Warum Arbeitszeit verrechnen?

Jahrzehntelang wurde uns im Radio und Fernsehen verkündet, "daß unser Wohlstand in der BRD vom marktwirtschaftlichen Wettbewerb herrühre. Einzig der durch den Handel entstehende Wettbewerb könne für eine bedürfnisorientierte Produktion sorgen und somit entsprechend der Nachfrage eine optimale Verteilung der Güter sicherstellen. Denn Verteilung und Produktion würden in der Marktwirtschaft durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt!"

Entgegen dieser Behauptungen müssen wir in den letzten zwei Jahrzehnten im In- und Ausland eine zunehmende Verarmung beobachten. Sockelarbeitslosigkeit, Konkurse in Kleinbetrieben einerseits, Rekordgewinne und Massenentlassungen in industriellen Großbetrieben andererseits bestimmen immer mehr das Bild. Zu allem Überfluß haben nicht wenige Familien mit den Miettreibereien bundesweiter Cliquen von Maklern und Großimmobilienbesitzern zu kämpfen. Die anhaltende Wirtschaftskrise verhindert einen gleichwertigen Lohnzuwachs nun schon seit zwei Jahrzehnten, und die Maschen unseres wohlgepriesenen Sozialstaates beginnen sich immer mehr zu weiten. Immer mehr Menschen stehen vor dem finanziellen Ruin. Welche Familie kann z.B. noch die ständig steigenden Mieten bezahlen, wenn durch einen Unfall oder einen Arbeitsplatzverlust ein Teil des Familieneinkommens verloren geht?

Die sprunghaft steigende Zahl von Obdachlosen zeigt nur zu gut, wie schnell es jeden von uns treffen kann.

Wir können also beobachten, daß der soziale Sprengstoff zunimmt, und wir müssen uns fragen, warum uns Handel und Wettbewerb nicht den Wohlstand bescherte, den uns unsere Wirtschaftsexperten versprachen?

 

Handel und Tauschwert

Als Ursache sehen wir das Zusammenwirken von Wettbewerb und Handel, die in ihrer Wechselwirkung von folgenden Grundannahmen ausgehen:

 

1.           Der Idee vom "Tauschwert des eigenen individuellen Arbeitsproduktes" und das Recht auf den Gegenwert desselben.

2.           Dem Handel mit den "Tauschwerten individueller Arbeitsprodukte", wobei der Handel von den Wirtschaftsexperten mit einem steten Mangel an Gütern und Arbeit (Mangelwirtschaft) begründet wird und der Handel zum optimalen Ausgleich führen soll.

 

Durch den Handel wird der Wert der hergestellten Güter nicht nach dem Gegenwert der für ihre Herstellung aufgewandten Arbeitszeit getauscht, sondern für den Preis, der aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Markt maximal erzielt werden kann. D.h., daß wir durch den Handel nie den tatsächlichen Gegenwert für unsere Arbeit erhalten, sondern lediglich einen Tauschwert, den wir als Preis auf dem Markt erzielen können.

 

Tauschwertverfall und Armut

Nach unserer Ansicht entstehen wirtschaftliche Bedrängnis und Armut folgendermaßen:

Eine optimale Verteilung durch den Handel findet in der Marktwirtschaft nur dann statt, wenn sich Angebot und Nachfrage für Güter und Arbeit in der Waage halten oder ein geringfügiger Mangel an Gütern besteht.

 

Die Armut entsteht paradoxer Weise beim Handel dadurch, daß die Menschen erheblich mehr herstellen können, als sie zur Befriedigung ihrer materiellen Bedürfnisse benötigten.

 

Daß die menschliche Gesellschaft immer mehr herstellte, als sie benötigte, wird durch die Tatsache bestätigt, daß sie nach der Befriedigung ihrer materiellen Bedürfnisse immer Zeit fand, dem Kunsthandwerk, der Technologie- und Waffenentwicklung nachzugehen. D.h., daß seit Menschen Gedenken immer ein potentielles Überangebot an Gütern und Arbeit bestand.

Das Überangebot an Arbeit bewirkte in der bürgerlichen Gesellschaft immer eine Arbeitslosigkeit, womit die Arbeitslosigkeit zum Ausdruck der potentiellen Überproduktionskrise wird.

 

Diesem Vorgang liegt folgender Mechanismus zu Grunde. Ein Überangebot an Gütern bewirkt einen Preisverfall derselben, denn die Hersteller fangen freiwillig an, sich im Preis für ihre Arbeit gegenseitig zu unterbieten, um auf dem Markt konkurrenzfähig zu bleiben.

Am Ende des Preisverfalls können verschiedene Hersteller ihre Unkosten nicht mehr decken und stellen die Produktion ein. Infolge dessen kommt es zur Sockel- bzw. Massenarbeitslosigkeit. Diese ist gleichbedeutend mit einer Herausnahme von Arbeitskräften aus dem Produktionsprozeß, um das Angebot an Gütern zu verringern und um die Preise auf ein bestimmtes Niveau zu stabilisieren.

 

Sowohl die Armut der unteren Einkommensschicht als auch die Massen- bzw. Sockelarbeitslosigkeit läßt sich unmittelbar auf den Handel mit dem "Tauschwert des eigenen individuellen Arbeitsproduktes" zurückführen.

 

Die zweite Folge des Preisverfalls der individuellen Arbeitskraft ist, daß die Hersteller immer länger arbeiten müssen, um in den vollen Besitz ihrer Lebensgrundgüter wie Lebensmittel, Wohnung, Kleidung etc. zu kommen. Hiermit wird auch ihre Arbeitskraft immer billiger, wobei nun der Preis für eine Arbeit, gemessen an der für die Herstellung bestimmter Güter durchschnittlich aufgewandten Arbeitszeit, nur noch einen Bruchteil seines tatsächlichen Gegenwertes ausmacht.

 

So kommt es, daß wir heute zur Finanzierung unseres Lebensunterhaltes erheblich mehr arbeiten müssen, da der Tauschwert unserer Arbeit nur noch einen Bruchteil seines tatsächlichen güterwirtschaftlichen Gegenwertes ausmacht.

 

Der Handel zur Zeit einer potentiellen Überproduktionskrise erzeugt also den Unsinn von der Verknappung der Güter (Mangelwirtschaft) bei einem gleichzeitigen Überangebot von Arbeitskräften (Massenarbeitslosigkeit) sowie ein Heer von Arbeitskräften, deren Entlohnung nur einen Bruchteil des tatsächlichen güterwirtschaftlichen Gegenwertes ausmacht. Erst infolge dieser Bedingungen entsteht ein erbarmungsloser Wettbewerb um die Arbeitsplätze auf individueller und nationaler Ebene.

 

Arbeitszeitverkürzung und Handel

Warum können wir durch eine Verkürzung der Arbeitszeit nicht den Handel stabilisieren?

Einer Verkürzung der Arbeitszeit steht die Mehrheit der Bevölkerung derzeit aus zwei Gründen ablehnend gegenüber:

 

1.           Bei vollem Lohnausgleich ist dies entsprechend den Gesetzen des Handels mit einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte auf dem Weltmarkt verbunden, womit die Arbeitsplätze auf dem deutschen Arbeitsmarkt in Gefahr geraten würden.

2.           Ohne Lohnausgleich geht ein erheblicher Teil des eigenen Wohlstandes durch den Einkommensrückgang verloren.

 

Anhand der gezeigten Überlegung kommen wir zu dem Schluß, daß wir nicht "teilen" oder etwas "von unserem Reichtum abgeben müssen, um Armut und Elend zu bekämpfen", sondern daß die Ursache von Armut und Elend im Handel liegt. Aus diesem Grund halten wir es für das Vernünftigste, den Handel durch eine Verrechnung der geleisteten Arbeitszeit zu ersetzen, so daß alle wieder den tatsächlichen Wert für ihre Arbeit zurücherhalten.

 

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