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Informationen zur politischen Bildung (Heft 261)
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Zerstörung der Demokratie 1930-1933 |

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Reinhard Sturm
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Politische Radikalisierung |
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In
dem Maße, wie sich die Talfahrt der Wirtschaft beschleunigte und
Millionen Familien verarmten und verelendeten, verhärteten sich die
politischen Auseinandersetzungen. Am 10. Februar 1931 zog die
"nationale Opposition" (DNVP und NSDAP) unter Protest für mehrere Wochen aus dem Reichstag aus, nachdem eine vom "Brüning-Block" beschlossene Änderung der Geschäftsordnung unsachliche Anträge, wie sie von den Rechtsparteien
bevorzugt wurden, künftig erschwerte. Damit gaben Deutschnationale und
Nationalsozialisten gewissermaßen das Startsignal zur Verlagerung der
politischen Kämpfe auf die Straßen und in die Versammlungslokale der
Parteien, vor allem aber zum verschärften Einsatz ihrer Wehrverbände:
- Seit Ende 1918 verfügte die DNVP über den von
dem Magdeburger Fabrikanten Franz Seldte gegründeten "Stahlhelm - Bund
der unbesiegt heimgekehrten Frontsoldaten" mit rund einer Million
Mitglieder.
- 1921 hatte die NSDAP die
"Sturmabteilung" (SA), 1925 die elitäre "Schutzstaffel" (SS) gegründet.
Die SA umfasste Anfang 1932 rund 420000 Mann, die SS etwa 52000.
Diese paramilitärischen Verbände der Rechtsparteien suchten die gewaltsame Auseinandersetzung mit den Wehrverbänden der politischen Linken:
- Als Reaktion auf den Hitler-Putsch hatte die SPD unter Beteiligung von DDP und Zentrum
im Februar 1924 das "Reichsbanner Schwarz Rot Gold - Bund der
republikanischen Frontsoldaten" gegründet, dessen Mitgliederzahl bei
einer Million lag (davon 90 Prozent Sozialdemokraten).
- Die KPD
besaß seit August 1924 (als Nachfolger der "Proletarischen
Hundertschaften") den "Roten Frontkämpferbund" (RFB), dem 1927 ca.
130000 Mann angehörten.
Alle Verbände waren mehr oder weniger uniformiert (einheitliche
Stiefel, Koppel, Schulterriemen, Armbinden, Mützen; SA: braune Hemden)
und besaßen geheime Waffenlager.
So wurde politische Gewalt
jetzt zu einer alltäglichen Erscheinung. Die Jahre 1931 und 1932 waren
geprägt von sich häufenden, zunehmend blutiger verlaufenden
Straßenkrawallen und Saalschlachten, vor allem zwischen RFB und SA. In
manchen Städten herrschten, besonders sonntags, mitunter
bürgerkriegsähnliche Zustände. Dabei kam die Polizei
oft zu spät; auch sympathisierten immer mehr Polizisten mit den
Rechtsverbänden. Politische Mordanschläge, die man seit 1923 überwunden
geglaubt hatte, wurden wieder zahlreicher begangen - sowohl von
Nationalsozialisten als auch von Kommunisten.
Dass in Preußen noch immer ein sozialdemokratischer Ministerpräsident die Regierung einer Weimarer Koalition anführte, war der politischen Rechten seit langem ein Dorn im Auge. Im Frühjahr 1931 leitete der "Stahlhelm" ein (auch in der Verfassung des Landes Preußen vorgesehenes) Volksbegehren
für die sofortige Auflösung des preußischen Landtages ein. Es wurde
unterstützt von DNVP, NSDAP und KPD - die Kommunisten schreckten bei
ihrem Kampf gegen die Sozialdemokraten nicht einmal vor einem Bündnis
mit den Rechtsradikalen zurück. Die Aktion wurde jedoch ein völliger
Fehlschlag: Beim Volksbegehren kam die erforderliche Mindestzahl von
Unterschriften nur knapp zusammen, beim Volksentscheid am 9. August 1931 fehlten rund 3,4 Millionen Stimmen.
Die verschärfte Regierungskritik der Rechtsparteien und ein Wechsel der DVP in die Opposition veranlassten Hindenburg und Brüning am 7./9. Oktober 1931 zu einer Kabinettsumbildung. Mehrere Minister wurden ausgetauscht. Brüning selbst übernahm zusätzlich das Auswärtige Amt, Reichswehrminister Groener auch das Innenministerium - eine gefährliche Machtkonzentration. Das zweite Kabinett Brüning sollte nach Hindenburgs Wunsch von den Parteien und vom Parlament noch unabhängiger sein; es signalisierte einen weiteren Rechtsruck bei den Machtträgern des Präsidialregimes.
Harzburger Front
Am 11. Oktober 1931 veranstaltete die nationalistische Rechte - NSDAP, DNVP, Stahlhelm, Reichslandbund, Alldeutscher Verband
- in Bad Harzburg eine Ta-
gung, verbunden mit einem Aufmarsch ihrer Verbände, um Stärke und
Geschlossenheit zu demonstrieren. Prominente Gäste waren unter anderem
der Kaiser-Sohn und SA-Gruppenführer August Wilhelm Prinz von Preußen
("Auwi"), der frühere Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht und General
a.D. von Seeckt. Die "Harzburger Front" kündigte einen gemeinsamen
Misstrauensantrag gegen das zweite Kabinett Brüning an; außerdem
forderte sie Reichstagsneuwahlen und die Aufhebung aller
Notverordnungen.
Das Misstrauensvotum,
dem sich auch die DVP und die KPD anschlossen, scheiterte am 16.
November 1931 knapp - ausschlaggebend waren die Gegenstimmen der SPD.
Als Antwort auf die "Harzburger Front" gründeten SPD, ADGB, AfA-Bund,
Reichsbanner und Arbeitersportorganisationen am 16. Dezember 1931 die
"Eiserne Front". Unter dem Fahnensymbol der drei Pfeile - als
Gegensymbol zum Hakenkreuz - veranstaltete die "Eiserne Front"
politische Umzüge und Kundgebungen; sie trat äußerlich militant auf, um
Stärke zu demonstrieren und Gegner von Übergriffen abzuschrecken.
Wie groß die nationalsozialistische Gefahr mittlerweile war,
zeigte Ende November 1931 das Bekanntwerden konkreter Umsturzpläne
("Boxheimer Dokumente") der hessischen NSDAP, die gerade die
Landtagswahlen gewonnen hatte. Brüning spielte den Vorfall herunter, um
Koalitionen des Zentrums mit der NSDAP nicht zu verbauen. Folglich
verlief das (vom Oberreichsanwalt nur zögernd eingeleitete)
Hochverratsverfahren vor dem Reichsgericht im Sande. Dagegen
verurteilte dasselbe Gericht am 23. November 1931 den
"Weltbühne"-Herausgeber Carl von Ossietzky wegen Verrats militärischer
Geheimnisse zu 18 Monaten Gefängnis. Er hatte Anfang 1929 in einem
kritischen Artikel die Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter
Armee angedeutet, die längst kein Geheimnis mehr war. |
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21. Juni 2006
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Dossier |
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Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
In
den zwölf Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland
wurden Millionen Menschen systematisch verfolgt und ermordet, und ein
Krieg entfacht, der Europa in Trümmern legte. Die Auseinandersetzung
mit diesen Verbrechen ist ein Kern der politischen Bildung. |
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Schwerpunkt |
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Demokratie
Demokratie
bedeutet Herrschaft, die vom Volk ausgeht und durch das Volk in seinem
Interesse ausgeübt wird. Die Einflussnahme der Bürger auf die Politik
hat jedoch viele Facetten. |
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