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Skript zum Treffen des Lesekreises
( original )
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03/2004 |
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1. Einordnung
1.1. Motivation
1.2. Allgemein
2. Engels Einleitung
2.1. Fortsetzung der Einleitung Engels (11/03)
2.2. Die Staatsfrage, Kommune und Diktatur des Proletariats
3. Bemerkungen und Fragen zum Leserkreis am 25.01.04
1. Einordnung
Karl Marx 'Bürgerkrieg in Frankreich' MEW Band 17 mit einem Vorwort von
Friedrich Engels. Das Werk lag in verschiedenen Druckfassungen vor, zb
chinesische, aus der DDR, die sehr interessante Detailunterschiede aufwiesen.
Aus den Engelschen "sozialdemokratischen Philistern" wurden so "deutsche
Philister".
1.1. Motivation
- Was heisst Diktatur des Proletariats?
- Übergang zum Kommunismus als historischer Gegenstand der Betrachtung.
- Wie kann Klassenherrschaft gebrochen werden?
- Notwendigkeit "unabhängiger" Veranstaltungen gegenüber sonst
organisationsdominierter Veranstaltungen insbesondere für junge Leute.
1.2. Allgemein
- Generalrat ist der der von Marx mitbegründeten 1. Internationale
(Internationale
Arbeiter Assoziation).
- die ersten beiden Adressen sind Vorarbeiten
- Adresse ist als Leitlinie, verbindliche Anweisung zu sehen
- Generalrat hat mehr Analysetätigkeit und ideologische Leitungsfunktion,
allgemeine Rahmensetzung
-
Thema ist die französische Revolution 1870/71.
-
MEW 17 S.3-8 (Faksimile S. 2 gibt guten Eindruck!)
-
Es gibt eine "Zweite Adresse über den deutsch-französischen Krieg"
MEW 17 S.271-279
-
Wir lesen "Adresse des Generalrats der IAA"
MEW 17 S.319-365
-
Beginnend mit Engels Vorwort 1891
MEW 17 S. 613-625
-
VORARBEITEN (!) SIND:
Erster Entwurf ... MEW 17 S. 493-571
Zweiter Entwurf ... MEW 17 S. 572-610
2. Engels Einleitung
- die Einleitung wurde von Engels zu Zeiten der 2.Internationale
geschrieben
| [Sozialdemokratie-Opportunismus] |
- 1848 tauchten die ersten eigenständigen Forderungen der Arbeiter in der
'Bildung der Nationalwerkstätten'(Proudhon) auf. Selbst 1848 war noch eine
bürgerliche Revolution. Die Arbeiter haben den Kopf hingehalten und
danach im Angesicht ihrer Bewaffnung und der Möglichkeit, eigene
Forderungen gestellt.
-
Die ausgerufene 'Soziale Republik' ist in ihrer Bedeutung völlig unklar, auch
für
die Protagonisten. Die bewaffneten Arbeiter waren für die Bourgeoisie ein
massives Problem und ständige Bedrohung für ihre Macht. Die Arbeiter hatten so
eigenes Gewicht. Mit der Umsiedlung von Arbeitslosen insbesondere in die
Kolonien, wurden die Arbeiter in die Februarrevolution getrieben und
aufgerieben.
- Hier stellt sich ganz klar die Gewaltfrage. Hier wird der
Klassenkampf ganz deutlich dargestellt. Der Staatsapparat wurde nicht
vernichtet, sondern mit ihm agierte das Bürgertum.
-
Allgemeine Bewaffnung ist ursprünglich eine Forderung des Bürgertums selbst,
eine
gegen den Adel. Er der Feudalismus brachte eine klare Trennung von Bauer und
Krieger, welche in der Gentilgesellschaft nicht gegeben war. Hier standen alle
wehrfähigen Männer unter Waffen. In der laufenden Revolution werden
die bewaffneten
bewaffneten Arbeiter und Stadtarmut zu einem Problem, weil ein
unabhängiger Machtfaktor
-
Alles, was dem Klasseninteresse der Bürger entgegensteht, wird mit
unnachgiebiger Härte vernichtet.
| [Gewaltfrage] |
-
Napoleon wird möglich, durch Spaltungen im bürgerlichen Lager. Die Bürger sind
in 4 Parteien gespalten, davon 3(!) monarchistische (Legitimisten, Bourbonisten,
Orleonisten) und die Republikaner. Napoleons Alleinherrschaft wird so möglich.
2. Kaiserreich.
-
dt-frz. Krieg, Schlacht von Sedan, Kapitulation Frankreichs
-
1.Sept.1870 Revolution, Proklamation der Republik. Die Nationalgarde als einzige
militärische Kraft proklamiert, in Wirklichkeit gab es die Masse der
geschlagenen kaiserlichen französischen Armee. Die Preußen standen vor Paris und
wagten sich nicht in die Stadt. Die Forderungen des Bürgertums an Preußen, die
gefangenen französischen Soldaten möglichst schnell frei zu lassen, damit sie
gegen Paris, die Kommune, marschieren könnten. Hier zeigt sich wieder, wie
sogenannte nationale Interessen vom der Bourgeoisie gedeutet werden können, das
Sakrileg des Beschusses von Paris wird sehnlichst erwartet.
| [Revolution 1870] |
-
Erstellen eines allgemeinen Plans für die Arbeit in den verlassenen
Fabriken,
welche in einer Genossenschaft zu übernehmen sind.
-
strikte Gehaltsbegrenzung für die Angestellten der Körperschaften der Kommune
-
-
Die Körperschaften als arbeitende Körperschaften. Sie erlassen die
Gesetze, setzen sie durch, überwachen sie und sind rechenschaftspflichtig.
Hier zeigt sich der schon starke nichtstaatliche Charakter der Kommune.
-
Organisation der Arbeit war lokal über die Vermittlung mittel Arbeitsnachweis,
dieser wurde abgeschafft. Trotzdessen gab es keinen Arbeitsmarkt, sondern eine
Vermittlung über eine Körperschaft.
-
Die Ausländer wurden in ihren Ämtern bestätigt, die Kommune galt als
Weltrepublik!
-
Es zeigt sich reiner Klassencharakter, die Beschlüsse sind entschieden
proletarisch. In allen Ausschüssen waren Arbeiter oder anerkannte
Arbeitervertreter.
| [Entscheidend neuer Charakter der Revolution] |
2.1. Fortsetzung der Einleitung Engels (11/03)
Die Geschichte schreibt den Revolutionären vor, gegen ihre eigenen Doktrinen zu
handeln.
Die Blanquisten
Hatten die Majorität in der Kommune, insbesondere in der Nationalgarde. Sie
waren eher
Gefühlssozialisten bar einer wissenschaftlichen Weltanschauung.Entgegen dem
ihren
eigenen Verschwörertum und Putschismus wurde die Kommune eine erste offene
demokratische Form, freie Föderation einer ganzen Nation.
Die Proudhonisten
Hatten die Minorität. Sie waren die Vertreter des kleinen Eigentums, waren für
gerechten Austausch ohne Kapital und Zins. Proudhon richtete sogar eine
Zettelbank für individuelle Arbeitszeiten ein. Planung ist für sie
Behinderung der Entfaltung der Einzelproduzenten.
Eines der wichtigsten Dekrete war aber, die Organisation der Industrie und
Manufakturen zu einem Verband, Nationalateliers.
2.2. Die Staatsfrage, Kommune und Diktatur des Proletariats
Die Kommune war eine entscheidend neue Form der gesellschaftlichen Organisation,
die Engels direkt als Diktatur des Proletariats bezeichnet.
Er hofft, das die Staatsvergottung der Proudhonisten endgültig vorbei sein wird.
Dabei ist sie heute die vorherrschende Doktrinen inklusive fast der gesamten
Linken ("Sozialdemokratische Philister"). Es ist der Aberglaube an den
Staat aus philosophischen Gründen.
Der Staat ist die Verwirklichung der Idee, zb des Gemeinwohls oder dem Vertrag
aller Bürger.
"
Es war aber nötig, hier nochmals kurz auf einige Züge derselben einzugehn, weil
gerade in Deutschland der Aberglaube an den Staat aus der Philosophie sich in
das allgemeine Bewußtsein der Bourgeoisie und selbst vieler Arbeiter übertragen
hat. Nach der philosophischen Vorstellung ist der Staat die ?Verwirklichung der
Idee" oder das ins Philosophische übersetzte Reich Gottes auf Erden, das Gebiet,
worauf die ewige Wahrheit und Gerechtigkeit sich verwirklicht oder verwirklichen
soll. Und daraus folgt dann eine abergläubische Verehrung des Staats und alles
dessen, was mit dem Staat zusammenhängt, und die sich um so leichter einstellt,
als man sich von Kindesbeinen daran gewöhnt hat, sich einzubilden, die der
ganzen Gesellschaft gemeinsamen Geschäfte und Interessen könnten nicht anders
besorgt werden, als wie sie bisher besorgt worden sind, nämlich durch den Staat
und seine wohlbestallten Behörden.
"
(Friedrich Engels 'Einleitung' (1891))
"
Der [sozialdemokratische P.H.]
deutsche Philister ist neuerdings wieder in heilsamen Schrecken
geraten bei
dem Wort: Diktatur des Proletariats. Nun gut, ihr Herren, wollt ihr wissen, wie
diese Diktatur aussieht? Seht euch die Pariser Kommune an. Das war die
Diktatur des Proletariats.
[Herv. v. P.H.]
"
(Friedrich Engels 'Einleitung' (1891))
Staat ist aber immer Klassenherrschaft.
Ein großer Fehler war, die Bank von Paris nicht zu nehmen und damit Druck auf
das Bürgertum auszuüben.
Die Frage ist, welche Funktionen des Staates wird es nach der Revolution oder im
Übergang noch geben, und wie sind sie zu erfüllen? Sind zuwenig Menschen da, die
aktiv ihre gemeinsamen Interessen vertreten, dann fällt dies wieder der
Partei zu, wie in der SU den Bolschewiken. Das ist dann der Anfang vom Ende. Je
mehr aktive und bewußte Revolutionäre es gibt, um so bessere Chancen für den
Kommunismus.
Gerade die Übergangssituation ist, wie jede andere auch, eine widersprüchliche.
So kann es zb bei fehlendem Gesamtplan einen Räteegoismus geben.
<Wenn alle Kommunisten wären, bräuchten wir keine Räte.>
| [Staatsfrage] |
Die Geschichte stellt sich gegen die bürgerlichen Legenden, zb der Zerschlagung
des Rätesystems durch die Bolschewiki.
- Die Bolschewiki waren noch im Juli 1917 eine sektenhafte Minderheit,
erst in der revolutionären Situation schwoll die Partei zu eine
Massenorganisation an.qualifizierte Minderheit
-
Nach dem Bürgerkrieg waren nur noch 3% von den ursprünglichen Räten übrig, der
Rest waren neue Bauernarbeiter mit ihren überkommenen Vorstellungen vom kleinen
Eigentum.
| [Parallele in der SU] |
Verweise auf die heute zur unfähigen Masse gehören zum Standard Repertoire der
Opportonisten. Das Menschenbild ist dann immer:
- die Menschen sind zu dumm oder zu böse
- dem universellen Verblendungszusammenhang unterworfen
- sie bedürfen einer Führung, und zwar der linken Intellektuellen
-
Angst vor den Massen
-
Angst vor einem neuen Faschismus gerade bei der deutschen
Arbeiterklasse
Die materialistische Sicht bestätigt sich in der Geschichte.
- die Verhältnisse zwingen die Menschen nach vorne zu gehen, oder sie
verrecken
- wenn die Menschen wirklich obigem Bild in der Masse entsprechen, hätte
es nie eine Revolution gegeben
-
die Revolution verändert die Menschen im Tun radikal, es sind dann andere
Menschen
| [Dynamik und Menschenbild] |
3. Bemerkungen und Fragen zum Leserkreis am 25.01.04
Stelle Seite 319 "- da nahm eine Kabala stellenjagender Advokaten , "
Frage: Die Figur des Advokaten als politischer Akteur in der Geschichte.
Welchen
Ursprung hat diese Erscheinung ?
Stelle Seite 332 Marx schreibt " Diese Nachsicht des Zentralkomitees, diese
Großmut der bewaffneten Arbeiter, "
Frage: Es wurde die Frage aufgeworfen, inwieweit die "Nachsicht" der
Kommune
ihren erbittertsten Klassenfeinden gegenüber durch blanke Moral oder Naivität
geprägt wurde. Woher käme solch eine moralische Einstellung? Woher diese
kindhafte Naivität ? Oder ist unsere Einschätzung nicht vermessen, da wir ja
zurückblicken und außerdem auf ganz mächtigen Schultern sitzen?
Unsere Einschätzung baut ja vielmehr einerseits auf unserer Klassenerfahrung
auf, andererseits auf unserer klassenntheoretischen Arbeit. Also, die
letzendliche Niederlage der Kommune, durch Naivität geprägt, ist gleichzeitig
ein Teil der Befreiung von der Knechtschaft des Kapitals.
Die Frage nach der Moral oder dem Versuch der herrschenden Klasse eine andere
moralische Haltung vorzuführen, bedeutet letztendlich ein Verzicht auf
notwendige Gewalt im Bürgerkrieg.
Lenin dazu: "Es hätte (das Proletariat) seine Feinde vernichten müssen ...."
**Lenin Band 13 Seite 484
Klassenbewußtsein und patriotische Gedanken in der Kommune
Marx warnte das französische Proletariat davor, sich mit *"nationalen
Erinnerungen" zu befassen anstatt mit der Zukunft. **Lenin beschreibt die
Situation folgendermaßen: "In der Vereinigung sich widersprechender Aufgaben -
des Patriotismus und des Sozialismus - lag der verhängnisvolle Fehler der
Französischen Sozialisten".
Dieser Punkt scheint mir nicht unwesentlich zu sein als Erklärungsgrundlage für
die Unterlassung der notwendigen revolutionären Gewalt.
* MEW Band 17 Seite 277
** Lenin Band 13 Seite 484
In wieweit war die Kommune ein aussichtsloses Unterfangen ?
Diese Frage muß noch hinsichtlich der Gesamtlage in Frankreich zu dem Zeitpunkt
erläutert werden. Meiner Meinung nach ist die Frage nach den Erfolgsaussichten
der Kommune und vor allem ihren Auswirkungen und Bedeutung nur in einem
historischen Zusammenhang zu beantworten. Ich finde es zweifelhaft, daß die
Frage des Erfolgs in revolutionären Situationen sich so leicht beantworten läßt.
Sie ist vielmehr eine Frage der vorhandenen realen Bedingungen, und vor allem
die Vereinigung von Praxis und Theorie, die wiederum eine Garantie auf Erfolg
nicht mit sich bringen können.
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