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Wörterbuch: Dezision - Form des Staatsrechts

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1. CARL SCHMITTs DEZISIONISTISCHE KERNFORMULIERUNGEN


1. CARL SCHMITTs DEZISIONISTISCHE KERNFORMULIERUNGEN

Oberster Leitsatz:
"Auctoritas non veritas facit legem. "
(Die Autoritaet, nicht die Wahrheit, schafft das Gesetz.)
" Der Begriff des Staates setzt den Begriff des Politischen voraus"
-- so der erste Satz von: Der Begriff des Politischen (1932)
" Politisches Denken und politischer Instinkt bewaehren sich ... theoretisch und praktisch an der Faehigkeit, Freund und Feind zu unterscheiden."
Die politische Existenz des Staates beruht darauf, die
"Unterscheidung von Freund und Feind selber zu bestimmen. "
(C.S.: Der Begriff des Politischen. München,Leipzig 1932, S.37)
Der Neukantianismus in der Rechtsphilosophie (Jellinek, Kelsen)
"uebersieht die einfache rechtswissenschaftliche Wahrheit, dass Normen nur fuer normale Situationen gelten und die vorausgesetzte Normalitaet der Situation ein positivrechtlicher Bestandteil ihres 'Geltens' ist. "
(C.S.:Positionen und Begriffe. Hamburg 1940, S.118ff)
Aber
"jede Ordnung beruht auf einer Entscheidung ... Auch die Rechtsordnung, wie jede Ordnung, beruht auf einer Entscheidung und nicht auf einer Norm."
(C.S.:Politische Theologie. Berlin 1979,S.16)
" Von dem Inhalt der zugrundeliegenden Norm aus betrachtet ist jenes konstitutive, spezifische Entscheidungsmoment etwas Neues und Fremdes. Die Entscheidung ist, normativ betrachtet, aus einem Nichts geboren. "
(S.42)
" Die Entscheidung macht sich frei von jeder normativen Gebundenheit und wird im eigentlichen Sinne absolut. "
(S.19)
" Die Ausnahme ist interessanter als der Normalfall. Das Normale beweist nichts, die Ausnahme beweist alles. (...) In der Ausnahme durchbricht die Kraft des wirklichen Lebens die Kruste einer in Wiederholung erstarrten Mechanik."
(S.22)
Die maßgebliche Gruppe, die als politisch zu bezeichnen sei, kennzeichnet Carl Schmitt mit den Merkmalen
" Einheit "
und
" Souveraenitaet"
(Der Begriff des Politischen. Berlin 1963,S.39) -- dies seien (so Ulrich K. Preuß dazu 1986:) exakt die wesentlichen Merkmale des modernen Staates.
Es liege im Wesen der juristischen Ausnahmezustaende,
"dass der Staat bestehenbleibt, waehrend das Recht zuruecktritt."
" Souveraen ist, wer ueber den Ausnahmezustand entscheidet."
(C.S.:Politische Theologie. 1922 -- erster Satz!)
(Dian Schefold 1986:)
"Nur der Staat soll das Politische definieren, also wo der Freund und wo der Feind zu finden sind. Diese Definition laesst sich auf nichts zurueckfuehren; sie ist 'existenziell', 'seinsmaeßig', und impliziert den Fall 'des wirklichen Kampfes und die Entscheidung darueber, ob dieser Fall gegeben ist oder nicht,' als 'Ernstfall' (C.S.:Der Begriff des Politischen.Berlin 1979,S.27, 49, 28f, 33, 39, 50, 35)...""
Den liberalen Demokraten D.S.
" frappiert das offene Bekenntnis zu den (so Carl Schmitt selbst:) 'oft sehr inkonsequenten und 'irrationalen' Bedingungen und Folgerungen der nunmehr politischen Situation', denen gegenueber er die (zit.C.S.:)' bisherigen 'rein' religioesen, 'rein' wirtschaftlichen, 'rein ' kulturellen Kriterien und Motive zurueckstellt' (Der Begriff des Politischen.1979,S.39)"

(D.S. muss aber einraeumen:)
" Zu Recht weist Carl Schmitt -- Thomas Hobbes folgend -- darauf hin, dass die Durchsetzung der Souveraenitaet als Entscheidungs- und Gewaltmonopol des Staates fuer den Staat der Neuzeit kennzeichnend ist (...) Erklaert eine inner- oder ausserstaatliche Instanz bestimmte Inhalte des Politischen als unabaenderlich, etwa indem sie dem Staat eine bestimmte Reaktion auf Vorgaenge im sozialen oder zwischenstaatlichen Bereich vorschreibt, so sucht sie als 'potestas indirecta' (C.S.:Der Begriff des Politischen S.66, 122) den politischen Entscheidungsprozess (teilweise) vorwegzunehmen. Dadurch droht dem Staat der Verlust seiner Stellung als Ort des Politischen."
Der Dezisionismus entspricht der deutschen historischen Besonderheit:
" In den westlichen Demokratien werden heute noch große Probleme des 20.Jahrhunderts unter den Fragestellungen der Talleyrand- und Louis-Philippe-Zeit behandelt und entsprechend beantwortet. In Deutschland hat die rechtswissenschaftliche Eroerterung solcher Probleme demgegenueber einen großen Vorsprung. Wir haben das durch Erfahrungen erkauft, dieoft hart und bitter waren, aber der Vorsprung ist unbestreitbar. "
(Einleitung zu: Positionen und Begriffe. 1940)

Entsprechend 1934 in
"Der Fuehrer schafft das Recht:"
dass der Fuehrer nunmehr allein das Recht habe,
"Freund und Feind zu unterscheiden ... [Denn:] Der Fuehrer macht ernst mit den Warnungen der deutschen Geschichte. Das gibt ihm das Recht und die Kraft, einen neuen Staat und eine neue Ordnung zu begruenden ... Der Fuehrer schuetzt das Recht vor dem schlimmsten Missbrauch, wenn er im Augenblick der Gefahr, kraft seines Fuehrertums als oberster Gerichtsherr, unmittelbar Recht schafft ... Aus dem Fuehrertum fliesst das Richtertum. Wer beides voneinander trennen will, sucht den Staat mit Hilfe der Justiz aus den Angeln zu heben ... Inhalt und Umfang eines Vergehens bestimmt der Fuehrer selbst."
(C.S.: Positionen und Begriffe. Hamburg 1940)
(Ulrich K.Preuß 1986:) dass
" Carl Schmitt immer wieder betont, dass ein politischer Gegensatz nicht auf wirtschaftliche, religioese, wissenschaftliche oder andere sachliche Gegensaetze reduziert werden koenne, sondern ausschliesslich durch seine Intensitaet, durch die Orientierung am Ernstfall mit der Moeglichkeit, 'damit offen ueber das Leben von Menschen zu verfuegen' "
(C.S.:Der Begriff des Politischen. 1963,S.46f).
Aussenpolitisch:
(Ulrich K. Preuß 1986:)
"Der von Carl Schmitt immer wieder genannte 'Ernstfall' als Kriterium des Politischen zeigt sich ... aussenpolitisch im Verhaeltnis zu anderen Staaten im 'ius belli' ... Carl Schmitt schreibt: 'Aus dem Begriffsmerkmal des Politischen folgt der Pluralismus der Staatenwelt.'"
(Der Begriff des Politischen.1963,S.54)"

" Im Krieg steckt der Kern der Dinge. Von der Art des totalen Krieges her bestimmen sich Art und Gestalt der Totalitaet des Staates. Der totale Krieg aber erhaelt seinen Sinn durch den totalen Feind. "
(C.S.:Positionen und Begriffe. 1940, S.236)

" Reichs-"
Doktrin der deutschen Großraumkonzeption (z.B. gegen den
"oekonomischen Imperialismus der Monroe-Doktrin "
gesetzt - hierzu siehe letzten Absatz von Lukács).
" Reiche in diesem Sinn sind die fuehrenden und tragenden Maechte, deren politische Idee in einem bestimmten Großraum ausstrahlt und die fuer diesen Großraum die Interventionen fremdraeumiger Maechte grundsaetzlich ausschliessen."
(C.S.:Positionen und Begriffe. S.303) (Das soll zu einem Zustand fuehren, in dem es nicht mehr Staaten wie frueher, sondern nur
" Reiche "
gaebe, und
"Wehe den Neutralen!"
, so ein Artikel von C.S. 1938)
Lukács in
" Die Zerstoerung der Vernunft"
(1952, Berlin 1955, S.632):
" Der einstige offizielle Jurist Hitlers, ... Carl Schmitt, der jetzt nicht nur eine volle Amnestie erstrebt und erhaelt, sondern im Begriff ist, sich zum Rechtstheoretiker des 'amerikanischen Jahrhunderts' emporzuarbeiten, hat die bis jetzt beste Definition der Aussenpolitik der Vereinigten Staaten gegeben: 'cuius economia, eius regio'. (...) Der absolute Weltherrschaftsanspruch der Vereinigten Staaten wird hier mit zynischer Offenheit ausgesprochen; nicht zufaellig ist dieser Ausspruch eine zeitgemaesse Variation des Augsburger Religionsfriedens (cuius regio, eius religio): in beiden werden die nackten Machtverhaeltnisse als absolute Bestimmungen ausgesprochen, nur jetzt natuerlich auf entwickelterer Stufe, darum oekonomisch im Inhalt, absolut in jeder politischen Hinsicht.(...) Darum zeigt Carl Schmitt heute fuer die Vereinigten Staaten die Unvermeidlichkeit des Dilemmas von Isolation und Intervention auf: 'Die Widersprueche stammen aus der ungeloesten Problematik einer Raumentwicklung, die den Zwang enthaelt, entweder den Uebergang zu begrenzbaren, andere Großraeume neben sich anerkennenden Großraeumen zu finden, oder aber den Krieg des bisherigen Voelkerrechts in einen globalen Weltbuergerkrieg zu verwandeln.' "
(Lukács zitiert hier Carl Schmitts Bemerkungen zu einer Rundfunkrede Karl Mannheims unmittelbar nach Kriegsende)

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