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Team Peter Heilbronn
Thema Kapital Bd.III. V. Abschnitt, Kapitel 34. Das Currency Principle und die englische Bankgesetzgebung von 1844 ( excerpt )
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34 Das Currency Principle und die englische Bankgesetzgebung von 1844

34 Das Currency Principle und die englische Bankgesetzgebung von 1844

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" Nach Ricardo wird der Wert des - metallischen - Geldes bestimmt durch die in ihm vergegenständlichte Arbeitszeit, aber nur solange die Quantität des Geldes im richtigen Verhältnis steht zu Menge und Preis der umzusetzenden Waren. Steigt die Quantität des Geldes über dies Verhältnis, so sinkt sein Wert, die Warenpreise steigen; fällt sie unter das richtige Verhältnis, so steigt sein Wert, und die Warenpreise fallen - bei sonst gleichbleibenden Umständen. Im ersten Fall wird das Land, wo dieser Überschuß von Gold besteht, das unter seinen Wert gesunkene Gold ausführen und Waren einführen; im zweiten wird Gold hinströmen zu den Ländern, wo es über seinen Wert geschätzt wird, während die unterschätzten Waren von dort zu andern Märkten fließen, wo sie normale Preise erzielen können. Da unter diesen Voraussetzungen "das Gold selbst, sei es als Münze, sei es als Barre, Wertzeichen von größerem oder geringerem Metallwert als seinem eignen werden kann, so versteht es sich, daß etwa zirkulierende konvertible Banknoten dasselbe Schicksal teilen. Obgleich die Banknoten konvertibel sind, also ihr Realwert ihrem Nominalwert entspricht, kann die Gesamtmasse des zirkulierenden Geldes, Gold und Noten (the aggregate currency consisting of metal and of convertible notes) appreziiert oder depreziiert werden, je nachdem ihre Gesamtquantität, aus den vorher entwickelten Gründen, über oder unter das Niveau steigt oder fällt, das durch den Tauschwert der zirkulierenden Waren und den Metallwert des Goldes bestimmt ist ... Diese Depreziation, nicht des Papiers gegen Gold, sondern des Goldes und Papiers [563] zusammengenommen oder der gesamten Masse der Zirkulationsmittel eines Landes, ist eine der Haupterfindungen Ricardos, die Lord Overstone & Co. in ihren Dienst preßten und zu einem Fundamentalprinzip von Sir Robert Peels Bankgesetzgebung von 1844 und 1845 machten." (l.c.p. 155. >Siehe Band 13, S 147/148<) " (S. 562 f)
Also bestimmt die Quantität des Geldes die Preise.

{ Geld als knappes Gut. Bestimmt noch heute die Geldpolitik, deren erstes Ziel die Stabilität der Währung und der Preise ist. (d.V.)}

" Den an derselben Stelle geführten Nachweis von der Verkehrtheit dieser Ricardoschen Theorie brauchen wir hier nicht zu wiederholen. Uns interessiert nur die Art und Weise, wie Ricardos Lehrsätze verarbeitet wurden von der Schule von Banktheoretikern, die die obigen Peelschen Bankakte diktierte. " (S. 563)
" "Die Handelskrisen während des 19. Jahrhunderts, namentlich die großen Krisen von 1825 und 1836, riefen keine Fortentwicklung, wohl aber neue Nutzanwendung der Ricardoschen Geldtheorie hervor. Es waren nicht mehr einzelne ökonomische Phänomene, wie bei Hume die Depreziation der edlen Metalle im 16. und 17. Jahrhundert oder wie bei Ricardo die Depreziation des Papiergelds während des 18. und im Anfang des 19. Jahrhunderts, sondern die großen Weltmarktsungewitter, worin der Widerstreit aller Elemente des bürgerlichen Produktionsprozesses sich entladet, deren Ursprung und Abwehr innerhalb der oberflächlichsten und abstraktesten Sphäre dieses Prozesses, der Sphäre der Geldzirkulation, gesucht wurden. Die eigentlich theoretische Voraussetzung, wovon die Schule der ökonomischen Wetterkünstler ausgeht, besteht in der Tat in nichts andrem als dem Dogma, daß Ricardo die Gesetze der rein metallischen Zirkulation entdeckt hat. Was ihnen zu tun übrigblieb, war die Unterwerfung der Kredit- oder Banknotenzirkulation unter diese Gesetze. ... [Herv v. P.H.] " (S. 563)

{ Die Krisen bis 1857 sind zuvorderst Handelskrisen, welche sich durch Fallen der Warenpreise auszeichnen. Natürlich beruhen sie auf Überimport/export, welches wiederum seine Ursache in der Überproduktion hat. Dies zu erkennen, war für Ricardo schwer. Die Erscheinungsform heute mit Massenentlassungen sind eine andere als zu Marx' Zeiten. (d.V.)}

" Das allgemeinste und sinnfälligste Phänomen der Handelskrisen ist plötzlicher, allgemeiner Fall der Warenpreise, folgend auf ein längeres, allgemeines Steigen derselben. Allgemeiner Fall der Warenpreise kann ausgedrückt werden als Steigen im relativen Wert des Geldes, verglichen mit allen Waren, und allgemeines Steigen der Preise umgekehrt als Fallen des relativen Werts des Geldes. In beiden Ausdrucksweisen ist das Phänomen ausgesprochen, nicht erklärt ... Die verschiedene Phraseologie läßt die Aufgabe ebenso unverändert, wie es ihre Übersetzung aus der deutschen in die englische Sprache tun würde. Ricardos Geldtheorie kam daher ungemein gelegen, da sie einer Tautologie den Schein eines Kausalverhältnisses gibt. Woher das periodische allgemeine Fallen der Warenpreise? Vom periodischen Steigen des relativen Werts des Geldes. Woher umgekehrt das periodische, allgemeine Steigen der Warenpreise? Von einem periodischen Fall [564] im relativen Wert des Geldes.
...
Die Preise steigen und fallen also periodisch, weil periodisch zu viel oder zu wenig Geld zirkuliert.[Herv. v. P.H.] "
(S. 563f)
 
[Ricardos Tautologie: Geldpreis zu Warenpreis]
" Wir sahen nun, daß nach Ricardo diese allgemeinen Schwankungen der Preise auch bei einer rein metallischen Zirkulation stattfinden müssen, sich aber durch ihre Abwechslung ausgleichen, indem z.B. untervolle Zirkulation Fallen der Warenpreise, das Fallen der Warenpreise Ausfuhr der Waren ins Ausland, diese Ausfuhr aber Einfuhr von Gold ins Inland, dieser Einfluß von Geld aber wieder Steigen der Warenpreise hervorruft. Umgekehrt bei einer übervollen Zirkulation, wo Waren importiert und Gold exportiert werden.[Herv. v. P.H.] " (S. 564)
 
[Zirkulationsfülle und Warenpreis]
" Da nun trotz dieser aus der Natur der Ricardoschen Metallzirkulation selbst entspringenden allgemeinen Preisschwankungen ihre heftige und gewaltsame Form, ihre Krisenform, den Perioden entwickelten Kreditwesens angehört, so wird es sonnenklar, daß die Ausgabe von Banknoten nicht exakt nach den Gesetzen der metallischen Zirkulation reguliert wird. Die metallische Zirkulation besitzt ihr Heilmittel im Import und Export der edlen Metalle, die sofort als Münze in Umlauf treten und so durch ihren Einfluß oder Ausfluß die Warenpreise fallen oder steigen machen. Dieselbe Wirkung auf die Warenpreise muß nun künstlich durch Nachahmung der Gesetze der Metallzirkulation von den Banken hervorgebracht werden. Fließt Geld vom Ausland ein, so ist das ein Beweis, daß die Zirkulation untervoll ist, der Geldwert zu hoch und die Warenpreise zu niedrig stehn und folglich Banknoten im Verhältnis zu dem neu importierten Gold in Zirkulation geworfen werden müssen.[Herv. v. P.H.] " (S. 564)
 
[Marx' Kritik]
" Ricardos falsche Voraussetzung, daß Gold nur Münze ist, daher alles importierte Gold das umlaufende Geld vermehrt und darum die Preise steigen macht, alles exportierte Gold die Münze vermindert und darum die Preise fallen macht, diese theoretische Voraussetzung wird hier zum praktischen Experiment, soviel Münze zirkulieren zu machen als jedesmal Gold vorhanden ist. Lord Overstone (Bankier Jones Loyd), Oberst Torrens, Norman, Clay, Arbuthnot und eine Anzahl andrer Schriftsteller, in England bekannt unter dem Namen der Schule des 'Currency Principle', haben diese Doktrin nicht nur gepredigt, sondern vermittelst Sir R. Peels Bankakten von 1844 und 1845 zur Grundlage der englischen und schottischen Bankgesetzgebung gemacht. Ihr schmähliches Fiasko theoretisch wie praktisch, nach Experimenten auf der größten nationalen Stufenleiter, kann erst in der Lehre vom Kredit dargestellt werden." (l.c.p. l65-168. <Vgl. Band 13, S. 156-158>) [Herv. v. P.H.]

Die Kritik dieser Schule wurde geliefert von Thomas Tooke, James Wilson (im " Economist" von 1844-1847) und John Fullarton. Wie mangelhaft aber auch sie die Natur des Goldes durchschauten und wie unklar sie über das Verhältnis von Geld und Kapital waren, haben wir mehrfach, namentlich im Kapitel XXVIII dieses Buchs gesehn. "
(S. 565)
" J. G. Hubbard, ehemaliger Gouverneur der Bank v. E., sagt aus:
2400. "Die Wirkung der Goldausfuhr ... bezieht sich absolut nicht auf die Warenpreise. Dagegen sehr bedeutend auf die Preise der Wertpapiere, weil im Maß wie der Zinsfuß wechselt, der Wert von Waren, die diesen Zins verkörpern, notwendigerweise gewaltig affiziert wird."

Er legt zwei Tabellen vor über die Jahre 1834-1843 und 1845-1856, welche beweisen, daß die Preisbewegung von fünfzehn der bedeutendsten Handelsartikel ganz unabhängig war vom Ab- und Zufluß des Goldes und vom Zinsfuß. Dagegen aber beweisen sie einen engen Zusammenhang zwischen dem Ab- und Zufluß des Goldes, das in der Tat "der Repräsentant unsres Anlage suchenden Kapitals" ist, und dem Zinsfuß. [Herv. v. P.H.] "
(S. 565)

-567-

" Da die Nachfrage und Zufuhr von Waren deren Marktpreise reguliert, wird hier klar, wie falsch Overstones Identifikation der Nachfrage nach leihbarem Geldkapital (oder vielmehr der Abweichungen der Zufuhr davon), wie sie sich in der Diskontorate ausdrückt, und der Nachfrage nach wirklichem "Kapital". Die Behauptung, daß die Warenpreise durch die Schwankungen im Betrag der Currency reguliert sind, versteckt sich jetzt unter der Phrase, daß die Schwankungen der Diskontorate Schwankungen in der Nachfrage nach wirklichem stofflichen Kapital ausdrücken, im Unterschied vom Geldkapital. Wir haben gesehn, wie sowohl Norman wie Overstone dies in der Tat vor demselben Ausschuß behaupteten und zu welchen lahmen Ausflüchten namentlich letzterer dabei gedrängt wurde, bis er schließlich ganz festsaß. (Kapitel XXVI.) Es ist in der Tat die alte Flause, daß die Änderungen in der Masse des vorhandnen Goldes, indem sie die Menge des Umlaufsmittels im Lande vermehren oder vermindern, innerhalb dieses Landes die Warenpreise steigern oder senken müßten. Wird Gold ausgeführt, so müssen nach dieser Currency-Theorie die Preise der Waren steigen in dem Lande, wohin das Gold geht, und damit der Wert der Exporte des Gold ausführenden Landes auf dem Markt des Gold einführenden; der Wert der Exporte des letzteren auf dem Markt des ersteren würde dagegen fallen, während er stiege in ihrem Ursprungsland, wohin das Gold geht. In der Tat aber steigert die Verminderung der Goldmenge nur den Zinsfuß, während ihre Vermehrung ihn senkt; und kämen diese Schwankungen des Zinsfußes nicht in Rechnung bei Feststellung der Kostpreise oder bei der Bestimmung von Nachfrage und Angebot, so würden sie die Warenpreise gänzlich unberührt lassen. -[Herv. v. P.H.] " (S. 567)
 
[Goldpreis-Umlaufmittel induziert nicht unmittelbar den Warenpreis sondern den Zinsfuß]
 [Gegenbeispiele zum Currency Principle]
" "macht es profitlicher für den Kaufmann, Silber hinzuschicken, als Gewebe oder andre britische Fabrikate."

Also wurden nach Asien Silber - das Geldmetall dieses Weltteils - geschickt statt Ware, nicht weil die Preise dieser Waren gestiegen waren in dem Land, das sie produziert (England), sondern gefallen - gefallen durch Überimport - in dem Land, wohin es sie importiert; obgleich dies Silber von England aus Frankreich bezogen und teilweise mit Gold bezahlt werden mußte. Nach der Currency-Theorie hätten bei solchem Import die Preise in England fallen und in Indien und China steigen müssen. "
(S. 567f)
Goldeinfuhr wird mit Geldeinfuhr gleichgesetzt, bzw. gleich als Leihkapitaleinfuhr und nicht als Umlauf oder Zahlungsmittel. Da ist nur ein vermittelter Zusammenhang.
" Dies zeigt die interessierte Weisheit Overstones, daß das Geld "teuer" sein soll, weil Kapital "selten" ist. Am 3. März 1844 stand der Bankzinsfuß auf 3%; Okt. und Nov. 1847 ging er auf 8 und 9% und stand am 7. März 1848 noch auf 4%. Die Baumwollpreise wurden durch die totale Absatzstockung und die Panik mit dem ihr entsprechenden hohen Zinsfuß niedergeschlagen tief unter ihren dem Stand der Zufuhr entsprechenden Preis. Die Folge davon war einerseits ungeheure Abnahme der Einfuhr 1848 und andrerseits Abnahme der Produktion in Amerika; daher neues Steigen der Baumwollpreise 1849. Nach Overstone waren die Waren zu teuer, weil zuviel Geld im Lande war. " (S. 568)
Der Bankakt verschärfte das Problem der Geldklemme, da die Bank (von England) fehlendes Zirkulationsmittel in Form von Noten, welche streng genommen nicht konvertibel wären, nicht ausgeben durfte.

{ Hier zeigt sich, dass im Krisenfalle der Widerspruch zwischen den Geldfunktionen Maß der Werte zu sein, also selbst Wertstellvertreter zu sein, und als Zahlungsmittel zu fungieren (im Kredit oder Diskontierung), sich praktisch gewaltsam bemerkbar macht. Widerspruch Gold als Geld und Kredit als Geld. (d.V.)}

" {Die Krisis von 1837 mit ihren langen Nachwehen, an die sich 1842 noch eine vollständige Nachkrise schloß, und die interessierte Verblendung der Industriellen und Kaufleute, die platterdings keine Überproduktion sehn wollten - diese war ja, nach der Vulgärökonomie, ein Unsinn und eine Unmöglichkeit! -, hatten endlich diejenige Verwirrung in den Köpfen verursacht, die der Currency-Schule erlaubte, ihr Dogma auf nationalem Maßstab in die Praxis zu übersetzen. Die Bankgesetzgebung von 1844/45 ging durch. " (S. 569)
 
[Ideologische Verwirrung und praktische Schwierigkeiten]
" Der Bankakt von 1844 teilt die Bank von England in ein Notenausgabe-Departement und ein Bankdepartement. Das erstere erhält Sicherheiten - [570] größtenteils Regierungsschuld - für 14 Millionen und den gesamten Metallschatz, der zu höchstens 1/4 aus Silber bestehn darf, und gibt für den Gesamtbetrag beider eine gleiche Summe von Noten aus. Soweit sich diese nicht in den Händen des Publikums befinden, liegen sie im Bankdepartement und bilden, mit der wenigen zum täglichen Gebrauch nötigen Münze (etwa einer Million) dessen stets bereite Reserve. Das Ausgabe-Departement gibt dem Publikum Gold für Noten und Noten für Gold; den übrigen Verkehr mit dem Publikum besorgt das Bankdepartement. " (S. 569f)
 
[Bankakt 1844 - Ende aller Krisen]
" Für jede fünf Pfund in Gold also, die aus dem Bankschatz abfließen, geht eine Fünfpfundnote zurück an das Ausgabe-Departement und wird vernichtet; für jede dem Schatz zugehenden fünf Sovereigns kommt eine neue Fünfpfundnote in Umlauf. Damit ist Overstones ideale Papierzirkulation, die sich genau nach den Gesetzen der metallischen Zirkulation richtet, praktisch ausgeführt, und damit sind, nach den Behauptungen der Currency-Leute, die Krisen für immer unmöglich gemacht.[Herv. v. P.H.] " (S. 570)
 
[Goldpreisbindung]
" In Wirklichkeit aber entzog die Trennung der Bank in zwei unabhängige Departements der Direktion die Möglichkeit, in entscheidenden Momenten über ihre gesamten disponiblen Mittel frei zu verfügen, so daß Fälle eintreten konnten, wo das Bankdepartement vor dem Bankerott stand, während das Ausgabe-Departement mehrere Millionen in Gold und außerdem noch seine 14 Millionen Sicherheiten intakt besaß. Und zwar konnte dies um so leichter eintreten, als in fast jeder Krise ein Abschnitt vorkommt, wo ein starker Goldabfluß ins Ausland stattfindet, der in der Hauptsache durch den Metallschatz der Bank zu decken ist. Für jede fünf Pfund aber, die dann ins Ausland fließen, wird der Zirkulation des Inlands eine Fünfpfundnote entzogen, also die Menge des Umlaufsmittels grade in dem Augenblick verkleinert, wo am meisten davon, und am nötigsten, gebraucht wird. Der Bankakt von 1844 provoziert also die sämtliche Handelswelt direkt dazu, bei hereinbrechender Krise sich einen Reserveschatz von Banknoten beizeiten anzulegen, also die Krise zu beschleunigen und zu verschärfen; er treibt durch diese, im entscheidenden Augenblick wirksam werdende, künstliche Steigerung der Nachfrage nach Geldakkommodation, d.h. nach Zahlungsmittel, bei gleichzeitiger Beschränkung der Zufuhr davon, den Zinsfuß [571] in Krisen zu bisher unerhörter Höhe; statt also die Krisen zu beseitigen, steigert er sie vielmehr bis auf den Punkt, wo entweder die ganze industrielle Welt in die Brüche gehn muß oder der Bankakt. Zweimal, am 25. Okt. 1847 und am 12. Nov. 1857, war die Krisis auf diese Höhe gestiegen; da befreite die Regierung die Bank von der Beschränkung ihrer Notenausgabe, indem sie den Akt von 1844 suspendierte, und dies reichte beidemal hin, die Krise zu brechen. 1847 genügte die Gewißheit, daß nun wieder Banknoten gegen Sicherheit ersten Rangs zu haben seien, um die aufgeschatzten 4-5 Millionen Noten wieder ans Tageslicht und in die Zirkulation zu bringen; 1857 wurde bis nicht ganz eine Million in Noten über das gesetzliche Quantum ausgegeben, aber nur für ganz kurze Zeit. " (S. 570f)
 
[Krisenverschärfung - Spaltung der Goldreserve]

{ Natürlich ist die Ursache der Krise nicht das fehlende Geld, sondern die Überproduktion. Nur die Auswirkungen dieser, werden durch den Bankakt verstärkt, nicht hervorgerufen. (d.V.)}

" Die Furcht, die Banknoten möchten ihren Kredit verlieren, ist noch sehr bemerkbar; eine sehr überflüssige Furcht, da schon 1825 die Ausgabe eines vorgefundnen alten Vorrats außer Kurs gesetzter Einpfundnoten die Krise gebrochen und damit bewiesen hatte, daß schon damals der Kredit der Noten, selbst in der Zeit des allgemeinsten und stärksten Mißtrauens, unerschüttert blieb. Es ist dies auch ganz begreiflich; steht doch tatsächlich die gesamte Nation mit ihrem Kredit hinter diesen Wertzeichen. - F. E.} [Herv. v. P.H.] " (S. 571)
" Hören wir nun ein paar Zeugnisse über die Wirkung des Bankakts. J. St. Mill glaubt, daß der Bankakt von 1844 die Überspekulation niedergehalten habe. Dieser weise Mann sprach glücklicherweise am 12. Juni 1857. Vier Monate später war die Krisis losgebrochen. Er gratuliert buchstäblich den "Bankdirektoren und dem kommerziellen Publikum im allgemeinen" dazu, daß sie

"die Natur einer Handelskrisis weit besser verstehn als früher und den sehr großen Schaden, den sie sich selbst und dem Publikum durch Unterstützung der Überspekulation antun". (B.C. 1857, Nr. 2031.) "
(S. 571)
" {Diese sonderbare Angst Mills vor Einpfundnoten wäre unerklärlich, zeigte nicht sein ganzes Werk über politische Ökonomie einen Eklektizismus, der vor keinen Widersprüchen zurückschreckt. Einerseits gibt er Tooke in vielen Dingen gegen Overstone recht, andrerseits glaubt er an die Bestimmung der Warenpreise durch die Menge des vorhandnen Geldes. Er ist also keineswegs überzeugt, daß für jede ausgegebne Einpfundnote - alle andren Umstände gleichgesetzt - ein Sovereign in den Schatz der Bank wandert; er fürchtet, die Masse des Zirkulationsmittels könne vermehrt und somit entwertet werden, d.h. die Warenpreise steigern. Das ist es und weiter nichts, was sich hinter obiger Bedenklichkeit verbirgt. - F. E.} " (S. 572)
 
[Kritik an Mill]
"[Tooke:] 3035. "Würden Sie nicht sagen, daß jeder Umstand, der in letzter Instanz die Konvertibilität der Banknoten gefährdete, in einem Augenblick der kommerziellen Klemme neue und ernstliche Schwierigkeiten erzeugen könnte? - Ganz und gar nicht." " (S. 572)
 [Wirkungen des Bankaktes 1844]
" Der Zweck war, Geld teuer zu machen; ganz wie, abgesehn von der Currency-Theorie, die Trennung der beiden Bankdepartements und der Zwang für die schottischen und irischen Banken, für Notenausgabe über einen gewissen Satz hinaus Gold in Reserve zu halten. Es entstand so eine Dezentralisation des nationalen Metallschatzes, der ihn weniger fähig machte, ungünstige Wechselkurse zu korrigieren. Auf Steigerung des Zinsfußes laufen alle diese Bestimmungen hinaus: daß die B. v. E. nicht Noten ausgeben darf über 14 Mill. außer gegen Goldreserve; daß das Bankdepartement als gewöhnliche Bank verwaltet werden soll, den Zinsfuß herabdrückend in Zeiten des Geldüberflusses, ihn herauftreibend in Zeiten der Klemme; die Beschränkung des Silbervorrats, des hauptsächlichen Mittels, die Wechselkurse mit dem Kontinent und Asien zu rektifizieren; die Vorschriften wegen der schottischen und irischen Banken, die nie Gold <1. Auflage: Geld; geändert nach dem Manuskript von Marx> für Export brauchen und es jetzt halten müssen unter dem Vorwand einer, tatsächlich rein illusorischen, Konvertibilität ihrer Noten. Die Tatsache ist, daß der Akt von 1844 zum erstenmal einen Ansturm nach Gold auf die schottischen Banken 1857 produzierte. Die neue Bankgesetzgebung macht ebenfalls keinen Unterschied zwischen Goldabfluß ins Ausland und dem fürs Inland, obgleich deren Wirkungen selbstredend durchaus verschieden. Daher die beständigen heftigen Schwankungen in der Marktrate des Zinses. [Herv. v. P.H.] " (S. 574)
Der Bankakt verhindert in der Hauptsache die Diskontierung von Wechseln, weil keine Noten mehr ausgegeben werden dürfen.
" Nach seiner Ansicht brauchte die Bank in Zeiten der Klemme, solange keine ungünstigen Wechselkurse das Gold ins Ausland ziehn, den Zinsfuß nicht über den alten Stand von 5% zu erhöhen. Wäre nicht der Akt von 1844, so würde sie dabei ohne Schwierigkeit alle Wechsel ersten Ranges (first class bills), die ihr präsentiert würden, diskontieren können. (1018 bis 1020.) Aber mit dem Akt von 1844 und in der Lage, in der die Bank im Oktober 1847 war,

"gab es keinen Zinsfuß, den die Bank kreditfähigen Häusern abverlangen konnte, den sie nicht bereitwillig gezahlt hätten, um ihre Zahlungen fortzuführen". [1022.] "
(S. 575)

{ Selbst wenn die Noten kurzzeitig nicht konvertibel sind, bzw die Noten, weil nun der Goldschatz sich auf mehr Exemplare von Wertzeichen verteilt weniger Wert sind, bleibt doch ihr Preis dem gegenüber hoch, da stark nachgefragt wird. Im Schnitt über einen Krisenzyklus allerdings sollten Wert und Preis des Geldes wieder übereinstimmen (in Mitte des Zyklus), wie sie notwendig in der Krise divergieren. (d.V.)}

" 4488. "Wie glauben Sie, daß der Akt von 1844 gewirkt hat? - Sollte ich Ihnen als Bankier antworten, so würde ich sagen, daß er ganz ausgezeichnet gewirkt hat, denn er hat den Bankiers und {Geld-} Kapitalisten aller Art eine reiche Ernte geliefert. Aber er hat sehr schlecht gewirkt für den ehrlichen fleißigen Geschäftsmann, der Stetigkeit in der Diskontorate bedarf, so daß er seine Arrangements mit Zuversicht machen kann ... er hat das Geldverleihen zu einem höchst profitlichen Geschäft gemacht." - 4489. "Er" {der Bankakt} "befähigt die Londoner Aktienbanken, den Aktionären 20 bis 22% zu zahlen? - Eine zahlte neulich 18%, und ich glaube, eine andre 20%; sie haben [576] allen Grund, sehr entschieden für den Akt einzutreten." - 4490. "Kleine Geschäftsleute und respektable Kaufleute, die kein großes Kapital haben ... er kneift sie sehr ... Das einzige Mittel, das ich habe, um dies zu erfahren, ist, daß ich eine so erstaunliche Masse ihrer Akzepte sehe, die nicht bezahlt werden. Diese Akzepte sind immer klein, etwa von 20-100 Pfd.St., viele von ihnen werden nicht bezahlt und gehn zurück mit Mangelzahlung nach allen Teilen des Landes, und dies ist immer ein Zeichen der Gedrücktheit unter ... den Kleinhändlern." " (S. 575f)
 
[''Extraprofit'' der Geldkapitalisten durch hohen Zinsfuß]
" 4497. "Glauben Sie, daß die inländische Konsumtion abgenommen hat? - Sehr bedeutend ... ganz ungeheuer ... die Kleinhändler sind hier die beste Autorität." - 4498. "Und doch sind die Einfuhren sehr groß; zeigt das nicht eine starke Konsumtion an? - Jawohl, wenn Sie verkaufen können; aber viele Warenlager sind voll von diesen Sachen; in dem Beispiel, das ich soeben erzählt habe, sind für 3.000 Pfd.St. Waren importiert worden, die unverkäuflich sind."
4514. "Wenn Geld teuer ist, würden Sie sagen, daß dann Kapital wohlfeil ist? - Jawohl."

Der Mann ist also keineswegs der Meinung Overstones, daß hoher Zinsfuß dasselbe sei wie teures Kapital. "
(S. 576)
 
[Unterschied: Geld- und wirkliches Kapital]
" 4791. "Der niedrigere Zinsfuß" {während der letzten 10 Jahre} "wirkt allerdings gegen die Bankiers, aber ohne Ihnen die Geschäftsbücher vorzulegen, würde ich Ihnen nur sehr schwer erklären können, um wieviel höher der Profit" {sein eigner} "jetzt ist gegen früher. Wenn der Zinsfuß niedrig ist, infolge übermäßiger Notenausgabe, haben wir bedeutende Depositen; wenn der Zinsfuß hoch ist, so bringt uns das direkten Gewinn." - 4794. "Wenn Geld zu mäßigem Zinsfuß zu haben ist, haben wir mehr Nachfrage dafür; wir leihen mehr aus; es wirkt" {für uns, die Bankiers} "auf diesem Wege. Wenn er steigt, so bekommen wir mehr dafür als billig ist; wir bekommen mehr, als wir haben sollten."

Wir haben gesehn, wie der Kredit der Noten der Bank von England bei allen Sachverständigen als unerschütterlich gilt. Trotzdem legt der Bankakt 9-10 Millionen in Gold zu ihrer Einlösbarkeit absolut fest. Die Heiligkeit und Unantastbarkeit des Schatzes wird damit ganz anders durchgeführt als bei den alten Schatzbildnern. W. Brown (Liverpool) sagt aus, C.D. 1847/1857, 2311:

"In Beziehung auf den Nutzen, den dies Geld" (der Metallschatz im Ausgabe-Drpartement) "damals brachte, so hatte man es ebensogut in die See werfen können; man konnte ja nicht das geringste davon verwenden, ohne den Parlamentsakt zu brechen." "
(S. 577)
" "Geldklemme und hoher Zinsfuß, verursacht durch Mangel an hinreichendem Kapital, nicht erleichtert werden kann durch vermehrte Ausgabe von Banknoten", (1514)

[579] obwohl die bloße Erlaubnis der vermehrten Notenausgabe durch den Regierungsbrief vom 25. Okt. 1847 hingereicht hatte, der Krise die Spitze abzubrechen. "
(S. 578f)
 
[Ideologische Verblendung]
" Und doch bestand die gedrückte Lage der Fabrikindustrie seit Monaten darin, daß das materielle Warenkapital im Überfluß die Speicher füllte und gradezu unverkäuflich war und daß ebendeshalb das materielle produktive Kapital ganz oder halb brachlag, um nicht noch mehr unverkäufliches Warenkapital zu produzieren.

Und vor dem Bankausschuß 1857 sagt er:

"Durch strenge und prompte Einhaltung der Grundsätze des Akts von 1844 ist alles mit Regelmäßigkeit und Leichtigkeit verlaufen, das Geldsystem ist sicher und unerschüttert, die Prosperität des Landes ist unbestritten, das öffentliche Vertrauen in den Akt von 1844 gewinnt täglich an Stärke. Wünscht der Ausschuß noch weitere praktische Belege für die Gesundheit der Prinzipien, auf denen dieser Akt beruht, und der wohltätigen Folgen, die er sichergestellt hat, so ist die wahre und hinreichende Antwort diese: Schauen Sie um sich; betrachten Sie die gegenwärtige Lage des Geschäfts unsres Landes, betrachten Sie die Zufriedenheit des Volks; betrachten Sie den Reichtum und die Prosperität aller Klassen der Gesellschaft; und dann, nachdem dies geschehn, wird der Ausschuß imstande sein, zu entscheiden, ob er die Fortdauer eines Akts verhindern will, unter dem solche Erfolge erreicht worden sind." (B.C. 1857, Nr. 4189.)

Auf diesen Dithyrambus [Loblied; P.H.], den Overstone dem Ausschuß am 14. Juli vorsang, antwortete die Gegenstrophe am 12. November desselben Jahrs, der Brief an die Bankdirektion, worin die Regierung das wundertätige Gesetz von 1844 suspendierte, um zu retten, was noch zu retten war. - F. E.} "
(S. 579)

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last update : Fri Mar 04 16:55:53 CET 2005 Peter Heilbronn
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