werden Umfang und Tempo der Kollektivisierung nicht allein von dem Willen der Regierung bestimmt, sondern letzten Endes von den ökonomischen Faktoren: von der Höhe des wirtschaftlichen Niveaus des Landes, von dem Verhältnis zwischen Industrie und Landwirtschaft, also folglich auch von den technischen Hilfsquellen der Landwirtschaft selbst. (#1)

- im weiteren geht es um die gnd Elemente des Aufbaus des Soz in einem Land (Stalin 1924) bzw Kritik daran

Der "Irrtum" Stalins und der "Irrtum" der deutschen Sozialdemokratie bedeuten: Nationalsozialismus. (#2)

- da schon Kap international/Weltmarkt, kann eine darüber hinaus sich entw sollender Soz nicht national verfasst sein, Hemmung der PK
-Kritik an Stalin:

Es ist falsch, daß die Weltwirtschaft einfach die Summe gleichartiger nationaler Teile darstelle. Es ist falsch, daß die spezifischen Eigenschaften »nur Ergänzungen zu den allgemeinen Eigenschaften« seien, etwa wie eine Warze auf dem Gesicht. In Wirklichkeit bilden die nationalen Eigenschaften eine eigenartige Vermengung der wesentlichen Triebkräfte des Weltprozesses. Diese Eigenarten können während einer Reihe von Jahren für die revolutionäre Strategie von entscheidender Bedeutung sein. (#2)

- Internationalismus der KP beruht nicht auf nat Gleichartigkeit sondern dem Überwinden des kap. Nationalstaates als Hemmnis der PK hin zur Weltwirschaft
#3

- Stalin benutzt das Gesetz der ungleichmäßigen Entw des Kap falsch als Abstraktum nicht bezogen auf histor Situation, als Begründung des NS (Nationalsozialismus)

Damit allein erhebt er die nationalen Besonderheiten Rußlands nicht nur über die »allgemeinen Eigenschaften« jeder kapitalistischen Nation, sondern auch über die Weltwirtschaft in ihrer Gesamtheit. Hier beginnt eben der verhängnisvolle Riß in der ganzen Stalinschen Konzeption. Die Eigenart der USSR sei so gewaltig, daß sie innerhalb ihrer Grenzen den Aufbau eines eigenen Sozialismus zulasse, unabhängig davon, was mit der übrigen Menschheit geschehe. (#3)

Es ist falsch, daß die Weltwirtschaft einfach die Summe gleichartiger nationaler Teile darstelle. Es ist falsch, daß die spezifischen Eigenschaften »nur Ergänzungen zu den allgemeinen Eigenschaften« seien, etwa wie eine Warze auf dem Gesicht. In Wirklichkeit bilden die nationalen Eigenschaften eine eigenartige Vermengung der wesentlichen Triebkräfte des Weltprozesses. Diese Eigenarten können während einer Reihe von Jahren für die revolutionäre Strategie von entscheidender Bedeutung sein. (#3)

Daraus ergibt sich die durch und durch zwiespältige Strategie der Komintern: während die USSR die »Klassen liquidiert« und den Sozialismus aufbaut, wird das Proletariat aller übrigen Länder, ganz unabhängig von den realen nationalen Bedingungen, zu kalendermäßig festgelegten, gleichförmigen Handlungen verpflichtet (1. August, 6. März usw.). Der messianische Nationalismus wird durch einen bürokratisch-abstrakten Internationalismus vervollständigt. Diese Zwiespältigkeit geht durch das ganze Programm der Komintern und raubt ihm jede prinzipielle Bedeutung. (#3)


#4
- die Komintern würde nur noch der Schutz der UdSSR, die Freunde der Sowjetunion deren Außenpolitik vertreten (also nationale Interessen über internationale Organisationen verwirklicht)

Der Übergang der Macht aus den Händen des Zarismus und der Bourgeoisie in die Hände des Proletariats schafft weder die Prozesse noch die Gesetze der Weltwirtschaft ab. (#4)

- internationale TdA, Außen und Kapitalhandel, int. Charakter der PK ändert sich nicht sondern hängt von den mat. Gegebenheiten ab, zb Produktivität des Landes

Die Oktoberrevolution erbte von dem alten Rußland neben den inneren Widersprüchen des Kapitalismus die nicht weniger tiefen Widersprüche zwischen dem Kapitalismus in seiner Gesamtheit und den vorkapitalistischen Formen der Produktion. Diese Widersprüche hatten (und haben noch heute) einen realen Charakter, d.h. sie sind in dem materiellen Verhältnis zwischen Stadt und Land, in den bestimmten Proportionen oder Disproportionen der verschiedenen Zweige der Industrie und der Volkswirtschaft usw. enthalten. (#5)

- ererbt zurückgebliebenes Land
- wachsender Widerspruch zw extrem wachsender ind. Produktivität und Isoliertheit vom Weltmarkt

Mit anderen Worten, die Krisen der Sowjetwirtschaft sind nicht Krankheitserscheinungen des Wachstums, sozusagen Kinderkrankheiten, sondern etwas unermeßlich Bedeutsameres: ernste Zurechtweisungen seitens des Weltmarktes, jenes Weltmarktes, »dem wir - nach dem Worte Lenins - unterworfen sind und mit dem wir verbunden sind und von dem wir uns nicht lostrennen können«. (Auf dem XI. Parteitag, 7. März 1922). Daraus ergibt sich aber keinesfalls die Schlußfolgerung von der historischen »Unrechtmäßigkeit« der Oktoberrevolution, eine Schlußfolgerung, die nach schändlichem Philistertum riecht. (#5)


#6
-Oktoberrev. als erste Etappe der Weltrev.
- Stalin: Tempo der Industrialisierung ist unsere Sache, Absehen vom Weltmarkt, Borniertheit
- daraus folgt Notw. der Kollektivierung, Soz. auf Gnd. des feudalen Inventars
- wenn schon, dann:

Die Aufgabe kann nicht darin bestehen, das abstrakt maximale Tempo zu erreichen, sondern das optimale, d.h. das beste Tempo, das sich sowohl aus den inneren wie aus den internationalen Wirtschaftsbedingungen ergibt, das die Position des Proletariats sichert, die nationalen Elemente für die künftige internationale sozialistische Gesellschaft vorbereitet und gleichzeitig und hauptsächlich das Lebensniveau des Proletariats systematisch verbessert und dessen Bündnis mit den nicht ausbeuterischen Massen des Dorfes festigt. (#6)

Einleitung

h> histor. Situation in Land und Partei, Bestimmung der 'permamenten Revolution, Kritik an Stalins »demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft« bzgl. China in diesem Zusammenhang

Es handelt sich um die Theorie der "permanenten Revolution", die nach der Lehre der Epigonen des Leninismus (Sinowjew, Stalin, Bucharin usw.), die Erbsünde des »Trotzkismus« darstellt. (#8)

Ausnahmslos hatten sie alle im Augenblick der Februarrevolution 1917 die vulgäre Position der demokratischen Linken eingenommen. Kein einziger von ihnen hat die Losung des Kampfes des Proletariats um die Macht aufgestellt. Sie alle hielten den Kurs auf eine sozialistische Revolution für absurd oder - noch schlimmer - für »Trotzkismus«. In diesem Geiste haben sie die Partei geleitet bis zur Ankunft Lenins aus dem Auslande und bis zum Erscheinen seiner berühmten Thesen vom 4. April. (#8)

Ausnahmslos hatten sie alle im Augenblick der Februarrevolution 1917 die vulgäre Position der demokratischen Linken eingenommen. Kein einziger von ihnen hat die Losung des Kampfes des Proletariats um die Macht aufgestellt. Sie alle hielten den Kurs auf eine sozialistische Revolution für absurd oder - noch schlimmer - für »Trotzkismus«. In diesem Geiste haben sie die Partei geleitet bis zur Ankunft Lenins aus dem Auslande und bis zum Erscheinen seiner berühmten Thesen vom 4. April. (#8)

Anders stellte Lenin die Frage. Die Befreiung der Produktivkräfte der bürgerlichen Gesellschaft aus den Fesseln der Leibeigenschaft bedeutete für Lenin vor allem eine radikale Lösung der Agrarfrage im Sinne der völligen Liquidierung der Gutsbesitzerklasse und der revolutionären Umschichtung des Bodenbesitzes. Damit untrennbar verbunden war die Abschaffung der Monarchie. (#8f)

Da die liberale Bourgeoisie, die den Arbeitern feindlich gegenübersteht, durch unzählige Fäden mit dem großen Landbesitz eng verbunden ist, kann die wahrhaft demokratische Befreiung der Bauernschaft nur durch die revolutionäre Gemeinschaft der Arbeiter und Bauern verwirklicht werden. Ihr gemeinsamer Aufstand gegen die alte Gesellschaft muß, nach Lenin, im Falle des Sieges, zur Errichtung der »demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft« führen. Diese letztere Formel wird jetzt in der Kommunistischen Internationale als eine Art überhistorisches Dogma wiederholt, ohne den Versuch einer Analyse der lebendigen historischen Erfahrung aus dem letzten Vierteljahrhundert, als wären wir nicht Zeugen und Teilnehmer der Revolution von 1905, der Februarrevolution von 1917 und schließlich der Oktoberumwälzung gewesen. Eine solche historische Analyse ist jedoch um so notwendiger, als es ein Regime der "demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft" in der Geschichte niemals gegeben hat. (#9)

- die Frage nach Verh. dieser beiden Klassen nach Rev. war offen
- Trotzki: Bauern unfähig rev. Partei hervorzubringen
- Inhalt der Rev. wäre zuerst die Agrarrev. als verspätete bürgl. Rev.
- dann aber muss Prolet. das PE selbst angreifen

Aber die Weltwirtschaft als Ganzes und vor allem die europäische Wirtschaft ist für die sozialistische Revolution völlig reif. Ob die Diktatur des Proletariats in Rußland zum Sozialismus führen wird oder nicht, und in welchem Tempo und über welche Etappen, das wird von dem weiteren Schicksal des europäischen und des internationalen Kapitalismus abhängen. Dies waren die Grundzüge der Theorie der permanenten Revolution bei ihrem Entstehen in den ersten Monaten des Jahres 1905. Inzwischen haben sich drei Revolutionen vollzogen. (#9)

- großes Problem fehlender Erfahrung und Prognosen in Russland für Rev.

Es ist jedoch notwendig, im Rahmen dieser Einleitung eine möglichst genaue Charakteristik der Bestandteile der Theorie der permanenten Revolution und der wichtigsten Einwände gegen sie zu geben. (#10)

- Definition:

Die permanente Revolution in dem Sinne, den Marx diesem Begriff gegeben hat, bedeutet eine Revolution, die sich mit keiner Form der Klassenherrschaft abfindet, die bei der demokratischen Etappe nicht haltgemacht, zu sozialistischen Maßnahmen und zum Kriege gegen die Reaktion von außen übergeht, also eine Revolution, deren jede weitere Etappe in der vorangegangenen verankert ist und die nur enden kann mit der restlosen Liquidierung der Klassengesellschaft überhaupt. (#10)

- 3 Gedankenreihen:

1. Übergang der demokratischen zur soz. Rev.

-entgegen friedlicher, evolutionärem Hinüberwachsen

Aber die einen wie die anderen betrachteten Demokratie und Sozialismus in bezug auf alle Völker und Länder als zwei nicht nur durchaus getrennte, sondern auch voneinander weit entfernt liegende Etappen in der Entwicklung der Gesellschaft. (#10)

Plechanow, der glänzende Stammvater des russischen Marxismus, hielt die Idee der Diktatur des Proletariats im zeitgenössischen Rußland für einen Wahn. Den gleichen Standpunkt vertraten nicht nur die Menschewiki, sondern auch die erdrückende Mehrheit der führenden Bolschewiki, darunter ausnahmslos alle heutigen Parteiführer, die damals entschiedene revolutionäre Demokraten waren, für die aber das Problem der sozialistischen Revolution nicht nur im Jahre 1905, sondern auch am Vorabend des Jahres 1917 noch nebelhafte Musik einer fernen Zukunft bedeutete. (#11)

- betont in unterentw. Ländern Zusammenhang zw. beiden Rev.en, unmitelbare Abfolge, Permanenz

2. Charakterisierung der soz. Rev.

- Betonung prozessualen Charakters, Entw.

Eine Wandlungsetappe ergibt sich aus der anderen. Der Prozeß bewahrt notwendigerweise einen politischen Charakter, d.h. er entwickelt sich durch Zusammenstöße verschiedener Gruppen der sich umgestaltenden Gesellschaft. Ausbrüche von Bürgerkriegen und äußeren Kriegen wechseln ab mit Perioden "friedlicher" Reformen. Revolutionen der Wirtschaft, der Technik, der Wissenschaft, der Familie, der Sitten und Gebräuche entwickeln sich in komplizierten Wechselwirkungen und lassen die Gesellschaft nicht ins Gleichgewicht kommen. Darin besteht der permanente Charakter der sozialistischen Revolution als solcher. (#)

3. Internationaler Charakter der soz. Rev.

Der Internationalismus ist kein abstraktes Prinzip, sondern ein theoretisches und politisches Abbild des Charakters der Weltwirtschaft, der Weltentwicklung der Produktivkräfte und des Weltmaßstabes des Klassenkampfes. Die sozialistische Revolution beginnt auf nationalem Boden. Sie kann aber nicht auf diesem Boden vollendet werden. (#11)

Von diesem Standpunkte aus gesehen, ist eine nationale Revolution kein in sich selbst verankertes Ganzes: sie ist nur ein Glied einer internationalen Kette. Die internationale Revolution stellt einen permanenten Prozeß dar, trotz aller zeitlichen Auf- und Abstiege. (#11)

- diese drei Punkte sind untrennbar


Die vorliegende Arbeit untersucht diese Frage nicht von allen Seiten: es ist nicht notwendig, das zu wiederholen, was in anderen Arbeiten bereits gesagt wurde. In der "Kritik des Programms der Komintern" habe ich versucht, die ökonomische und politische Unhaltbarkeit des National-Sozialismus theoretisch aufzudecken. (#12)

1. Trotzki ignorierte den Unterschied zwischen der bürgerlichen Revolution und der sozialistischen; er vertrat schon 1905 die Ansicht, daß das Proletariat Rußlands vor den Aufgaben der unmittelbaren sozialistischen Umwälzung stehe.
2. Trotzki ignorierte völlig die Agrarfrage. Die Bauernschaft existierte für ihn nicht. Er hat die Revolution wie einen Zweikampf zwischen Proletariat und Zarismus geschildert.
3. Trotzki glaubte nicht, daß die Weltbourgeoisie ein einigermaßen längeres Bestehen der Diktatur des russischen Proletariats dulden werde und betrachtete deren Untergang als unvermeidlich, falls das Proletariat des Westens nicht in kürzester Frist die Macht ergreifen und Hilfe leisten würde. Somit hat Trotzki den Druck des westeuropäischen Proletariats auf dessen eigene Bourgeoisie unterschätzt.
4. Trotzki glaubt überhaupt nicht an die Kraft des russischen Proletariats, nicht an dessen Fähigkeit, selbständig den Sozialismus aufzubauen und darum übertrug und überträgt er alle seine Hoffnungen auf die internationale Revolution.
(#12)

zu 1/2.
Die ersten zwei Behauptungen der Kritiker sind, wie später gezeigt werden wird, von Grund auf falsch. Nein, ich ging gerade von dem bürgerlich-demokratischen Charakter der Revolution aus und gelangte zu der Schlußfolgerung, daß die Tiefe der Agrarkrise das Proletariat des rückständigen Rußlands an die Macht heben kann. (#13)

zu 3.
Was die dritte Anklage betrifft, so wurde sie diktiert von dem kurzfristigen Glauben der Epigonen an die Möglichkeit, die imperialistische Bourgeoisie mit Hilfe des »vernünftigen« organisierten Drucks des Proletariats auf unbeschränkte Zeit zu neutralisieren. In den Jahren 1924-27 war das die zentrale Idee von Stalin. (#13)

zu 4.
Der vierte Einwand gegen die Theorie der permanenten Revolution läuft einfach darauf hinaus, ich hätte im Jahre 1905 nicht den Standpunkt der Theorie des Sozialismus in einem Lande vertreten, den Stalin erst im Jahre 1924 für die Sowjetbürokratie fabriziert hat. (#13)

China
Damit die Verbindung der gestrigen Probleme mit den heutigen sichtbarer hervortrete, muß man hier, wenn auch nur ganz im allgemeinen, daran erinnern, was die Leitung der Komintern, d.h. Stalin und Bucharin, in China alles vollführt hat. (#13)

Unter dem Vorwand, China stehe vor einer nationalen Revolution, wurde im Jahre 1924 der chinesischen Bourgeoisie die führende Rolle zugesprochen. Die Partei der nationalen Bourgeoisie, die Kuomintang, wurde offiziell als die führende Partei anerkannt. (#13)

- die ChKP wurde gezwungen in diese Partei zu gehen und sich zu unterwerfen, Verbot der Rätebildung - umgekehrt wurde dann diese unerfahrene KP mit dem Aufstand der Arbeiter und Bauern beauftragt

und verlangte den sofortigen bewaffneten Aufstand der Arbeiter und Bauern. Auf diese Weise wurde der jungen, unterdrückten und verstümmelten Kommunistischen Partei, die noch gestern das fünfte Rad am Wagen Tschangkaischeks und Wan-Tin-Wei's gewesen war, und folglich nicht die geringste eigene politische Erfahrung besaß, der Befehl erteilt, die Arbeiter und Bauern, die die Komintern bis zum gestrigen Tage im Zeichen der Kuomintang zurückgehalten hatte - in den bewaffneten Aufstand gegen diese selbe Kuomintang zu führen, die inzwischen Zeit gefunden hatte, die Macht und die Armee in ihren Händen zu konzentrieren. Im Laufe von 24 Stunden wurde in Kanton ein fiktiver Sowjet improvisiert. Der bewaffnete Aufstand, im voraus dem Termin der Eröffnung des XV. Parteitages der Kommunistischen Partei der Sowjetunion angepaßt, bildete gleichzeitig einen Ausdruck des Heroismus der Avantgarde des chinesischen Proletariats wie des Verbrechens der Komintern. (#14)

Die Parolen der Demokratie spielten auch im Jahre 1917 eine große Rolle. Erst nachdem die bereits real existierende Sowjetmacht vor den Augen des ganzen Volkes in einen unversöhnlichen politischen Gegensatz zu der Konstituierenden Versammlung geraten war, hat unsere Partei zugunsten der realen Sowjetdemokratie, d.h. der proletarischen Demokratie, die Institutionen und Parolen der formalen, d.h. der bürgerlichen Demokratie, liquidiert. (#14)

Die Taktik der Komintern war eine unbewußte, aber um so sicherer organisierte Sabotage der chinesischen Revolution. (#15)

Mit der Formel der demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft bemäntelte Radek, darin Stalin folgend, die Ablenkung des chinesischen Proletariats, an der Spitze der Bauernmassen den selbständigen Kampf um die Macht zu führen. (#15)


#16

1. Der erzwungene Charakter dieser Arbeit und ihr Ziel

- ideologischer Kampf der Bürokratie mit der Trotzkikeule ohne eigene Theoriebildung

Als "Trotzkismus" begann man alles zu bezeichnen, wovon man sich befreien wollte. So wurde der Kampf gegen den Trotzkismus allmählich der Ausdruck der theoretischen und politischen Reaktion in den breitesten unproletarischen und teilweise auch in den proletarischen Kreisen, sowie der Ausdruck dieser Reaktion in der Partei. (#16)

- Abwenden von permanenter Rev. als kleinbürgerliche/bürokratische Ruhe und Ordnung
- Entstehen einer theoretischen Lücke in SU

Die Stalinschen "Fragen des Leninismus" bilden eine Kodifikation geistigen Ausschusses, ein offizielles Lehrbuch der Engstirnigkeit, eine Kollektion numerierter Banalitäten (ich bemühe mich, die gemäßigten Bezeichnungen zu finden). Der »Leninismus« von Sinowjew ist ... sinowjewscher Leninismus, nicht mehr und nicht weniger. Sein Credo ist fast das des Luther: »Hier stehe ich, aber ... ich kann auch anders.« (#17)

- leider notw. theoretische Auseinandersetzung mit Sinowjew, Stalin, ..
- kurze Betrachtung von Radeks Standpunkt

Der ganze Bolschewismus ist gewachsen und endgültig erstarkt an der Kritik und der Verarbeitung der Erfahrungen des Jahres 1905, in all ihrer Frische, als diese Erfahrungen noch ein unmittelbares Erlebnis der ersten Generation der Bolschewiki waren. Wie auch anders, an welchem anderen Ereignis könnten die neuen Generationen der proletarischen Revolutionäre lernen, wenn nicht an den frischen, warmen, vom Blute noch dampfenden Erfahrungen der chinesischen Revolution? Nur leblose Pedanten sind imstande, die Fragen der chinesischen Revolution zu »vertagen«, um sie später, in Mußestunden, in aller Ruhe zu »studieren«. (#18)

Ich habe dabei eine dreifache Schwierigkeit der Irrtümer in Radeks Arbeit; der Überfluß literarischer historischer Tatsachen aus dreiundzwanzig Jahren (1905 bis 1928), die Radek widerlegen; und drittens die Kürze der Zeit, die ich dieser Arbeit widmen kann, denn es drängen sich wirtschaftliche Probleme der UdSSR in den Vordergrund. Diese Umstände bestimmen Charakter und Umfang der vorliegenden Arbeit. Sie erschöpft die Frage nicht. (#18)

In den Jahren 1924-25 hatte Radek mehrfach die Absicht gehabt, eine Broschüre zu schreiben, die dem Gedanken gewidmet sein sollte, zu beweisen, daß die Theorie der permanenten Revolution und die leninsche Parole von der demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft, im historischen Maßstabe gesehen, d.h. im Lichte der von uns durchlebten drei Revolutionen, keinesfalls einander gegenübergestellt werden könnten, sondern, im Gegenteil, sich im wesentlichen decken, jetzt, nachdem er die Frage - wie er einem seiner Freunde schreibt - »aufs neue« durchgearbeitet hat, ist Radek zu der Schlußfolgerung gekommen, daß die alte permanente Theorie den »neuen« Teil der Partei mit nicht mehr und nicht weniger als mit der Gefahr der Lostrennung von der Bauernschaft bedrohe. (#18f)

Radek unternimmt den Versuch, das Schicksal der Theorie der permanenten Revolution im Verlauf eines Vierteljahrhunderts zu beleuchten, und bemerkt nebenbei, er habe gerade jene Arbeiten »nicht bei der Hand«, in denen ich diese Theorie darlege. (#18)

Niemals hat Lenin irgendwo, sei es auch nur nebenbei, die "Ergebnisse und Perspektiven" analysiert, und einige sich offensichtlich auf mich beziehende Erwiderungen Lenins gegen die permanente Revolution, beweisen direkt, daß er diese Arbeit nicht gelesen hatte. (#19)

Fussnote 5
Man braucht hier nicht zu wiederholen, daß jener konkrete Inhalt, den Lenin jedesmal seiner Formel "demokratische Diktatur" verlieh und der sich weniger aus einer hypothetischen Formel als aus der Analyse der realen Veränderungen des Kräfteverhältnisses der Klassen ergab, - daß dieser taktische und organisatorische Inhalt ein für allemal in das Inventar der Geschichte eingegangen ist als ein klassisches Beispiel von revolutionärem Realismus. (#19f)

Radek würde aus diesen zwei Büchern in erster Linie erfahren haben, daß die permanente Revolution für mich in meiner politischen Tätigkeit keinesfalls ein Überspringen der demokratischen Etappe der Revolution oder deren besondere Stufen bedeutet hat.
... er hätte erfahren können, daß die grundsätzlichen Aufrufe an die Bauern, die von der Zentraldruckerei der Bolschewiki im Jahre 1905 herausgegeben wurden, von mir geschrieben waren; daß die von Lenin redigierte 'Nowaja Schisn' ('Neues Leben') in einer redaktionellen Notiz meinen im 'Natschalo' ('Anfang') erschienenen Artikel über die permanente Revolution entschieden in Schutz genommen hat; daß die leninsche 'Nowaja Schisn' und mitunter Lenin selbst jene politischen Beschlüsse des Sowjets der Deputierten unterstützte und verteidigte, deren Autor ich war und die ich in neun von zehn Fällen als Berichterstatter vertrat; daß ich, nach der Zertrümmerung vom Dezember, im Gefängnis eine taktische Broschüre schrieb, in der ich die Verbindung des proletarischen Angriffs mit der Agrarrevolution der Bauern als das zentrale strategische Problem zeigte; daß Lenin diese Broschüre in dem bolschewistischen Verlag "Nowaja Wolna" ("Neue Welle") druckte und mir durch Knunianz seine starke Zustimmung aussprechen ließ; daß Lenin auf dem Londoner Kongreß von 1907 von meiner "Solidarität" mit dem Bolschewismus in den Ansichten über Bauernschaft und liberale Bourgeoisie gesprochen hat. Das alles existiert für Radek nicht: wahrscheinlich hatte er auch das nicht »bei der Hand« gehabt.
(#20)

Man darf hierbei keinen Augenblick vergessen, daß Lenin das zu einer Zeit tat, als ich der bolschewistischen Fraktion nicht angehörte, und daß Lenin mich erbarmungslos (und mit Recht) wegen meines Versöhnlertums angriff - nicht wegen der permanenten Revolution, wo er sich nur auf gelegentliche Erwiderungen beschränkte -, sondern wegen meines Versöhnlertums, wegen meiner Bereitwilligkeit, auf die Entwicklung der Menschewiki nach links zu hoffen. (#20)

- detailreiche Auseinandersetzung mit Zitaten, Zitierens außerhalb deren Kontextes

Heute bin ich leider gezwungen, diese Worte auf Radek auszudehnen. In bezug auf die permanente Revolution habe ich nur von den Lücken der Theorie gesprochen, die insofern unvermeidlich waren, als es sich um eine Prognose handelte, Bucharin hat auf dem VII. Plenum des EKKI mit Recht betont, daß Trotzki sich von der Konzeption in ihrer Gesamtheit nicht lossage. Über die »Lücken« werde ich in einer anderen, umfangreicheren Arbeit sprechen, in der ich versuchen will, die Erfahrung der drei Revolutionen und deren Anwendung für den weiteren Weg der Komintern, besonders im Osten, darzustellen. (#21)

Damit will ich aber keineswegs sagen, daß die Konzeption der Revolution in allen meinen Schriften die gleiche unverrückbare Linie darstelle. Ich habe mich nicht mit der Sammlung alter Zitate beschäftigt - dazu zwingt mich jetzt die Periode der Parteireaktion und des Epigonentums -, sondern ich habe schlecht und recht versucht, die realen Lebensprozesse zu analysieren. (#22)

- Radek will die Unvereinbarkeit Bolschewiki//permanete Rev: beweisen, Trotzki betont ihre Parallelität und Übereinstimmung

... das Argument könnte irgendeinen Sinn haben, wenn ich der Meinung wäre, oder, was noch wichtiger ist, wenn die Ereignisse gezeigt hätten, daß die Linie der permanenten Revolution der strategischen Linie des Bolschewismus widerspricht, zu ihr im Gegensatz steht und sich von ihr immer weiter entfernt: nur dann wäre der Boden für zwei Fraktionen gegeben. Das aber will Radek gerade beweisen. Ich aber beweise dagegen, daß, trotz allen fraktionell-polemischen Übertreibungen und konjunkturmäßigen Zuspitzungen der Frage, die strategische Grundlinie die gleiche war. (#22)

Indem ich die Einheit um jeden Preis anstrebte, mußte ich unwillkürlich und unvermeidlich die zentristischen Tendenzen im Menschewismus idealisieren. Trotz der dreifachen episodischen Versuche kam ich zu keiner gemeinsamen Arbeit mit den Menschewiki und konnte auch nicht dazu kommen. Gleichzeitig jedoch brachte mich die versöhnlichere Linie in eine um so schroffere Stellung zum Bolschewismus, als Lenin, im Gegensatze zu den Menschewiki, das Versöhnlertum unbarmherzig zurückwies, und es auch nicht anders tun konnte. (#22f)

Wir waren zu zweien am Tische, als Lenin mit einem Bleistift den Entwurf seines Agrargesetzes niederschrieb. Und der Meinungsaustausch bestand aus kaum mehr als einem Dutzend kurzer Repliken, deren Sinn etwa der folgende war: ein widerspruchsvoller, aber historisch gänzlich unvermeidlicher Schritt; unter dem Regime der proletarischen Diktatur und im Ausmaße der Weltrevolution werden sich die Widersprüche ausgleichen - man braucht nur Zeit. (#22)

»...Verständigung? ich kann darüber nicht einmal ernsthaft sprechen. Trotzki hat längst gesagt, daß eine Einigung unmöglich ist. Trotzki hat das begriffen - seitdem hat es keinen besseren Bolschewiken gegeben.«

Nicht die permanente Revolution, sondern das Versöhnlertum war es, was mich, nach der Ansicht Lenins, vom Bolschewismus getrennt hatte. Um der »beste Bolschewik« zu werden, hatte ich, wie wir hören, nur nötig, die Unmöglichkeit einer Verständigung mit den Menschewiki zu begreifen.
(22#)

So oder so, nach meinem französischen Ausdruck: die Flasche ist entkorkt, der Wein muß getrunken werden. Wir sind gezwungen, eine größere Exkursion in das Gebiet der alten Zitate zu unternehmen. Soweit es anging, habe ich ihre Zahl vermindert. Doch sind ihrer noch viele. Als Rechtfertigung möge die Tatsache dienen, daß ich mich die ganze Zeit bemühe, von dem mir aufgezwungenen Wühlen in alten Zitaten Fäden zu finden zu den brennenden Fragen der Gegenwart. (#24)

#25

2. Die permanente Revolution ist nicht ein "Sprung" des Proletariats, sondern die Umgestaltung der Nation unter der Leitung des Proletariats

Radek schreibt: »Das wesentliche Merkmal, das den Gedankenkreis, den man Theorie und Taktik [man beachte: auch die Taktik. L.T.] der "permanenten Revolution", nennt, von der leninschen Theorie unterscheidet, besteht in der Vermengung der Etappe der bürgerlichen Revolution mit der Etappe der sozialistischen Revolution.« (#25)

-er leugnet Rolle Bauernschaft
-Überspringen der Stufe der demokratischen Diktatur
-die Zitate Radeks von Lenin betreffen die Einschätzung einer älteren Haltung Trotzkis bzw Missverständnis
zb Übereinstimmung mit Lenin bzgl Kautskys Analyse der russ. Rev. als nicht bürgl aber noch nicht soz.

Man kann allerdings nicht wenige Stellen bei Lenin finden, geschrieben vor und nach diesem Vorwort, wo er die russische Revolution kategorisch eine bürgerliche nennt. Ist das ein Widerspruch? Wenn man mit den Methoden der heutigen Kritiker des »Trotzkismus« an Lenin herangeht, so kann man bei ihm Dutzende und Hunderte solcher »Widersprüche« finden, die sich für einen ernsten und gewissenhaften Leser mit der Verschiedenheit der Fragestellung zu verschiedenen Zeitpunkten erklären, was keinesfalls die Einheit der Leninschen Konzeption verletzt.
Andererseits habe ich niemals den bürgerlichen Charakter der Revolution im Sinne ihrer aktuellen historischen Aufgaben, sondern nur im Sinne der sie bewegenden Kräfte und ihrer Perspektiven bestritten.
(#25)

-aber die bürgerl. können auf Grund der spezifischen Klassenlage die Probleme nicht lösen (Bauernfrage, Agrarrevolution), sondern nur das Prolet.
h> ich glaube auch die UdSSR hat diese Frage bis zuletzt nicht gelöst mitgeschleppt als ein Grund ihres schon ökonomischen Unterganges bzgl Weltmarkt und Arbeitsproduktivität, Qualität/Quantität der Produkte

»Das Proletariat wächst und festigt sich mit dem Wachstum des Kapitalismus. In diesem Sinne bedeutet die Entwicklung des Kapitalismus die Entwicklung des Proletariats zur Diktatur. Aber Tag und Stunde, wann die Macht in die Hände der Arbeiterklasse übergehen wird, hängen unmittelbar nicht vom Stande der Produktivkräfte ab, sondern von den Verhältnissen des Klassenkampfes, von der internationalen Situation und schließlich von einer Reihe subjektiver Momente: der Tradition, der Initiative, der Kampfbereitschaft ...

In einem ökonomisch zurückgebliebenen Lande kann das Proletariat eher an die Macht kommen als in den kapitalistisch fortgeschritteneren Ländern. Die Vorstellung von irgendeiner automatischen Abhängigkeit der proletarischen Diktatur von den technischen Kräften und Mitteln des Landes bildet ein Vorurteil des bis zum äußersten versimpelten "ökonomischen" Materialismus. Mit Marxismus hat diese Ansicht nichts gemein.

Die russische Revolution schafft unserer Ansicht nach solche Bedingungen, unter denen die Macht an das Proletariat übergehen kann (und bei einer siegreichen Revolution übergehen muß), bevor noch die Politik des bürgerlichen Liberalismus die Möglichkeit erhalten wird, dessen Staatsgenie zur vollen Entfaltung zubringen.« (Ebenda. S. 245.)
(#25)

»Eintretend in die Regierung nicht als ohnmächtige Geißeln, sondern als eine führende Macht, zerstören die Vertreter des Proletariats schon damit allein die Grenze zwischen Minimum- und Maximum-Programm, d.h. sie stellen den Kollektivismus auf die Tagesordnung. An welchem Punkte das Proletariat auf diesem Wege aufgehalten werden wird, das hängt von dem Kräfteverhältnis ab, nicht aber von den ursprünglichen Absichten der Partei des Proletariats. Deshalb kann auch keine Rede sein von irgendeiner besonderen Form der proletarischen Diktatur in der bürgerlichen Revolution, nämlich von der demokratischen Diktatur des Proletariats (oder des Proletariats und der Bauernschaft). Die Arbeiterklasse kann den demokratischen Charakter ihrer Diktatur nicht sichern, ohne die Grenzen ihres demokratischen Programms zu überschreiten.

Wenn die Partei des Proletariats die Macht übernehmen wird, wird sie für diese Macht bis zu Ende kämpfen. Wenn eins der Mittel dieses Kampfes um die Erhaltung und Festigung der Macht Agitation und Organisation, besonders im Dorf, sein wird, so wird das andere Mittel im kollektivistischen Programm bestehen. Der Kollektivismus wird nicht nur die unvermeidliche Folgerung sein aus der Tatsache, daß die Partei an der Macht ist, sondern auch das Mittel, diese Situation, gestützt auf das Proletariat, zu sichern.« ("Ergebnisse und Perspektiven", S. 258.)
(#27f)

-

es geht um die Begründung der Oktoberrev. als notw. und dem Machterhalt der Bolschewiki


-ja, wenn sie für die Macht bis zuende kämpft, steht sie vor den gleichen Problemen
-dies blieb aber immer an die Internationalisierung der Rev. gebunden !
-Entgegensetzen der formalen und der wirklichen/histor. Bedingungen
h> den Widerspruch ihres Ausbleibens und der Agrarfrage sollte Stalin mit Gewalt &qoute;lösen&qoute;

»Das Schicksal der elementarsten revolutionären Interessen der Bauernschaft - selbst der Gesamtbauernschaft als eines Standes - verknüpft sich mit dem Schicksal der Revolution, d.h. mit dem Schicksal des Proletariats.

Das Proletariat an der Macht wird der Bauernschaft als Befreierklasse erscheinen.

Die Herrschaft des Proletariats wird nicht nur bedeuten: demokratische Gleichheit, freie Selbstverwaltung, Übertragung der Steuerlast auf die besitzenden Klassen, Umwandlung des stehenden Heeres in bewaffnetes Volk, Abschaffung der Zwangssteuern der Kirche, sondern auch Anerkennung aller von den Bauern vorgenommenen revolutionären Umschichtungen (Aneignungen) des Bodenbesitzes. Diese Umschichtungen wird das Proletariat zum Ausgangspunkt weiterer staatlicher Maßnahmen auf dem Gebiete der Landwirtschaft machen. Unter diesen Bedingungen wird die russische Bauernschaft in der ersten schwierigsten Periode an der Unterstützung des proletarischen Regimes nicht weniger interessiert sein, als die französische Bauernschaft an der Unterstützung des Militärregimes Napoleon Bonapartes interessiert war, welches den neuen Besitzern die Unantastbarkeit ihrer Landstriche kraft der Bajonette garantierte ...« (Seite 251)
(#28)


h> das ist ja dann wohl so nicht passiert

Die permanente Revolution ist kein isolierter Sprung des Proletariats, sondern sie ist der Neuaufbau der ganzen Nation unter Führung des Proletariats. So hatte ich mir, seit 1905, die Perspektive der permanenten Revolution vorgestellt und so sie gedeutet. (#29)

#30

3. Drei Elemente der "demokratischen Diktatur": Klassen, Aufgaben und politische Mechanik

Der Unterschied zwischen dem "permanenten" Standpunkte und dem leninschen hatte sich politisch geäußert in der Gegenüberstellung der Parole der Diktatur des Proletariats, das sich auf die Bauernschaft stützt, und der Parole der demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft. Der Streit ging gar nicht darum, ob man über das bürgerlich-demokratische Stadium hinüberspringen könne und ob ein Bündnis zwischen den Arbeitern und den Bauern notwendig sei - der Streit ging um die politische Mechanik der Zusammenarbeit des Proletariats und der Bauernschaft in der demokratischen Revolution. (#30)

-es ging nie um die Frage der Zusammenarbeit Arbeiter/Bauern, da dies sogar schon in der bürgl. Rev. zw Bürgerlichen und Unterdrückten geschieht, sondern um die Art und Weise dieses, das Programm dieser Zusammenarbeit

Lenin stellte die Frage eines Bündnisses der Arbeiter und Bauern im unversöhnlichen Gegensatz zur liberalen Bourgeoisie. Ein solches Bündnis hatte es in der früheren Geschichte noch nicht gegeben. Es handelte sich um ein seinen Methoden nach neues Experiment einer Zusammenarbeit der unterdrückten Klassen in Stadt und Dorf. Damit wurde die Frage nach den politischen Formen der Zusammenarbeit zum erstenmal gestellt. Radek hat das einfach übersehen. (30#)

-Lenin weigerte sich über dieses schon Aussagen zu treffen, sondern:

Lenin sagte: Aus der gesamten objektiven Situation ergibt sich in einer bestimmten historischen Etappe unvermeidlich das revolutionäre Bündnis der Arbeiterklasse mit der Bauernschaft zur Lösung der Aufgaben der demokratischen Umwälzung. Ob die Bauernschaft Zeit haben und es verstehen wird, eine eigene Partei zu schaffen, ob diese Partei in der Regierung der Diktatur in der Mehrheit oder in der Minderheit und wie das spezifische Gewicht der Vertreter des Proletariats in der revolutionären Regierung sein wird - all diese Fragen lassen keine allgemeingültige Antwort zu. »Die Erfahrung wird es zeigen!«(#30)

h> hier wird das Prozesshafte und das Konkrete betont, die spezifischen mat. Bed. in Raum und Zeit, die es bei realgesch. Entscheidungen zu beachten gilt gegenüber einem abstrakten Programm, das Praktische gegenüber dem vorgreifend Theoretischen

Die Bedeutung des subjektiven Faktors: des Zieles, der bewußten Methode, der Partei - hatte Lenin gut begriffen und uns das alles gelehrt. Und darum verzichtete er in den Kommentaren zu seiner Parole auch nicht auf eine hypothetische Beantwortung der Frage: welche politischen Formen das in der Geschichte erste selbständige Bündnis der Arbeiter und Bauern annehmen könne. Lenin ist jedoch an diese Frage zu verschiedenen Zeiten verschieden herangegangen. Man muß den leninschen Gedanken nicht dogmatisch, sondern historisch betrachten. (#30)

-Lenin selbst gibt verschiedene Deutungen der Verlaufes auf Grund der Klassengewichte bzgl der Diktatur des Prol.
-widerspiegeln die grosse Unbekannte, die realhist'e Rolle der gewaltigen und heterogenen Bauernmassen
1. Mögl. einer rev. Bauernpartei bzw Einfluss der Bourgeoisie oder aber
2. die Unfähigkeit der Bauern sich dergestalt zu organisieren und also zw Bourgeoisie und Proletariat zu wählen

Im Jahre 1907 schrieb Lenin:

»Die bäuerliche Agrarrevolution, von der Sie, meine Herren, sprechen, muß, um zu siegen, als solche, als Bauernrevolution, die zentrale Macht des ganzen Staates werden.« (Bd. IX, S. 539.)
(#31)

h> Die überragende und entscheidende Frage war also: was machen die Bauern in der Masse und Tendenz, gibt es eine eigene Partei und mit welchen Zielen ?

Es versteht sich von selbst, daß Lenin seine hypothetische Formel nicht über die Wirklichkeit gestellt hat. Der Kampf um die selbständige politische Partei des Proletariats bildete den Hauptinhalt seines Lebens. Die kläglichen Epigonen aber landeten auf der Jagd nach einer Bauernpartei bei der Unterwerfung der chinesischen Arbeiter unter die Kuomintang, bei der Erdrosselung des Kommunismus in Indien im Namen der »Arbeiter und Bauernpartei«, bei der gefährlichen Fiktion der Bauerninternationale, bei der Maskerade der antiimperialistischen Liga usw. (#32)

-somit ist ein einseitiges Zitieren der "roten Professoren" mögl, entspricht aber nicht der der Dynamik des histor. Prozesses gefolgten Dynamik des Denkens Lenins

In der Formel »demokratische Diktatur der Arbeiter und Bauern« gab Lenin den Ausdruck der besonderen sozialen Verhältnisse Rußlands. Er gab dieser Formel verschiedene Deutungen, lehnte sie aber niemals ab, ohne die Eigenart in den Bedingungen der russischen Revolution erschöpfend bemessen zu haben. Worin bestand diese Eigenart? Die gigantische Rolle der Agrarfrage und der Bauernfrage überhaupt, als Basis oder Unterbau aller anderen Probleme, und die große Zahl der bäuerlichen und mit den Bauern sympathisierenden Intelligenz mit ihrer volkstümelnden Ideologie, mit den »antikapitalistischen« Traditionen und der revolutionären Stählung - das alles in seiner Gesamtheit bedeutete, daß, wenn irgendwo überhaupt eine antibürgerliche revolutionäre Bauernpartei möglich war, so gerade und vor allem in Rußland. (#32f)

Den größten Umfang erreichte, wie bekannt, das Experiment der Sozialrevolutionären Partei, die im Jahre 1917 für einige Zeit tatsächlich die Partei der überwiegenden Mehrheit der Bauernschaft darstellte. Und dann? Sie hat ihre Position nur benutzt, um die Bauern mit Haut und Haaren an die liberale Bourgeoisie zu verraten. Die Sozialrevolutionäre gingen eine Koalition ein mit den Imperialisten der Entente und führten zusammen mit diesen einen bewaffneten Kampf gegen das russische Proletariat. (#33)

etrachtet man meine alten Meinungsverschiedenheiten mit Lenin nicht im Querschnitt herausgerissener Zitate dieses und jenes Jahres, Monats und Tages, sondern in der richtigen historischen Perspektive, so wird es völlig klar, daß der Streit, wenigstens von meiner Seite aus, nicht darum ging, ob vor Rußland demokratische Aufgaben stehen, die eine revolutionäre Lösung verlangen; nicht darum, ob für die Lösung dieser Aufgaben ein Bündnis des Proletariats mit den Bauern erforderlich ist, sondern darum, welche parteipolitische und staatliche Form die revolutionäre Kooperation des Proletariats und der Bauernschaft annehmen könne und welche Folgen sich daraus für die weitere Entwicklung der Revolution ergeben. (#33)

-aber immer betont in der "Diktatur des Proletariats, gestützt auf die Bauernschaft" und nicht einer der beiden Klassen zusammen
-in der führenden Rolle des Prolet. bestand auch der Kern der permanenten Rev.

»Die Beteiligung des Proletariats an der Regierung ist objektiv am wahrscheinlichsten und prinzipiell zulässig nur als dominierende und führende Beteiligung. Man kann natürlich diese Regierung Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft, Diktatur des Proletariats, der Bauernschaft und der Intelligenz oder schließlich Koalitionsregierung der Arbeiterklasse und der Kleinbourgeoisie nennen. Die Frage aber bleibt doch bestehen: wem gehört die Hegemonie in der Regierung und durch sie im Lande? Wenn wir von einer Arbeiterregierung sprechen, so antworten wir schon damit allein, daß die Hegemonie der Arbeiterklasse gehören wird.« ("Unsere Revolution" 1906, S. 250.) (#34)

»Trotzki hat nicht überlegt« - sagt Lenin, meine Worte zitierend -, »daß das eben die Vollendung der "nationalen bürgerlichen Revolution" in Rußland sein wird, wenn das Proletariat nichtproletarische Massen des Dorfes zur Konfiskation des gutsherrlichen Bodens mitreißt und die Monarchie stürzt, dies eben wird DIE REVOLUTIONÄR-DEMOKRATISCHE DIKTATUR DES PROLETARIATS UND DER BAUERNSCHAFT sein.« (Lenin, Bd. XIII, S. 214.) (#34f)

-wobei Lenin gar nicht Trotzki, sondern eigentlich andere meinte (Bucharin, Radek)

Es handelt sich in erster Linie um die gemeinsame Arbeit des Proletariats und der Bauernschaft und folglich um den Kampf der proletarischen Avantgarde gegen die liberale oder »nationale« Bourgeoisie um den Einfluß auf die Bauern. Wenn aber die Frage der revolutionären Diktatur der Arbeiter und Bauern auch nicht auf die Frage nach der Mehrheit in der Regierung hinausläuft, so führt sie doch beim Siege der Revolution unvermeidlich zu dieser Frage als der entscheidenden. (#36)

Hier kommen wir an den Kern der Frage heran. Im Jahre 1926 glaubte Radek, die Kantoner Regierung Tschangkaischeks sei eine Bauern- und Arbeiterregierung, im Jahre 1927 hat er das mit Bestimmtheit wiederholt. Es hat sich jedoch in der Wirklichkeit gezeigt, daß es eine bürgerliche Regierung war, die den revolutionären Kampf der Arbeiter und Bauern nur für sich ausbeutete und diese dann im Blute ertränkte. (#37)

Die Bauern- und Arbeiterregierung, im Gegensatz zur Arbeiter- und Bauernregierung, das ist die Kuomintang. Nichts anderes kann es bedeuten. Wenn die Bauernschaft nicht dem Proletariat folgt, dann folgt sie der Bourgeoisie. Ich glaube, in meiner Kritik des stalinschen Gedankens der »zweiteilig zusammengesetzten Arbeiter- und Bauernpartei« diese Frage genügend geklärt zu haben (siehe "Kritik des Programms der Komintern"). (#37)


4. Wie hat die Theorie der permanenten Revolution in der Praxis ausgesehen?

Es sei also Radek offenbart: fast in allen Etappen der ersten Revolution bestand zwischen mir und Lenin eine völlige Übereinstimmung in der Einschätzung der Kräfte der Revolution und ihrer aktuellen Aufgaben, obwohl ich das ganze Jahr 1905 illegal in Rußland und 1906 im Gefängnis verbrachte. (#38)

-im folgenden zum Vorwurf schon 1905 das Überspringen der "demokratischen" Phase zu verfolgen

Vielleicht weiß Radek noch, daß die Führung des Sowjets mir oblag? Hier eine von den Hunderten der damals von mir getroffenen Formulierungen über die taktischen Aufgaben der Revolution: »Das Proletariat schafft städtische "Sowjets", die die Kampfhandlungen der Stadtmasse leiten, und stellt die Kampfvereinigung mit der Armee und der Bauernschaft auf die Tagesordnung.« ("Natschalo", Nr. 4, 17./3o. November -1905.) Es ist langweilig und, ich muß gestehen, peinlich, Zitate anzuführen, die beweisen sollen, daß bei mir von einem »Sprung« aus dem Selbstherrschertum zum Sozialismus keine Rede war. (#38)

Und nun, speziell zur Frage der »sofortigen« Einführung des Sozialismus, aus dem 1905 von mir verfaßten populären Flugblatt: »Ist es denkbar, den Sozialismus in Rußland sofort einzuführen? Nein, unser Dorf ist noch zu dunkel und zu unaufgeklärt. Zu wenig wirkliche Sozialisten gibt es unter den Bauern. Zu allererst muß das Selbstherrschertum, das die Volksmassen in Finsternis hält, gestürzt werden. Man muß die Dorfarmut von allen Steuern befreien, man muß die progressive Einkommensteuer, allgemeine Schulpflicht einführen, man muß schließlich Landproletariat und Halbproletariat mit dem Stadtproletariat in einer sozialdemokratischen Armee vereinigen. Erst eine solche Armee wird imstande sein, die große sozialistische Umwälzung durchzuführen.« (Bd. II, T. 1, S. 228.) (#39)

Ich möchte vor allem auf die in diesen Worten enthaltene Definition der ununterbrochenen Revolution aufmerksam machen: Sie verbindet die Liquidierung des Mittelalters mit der sozialistischen Umwälzung durch eine Reihe anwachsender sozialer Zusammenstöße. Wo ist da der Sprung? Wo die Ignorierung der demokratischen Etappe? Und ist es im Jahre 1917 nicht tatsächlich so gekommen? (#39)

-diese Kontinuität der Rev. ist eine ganze historische Epoche, immer bezogen auf die konreten Mögl.en

h> Trotzki begegnet also den Vorwürfen: 1. die Bauernschaft zu ignorieren und 2. die bürgerliche Phase der Rev. zu überspringen und gleich eine soz. zu erreichen

Und wenn »wir« nun nicht da sind? Und wenn es die bürgerliche Demokratie nicht gibt, die fähig wäre, an der Spitze der bürgerlichen Revolution zu marschieren? Dann muß man sie erfinden. Zu dieser Schlußfolgerung kommt eben der Menschewismus. Er konstruiert die bürgerliche Demokratie und deren Eigenschaften und Geschichte auf Kosten der eigenen Einbildung.

Als Materialisten müssen wir uns vor allem die Frage nach den sozialen Grundlagen der bürgerlichen Demokratie stellen: auf welche Schichten und Klassen kann sie sich stützen?
(#41f)

-noch einmal zur Erhelllung der Klassenlage in der Rev.:

Die Bauernschaft kann zweifellos im Dienste der Revolution sich als eine gewaltige Macht erweisen; es wäre jedoch eines Marxisten unwürdig, zu glauben, eine Bauernpartei sei fähig, sich an die Spitze einer bürgerlichen Umwälzung zu stellen und aus eigener Initiative die Produktivkräfte des Landes von den archaischen Fesseln zu befreien. Die Stadt besitzt in der modernen Gesellschaft die Hegemonie, und nur ihr kann die Hegemonie in der bürgerlichen Revolution gehören.1

Wo haben wir nun jene städtische Demokratie, die fähig wäre das Volk zu führen? Gen. Martynow hat sie doch schon wiederholt mit der Lupe in der Hand gesucht. Er fand Saratower Lehrer, Petersburger Advokaten, Moskauer Statistiker. Wie alle seine Gesinnungsgenossen, hat auch er es nur nicht bemerken wollen, daß in der russischen Revolution das Industrieproletariat jenen Boden einnehmen wird, auf dem Ende des 18. Jahrhunderts die halbproletarische Handwerksdemokratie der Sansculotten stand. Ich mache euch, Genossen, auf diese grundsätzliche Tatsache aufmerksam.

Unsere Großindustrie hat sich nicht naturgemäß aus dem Handwerk entwickelt. Die ökonomische Geschichte unserer Städte kennt die Periode der Zünfte nicht. Die kapitalistische Industrie entstand bei uns unter dem direkten und unmittelbaren Druck des europäischen Kapitals.
..
Wenn die Genossen von der Minderheit (die Menschewiki) an den Sieg der Revolution glauben oder auch nur die Möglichkeit eines solchen Sieges anerkennen, können sie die Tatsache nicht bestreiten, daß es bei uns keinen anderen historischen Prätendenten auf die revolutionäre Macht gibt als das Proletariat. Wie die kleinbürgerliche städtische Demokratie der großen Revolution sich an die Spitze der revolutionären Nation stellte, so muß das Proletariat, diese einzige revolutionäre Demokratie unserer Städte, eine Stütze in den Bauernmassen finden und sich an die Macht stellen - wenn der Revolution überhaupt ein Sieg bevorsteht.
(#42)

Wir wollen noch darauf hinweisen, wie sich die Redaktion der »Gesammelten Werke« Lenins nach 1917 über diese Theorie geäußert hat. In den Anmerkungen zu Bd. XIV, T. II, S. 481 wird gesagt: »Schon vor der Revolution 1905 hatte er (Trotzki) die eigenartige und jetzt besonders bemerkenswerte Theorie der permanenten Revolution aufgestellt, indem er behauptete, die bürgerliche Revolution von 1905 würde unmittelbar in eine sozialistische übergehen und dann die erste in der Reihe nationaler Revolutionen bilden.« (#44)

-weiterhin führt er seine praktische Tätigkeit im Sowjet an, die von niemandem in Zweifel gezogen wurde
-wie konnte diese eine fehlerhafte Theorie widerspiegeln fragt er
-seine Taktik stimmte mit der Lenins überein und keiner der Kritiker trat ihm damals entgegen
-im weiteren konfrontiert er seine Kritiker mit ihren eigenen damaligen Taten und Ansichten

Vielleicht ist es auch nicht überflüssig, hinzuzufügen - oh, meine Kritiker - daß ich die Losung: »Ohne Zaren - aber eine Arbeiterregierung« weder jemals geschrieben, noch ausgesprochen, noch vorgeschlagen habe! Dem Hauptargument meiner Richter liegt, neben allem anderen, ein schändlicher faktischer Irrtum zugrunde. Die Sache verhält sich so, daß eine Proklamation unter dem Titel "Ohne Zaren - aber eine Arbeiterregierung", im Jahre 1905 von Parvus im Ausland verfaßt und herausgegeben wurde. (#45)


5. Hat sich bei uns die »demokratische Diktatur« verwirklicht? Und wann?

- im folgenden gegen Radeks Aussage, das Lenin sagte, dass die dem. Diktatur sich in der Zeit der Doppelherrschaft ereignete, während Trotzki diese erst nach dem Oktober 1917 sah

Weshalb habe ich das einschränkende Wort »manchmal« gebraucht? Weil es sich in der Tat so verhielt. Hinweise darauf, daß die demokratische Diktatur sich in der »Doppelherrschaft« (»in bestimmten Formen und bis zu einem bestimmten Grade«) »verwirklicht« hätte, hat Lenin nur in der Periode zwischen dem April und dem Oktober 1917 gemacht, d.h. bevor die wahre Verwirklichung der demokratischen Revolution vollzogen war. Dies hat Radek weder bemerkt, noch begriffen, noch zu bewerten verstanden. (#47)

Unbestreitbare anatomische Merkmale - Rudimente - beweisen, daß unsere Ahnen einen Schwanz hatten. Diese Merkmale genügen, um die genetische Einheit der Lebewesen zu bestätigen. Aber wenn wir offen sprechen sollen, hat der Mensch doch keinen Schwanz. Lenin wies Kamenjew am Regime der Doppelherrschaft Rudimente der demokratischen Diktatur nach, warnend, daß man aus diesen Rudimenten kein neues Organ erhoffen dürfe. Und eine selbständige demokratische Diktatur haben wir nicht gehabt, wenngleich wir bei uns die demokratische Revolution tiefer, entschiedener, reiner vollzogen, als es irgendwo sonst jemals der Fall war. (#47)

Die Zusammenarbeit der zwei Klassen wurde durch den Oktober in gigantischem Maßstabe verwirklicht. Jetzt begriff und fühlte jeder finstere Bauer, sogar ohne die Kommentare Lenins, daß sich die bolschewistische Parole im Leben durchgesetzt hatte. Und auch Lenin selbst hat diese Oktoberrevolution - ihre erste Etappe - als die wahre Verwirklichung der demokratischen Revolution, und damit auch als die wahre, wenn auch veränderte Realisierung der strategischen Parole der BoIschewiki eingeschätzt. (#48)

»Ja, unsere Revolution (die Oktoberrevolution. L.T.) ist eine bürgerliche, solange wir mit der Bauernschaft als Gesamtheit zusammengehen. Dessen waren wir uns klarer als klar bewußt und haben Hunderte und Tausende von Malen seit 1905 gesagt, daß man diese notwendige Stufe des historischen Prozesses weder überspringen, noch durch Dekrete abschaffen könne.« Und ferner: »Es ist gerade so gekommen, wie wir es vorausgesagt haben. Der Gang der Revolution hat die Richtigkeit unserer Betrachtung bestätigt. Anfangs gemeinsam mit der >gesamten< Bauernschaft gegen die Monarchie, gegen die Gutsbesitzer, gegen das Mittelalter (und insofern bleibt die Revolution eine bürgerliche, eine bürgerlich-demokratische). Und dann zusammen mit der ärmsten Bauernschaft, mit dem Halbproletarier, zusammen mit allen Ausgebeuteten gegen den Kapitalismus, darunter gegen die Reichen und die Spekulanten des Dorfes, und insofern wird die Revolution eine sozialistische.« (Bd. XV, S. 508.) Lenin zu Kautsky(#48)

- also Rev. der Arbeiter und Bauern eine (bedingte) bürgl. Rev. und gleichzeitig Aufbau der Diktatur des Prolet.
- das, weil hier Feudum und Leibeigenschaft abgeschaffen wurde im Bauernkrieg und das erst nach dem Oktober
- nicht Trotzki habe die beiden Perioden bürgl. und prolet. Vermischt, sondern der realhistor. Prozess
#49
- gegenseitige Bedingtheiten von Bauernkrieg nur mögl. durch Führung der städtischen Arbeiterschaft, die die bürgl. Herrschaft stürzte und andererseits die prolet. Rev. gestützt auf die Massen der Bauernschaft (arithmetisches Verhältnis)
- histor. Vor. dieses war das Festhalten und unterstützen der bürgl. Regierung des Adelsstandes und seiner Besitzverhältnisse

Die Unfähigkeit der Bauernschaft zu einer selbständigen politischen Rolle; die sich daraus ergebende Unvermeidlichkeit der Hegemonie der städtischen Klasse; die Unzulänglichkeit der russischen Bourgeoisie für die Führerrolle in der Agrarrevolution; die sich daraus ergebende Unvermeidlichkeit der führenden Rolle des Proletariats; dessen Machtergreifung als Führer der Agrarrevolution; schließlich die Diktatur des Proletariats, die sich auf den Bauernkrieg stützt und eine Epoche sozialistischer Revolutionen eröffnet. Dies vernichtet in der Wurzel die metaphysische Fragestellung nach dem »bürgerlichen« oder dem »sozialistischen« Charakter der Revolution. Der Kern der Sache bestand darin, daß die Agrarfrage, die die Basis der bürgerlichen Revolution bildete, unter der Herrschaft der Bourgeoisie nicht gelöst werden konnte. Die Diktatur des Proletariats erscheint auf der Szene nicht nach der Vollendung der agrar-demokratischen Revolution, sondern als notwendige Voraussetzung ihrer Vollendung. (#50)

Der Klasseninstinkt des Proletariats und der revolutionäre Druck der unteren Parteischichten, durch die vorangegangene Arbeit des Bolschewismus vorbereitet, haben es Lenin ermöglicht, im Kampfe mit der führenden Spitze und gegen sie, die Politik der Partei in kürzester Frist auf ein neues Gleis zu führen. (#52)

Die große historische Bedeutung der leninschen Formel bestand darin, daß sie unter den Bedingungen einer neuen historischen Epoche eine der wichtigsten theoretischen und politischen Tagesfragen erschöpft hatte, und zwar die Frage nach der erreichbaren Stufe der politischen Selbständigkeit der verschiedenen kleinbürgerlichen Gruppierungen, vor allem der Bauernschaft. Durch ihre Vollstandigkeit hat die bolschewistische Erfahrung von 1905-1917 der »demokratischen Diktatur« die Türe fest verrammelt. Eigenhändig hat Lenin über diese Türe die Aufschrift gemacht: Weder Eingang noch Ausgang. Er hat es mit solchen Worten formuliert: Der Bauer geht entweder mit dem Bürger oder mit dem Arbeiter. (#53)


6. Vom Überspringen historischer Stufen


h> hier geht es nun um das konkret auf die Kritik bezogene Theorie//Praxis-Verhältnis in Form der Entw. der TdA bis zur Industrie bezogen auf Russland

Unsinn, daß man Stufen überhaupt nicht überspringen könne. Über einzelne »Stufen«, die sich ergeben aus der theoretischen Gliederung des Entwicklungsprozesses in seiner Gesamtheit, d.h. in seiner maximalen Vollständigkeit, macht der lebendige historische Prozeß dauernd Sprünge und verlangt das gleiche in kritischen Momenten von der revolutionären Politik. Man kann sagen, in der Fähigkeit, diesen Moment zu erkennen und auszunützen, besteht der erste Unterschied zwischen einem Revolutionär und einem Vulgär-Evolutionisten. (#53)


- in Russland wurde schon städtisches Handwerk und Manufaktur übersprungen
- nur aus dem Schema Handwerk-Manufaktur-Fabrik ist die Wirklichkeit nicht zu begreifen wie das auch ohne Schema nicht mögl ist

Die eine oder die andere Etappe eines historischen Prozesses kann sich unter gegebenen Umständen als unabwendbar erweisen, obwohl sie theoretisch nicht als unvermeidlich erscheint. Und umgekehrt: theoretisch »unvermeidliche« Etappen können durch die Dynamik der Entwicklung auf Null zusammengedrängt werden, besonders während Revolutionen, die man nicht umsonst Lokomotiven der Geschichte genannt hat. (#54)

Jeder Versuch des Überspringens realer, d.h. objektiv bedingter Etappen in der Entwicklung der Massen, bedeutet politisches Abenteurertum. Solange die Arbeitermasse in ihrer Mehrheit den Sozialdemokraten vertraut, oder, sagen wir der Kuomintang oder den Trade-Unionisten, können wir die Aufgabe der unmittelbaren Niederwerfung der bürgerlichen Macht nicht stellen. Die Masse muß darauf vorbereitet werden. Die Vorbereitung kann sich als eine sehr große »Stufe« erweisen. (#54)

Im April 1919 schrieb Lenin in einem Programmaufsatz »Die dritte Internationale und ihr Platz in der Geschichte«:

»Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir sagen, daß gerade der Widerspruch zwischen der Zurückgebliebenheit Rußlands und seinem "Sprung" über die bürgerliche Demokratie hinweg zur höchsten Form des Demokratismus - zur proletarischen oder Sowjetdemokratie, daß gerade dieser Widerspruch eine der Ursachen war ... die im Westen das Verständnis für die Rolle der Sowjets besonders erschwerten oder verzögerten.« (Lenin, Bd. XVI. S. 183.)

Lenin sagt hier direkt, daß Rußland »einen Sprung über die bürgerliche Demokratie« gemacht habe.
(#54)


7. Was bedeutet die Parole der demokratischen Diktatur heute für den Osten?

In das stalinsche - evolutionär-philisterhafte, nicht aber revolutionäre - Verständnis der historischen »Stufen« hineinstolpernd, versucht jetzt auch Radek, die Parole der demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft für den ganzen Osten zu kanonisieren. Aus der Arbeitshypothese des Bolschewismus, die Lenin dem Entwicklungsgang eines bestimmten Landes anpaßte, veränderte, konkretisierte und auf einer bestimmten Etappe verwarf, macht Radek ein überhistorisches Schema. Folgendes wiederholt er zu diesem Punkte unermüdlich in seinem Artikel:

»Diese Theorie und die sich aus ihr ergebende Taktik ist anwendbar in allen Ländern mit junger kapitalistischer Entwicklung, in denen die Bourgeoisie die Fragen, die ihr die vorangegangenen sozial-politischen Formationen als Erbschaft hinterlassen haben, nicht liquidierte.«
(#56)

- im Folgenden Kritik an Radek
- warum hat Lenin dieses verworfen ?
- die Februarrev. 1917/Doppelherrschaft/Kerenskiade hat die Agrarfrage eben nicht gelöst, also keine demokratisch-bürgerliche Umwälzung
- also hat sich die Demokratische Diktatur nocht nicht verwirklicht ebensowenig wie Kuomintang in China
- Radek behauptet 1927, das in China Arbeiter und Bauern gegen die Bourgeoisie gehen sollen, nicht gegen die Reste/Erbe das Feudalismus
- wahr ist nur, das die Gutbesitzer kein so großes Gewicht haben und die nationale Befreiung eine große Rolle spielt

Seine Perspektive der permanenten Revolution hat Marx formuliert, als in Deutschland noch alle Throne feststanden, die Junker das Land besaßen und die Spitzen der Bourgeoisie nur im Vorzimmer der Regierung geduldet waren. In China gibt es bereits seit 1911 keine Monarchie, es gibt keine selbständige Gutsbesitzerklasse, an der Macht steht die nationalbürgerliche Kuomintang, die Leibeigenschaftsbeziehungen sind mit der bürgerlichen Ausbeutung sozusagen chemisch verschmolzen. Die von Radek unternommene Gegenüberstellung der Positionen von Marx und Lenin spricht somit restlos gegen die Parole der demokratischen Diktatur in China. (#57)


- Marx seinerseits richtete seine Hoffnung in Deutschland auf ein Bündnis der Kleinbürger der Stadtbourgeoisie mit den Bauern, welches nicht eintraf

Und Marx hat diese Lehre in seine Berechnung aufgenommen. Am 16. April 1856 - also sechs Jahre nach dem erwähnten Zirkular - schreibt Marx an Engels:

»Die ganze Sache in Deutschland wird abhängen von der Möglichkeit, der proletarischen Revolution durch eine Art zweiter Auflage des Bauernkrieges Deckung zu geben. Dann wird die Sache vorzüglich.«

Diese ausgezeichneten Worte, von Radek völlig vergessen, bilden einen wahrhaft kostbaren Schlüssel zur Oktoberrevolution wie zu dem ganzen uns hier beschäftigenden Problem. Hat Marx die Agrarumwälzung übersprungen? Nein, wie wir sehen, hat er sie nicht übersprungen. Hielt er die Zusammenarbeit von Proletariat und Bauernschaft in der nächsten Revolution für notwendig? Ja, das tat er. Ließ er die Möglichkeit der führenden oder auch nur der selbständigen Rolle der Bauernschaft in der Revolution zu? Nein, er ließ diese Möglichkeit nicht zu. Er ging davon aus, daß die Bauernschaft, der es nicht gelungen war, der bürgerlichen Demokratie in der selbständigen demokratischen Revolution Deckung zu geben (durch die Schuld der bürgerlichen Demokratie, nicht der Bauernschaft), daß diese Bauernschaft in der proletarischen Revolution imstande sein werde, dem Proletariat Deckung zu geben.
(#57)

- es geht darum, kann es eine bäuerlich demokratische Rev. geben, oder ein auf die Bauern gestützte proletarische
- diese 2. Lösung verbaut die starre Auffassung in der Theorie der stalinschen "Stufen" in China
- für realgesch. Vorgänge kann man den Gang nicht im Voraus bestimmen

In einer bürgerlichen Gesellschaft mit bereits entwickelten Klassengegensätzen kann es nur entweder eine offene oder eine verhüllte Diktatur der Bourgeoisie geben oder aber die Diktatur des Proletariats. Von einem Übergangsregime kann nicht die Rede sein. Jede Demokratie, jede "Diktatur der Demokratie" (die ironischen Anführungsstriche sind von Lenin) wird nur eine Verschleierung der Herrschaft der Bourgeoisie sein, wie die Erfahrung des zurückgebliebensten europäischen Landes, Rußlands, in der Epoche der bürgerlichen Revolution, d.h. in einer für die "Diktatur der Demokratie" günstigsten Epoche, gezeigt hat. Diese Schlußfolgerung nahm Lenin als Basis für seine Thesen über Demokratie, die erst aus der Summe der Erfahrungen der Februar- und Oktoberrevolution entstanden sind. (#58)

- es wird auch versucht, die demokratische Diktatur, der der Bourgeoisie bzw des Proletariats gegenüberzustellen
- dann hat sie aber Übergangscharakter wäre kleinbürgerlich, wobei das Kleinbürgertum gar nicht mehr die Kraft hat zu führen

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