Organisation des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB)

 

Das ESZB besteht aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken der EU (NZBen). Die NZBen der Mitgliedstaaten, die nicht dem Euro-Währungsraum angehören, sind hingegen Mitglieder des ESZB mit einer Sonderstellung: Sie dürfen zwar ihre jeweilige nationale Geldpolitik verfolgen, nehmen jedoch nicht an der Entscheidungsfindung hinsichtlich der einheitlichen Geldpolitik für den Euro-Währungsraum und an der Umsetzung dieser Entscheidungen teil.

Gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ESZB-Satzung) ist es das vorrangige Ziel des ESZB, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung dieses Zieles möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft und handelt im Einklang mit den Grundsätzen einer offenen Marktwirtschaft.

Die grundlegenden Aufgaben des ESZB bestehen darin:

  • die Geldpolitik der Gemeinschaft festzulegen und auszuführen,
  • Devisengeschäfte durchzuführen,
  • die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten, und
  • das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.

 

Darüber hinaus trägt das ESZB zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei und übernimmt eine beratende Funktion gegenüber der Gemeinschaft und gegenüber den nationalen Behörden zu in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Fragen, insbesondere wenn Gemeinschaftsvorschriften oder innerstaatliche Rechtsvorschriften berührt sind. Schließlich holt die EZB zur Wahrnehmung der Aufgaben des ESZB mit Unterstützung der nationalen Zentralbanken die erforderlichen statistischen Daten entweder von den zuständigen nationalen Behörden oder unmittelbar von den Wirtschaftssubjekten ein.

Das ESZB wird von den Beschlußorganen der EZB geleitet: dem EZB-Rat, dem Direktorium und dem Erweiterten Rat.

Der EZB-Rat besteht aus sämtlichen Mitgliedern des Direktoriums und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung gilt, d. h. derjenigen NZBen, die uneingeschränkt an der Währungsunion teilnehmen. Die Hauptaufgaben des EZB-Rates bestehen darin,
  • die Geldpolitik der Gemeinschaft festzulegen, gegebenenfalls einschließlich von Entscheidungen in bezug auf geldpolitische Zwischenziele, Leitzinssätze und die Bereitstellung von Zentralbankgeld im ESZB, und die für ihre Ausführung notwendigen Leitlinien zu erlassen; und
  • die Leitlinien und Entscheidungen zu erlassen, die notwendig sind, um die Erfüllung der dem ESZB übertragenen Aufgaben zu gewährleisten.

Das Direktorium besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren Mitgliedern, die allesamt aus dem Kreis der in Währungs- oder Bankfragen anerkannten und erfahrenen Persönlichkeiten ausgewählt wurden. Sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs auf Empfehlung des Rates, der hierzu das Europäische Parlament und den EZB-Rat (d. h. bei der erstmaligen Ernennung den Rat des Europäischen Währungsinstituts) anhört, einvernehmlich ernannt. Die Hauptaufgaben des Direktoriums bestehen darin,
  • die Geldpolitik gemäß den Leitlinien und Entscheidungen des ESZB-Rates auszuführen und hierzu den nationalen Zentralbanken die erforderlichen Weisungen zu erteilen, und
  • die Befugnisse auszuüben, die ihm durch den EZB-Rat übertragen werden.

Der Erweiterte Rat besteht aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten sowie den Präsidenten aller nationalen Zentralbanken, d. h. sowohl von den Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, als auch von denjenigen, für die keine Ausnahmeregelung gilt. Der Erweiterte Rat nimmt die Aufgaben wahr, die die EZB vom Europäischen Währungsinstitut (EWI) übernommen hat und die infolge der für einen oder mehrere Mitgliedstaaten geltenden Ausnahmeregelungen in der dritten Stufe noch erfüllt werden müssen. Der Erweiterte Rat wirkt auch mit bei:
  • der Erfüllung der Beratungsfunktionen des ESZB (siehe oben),
  • der Erhebung der statistischen Daten,
  • der Erstellung der Vierteljahres- und Jahresberichte sowie der wöchentlichen konsolidierten Ausweise der EZB,
  • der Festlegung der erforderlichen Regeln für die Standardisierung der buchmäßigen Erfassung und der Meldung der Geschäfte der NZBen,
  • allen sonstigen erforderlichen Maßnahmen bezüglich der Festlegung des Schlüssels für die Zeichnung des Kapitals der EZB, soweit diese nicht bereits im Vertrag festgelegt sind,
  • der Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal der EZB, und
  • den Vorarbeiten, die erforderlich sind, um für die Währungen der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die Wechselkurse gegenüber dem Euro unwiderruflich festzulegen.

Das ESZB ist ein unabhängiges System. Bei der Wahrnehmung der Aufgaben im Rahmen des ESZB darf weder die EZB noch eine NZB noch ein Mitglied ihrer Beschlußorgane Weisungen von externen Stellen einholen oder entgegennehmen.

Die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten dürfen nicht versuchen, die Mitglieder der Beschlußorgane der EZB oder der NZBen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen. Die ESZB-Satzung sieht folgende Maßnahmen vor, um die Amtszeit der Präsidenten der NZBen und der Mitglieder des Direktoriums zu garantieren:
  • eine Mindestamtszeit für Präsidenten von fünf Jahren mit Möglichkeit der Wiederernennung;
  • eine Mindestamtszeit für Mitglieder des Direktoriums von acht Jahren ohne Möglichkeit der Wiederernennung (zu beachten ist, daß für das erste Direktorium ein System der zeitlich gestaffelten Ernennung der Mitglieder mit Ausnahme des Präsidenten vorgesehen ist, um Kontinuität zu gewährleisten);
  • eine Amtsenthebung ist nur möglich im Falle der Nichterfüllung der Voraussetzungen für die Ausübung des Amtes oder im Falle einer schweren Verfehlung; und
  • für die Beilegung von Streitfällen ist der Europäische Gerichtshof zuständig.


Das Kapital der EZB beträgt gemäß der Satzung 5 Milliarden Euro. Die NZBen sind alleinige Zeichner und Inhaber des Kapitals der EZB. Die Zeichnung des Kapitals erfolgt nach einem Schlüssel, der auf der Grundlage der jeweiligen Anteile der EU-Mitgliedstaaten am BIP und an der Bevölkerung der Gemeinschaft festgelegt wird. Das Kapital der EZB wird von den NZBen der elf dem Euro-Währungsraum angehörenden Mitgliedstaaten entsprechend ihrer jeweiligen Anteile und bis zur Höhe ihrer Anteile eingezahlt.


Prozentuale Anteile der nationalen Zentralbanken am Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals der EZB



Darüber hinaus werden die NZBen die EZB mit Währungsreserven, die jedoch nicht aus Währungen der Mitgliedstaaten, Euro, IWF-Reservepositionen und SZR gebildet werden dürfen, bis zu einem Gegenwert von 50 Milliarden Euro ausstatten. Die Beiträge der einzelnen NZBen werden entsprechend ihrem jeweiligen Anteil am gezeichneten Kapital der EZB bestimmt, und dafür schreibt die EZB jeder NZB eine ihrem Beitrag entsprechende Forderung gut. Die EZB hat das uneingeschränkte Recht, die ihr übertragenen Währungsreserven zu halten und zu verwalten und sie für die in der ESZB-Satzung genannten Zwecke zu verwenden. Die Satzung enthält spezielle Bestimmungen für die Berechnung dieser Beträge, die letztendlich den an die Anteilseigner der EZB ausgeschütteten Gewinn bestimmen.

 

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